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Wie sah Salvo Montalbanos Leben eigentlich aus, ehe er Commissario wurde? Gab es vor Livia andere Liebschaften in seinem Leben? Und warum fand er ausgerechnet in Vigàta seine Heimat?
In seinem neuen Buch lüftet Camilleri nicht nur das Geheimnis um Montalbanos Leben "vor Vigàta", sondern beglückt seine Leser zugleich mit drei ungemein fesselnden Kriminalfällen, bei denen Montalbanos unkonventionelle Ermittlungsmethoden gefragter sind denn je ...
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Seitenzahl: 404
Cover
Über den Autor
Titel
Impressum
Widmung
MONTALBANOS ALLERERSTER FALL
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
Neun
Zehn
IMMER MONTAGS
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Acht
ZURÜCK ZU DEN WURZELN
Eins
Zwei
Drei
Vier
Fünf
Sechs
Sieben
Anmerkungen
Andrea Camilleri, 1925 in dem sizilianischen Küstenstädtchen Porto Empedocle (Provinz Agrigento) geboren, arbeitete lange Jahre als Essayist, Drehbuchautor und Regisseur sowie als Dozent an der Accademia d’arte drammatica Silvio D’Amico in Rom. Dort lebt er mit seiner Frau Rosetta in dem Stadtteil Trastevere im Obergeschoss eines schmucken Palazzo, wobei er seinen Zweitwohnsitz in Porto Empedocle in Sizilien nie aufgegeben hat. Sein literarisches Werk, in dem er sich vornehmlich mit seiner Heimat Sizilien auseinandersetzt, umfasst mehrere historische Romane, darunter »La stagione della caccia«, 1992, »Il birraio di Preston«, 1995, und »La concessione del telefono«, 1998, sowie Kriminalromane. In seinem Heimatland Italien bricht er seit Jahren alle Verkaufsrekorde und hat auch bei uns ein begeistertes Publikum gefunden. Mit den Romanen um den Commissario Salvo Montalbano eroberte er auch die deutschen Leser im Sturm, und seine Hauptfigur gilt inzwischen weltweit als Inbegriff für sizilianische Lebensart, einfallsreiche Kriminalistik und südländischen Charme und Humor.
Andrea Camilleri
Der falsche Liebreiz der Vergeltung
Commissario Montalbano findet seine Bestimmung
Aus dem Italienischen von Christiane von Bechtolsheim
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Copyright © 2004 by Arnoldo Mondadori Editore SpA, Milano
Titel der italienischen Originalausgabe:
»LA PRIMA INDAGINE DI MONTALBANO«
Originalverlag: Arnoldo Mondadori Editore SpA, Milano
Für die deutschsprachige Ausgabe:
Copyright © 2006 by Bastei Lübbe AG, Köln
Titelbild: Renato Guttuso
»Roof of Palermo«, Detail
© 2006 by VG Bild-Kunst, Bonn
Umschlaggestaltung: Gisela Kullowatz
E-Book-Produktion: le-tex publishing services GmbH, Leipzig
ISBN 978-3-7325-2002-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Das Buch ist Pepè Fiorentino
und Pino Passalacqua gewidmet,
die es nicht mehr lesen können.
Die bevorstehende Beförderung zum Kommissar wurde Montalbano genau zwei Monate vor der mit Stempeln übersäten offiziellen Mitteilung auf höchst merkwürdigen Wegen geweissagt.
In jeder anständigen Amtsstube ist die Weissagung (oder Vorhersage, wenn einem das lieber ist) der näheren oder ferneren Zukunft eines jeden Mitarbeiters selbiger Amtsstube – und der angrenzenden Amtsstuben – eine alltägliche, simple, ganz normale Übung; es ist gar nicht nötig, beispielsweise die Eingeweide eines zerlegten Tiers zu studieren oder den Flug der Stare zu beobachten, wie unsere Ahnen es taten. Man braucht auch nicht den Kaffeesatz zu lesen, wie man es in moderneren Zeiten zu tun pflegt. Dabei wird in diesen Amtsstuben jeden Tag hektoliterweise Kaffee getrunken. Nein, für eine Weissagung (oder Vorhersage, wenn einem das lieber ist) ist ein halbes Wort, ein verstohlener Blick, ein Grummeln mit geschlossenem Mund, eine ansatzweise hochgezogene Augenbraue mehr als genug. Und diese Weissagungen (oder Vorhersagen, wenn usw.) betreffen nicht nur die berufliche Laufbahn der Beamten, Versetzungen, Beförderungen, Tadel, Vermerke zu einem Verdienst oder einem Vergehen, sondern beziehen sich oft und gern aufs Privatleben.
»Spätestens in einer Woche wird die Frau unseres Kollegen Falcuccio ihren Mann mit dem Assistenten Stracuzzi betrügen«, flüstert Buchhalter Piscopo dem Geometer Cardillo zu und schaut dem ahnungslosen Kollegen Falcuccio nach, der gerade aufs Klo geht.
»Wirklich?«, fragt der Geometer leicht überrascht.
»Da können Sie Gift drauf nehmen.«
»Und woher wissen Sie das?«
»Aber ich bitte Sie«, sagt Buchhalter Piscopo mit einem leisen Grinsen, während er den Kopf auf die Seite und die rechte Hand aufs Herz legt.
»Haben Sie Signora Falcuccio mal gesehen?«
»Nein, nie. Wieso fragen Sie?«
»Weil ich sie kenne.«
»Ja und?«
»Wissen Sie, sie ist fett, behaart und winzig.«
»Was hat das denn schon zu sagen? Oder haben fette, behaarte, winzige Frauen etwa nicht dieses Ding da zwischen den Beinen?«
Und siehe da, pünktlich sieben Tage nach diesem Gespräch röchelt Signora Falcuccio vor Lust (»Maria! Ich sterbe!«) in Stracuzzis breitem Witwerbett.
Und wenn solche Dinge schon in jeder normalen Amtsstube passieren, wie hoch muss dann erst die Erfolgsrate der Weissagungen (oder Vorhersagen, wenn usw.) in Kommissariaten und Polizeipräsidien sein, wo das komplette Personal quer durch die Hierarchie eigens darauf trainiert und geschult ist, das winzigste Indiz, die kleinsten atmosphärischen Änderungen wahrzunehmen und die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen.
Die Nachricht von der Beförderung traf Montalbano nicht überraschend, sie war fällig, wie das in einer Amtsstube heißt, er hatte seine Lehrzeit als stellvertretender Kommissar unter Commissario Libero Sanfilippo in Mascalippa, einem abgelegenen Dorf in den Erei-Bergen, längst absolviert. Was Montalbano allerdings Sorgen bereitete, war der so genannte Bestimmungsort, die Frage, wohin man ihn schicken würde. Bestimmungsort klang nach Schicksal. Denn zur Beförderung gehörte die Versetzung. Also eine neue Wohnung, neue Gewohnheiten, neue Freunde: ein erst noch zu entdeckendes Schicksal. Offen gestanden setzten ihm Mascalippa und Umgebung arg zu, nicht die Bewohner, die weder schlechter noch besser waren als anderswo, mit dem richtigen Verhältnis von Delinquenten und anständigen Leuten, von Trotteln und Gescheiten, nein, er ertrug einfach die Landschaft nicht mehr. Damit wir uns recht verstehen, wenn es ein Sizilien gab, das er gern betrachtete, dann genau dieses Sizilien mit der verbrannten und verdorrten, der gelben und braunen Erde, wo ein hartnäckiges Fleckchen Grün Aufsehen erregt, wo sich die weißen Würfel der Katen an die Abhänge klammern und aussehen, als kämen sie bei einem stärkeren Windstoß ins Rutschen, wo nicht einmal die Eidechsen und Schlangen am frühen Nachmittag Lust haben, in ein Büschel Mohrenhirse zu schlüpfen oder sich unter einem Stein zu verkriechen, sondern sich reglos ihrem Schicksal überlassen, egal was es für sie bereithält. Und am liebsten schaute er auf die Betten der ehemaligen Flüsse und Bäche, zumindest hießen sie immer noch so auf den Straßenschildern, Ipsas, Salsetto, Kokalos, dabei waren sie nichts weiter als eine Spur aus kalkweißen Steinen, verstaubten Flusskieseln. Er betrachtete die Landschaft gern, das schon: Aber wenn man tagaus, tagein darin lebte, konnte man verrückt werden. Denn er brauchte das Meer. Wenn er in Mascalippa frühmorgens das Fenster öffnete und tief einatmete, füllten sich seine Lungen nicht, sondern schienen sich vielmehr zu entleeren, und er musste nach Luft schnappen, als hätte er lange den Atem angehalten. Sicherlich war die frühe Morgenluft in Mascalippa gut, etwas Besonderes, sie roch nach Stroh und Gras, sie roch nach offenem Land, aber ihm genügte sie nicht, sie drohte ihn sogar zu ersticken. Er brauchte Meeresluft, den Geruch der Algen in der Nase, er brauchte den leicht salzigen Geschmack, wenn er sich über die Lippen leckte. Er brauchte lange Spaziergänge frühmorgens am Strand, wenn sich die Wellen brachen und seine Füße liebkosten. Die Versetzung in ein Bergdorf wie Mascalippa war schlimmer als zehn Jahre Knast.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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