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Diese Geschichte zeigt an einem Gleichnis auf, dass das Leben hinter der Grenze, die uns allen gesetzt zu sein scheint, doch weitergeht. Werden und sterben ist nicht der Maßstab des Lebens, sondern Werden, Leben und Neuwerden. Und sogar Verlorenes kann sich wieder neu finden. Daher "Der ewige Kreislauf der Dinge".
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Seitenzahl: 42
Geboren 1948, in Sachsen-Anhalt. Aufgewachsen in Baden-Württemberg. Dort eine Mechanikerlehre gemacht. Später in Berlin Maschinenbau studiert.
Das Leben
geht hinter der Grenze,
die allem gesetzt zu sein scheint,
weiter.
Werden und Vergehen ist nicht
der Maßstab des Lebens,
sondern
Werden, Leben und Neuwerden.
Und sogar Verlorenes
kann sich wieder
neu finden.
Steine
Willy, der Stein
Herkunft
Der ewige Kreislauf der Dinge
Der Alltag
Der rücksichtslose Wanderer
Wenn das Frühjahr kam
Tobende wirbelnde Wassermassen
Alle paar Jahrzehnte
Sorgenfurchen
Eine Stimme durchbrach die Stille
Nachtrag
Es soll doch tatsächlich Menschen geben, die ernsthaft glauben, dass Steine leblose Dinge seien.
Dabei weiß doch jeder - na ja, vielleicht nicht jeder, aber doch die meisten - oder sagen wir mal einige Menschen, dass auch Steine, zumindest in gewisser Weise, lebendig sind.
Diese Menschen, die nicht glauben wollen, dass auch in einem Stein Leben sein kann, teilen alles ein, in belebte Natur, wie zum Beispiel Tiere und in unbelebte Natur, wie eben Steine.
Sie glauben doch tatsächlich, dass Steine nur tote Materie seien, unbelebt und ohne Seele, die nur einfach so da herum liegen, wie sie die Natur mal hingeworfen hatte.
Natürlich sind Steine, nicht wie Menschen oder Tiere, lebendig. Aber auch sie sind Teil des großen Lebens, und dieses kennt keine Grenzen.
Wer wachsam genug ist, kann das innere Leben der Steine entdecken. Wer ein empfindsamer Mensch ist und sich die Mühe macht, mal genau hinzuschauen, der sieht das vielfältige Leben, welches Steine ausstrahlen.
Es gibt zudem die unterschiedlichsten Steine. Da gibt es die kleinen runden Kieselsteine, die man glattgeschliffen in Bächen finden kann, oder die übergroßen, scharfkantigen Felsbrocken, die von einer Felswand durch den Frost herausgebrochen wurden. Da gibt es die flachen, kleinen Steine, die man über das Wasser hüpfen lassen kann, die dann flink viele Meter weit springen, oder die großen, schweren, unförmigen Findlinge, groß wie ein ausgewachsener Mann die ab und zu in der Gegend herumliegen.
Es gibt aber auch Edelsteine, die man tief in der Erde findet und die dann später wundervoll geschliffen in Tresore liegen, wenn sie nicht gerade einer hübschen Frau um den Hals hängen. Wenn man solche Edelsteine im Lichte der Sonne betrachtet, wenn Sonnenstrahlen ihr Inneres erhellen, erkennt man erst richtig, welch ein Farbenfeuer und funkelndes Leben, in Steinen stecken kann. Man will es kaum glauben.
Es gibt aber auch die fußballgroßen Steine, die am Rand von Bächen liegen, auch oben im Gebirge. Diese sind Steine, die einst mal vom Wasser herangespült wurden.
Sie befinden sich noch in der Nähe ihres felsigen Geburtsortes. Irgendwann einmal, vor undenkbar langer Zeit, waren sie aus einer harten Gesteinswand, langsam aber sicher, von Frost und Eis herausgebrochen worden. Sind folglich an der rauen Felswand hinuntergefallen, auf Felsvorsprünge aufgeschlagen, haben sich dabei ihre Ecken und Kanten abgestoßen, sind dann weitergerollt über Schnee und Eis, danach Geröllhalden hinunter und blieben letztendlich einfach irgendwo liegen.
Wenn im Frühjahr die Schneeschmelze kam, mit ihren Wassermassen, und der Frost loses Gestein nicht mehr halten konnte, wurden sie einfach durch abrutschendes Geröll vorwärts geschoben, stießen hart auf andere Steine, die schon dalagen, verloren dabei ihre restlichen Kanten und wurden mehr und mehr abgerundet.
Irgendwo, an irgendeinem Gebirgsbach, blieben sie dann für lange Zeit liegen. Über viele lange Jahre, Jahrhunderte sogar, schliffen kleine Sandkörnchen, die das Wasser über sie hinweg spülte, ihre Oberfläche immer glatter und glatter. Daher gilt für Steine ein viel längeres Zeitverständnis als für Menschen.
Solch ein Stein ist Willy. Viele, viele Jahre liegt er schon am Rand eines kleinen Gebirgsbaches, hoch oben im Gebirge.
Es war zum Glück nicht zu hoch oben, und so gab es neben dem Bach doch ein recht vielfältiges Leben.
Unterschiedliche Gräser, bunte Blumen und andere Pflanzen wuchsen hier. Einige verkümmerte Kiefern hatten sich mit ihren Wurzeln im Gestein festgekrallt. Weil es für diese Bäume zu hoch und meist zu kalt war, konnten sie nicht richtig wachsen. Eine Gruppe kleiner Fichten stand etwas seitwärts.
Aber nicht nur Pflanzen und Bäume gab es hier, auch verschiedene Tiere lebten in dieser Gegend. Bunte Schmetterlinge, flinke Eidechsen und zwitschernde Vögel.
Manchmal kam sogar eines dieser pelzigen Murmeltiere vorbei, die hier wohnten. Irgendwo zwischen den Felsen hatten sie ihre Behausungen. Da waren sie sicher vor Schnee, Eis und der Winterkälte. Waren sie aber außerhalb ihrer Höhlen, konnte es sein, dass ein seltsamer schwarzer Schatten über das Gelände huschte. Die Tierchen waren dann ganz schnell wieder weg.
Was das mit dem Schatten auf sich hatte wusste Willy anfangs nicht, erst später erkannte er, dass dieser von einem Adler stammte, der auf Beutejagd war. Aber das betraf ihn nicht.
Er lag meist nur so da, rekelte sich in der Sonne und ließ sich genüsslich seinen Bauch von den wohligen Sonnenstrahlen aufwärmen.