Der Kolonialismus - Ludolf Pelizaeus - E-Book

Der Kolonialismus E-Book

Ludolf Pelizaeus

4,7

Beschreibung

Thema dieses Bandes ist die Kolonisierung als Vorläufer der Globalisierung. Ausgehend von Italien, wurden zunächst Spanien und Portugal in der europäischen kolonialen Expansion aktiv, dann aber auch England, die Niederlande und Frankreich. Da die Versuche Brandenburg-Preußens scheiterten, wurde das Deutsche Reich erst am Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Kolonialmacht. Zunächst werden in einem Überblick Entstehung und Wachsen der Kolonialreiche bis zu ihrem Ende beleuchtet, wobei der Bogen von den Hintergründen für ihre Begründung im späten Mittelalter bis zur Dekolonisation im 20. Jahrhundert gespannt wird, wenngleich der Schwerpunkt auf der Frühen Neuzeit liegt. Das breit gefächerte Thema gibt nicht nur Einblick in Abläufe und wirtschaftliche Verflechtungen, sondern berücksichtigt auch Einzelschicksale und ausgewählte Quellenzeugnisse. Rückbezüge auf die Kultur, Küche und Musik Europas spielen dabei eine wichtige Rolle.

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Über den Autor

Über den Autor

Dr. Ludolf Pelizaeus ist Hochschuldozent am Historischen Seminar der Johannes Gutenberg Universität Mainz. Studium der Geschichte, Kunstgeschichte und Deutschen Volkskunde / Kulturanthropologie in Freiburg, Würzburg, Mainz, Dijon und Salamanca, zuletzt Visiting Fellow an der National University of Ireland in Galway. Er hat besonders zur Geschichte der Habsburgischen Länder, der Iberischen Halbinsel und Lateinamerikas gearbeitet.

Zum Buch

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Thema dieses Bandes ist die Kolonisierung als Vorläufer der Globalisierung. Ausgehend von Italien wurden zunächst Spanien und Portugal in der europäischen kolonialen Expansion aktiv, dann aber auch England, die Niederlande und Frankreich. Da die Versuche Brandenburg-Preußens scheiterten, wurde das Deutsche Reich erst am Ende des 19. Jahrhunderts zu einer Kolonialmacht. Zunächst werden in einem Überblick Entstehung und Wachsen der Kolonialreiche bis zu ihrem Ende beleuchtet, wobei der Bogen von den Hintergründen für ihre Begründung im späten Mittelalter bis zur Dekolonisation im 20. Jahrhundert gespannt wird. Dabei liegt der Schwerpunkt auf der Frühen Neuzeit. Das breit gefächerte Thema gibt nicht nur Einblick in Abläufe und wirtschaftliche Verflechtungen, sondern nimmt auch Einzelschicksale und ausgewählte Quellenzeugnisse ebenso in den Blick wie Rückbezüge auf die Kultur, Küche und Musik Europas.

Haupttitel

Ludolf Pelizaeus

Der Kolonialismus  

Impressum
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.d-nb.de abrufbar.  Alle Rechte vorbehalten  Copyright © by marixverlag GmbH, Wiesbaden 2011 Covergestaltung: Nele Schütz Design, München nach der Gestaltung von Thomas Jarzina, Köln Bildnachweis: Bridgeman Art Library, Berlin Lektorat: Dr. Lenelotte Möller, Speyer eBook-Bearbeitung: Medienservice Feiß, Burgwitz Gesetzt in der Palatino Ind Uni – untersteht der GPL v2   ISBN: 978-3-8438-0038-9  www.marixverlag.de

Vorwort

Mit dem Begriff »Kolonialismus« verbinden Leser ganz unterschiedliche Phänomene. Viele verstehen darunter lediglich die Hochphase des Kolonialismus, die auch als Imperialismus bezeichnet wird, also die Zeit ab 1880. Während hier politische Vorgänge im Vordergrund stehen, sehen andere die geistesgeschichtlichen Entwicklungen als wichtig an. So kann man aus politischer Perspektive von Kolonisation und Dekolonisation, aus geistesgeschichtlicher Perspektive aber eher von Kolonialismus und Postkolonialismus sprechen. Doch die Begriffe bleiben umstritten, wie im Einzelnen noch zu zeigen sein wird. Die vorliegende Darstellung betrachtet vornehmlich die europäische Kolonialpolitik, die hier der Einfachheit halber als »Kolonialismus« bezeichnet wird. Mit Japan wird auch eine außereuropäische Kolonialmacht angesprochen, sonst aber der Schwerpunkt auf die dominante europäische koloniale Expansion gelegt. Es sollen aber nicht nur politische, sondern auch geistesgeschichtliche Stränge beleuchtet werden, um das Phänomen und seine Auswirkungen bis heute besser begreifen zu können.

Für das Verständnis des Kolonialismus scheint mir angebracht, den Schwerpunkt auf jene Zeit zu legen, in welcher der Kolonialismus seine weltpolitische Dimension annahm und viele Erscheinungen des interkontinentalen Beziehungsgeflechts entstanden, die bis heute prägend sind. Dies ist gerade die Frühe Neuzeit, also die Epoche von 1492 bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts, als durch die Unabhängigkeit Amerikas die erste Phase der Dekolonisation begann. Aus regionaler Sicht wird deshalb Amerika fokussiert, weil hier das erste von Europäern voll entwickelte Siedlungssystem entstand, das in vielerlei Hinsicht für spätere Zeiten prägend war. Immer wieder wird aber auch auf die Entwicklung in Europa einzugehen sein, weil sie vielfach weitreichende Auswirkungen in den Kolonien hatte.

Auf dieser Grundlage wendet sich dann den Entwicklungen im 19. und 20. Jahrhundert zu. Es werden die Linien der Kolonialherrschaft bis zu ihrem Höhepunkt nach dem Ersten Weltkrieg, und nachfolgend die der Dekolonisation nach dem Zweiten Weltkrieg aufgezeigt.

Die Darstellung einer »europäischen Weltgeschichte« hat zur Konsequenz, dass man die europäische Sichtweise und ihr Vokabular verwendet. Dies soll nicht unkritisch geschehen, doch lassen sich gewisse Begriffe nicht vermeiden. Ersetzt man z. B. »Indianer« durch das gleiche spanische Wort »Indio« ist dies genauso wenig hilfreich, wie nur von »Indigenen« zu sprechen, denn dies können Inder, Afrikaner oder Indianer sein. Die Darstellung bleibt, wie die verwandten Karten, eurozentrisch, bemüht sich aber darum, den differenzierten Blick auf die Entwicklung in ganz unterschiedlichen Ländern stets aufrecht zu erhalten.

Die Darstellung bezieht bei zentralen Punkten auch zeitgenössische Stimmen mit ein, die, um sie für den interessierten Leser leichter recherchierbar zu machen, bewusst fast alle aus zwei Quellensammlungen, nämlich der »Dokumente zur Geschichte der Europäischen Expansion« (DGEE) und aus »Geschichte in Quellen« (GiQ) stammen. Es soll damit leichter möglich sein, die aus Platzgründen stark gekürzten Texte auch in der Vollversion zu lesen.

Dem Leser soll ein Überblick über ein globales Phänomen verschafft werden, was zu Schwerpunktsetzungen zwingt und weswegen nicht alle Aspekte des Themas ausgeleuchtet werden können. Die weltweite Vernetzung führt dazu, dass gleiche Themen in verschiedenen Kapiteln erwähnt werden, damit die Kapitel auch einzeln gelesen werden können.

Im Sommersemester 2008 habe ich an der Universität Mainz eine Vorlesung mit dem Titel »Europäische Kolonialgeschichte« gehalten. Ich danke allen Studierenden für ihre Anregungen, besonders auch die umfangreiche Wunschliste, auf der sie die für sie interessanten Themen des Kolonialismus eintragen konnten. Ich habe versucht, sie bei der Darstellung vollständig zu berücksichtigen.

Für die Entstehung des Buches möchte ich meinem Kollegen Dr. Lars Hoffmann danken, der den ersten Kontakt zum Verlag herstellte. Ebenso danke ich dem Marix Verlag und Frau Miriam Zöller für die Aufnahme in die Reihe »Marix Wissen«. Herrn Daniel Schröder sei für das Abtippen der Quellenzitate und die Korrekturlese der Bibliographie gedankt, Dr. Lenelotte Möller für das Lektorat, Annette Reese und Dr. Julia Schmidt Funke für die Anregungen. Die Hauptlast hat aber wieder einmal meine Frau Anette getragen, die das Buch Korrektur gelesen hat, wofür ich ihr herzlich danken möchte.

Einleitung

Nicht erst plötzlich im 16. Jahrhundert, sondern bereits seit dem 13. Jahrhundert änderten sich die Bedingungen des Zusammenlebens in Europa. Das Bevölkerungswachstum führte zu einer steigenden wirtschaftlichen Nachfrage, die auch die kulturelle Entwicklung bedingte. Es kam zu einer Veränderung der eigenen Sichtweise, zu einer neuen Sicht von Religion, dem Sein und der Umwelt. Vieles wurde hinterfragt, so auch die bekannten und gewohnten Mythen. Man glaubte nicht mehr einfach, dass die Erde eine Scheibe sei, was jedem erfahrenen Seefahrer schon als Unsinn aufgefallen sein musste. Man wollte Neues und Unbekanntes erfahren, reisen, zu neuen Ufern aufbrechen und expandieren. Doch da man nicht wusste, was hinter dem bekannten Land kam und was es zu »entdecken« galt, blieb jede Fahrt eine Gefahr. Dabei ging die Expansion von Europa aus, als dauerhafte und bleibende, während die Mongolen oder Chinesen zwar ebenfalls Weltreiche aufbauten, diese aber nicht in ähnlicher Weise zu einem weltumspannenden Faktor wurden.

Neben dieser Neugier und dem Wunsch nach Expansion entwickelte sich vom 15. bis zum 18. Jahrhundert eine umfangreiche europäische Verwaltung. Schrift und Briefverkehr ermöglichten weitreichende Kommunikation und Verwaltung auch über große Distanzen hinweg. Die Beamten mit ihren Anordnungen reisten jedoch nicht allein nach Übersee, sondern wurden von Militärs und Siedlern begleitet, die unterschiedlich stark diejenigen Gebiete, in denen sie landeten, prägten. Je nach Gesellschaft wurde also die Expansion von unterschiedlichen Gruppen getragen. Dabei können die Länder Spanien und die Niederlande als gegensätzliche Modelle gesehen werden, wie noch aufgezeigt werden wird.

Für die Europäer spielte besonders ein religiöses Sendungsbewusstsein eine herausragende Rolle, war es doch dieses, was zunächst dominant wirkte. Eigentliches Ziel der Fahrten aber war die Bereicherung: Man hoffte Gewürze oder andere wertvolle Handelsware zu finden oder, als höchstes Gut, das Gold.

So kamen europäische Sprachen, Institutionen, Rechts- und Staatsvorstellungen, Religion und schließlich Techniken und Produktionsweisen in andere Teile der Welt, genauso wie die außereuropäischen Gebiete in vielfacher Hinsicht Europa beeinflussten.

1. Grundlagen, Definition und Epochengrenzen

Grundlagen, Verständnis und Grenzen des Kolonialismusbegriffs

Globalisierung ist keineswegs eine Erscheinung, die erst im 21. Jahrhundert beginnt, sondern lässt sich vielmehr auf das frühe 16. Jahrhundert zurückführen. Seit dieser Zeit führten Entdeckungsreisen zu immer neuen Gebieten, wurden regelmäßige Handelskontakte von Europa nach Afrika, Asien und Amerika entwickelt, umfassten also erstmals die ganze Welt. Es sollte die ganze frühe Neuzeit dauern, bis durch die Veränderungen der Aufklärung, besonders aber der Napoleonischen Zeit eine neue Periode begann, an deren Anfang die amerikanischen Unabhängigkeitsbewegungen einerseits und der festere Griff der Europäer auf Afrika und Teile Asiens andererseits standen. Immer stärker wurden nun die Kolonien an das Mutterland gebunden, was gravierende und irreversible Einflüsse auf Gesellschaft, Kirchen, Kleidung, besonders aber auch auf die Beziehungen von Gruppen und Völkern zu einander haben sollte. Es ist also nach der »gemeinsamen Geschichte« zu fragen, wenngleich dies aus einem eurozentrischen Blickwinkel geschehen wird, aus welchem unsere Sicht meistens erfolgt. Mit dieser Perspektive verbunden ist die Erkenntnis, dass die Beziehungen durch Ungleichheit zwischen Herrschern und Beherrschten geprägt wurden, die Macht ausübten, vielfach auch repressiv. Globalisierung bzw. auch die Ressentiments gegenüber einer Zusammenarbeit mit Europa hat vielfach mit den tief sitzenden negativen Erfahrungen aus der Kolonialzeit zu tun.

Im 15. Jahrhundert vollzog sich in allen Bereichen der europäischen Gesellschaft ein tiefgreifender Wandel, der die Grundlage des umfassenden Ausgriffs in die außereuropäische Welt sein sollte. Mythen und Legenden wurden kritischer hinterfragt und nun auch geprüft. Hieraus erwuchs der Wunsch, die kartographischen Kenntnisse nicht nur zu vergrößern, sondern durch systematische Überprüfung den Horizont durch Fahrten zu erweitern. Damit begann die Globalisierung unter »europäischen Vorzeichen« (Horst Gründer), weil die europäischen Kolonialherren noch konsequenter und damit auch dauerhafter ihre Vorstellungen und Wertesysteme in anderen Erdteilen durchsetzten. Die Expansion, die Schaffung großer Reiche, die eine Benachteilung der unterworfenen Völker einschloss, war kein europäisches Phänomen, sondern findet sich auch bei der Expansion Chinas oder der islamischen Reiche. Jedoch ist die europäische Kolonisierung zu einem weltumspannenden Netz geworden, das alle Kontinente einschloss und damit auch zu einem Weltsystem wurde.

Dieses Weltsystem der Eroberung führte zu einem Weltsystem des Handels, welches freilich sehr unterschiedlich strukturiert war. Auf der einen Seite gab es jene Regionen, in welche sich die Europäer anfangs nur als Juniorpartner eingliedern durften. Dies gilt für den gesamten asiatischen Raum, wo es nicht nur sehr viel alte Handelskontakte mit Europa gab, sondern die verschiedenen asiatischen Staaten miteinander umfangreich Handel trieben und den Europäern allenfalls Nischen in dem Handelssystem einzuräumen bereit waren. Anders hingegen verhält es sich in Afrika, besonders aber in Amerika und ab dem Ende des 18. Jahrhunderts auch mit Australien. Diese Kontinente hatten kein inner- oder gar transkontinentales Handelsnetz aufgebaut und wurden mit dem Kolonialismus in ein auf Europa ausgerichteten Handelsnetz zwangsweise integriert.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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