Der Führungshappen - Jana Assauer - E-Book

Der Führungshappen E-Book

Jana Assauer

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Beschreibung

Wie sieht zeitgemäße Führung aus? Welche unverzichtbaren Erkenntnisse und Tools brauchen Führungskräfte, um erfolgreich zu sein und zu bleiben? Was ist nötig, um Menschen zu motivieren und eine moderne Arbeitswelt zu gestalten? Die Herausgeberinnen Jana Assauer und Mona Schnell haben in diesem besonderen Buch 13 führenden Leadership-Expert:innen aus Deutschland mit insgesamt über 200 Jahren Erfahrung in Führung und der Arbeit mit Unternehmer:innen, Vorständen, C-Levels und Manager:innen diese Fragen gestellt. In Interviews geben sie jeweils 13 Antworten auf drängende Fragen rund um das Thema Führung im 21. Jahrhundert. Sie verraten ihre besten Tipps und Hacks für Führungskräfte. 13 Perspektiven – kompakt und praxisnah.

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Seitenzahl: 285

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Führungs-Happen

Mehr als 200 Jahre Führungswissen in einem Buch

Jana Assauer

Mona Schnell (Hrsg.)

Inhalt

Vorwort

1. Sandra Echemendia – Interkulturelle Teams führen

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Sandra Echemendia

2. Bernhard Fanger – Führen im Mittelstand mit engagierten, kreativen und gesunden Mitarbeiter:innen

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Bernhard Fanger

3. Silke Grotegut – Karriereplanung für Führungskräfte

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Silke Grotegut

4. Gudrun Happich – Herausforderungen bei Führung im C-Level

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen« für C-Levels

Über Gudrun Happich

5. Teresa Hertwig – Hybride Führung in Unternehmen

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen« für hybride Führung

Über Teresa Hertwig

6. Birgit Kersten-Regenstein – Führung mit Integrität und Empathie

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Birgit Kersten-Regenstein

7. Nicole Pathé – Führungskräfte als Relationshipmanager

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Nicole Pathé

8. Uta Rohrschneider – Individuell und motivorientiert führen

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Uta Rohrschneider

9. Jörg Roos – Die Kunst, fnanzielle Führung einfach zu gestalten

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Jörg Roos

10. Uwe Rühl – Führung in Krisenzeiten

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Uwe Rühl

11. Dr. Cornelia Tanzer – Wirksam führen durch ein breites Verhaltensrepertoire

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Dr. Cornelia Tanzer

12. Ursula Vranken – Handeln und gestalten: Die neue Rolle für Führungskräfte im Middle Management

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen« für Middle Manager

Über Ursula Vranken

13. Paul Weißhaar – Individuelle Führung nach der Chamäleon-Methode

!! Die wichtigsten Führungs-»Happen«

Über Paul Weißhaar

14. Über den Montagshappen Verlag

15. Unsere Bücher

Fuck Up – Geschichten, die in keinem Lebenslauf stehen

Kommunikations-Happen

Die Chamäleon-Methode

Keine Kompromisse

Unfassbar entspannt

Alle externen Links und QR-Codes wurden bis zum Zeitpunkt der Drucklegung dieses Buches geprüft.

Etwaige spätere Änderungen kann der Verlag nicht beeinflussen. Deshalb ist die Haftung des Verlags ausgeschlossen. Bibliografische Informationen der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.

ISBN Hardcover 978-3-98640-019-4

ISBN Softcover 978-3-98640-011-8

ISBN e-pub 978-3-98640-012-5

ISBN PDF 978-3-98640-013-2

Text: Jana Assauer, Kürten | https://bildungsbotschaft.de, Mona Schnell, Hamburg | https://monaschnell.de, Petra Folkersma, Wismar | https://www.schreibweise.info/, Petra Walther, Bonn | https://petra-walther-text.de/,

Lektorat: Jana Assauer, Kürten | https://bildungsbotschaft.de, Mona Schnell, Hamburg | https://monaschnell.de, Sarah Adamus, Konstanz | https://sarahadamus.de, Petra Walther, Bonn | https://petra-walther-text.de

Cover, Satz & Layout: Marion Lehmann, Hamburg | https://frau-lehmann.net

Autor:innenfotos: Miri Fenske | Kimberly Jobson | Volker Lau | Marlene Mondorf | Stefanie Päffgen | Birgitta Petershagen | Dorothee Piroelle | Caroline Pitzke | Ines Schäfer

© 2024 Montagshappen Verlag UG (haftungsbeschränkt), Hamburg Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt.

Jede Vervielfältigung, auch in Auszügen, ist ohne Zustimmung des Verlags nicht zulässig und darf nur mit schriftlicher Genehmigung des Verlags erfolgen.

https://montagshappen-verlag.de, https://montagshappen.de, https://www.facebook.com/montagshappen/https://www.linkedin.com/company/montagshappen, https://instagram.com/montagshappen/

Vorwort

Führung – Ein Evergreen

Kaum ein Thema begegnet uns in unserer Arbeit als Journalistinnen und PR-Partnerinnen so häufig wie das Thema Führung. Denn Führungskräfte beeinflussen die Art der Zusammenarbeit in Unternehmen, die Gesundheit und somit das Leben ihrer Mitarbeiter:innen. Sie tragen immer mehr Verantwortung für gesamtgesellschaftliche Themen wie Diversität, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit. Aktuelle Umfragen zeigen, dass dabei fast zwei Drittel der Führungskräfte mit Erschöpfung und Überforderung kämpfen.

Es wäre so schön, wenn es ein Rezept gäbe, nach dem jede Führungskraft und jede:r Selbständige dasselbe Leadership-Süppchen kochen könnte. So einfach ist es leider nicht. Führung bedeutet Komplexität, Eigenverantwortung, Individualität, gewürzt mit einer großen Prise Change und gesteuert von immerwährender Transformation.

Obwohl Führungskräfte häufig vor ganz individuellen Herausforderungen stehen, haben wir Deutschlands Top-Führungsexpert:innen nach ihrem wertvollsten Wissen befragt, von dem jede einzelne von ihnen profitieren kann. Herausgekommen ist ein Sammelband mit hoher gesellschaftlicher Relevanz, der soziale Aspekte ebenso einbezieht wie harte Zahlen, Daten und Fakten.

Dieses Buch gibt Ihnen einen umfangreichen Überblick, egal ob Sie noch am Anfang Ihrer Karriere stehen oder bereits in einer Position im Topmanagement. In guter Montagshappen-Manier betrachten wir Führung aus verschiedenen Perspektiven und schauen genau hin, welche Aspekte erfolgreiche Führung heute prägen.

Unsere Expert:innen teilen ihre mitunter jahrzehntelange Erfahrung, die sie in Führungspositionen und bei der Arbeit mit Führungskräften gesammelt haben. Sie erzählen aus der Praxis, geben ihr wichtigstes Wissen zum Besten und liefern tiefe Einblicke in ihren jeweiligen Bereich. Ihre Sicht basiert auf mehr als 200 Jahren Erfahrung. So viele geballte Kenntnisse werden Sie so schnell nirgendwo sonst finden.

Wir sind sehr stolz auf dieses Leitwerk zum Thema Führung, bedanken uns bei allen Beteiligten und wünschen viel Freude beim Lesen und Lernen.

Ihre Herausgeberinnen

Jana Assauer & Mona Schnell

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Sandra Echemendia – Interkulturelle Teams führen

»Kontrolle ist eine Illusion. Kontrolle suggeriert nur eine scheinbare Sicherheit, die es nicht gibt.«

Serial Entrepreneur Sandra Echemendia weiß um die Bedeutung von gemeinsamen Werten für den Erfolg von Unternehmen. Nach Konzern-Stationen wie beispielsweise der Autostadt in Wolfsburg arbeitet sie inzwischen als Business Consultant und leitet die internationale Soul2Soul Business Community von ihrer Wahlheimat Bali aus.

Frau Echemendia, Sie haben von ihrer Basis in Indonesien aus gerade eine internationale Entrepreneur Community gegründet. So eine Gemeinschaft ist ja ein interkulturelles Team. Welche Herausforderungen ergeben sich bei der Führung solcher interkulturellen Teams?

Das stimmt. Es gibt jedoch einen Unterschied. Die Soul2Soul Community, über die Sie sprechen, hat eine gemeinsame Vision: Alle sind Entrepreneure und wollen international wirklichen Impact erzeugen. Natürlich geht es ums Verkaufen: darum, in dem, was jede:r einzelne tut, erfolgreich zu sein. Es geht aber auch um gemeinsame Werte und darum, anderen Menschen etwas zu geben, was sie weiterbringt. Im Grunde sind wir eine internationale Mastermind auf hohem Level, in der sich jede:r gegenseitig unterstützt und in der wir voneinander profitieren.

Wo ich gerade darüber spreche, hat das tatsächlich auch viel mit der Idealvorstellung von interkulturellen Teams zu tun. Aus der Praxis weiß ich aber, dass es häufig leider nicht so optimal abläuft. Meine Erfahrung zeigt, dass die Führung interkultureller Teams starke Nerven braucht. Während meiner Zeit in einem Konzern hatte ich zum Beispiel ein zehnköpfiges Team, in dem acht verschiedene Nationalitäten vertreten waren. Das war unglaublich faszinierend, brachte aber auch täglich neue Herausforderungen mit sich. Die Kommunikation untereinander gestaltete sich oft schwierig, was zu Konflikten führte. Manchmal gab es richtige Reibereien, weil sich die Teammitglieder nicht richtig verstanden.

Um solche Teams erfolgreich zu führen, braucht es Belastbarkeit, Nervenstärke, außergewöhnliche Kommunikationsfähigkeiten, Offenheit dafür, auch einmal die Perspektive zu wechseln, Teamfähigkeit und Souveränität im Umgang mit Konflikten. Und diese Fähigkeiten sollten bestenfalls alle Teammitglieder mitbringen, damit die Zusammenarbeit gelingt. In meinem Beispiel hat es nach einiger Zeit tatsächlich geklappt. Dann kannten sich die Teammitglieder sehr gut und der Umgang mit Konflikten hat sich verbessert. Wenn jemand seinen Standpunkt äußerte, schafften die anderen es, angemessen darauf zu reagieren. Meinungsverschiedenheiten wurden akzeptiert.

Mein Fazit aus dieser und anderen wirklich interessanten Erfahrungen: Es ist möglich, interkulturelle Teams zu führen, aber es erfordert mehr Arbeit, als man zunächst denkt. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass die Annahme »Wie ich bin, so ist der andere« oft nicht zutrifft. Das gilt übrigens für alle Teams, auch ohne interkulturellen Background. Ich erinnere mich an eine Situation, in der zwei Mitarbeiter zwei Jahre lang nicht miteinander sprachen und sich sogar weigerten, im selben Raum zu arbeiten. Ein unhaltbarer Zustand. Also habe ich mich mit ihnen zusammengesetzt und ließ sie miteinander reden. Dabei stellte sich heraus, dass sie nie wirklich im Streit lagen. Es gab lediglich Missverständnisse über gegenseitige Erwartungen, die aber nie adressiert wurden. Nachdem sie offen darüber gesprochen hatten, konnten sie sogar darüber lachen. Jetzt arbeiten sie wieder im selben Raum und reden miteinander. Es hat nur eine halbe Stunde gedauert, um das Problem zu lösen.

Als Führungskraft darf ich nicht einfach akzeptieren, dass Konflikte ungelöst bleiben. Vielmehr sollte ich kontinuierlich kommunizieren, bei Bedarf externe Unterstützung hinzuziehen und Mediation anregen. Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel hatte ich bereits erwähnt. Diese Fertigkeit braucht jede:r im Team. Ist sie nicht vorhanden, muss sie gefördert werden. Trotzdem fühlt sich die Arbeit mit interkulturellen Teams manchmal an, als würde man einen Sack Flöhe jonglieren.

Ähnliches erlebe ich hier in Indonesien. Es geht um unterschiedliche Gewohnheiten und Kulturen, in denen z. B. Pünktlichkeit anders bewertet wird. Dann gilt es, Kompromisse zu finden, die für alle akzeptabel sind, so dass sich niemand respektlos behandelt fühlt. Auch hier braucht es intensive Kommunikation und klare Strukturen. Damit bin ich beim Thema Selbstreflexion. Man muss sich fragen, was einem aufgrund der kulturellen Prägung wichtig ist und die Fähigkeit haben, sich in andere hineinzuversetzen. Das hängt alles zusammen.

Selbstreflexion ist ein schönes Stichwort. Das gehört doch inzwischen zu den Must-haves von Führungskräften, oder nicht? Welche weiteren Fähigkeiten sind Ihrer Meinung nach erforderlich?

Absolut, in den letzten zwanzig Jahren habe ich gelernt, welche Bedeutung besonders die Fähigkeit zur Selbstreflexion hat. Dazu gehört übrigens auch das Wissen, wann ich den Spiegel von anderen brauche. In den meisten Fällen werden Ihre Mitarbeitenden Sie nicht von sich aus spiegeln – gerade wenn auch noch kulturelle Unterschiede hinzukommen. Hier in Indonesien reden die Menschen gern um den heißen Brei herum und kommen nicht so richtig zum Punkt. Im Privaten mag das funktionieren, da kann man auch einfach mal Loslassen. Im Business gilt es jedoch zu jonglieren und einen gemeinsamen Nenner zu finden.

Aber auch in Teams aus demselben Kulturkreis gibt es an dieser Stelle Probleme. Denn sobald ein Abhängigkeitsverhältnis besteht, bekommen wir selten eine unverfälschte Meinung – unabhängig von der Position. Deshalb braucht eine Führungskraft eine so ausgeprägte Fähigkeit zur Selbstreflexion. Falls ich das heute noch nicht kann, muss ich das lernen oder trainieren.

Unabhängig davon halte ich Empathie für eine sehr wichtige Persönlichkeitseigenschaft. Sie muss nicht übermäßig ausgeprägt sein, aber jede:r braucht die Fähigkeit sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Führung hat sehr viel mit Empfindungen zu tun. Es geht darum, ein Gespür für andere Menschen, für Dynamiken, Stimmungen und Teams zu entwickeln. Denn der Führungsalltag besteht nicht selten aus Zuhören und Sprechen. Dafür braucht es notwendigerweise auch das aufrichtige Interesse an den Menschen. Wer nicht gerne mit anderen zusammenarbeitet und sich nicht in sie hineinversetzen kann, sollte auf keinen Fall eine Führungsposition anstreben.

Ich möchte an dieser Stelle den Unterschied zwischen einer Fachkraft und einer Führungskraft betonen. Früher führte der Weg auf der Karriereleiter ausschließlich über die Führungsschiene. Inzwischen haben viele erkannt, dass nicht jede:r für die Führungsrolle geboren ist. Und Fachkompetenz bedeutet nicht gleichzeitig Führungskompetenz. Ich habe in meinen Consultings viele Führungskräfte kennengelernt, die lieber ihren Job weiterhin fachlich gut machen würden. Sie hatten aber oft keine Wahl. Zum Glück hat dieses Modell langsam ausgedient und die Erkenntnis, dass Spezialisten genauso wertvoll sind wie Führungskräfte, setzt sich immer weiter durch.

Führungskräfte sollten sich auf Menschen konzentrieren, um die Ziele des Unternehmens mit denen des Teams in Einklang zu bringen. Das bedeutet, die Richtung vorzugeben, eine Meinung zu haben. Führungskräfte sollten Stabilität und Beständigkeit ausstrahlen, ebenso wie Standhaftigkeit und Ehrlichkeit. Sie brauchen Rückgrat und Selbstreflexion, um offen zuzugeben, wenn die Dinge einmal nicht gut laufen. Sie müssen aber selbst keine Fachkräfte sein, dafür haben sie Spezialisten, die ihnen zur Seite stehen. Beides ist wichtig, gleichwertig und ermöglicht die berufliche Weiterentwicklung.

Das soll übrigens nicht heißen, dass eine Führungskraft ihr Fachgebiet nicht kennen muss. Ich persönlich bin ein Anhänger des Prinzips »Leading by example«. Ich habe die Aufgaben, die meine Mitarbeiter:innen übernehmen sollen, immer zuerst selbst erledigt. Das klappt aber nicht immer.

Wenn ich zum Beispiel als Projektleiterin ein Team von zehn Spezialisten führe, die alle auf unterschiedliche Bereiche spezialisiert sind, dann kann ich nicht alle Aufgaben übernehmen, und das ist auch gut so. Sie dürfen in ihrem jeweiligen Spezialgebiet besser sein als ich.

Es ist nicht meine Aufgabe, ihre Arbeit zu machen, sondern ihre Arbeit zu leiten und sie dabei zu unterstützen, ihre Arbeit so gut wie möglich zu machen.

Wenn ich mich als Führungskraft aber nicht überall auskenne, bedeutet das nicht gleichzeitig einen Kontrollverlust?

Ich halte Kontrolle für eine Illusion. Kontrolle suggeriert nur eine scheinbare Sicherheit, die es in der heutigen Zeit einfach nicht gibt. Wer das nicht erkennt, hat wahrscheinlich schon andere grundlegende Probleme. Oft sind es die Menschen, die sich wundern, dass nichts mehr so funktioniert wie früher, obwohl alles immer noch genauso gemacht wird. Die Realität ist, dass es Kontrolle nicht gibt. Am besten ersetzen wir sie durch Vertrauen. Das heißt aber nicht, dass ich Dinge nicht nachhalten muss.

Wenn ich Rahmenbedingungen klar kommuniziere, kann ich meinen Mitarbeitenden vertrauen. Vor allem, wenn ich sie gut einarbeite, ihnen das nötige Wissen vermittle und klar sage, was ich erwarte. Auf diese Weise kann ich darauf vertrauen, dass sie ihren Aufgabenbereich angemessen erfüllen. Dann kann ich mich an den Ergebnissen messen lassen. In Bereichen wie der Produktion gibt es sicherlich andere Anforderungen, die auch einmal eine Vier-Augen-Kontrolle erfordern. Das hat aber nichts damit zu tun, dass ich dem Mitarbeiter misstraue oder dass er seine Arbeit nicht richtig macht, sondern das sind Vorschriften. Im medizinischen Bereich, um ein anderes Beispiel zu nennen, sind andere Kontrollen relevant.

Wenn es um Menschen geht, muss ich als Führungskraft loslassen können. Ich kann nicht ständig hinter meinen Mitarbeitenden her sein und sie überprüfen, aus Angst, dass sie ihre Arbeit nicht richtig machen oder aus generellem Misstrauen. Bei mir bekommen alle von Anfang an ein gewisses Grundvertrauen. Das ist mir wichtig und das erwarte ich auch, wenn mich jemand kennenlernt. Trotzdem delegiere ich Aufgaben und fasse nach – zum Wohle der Mitarbeitenden, aber auch für das Unternehmen. Als Führungskraft muss ich sicherstellen, dass Aufgaben erledigt werden und andere darauf bauen können.

Und damit sind wir wieder beim Menschenbild. Wenn ich Menschen grundsätzlich skeptisch gegenüberstehe und ihnen nicht traue, dann muss ich mich wirklich fragen, ob ich der oder die Richtige für eine Führungsposition bin. Das meine ich nicht böse oder vorwurfsvoll. Aber Führung kann auf Vertrauen nicht verzichten.

Wie sieht denn heutzutage ein idealer Chef oder eine ideale Chefin aus?

Ich glaube nicht an eine allgemeingültige Vorstellung von einer idealen Führungskraft. Wer zu welchem Unternehmen und zu welchem Team passt, hängt stark von der Kultur ab und wie gut meine eigenen Werte und meine Persönlichkeit mit meinen Fähigkeiten und Talenten in Einklang damit stehen. Die Beziehung muss wechselseitig funktionieren. Als Führungskraft frage ich mich: »Passt meine Individualität zum Unternehmen und umgekehrt.« Geht das zusammen, hat man bereits einen großen Schritt getan.

Für mich persönlich steht besonders die Selbstverantwortung im Fokus. Ich frage mich immer, ob ich am richtigen Ort bin, ob ich mich dort wohl fühle und ob meine Position meinen Vorstellungen von Arbeit und Selbstverwirklichung entspricht. Ich halte es nicht für sinnvoll, ein Idealbild zu formen und dem zu entsprechen. Denn das existiert nicht. Wenn wir glauben, es gäbe den idealen Chef oder die ideale Chefin, jagen wir einer Illusion hinterher.

Welche Faktoren betrachten Sie als Hygienefaktoren in der Führung? Welche halten Sie für besonders wichtig?

Arbeitszeit und Arbeitsmittel spielen die größte Rolle. Ich bin immer wieder überrascht, wie oft es Engpässe bei so grundlegenden Dingen wie einer guten und effizienten Arbeitsausstattung zu bemängeln gibt. Besonders in deutschen Unternehmen erlebe ich, dass ein vernünftiger PC und ein stabiles W-LAN, Grundvoraussetzungen für effizientes Arbeiten, nicht gegeben sind. Auch im internationalen Kontext spielt Schnelligkeit eine große Rolle. Es muss geklärt sein, dass alle die notwendigen Zugänge haben und stets über die richtigen und aktuellen Informationen verfügen. Nur so kann ich als Führungskraft gewährleisten, dass mein Team stets und rechtzeitig benötigte Informationen bekommt. Es kostet unglaublich viel Zeit und Mühe, wenn jemand den ganzen Tag mit verschiedenen Abteilungen, eventuell auf verschiedenen Kontinenten, telefonieren muss, um Freigaben oder Berechtigungen zu erhalten. Auch weitere Rahmenbedingungen wie die Anzahl von Meetings und deren Effektivität spielen eine Rolle. Oft geraten Menschen mit Projekten ins Hintertreffen, weil die Zeit fehlt, die eigentliche Arbeit zu erledigen und sie mit unnötigen Tätigkeiten beschäftigt sind: Funktionieren die Telefone und digitalen Geräte einwandfrei oder müssen sie ständig hin und her geschaltet werden? Haben sie alles zur Hand, was sie brauchen, um ihre Arbeit gut zu machen, sei es ein einfaches Werkzeug oder Sicherheitsausrüstung? Es fängt bei Kleinigkeiten an und hört bei den Grundvoraussetzungen auf: Haben Mitarbeitende das Gefühl, dass sie ohne Angst nach Hause gehen und sich krankmelden können, wenn nötig? Das Vertrauen, dass ich mich im Krankheitsfall auskurieren kann, spielt eine große Rolle. Gibt es einen Backup oder verfolgt mich das Gefühl, dass alles zusammenbricht, wenn ich einmal Urlaub mache. Gibt es die Möglichkeit für ausreichend Pausen und stehen dafür Räume zur Verfügung. Selbst, dass jemand, der im Verkauf arbeitet, mal eben etwas trinken kann zwischendurch, kann einen Unterschied machen.

Ich hätte ehrlichweise erwartet, dass all das selbstverständlich ist. Sind solche Faktoren heutzutage wirklich noch ein Thema?

Sie würden sich wundern, in wie vielen Firmen es keine Möglichkeit gibt, sich etwas zu Essen zu kochen oder bezahlbar und vor allem auch nahrhaft in der Kantine zu essen. Viele Unternehmen haben zum Beispiel günstige Baumöglichkeiten außerhalb von Städten mit guter Nahverkehrsanbindung genutzt und die Mitarbeitenden sind auf das Auto angewiesen oder müssen sehr lange Fahrtwege mit Bus und Bahn in Kauf nehmen. Auch starre Arbeitszeiten stehen einem komfortablen Arbeitsweg häufig entgegen. Klingt banal. Es macht zum Beispiel für Pendler einen großen Unterschied, ob sie morgens eine Stunde zu früh vor der Tür stehen, weil sie 15 Minuten zu spät wären, wenn sie eine spätere Bahn nehmen würden. Auch die Möglichkeit wenigstens ein paar Tage in der Woche von zuhause oder an einem anderen Ort zu arbeiten, kann einen Unterschied machen.

Stellen Sie sich vor, Sie fangen als Berufseinsteiger:in irgendwo an, wo zwar die übergeordneten Unternehnensziele und -visionen stimmen, die alltäglichen Arbeitsbedingungen sorgen aber stets für Frust. Dann ist es zwar toll, wenn ich angemessen bezahlt werde, Spaß an der Arbeit und nette Kolleg:innen habe. Stimmen aber die selbstverständlichen »Kleinigkeiten« nicht, sorgt das für unnötigen Aufwand und in der Konsequenz für Unmut und Ineffizienz.

Manchmal hilft es, sich an die eigene Anfangszeit zurückzuerinnern und sich zu überlegen, was einen Arbeitsstelle damals interessant gemacht hat. Wenn ich an meine Anfangszeit zurückdenke, ging es mir darum, die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung zu haben, mich weiterbilden zu können und meinen beruflichen Werdegang planen zu können. Das waren die Aspekte, die mich angetrieben haben, und diese Denkweise habe ich auch später beibehalten. Ich frage mich immer, was eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter vor mir braucht und was sie oder er im Moment nicht braucht. Besonders international, wenn kulturelle Unterschiede noch hinzukommen, spielen solche Faktoren eine wichtige Rolle und erfordern Fingerspitzengefühl, Wissen um Bedürfnisse und Empathie.

Da sind wir auch schon beim Thema Mit-arbeiterorientierung versus Aufgabenorientierung. Das kann bei Führungskräften für ein enormes Spannungsfeld sorgen. Wie findet man hier die Balance?

Grundsätzlich bin ich davon überzeugt, dass die Führungskraft als Repräsentantin des Unternehmens agiert. Ihre Aufgabe ist es, die Interessen des Unternehmens mit denen der Mitarbeitenden in Einklang zu bringen. Das ist die spannende Herausforderung. Je mehr man sich in einer Sandwich-Position befindet, desto stressiger wird es, wenn man das Gefühl hat, ständig zwischen den Extremen jonglieren zu müssen. Da ist es ganz wichtig, seine eigenen Grenzen zu setzen. So kann man sich immer wieder klar werden: Am Ende des Tages ist das nicht mein Unternehmen, sondern ich bin hier, um Dinge umzusetzen.

Grenzen gibt es überall, auch bei den Mitarbeitenden. Wenn ein:e Mitarbeiter:in massive private Probleme hat, muss ich irgendwann eine Grenze ziehen. Natürlich kann das Unternehmen in bestimmten Bereichen Unterstützung anbieten. Aber ich kann nicht permanent für das Wohlergehen eines Menschen außerhalb des Unternehmens verantwortlich sein. Viele Führungskräfte ziehen hier keine Grenze, lassen sich mitreißen und geraten dadurch in Schwierigkeiten. Sie fühlen sich für alles und jeden verantwortlich.

Die Verantwortung sollte jedoch immer in der Eigenverantwortung bleiben, sowohl beim Mitarbeitenden als auch bei der Führungskraft. Ich muss mich immer wieder fragen: Kann ich hier auf der Sachebene etwas tun? Kann ich auf der emotionalen Ebene etwas für das Unternehmen tun? Gibt es hier Verantwortlichkeiten? Das gilt es immer wieder zu hinterfragen. Es gibt einfach Situationen, in denen Dinge umgesetzt werden müssen, und als Führungskraft kann man das kommunizieren und sagen: »Ja, ich finde das auch nicht toll, aber wir müssen das umsetzen, weil es Konsequenzen hat, wenn wir es nicht tun.«

Authentisch zu sein, ehrlich zu sein und zu sagen, dass es einfach Aufgaben gibt, die erledigt werden müssen, gehört dazu. Jede:r Mitarbeiter:in hat die Wahl und kann sagen, ob er oder sie das machen will oder nicht. Die Entscheidung hat dann Konsequenzen. Solange jede:r versteht, was Eigenverantwortung bedeutet und welche Konsequenzen damit verbunden sind, und solange klar ist, dass jede:r immer eine Wahl hat, ist das in Ordnung.

Niemand sollte sich als Opfer sehen oder sich als Held aufspielen, um die richtige Balance zu finden. Wir sind nicht perfekt, das gilt auch für Führungskräfte. Jede:r macht Fehler, das ist menschlich. Genauso wie Mitarbeiter:innen Fehler machen dürfen, darf auch ich als Führungskraft Fehler machen. Gehen Sie damit offen um und zu sagen Sie: »Ich bin kein Übermensch, ich trage kein Superheldenkostüm. Ich bin ein Mensch und mache Fehler oder habe auch mal keine Lösung«. Es ist gut, das zuzugeben.

Ich war immer Verfechterin der offenen Kommunikation, ohne das Unternehmen zu untergraben. Auch wenn uns Ziele gesetzt werden, die wir persönlich für sehr ehrgeizig halten und sagen: »Ja, ich weiß, das ist sehr hochgesteckt, aber ich brauche eure Ideen, wie wir dahin kommen können«. Dann können wir Etappenziele festlegen, die die Führungskraft nach eigenem Ermessen erreichen kann. Selbst wenn das finale, bewusst ambitioniert gewählte Ziel noch nicht erreicht wird: Sind die Teilschritte absolviert, feiern wir sie im Team.

So vermeiden wir Frustration. Alle können mitziehen. Selbst wenn alle denken, dass das große Ziel sehr ehrgeizig ist, können wir fragen: »Was ist definitiv machbar?« Und wenn wir alle ein bisschen mehr Energie investieren oder kreativer werden, was können wir dann noch erreichen? So entstehen immer mehr Etappenziele und alle bleiben motiviert. Manchmal reicht es schon, die Ziele so zu formulieren, dass sie für das Team greifbarer werden.

Manche Ziele werden vielleicht nicht mit Begeisterung aufgenommen, aber wenn wir sagen: »Wir haben schon so viel erreicht, lasst uns weitermachen, wir schaffen auch das noch!«, dann motiviert das das Team und oft springen die Mitglieder höher und weiter, als man sich das vorgestellt hat. Das muss auch gefeiert werden. Deshalb: Feiern Sie gemeinsame Erfolge, auch wenn das finale Ziel nicht erreicht wurde, um zu zeigen, dass alle ihr Bestes gegeben haben.

Einzige Ausnahme: Wenn die Unternehmensziele nicht mehr mit den eigenen Werten übereinstimmen. Wenn ich merke, dass ich die Ziele nicht mehr mittragen kann, dass ich morgens nicht mehr in den Spiegel schauen kann, weil ich die Ziele nicht mehr erreichen will, dann muss ich eine andere Entscheidung treffen. In solchen Fällen müssen wir in Eigenverantwortung sagen: »Ich kann das nicht mehr vertreten, ich bin nicht mehr die richtige Person an diesem Ort.« Das ist der Führungsaspekt, der oft Angst auslöst.

Eine solche Entscheidung berührt den Bereich der Ethik. Wie kann man ethisch führen?

Wir handeln ethisch, wenn wir nach den eigenen Werten handeln und diese sollten unbedingt mit den Werten des Unternehmens übereinstimmen. Das ist mein Grundprinzip: Den eigenen Werten treu bleiben und bewusst »Nein« sagen, wenn das nicht zutrifft. Mehr kann ich nicht tun. Wie gesagt, wir sind keine Maschinen, sondern Menschen, die Fehler machen. Wenn wir anderen und uns selbst Respekt und Wertschätzung entgegenbringen, führen wir automatisch ethisch. Das ist natürlich auch Interpretationssache. Aber wenn ich merke, dass etwas für mich nicht mehr ethisch vertretbar ist, dann habe ich die Pflicht, eine Entscheidung zu treffen.

Das bedeutet für mich als Führungskraft, dass ich mich auch mit meinen eigenen Werten auseinandersetzen muss. Dazu gehört auch, dass ich für mich selbst Transparenz schaffe. Das halte ich für wesentlich. Ich kann nicht führen, wenn ich nicht weiß, was mir persönlich wichtig ist. Für mich gehört das zusammen. Ich kenne viele Führungskräfte und bringe sie oft dazu, über ihre Werte zu sprechen, bevor wir über andere Themen reden. Manche Unternehmer:innen schieben das sogar ein paar Monate vor sich her. Sie denken: »Oh, das ist blöd, wenn ich meine Werte definieren muss, dann muss ich mich auch daran halten.«

Unsere Werte sind der Grund, warum es hakt, warum es nicht vorangeht, warum wir Aufgaben vor uns herschieben, warum wir uns nicht mit den Ergebnissen identifizieren können. Oft haben diese Probleme ihre Ursache in unseren Werten. Wenn das, was wir tun, im Widerspruch zu dem steht, wofür wir stehen, können wir nicht glücklich sein. Das betrifft jede:n von uns. Es ist frustrierend, wenn wir jeden Tag gegen unsere eigenen Werte arbeiten. Das geschieht zwar unbewusst. Aber es kostet viel Energie.

Unsere Werte sind bereits da, und ich ermutige die Menschen, sie zu betrachten. Es ist nicht wie bei dem Spiel »Ich sehe ‘was, was du nicht siehst«. Unsere Werte sind da. Wenn die eigenen Werte nicht klar sind, wenn man sie nicht lebt oder wenn die Werte des Unternehmens nicht gelebt werden, dann spüren das die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Das führt dazu, dass man als Führungskraft unglaubwürdig wird. Die Mitarbeitenden achten nicht nur auf das, was man sagt, sondern vor allem auf das, was man tut. Dann verliert man als Führungskraft zu Recht an Glaubwürdigkeit.

Ich möchte noch einmal auf den Community Gedanken zurückkommen – weil dabei eben auch gemeinsame Werte eine so große Rolle spielen: Viele sagen, dass Frauen in Führung immer noch mit viel größeren Herausforderungen kämpfen als Männer – in manchen Ländern sicher auch kulturbegründet. Haben Sie dafür eine Lösung?

Mir fällt besonders in Konzernen auf, dass Frauen oft Schwierigkeiten haben, sich gut zu vernetzen. Sie scheinen im Networking, in der gegenseitigen Unterstützung und Empfehlung, im Zusammenhalt weniger geübt zu sein als Männer. Warum das so ist, kann ich nicht genau sagen. Ich beobachte das aber nicht nur in Deutschland. Wir beschweren uns oft, dass Frauen in Führungspositionen weniger präsent sind – besonders im Topmanagement. Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass wir auf dieser Führungsebene ernannt werden. Dafür braucht es aber jemanden, der oder die einen ernennt.

Früher habe ich lange nicht verstanden, warum einige meiner männlichen Kollegen – und ich betone, es lag nicht an ihrer Qualifikation – schneller befördert wurden als ich. Ich dachte immer, ich mache den gleichen Job, vielleicht sogar besser. Ich erhielt sogar positives Feedback für meine Arbeit. Aber warum wurde ich nicht befördert? Irgendwann begriff ich, dass ich es nie verlangt hatte. Ich habe nie gesagt: »Ich bin gut und ich möchte das«. Und das ist etwas, was Frauen seltener tun. Frauen sprechen oft nicht aus, was sie wollen. Wir sind häufig sehr nett und ständig darauf bedacht, dass es allen gut geht. Wir denken, irgendwer wird schon sehen, wie gut wir sind, wie sehr wir uns bemühen. Aber nein, niemand interessiert sich für uns, es sei denn, wir tragen es in die Welt hinaus. Leider ist das so.

Das heißt, wir tragen unser Genie nicht so gern in die Welt?

Frauen in Führungspositionen sind oft nicht »laut« genug auf ihre eigene, besondere Art. Das heißt nicht, dass wir tatsächlich laut werden müssen. Wir können einfach selbstbewusst sagen, dass wir gut sind, uns gegenseitig unterstützen, Netzwerke aufbauen – und das müssen nicht nur Frauennetzwerke sein. Wir sollten in verschiedene Netzwerke gehen, Verbindungen knüpfen und diese zu unserem Vorteil nutzen. Wer gut vernetzt ist, hat Erfolg. Manchmal ist es so einfach.

Die wirklich wichtigen Geschäfte werden nicht am Verhandlungstisch gemacht, sondern beim informellen Austausch, sei es bei einem Bier oder in den Pausen eines Seminars. Der Aufstieg in Führungspositionen erfolgt oft auf diesem Weg. Frauen müssen sich trauen, ihre eigenen Bedürfnisse zu formulieren. Frauen in Führungspositionen müssen lernen, sich selbst stärker zu vertreten und gleichzeitig ihre Stärken zu nutzen.

Generell sind Frauen sehr gut darin, Netzwerke zu bilden, aber sie nutzen diese Netzwerke nicht immer optimal für sich. Sie unterstützen sich oft nicht so, wie sie es könnten. Das ändert sich langsam, weil die Frauen erkennen, dass sie gemeinsam stärker sind als allein. Aber ich erlebe immer noch oft, dass Frauen übereinander sprechen. Dabei könnten wir so mächtig sein, wenn wir uns zusammentun, anstatt uns zu beneiden. Das würde eine positive Veränderung bewirken.

Können Sie etwas konkreter werden? Wie können weibliche Führungskräfte lernen, ihre eigenen Bedürfnisse einzufordern?

Es beginnt mit der eigenen Persönlichkeit und der Selbsterkenntnis: Wer bin ich, wenn es mir niemand sagt? Das ist der Schlüssel. Wenn ich mich selbst erkenne und meinen Selbstwert anerkenne, kann ich anfangen, mich selbst zu schätzen und Verantwortung für mich zu übernehmen. Dann ziehe ich automatisch Grenzen nach außen. Ich höre auf, es allen recht machen zu wollen und fange an, für meine eigenen Bedürfnisse einzustehen.

Ich habe oft darüber nachgedacht, ob es klare Unterschiede gibt, was erfolgreiche weibliche Führungskräfte anders machen. Ich glaube, dass erfolgreiche Führungskräfte für sich selbst einstehen. Ob Frau oder Mann, das Wichtigste ist, dass sie für sich selbst eintreten. Ob es hier Unterschiede zwischen den Geschlechtern gibt, ist schwer zu sagen. Letztlich spielt es keine Rolle, egal, ob Männer oder Frauen besser sind.

Jeder sollte in der Lage sein, seine Führungsrolle auf seine eigene Art und Weise zu leben und authentisch zu sein. Es geht nicht um ein »Besser«, sondern wie jeder sein volles Potenzial als Führungskraft ausschöpfen kann. Ich glaube, dass Frauen in Führungspositionen eher in der Lage sind, andere Perspektiven einzunehmen. Letztlich geht es aber darum, dass alle Menschen den eigenen, authentischen Weg finden und sich mit den grundlegenden Fragen auseinandersetzen: Wer bin ich, wie kann ich inspirieren und wofür stehe ich. Gute Führungskräfte, egal welchen Geschlechts, stellen sich diese Fragen regelmäßig.

Für uns Frauen wünsche ich mir, dass wir uns mehr zeigen und uns auch trauen, anders zu sein, wenn es unserer Persönlichkeit entspricht. Es ist völlig in Ordnung, sich von der Masse abzuheben und selbstbewusst aufzutreten. Es ist auch erlaubt, polarisierende Reaktionen hervorzurufen. Frauen sollten sich trauen, eine klare Position zu beziehen und keine Angst davor haben, sichtbar zu sein. Und das lässt sich lernen.

Wir haben bereits mehrfach über Werte gesprochen. Die Generation Z steht für einen grundlegenden Wertewandel. Welche Empfehlungen geben Sie Führungskräften der älteren Generation, die sich mit dieser Generation konfrontiert sehen?

Es ist normal, dass sich die ältere Generation über die jüngere aufregt. Das gehört dazu, dass eine Generation die Dinge anders macht. Das kann natürlich auch ins Extreme gehen. Was ich feststelle, ist, dass die Belastbarkeit der neuen Generation tatsächlich abgenommen hat. Sie haben vielleicht Schwierigkeiten, Dinge durchzuziehen oder mit Herausforderungen umzugehen. Aber ich schätze die Grundhaltung sehr. Diese Idee, dass die Arbeit zu einem passen muss, dass sie Sinn ergeben muss, dass sie Werte erfüllen und nicht nur das Portemonnaie füllen muss, das finde ich wunderbar.

Derzeit arbeite ich eng mit einem Start-up zusammen, das sich explizit der Generation Z widmet. Die braucht nämlich etwas ganz anderes als bisher. Wenn sie die Schule verlassen und in die Arbeitswelt einsteigen, sind viele von ihnen orientierungslos. Früher war es üblich, eine Ausbildung in einem Unternehmen zu beginnen und dort bis zur Rente zu arbeiten. Diese Vorstellung gibt es in dieser Generation nicht mehr. Sie wollen etwas Neues.

Ein zentraler Aspekt ist für sie die Sinnhaftigkeit ihrer Arbeit. Wenn die Tätigkeit keinen Sinn ergibt, sehen sie auch keinen Grund, viel Zeit damit zu verbringen. Das finde ich sehr spannend. Status spielt für sie keine große Rolle mehr. Im Management kann man sie nicht mehr mit Gehaltserhöhungen, Dienstwagen oder Diensthandys motivieren. Diese Generation ist wertegetrieben, und da bin ich wieder bei meinem Lieblingsthema. Sie ist auf der Suche nach Sinn.

Früher galt das Credo: Harte Arbeit führt zum Erfolg. Dieser Glaubenssatz hat die Zeit geprägt. Die Generation Z hingegen stellt alles in Frage, hinterfragt den Sinn. »Warum soll ich das machen? Ich will leben und meine Arbeit soll meinem Leben dienen und nicht umgekehrt.«

Dieser Wandel fasziniert mich, und die Unternehmen müssen ihn in ihrem Führungshandeln berücksichtigen. Auf der einen Seite braucht diese Generation mehr Freiheit in der Gestaltung der Arbeit, der Arbeitsweise und auch dem Arbeitsort. Auf der anderen Seite müssen sie diese Generation stark unterstützen, denn viele von ihnen sind orientierungslos und befinden sich in einer Findungsphase.

Unternehmen sollten von Anfang an mehr auf Begleitung, Coaching, statt auf traditionelle Führung setzen. Das kann einen enormen Einfluss auf diese Generation ausüben. Und es ist eine Win-Win-Situation, weil die Identifikation mit dem Unternehmen sofort steigt. Wir haben das schon erlebt. Es geht darum, sie bei der Suche nach ihrem Lebensziel zu unterstützen und dieses mit den Werten des Unternehmens in Einklang zu bringen. Dies führt zu einer stärkeren Identifikation. Die Generation Z braucht eine andere Form der Führung und geht schneller in die Selbstverantwortung, in Selbstführung. Ihr Verständnis von Arbeit und Führung ist grundlegend anders, darauf müssen sich Unternehmen einstellen. Sie suchen sich genau aus, für wen sie arbeiten wollen und warum. Sie arbeiten lieber für niemanden als für den Falschen.

Viele Führungskräfte haben noch nicht erkannt, dass sich die Kräfteverhältnisse umgekehrt haben. Nicht mehr die Bewerber bewerben sich beim Unternehmen, sondern das Unternehmen muss sich beim potenziellen Mitarbeitenden bewerben. Diese Veränderung hat weitreichende Konsequenzen. Das hängt eng mit dem Fachkräftemangel zusammen. Der ist nämlich hausgemacht. Ein Unternehmen, mit dem ich derzeit zusammenarbeite, hat 40 Auszubildende. Auf die Frage, wie viele davon übernommen werden, kam die ernüchternde Antwort: vier. Das ist kein Fachkräftemangel, sondern ein Problem in der Ausbildung und in der Führungskultur. Andernfalls hätte man 35 Fachkräfte mehr.

In etwa 90 Prozent der Fälle verlassen Mitarbeitende nicht das Unternehmen selbst, sondern ihre Vorgesetzten. Die meisten gehen wegen ihrer Chefs oder der Führungskultur. Deshalb braucht es eine andere Führungskultur, andere Werte. Und auch das Recruiting muss sich anpassen. Hier braucht es einen grundlegender Wandel. Die typischen Kriterien wie Notendurchschnitt oder Lebenslauf waren schon vor zehn Jahren überholt und sind es heute erst recht.

Ich glaube nicht, dass wir unbedingt mehr Akademiker brauchen. Wir brauchen Macher. Menschen, die mit der Zeit gehen, die sich mit der Digitalisierung auskennen, die offen sind für Veränderungen und die sich für Unternehmen begeistern. Diese Leute sind gefragt, nicht nur die mit einem guten Abitur. Letztere werden manchmal sogar aussortiert, weil sie nicht praxistauglich sind. So hart das klingt. Ich bevorzuge jemanden mit einem unkonventionellen Lebenslauf, der mit Begeisterung und Engagement bei der Sache ist.