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Zwei Kinder gehen an Halloween für Süßes oder Saures von Tür zu Tür und bringen einen Geist mit nach Hause. Fortan schleicht sich der Horror durch das Treppenhaus und verändert den Alltag einer Familie. Sarah Khan ist in ihrer neuen Erzählung spannend und unerbittlich. Sarah Khan, geboren 1971 in Hamburg, ist Schriftstellerin und lebt in Berlin. Sie veröffentlichte Romane, Reportagen und Erzählungen, unter anderem „Die Gespenster von Berlin“ und „Der Horrorpilz“.
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Seitenzahl: 23
Zwei Kinder gehen an Halloween für Süßes oder Saures von Tür zu Tür und bringen einen Geist mit nach Hause. Fortan schleicht sich der Horror durch das Treppenhaus und verändert den Alltag einer Familie.
Sarah Khan ist in ihrer neuen Erzählung spannend und unerbittlich.
Sarah Khan
Der Geist im Treppenhaus
Erzählung
ein mikrotext
Erstellt mit Booktype
Cover: Nikola Richter / pixabay
Covertypo: PTL Attention, Viktor Nübel
www.mikrotext.de – [email protected]
978-3-944543-93-2
© mikrotext 2019, Berlin
Inhalt
Impressum
Titelseite
Der Geist im Treppenhaus
Über die Autorin
Über mikrotext
Der Horrorpilz (Lesetipp)
Weihnachten mit Hüsiye (Lesetipp)
Audrey und Ariane (Lesetipp)
Sarah Khan
Der Geist im Treppenhaus
Erzählung
Zu Halloween bekommen Kinder nicht nur Süßes, oft sind es Verlegenheitsgeschenke, die sie auf der Tour durch die Nachbarschaft erhalten. Leute, die keine Süßigkeiten im Haus haben, aber den Kindern trotzdem etwas geben wollen, kommen manchmal auf erstaunliche Ideen. Meine Kinder erhielten schon Marmelade, eine Salami am Stück, lose Teebeutel, Hustenbonbons und sogar eine Tube Handcreme (die kann ich gerade gut gebrauchen, meine Haut ist so gespannt). Beim letzten Halloween geschah etwas, das uns bis heute beschäftigt. Meine Tochter Gloria war als Hexe verkleidet. Sie trug ein Kleid mit Zierflicken, dazu eine Kette mit Plastikkürbissen und Spinnen, in der Hand hielt sie einen Reisigbesen aus einem 1-Euro-Shop. Mein Sohn Heinzi ging als Vampir, mit Umhang und roter Farbe um die Mundwinkel. Sie waren fröhlich, als sie loszogen, und jeder hatte seinen eigenen Beutel. Als sie zurückkehrten, früher als gedacht, hörte ich schon im Treppenhaus ihre Schuhe quietschten. Ich öffnete die Tür, sie stürmten rein, schneeweiß im Gesicht, und verriegelten hektisch die Tür. Die Beutel ließen sie fallen, die Verkleidungen rissen sie sich vom Leib und dann verschwanden sie in ihren Zimmern. Ich klopfte bei Gloria. „Hattet ihr Ärger mit anderen Kindern?“
„Nein.“
„Hat euch einer dumm angemacht? Hat sich jemand unanständig verhalten?“
„Nein.“
„Irgendwas ist passiert, das merke ich doch.“
Sie lag im Bett und setzte sich die Kopfhörer auf. Auch aus Heinzi war nicht schlau zu werden, der junge Mann war noch verschwiegener als seine jüngere Schwester. Ich wischte ihm mit einem Wattebausch die Farbe aus den Mundwinkeln. Abendbrot wollten beide nicht und gingen früh schlafen. In der Nacht standen sie an meinem Bett, mit Tränen in den Augen. „Wir müssen dir was sagen.“ Sie setzten sich im Schneidersitz auf die leere Seite des Doppelbettes, und ich dachte noch, dass es wieder typisch von Marko war, dass er gerade jetzt auf Dienstreise war, wo die Kinder eine Krise durchmachten. Gloria fing an zu erzählen.
„Da war ein altes Paar, die haben uns Schokolade geschenkt.“
„Und wo war das?“