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Weihnachten ist die Zeit der Nächstenliebe – aber auch die Zeit der kleinen Wunder. Das erfährt auch die junge Lehrerin, als ihr durch eine unerwartete Fügung eine kleine Familie geschenkt wird. DER KLEINE AUSREISSER ist eine bewegende und beglückende Weihnachtserzählung über die kleinen und großen Freuden im Leben. Lise Gast (geboren 1908 als Elisabeth Gast, gestorben 1988) war eine deutsche Autorin von Kinder- und Jugendbüchern. Sie absolvierte eine Ausbildung zur landwirtschaftlichen Lehrerin. 1933 heiratete sie Georg Richter. Aus der Ehe gingen 8 Kinder hervor. 1936 erschien ihr erstes Buch "Tapfere junge Susanne". Darauf folgen unzählige weitere Geschichten, die alle unter dem Pseudonym Lise Gast veröffentlicht wurden. Nach Ende des zweiten Weltkriegs floh Gast mit ihren Kindern nach Württemberg, wo sie sich vollkommen der Schriftstellerei widmete. Nachdem sie erfuhr, dass ihr Mann in der Tschechoslowakei in einem Kriegsgefangenenlager gestorben war, gründete sie 1955 einen Ponyhof und verwendete das Alltagsgeschehen auf diesem Hof als Inspiration für ihre Geschichten. Insgesamt verfasste Gast etwa 120 Bücher und war neben ihrer Tätigkeit als Schriftstellerin auch als Kolumnistin aktiv.-
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Seitenzahl: 28
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Lise Gast
Saga
Der kleine Ausreisser
© 1979 Lise Gast
Alle Rechte der Ebookausgabe: © 2016 SAGA Egmont, an imprint of Lindhardt og Ringhof A/S Copenhagen
All rights reserved
ISBN: 9788711508862
1. Ebook-Auflage, 2016
Format: EPUB 3.0
Dieses Buch ist urheberrechtlich geschützt. Kopieren für andere als persönliche Nutzung ist nur nach Absprache mit Lindhardt und Ringhof und Autors nicht gestattet.
SAGA Egmont www.saga-books.com – a part of Egmont, www.egmont.com
„Sie würden uns eine große Freude machen, wenn Sie blieben, Fräulein Güldenstubbe!“
Ilme sah ihren Chef, Hauptlehrer Hartwig, lachend an. „Würde ich?“ fragte sie munter. „Es ist sehr lieb, mir das zu sagen. Ich glaube es Ihnen sogar. Und ich würde auch gern wieder einmal ein Kinderweihnachten miterleben, eins mit Ungeduld und ewigen Fragen: ‚Wann klingelt es denn endlich?‘ und Beschwichtigen und wonnigem Eilen. Aber ich möchte lieber heim. Weihnachten muß man zu Hause sein.“
Er hatte die Brille abgenommen, putzte sie und setzte sie wieder auf. Sein Blick ruhte nachdenklich auf ihr.
„Zu Hause? Sie fahren doch nicht ...“
„Zu meinen Eltern? Nein, nein.“
Ihr nicht mehr ganz junges Gesicht wirkte nicht traurig, sondern wie immer, freundlich und unbefangen. Er mochte sie gern, seine Frau auch. Sie hatten damals mit ihr getrauert, als sie kurz vor der Heirat ihren Verlobten durch einen Unfall verlor, sie hatten sich um sie gekümmert und ihr später geholfen, ‚ins Tal‘ zu ziehen, in das alte, leerstehende Forsthaus, in dem sie heute noch wohnte, allein mit ihren Tieren. „Ich bleibe bei mir, bei Ilme Güldenstubbe. Bei meiner Menagerie.“ Sie lachte. Er lachte auch. Menagerie, so nannte er ihr Haus, ‚Im Tal‘ hieß es postalisch, also nicht im Dorf, sondern etwas davon entfernt. Man ging durch den Wald bergab und dann wieder ein wenig aufwärts, einen gewundenen Weg entlang, der zu ihrem einsamen Haus führte. Zu ihren zwei Häusern, besser gesagt. Das eine war früher eine Scheune und jetzt der Stall, es stand im Winkel zum andern, und über beide breitet eine sehr alte Fichte ihre Äste. Noch einen zweiten Baum gab es, etwas abseits, einen Laubbaum, und rings um die Häuser, jedenfalls an den Seiten und auf der Rückseite, wucherte Holunder, jenes Gesträuch, das nur dort steht, wo Menschen wohnen oder einstmals wohnten. Ilme hatte das immer beobachtet, wenn sie im Wald umherstrich, wo Mauerreste waren, gab es Holunder, aber nur da. Sie mochte ihn gern, diesen eigenwilligen, stark sich durchsetzenden Strauch, wenn er mit seinen weißlichen Tellerblüten im Frühjahr duftete, überwältigend stark, und im Herbst dunkelblaue Beeren trug, die ein wenig süßlich schmeckten, wenn man sie allein kochte. Man mußte die herben, auch wildwachsenden Beeren der Schlehenbüsche dazu nehmen, eine Handvoll nur, dann wurde der Saft so, wie er bei Mutter immer geschmeckt hatte, wundervoll aromatisch und dennoch wild, ungezähmt. Ilme lachte vor sich hin, sie hatte vorhin eine Flasche mit diesem Saft, den die Kinder ihres Chefs sehr liebten, heimlich in eine Ecke des Wohnzimmers gestellt, die jetzt die Weihnachtsstube war. Der Christbaum stand schon darin, wenn auch noch ungeschmückt. Heute abend würden Hartwigs ihm sein Festkleid anziehen, die Schulfeier war vorbei, jetzt durften sie für die Familie da sein.