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Um die eigenen Probleme zu lösen, sollte man die Dinge des eigenen Lebens nur in den richtigen Blickwinkel bekommen. In dieser Geschichte ist es ein Junge, der von Zuhause wegläuft. Ein Landstreicher, den er des Abends trifft, zeigt ihm eine neue und interessante Sichtweise.
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Seitenzahl: 71
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Über den Autor:
Geboren 1948, in Sachsen-Anhalt, aufgewachsen in Baden-Württemberg. Nach einer Mechanikerlehre und einigen Praxisjahren, Maschinenbau studiert.
Gewidmet all den kleinen, großen und ganz großen Jungen und Mädchen, jeden Alters, die nach neuen Wegen in ihrem Leben suchen.
Prolog
Begegnung am Abend
Der Leitstern
Beistand von Oben
Das Geheimnis von Wahrheit und Täuschung
Die Lichter des Lebens
Vier Feinde
Täuscher
Selbstzweifel
Furcht
Erfolg
Drei Stufen nach Oben
Fährtensucher
Helfer
Meister
Der Große Scout
Die Suche
Die Burg
Die geistige Haltung
Ein neuer Morgen
Der innere Drang nach Freiheit brennt in jedem. In Kindern genau so stark wie in Erwachsenen.
Kann man aber die Freiheit, die man sucht und nach der eine innere Sehnsucht verlangt, wirklich irgendwo in der Welt finden?
Manchmal hat man Probleme mit den vorgegebenen Lebensumständen. Es ist zum Weglaufen, denkt man sich, aber weglaufen ist nicht immer eine Lösung.
Vielleicht ist es besser zu versuchen, sich diesen Freiraum, den man sich so sehr wünscht, dort zu erlangen, wo man gerade ist und sein Leben lebt.
Vielleicht sollte man für die Umstände des eigenen Lebens nur den Blickwinkel etwas ändern und die Ärgernisse als Chancen sehen.
In dieser Geschichte ist es ein Junge, der von Zuhause fortläuft, weil er es nicht mehr aushält. Ein Landstreicher, den er des Abends trifft, zeigt ihm eine interessante, neue Sichtweise.
Heinrich, der Landstreicher, war auf dem Weg zu seinem Nachtquartier. Die Sonne stand schon dicht über dem Horizont und bald würde es dunkel werden. Obwohl noch ein weiter Weg vor ihm lag, war er nicht in Eile. Heinrich hatte Zeit. Er hatte immer schon Zeit gehabt. Während andere nach Karriere, Erfolg und Geld jagten, hatte er sich die Welt angesehen. Besitz interessierte ihn nicht, er brauchte nicht mehr als er mit sich herumtragen konnte.
So zog er schon sein Leben lang durch das Land. Er war darüber alt geworden. Seine Jahre zählte er längst nicht mehr. Wenn er nach seinem Alter gefragt wurde, antwortete er nur, man solle doch die Falten in seinem Gesicht zählen, dann wisse man es. Wenn man dann sein Gesicht genauer betrachtete, überwältigte einem sein freundliches und warmherziges Lächeln, welches über Zeit und Raum zu stehen schien.
Wie unwichtig war doch plötzlich die Frage nach den Jahren, im Lichte seiner sanftmütigen Güte. Man hatte das Gefühl, einen guten Freund vor sich zu haben.
Heinrich ging seinen Weg. Die Sonne schickte ihre letzten Strahlen über den Horizont und wenig später setzte die Dämmerung ein.
Der Mond stand schon hell über den Hügeln. Es würde eine milde Sommernacht werden. Im Gegensatz zu anderen Menschen, war Heinrich selten in Gedanken versunken. Er hatte einen klaren Kopf und wache Sinne. Vielleicht aus diesem Grunde, überhörte er nicht, das leise Schluchzen, ein paar Meter vom Wegesrand entfernt.
Er blieb stehen und lauschte, aber er vernahm nur noch das Zwitschern der Vögel. Trotzdem wusste er genau, was er gehört hatte. Und Heinrich wäre nicht Heinrich, wenn in ihm der Gedanke einer Sinnestäuschung entstehen würde.
Jemand war dort hinter den Bäumen und Büschen, jemand der zu dieser Zeit dort nicht hätte sein sollen. Ihm wurde jetzt klar, warum er ausgerechnet auf diesem Weg ging. Er war zu alt um noch an Zufälle zu glauben.
In jungen Jahren hatte er noch daran geglaubt, aber irgendwann begann er immer mehr und mehr zu begreifen, dass hinter allen Dingen ein tieferer Sinn verborgen war.
Oftmals musste man nur seinen eigenen Blickwinkel etwas korrigieren, um der verborgen Wahrheit näher zukommen.
Heinrich überlegte kurz, blieb stehen und begann ein Selbstgespräch, laut genug, damit es dieser jemand, hinter den Büschen, hören konnte: "Meine armen Füße, warum musste ich mir nur diese Schuhe kaufen."
Ein wenig seufzend und vorwurfsvoll sprach er weiter: „Lieber Gott kannst du mir sagen, warum ich den weiten Weg gerade mit diesen Schuhen gehen muss?"
Umständlich und stöhnend begann Heinrich sich einen Schuh auszuziehen.
Etwas jammernd sprach er weiter zu Gott: "Du sitzt in deinem Himmel, du weißt ja gar nicht wie weh das tut, wenn man Blasen an den Füßen hat."
Heinrich rieb sich seinen Fuß, tat so als höre er die Stimme Gottes und antwortete: "Was sagst du, ich solle Rast machen, du weißt doch wie weit ich es noch habe und es wird schon dunkel. Ja - ja, kalt ist es nicht und der Mond scheint auch."
Inzwischen begann Heinrich sich den anderen Schuh auch auszuziehen. "Natürlich habe ich genug Zeit", fuhr er fort und begann sich etwas umständlich den zweiten Fuß zu massieren. "Ich wollte ja nur schnell nach Hause, weil mir die Füße weh tun."
"Na gut, wenn du meinst, ich solle mich nicht unnötig quälen, mal sehen ob ich ein bequemes Plätzchen für die Nacht finden kann."
Er nahm seine Sachen, die neben ihm lagen und humpelte ächzend zum Wegrand, von dort aus über ein paar Meter Wiese, zu den nahegelegenen Büschen.
Vorsichtig näherte er sich jener Stelle, von der das kurze Schluchzen herkam. Achtsam schob er die Zweige der Büsche beiseite. Es war noch hell genug, um gut sehen zu können.
Vor ihm saß ein kleiner Junge, bekleidet mit einer Pfadfinderuniform und einem etwas zu großem Hut. Ein wenig erschreckt und bang kauerte er unter einem Busch.
Heinrich wollte ihn nicht ängstigen, tat deshalb etwas erstaunt und begann langsam zu sprechen: "Hallo", er schluckte und begann von neuem, "Hallo, tun dir auch die Füße weh? Ich kann kaum noch laufen." Heinrich fragte nicht lange, sondern setzte sich unter den nächstbesten Busch und begann wieder seine Füße zu massieren.
"In deinem Alter war ich auch oft draußen in der Natur. Es gibt einfach nichts schöneres als sternenklare Sommernächte."
Heinrich schwieg eine Weile, massierte seine Füße und beobachtete dabei vorsichtig den Jungen. Etwas stimmte nicht mit ihm, aber was, das wollte er herausfinden.
Hell und leuchtend standen inzwischen die Sterne am Himmel. Sanft wehte ein erfrischender Nachtwind mit unterschiedlichen Düften, die dieser zu ihnen brachte.
Im gleichen Augenblick, als Heinrich weitersprechen wollte, zog eine Sternschnuppe ihre leuchtende Bahn über den Nachthimmel.
Schau nur", rief Heinrich leise, " wünsch dir was Junge! Wünsche die von einer Sternschnuppe beleuchtet werden, sollen sich erfüllen, sagt man."
Eine leise und etwas weinerliche Stimme war zu hören: "Ich - ich weiß aber nichts."
Heinrich antwortete nicht gleich, aber seine Sanftmut und sein Mitgefühl schienen die Stille zu erfüllen. Nach ein paar Minuten begann er dann doch: "Ich heiße Heinrich, sag einfach Heinrich zu mir. Ich bin nur ein alter Mann, den der liebe Gott durch die weite Welt schickt, wo immer er meint, wo ich hin soll. Er fragt nie danach ob mir die Füße weh tun, so wie heute, und oft weiß ich auch gar nicht genau, wo ich eigentlich hin soll."
Heinrich schwieg eine Weile und begann dann wieder: "Wo will er dich denn hin schicken?"
Wieder kam eine leise und wehmütige Stimme unter dem anderen Busch hervor: "Ich weiß es auch nicht, irgendwohin."
"Weg von Zuhause", ergänzte Heinrich fragend, "mir ging es auch mal so, aber das ist schon lange her."
Es war eine helle Vollmondnacht geworden. Deutlich konnte man die Umrisse zweier Personen unter dem Schatten der Büsche erkennen. Über ihnen funkelten hell und klar, die Lichter unzähliger Sterne.
"Die Welt ist so groß", begann Heinrich das Gespräch von neuem, "wenn du aber nicht weißt, wo du hin willst, wie findest du dann deinen Weg?", fragte Heinrich neugierig.
"Ich geh einfach los, und irgendwo werd’ ich schon hinkommen."
Heinrich verspürte Gleichgültigkeit bei seinem Gegenüber. Sein Empfinden musste tief verletzt worden sein. So einfach rennt keiner weg, wenn noch ein Funke Hoffnung auf Besserung da ist. Heinrich kannte seine Mitmenschen gut, er hatte sie sein Leben lang studiert. Gute Sprüche halfen hier nicht weiter, das war ihm klar, aber eine Ermutigung von Zuhause fortzulaufen, wäre ganz sicher noch schlimmer.
Der Junge floh vor einer Situation mit der er nicht fertig wurde. Ein wenig Hilfe wäre hier angebracht. An den Ursachen konnte Heinrich nichts ändern, aber vielleicht half eine neue Sicht der Dinge, die er dem Jungen vielleicht vermitteln konnte.
Etwas Zeit wäre dazu erforderlich, aber die stand ja ausgiebig zur Verfügung, und ans Schlafen war jetzt sowieso nicht zu denken.
Heinrich schaute seufzend zum Himmel empor und sagte: "Die heiligen drei Könige hatten es gut, die hatten einen Stern dem sie