Der ehrliche Dieb - Andrea Camilleri - E-Book

Der ehrliche Dieb E-Book

Andrea Camilleri

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Beschreibung

Ein Duell auf hoher See mit rätselhaftem Motiv. Ein Eifersuchtsdrama, in dem ein Aprikosenkern eine besondere Rolle spielt. Eine Serie von Diebstählen, bei denen der Täter einen Teil der Beute zurücklässt.

Schon bei der Lösung seiner ersten Fälle zeigt sich Commissario Montalbanos unbestechlicher Blick für das allerkleinste, noch so unwichtig erscheinende Detail - immer um die Wahrheit bemüht, mit viel Herz für die Nöte kleiner Sünder, gesegnetem Appetit auf mediterrane Köstlichkeiten und stets auf der Suche nach Zeit für seine Verlobte Livia.

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Seitenzahl: 290

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Über den Autor

Andrea Camilleri ist der erfolgreichste zeitgenössische Autor Italiens und begeistert mit seinem vielfach ausgezeichneten Werk ein Millionenpublikum. Ob er seine Leser mit seinem unwiderstehlichen Helden Salvo Montalbano in den Bann zieht, ihnen mit kulinarischen Köstlichkeiten den Mund wässrig macht oder ihnen unvergessliche Einblicke in die mediterrane Seele gewährt: Dem Charme der Welt Camilleris vermag sich niemand zu entziehen.

Andrea Camilleri

Der ehrliche Dieb

Commissario Montalbanohat ein Herz für kleine Sünder

Übersetzung aus dem Italienischen vonRita Seuß und Walter Kögler

BASTEI ENTERTAINMENT

Vollständige E-Book-Ausgabe

des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes

Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG

Dieser Titel ist auch als Hörbuch und E-Book erschienen

Titel der italienischen Originalausgabe:

»Morte in mare aperto«

Für die Originalausgabe:

Copyright © 2014 by Sellerio editore, via Siracusa 50, Palermo

Für die deutschsprachige Ausgabe:

Copyright © 2015 by Bastei Lübbe AG, Köln

Umschlaggestaltung: Kirstin Osenau

Einband-/Umschlagmotiv: © shutterstock/lapas 77

E-Book-Erstellung: Dörlemann Satz, Lemförde

ISBN 978-3-7325-1813-5

www.bastei-entertainment.de

www.lesejury.de

Zimmer Nummer zwei

Eins

Sie saßen auf der Veranda und plauderten über dies und jenes, als Livia plötzlich mit einer Bemerkung herausrückte, die Montalbano überraschte.

»Du bist ein richtiges Gewohnheitstier. Und wenn du erst mal alt bist, wirst du von deinen eingeschliffenen Verhaltensweisen gar nicht mehr abzubringen sein.«

»Wieso sagst du das?«, fragte der Commissario verdutzt.

Aber auch ein wenig gereizt, denn er dachte nicht gern ans Altwerden.

»Dir selber fällt es gar nicht auf, aber du machst alles immer auf die gleiche Weise und legst wahnsinnig viel Wert auf Ordnung. Wenn etwas nicht an seinem gewohnten Platz ist, bist du sofort verärgert und bekommst schlechte Laune.«

»Ach was!«

»Doch, doch, du merkst es nur nicht. Bei Calogero setzt du dich immer an denselben Tisch. Und wenn du zum Essen mal nicht zu Calogero gehst, suchst du dir immer ein westlich gelegenes Restaurant aus.«

»Westlich wovon?«

»Westlich von Vigàta, stell dich nicht dumm. In Montereale, Fiacca … Nie auf der anderen Seite, in Montelusa zum Beispiel oder in Fela … Obwohl es dort bestimmt auch nette Lokale gibt. Ich habe gehört, in San Vito, am Strand von Montelusa, gibt es mindestens zwei kleine Restaurants, die wirklich …«

»Weißt du, wie sie heißen?«

»Ja. L’Ancora und La Padella.«

»Und welches davon würdest du gern ausprobieren?«

»Spontan würde ich sagen, La Padella.«

»Dann fahren wir heute Abend dahin«, sagte der Commissario kurz entschlossen.

Zu Montalbanos großer Genugtuung wurde ihnen ein echter Hundefraß vorgesetzt. Nein, Hunde bekamen etwas Besseres zu fressen. Das Lokal rühmte sich seiner gemischten Fischplatte, aber der Commissario hatte den Verdacht, dass sie in der Küche Motoröl benutzten. Auch war der Fisch nicht knusprig, wie er hätte sein sollen, sondern weich und labberig, als hätte man ihn schon am Vortag frittiert. Als Livia sich für ihren Fehlgriff entschuldigte, lachte Montalbano nur.

Nach dem Essen brauchten sie etwas zum Nachspülen, um den schlechten Geschmack loszuwerden, und gingen in eine Bar direkt am Meer. Montalbano bestellte einen Whisky und sie einen Gin Tonic.

Und um Livia zu beweisen, dass er gar kein solches Gewohnheitstier war, wie sie dachte, nahm er auf der Heimfahrt nicht den üblichen Weg, sondern den über die Oberstadt von Vigàta. Bei den ersten Häusern bot sich ihnen ein atemberaubender Blick auf den Hafen und das ruhige Meer, in dem sich die Mondsichel spiegelte.

»Ist das schön!«, rief Livia. »Lass uns kurz anhalten.«

Sie stiegen aus, und der Commissario zündete sich eine Zigarette an.

Es war kurz nach Mitternacht, und die hell erleuchtete Fähre nach Lampedusa steuerte gerade auf die Hafenausfahrt zu. Weit hinten am Horizont flimmerten die Lichter einzelner Fischerboote.

In ihrem Rücken, ein wenig von den anderen Häusern abgesetzt, stand ein ziemlich heruntergekommener dreistöckiger Bau. Die Fassade, von der hier und da der Putz abbröckelte, trug eine Leuchtreklame mit dem Schriftzug »Albergo Panorama«. Die Tür war geschlossen, ein später Gast würde klingeln müssen, um sich Zutritt zu verschaffen.

Ganz im Bann dieser stillen klaren Nacht wollte Livia noch warten, bis die Fähre das offene Meer erreicht hatte.

»Es riecht irgendwie verbrannt«, sagte sie, als sie zum Auto zurückkehrten.

»Finde ich auch«, sagte der Commissario.

Im selben Moment wurde die Eingangstür des Hotels aufgerissen, und jemand rief:

»Es brennt! Es brennt! Alle raus, schnell! Alle raus!«

»Du bleibst hier«, sagte Montalbano zu Livia und rannte los.

Ihm war, als hörte er irgendwo ein Auto, das angelassen wurde und mit Karacho davonfuhr. Aber ganz sicher war er nicht, weil aus dem Hotel eigenartige Geräusche kamen.

Im kleinen Foyer sah er durch den dichten Rauch am Ende eines kurzen Flurs hoch auflodernde Flammen. Am Fuß der nach oben führenden Treppe in der Mitte des Foyers stand ein Mann in Unterwäsche und schrie immer wieder:

»Raus aus den Zimmern! Schnell, schnell! Alle raus!«

Nach und nach kamen Leute die Treppe herunter, einige in Unterhose, andere im Pyjama, aber alle fluchend und mit Schuhen und Kleidern in den Händen: erst drei, dann zwei und schließlich noch einer, der vollständig angekleidet war und ein Köfferchen bei sich trug. Frauen gab es in diesem Hotel keine.

Als sich der ältere Herr am Fuß der Treppe umdrehte, um gleichfalls zu gehen, erblickte er den Commissario.

»Verlassen Sie das Gebäude!«

»Sie sind wer?«

»Der Besitzer.«

»Sind die Gäste in Sicherheit?«

»Ja. Sie waren alle schon auf ihren Zimmern.«

»Haben Sie die Feuerwehr gerufen?«

»Habe ich.«

Plötzlich ging das Licht aus.

Vor dem Hotel hatten sich bereits rund zwanzig Personen versammelt, die so, wie sie waren, aus den umliegenden Häusern herbeigeeilt waren und alle durcheinanderredeten.

»Bring mich von hier weg«, sagte Livia aufgewühlt.

»Es sind alle in Sicherheit«, versuchte der Commissario sie zu beruhigen.

»Gott sei Dank. Aber es macht mir trotzdem Angst, wenn es brennt.«

»Lass uns noch warten, bis die Feuerwehr kommt«, sagte Montalbano.

Als er am nächsten Morgen ins Kommissariat fuhr, nahm er den Umweg über die Oberstadt. Ihn hatte plötzlich die unwiderstehliche Neugier gepackt zu erfahren, was aus dem alten Hotel geworden war. Die Feuerwehr war ziemlich spät eingetroffen und hatte lange gebraucht, um die Flammen zu löschen, sodass das Gebäude vollständig ausgebrannt war. Nur noch die Außenmauern standen, mit leeren Fensterhöhlen. Im Innern machten sich noch ein paar Feuerwehrleute zu schaffen, die Ruine selbst war weiträumig abgesperrt. Vier Stadtpolizisten hielten die Schaulustigen auf Distanz. Montalbano warf ihnen feindselige Blicke zu. Er hasste diesen Sensationstourismus, wenn die Leute in Scharen herbeiströmten, um den Schauplatz eines Unglücks oder eines Verbrechens zu besichtigen. Hätte es bei dem Brand Tote gegeben, wären bestimmt dreimal so viele gekommen.

In der Luft lag immer noch ein Brandgeruch. Eine tiefe Traurigkeit befiel den Commissario. Er setzte sich in sein Auto und fuhr weiter.

Als er den Wagen vor dem Kommissariat abstellte, sah er Mimì Augello im Laufschritt herauskommen.

»Wo willst du hin?«

»Der Feuerwehrhauptmann hat angerufen. Er hat gestern Nacht mit seinen Leuten einen Brand gelöscht und …«

»Ich weiß.«

»Er sagt, es war garantiert Brandstiftung.«

»Gib mir Bescheid, wenn du wieder zurück bist.«

Er berichtete Fazio, wie es dazu gekommen war, dass Livia und er Zeugen des Brands geworden waren und beobachtet hatten, wie die sechs Gäste aus dem Hotel flohen.

»Kennst du den Besitzer?«

»Ja. Er heißt Aurelio Ciulla und ist ein Freund meines Vaters.«

»Ist das alles?«

»Dottore, dieses Hotel wirft so gut wie keinen Gewinn ab. Ciulla hält sich mit Subventionen der Gemeinde und der Region über Wasser …«

»Und warum macht er dann nicht zu?«

»Er ist fast siebzig und hängt an seinem Hotel. Wenn er zumacht, wovon soll er dann leben?«

»Die Feuerwehr sagt, es war Brandstiftung. Glaubst du, Ciulla selbst könnte es gewesen sein?«

»Ach, soweit ich weiß, ist das ein völlig unbescholtener Mann. Hat sich nie etwas zuschulden kommen lassen. Er ist Witwer und hat weder Frauengeschichten noch sonst irgendwelche Laster. Aber wer weiß, vielleicht war er so verzweifelt, dass …«

Zwei Stunden später war Mimì Augello wieder da. Der Verdruss stand ihm ins Gesicht geschrieben.

»Nuttata persa e figlia fìmmina. Es ist nicht viel dabei herausgekommen. Der Feuerwehrhauptmann war sich jedenfalls nach langem Hin und Her am Ende gar nicht mehr sicher, dass es sich um Brandstiftung handelt …«

»Und warum nicht?«

»Das Feuer ist im Erdgeschoss ausgebrochen, am Ende des Flurs in einem Kämmerchen, wo Bett- und Kissenbezüge lagern … Dort hat der Feuerwehrhauptmann die Reste einer Flasche entdeckt, die mit Sicherheit Benzin enthielt.«

»Ein Molotow-Cocktail also?«, fragte Montalbano.

»Das war seine Vermutung.«

»Hatte diese Kammer ein Fenster?«

»Ja. Und es war geöffnet. Aber Signor Ciulla, der Hotelbesitzer, sagte dem Feuerwehrmann, dass er dort immer eine Flasche Benzin stehen hat, um Flecken zu entfernen.«

»Folglich?«

»Folglich gibt es keine Erklärung für den Brand, denn ein Kurzschluss war es unter Garantie nicht. Aber der Feuerwehrhauptmann ist immer noch skeptisch.«

Montalbano dachte lange nach. Dann sagte er:

»Passt mir gar nicht, wenn es für etwas keine logische Erklärung gibt.«

»Mir auch nicht«, sagte Augello.

»Weißt du was? Ruf Ciulla an und bestell ihn für heute Nachmittag um vier hierher.«

Fünf Minuten später war Augello wieder da.

»Er kommt um sechs, weil er wegen des Brandes erst noch zur Versicherung muss, zur Assicurazione Fides.«

»Unter welcher Nummer hast du ihn erreicht?«

»Unter der, die er mir gegeben hat. Die von zu Hause.«

»Und wieso hat er gestern im Hotel übernachtet?«

»Woher soll ich das wissen? Frag ihn, wenn er kommt.«

Der schlicht gekleidete Aurelio Ciulla war der Mann, mit dem Montalbano in der Brandnacht gesprochen hatte.

»Nehmen Sie Platz, Signor Ciulla, Dottor Augello und Ispettore Fazio kennen Sie ja bereits. Und wir beide haben gestern Nacht miteinander gesprochen.«

»Tatsächlich? Wann denn?«

»Ich stand vor dem Hotel, als das Feuer ausbrach. Ich bin reingegangen, und wir haben ein paar Worte gewechselt.«

»Bitte entschuldigen Sie, aber ich erinnere mich nicht.«

»Das kann ich verstehen. Eins möchte ich Sie gern fragen: Warum haben Sie gestern im Hotel übernachtet?«

Ciulla sah ihn mit großen Augen an.

»Das Hotel gehört mir!«

»Ich weiß. Aber Sie haben Dottor Augello die Telefonnummer Ihrer Wohnung in Vigàta gegeben …«

»Ah, jetzt versteh ich. Das mache ich oft, Commissario, ich weiß auch nicht, warum. Manchmal, wenn ich Lust dazu habe oder wenn es sehr heiß ist, schlafe ich im Hotel, und manchmal eben nicht.«

»Ich verstehe. Ist das Hotel versichert?«

»Selbstverständlich. Und ich habe regelmäßig bezahlt. Aber heute hat mich die Versicherung einbestellt, weil die einen Bericht von der Feuerwehr bekommen haben. Die glauben, es war Brandstiftung, und die Versicherung muss die Sache jetzt erst mal klären, um sicher zu sein, dass es keine Brandstiftung war.«

»Genau deshalb habe ich Sie hierhergebeten. Um gemeinsam herauszufinden …«

»Commissario, da gibt es nicht viel herauszufinden. Das Hotel läuft ziemlich schlecht, es bringt so gut wie nichts ein, und deshalb denkt nun jeder, ich hätte den Brand gelegt, um das Geld von der Versicherung zu kassieren.«

»Sie müssen zugeben, dass …«

»Denen von der Versicherung habe ich jedenfalls gesagt, dass es nicht meine Aufgabe ist zu beweisen, dass ich nichts mit dem Brand zu tun habe.«

»Ich weiß, das ist die Aufgabe der Versicherung – und unsere. Wenn alles glattläuft, wie viel würden Sie dann von der Versicherung bekommen?«

»Eine lächerliche Summe. Zwanzig Millionen Lire.«

»Immerhin. Ein Pappenstiel ist das nicht.«

»Aber ich kann beweisen, dass ich kein Interesse daran hatte, das Hotel in Brand zu stecken.«

»Und wie?«

»Kennen Sie den Ingegnere Curatolo?«

Montalbano sah Fazio an.

»Der größte Bauunternehmer in der Provinz«, sagte Fazio.

»Letzte Woche hat er mich höchstpersönlich angerufen. Er wollte, dass ich ihm das Hotel verkaufe, und hat mir dreißig Millionen geboten. Ihn interessiert der Baugrund. Wozu hätte ich also Feuer legen und eine Gefängnisstrafe riskieren sollen? Wenn Sie mir nicht glauben, rufen Sie den Ingegnere an, dann werden Sie sehen, ob ich die Wahrheit sage oder nicht.«

Zwei

Ciullas Argumentation war einleuchtend. Und damit war er vom Verdacht der Brandstiftung befreit.

Aber die Geschichte mit dem Ingegnere verdiente eine eingehendere Betrachtung. Bei der enormen Nachfrage nach Baugrund, die im Moment herrschte, war nicht auszuschließen, dass irgendjemand zu gewagten Mitteln gegriffen hatte.

»Wie haben Sie auf Curatolos Angebot reagiert?«

»Ich habe weder Ja noch Nein gesagt.«

»Sie haben sich also vor einer Antwort gedrückt?«

»Nein. Er hat mir vierzehn Tage Bedenkzeit gegeben …«

»Und jetzt werden Sie verkaufen?«

»Was bleibt mir anderes übrig?«

»Wenn es den Brand nicht gegeben hätte, was hätten Sie ihm geantwortet?«

»Höchstwahrscheinlich hätte ich abgelehnt. Aber …«

»Aber was?«

»Falls Sie jetzt glauben, dass der Ingegnere dahintersteckt, damit ich gezwungen bin zu verkaufen, liegen Sie völlig falsch. Dafür ist er nicht der Typ.«

Montalbano sah zu Fazio hinüber, der nickte. Er stimmte Ciullas Einschätzung zu. Diese Hypothese führte also nicht weiter. Doch dann hatte der Commissario eine andere Idee. Er beschloss, nicht lange um den heißen Brei herumzureden, sondern die Sache offen anzusprechen.

»Das Gebiet, auf dem Ihr Hotel steht, gehört zum Territorium der Sinagra. Zahlen Sie Schutzgeld?«

Diese unverblümte Frage schien Ciulla keineswegs zu irritieren.

»Nein.«

Montalbano reagierte ungehalten.

»Erzählen Sie mir keine Märchen!«

»Commissario, die Mafia weiß genau, wer Geld hat und wer nicht. Mich bitten sie gelegentlich um einen Gefallen, und den tu ich ihnen.«

»Das heißt konkret?«

»Sie schicken jemanden zu mir, der ein, zwei Nächte in meinem Hotel wohnt, und ich verlange kein Geld von ihm.«

»Aber den Namen melden Sie, oder?«

»Immer. Ich habe klare Abmachungen getroffen, und sie haben sich bisher immer daran gehalten. Ich habe noch nie Leute versteckt, die von der Polizei gesucht werden.«

Plötzlich erinnerte sich Montalbano an einen Umstand, der ihm in der Nacht zuvor aufgefallen war.

»Warum waren eigentlich alle Gäste in den oberen Stockwerken untergebracht? Gibt es im Erdgeschoss keine Zimmer?«

»Es ist folgendermaßen: Im Erdgeschoss gibt es eine Küche und einen Speisesaal, die schon seit Jahren nicht mehr genutzt werden, außerdem einen Aufenthaltsraum für die Gäste, das Büro, zwei Toiletten, Zimmer Nummer eins und Zimmer Nummer zwei und die Abstellkammer, in der das Feuer ausgebrochen ist. In dem einen Zimmer übernachte ich, Zimmer Nummer zwei ist fast immer unbelegt, weil es teurer ist als die anderen. Die Gäste waren alle im ersten Stock untergebracht, weil es dann für das Zimmermädchen einfacher ist.«

»Gibt es einen Parkplatz?«

»Ja, auf der Rückseite, einen großen sogar.«

»Ist er bewacht?«

»Nein. Und weil er unbewacht ist und im Freien, stellen die Nachbarn gern ihre Autos dort ab. Aber ich drücke ein Auge zu und sage nichts.«

»Gibt es einen Hintereingang?«

»Ja. Vom Parkplatz aus.«

»Das müssen Sie mir erklären. Es könnte also jeder beliebige Passant vom Parkplatz aus das Fenster der Abstellkammer erreichen, ohne dass jemand ihn sieht oder aufhält?«

»Richtig.«

»Die Meldezettel und das Gästebuch sind verbrannt?«

»Ja.«

»Waren die Herren von gestern Nacht Stammgäste?«

»Vier waren Stammgäste, zwei nicht.«

»Wissen Sie zufällig noch die Namen?«

»Klar. Ich habe eine Liste erstellt, wegen der Schadenersatzforderungen. Nur einer braucht keine Entschädigung, weil er nichts verloren hat, aber auch von ihm kenne ich den vollständigen Namen.«

»Tun Sie mir den Gefallen und geben Sie diese Liste heute noch Ispettore Fazio.«

»Wenn Sie wollen, diktiere ich Ihnen die Namen sofort, ich hab nämlich ein Bombengedächtnis.«

»Wo sind die Gäste jetzt untergebracht?«

»Im Hotel Eden.«

»Noch einen Moment Geduld. Sagen Sie mir, was genau in der Abstellkammer war.«

»Bettzeug, Kopfkissenbezüge, Handtücher, Servietten … außerdem Toilettenpapier, Wischlappen …«

»Lauter leicht entzündliches Material.«

»Ja.«

»Ist die Tür normalerweise abgesperrt?«

»Aber woher denn!«

»Wer alles holt sich die nötigen Sachen aus der Abstellkammer?«

»Nur eine Person. Das Zimmermädchen Ciccina, die als Einzige fest angestellt ist. Sie ist absolut zuverlässig und arbeitet seit zehn Jahren bei mir. Bei Bedarf nehme ich ein zweites Zimmermädchen dazu, Filippa. Aber gestern war nur Ciccina da, und die geht abends nach Hause.«

»Ist Ciccina Raucherin?«

»Nein.«

»Dass ein Gast oder ein Fremder die Kammer betreten haben könnte, halten Sie für ausgeschlossen?«

»Durch die Tür?«

»Ja.«

»Das wäre mir nicht entgangen.«

»Eine letzte Frage: War unter den Gästen von gestern Abend einer, von dem Sie kein Geld verlangen sollten?«

Ciulla verstand sofort, was Montalbano meinte.

»Ja. Einer.«

»Und sein Name steht auf der Liste?«

»Natürlich.«

»Weisen Sie Fazio darauf hin. Wer hat Ihnen gesagt, dass er bevorzugt behandelt werden soll?«

»Elio Sanvito hat mich angerufen.«

»Signor Ciulla, das genügt mir. Gehen Sie mit Fazio in sein Büro. Ich verabschiede mich und danke Ihnen für Ihre Auskünfte.«

»Was geht dir durch den Kopf?«, fragte Augello.

»Wenn der Feuerwehrhauptmann sagt, dass ihm irgendetwas komisch vorkommt, muss er dafür einen Grund haben. Nach Ciullas Vernehmung können wir Ciulla selbst, den Ingegnere Curatolo und die Mafia – zumindest was das Schutzgeld angeht – als potenzielle Brandstifter ausschließen. Ist doch schon mal was, oder?«

»Ja. Aber was ist mit den Hotelgästen?«

»Könnte es nicht sein, dass der Brandstifter es auf einen von ihnen abgesehen hatte?«

»Möglich. Aber es wäre doch verrückt, ein Massaker anzurichten, um einen Einzigen umzubringen.«

»Das wäre nicht das erste Mal.«

Wenig später kam Fazio zurück.

»Hat er dir die Namen diktiert?«

»Ja. Aber das reicht nicht.«

»Warum nicht?«

»Ciulla erinnert sich zwar an die Vor- und Nachnamen, aber keiner von ihnen ist von hier, und er weiß nicht, wo sie wohnen. Und die Telefonnummern hat er natürlich auch nicht mehr im Kopf. Aber auf seiner Liste steht alles. In einer Viertelstunde bringt er sie mir, dann mache ich mir eine Kopie.«

»Wer ist Elio Sanvito?«

»Einer aus der Familie Sinagra, eine Art kaufmännischer Leiter. Er kümmert sich um die sauberen Geschäfte, wenn man das so sagen kann.«

»Und wie heißt der, den er Ciulla geschickt hat?«

»Ignazio Scuderi. Aber den kenne ich nicht.«

Es würden langwierige Ermittlungen werden. Montalbano warf einen Blick auf die Uhr.

»Hört mal, es ist spät geworden. Wir reden morgen früh weiter.«

An jenem Abend sagte Livia kein Wort, als der Commissario sie in ein westlich von Vigàta gelegenes Lokal zum Essen ausführte. Genauer gesagt, in ein am Meer gelegenes Restaurant in Montereale, das für die Reichhaltigkeit, Vielfalt und Qualität seiner Vorspeisen bekannt war.

Erst gegen Ende des Abends erwähnte Montalbano, dass das Feuer im Hotel möglicherweise vorsätzlich gelegt worden war. Livia stellte eine naheliegende Frage:

»Hast du den Besitzer in Verdacht?«

Der Commissario erzählte ihr in groben Zügen von seinem Gespräch mit Ciulla.

»Dann nimmst du also an, dass jemand von außen durch das Fenster der Abstellkammer den Brand gelegt hat?«

»Die Möglichkeit besteht.«

»Da fällt mir etwas ein«, sagte Livia. »In dem Moment habe ich nicht weiter darauf geachtet, aber jetzt, wo du das sagst …«

»Hast du etwas Verdächtiges bemerkt?«

»Na ja. Du warst gerade im Hotel verschwunden, und als ich dir aus dem Auto nachgeschaut habe, da hab ich gesehen, wie von dem Sträßchen neben dem Hotel ein Auto auf mich zugefahren kam und dann nach links abgebogen ist.«

»In Richtung Montelusa?«

»Ja.«

»Ich habe auch ein Auto gehört, das gestartet und schnell weggefahren ist. Möglicherweise saß der Brandstifter da drin.«

Livia machte ein skeptisches Gesicht.

»Was ist?«

»Ich weiß nicht, warum, aber ich bin mir nicht sicher, ob ein Mann am Steuer saß. Ist nur so ein Eindruck von mir.«

»Ich kann mir nicht vorstellen, dass eine Frau das Feuer gelegt hat.«

»Dann habe ich mich wohl getäuscht.«

Am nächsten Morgen kam Fazio spät ins Kommissariat, aber er brachte interessante Neuigkeiten mit.

»Dottore, ich muss Ihnen gleich sagen, dass sich von den sechs Gästen von Ciullas Liste nur noch zwei in Vigàta aufhalten. Die anderen sind schon abgereist. Aber ich habe alle Adressen und Telefonnummern.«

»Fangen wir mit den beiden Ersten an. Wer sind die?«

»Einer heißt Ignazio Scuderi, ein Automechaniker aus Palermo, und der andere Filippo Nuara, ein Getreidehändler aus Favara. Scuderi ist der, den Elio Sanvito geschickt hat, der Mann von der Familie Sinagra.«

»Über diesen Scuderi müssen wir …«

»Ich habe mich schon erkundigt, Dottore. Scuderi ist Facharbeiter bei einer Firma für Kühllaster in Palermo. Er kontrolliert und überprüft die Lkws, mit denen die Sinagra Fisch transportieren. Ich glaube nicht, dass er mit dem Brand etwas zu tun hat.«

Montalbano machte ein enttäuschtes Gesicht.

»Und was ist mit dem Getreidehändler?«

»Hier ist die Sache nicht ganz so klar. Was macht ein Getreidehändler in einer Stadt wie Vigàta, die seit mehr als dreißig Jahren kein Getreide mehr exportiert?«

»Hast du eine Erklärung dafür?«

»Ich habe Ciulla angerufen. Er sagt, dieser Nuara ist ein Stammgast, der jeden Monat am selben Tag kommt und drei Tage bleibt. Ich habe ihn gefragt, ob der Mann Anrufe erhält oder sich mit Leuten trifft, aber Ciulla sagt, nein. Nuara war noch im Hotel, deshalb habe ich Gallo auf ihn angesetzt. Er soll beobachten, wohin er geht und mit wem er sich trifft.«

»Und was machen wir mit den vieren, die schon abgereist sind?«

»Einer von ihnen ist Handelsvertreter und wohnt in Palermo, der Zweite ist ein Geometer aus Caltanissetta, der Dritte ein Grundstücksmakler aus Trapani und der Vierte ein Rechtsanwalt aus Montelusa. Die einzige Möglichkeit ist, die jeweiligen Polizeipräfekturen anzuschreiben und um Auskunft zu bitten.«

»Das ist doch nicht dein Ernst? Von denen kriegen wir frühestens in drei, vier Monaten eine Antwort. Wenn überhaupt!«

»Was schlagen Sie dann vor?«

»Du hast doch die Namen, oder? Und Freunde haben wir in ganz Sizilien, nicht wahr? Wir wenden uns also an diese Freunde, ganz vertraulich. Und wenn wir einen Hinweis bekommen, den zu verfolgen sich lohnt, dann tun wir das und fahren hin. Wir dürfen keine Zeit verlieren. In Palermo kann ich Commissario Lanuzza ansprechen.«

Drei

Fazio ließ sich nicht lumpen.

»Und ich in Caltanissetta Ispettore Truscia.«

Montalbano legte noch eins drauf.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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