Der Geist des Falken - Gerhard Buzzi - E-Book

Der Geist des Falken E-Book

Gerhard Buzzi

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Beschreibung

Eine abenteuerliche Reise durch die schamanische Welt: „Der Geist des Falken“ von Gerhard Buzzi jetzt als eBook bei dotbooks. Ein Buch für alle, die im hektischen Alltag wieder zu sich selbst finden wollen … Little Bear, der Sohn des ehrwürdigen Medizinmannes, ist auserwählt – er ist der Einzige, der sein Volk vor dem Untergang bewahren kann. Mit Hilfe des Falken, seinem Kraft- und Schutztier, begibt er sich auf eine abenteuerliche Reise, die ihn nicht nur durch die Weite der Prärie führt, sondern auch durch seine innere Welt … Folgen Sie dem mutigen Indianerjungen auf seiner schamanischen Reise und lernen auch Sie, Ihre innere Stimme zu verstehen und ihr zu vertrauen. Jetzt als eBook kaufen und genießen: Der spirituelle Erfahrungsbericht „Der Geist des Falken“ von Gerhard Buzzi. Wer liest, hat mehr vom Leben: dotbooks – der eBook-Verlag.

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Seitenzahl: 141

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Über dieses Buch:

Ein Buch für alle, die im hektischen Alltag wieder zu sich selbst finden wollen …Little Bear, der Sohn des ehrwürdigen Medizinmannes, ist auserwählt – er ist der Einzige, der sein Volk vor dem Untergang bewahren kann. Mit Hilfe des Falken, seinem Kraft- und Schutztier, begibt er sich auf eine abenteuerliche Reise, die ihn nicht nur durch die Weite der Prärie führt, sondern auch durch seine innere Welt …Folgen Sie dem mutigen Indianerjungen auf seiner schamanischen Reise und lernen auch Sie, Ihre innere Stimme zu verstehen und ihr zu vertrauen.

Über den Autor:

Gerhard Buzzi, geboren in Österreich, lebt mit seiner Familie in Hamburg. Seit über 20 Jahren arbeitet er als Autor und Personal Trainer. Ausgedehnte Reisen führten ihn quer durch Amerika, wo er mit der spirituellen Welt der Indianer in Berührung kam. Der Autor, der in Santa Fe, New Mexico, seine dritte Heimat gefunden hat, geht selbst den „Indianischen Weg“ und hält darüber Vorträge in Schulen und Museen. Zudem engagiert er sich in verschiedenen Indianerprojekten.

Bei dotbooks erschienen Gerhard Buzzis spiritueller Erfahrungsbericht Die Weisheit der Lakota und Krafttiere.

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eBook-Neuausgabe April 2016

Copyright © der Originalausgabe 2001 Heinrich Hugendubel Verlag, Kreuzlingen/München

Copyright © der Neuausgabe 2016 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: Tanja Winkler, Weichs

Titelbildabbildung: © jurra8 (fotolia.com)

eBook-Herstellung: Open Publishing GmbH

ISBN 978-3-95824-629-4

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Gerhard Buzzi

Der Geist des Falken

Berichte einer schamanischen Reise

dotbooks.

»Willst du ein Stück mit mir fliegen?«, fragte der Falke.

»Gerne«, antwortete ich und schwang mich auf den Rücken des wunderbaren Greifvogels.

»Wohin geht die Reise?«, wollte ich wissen, während der Falke seine Flügel ausbreitete und sich in die Lüfte erhob. »Wir reisen an einen Ort, an dem Träume Wirklichkeit und Seelen zu Regentropfen werden«, sagte er und seine Stimme bekam einen Hauch von Traurigkeit.

»Warum die Trauer in deinem Herzen?«, fragte ich verwundert. »Träume, die zu Leben werden, sind Geschenke des wahren Glücks.«

»Das Glück geht oft dornige Wege«, antwortete der Falke. »Es bedarf einer gewissen Zeit, bis es in unsere Herzen Einzug hält.«

»Wo ist dieser geheimnisvolle Ort, an dem Träume Wirklichkeit werden?«

»Wir befinden uns mitten in ihm«, antwortete der Falke.

Kapitel 1

Langsamen Schrittes wanderte Red Hawk durch das Gras der Prärie. Es war dunkel geworden und der alte Mann musste vorsichtig gehen, denn seine müden Augen taten sich schwer, den Schleier der beginnenden Nacht zu durchdringen.

Der Medizinmann konnte sich die Unruhe nicht erklären, die ihn seit Tagen verfolgte – wie ein Schatten aus der Finsternis, unsichtbar und doch immer zu spüren, wie ein Windhauch, der säuselnd um seinen Körper strich.

Red Hawk schaute sich von Zeit zu Zeit um, blieb stehen, hielt den Atem an, horchte. Er blickte hinauf zu den Blättern der schmalen Birke, die im Takt der Elemente dem Schamanen ein Lied sang. Red Hawk kannte die Stimmen der Prärie und des Waldes, sie waren ihm so vertraut wie seine eigene. Er konnte die Zeichen seiner geistigen Helfer deuten, ja er musste sie deuten können, das wurde von ihm erwartet, denn schließlich gehörte das zu den Aufgaben eines Medizinmannes.

Aber diesmal sang die Birke ein Lied, das ihm nicht vertraut war, es klang wie fernes Wehklagen, das schwach, aber unaufhörlich vom Wind getragen durch die Aste säuselte.

»Die Büffel gehen in die andere Welt, die Mutter hat es gesagt, die Mutter hat es gesagt.

Die Hirsche gehen in die andere Welt, der Vater hat es gesagt, der Vater hat es gesagt.

Die Brüder gehen in die andere Welt, die Winde haben es gesagt, die Winde haben es gesagt.«

Das Lied flößte dem alten Indianer Angst ein. Sein Blick wanderte hoch in den wolkenverhangenen Himmel, er suchte nach den Sternen, die sich ihm heute nicht zeigen wollten.

Eine Schar Fledermäuse flatterte aufgeregt zwischen den Bäumen hin und her, unruhig, getrieben von einer Hast, die Red Hawk so nicht kannte.

Er blieb erneut stehen und horchte in die aufkommende Finsternis. Er konnte die Gefahr fühlen, die ihn auf Schritt und Tritt verfolgte, um sich zu gegebener Zeit wie ein unsichtbarer Mantel um seine Schultern zu legen. ›Sie ist zum Greifen nah‹, sagte er zu sich und langte mit der linken Hand instinktiv hinter sich, um die unheimliche Macht zu packen. Aber seine Hand fuhr ins Leere.

Da schrie ein Eichelhäher. Red Hawk erschrak. »Er will mich warnen«, dachte der alte Mann laut, »aber wovor?« Er drehte seinen Kopf in die Richtung, aus der der Schrei kam. Der Medizinmann wollte den Eichelhäher befragen, aber in diesem Moment flog der Vogel über seinen Kopf hinweg und verschwand zwischen den Kronen der schlanken Bäume.

Red Hawk beschleunigte seinen Schritt, er wollte sein Tipi erreichen, das Zuhause seiner Familie, das auch sein heiliger Tempel war, sein Gotteshaus, das ihn vor Bösem beschützt.

»Warum ist Vater in den letzten Tagen so unruhig?«, fragte der Junge seine Mutter. »So habe ich ihn noch nie erlebt. Kannst du mir das erklären?«

One Star kniete neben der Feuerstelle und schaute gedankenverloren in die züngelnden Flammen des Zeltfeuers. Der aufsteigende Rauch füllte das Innere des mächtigen Tipis mit einem zarten Schleier aus.

»Dein Vater trägt als Medizinmann seines Volkes eine große Verantwortung«, antwortete die Mutter. »Unser Volk hört auf seine Worte. Das Leben unserer Brüder und Schwester hängt von ihnen ab. Red Hawk weiß, wann die Büffel kommen, die uns Nahrung und Kleidung für den Winter bringen. Die Spirits flüstern es ihm zu, wenn er durch die Welt der Geister wandert, die tief im Süden ihre Heimat haben. Die Last der Verantwortung ist oft schwerer als ein einzelner Mann auf seinen Schultern tragen kann, aber dein Vater war ein starker Krieger, der keinen Feind zu fürchten brauchte. Dein Herz muss sich um Red Hawk nicht fürchten, er ist beschützt.«

Little Bear schaute seine Mutter von der Seite an. Seine Augen wanderten über ihr Gesicht, der Blick streichelte ihre hohe stolze Stirn, wo er einige Augenblicke verweilte, um dann zärtlich über die leicht gebogene Nase hinunter zu ihrem Mund zu gelangen. Dort suchte der Junge vergeblich nach dem Lächeln, das seine Mutter ständig bei sich trug. ›Auch sie ist in Sorge‹, dachte Little Bear, ›aber sie will mit mir nicht darüber sprechen.‹

Der Junge ging zu seinem Lagerplatz zurück, legte sich behutsam auf das große, schwere Büffelfell und verschränkte seine Arme hinter dem Kopf. Er beobachtete den Rauch, der langsam und träge nach oben stieg, magisch angezogen von der kalten, klaren Nachtluft.

›Der Rauch ist wie mein Lebern‹, dachte Little Bear. ›Er bewegt sich wie eine Schnecke, so langsam und behäbig. Ich möchte ein starker und gefürchteter Krieger werden, wie es Vater früher war. Nicht irgendwann, schon morgen will ich gegen den Feind kämpfen und ihm die besten Pferde stehlen.‹

Little Bear schloss die Augen. Er sah sich als stolzer Reiter über die Prärie galoppieren. Sein Pferd Shuunka berührte mit den Hufen kaum den Boden, es fegte wie Tate, der Wind, über die Graslandschaft.

Little Bear konnte nicht verstehen, dass sein Vater von ihm Geduld forderte. »Du bist noch ein Kind«, sagte Red Hawk, »vertraue der Zeit, sie weiß, wann es recht ist, aus dir einen Krieger zu machen.« Mit dem Bild des stolzen, furchtlosen Reiters schlief Little Bear ein.

***

Er hörte nicht mehr, wie Red Hawk das Tipi betrat. Der Medizinmann versuchte die Unruhe, die sich tief in seinem Herzen eingenistet hatte, vor seiner Frau zu verbergen. Er ging zu seinem Lederbeutel, der an einem Holzgestänge hing. In dem Beutel aus geschmeidigem Hirschleder bewahrte Red Hawk seine heiligen Dinge auf. One Star hatte ihn mit bunten Perlen und Stachelschwein-Borsten bestickt.

Der Medizinmann entnahm ein Bündel Salbei. Er zündete es an und blies behutsam die Flammen aus, bis sich eine zarte Glut durch die getrockneten Blätter fraß. Der aufsteigende Rauch roch würzig. Schnell verteilte sich der wohltuende Duft im Rundzelt.

Red Hawk fächerte sich den heiligen Rauch zu, reinigte Kleidung und Körper, dazu betete er:

»Den vier Winden sende ich meine Stimme,

den vier Winden sende ich meine Stimme,

Großer Geist, schaue in mein Herz,

Großer Geist, schaue in mein Herz.«

»Du trägst große Sorgen mit dir«, sagte One Star ohne Umschweife. Sie hatte ihren Mann aus den Augenwinkeln beobachtet, sah das Unbegreifliche, das er nicht verstehen konnte. Jemand hatte es in seine Seele gebrannt.

»Die Geister sind gegen mich«, sagte Red Hawk mit leiser Stimme. »Sie flüstern mir Botschaften ins Ohr, die ich nicht verstehe, sie singen mir Lieder, die mir Angst machen. Eine dunkle Macht bedroht unser Volk und ich sehe kein Licht, das mir den Weg aus der Finsternis zeigt. Eine große Gefahr lauert vor den Toren unserer Tipis und ich kann sie nicht vertreiben.«

Red Hawk wandte sich zu One Star, die noch immer vor dem Feuer saß. Flehend schaute er seiner Frau in die Augen. »Sieh mich an«, bat er, »bin ich schon so alt, dass ich mein Volk nicht mehr beschützen kann?« Seine dunklen Augen füllten sich mit Tränen. Er nahm die linke Hand von One Star und drückte sie fest an sich.

»Fühlst du die Stimme meines Volkes?«, fragte er. »Wakan Tanka, der Große Geist, legte die Schöpfung in mein Herz, er gab mir seine Liebe in Obhut, ich sollte sie hüten und an die Menschen verteilen, wenn die Zeit gekommen ist. Aber wie kann ich Wakan Tanka dienen, wenn er mir Lieder schickt, die ich nicht verstehe?«

One Star spürte die Verzweiflung in Red Hawks Stimme. »Es ist nicht so, wie du denkst«, sagte sie sanft. »Wakan Tanka, der Große Geist, würde es nicht zulassen, dass unserem Volk Böses geschieht. Die Spirits haben dich nicht verlassen, sie spielen dir einen Streich. Du weißt, da, wo heilige Dinge geschehen, muss auch das Lächeln einen festen Platz in unserem Herzen haben — daran wollen dich die Geistwesen erinnern. Du hast viele Tage und Nächte nicht gelacht, die Sorge um unser Volk trieb dich in die Arme der Finsternis. Lache, und die Spirits schicken dir wieder fröhliche Lieder.«

Red Hawk lauschte den Worten von One Star. ›Sie ist eine weise Frau‹, dachte er, ›ich sollte mehr auf sie hören. Ihre Worte sind wie reines, klares Quellwasser, das tief aus dem Schoß von Mutter Erde kommt. Ich gehe morgen früh die Sonne begrüßen und mit dem ersten Strahl, der meine Wangen berührt, werde ich tanzen und singen und lachen.‹

»Du hast Recht«, sagte er zu ihr, »ich mache mir zu viele Sorgen. Der Große Geist liebt unser Volk, er schickte den Büffel, der die Prärie bevölkert. Es sind so viele Tiere, wie Wolken am Himmel, niemand kann sie zählen. Unser Volk ist mutig und tapfer, die Feinde fürchten uns; wir sind die Kinder des Großen Geistes.«

Red Hawk nahm seine Frau in den Arm. »Du bist die klügste aller Frauen«, flüsterte er ihr ins Ohr, »ich bin sehr stolz auf dich.« Er strich seiner Frau zärtlich über ihr langes, pechschwarzes Haar und der Duft von Minze und Salbei umschmeichelte die Nase des Medizinmannes. Er schloss die Augen und ließ die Bilder von damals vor seinen Augen vorbeiziehen. One Star war fast noch ein Kind und er, Red Hawk, schon der Medizinmann seines Dorfes. Seine erste Frau war gestorben, als eine Hand voll Crows über die Tipis der Sioux herfielen. Die Krieger waren nicht zu Hause, nur die Frauen mit ihren Kindern und die Alten hüteten das Feuer. Viele starben im Pfeilhagel der Feinde.

One Star war die Tochter des Häuptlings. Die Augen des Vaters glänzten voller Stolz, wenn sie erhobenen Hauptes über den Dorfplatz schritt. Ihr Haar berührte beinahe den Boden. Sie trug ein Kleid aus hellem Rehleder, das über und über mit Hirschzähnen bestickt war. Die jungen Krieger verdrehten jedesmal ihre Köpfe, wenn One Star aus ihrem Tipi schritt, um Wasser aus der Quelle zu holen.

Einige der jungen Männer schwangen sich dann auf ihre Pferde, um im Höllentempo an One Star vorbeizugaloppieren. Sie stießen dabei wilde, markerschütternde Schreie aus, rissen nach wenigen Metern ihre Pferde in den Stand, machten kehrt und fegten im Galopp auf das anmutige Mädchen zu, um im letzten Moment nach links oder nach rechts auszuweichen. Jeder von ihnen hoffte auf einen anerkennenden Blick von One Star, aber sie schritt stolz und ohne Angst an den wilden Horden vorbei, ohne einen der Reiter zu würdigen.

Das junge Mädchen hatte nur Augen für Red Hawk, den Medizinmann, der seine wilden Jahre längst den Winden übergeben hatte, die seine Heldentaten bis weit hinter den Horizont trugen, um sie dem ewigen Eis und dem Wüstensand zu erzählen.

Sie liebte seine ruhige, besonnene Art, sein Herz war klar und rein, sie konnte darin lesen wie in ihrer eigenen Seele. Er spürte ihre Blicke, er konnte ihr Herz pochen hören, wenn sie in seiner Nähe war. Dem alten Mann schmeichelte die Liebe der Jugend und eines Tages fasste er allen Mut zusammen und bat den Häuptling um die Hand seiner Tochter.

Die Aufregung im Dorf war groß, schließlich kam es nicht alle Tage vor, dass ein Medizinmann, der mehr als vierzig Winter erlebt hatte, die junge Tochter des Häuptlings zur Frau nahm. Viele der jungen Krieger gingen an diesem Tage hinaus in die Prärie, um zu trauern.

Zwanzig Winter waren inzwischen vergangen und die Liebe zwischen Red Hawk und One Star war nie erloschen, das Feuer in ihren Herzen brannte lichterloh und wärmte ihre Seelen, wenn außerhalb ein kalter Sturm blies. Little Bear war vor zwölf Wintern auf die Welt gekommen und hatte das Glück des Medizinmannes vollkommen gemacht.

Langsam löste sich Red Hawk aus der Umarmung und ging zu seinem Sohn, der schlummernd unter dem dicken Fell lag. Er küsste ihm die Stirn und sagte leise, mit Stolz in der Stimme: »Und du wirst der Tapferste aller Krieger werden.«

Red Hawk war müde geworden. Er schlug sein wärmendes Büffelfell zur Seite und legte sich nieder. Der alte Mann schloss die Augen. Er reiste in Gedanken in das Zentrum des Lichts, das tief im Süden lag, dort, wo die Spirits ihre Zelte aufgeschlagen hatten. Aber statt des Lichts, das sein Herz und seine Gedanken reinigen sollte, drang eine Stimme an sein Ohr, die ihm vertraut war. Der Nordwind sang ihm ein Lied. Zum Schrecken von Red Hawk war es wieder das der Birke.

»Die Büffel gehen in die andere Welt,

die Mutter hat es gesagt,

die Mutter hat es gesagt.

Die Hirsche gehen in die andere Welt,

der Vater hat es gesagt,

der Vater hat es gesagt.

Die Brüder gehen in die andere Welt,

die Winde haben es gesagt,

die Winde haben es gesagt.«

Der Medizinmann hatte keine Kraft mehr, sich gegen den Freund und Verbündeten zu stemmen, er ließ den Nordwind das Lied vollenden, auch wenn es sein Herz in Stücke schnitt.

»Die Brüder gehen in die andere Welt,

die Winde haben es gesagt,

die Winde haben es gesagt.«

Der Indianer wurde von der Unheil bringenden Botschaft in den Schlaf getragen. ›Sind die Spirits gegen mich oder bin ich gegen sie?‹, dachte er noch, bevor der Schatten der Geisterwelt ihn umhüllte.

Die Nacht war noch kurz, als Red Hawk aus dem Schlaf hochschreckte. Er setzte sich auf und hörte hinaus in die Finsternis. Im zarten Schein des heruntergebrannten Feuers sah er One Star und Little Bear friedlich schlummern, er hörte ihre regelmäßigen Atemzüge.

Vergessen war die Angst und die Verzweiflung, die ihn trieb — der Krieger war in Red Hawk erwacht. Die Kraft der Jugend hatte den Mann nie verlassen, sie hatte nur Winterschlaf gehalten in dem Körper, der über sechzig Wintern trotzte. Der Medizinmann stand leise auf, er wollte seine Frau und seinen Sohn nicht wecken.

›Die Gefahr, hinter welcher Maske sie sich auch immer verbergen mag, mein Tipi hat sie noch nicht erreicht‹ stellte er erleichtert fest. ›Sie schleicht um das Dorf, irgendwo zwischen den Zelten der anderen, ich muss mein Volk warnen.‹

Red Hawk zog seine Hose aus Hirschleder über und schlüpfte in die bunt bestickten Mokassins. Immer wieder hielt er kurz inne, um zu lauschen.

›Warum ist es so ruhig draußen?‹, dachte er. ›Keines der Pferde wiehert, die Hunde bellen nicht und selbst die Winde schlafen, es ist mir unheimlich.‹ Red Hawk schlich aus dem Zelt und lief in gebückter Haltung durch die Nacht. Hastig sah er sich nach allen Seiten um, er wollte dem unheimlichen Feind, der sein Herz so viele Tage lang gequält hatte, ins Auge sehen, er wollte ihn niederringen und in den Staub werfen. Der Indianer huschte wie ein Puma über die Graslandschaft, lautlos, beinahe unsichtbar. Er durfte sich keinen Fehler leisten, das Leben seines Volks stand auf dem Spiel.