Der Highlander und die Heilerin - Margaret Mallory - E-Book

Der Highlander und die Heilerin E-Book

Margaret Mallory

0,0
7,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Die Leidenschaft ist ihre Bestimmung, doch werden sie ihr nachgeben?

Der Clan der MacDonalds schwebt in Gefahr, denn feindliche Krieger haben das Land umzingelt. Nur ein mächtiges Ehebündnis zwischen Clansherr Connor und einer der Töchter der Nachbarclans kann den benötigten Schutz für ihr Zuhause liefern. Doch das Herz des gut aussehenden Highlanders schlägt in Wahrheit für die schöne Heilerin Ilysa – und die spürt ebenfalls, dass ihre Bestimmung an Connors Seite ist. Im Angesicht des drohenden Krieges stehen beide nun vor der Wahl: Hören sie auf ihr Pflichtgefühl oder ihre flammende Leidenschaft?

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 534

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Buch

Der Clan der MacDonalds schwebt in Gefahr, denn feindliche Krieger haben das Land umzingelt. Nur ein mächtiges Ehebündnis zwischen Clansherr Connor und einer der Töchter der Nachbarclans kann den benötigten Schutz für ihr Zuhause liefern. Doch das Herz des gut aussehenden Highlanders schlägt in Wahrheit für die schöne Heilerin Ilysa – und die spürt ebenfalls, dass ihre Bestimmung an Connors Seite ist. Im Angesicht des drohenden Krieges stehen beide nun vor der Wahl: Hören sie auf ihr Pflichtgefühl oder ihre flammende Leidenschaft?

Autorin

Margaret Mallory wuchs in einer Kleinstadt im US-Staat Michigan auf und studierte Jura an der Michigan State University und der University of Michigan Law School. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Kindern an der Pazifikküste, wo sie sich nun ganz ihrer großen Leidenschaft widmet: dem Schreiben historischer Liebesromane.

Von Margaret Mallory bereits erschienen

Mein zärtlicher Ritter · Mein leidenschaftlicher Ritter · Mein geliebter Ritter · Die Braut des Highlanders · Die schottische Hochzeit · Geliebt von einem Highlander

Besuchen Sie uns auch auf www.facebook.com/blanvalet und www.twitter.com/BlanvaletVerlag

Margaret Mallory

Der Highlanderund die Heilerin

Roman

Deutschvon Christiane Meyer

Die Originalausgabe erschien 2013 unter dem Titel»The Chieftain« bei Grand Central/Forever, New York. Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen. Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Copyright der Originalausgabe © 2013 by Peggy L. Brown This edition is published by arrangement with Grand Central Publishing, New York, NY, USA. All rights reserved. Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30161 Hannover. Copyright der deutschsprachigen Ausgabe © 2019 by Blanvalet in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München Redaktion: Ulrike Nikel Umschlaggestaltung: © Johannes Wiebel | punchdesign, unter Verwendung von Motiven von Shutterstock.com (androver; Paul Nash; INTOtheSIBERIA; Lukassek; Master1305) und Jenn LeBlanc dn · Herstellung: sam Satz und E-Book-Konvertierung: GGP Media GmbH, Pößneck ISBN: 978-3-641-24981-6V001 www.blanvalet.de

Für meinen Ehemann Bob.

In Liebe und Dankbarkeit für unser gemeinsames Leben.

Manche Dinge sind für die Ewigkeit.

Prolog

Dunscaith Castle Isle of Skye, Schottland 1496

Hurenbock, Schürzenjäger, Lügner«, rief Connors Mutter, während sie das prasselnde Feuer umrundete und dabei einen Stock hinter sich her durch den Sand zog. »Mo mhallachd ort! Ich verfluche dich!«

Connor hatte die Knie an die Brust gezogen. Er sah ihr offenes, langes Haar, das ihr im Nachtwind um den Kopf wehte und wie schwarze Schlangen wirkte.

»Möge dein Samen eintrocknen, Donald Gallach, Chieftain der MacDonalds of Sleat, damit keine Frau dir noch ein weiteres Kind schenken kann«, rief sie mit schriller, zitternder Stimme, während sie ein zweites Mal um das Feuer herumging, dabei ihren Ehemann, Oberhaupt eines bedeutenden Zweiges innerhalb des großen MacDonald-Clans, nach Herzenslust verfluchend.

Ihr Sohn wünschte sich in diesem Moment, sein Freund Duncan oder seine Cousins wären hier, statt mit den Kriegern seines Vaters in der großen Halle der Burg zu liegen und zu schlafen – so wie er es eigentlich ebenfalls tun sollte. Sein Vater war nämlich der Meinung, dass ein Siebenjähriger, der auf einer Pritsche neben dem Bett seiner Mutter schlief, niemals ein guter Krieger werden könnte, und hatte es deshalb verboten.

Doch der Chieftain, wie der offizielle Titel für die Oberhäupter der verschiedenen Untergruppen eines Clans lautete, war nicht da, und Connor hatte Angst, dass seiner Mutter etwas passieren könnte, wenn er nicht in ihrer Nähe wäre.

»Mögen deine Söhne, die von anderen Frauen zur Welt gebracht wurden, jung sterben«, rezitierte seine Mutter eine alte Verwünschung, während sie den Stock noch einmal um das Feuer zog.

Tagelang hatte sie geweint und sich die Haare gerauft. So war sie mitunter. Aber es gab auch andere Zeiten, in denen sie heller als die Sonne strahlte – so hell, dass es in den Augen schmerzte.

So etwas wie das hier hatte sie nie zuvor getan.

»Dreimal im Kreis, und der Bann ist ausgesprochen.« Seine Mutter richtete sich auf und reckte den Stock hoch in die Luft. »Und wisse, dass ich es war, deine Frau, die dich verflucht hat.«

Der Junge hörte schnelle Schritte, die sich in der Dunkelheit näherten.

Im nächsten Moment rief eine vertraute Stimme: »Nein, Catriona, tu das nicht!«

Zu Connors Erleichterung war es Duncans Mutter Anna, die plötzlich auftauchte und seine Mutter mit ihrer sanften Art hoffentlich beruhigen würde. Allerdings durfte sie ihn nicht entdecken, sonst würde sie ihn auf der Stelle zurück in die Burg schicken. In Windeseile kroch er durch den hohen Strandhafer, bis er außerhalb des Feuerscheins und damit in Sicherheit war.

»Bitte, tu das nicht«, hörte er Annas Stimme. »Ein böser Fluch, der ungerechtfertigt gesprochen wird, kann auf dich zurückfallen.«

»Donald Gallach verdient jede Verfluchung«, erwiderte seine Mutter und spuckte die Worte beinahe aus. »Mit Leidenschaft und dem Versprechen ewiger Liebe hat er mich überredet, einen Mann zu verlassen, der mich vergöttert hat. Und jetzt muss ich feststellen, dass es eine neue Geliebte auf Trotternish Castle gibt, die ihm kürzlich einen Sohn geschenkt hat.«

»Männer haben schon weitaus Schlimmeres getan.« Anna legte seiner Mutter den Arm um die Schultern. »Ich bitte dich, nimm den Fluch zurück, ehe es zu spät ist.«

»Es war bereits in dem Moment zu spät, als er eine andere Frau in sein Bett geholt hat«, entgegnete sie unversöhnlich und stieß Anna von sich. »Ich werde dafür sorgen, dass er für den Rest seiner Tage bereuen wird, was er mir angetan hat, das schwöre ich.«

»Ach komm«, tröste Anna sie. »Ich bin mir sicher, dass du trotz allem die einzige Frau bist, die der Chieftain wirklich liebt.« Sie strich Catriona die wilden Locken aus dem Gesicht. »Bitte, komm zurück in die Burg und ruh dich aus.«

»Wenn er glaubt, dass ich das alles so einfach hinnehme, dass ich hierbleibe und weiter die treu ergebene Ehefrau spiele, dann hat er vergessen, wer ich bin.« Seine Mutter starrte in die Flammen und lächelte auf eine Art, die Connor Angst machte. »Er wird toben, wenn ich ihn für einen anderen Mann verlasse.«

»Das kann nicht dein Ernst sein«, erschrak Anna. »Was ist dann mit deinen Kindern?«

Ihr Sohn hielt unwillkürlich die Luft an und bemühte sich, nicht in Tränen auszubrechen, während er auf ihre Antwort wartete.

»Du weißt ganz genau, dass die Kinder in den Highlands, vor allem die eines Chieftains, zu ihrem Vater gehören und bei einer Trennung der Eltern bei ihm bleiben.«

»Möglich, trotzdem brauchen die beiden ihre Mutter«, beharrte Anna, die seine Kinderfrau und die seiner Schwester war, und packte den Arm der Burgherrin. »Und der kleine Connor liebt dich über alles.«

»Du bist ihnen eine bessere Betreuerin und Vertraute, als ich es je sein kann, und ich weiß, dass du niemals zulassen würdest, dass Donald Gallach dich anfasst. Versprich mir, dass du dich um Connor und Moira kümmerst, wenn ich weg bin.«

»Das werde ich …«

»Geh nicht!«

In diesem Moment rannte er zu seiner Mutter, vergrub sein Gesicht in ihren Röcken und atmete ihren Geruch ein. Wie immer duftete sie nach Rosenblüten.

»Mein süßer Junge.« Catriona fiel auf die Knie und umarmte ihn, dann lehnte sie sich ein Stück zurück, sah ihm fest in die Augen und fragte: »Du willst doch, dass deine Mutter glücklich ist, oder?«

Das Kind nickte. Wenn sie glücklich war, würde sie bestimmt bleiben, dachte er.

»Du wurdest in einer Nacht feuriger Leidenschaft gezeugt, als das Herz deines Vaters noch mir allein gehörte«, fügte sie hinzu und umfing sein Gesicht mit beiden Händen. »Jedes Mal wenn dein Vater dich ansieht, wird er sich daran erinnern, wie es zwischen uns war, und dann wird er bedauern, was er verloren hat.«

Eines Nachts, als Connor zu fest schlief, um etwas zu merken, verschwand seine Mutter.

Am Morgen danach tobte draußen ein Sturm, und in der Burg herrschte Aufregung. Sein Vater war zurückgekehrt, nachdem er einige Wochen lang unterwegs gewesen war, und brüllte jeden an, der ihm in die Quere kam.

»Sonst folgst du deiner Mutter wie ein kleiner Hund. Warum diesmal nicht?« Sein Vater hob Connor hoch, schüttelte ihn unsanft und schrie ihm ins Gesicht: »Du musst sie mit jemand anderem gesehen haben. Mit wem ist sie weggegangen? Sag es mir!«

Sein Vater vergrub die Finger in seinen Armen, aber Connor sagte kein Wort. Selbst wenn er gewusst hätte, wo seine Mutter war, hätte er sie niemals verraten. Schließlich hoffte er, sie werde zurückkommen, wenn er schön artig war und sie nicht verpetzte.

Trotz des heftigen Sturms, der tobte, sandte sein Vater seine Schiffe in alle Himmelsrichtungen aus, um nach ihr zu suchen.

Am nächsten Tag dann, als das Meer wieder ganz ruhig und spiegelglatt dalag und kein Windhauch den Strandhafer bewegte, war Connor mit Ragnall, seinem großen Bruder aus der ersten Ehe des Chieftains, gerade draußen, als eine der Galeeren zurückkehrte. Entsetzt beobachtete er, wie ein Krieger seine Mutter vom Schiff trug und wie ihre Arme und Beine schlenkerten und ihr langes schwarzes Haar sich bei jedem seiner Schritte hin und her bewegte.

Sofort rannte er los.

»Nein, Connor!«

Ragnall wollte ihn festhalten, doch der Junge entwischte ihm, stürmte weiter, bis er außer Reichweite war, und kletterte hinunter zum Meeressaum, wurde aber von seinem Bruder, der zehn Jahre älter und praktisch erwachsen war, eingefangen, bevor er den Mann, der seine Mutter auf dem Arm trug, erreichen konnte.

Weder schimpfte er mit dem verzweifelten Kind, noch versuchte er es zu beruhigen. Er hielt den Jungen einfach an seinen Körper gedrückt, der vom täglichen Training mit dem Schwert stark und muskulös war. Dennoch versuchte Connor immer wieder, sich auf die Zehenspitzen zu stellen und den Kopf zu recken, um zwischen den Kriegern hindurch, die sich um seine Mutter geschart hatten, einen Blick auf sie zu erhaschen.

»Selbst im Tod zieht sie noch die Aufmerksamkeit jedes Mannes auf sich«, murmelte Ragnall leise. »Bei allen Heiligen, deine Mutter war so schön.«

War? Connor verstand das alles nicht, doch die Angst schnürte ihm die Kehle zu.

Plötzlich traten die Männer zur Seite, um den Chieftain durchzulassen. Als er an seinen beiden Söhnen vorbeilief, war sein Blick starr auf den leblosen Körper gerichtet, den der Krieger noch immer fast wie eine Opfergabe in den Armen hielt.

»Ihr Schiff ging im Sturm unter, und keiner hat überlebt«, erklärte der Krieger. »Ein Bauer fand ihren Leichnam am Strand.«

Der Vater presste die Kiefer aufeinander, während er den nassen, toten Körper betrachtete.

»Ich will zu ihr«, weinte Connor und wand sich in Ragnalls Griff.

Sein Vater wirbelte herum und richtete seine wild blickenden goldbraunen Augen auf ihn. Rasch zog Ragnall den Kleinen enger an sich und drehte sich mit ihm ein Stück zur Seite, um den Bruder vor dem väterlichen Zorn zu schützen, aber der Junge war zu verzweifelt, zu aufgelöst, um Angst zu haben.

»Was hat sie denn?«, fragte er verzagt, trotz der drohenden Miene von Donald Gallach.

»Sie war untreu, und jetzt ist sie tot«, beschied er seinem Sohn, und seine Wut war fast mit Händen greifbar. »Es wird keine Träne um sie vergossen.«

Der Schmerz raubte Connor den Atem, und es dauerte eine ganze Weile, bis er einen Laut über die Lippen brachte. »Nein!«, schrie er und packte die Arme seines Bruders. »Ich will zu ihr! Lass mich zu ihr!«

»Dem Himmel sei Dank, dass ich zumindest einen Sohn habe, der ein geeigneter Erbe ist und den Clan der MacDonalds of Sleat führen kann.«

»Connor ist noch ein Kind …«, setzte Ragnall an, doch der Chieftain unterbrach ihn mit einer knappen Handbewegung. »Sorg dafür, dass ihr Sohn mir nicht mehr unter die Augen kommt.«

Kapitel 1

1516

Du kannst Connor nicht begleiten«, sagte Duncan.

»Und wer bitte soll sich um den Haushalt auf Trotternish Castle kümmern?« Ilysa sortierte ungerührt ihre Kleider und packte weiter ihre Truhe. »Dort wird bestimmt eine Menge zu tun sein. Bestimmt sieht es nach dem Abzug der MacLeods übel in der Burg aus.«

»Das erlaube ich nicht«, erklärte ihr Bruder, der ungefähr doppelt so groß war wie sie, und funkelte sie finster an.

Ilysa hielt kurz inne, um ihn anzulächeln. Duncan meinte es ja nur gut. Trotzdem würde sie sich von ihm nicht aufhalten lassen.

»Was um Himmels willen hast du eigentlich dagegen, dass ich mitgehe?«

»Wenn du ihm den Haushalt führst, werden alle Leute glauben, dass du ihm auch im Bett zu Diensten bist«, knurrte er ungehalten.

»Ich habe ihm hier auf Dunscaith Castle den Haushalt geführt, seit er Chieftain geworden ist, und niemand glaubt so etwas. Das würde keinem in den Sinn kommen, am allerwenigsten Connor selbst.«

Ilysa unterdrückte ein Seufzen und widmete sich wieder dem Packen.

»Das liegt lediglich daran, dass ich hier lebe«, belehrte Duncan sie. »Außerdem bist du auf der Burg aufgewachsen, sie ist dein Zuhause. Dem Chieftain nach Trotternish Castle zu folgen, ist etwas ganz anderes.«

Was sollte sie tun, wenn sie hierblieb?

Nachdem Duncan Connors Schwester geheiratet hatte und er zu seinem Statthalter auf Dunscaith ernannt worden war, also zum stellvertretenden Burgherrn, hatte Ilysa ihren Platz verloren. Obwohl sie und Moira befreundet waren, konnte es auf der Burg lediglich eine Frau geben, die dem Haushalt vorstand.

»Wenn du dir deshalb Sorgen machst, warum sprichst du nicht mit Connor darüber? Er ist immerhin von Kindesbeinen an dein bester Freund.«

»Du hast Nerven. Ich werde meinen Freund und Chieftain nicht beleidigen, indem ich indirekt unterstelle, er habe meine Schwester ausgenutzt!«

»Aber mich beleidigst du?« Ilysa sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an – wenngleich sie, falls Connor MacDonald den Wunsch verspüren sollte, sie auszunutzen, vor lauter Glück in Ohnmacht fallen würde.

»Ich behaupte ja nicht, dass zwischen euch tatsächlich etwas passieren würde.« Ihr Bruder hob verärgert die Hände. »Es reicht, wenn die Männer nämlich glauben, dass du dem Chieftain gehörst, dann wirst du nie wieder einen Ehemann finden.«

»Ach ja? Ich kann mich nicht daran erinnern, irgendwann gesagt zu haben, dass ich auf der Suche nach einem sei.« Ilysa hielt einen alten Umhang in die Höhe, um ihn auf Mottenlöcher zu untersuchen. »Sollte ich den zusätzlich mitnehmen? Man sagt, der Wind ist dort an der nördlichen Spitze der Insel besonders stark.«

»Still …« Duncan hielt abrupt inne.

Die Jahre des Kampfes hatten seine Instinkte geschärft, desgleichen seine Reflexe. Bevor Ilysa Luft holen konnte, um zu fragen, was los sei, war Duncan schon hinaus auf den Hof der Burg gelaufen und hatte sein Schwert aus der Scheide gezogen, die auf seinem Rücken befestigt war.

Als durch die geöffnete Tür Rufe drangen, rannte sie ihrem Bruder hinterher.

»Was ist los?«, rief Duncan einer der Wachen zu, die auf der Mauer postiert waren.

»Drei Reiter jagen im Galopp auf das Tor zu«, schrie der Mann zurück. »Und einer von ihnen sieht aus, als wäre er verletzt.«

Bitte, lieber Gott, lass es nicht Connor sein, betete Duncan, der bereits Schlimmes fürchtete.

Der Chieftain hatte vor seiner Abreise nach Trotternish ein letztes Mal mit seinen Cousins auf die Jagd gehen wollen. Eigentlich hätte er sie begleiten sollen, war jedoch auf der Burg geblieben, um seiner Schwester noch einmal ins Gewissen zu reden.

Ilysa folgte Duncan, der zwischen den Kriegern hindurch in Richtung Tor rannte, das schon geöffnet worden war und auf das die Reiter zupreschten. Ihr Inneres zog sich schmerzhaft zusammen, als sie erkannte, dass es sich bei dem Verletzten tatsächlich um Connor handelte, der von Ian und Alex flankiert wurde.

Zusammengesackt saß er im Sattel, und man konnte sehen, dass er sich kaum noch auf dem Pferd zu halten vermochte. Die anderen Mitglieder seiner Leibwache folgten im Abstand von einigen Metern.

Als das Trio über die schmale Brücke donnerte, die den einzigen Zugang zu der auf einem Felsen im Meer errichteten Burg darstellte und sie mit der Halbinsel Sleat verband, eilte Duncan ihnen entgegen. Andere drängten nach, sodass Ilysa die Sicht versperrt wurde. Frustriert reckte sie den Kopf und stellte sich auf die Zehenspitzen, um irgendetwas sehen zu können.

»Macht Platz!«, brüllte ihr Bruder und trieb die Gaffer, die sich im Burghof versammelt hatten, auseinander.

Ihre Welt geriet ins Wanken, als sie sah, wie Connor von seinen Cousins, nachdem sie ihn vom Pferd gehoben hatten, in den Wohnturm geschleppt wurde. Sein schwarzes Haar hing ihm ins Gesicht, und die Vorderseite seiner Tunika war blutgetränkt.

»Lauf los und hol meinen Arzneikorb«, befahl Ilysa einer Dienstmagd, die neben ihr stand, bevor sie den anderen in das Innere der Burg folgte. In der großen Halle hielt sie eine andere Bedienstete auf: »Bring uns Decken aus dem Schlafzimmer meines Bruders.«

Duncan selbst war inzwischen ebenfalls vor Ort. Mit einer Armbewegung wischte er Becher und Teller von der langen Tafel, die scheppernd zu Boden fielen, damit Ian und Alex den Verletzten auf den Tisch legen konnten.

»O shluagh!« Ilysa rief die Feen um Hilfe an, als sie die Pfeile sah, die aus Connors Brust und seinem Oberschenkel ragten. Wie oft würden die Feinde des Clans ihn noch umzubringen versuchen?

Als der Chieftain sich aufsetzen wollte, hielt Duncan ihn zurück.

»Ich bin gar nicht so schwer verwundet«, protestierte der Freund, aber sein aschfahles, schmerzverzerrtes Gesicht strafte ihn Lügen.

»Wir sind so schnell wie möglich geritten, weil wir fürchteten, er könnte verbluten, ehe wir die Burg erreichen«, erklärte Alex, während er Connors Tunika, die übliche Bekleidung in den Highlands, mit seinem Dolch aufschnitt, um die Wunde freizulegen.

»Die Pfeile wurden von einer Klippe aus auf uns abgefeuert«, fügte Ian hinzu. »Wir befanden uns auf freiem Feld und waren somit leichte Ziele. Deshalb konnten wir auch nicht anhalten, um seine Wunden wenigstens provisorisch zu versorgen.«

»Zunächst müssen wir den Pfeil aus seiner Brust entfernen, dann kümmern wir uns um sein Bein«, entschied Ilysa, die beide Verletzungen untersucht hatte. Sie hielt die Luft an, als sie ihre Fingerspitzen auf Connors Handgelenk legte. »Du hast Glück, dass du das Herz eines Löwen besitzt, Connor MacDonald.«

Er wollte lachen, zuckte jedoch zusammen. »Zieht die verdammten Dinger endlich aus meinem Körper raus. Sie tun höllisch weh.«

»Jemand soll uns Whisky bringen«, rief Duncan. »Und alle anderen verschwinden jetzt hier!«

Als ein Krug gebracht wurde, umfasste er mit einem Arm Connors Kopf und flößte ihm den Alkohol ein. Ilysa beobachtete sie besorgt. Die Verletzungen schienen gottlob nicht ganz so bedrohlich zu sein wie beim letzten Mal.

Noch jetzt lief es ihr kalt den Rücken runter, wenn sie daran zurückdachte, wie sie Connors zerschmetterten Körper in die winzige Hütte der Seherin getragen hatten. Er war eher tot als lebendig gewesen. Mit Gottes Hilfe hatten sie und Teàrlag ihn von der Schwelle des Todes zurück ins Leben geholt.

»Den Pfeil herauszuschneiden, wird ein kleines bisschen unschön.« Alex wischte seinen langen Dolch an seiner Tunika ab. »Ich werde das übernehmen, Ilysa. Du kannst die Wunde dann zunähen.«

»Ich glaube, es wäre besser, wenn ihr ihn alle zusammen festhalten würdet«, wandte Ilysa vorsichtig ein, ohne direkt zu sagen, dass sie es besser fand, wenn die Klinge beim Herausschneiden von einer zarten Hand geführt wurde. »Wenn Connor nämlich eine falsche Bewegung macht, wird alles nur noch schlimmer.«

Während die Männer ihm weiter Whisky einflößten, legte sie Verbandszeug zurecht.

»Bereit?« Duncan sah den Freund fragend an. Als der nickte, nahm er den Lederriemen, auf dem sich zahllose Zahnabdrücke abzeichneten, aus Ilysas Korb und steckte ihn Connor in den Mund.

Seine Schwester wechselte noch einen Blick mit den anderen, holte tief Luft und dehnte die Hände ein paarmal, damit sie nicht zitterten. Der Pfeil saß tief in der Wunde und war mit Widerhaken versehen, weshalb besondere Vorsicht geboten war. Glücklicherweise verlor Connor, lange bevor sie fertig war, das Bewusstsein.

Sobald der Pfeil entfernt war, säuberte sie die Wunde gründlich mit Whisky und legte eine Kompresse auf, bevor sie sich den Pfeil in seinem Oberschenkel vornahm. Anschließend überließ sie es den drei Männern, Streifen von sauberem Leintuch um Connors Brust und unter seinem linken Arm hindurch um seine rechte Schulter zu wickeln. Als erfahrene Krieger verstanden sie sich notgedrungen auf die Versorgung von Wunden.

Unterdessen konnte Ilysa, die eine Welle der Übelkeit gepackt hatte, durchatmen. Ihre Stirn auf die Tischplatte gelegt, schob sie eine Hand in Connors. Bei seiner letzten schweren Verwundung hatte sie sogar seinen nackten Körper mit kühlen Tüchern abgewaschen, um das Fieber zu senken. Trotzdem fühlte es sich fast vertrauter und intimer an, einfach seine Hand zu halten.

Ach, sie war armselig, jetzt an so etwas zu denken. Seufzend setzte sie sich auf und blickte ihm ins Gesicht. Seine Miene wirkte ausnahmsweise einmal entspannt. Obwohl sie nicht unbedingt in erster Linie aufs Aussehen schaute, musste ein Mädchen oder eine junge Frau schon tot sein, um nicht zu bemerken, wie gut er aussah. Daran änderten nicht einmal die Narben etwas, die seinen Körper übersäten und bewiesen, wie viele Kämpfe er bereits überstanden hatte und wie oft ihm nach dem Leben getrachtet worden war. Sein Gesicht allerdings wies keine Spuren auf, es war perfekt. Connor war ein Adonis mit schwarzem Haar und silberblauen Augen.

Als er 1513 aus Frankreich zurückgekehrt war, wo er und die drei anderen fünf Jahre lang in der Schottischen Garde gedient hatten, die im Rahmen eines schottisch-französischen Bündnisses gegen die englischen Herrschaftsansprüche auf dem Kontinent gegründet worden war, hatte sich sein Leben völlig verändert. Vater und Bruder waren in der Schlacht von Flodden Field ums Leben gekommen, ein Onkel hatte sich eigenmächtig zum Chieftain aufgeschwungen und den Clan fast zugrunde gerichtet. Woraufhin er sich mit voller Kraft der Aufgabe gewidmet hatte, vom Clan zum rechtmäßigen Nachfolger seines Vaters als Oberhaupt der MacDonalds of Sleat gewählt zu werden und verloren gegangenes Land zurückzuerobern. Falls er lange genug lebte, würde er sicher einer der großen Chieftains werden – einer, über den die Barden Lieder verfassten.

Was immer in Ilysas Möglichkeiten lag, um ihm zu helfen, sie würde es tun.

»Connor wird durchkommen.« Ian drückte ihre Schulter. »Du hast das sehr gut gemacht.«

»Lass mich einen Blick auf die Wunde an deinem Arm werfen.« Sie schalt sich selbst, weil sie vor sich hin geträumt und darüber vergessen hatte, dass auch Ian ihre Hilfe brauchte, und schob seinen blutigen Ärmel hoch. »Sieht aus, als hätte dich ein Pfeil gestreift.«

»Das ist nichts«, wiegelte der junge Krieger ab.

Sie verdrehte die Augen, machte sich daran, die Verletzung zu versorgen und wandte sich anschließend an ihren Bruder.

»Die Wunden von Connor sind sehr tief und müssen sorgfältig gepflegt und ständig kontrolliert werden. Es ist unerlässlich, dass eine Heilerin ihn nach Trotternish begleitet.«

»Dort gibt es bestimmt Heilerinnen, meinst du nicht?«

»Vermutlich, bloß keine, der wir trauen können«, entgegnete sie, während sie Ians Arm verband. »Damit will ich nicht sagen, dass man ihn vergiften könnte, wenngleich das ein Leichtes wäre. In seinem Zustand reicht es aus, wenn man die Wunde unversorgt lässt.«

Es hätte ein sauberer Mord werden sollen.

Lachlan dachte darüber nach, was schiefgelaufen war, während er am vereinbarten Treffpunkt auf Hughs Schiff wartete, das ihn zurück nach Trotternish bringen würde. Er hatte seinen ersten Pfeil an den falschen Mann vergeudet.

Als der Reiter auf die Lichtung gekommen war, schien die Beschreibung genau zu passen: ein starker Krieger in seinem Alter, hochgewachsen und mit rabenschwarzem Haar. Er konnte von Glück sagen, dass das Pferd des Mannes gescheut hatte und zur Seite ausgebrochen war, das rettete ihm das Leben. Sein Pfeil hatte ihn nur gestreift.

Sobald der nächste Mann auf der Lichtung erschien, hatte er seinen Fehler erkannt. Tatsache war, dass er die beiden verwechselt hatte. Denn die beiden Männer sahen einander täuschend ähnlich. Trotzdem war ihm, sobald der zweite Reiter auftauchte, klar gewesen, dass er der Chieftain sein musste. Er hatte etwas an sich, das seinen herausgehobenen Rang verriet.

Sobald er erkannt hatte, dass ein Pfeil seinen Begleiter gestreift hatte, war er ohne zu zögern auf Lachlan zugeritten. Connor MacDonald hatte nicht mal einen Blick zurückgeworfen, um zu schauen, ob sich nicht jemand anders um den Verletzten kümmern konnte.

Es war diese unerwartete Bereitschaft des Chieftains gewesen, für einen seiner Männer alles zu riskieren und dessen Leben über sein eigenes zu stellen, die den Angreifer für einen Moment zaudern ließ, sodass sein nächster Pfeil in Connors Oberschenkel landete und nicht in seinem Herzen. Erst beim dritten Versuch traf er die Brust des Gegners, allerdings ein Stückchen zu hoch, um tödlich zu sein.

Beim nächsten Mal würde ihm das garantiert nicht noch einmal passieren.

Die vier Kampfgefährten waren in eine angeregte Diskussion vertieft, als Ilysa mit einem Tablett ins Zimmer kam. Zu ihrem Erstaunen stellte sie fest, dass Connor trotz seiner schweren Verwundung vom Tag zuvor aufgestanden war. Dabei hatte er eigentlich nichts außerhalb seines Bettes zu suchen, zumal er dem Anschein nach unverändert unter starken Schmerzen litt.

»Wir haben den Mann, der die Pfeile abgeschossen hat, noch nicht gefunden«, sagte Ian. »Seine Spuren wurden vom Regen weggespült.«

Als Ilysa reihum ging und die Becher füllte, warf Duncan ihr einen eisigen Blick zu, um sie wissen zu lassen, dass er mit ihr noch nicht fertig war, was seine Schwester mit einem gelassenen Lächeln abtat.

»Wir alle wissen, dass Hugh für den Angriff verantwortlich ist«, warf Alex ein und meinte damit den Halbbruder des verstorbenen Vaters, der Connor die Stellung als Chieftain streitig machen wollte. »Er hat schon mehr als einmal versucht, ihn umzubringen.«

»Die MacLeods würden uns hier auf der Halbinsel, wo wir stark sind, nicht angreifen«, stimmte Ian zu. »Das war bestimmt ein einzelner Bogenschütze, und ich halte es nicht für völlig ausgeschlossen, dass es einer von unseren Leuten war, den Hugh bestochen hat.«

»Wir sollen Verräter in unseren Reihen haben?« Duncan schlug so heftig mit der Faust auf den Tisch, dass die Becher ins Wanken gerieten.

Ian bedachte Ilysa, die gerade seinen Becher auffüllte, mit einem flüchtigen, deshalb nicht weniger umwerfenden Lächeln. Sie hatte ihn und Alex, die beiden Cousins, immer gern gemocht. Früher waren sie beide charmante Frauenhelden gewesen, mittlerweile aber zur Ruhe gekommen und hatten sich zu hingebungsvollen Ehemännern gewandelt.

Ian und Connor hatten die schwarze Mähne von ihren Müttern geerbt, die Schwestern waren. Alex hingegen verdankte das blonde Haar vermutlich dem Erbe der Wikinger, die einst die Inseln terrorisiert hatten.

»Wirst du deine Entscheidung, auf Trotternish Castle zu leben, noch einmal überdenken?«, wollte Ian wissen. »Dort oben können wir dir nicht den Rücken freihalten und auf dich achtgeben, wie wir es gestern getan haben.«

»Verdammt«, fügte Alex hinzu. »Wenn es jemandem gelingen sollte, dich umzubringen, würden wir Hugh als Chieftain bekommen.«

»Dass ich Trotternish Castle zu meinem Wohnsitz mache«, entgegnete Connor, »ist ein klares Zeichen an die MacLeods und an die Krone, dass ich unseren Anspruch auf die Halbinsel nicht kampflos aufgebe.«

Seine wohlklingende, dunkle Stimme ließ Ilysa erzittern, und für einen Moment fürchtete sie, dass er es bemerken könnte, doch er war zu sehr ins Gespräch vertieft.

»Sie sollen wissen«, fuhr der junge Chieftain fort, »dass wir um das Land kämpfen werden, das die MacLeods uns gestohlen haben.«

»A’ phlàigh oirbh, a Chlanna MhicLeòid, zum Teufel mit den MacLeods!«, riefen die vier wie aus einem Munde und hoben die Becher.

Ilysa hatte ihnen genau zur richtigen Zeit mehr Whisky gebracht.

»Wenn du fest dazu entschlossen bist«, sagte Duncan, »dann bleibe ich Captain deiner Leibwache und begleite dich nach Trotternish.«

»Es ist besser, wenn du unsere Leute hier auf Dunscaith beschützt. Ian und Alex müssen die anderen Burgen in unserem Besitz halten«, erwiderte Connor. »Da ich morgen früh nach Trotternish segele, schlage ich vor, dass wir jetzt darüber reden, wie wir die MacLeods am geschicktesten von unserem Land dort verjagen können.«

Der Mann sollte sich lieber erst erholen, bis die Wunden verheilt waren, dachte Ilysa und beschloss, ihn auf der zweitägigen Reise nicht aus den Augen lassen.

Sie ging mit dem Tablett zum Nebentisch und tat so, als wäre sie beschäftigt. Da Connor vermutete, dass sein Onkel Spione in die Burg eingeschleust hatte, übernahm Ilysa die Bedienung immer persönlich, wenn der Chieftain anwesend war. Und die vier Freunde hatten sich so daran gewöhnt, dass sie kam und ging, und es fiel ihnen nicht auf, wenn sie gelegentlich heimlich lauschte.

»Die MacLeods sind ein mächtiger Clan«, ergriff Ian das Wort. »fest steht, dass wir sie nicht allein in die Knie zwingen können, dazu brauchen wir einen starken Verbündeten an unserer Seite.«

»Wenn du Trotternish zurückerobern willst«, fügte Alex hinzu, »solltest du durch eine geschickte Eheschließung eine Allianz mit einem anderen Clan bilden.«

Ilysa erstarrte. Zwar war sie sich sicher, dass Connor sagen würde, die Zeit sei noch nicht gekommen, so wie er es bislang immer getan hatte, doch man konnte nie wissen …

»Einige Clans haben sich inzwischen von der Rebellion gegen die Krone zurückgezogen, und der Aufstand dürfte bald vorüber sein«, warf Ian ein. »Dann erst wird sich zeigen müssen, welche Clans noch genug Macht haben, ihre alten Ansprüche durchzusetzen und auf ihre früher einmal verbrieften Rechte zu pochen, und welche nicht.«

»Du hast immer gesagt, dass du diesen Zeitpunkt abwarten willst, bevor du dich hinsichtlich einer Allianz mit einem anderen Clan entscheidest. Natürlich dachten wir, du würdest damit Zeit schinden wollen«, scherzte Alex.

Connor gab sich einen Ruck. »Ihr habt recht, es ist an der Zeit, dass ich mir eine Frau suche.«

Ilysa wurde schwarz vor Augen. Sie klammerte sich an der Tischkante fest, um nicht umzufallen. Mühsam gelang es ihr, einen Schritt vor den anderen zu setzen, ohne dass ihre Beine nachgaben. Als sie das Ende des Tisches erreicht hatte, sank sie kraftlos auf die Bank, die sich an der Wand entlangzog.

Das lastende Schweigen, das auf Connors Ankündigung folgte, bewies, dass die Männer nicht weniger überrascht waren als sie.

»Wir haben den Stier gereizt, indem wir Trotternish Castle eingenommen haben. Alastair MacLeod könnte jederzeit zurückschlagen.« Connor nickte bedächtig. »Je eher ich durch eine Heirat eine Allianz schließe, desto besser.«

Je eher?

Ilysa atmete ein paarmal tief durch, um sich zu sammeln. Was war mit ihr los? Schließlich hatte sie gewusst, dass Connor irgendwann heiraten würde.

»Du brauchst wirklich eine Frau«, ermutigte Alex ihn. »Wie lange ist es her?«

Als die anderen anzügliche Bemerkungen zu machen begannen, wurde Ilysa endgültig bewusst, dass sie ihre Anwesenheit vollkommen vergessen hatten. Und sie war dankbar dafür. Dass Connor, seit er Chieftain geworden war, ganz offensichtlich enthaltsam gelebt hatte, war Gegenstand zahlreicher Spekulationen gewesen und hatte für jede Menge Klatsch und Tratsch gesorgt. Bei den Männern gleichermaßen wie bei den Frauen.

Der Weg bis zur Tür kam Ilysa auf einmal viel zu weit vor. Mit gesenktem Kopf und weichen Knien, den Tränen nahe, schlich sie sich aus der großen Halle und war froh, dass niemand sie aufhielt.

Unterdessen nahm Connor mit leicht saurer Miene das Gelächter seiner Freunde zur Kenntnis – er selbst fand dieses Thema nämlich nicht besonders lustig. Hastig trank er einen großen Schluck von seinem Whisky.

Bei allen Heiligen, er brauchte eine Frau.

Sein Vater und sein Großvater waren große und angesehene Krieger gewesen, ihre Frauengeschichten allerdings hatten Unfrieden in der Gegend gestiftet und am Ende den Clan geschwächt. Die sechs Söhne seines Großvaters, die er mit sechs Frauen gezeugt hatte, waren einander spinnefeind gewesen, und es hatte Mord und Totschlag gegeben. Lediglich drei waren übrig geblieben, darunter Connors Vater, der leider Gottes mit eigenen Liebeleien neue Rivalitäten heraufbeschworen hatte. Seit seinem Tod waren es nur noch zwei.

Connor war fest entschlossen, in dieser Hinsicht nicht in die Fußstapfen seiner Vorgänger zu treten. Während seiner Jahre in Frankreich und in der Zeit davor hatte er die Gesellschaft von Frauen durchaus genossen und sich die Hörner abgestoßen genau wie andere junge Krieger, aber als er zurückkehrte und vom Tod seines Vaters und seines Bruders erfuhr, veränderte sich alles. Er würde nie mehr das tun können, was er wollte und wozu er Lust hatte. Jede seiner Entscheidungen würde Konsequenzen für den Clan nach sich ziehen.

Als Chieftain konnte er sich keine Fehltritte leisten. Sein Halbonkel, wegen seiner dunklen Seele allgemein Hugh Dubh, schwarzer Hugh genannt, hatte den Clan beinahe zugrunde gerichtet, ehe Connor ihn als Oberhaupt ablöste. Dank der Hilfe der drei Männer, die nun bei ihm saßen, hatte man wieder zu alter Stärke gefunden. Sie hatten sich auf ihre Schwerter und ihren Verstand verlassen und die Herrschaft über ihre Burgen zurückerobert und den Großteil des Landes gesichert. Nun mussten sie noch die Halbinsel Trotternish, die traditionell den MacDonalds gehörte, erneut in ihren Besitz bringen.

Und er würde nicht alles, was er aufgebaut hatte, aufs Spiel setzen, um wie sein Vater und sein Großvater dereinst nichts als Zwist und Elend zu hinterlassen. Er war entschlossen, bloß ein einziges Mal zu heiraten und bloß mit seiner Ehefrau Kinder zu zeugen.

»Die Entscheidung, wen ich heirate, ist wichtig für die Zukunft des Clans«, lenkte Connor das Gespräch in ernsthafte Bahnen zurück, als er die Witze seiner Freunde über seine Enthaltsamkeit langsam nicht mehr hören konnte. »Wir müssen die Vor- und Nachteile jeder möglichen Allianz genau abwägen.«

»Am besten wäre ein Mädchen aus dem MacLeod-Clan, aus einem der Zweige, die von der Insel stammen«, überlegte Ian. »Das Band der Ehe ist die älteste Methode, um einen Feind zu bezwingen.«

»Alastair MacLeod wird sich niemals bereit erklären, die Angelegenheiten zwischen unseren Clans ohne Blutvergießen zu regeln«, widersprach Connor. »Im Übrigen sind seine Töchter viel zu jung.«

»Der gute Mann hat eben mit der Heirat noch länger als du gewartet«, warf Ian ein. »Er muss weit über vierzig gewesen sein.«

Sein Cousin nickte. Der Angriff auf sein Leben hatte Connor auf brutale Art und Weise daran erinnert, dass es seine Pflicht war, für einen Erben zu sorgen, und ihn zu der Einsicht gebracht, dass er eine Eheschließung nicht länger vor sich herschieben durfte. In der von Gewalt geprägten Welt, in der sie lebten, war es unerlässlich, dass ein Chieftain viele Kinder bekam. Nicht allein um einen Nachfolger zu haben, alle Sprösslinge waren wichtig, um durch Heiraten Allianzen zu schließen. Deshalb war es nicht ungewöhnlich, wenn Ehefrauen, die keine Kinder bekommen konnten oder die zu alt geworden waren, einfach ausgetauscht wurden.

»Es gibt viele andere Chieftains mit Töchtern im heiratsfähigen Alter«, erinnerte Ian ihn. »Die bevorstehende Versammlung ist die perfekte Gelegenheit, um Ausschau zu halten.«

In der Tat warteten viele junge Mädchen auf einen Ehemann, denn in der Schlacht von Flodden Field gegen die Engländer waren so viele junge Krieger gestorben, dass in den Clans ein Mangel an heiratsfähigen Männern herrschte. Umso größer war folglich das Angebot an heiratswilligen und heiratsfähigen Töchtern.

Connor hatte es bisher aus genau diesem Grund vermieden, solche Versammlungen zu besuchen, jetzt hingegen war die Zeit reif. Einer der Campbell-Chieftains hatte als Lieutenant of the Isles, also als Stellvertreter des Königs, alle Clanführer zu dieser Versammlung zusammengerufen, damit sie ihren Treueschwur erneuerten.

»Ganz egal wessen Tochter ich wähle – ich werde damit einem halben Dutzend anderer Chieftains mit Sicherheit auf die Füße treten.«

Connor rieb sich über die Stirn und bedauerte einmal mehr, dass er nicht fünf oder sechs Geschwister hatte, dann nämlich könnte er mehrere Allianzen schließen und seine Familie in Clans überall auf den Westlichen Inseln, dem einstigen Machtzentrum der Lords of the Isles, einschleusen. Genauso wie die Campbells es getan hatten.

»Shaggy Maclean sagt, er würde uns die Galeere, die wir ihm gestohlen haben, als Geschenk überlassen, wenn du dafür eine seiner Töchter heiratest«, grinste Ian.

»Ich weiß nicht, ob ich gern einen Schwiegervater hätte, der komplett verrückt ist und uns bereits einmal in sein Verlies geworfen hat«, gab Alex zu bedenken. »Im Übrigen muss er uns kein Boot schenken, das wir längst haben.«

»Shaggy ist nicht bloß wahnsinnig, sondern ebenfalls gefährlich und unberechenbar – eigentlich ein Grund, ihn auf unsere Seite zu ziehen«, räumte Connor ein. »Es bereitet mir nämlich ganz schön Unbehagen, dass er sich seit Kurzem mit Alastair MacLeod zusammengetan hat. Wenn Shaggy sich nicht auf die falsche Seite geschlagen hätte, wäre ich durchaus bereit, ihn und seinen Clan als Bündnispartner in Betracht zu ziehen.«

Duncan schüttelte den Kopf. »Du solltest dir vielleicht auch die Frauen und ihre Qualitäten anschauen und nicht allein den Clan. Immerhin entscheidest du damit, wer dir als Mutter deiner Kinder genehm ist.«

Genau das war das Problem. Einerseits wollte er dem Clan dienen, andererseits wünschte er sich, ein gewisses Maß an Glück in der Ehe zu finden, selbst wenn er keine übertriebenen Hoffnungen aufkommen ließ. Er hatte die Folgen einer unbändigen und alles verzehrenden Leidenschaft bei seinen Eltern miterlebt, die mehr als traurig gewesen waren. Aus diesem Grund dachte er eher an eine ruhige, warmherzige Partnerschaft mit einer Frau, die ihm ein gemütliches Heim schuf und deren Vater genügend Krieger befehligte, um mit seiner Hilfe die MacLeods zu schlagen.

»Such dir eine hübsche junge Frau aus, die keine Angst davor hat, sich mit dir zu streiten.« Alex zwinkerte ihm zu. »Ein Mann braucht eine Ehefrau, die sein Blut in Wallung zu bringen vermag.«

Im Augenblick brachte jede Frau, die lebte und atmete, sein Blut in Wallung. Nach so langer Zeit ohne eine Frau im Bett kein Wunder. Er kam sich vor wie jemand, der auf dem Meer trieb und zu verdursten drohte, weil er das Wasser, das ihn umgab, nicht trinken durfte.

»Ganz ehrlich, Freunde? Ihr seid keine große Hilfe«, beendete Connor die Diskussion und erhob sich.

»Frag Teàrlag«, riet Alex. »Für so was sind Seherinnen schließlich da. Irgendeinen Rat wird sie dir bestimmt geben. Kann nur sein, dass sich dir der Sinn nicht gleich erschließt.«

So langsam reichte es Connor. Er war froh, dass er sich in sein Zimmer zurückziehen konnte, das bereits sein Vater und Großvater als ihr Refugium genutzt hatten und in dem sie nach wie vor präsent zu sein schienen, obwohl er einige der überladenen Möbel entfernt hatte.

Schwerfällig humpelte er zum Fenster, das nicht mehr als eine Schießscharte war, und sah hinaus. Sein Blick glitt über das Ufer und blieb an der Stelle hängen, an der vor vielen Jahren der Leichnam seiner Mutter an Land getragen worden war. Wann immer er an diesen trostlosen Tag seiner Kindheit dachte, fiel ihm gleichfalls sein großer Bruder wieder ein, der ein viel besserer Chieftain geworden wäre als er.

Doch Ragnall war wie sein Vater ums Leben gekommen, also fiel diese Aufgabe ihm zu.

Nach einem leisen Klopfen an der Tür trat Duncan ein. Connor hatte schon in der Halle gemerkt, dass der Freund etwas auf dem Herzen hatte und mit ihm sprechen wollte.

»Ich fühle mich geehrt, dass du mir Dunscaith Castle anvertraut hast«, begann er.

»Hier gibt es für mich zu viele Geister«, winkte Connor ab, »aber das hat bei der Entscheidungsfindung, nach Trotternish zu gehen, keine Rolle gespielt. Ich weiß, dass du diese Burg und das Land ringsum für unseren Clan zuverlässig beschützen wirst.«

»Hast du dich eigentlich entschieden, wer mich als Captain der Leibwache ersetzen wird?«

»Nein, noch nicht. Ich werde niemals einen Captain finden, der mir so treu ergeben und ein so leidenschaftlicher, wilder Krieger ist wie du.« Connor drehte sich um und legte die Hand auf die Schulter seines Freundes. »Vermutlich werde ich einen Mann aus den Reihen unserer Krieger auf Trotternish wählen, sobald ich dort angekommen bin.«

»Die falsche Ehefrau zu wählen, kann unangenehm genug werden.« Duncan hielt kurz inne. »Aber den falschen Mann zum Captain zu ernennen, könnte tödlich enden.«

Kapitel 2

Ein Gefühl von Freiheit ergriff Connor, als er Dunscaith Castle hinter sich ließ und mit seinem Schiff entlang der zerklüfteten Küste von Skye zum entgegengesetzten Ende der Insel glitt. Er hätte den Rest seiner Tage auf dieser Burg verbracht, wenn es dem Clan genutzt hätte oder wenn es erforderlich gewesen wäre, glücklicherweise jedoch war dem nicht so. Auf Dunscaith lebte er jeden Tag im Schatten von zwei Männern – seinem Vater, dem er es nie hatte recht machen können, und seinem älteren Bruder, dessen Platz er hatte einnehmen müssen.

Bevor er losgesegelt war, hatte er seine Leute gebeten, das Boot an den Strand unterhalb von Teàrlags kleiner Hütte, die hoch oben auf einer Klippe stand, zu bringen. Weil die Fragen, die er der alten Seherin des Clans stellen wollte, sehr persönlich waren, hatte er seine Leibwache angewiesen, in der Galeere zu warten. Als er die verwitterten, schwarz gewordenen und vom Regen rutschigen Stufen hinaufstieg, machte ihm sein Bein ziemlich zu schaffen, wie Ilysa, die ihn begleitete, besorgt feststellte.

»Tut dein Bein sehr weh?«

»Nein«, log er.

Teàrlag erwartete sie nicht wie gewöhnlich oben auf der Klippe, was Connor Anlass zu der Vermutung gab, dass ihre Gabe, Dinge vorauszusehen, altersbedingt zu schwinden begann. Weit gefehlt, denn als Connor die Tür zu ihrer Hütte aufstieß, funkelte sie ihn mit ihrem gesunden Auge sogleich wütend an.

»Meine Gabe wird ganz und gar nicht schwächer«, tadelte sie ihn streng. »Ist dir das Amt des Chieftains zu Kopf gestiegen, Junge? Du kannst von einer alten Frau nicht erwarten, dass sie draußen im Regen steht und auf dich wartet.«

Hinter einer halbhohen Mauer, die den Innenraum der Hütte teilte, erklang das vorwurfsvolle Muhen der alten Kuh, einer langjährigen Gefährtin der Seherin.

»Wie ich sehe, seid ihr beide gut gelaunt wie immer«, sagte Connor und musste sich ein Grinsen verkneifen.

Teàrlag hatte sich zwei Plaids über die Schultern gelegt, unter denen sie fast verschwand. Sie war so klein und krumm, dass Connor nicht genau zu sagen vermochte, ob sie stand oder saß, bis sie irgendwann zu dem Tisch schlurfte, an dem Ilysa einen Korb mit Essen auspackte. Nein, die Alte war nicht schlechter drauf als bei ihrer letzten Begegnung, und als er ihr den Krug mit Whisky reichte, den er dabeihatte, hellte sich ihre Miene sogar auf, und ein seltenes Lächeln huschte über ihr runzeliges Gesicht.

»Guter Junge«, lobte sie, während sie ihren Becher vom Regal nahm.

»Ich werde von nun an auf Trotternish Castle leben und wollte dir vor meiner Abreise noch mal meine Aufwartung machen.«

»Hm …, das ist allerdings nicht der Grund, warum du hergekommen bist.« Teàrlag schenkte sich eine gute Portion Whisky ein und trank sie aus, bevor sie ihr gesundes Auge erneut auf ihn richtete. »Du fürchtest, dass ich sterben könnte, bevor du wieder herkommst, habe ich nicht recht?«

Connor machte sich nicht die Mühe, es abzustreiten, wenngleich es nicht der einzige Grund war. Er setzte sich an den Tisch und nickte Ilysa dankbar zu, die Teàrlag behutsam den Krug aus der Hand genommen hatte und ihm einen Becher einschenkte.

»Ich möchte gern wissen, was du für den Clan vorhersiehst. Kannst du irgendwelche Warnungen aussprechen, die ich zum Schutz unserer Leute beachten sollte?«

»Ich habe es dir bereits gesagt«, entgegnete sie griesgrämig. »Die Zukunft des Clans hängt davon ab, dass du die richtige Frau heiratest.«

Connor verdrehte die Augen. Damals war er gerade mal elf oder zwölf Jahre alt gewesen, aber er erinnerte sich noch sehr gut daran. Er und die anderen Jungs hatten Teàrlag nach der Zukunft gefragt, weil sie etwas über ihre künftigen Heldentaten als große Krieger hören wollten. Stattdessen hatte die Seherin sie mit Vorhersagen über Frauen gelangweilt.

»Eigentlich habe ich die Hoffnung gehegt, dass du im Laufe von fünfzehn Jahren bezüglich der Frau, die ich heiraten sollte, ein klareres Bild gewonnen hast.«

»Ach, du hörst einfach nicht zu«, murrte sie. »Ich habe dir deutlich genug gesagt, dass das Mädchen dich aussuchen wird.«

In Connors Brust pochte die Wunde, die der Pfeil hinterlassen hatte.

Teàrlag stellte seine Geduld mal wieder auf eine harte Probe. Sie sollte wissen, dass bei einer arrangierten Heirat mit der Tochter eines Chieftains das Mädchen gar keine Wahl hatte. Ihre Ehe wäre eine Allianz zwischen zwei Clans, geschlossen durch Connor und ihren Vater.

»Ich spüre, wie eine Vision kommt«, rief die Alte plötzlich mit seltsamer Stimme aus.

Offenbar brachte sie sich in Stimmung, um eine Vision von früher noch einmal heraufzubeschwören. Falls sie sich das alles nicht sowieso ausdachte. Die kauzige Frau prahlte gern mit ihrer Gabe und neigte dabei zur Übertreibung.

Ilysa half ihr, sich auf ihrem Stuhl umzudrehen, damit sie der Feuerstelle zugewandt war, und warf eine Handvoll Kräuter in die Flammen. Teàrlag benutzte sie, um ihre Visionen zu verstärken. Das Feuer prasselte und knackte, und nachdem die Seherin den stechend riechenden Rauch ein paarmal tief eingeatmet hatte, bekam sie einen erschreckenden Hustenanfall. Connor wollte gleich aufspringen, doch Ilysa schüttelte den Kopf und half der Seherin, sich wieder umzudrehen.

Teàrlag legte die Handflächen flach auf den Tisch und schloss die Augen. Dann wiegte sie sich auf ihrem Stuhl hin und her, stieß dabei ein unheimliches Summen aus. Schließlich öffnete sie die Augen und griff nach ihrem Whiskybecher.

Bei allen Heiligen, wie konnte eine so winzige Frau so viel Alkohol trinken, schoss es Ilysa durch den Kopf.

»Das ist ja nur ein klitzekleiner Schluck«, widersprach Teàrlag.

Connor stutzte. Er vergaß immer wieder, dass sie auch Gedanken lesen konnte.

»Pass auf, wem du dein Vertrauen schenkst, Connor MacDonald«, mahnte sie ihn jetzt und hob ihren knorrigen Zeigefinger. »Es gibt eine Menge Menschen, die dir Böses wollen.«

Er brauchte keine Seherin, um das zu wissen. Und falls es ihm einmal zu entfallen drohte, erinnerten ihn die zahlreichen Wunden und Narben daran.

»Du glaubst, du kannst alles hier entscheiden«, fuhr sie fort und tippte sich an die Schläfe. Ihr Atem ging heftig, als sie um den kleinen Tisch herumkam, sich vor Connor stellte und ihm eine Hand auf die Brust legte. »Wenn die Zeit für dich gekommen ist zu entscheiden, wem du vertrauen willst, vergiss das, was dein Kopf dir sagt, und hör auf dein Herz.«

Die gute Frau vermischte mal wieder nach Belieben Ratschläge und Vorhersagen, dachte Connor, und das hier war vermutlich eher als Rat zu verstehen.

»Kannst du mir sagen, an welchen Chieftain ich mich wenden soll, um eine Allianz zu bilden?«, fragte er und setzte schnell hinzu: »Damit er seiner Tochter empfehlen kann, mich zu nehmen.«

»Vergiss nicht, dass es nicht der Clan ist, mit dem du das Bett teilen wirst – und ebenfalls nicht der Vater.«

Die alte Seherin lachte wiehernd und schlug mit der flachen Hand auf den Tisch.

Sie war genauso schlimm wie Alex. Connor würde sogar eine Frau heiraten, die wie ein Maultier aussah, wenn es seinem Clan von Nutzen wäre. Natürlich hoffte er auf eine schöne Braut, zumindest würde ihm das die Entscheidung für eine politische Ehe leichter machen. Zwar sehnte er sich so sehr danach, eine Frau in sein Bett zu holen, dass er sich anfangs mit jeder Frau zufriedengeben würde, die warm und bereit war. Aber ein Leben lang? Er wollte lieber nicht darüber nachdenken.

»Halt unter den Feen Ausschau nach deiner Braut.«

»Unter den Feen?«

Was um alles in der Welt meinte sie denn damit?

Erneut fürchtete Connor, Teàrlag könnte die Gabe des Sehens, für die sie auf den Inseln berühmt war, verloren haben. Das wäre eine Schande und für die MacDonalds of Sleat ein bitterer Verlust. Immerhin hatte sie den Chieftains des Clans viele Jahre lang durch schwierige Zeiten geholfen. Es gab niemanden, der sie ersetzen konnte.

»Ich muss kurz mit Ilysa sprechen«, verlangte die Seherin plötzlich.

»Ilysa?« Seine Begleiterin war so still gewesen, dass Connor sie fast vergessen hatte.

»Sei ein braver Junge und warte draußen«, brummte die Alte, als wäre er noch immer ein Junge von zehn Jahren und nicht ihr Chieftain.

Wenn jemand anders ihn einen braven Jungen genannt und ihn vor die Tür geschickt hätte, dann wären Köpfe gerollt, doch in diesem Fall war es ihm unmöglich, sich zu widersetzen. Sie war bereits mit seinem Vater so umgesprungen, und er selbst hatte ihr viel zu verdanken. Selbst sein Leben, denn nach einem der vielen erbitterten Gefechte, die er schon bestanden hatte, hatte sie ihn im wahrsten Sinne des Wortes dem Sensenmann entrissen. Er war dem Tod damals so nah gewesen, dass er einen Engel gesehen hatte, der sich über ihn beugte.

Wieder einmal verblüffte sie ihn, weil sie in seine Gedanken eingedrungen war.

»Ich bin es übrigens nicht gewesen, die dich gerettet hat.« Teàrlag neigte den Kopf, damit er ihr einen Kuss auf die runzelige Wange drücken konnte. »Ich habe dich für tot gehalten.«

Immer diese kryptischen Bemerkungen. Irgendwie schien der Verstand der alten Frau durcheinanderzugeraten …

Während er draußen stand, der Regen ihm in den Nacken rann und seine Brust schmerzte, fragte sich Connor, was Teàrlag wohl mit Ilysa zu bereden hatte. Jedenfalls etwas, das er nicht hören durfte. Ein geheimes Heilmittel für Kopfschmerzen oder Warzen? Sicherlich würde die Seherin die junge Frau vermissen, die sich immer liebevoll um sie gekümmert, sie oft besucht und ihr Körbe voller Essen gebracht hatte.

Zum ersten Mal kam ihm in diesem Moment die Frage in den Sinn, warum sie sich entschlossen hatte, ihm nach Trotternish Castle zu folgen. Er hatte jedem Mitglied seines Haushalts die Wahl gelassen, auf Dunscaith Castle zu bleiben oder mitzukommen – bis auf sie hatten sich alle entschieden zu bleiben. Wahrscheinlich würde er niemals herausfinden, welche Gründe Duncans Schwester zu ihrem Entschluss bewogen hatten. Ilysa war eine Person, die ihre Gedanken für sich behielt.

»Solange ich weg bin, wird Connors Schwester Moira dafür sorgen, dass du regelmäßig Essen und andere Vorräte bekommst.«

»Du bist ein liebes Kind«, sagte Teàrlag. »Erzähl mir, was dich bekümmert.«

»Duncan will nicht, dass ich Connor begleite.« Ilysa zwang sich, die Schürze ihres Kleides nicht länger nervös in den Händen zu wringen.

»Du machst doch nie, was dein Bruder sagt – es sei denn, es passt dir. Raus mit der Sprache: Das ist es nicht, was dich beschäftigt.«

»Ich könnte ja hier bei dir leben«, wich ihre Besucherin aus und fragte sich unwillkürlich, was schlimmer wäre – ein Bett mit Teàrlag oder mit ihrer Kuh zu teilen.

»Duncan hat recht, sich Sorgen zu machen, Kind. Der Weg, der vor dir liegt, birgt viele Gefahren – dennoch musst du ihn gehen.«

»Warum muss ich das tun?«, hakte Ilysa nach, dabei ahnte sie, was die Seherin meinte.

»Es hätte keinen Sinn, es Connor zu sagen, er hält mich sowieso für eine vergreiste Närrin.« Teàrlag beugte sich vor. »Leider kann ich seine Zukunft lediglich sehr verschwommen wahrnehmen, fürchte aber, er könnte den nächsten Sommer nicht mehr erleben.«

Ihre Worte jagten Ilysa einen unglaublichen Schrecken ein.

»Connor muss überleben! Das Glück unseres Clans hängt von ihm ab.«

Und ihr Glück, fügte sie stumm hinzu.

»Unser junger Chieftain wird dich brauchen, um Gefahren zu sehen, die er nicht erkennen kann. Glaub an dich selbst, und du wirst ihm vielleicht das Leben retten.«

»Ich? Wie soll ich das denn anstellen?«

»Ach, du schätzt dich selbst viel zu gering. Vergiss nicht, dass du das Blut der Seehexe in dir trägst, die Dunscaith Castle in einer einzigen Nacht errichtet hat.« Teàrlag blinzelte sie verschwörerisch mit ihrem gesunden Auge an. »Und du bist genau um Mitternacht zur Welt gekommen.«

»Das bedeutet nicht, dass ich die Gabe des Sehens habe, wie du sie hast«, wandte Ilysa ein.

»Hm. Niemand hat die Gabe, wie ich sie habe«, brummte die alte Seherin. »Doch du hast sie manchmal, oder? Ab und zu kannst du sehen, was die Zukunft bringt, nicht wahr? Du spürst Dinge kommen.«

»Vielleicht.« Ilysa schlug die Augen nieder und starrte auf ihre Hände, die sie im Schoß gefaltet hatte. »Nicht sehr oft, und das Bild ist nie besonders klar.«

»Bei dir, mein Kind, ist die Gabe des Sehens dort am stärksten, wo dein Herz ist. Das ist der Grund, warum du Gefahren für Connor erkennen kannst, die niemand sonst wahrnimmt.«

Ilysa wandte ihr Gesicht ab. Es war ihr unangenehm, dass Teàrlag wusste, was sie für Connor empfand.

»Ich habe dich gelehrt, wie man einen Schutzzauber spricht«, erinnerte die alte Frau sie. »Vor allem musst du deinem Instinkt vertrauen, denn er ist es, aus dem die Gabe des Sehens zu dir spricht.«

»Ich werde tun, was ich kann«, versprach Ilysa.

Machte sie sich selbst etwas vor? Redete sie sich ein, dass Connor sie brauchte, obwohl es nicht so war? Oder sollte sie zumindest vor sich selbst zugeben, dass sie ihn nach Trotternish Castle begleitete, weil sie einfach in seiner Nähe sein wollte?

Deshalb hörte sie aufmerksam zu, als Teàrlag von den Orten auf der Halbinsel im Norden zu erzählen begann, wo die alte Magie noch wirkte.

»Es wird eine Zeit kommen, dass du dich von Connor trennen musst.« Die Seherin tätschelte mit ihrer knorrigen Hand Ilysas Arm. »Es lässt sich nicht verhindern. Du wirst wissen, wann es so weit ist.«

Sie wusste es längst. Wenn Connor sich eine Ehefrau nahm, musste sie gehen.

»Sag mir …« Ilysa hielt kurz inne, um sich mit der Zungenspitze über die trockenen Lippen zu fahren, »wird das Mädchen, das Connor heiratet, ihn glücklich machen?«

Wenn es so wäre, könnte sie es leichter ertragen, ihn zu verlassen.

»Unser Chieftain kann das Glück bloß dann finden, wenn er die Frau heiratet, die ihn in der Nacht zum Sommeranfang, an Beltane, erwählt.«

In der Nacht zum ersten Mai. Dann blieben ihr gerade mal zwei Monate, die sie mit ihm verbringen konnte.

»Aber damit das geschieht, muss Connor erst einmal bis Beltane überleben.«

Kapitel 3

Trotternish Castle

Connor stand in seinem Schlafgemach und sah zu, wie die Männer im Hof den Schwertkampf trainierten. Der Raum erstreckte sich über die gesamte Breite des zweigeschossigen Gebäudes, das direkt an den alten Wohnturm grenzte und unmittelbar am Rand der Klippe stand, die über dem Meer aufragte. Er hatte dieses Zimmer ausgewählt, weil es Fenster hatte, von denen aus man weit in beide Richtungen sah und mögliche Angreifer frühzeitig ausmachen konnte.

Nachdenklich schaute er über die Burgmauern hinweg zu den grünen Feldern und Wiesen, die ein Feind überqueren musste, um die Burg auf dem Landweg zu erreichen, bevor er den Blick wieder auf die Schwertkämpfer im Hof richtete und vernehmlich seufzte.

Die Männer brauchten dringend mehr Übung. Keiner von ihnen hatte das Zeug, Anführer seiner Leibwache zu werden. Der Beste von ihnen war Sorely, der bereits seinem Vater als Wache gedient hatte, doch allmählich wurde er zu alt für die Aufgabe. Was hätte Connor nicht dafür gegeben, einen Mann zu entdecken, der es mit seinen Cousins oder mit Duncan aufnehmen könnte. Aber das musste er wohl vergessen, weil die drei einfach einzigartig waren.

Trotz der gewaltigen Herausforderungen, die ihn erwarteten, hatte Connor das Gefühl, in dieser Umgebung richtig atmen zu können. Sein Vater hatte ihn ganz selten mit auf diese Burg genommen, also hatte Connor so gut wie keine Erinnerungen, die ihn verfolgt oder belastet hätten.

Als er Stimmen hörte, wandte er sich zu der offen stehenden Tür um. Zwei Frauen mit einem Holzzuber und Eimern mit dampfendem Wasser kamen herein.

»Danke, den Rest schaffe ich allein«, sagte er, bevor die beiden ihm am Ende noch anboten, ihm beim Waschen zur Hand zu gehen.

In seinem derzeitigen Zustand war es für ihn viel zu gefährlich, sich nackt einer Frau zu zeigen, zumal die Vollbusige mit dem kastanienbraunen Haar ein gefährliches Funkeln in den Augen hatte, das eindeutig Versuchung bedeutete. Der aufsteigende Dampf des heißen Wassers, das sie jetzt in den Bottich goss, ließ in Connor dunkle, lustvolle Gedanken erstehen.

»Achte darauf, dass die Tür zum Turm immer geschlossen ist, Chieftain«, sagte die ältere Magd und nickte zu der anderen Seite des Raumes hin.

Vom Hörensagen wusste Connor, dass es mit diesem Zimmer eine besondere Bewandtnis hatte. Man hatte ihn gewarnt, es als Privatgemach auszuwählen, weil nebenan im Turm angeblich der Geist eines früheren Kindermädchens sein Unwesen treibe. Es hatte ihn nicht geschreckt.

Hauptsache, er hatte seine eigenen Geister hinter sich gelassen.

Connor zwinkerte der Frau zu. »Solange sie im Turm bleibt, werden wir gut miteinander auskommen.«

Das vollbusige Mädchen lachte und warf ihm noch einen Blick zu, bei dem seine Fantasie mit ihm durchging. Er war dankbar – oder zumindest redete er sich das ein –, als die Ältere die verführerische Jüngere aus der Tür schob, ehe er es sich anders überlegte und doch noch Hilfe beim Waschen in Anspruch nahm.

»Sagt Sorely, dass ich ihn sprechen möchte, sobald die Männer eine Pause machen«, instruierte Connor die Wache vor seinem Zimmer, ehe er die Tür hinter sich ins Schloss zog.

Nachdem er die Tunika abgestreift hatte, löste er den Verband um seine Brust. Er zuckte zusammen, als er die letzten Schichten abzog, die an seiner Wunde klebten. Das war der Preis dafür, dass er es Ilysa während der zweitägigen Reise von Dunscaith hierher nicht erlaubt hatte, die Leinenbinden zu wechseln. Solange er sich nicht sicher sein konnte, dass nicht irgendwo Hughs Spione lauerten, hatte er es nicht riskieren wollen, auch nur einen Moment die Augen von der rauen See abzuwenden, von der jederzeit Gefahr drohte.

Während die Wärme des Badewassers wohltuend in seine Muskeln drang, legte Connor erschöpft den Kopf auf den Rand des Zubers. Die Verletzung hatte ihn weitaus mehr Kraft gekostet, als er sich selbst eingestehen mochte. So viel, dass er einschlief. Als er wieder aufwachte, war das Wasser eiskalt.

Er trocknete sich gerade ab, als es an der Tür klopfte. Und da er glaubte, dass es Sorely sei, rief er: »Komm herein!«

»Ich bin gekommen, um nach deinen Wunden …«

Erschrocken drehte er sich um und erstarrte. Es war Ilysa, die jetzt einen schrillen Schrei ausstieß und das Tablett, das sie mitgebracht hatte, fallen ließ. Krachend landete es auf dem Boden. Mit rotem Gesicht sank sie auf die Knie, um verlegen die heruntergefallenen Gegenstände wieder einzusammeln.

Zwar hatte Ilysa wahrscheinlich einen sehr guten Ausblick auf seine nackte Kehrseite bekommen, die wesentlichen Teile aber waren von einem Handtuch bedeckt gewesen, als er sich umgedreht hatte. Insofern erschien ihre Reaktion ihm etwas extrem. Schließlich war sie eine erfahrene Heilerin und zudem schon einmal verheiratet gewesen, was man allerdings bei ihr nicht vermutete.

Zierlich und klein, wie sie war, wirkte sie nach wie vor wie ein junges Mädchen. In den weiten Kleidern, die sie für gewöhnlich trug, konnte er nicht einmal genau erkennen, ob sie überhaupt Brüste hatte.

»Ich komme später noch mal wieder«, murmelte sie und stieß erneut einen kleinen Schrei aus, als er sich neben sie hockte, um ihr zu helfen, die Scherben eines zerbrochenen Tonkrugs zusammenzusuchen.

»Du musst nicht gehen«, erwiderte er. »Ich ziehe rasch meine Hose an, dann kannst du dich um meine Wunden kümmern.«

Er unterdrückte ein Lachen, weil sie prompt aufsprang und ihm den Rücken zuwandte.

Nachdem er die Hose übergestreift hatte, setzte er sich auf einen Hocker und forderte sie auf, sich umzudrehen. Peinlich berührt, beugte sie sich über ihn, um das Loch zu untersuchen, das der Pfeil in seiner Brust hinterlassen hatte.

»Du hättest mich früher einen Blick auf die Wunde werfen lassen sollen«, schimpfte sie und war wieder ganz in ihrem Element. »Der Verband klebte an der Wunde fest, oder?«

Trotz ihrer Verärgerung war sie sehr vorsichtig, und ihre Handgriffe fühlten sich federleicht an.

Grundgütiger! Sogar Ilysa weckte seine Lust. Connor fühlte sich ziemlich mies bei dieser Erkenntnis.

»Wie alt bist du eigentlich?«, fragte er unvermittelt.

»Neunzehn«, antwortete sie und mischte weiter Kräuter in eine Salbe.

Connor nickte. Neunzehn. Damit war sie tatsächlich viel zu jung, um als Witwe wahrgenommen zu werden.

Wie zur Bestätigung bekam er eine fast schmerzhafte Erektion.

»Ich bin neun Jahre jünger als du und mein Bruder, war ich übrigens immer«, fügte sie mit einem kleinen spöttischen Lächeln hinzu.

Bei genauerem Nachdenken wusste er das natürlich. Er erinnerte sich noch genau daran, dass Duncans Mutter auf rätselhafte Weise wochenlang verschwunden und schwanger zurückgekehrt war. Alle Bewohner der Burg hatten getuschelt und spekuliert, doch Anna hatte sich nie einem von ihnen anvertraut und preisgegeben, wo sie gesteckt hatte oder wer der Vater ihres Kindes war. Die Fähigkeit, Geheimnisse zu wahren, war etwas, das Anna und ihre Tochter gemeinsam hatten.

Er spürte Hände, die über seine Brust strichen und die Salbe auf seiner Wunde verteilten, selbst das erregte ihn. Himmel, wie jämmerlich er war. Als sie sich über ihn beugte und er ihren Atem auf seiner Haut spürte, musste er sich sehr zusammenreißen, um sich nicht einzubilden, sie würde ihn aus einem ganz anderen Grund anfassen.

»Du hast früh geheiratet. Als wir nach Frankreich aufbrachen, warst du noch ein Kind, gerade mal elf«, lenkte er sich ab.

»Ihr wart sehr lange weg. Sechzehn ist nicht zu jung, um zu heiraten.« Sie hob seine Hand an und legte sie auf das viereckige Stück Stoff, das sie über die Schicht Salbe gebreitet hatte. »Halt das mal fest.«

Dann begann sie, einen sauberen Streifen Leinenstoff um seine Brust zu schlingen, wobei sie eine Souveränität an den Tag legte, die ihn immer wieder erstaunte. Sie war die Heilerin, er der Patient, nichts anderes schien in diesem Moment Platz zu haben.