Der Mallorca Mord Club - Intrigen im Paradies - Laura Nieland - E-Book

Der Mallorca Mord Club - Intrigen im Paradies E-Book

Laura Nieland

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  • Herausgeber: beTHRILLED
  • Kategorie: Krimi
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2024
Beschreibung

Aufregung im traumhaften Beach Residence & Spa! Die berühmte Influencerin Isabella Novu ist zu Gast und die sozialen Medien explodieren förmlich vor glamourösen Bildern und Videos, die Isabella aus dem Resort teilt. Doch dann erschüttert eine Serie von Diebstählen das Hotel. Auch Ex-Kommissar Christian ist betroffen. Die Ermittlungen der Polizei verlaufen im Sand - also beschließen Marie und Christian, dem Täter selbst auf die Spur zu kommen ...

Über die Serie: Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es so weit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeDer Mallorca Mord Club – Die SerieDie ProtagonistenTitelProlog1. Wunderbar!2. Social Media ist nicht echt3. Influenza und Eier-Drama4. Die verschwundene Armbanduhr5. Das Hotel wieder in der Bredouille6. Marie, die Hotelchefin7. Eine herbe Enttäuschung8. Diebische Masseurin?9. Ein unschöner Zwischenfall in der Liebe10. Eine zweite Besichtigung11. Ein holpriger Start in den Tag12. Christian, der Lockvogel13. Die Falle ist zugeschnappt14. Undercover15. Beschatten für Fortgeschrittene16. Ein Plan am Mittag17. Eine alte Bekannte18. Back again: Kiara von Timmenbach19. Auf eigene Faust20. Auf frischer Tat ertappt21. Cinderella mal anders22. Erwischt!23. (Liebes-)Geständnisse24. Ein lang ersehnter AnrufEnglish-Garden-CocktailIn der nächsten FolgeÜber die AutorinLeseprobeImpressum

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Über diese Folge

Aufregung im traumhaften Beach Residence & Spa! Die berühmte Influencerin Isabella Novu ist zu Gast und die sozialen Medien explodieren förmlich vor glamourösen Bildern und Videos, die Isabella aus dem Resort teilt. Doch dann erschüttert eine Serie von Diebstählen das Hotel. Auch Ex-Kommissar Christian ist betroffen. Die Ermittlungen der Polizei verlaufen im Sand – also beschließen Marie und Christian, dem Täter selbst auf die Spur zu kommen …

Der Mallorca Mord Club – Die Serie

Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es soweit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!

Die Protagonisten

Um ihren Traum von einer eigenen Bar auf Mallorca zu verwirklichen, ist die 30-jährige Marie Holstein nach Mallorca ausgewandert und arbeitet an der Rezeption des Beach Residence and Spa. Sie liebt Strandspaziergänge, Cocktails und das Essen in ihrer neuen Heimat. Mit ihrer lebhaften und freundlichen Art findet sie schnell Anschluss in der Dorfgemeinschaft von Cavís. Doch ein tragischer Todesfall wirft einen Schatten auf den sonnigen Ort und Marie scheint die Einzige zu sein, die nicht an einen Unfall glaubt…

Eigentlich will der 62-jährige pensionierte Mordermittler Christian Munker nur drei Dinge: seine Ruhe haben, seine Routine beibehalten und diesen einen Fall vergessen. Aber was ihn noch mehr nervt als schief angeordnetes Geschirr, sind ungelöste mysteriöse Fälle – und Marie Holstein. Dennoch kann der neurotische Rentner nicht nein sagen, als Marie in um Hilfe bei der Aufklärung des rätselhaften Todes von Gertrud von Timmenbach bittet.

Der 29-jährige Santiago Navarro nimmt seinen Job sehr ernst. Nicht nur, weil ihm seine Karriere bei der Mordkommission der Policía Nacional wichtig ist, sondern auch, weil er Gerechtigkeit will. Doch sein Vorgesetzter steht ihm meist im Weg und bremst ihn aus. Beim Surfen hingegen muss sich Santiago nicht ausbremsen lassen und genießt die Zeit im Wasser und in der Sonne.

Für den neuesten Klatsch und Tratsch ist man bei Alba an der richtigen Adresse. Die sympathische Dame betreibt seit Jahren ihre Boqueria, einen kleinen Supermarkt, an der Promenade von Caví. Ihr Kaffee und ihre Baguettes erfreuen sich großer Beliebtheit.

Cassandra arbeitet ebenfalls im Beach Residence & Spa. Sie hat nicht die deutsche Gründlichkeit inne und geht die Dinge gern entspannt an. Mit ihrer frechen Art versüßt sie Marie oft die Zeit an der Rezeption. Wenn sie nicht arbeitet, entspannt sie sich gerne am Strand oder in einer Bar.

Die 49-jährige Hotelbesitzerin Yolanda Ramirez ist ein Tornado auf zwei Beinen. Wo sie hingeht, entsteht Trubel und Chaos. Besonders wichtig ist ihr der Ruf des Hotels, der so einige Male ins Wanken gerät.

Rubio Alonso ist Kriminalkommissar bei der Policía Nacional. Verbrecher jagen und über mögliche Tathergänge nachzudenken ist ziemlich anstrengend. Deshalb verbringt Rubio seine Zeit lieber in Cafés und Restaurants, wo er sich den Bauch vollschlägt oder seinen Lieblingskräuterlikör Hierbas trinkt – das Ermitteln überlässt er lieber Santiago.

I N T R I G E N I MP A R A D I E S

Prolog

Mit einem Seufzer betrat Kiara von Timmenbach das kleine Wohnzimmer ihrer Residenz. Um genau zu sein, der Residenz, in der vor einiger Zeit noch ihre Mutter dauerhaft gelebt hatte, bevor sie in der Sauna des Beach Residence & Spa von ihrem Liebhaber ermordet worden war.

Als läge ein harter Arbeitstag hinter ihr, streifte Kiara sich die Ringe von den Fingern – alle stammten aus der Schmuckkollektion ihres eigenen Unternehmens. Das goldene Edelmetall klimperte, als sie die Ringe auf den steinernen Couchtisch legte. Kiara liebte dieses erlesene Geräusch.

Das Sofa war recht klein. Abends schaute sie gern fern und kuschelte sich dabei so richtig schön ein. Zu Hause besaß sie dafür eine große, bequeme Wohnlandschaft. Aber für ein paar Tage würde sie sich auch mit einem kleineren Modell begnügen. Und jetzt musste die Couch für ein Mittagsschläfchen herhalten. Die Hitze, die auf Mallorca herrschte, machte wirklich müde.

Mit einem weiteren Seufzer setzte Kiara sich auf das Sofa. Es war bequem, weich, aber nicht durchgesessen.

Kiara zog sich die samtene Schlafmaske über die Augen und streckte sich mit einem zufriedenen Lächeln aus.

Sie war gern wieder hierhergekommen, auch wenn die Hotel-Residenz nicht so komfortabel war, wie sie es von ihren Reisen normalerweise kannte. Aber Marie und dem Andenken ihrer Mutter zuliebe tat Kiara das gern. Marie hatte schließlich den Mord an ihrer Mutter aufgeklärt. Ohne die junge Deutsche wäre ihr Tod der schreckliche Unfall geblieben, als den die Polizei ihn zunächst abgetan hatte. So aber hatte der Schuldige überführt und seiner gerechten Strafe zugeführt werden können. Da lag es Kiara nun besonders am Herzen, Marie bei ihrem aktuellen »Fall« zu helfen. Nur schade, dass ihr Plan bis jetzt nicht aufgegangen war.

Kiara faltete die Hände auf ihrem Bauch. Nun würde sie ihren täglichen Mittagsschlaf halten. Ihrer Meinung nach war er das Geheimnis ihres jugendlichen Aussehens und ihrer Energie. Selbst zu Hause in ihrer Firma ließ sie sich diesen Luxus so gut wie nie nehmen. Für diesen Zweck hatte sie sich fürs Büro vor einigen Jahren eigens einen komfortablen Schlafsessel angeschafft.

Kurz rutschte sie auf dem Sofa hin und her, damit eine der Polsterfedern sich nicht länger in ihren Rücken bohrte. Dabei freute sie sich schon auf den Nachmittagskaffee, den Marie ihr zu bringen versprochen hatte.

Mit einem Lächeln vollführte Kiara von Timmenbach ihr Einschlafritual. Sie streckte die Arme in die Luft und bildete mehrmals hintereinander eine Faust. »Ich kann alles schaffen«, murmelte sie, dann faltete sie die Hände wieder auf dem Bauch und wiederholte die Prozedur mit den Beinen. »Ich bin erfolgreich, hübsch und gesund.«

Sie atmete einmal tief ein und spannte ihren ganzen Körper an, dann entspannte sie sich wieder und atmete tief aus. »Ah …« Kiara ließ alle Gliedmaßen sinken und spürte in sich hinein. Sie konzentrierte sich auf ihre Finger, die Hände, die Zehen und die Füße, fühlte, wie alles schwerer wurde, während sich die Müdigkeit wie eine wärmende Decke an sie schmiegte.

Sachte schlummerte sie ein und driftete in eine süße Traumwelt ab. So bemerkte sie nicht, dass sie inzwischen nicht mehr allein in der Residenz war.

Als sie nach fünf Minuten selig schlief, glitt ein Schatten lautlos näher und beugte sich über sie.

1.Wunderbar!

Eine Woche zuvor …

Maries Roller röhrte durch die Straßen von Caví. Entlang der Hauptstraße blickte sie über die Tondächer hinaus auf das türkis strahlende Meer, das von blassen Felsen und grün gesprenkelten Bergen umrahmt war. Das Sonnenlicht glitzerte auf der Wasseroberfläche, und einige Meter außerhalb der Bucht dümpelten Jachten träge vor sich hin.

Der Horizont verschmolz mit dem dunkler werdenden Blau des Meeres, und die Ferne schien unendlich.

Marie genoss den Fahrtwind, der ihr um Gesicht und Beine strich. Ihr gelbes Kleid flatterte. Es war eine angenehme Abkühlung an diesem Vormittag. Es war Sommer, das bedeutete: Es war heiß, und es herrschte Hochsaison.

Der Fahrtwind machte die Hitze erträglicher, kühlte Maries verschwitzte Haut.

Ein zitronengelber Falter kreuzte ihren Weg, geriet etwas ins Taumeln, als sie an ihm vorbeiknatterte.

Geschickt lenkte sie den Roller durch die belebten Gassen zwischen den Altbauhäusern hindurch. Über ihr wehte die frisch gewaschene Kleidung an Leinen im Wind. In den Altstadtgassen standen unzählige Blumenkübel. Pinker Oleander, orangefarbene Engelstrompeten und roter und blauer Hibiskus strahlten um die Wette.

Auf der Hauptstraße herrschte reges Treiben. Wasserspielzeuge, Luftmatratzen, Schwimmringe und bunte Handtücher lockten neben gekühlten Getränken, verschiedenen Eissorten und Snacks die Touristen in die tiendas, die sich hier aneinanderreihten.

Marie tauchte in den Schatten der Kiefern ein, während ihr Roller die Straße emporstotterte, bis sie endlich das Hotel Beach Residence & Spa erreichte.

Für Marie stand eine aufregende Woche an. Früher an diesem Morgen hatte sie sich mit Santiago Navarro zu einer Surfstunde getroffen. Uff! Als sie vom Roller abstieg, spürte sie die sportliche Ertüchtigung in den Armen und Beinen. Santiago würde sie wieder am Dienstag sehen. Sie freute sich schon jetzt darauf. Trotz der Tatsache, dass sie beide viel zu tun hatten – Marie schob einige Überstunden im Hotel, um ihren großen Traum, eine eigene Bar, wahrzumachen, und Santiago war Kriminalkommissar –, schafften sie es, sich regelmäßiger zu treffen.

Und auch in Sachen »Bar« tat sich einiges: Am Mittwoch würde Marie sich mit der Maklerin Bianca Toledo treffen, um noch einmal über die Immobilie des La Vista zu sprechen. Inzwischen hatte sich Marie – dank ihrer Überstunden – ein gutes finanzielles Polster geschaffen.

Mit beschwingten Schritten trat sie durch das Tor in den nach Blüten duftenden Hotelgarten. Dort explodierte die Farbenpracht der Blumen regelrecht. Blüten in Rot, Pink, Gelb und Weiß wetteiferten um die Blicke der Gäste. Die heiße Nachmittagsbrise trug den Duft der Zitronen- und Orangenbäume mit sich. Ihre Äste bogen sich unter dem Gewicht der Früchte, die zwischen den weißen Blütentupfern baumelten. Das Plätschern des Brunnens erfüllte die Stille.

Bei der Arbeit würde es nun aufregend werden. Um den rückläufigen Buchungsanfragen aufgrund der Skandale und Todesfälle der letzten Zeit entgegenzuwirken, in die das Hotel verwickelt worden war, hatte Marie ein bisschen in die Marketing-Trickkiste gegriffen, um der Hotelmanagerin Yolanda Ramirez unter die Arme zu greifen.

Dafür hatte sie eine junge Influencerin namens Isabella gewinnen können, damit diese die Werbetrommel für das Hotel rührte. Das hatte allerdings zur Folge, dass Yolanda noch nervöser und aufgedrehter als sonst war.

Marie betrat die Lobby.

Cassandra blickte auf und grinste breit. »Na, sieh mal einer an, wer da kommt.«

Marie begrüßte ihre Freundin mit einer Umarmung. »Wie geht’s dir?«

Cassandra stemmte eine Hand in die Hüfte und sah Marie in gespielter Verzweiflung an. »Wie es mir geht? Yolanda ist außer sich. Und ich meine: außer – sich! Sie hat mich schon dreimal den Tresen polieren lassen. Drei Mal!« Cassandra schüttelte den Kopf und pustete sich eine blonde Locke aus der Stirn.

Marie kicherte. »Du magst diese Isabella Nova doch. Ich dachte, du freust dich, dass sie kommt.«

Cassandra stupste Marie versöhnlich in die Seite. »Natürlich. Ich finde sie toll! Aber ich hasse es, wenn Yolanda mir wegen Isabellas Ankunft hinterherjagt. Ich mache meine Arbeit gern ungestört.«

Marie schmunzelte. Ihre Freundin und Lieblingskollegin Cassandra erledigte ihre Arbeit durchaus gewissenhaft – meistens zumindest. Nur tat sie dies gern in ihrem eigenen Tempo. Allerdings musste Marie ihr auch dahingehend zustimmen, dass Yolanda anstrengend sein konnte – vor allem an solchen Tagen, wenn sie besondere Gäste im Hotel erwartete.

Sie trat hinter die Rezeption und blätterte einige Rechnungen durch. »Muss noch etwas Wichtiges erledigt werden?«

Genau in diesem Moment preschte ihre Chefin Yolanda durch die Bürotür. »Hola, Marie. Gut, dass du da bist.« Sie rauschte auf die beiden Freundinnen zu und fuhr sich durch das kurze rote Haar. Das hatte sie heute offenbar schon des Öfteren getan, denn es stand ihr in alle Richtungen vom Kopf ab. »Ich … ich habe heute Morgen die Suite kontrolliert. Da hatte ich die Keycard noch.« Sie klopfte suchend ihren Oberkörper und ihre Oberschenkel ab.

»Zum fünften Mal heute«, murmelte Cassandra so leise, dass Yolanda es nicht hören konnte.

Diese prustete empört, sodass ihre Brille in Schieflage geriet. Nun wirkte sie wie ein zerstreuter Professor und nicht wie die erfolgreiche Hotelmanagerin, die sie eigentlich war. »Aber sie ist weg. Weg! Ich weiß nicht, wo ich sie gelassen habe. Und wo ist die Ersatz-Keycard?«

Marie bemühte sich um ein Lächeln. Gerade weil ihre Chefin so wuselig war, verlor sie oft Dinge oder brachte so einiges durcheinander. »Die Ersatz-Karten bewahren wir im Tresor auf.« Sie bückte sich, gab den Code ein, und die Tür sprang auf.

Gleichzeitig zog Cassandra die Keycard unter der Tastatur hervor. »Ich habe vorhin gesehen, wie Sie sie unter die Tastatur gelegt haben.« Cassandra übergab Yolanda die Karte, wobei sie sich ein Augenzwinkern in Richtung Marie nicht verkneifen konnte.

Diese schloss den Tresor wieder.

»Oh, gracias, Cassandra.« Peinlich berührt schlug Yolanda den Blick nieder. »Bueno. Ich bin vielleicht etwas aufgeregt.«

»Sind wir doch alle.« Cassandra lachte ein wenig gezwungen.

Marie gab ihrer Freundin einen sanften Knuff in die Seite. »Cassandra, hast du den Tresen schon geputzt? Polier ihn bitte noch einmal. Aber gründlich.«

Voller Empörung starrte Cassandra ihre Chefin an, öffnete den Mund, um zu protestieren, doch Marie erlaubte sich, ihre Freundin etwas aufzuziehen. »Ja, Cassandra, polier doch noch einmal den Tresen.« Sie kicherte leise vor sich hin.

»Und du, Marie, porfavor, kontrollierst noch mal den Spa. Letztens hat dieser Señor Falafel seine Badeshorts dort liegen lassen.« Yolanda schüttelte sich.

Während Cassandra sich hinter dem Rücken der Chefin köstlich amüsierte, klappte Marie der Mund auf.

Señor Falafel hieß eigentlich Signore Falfale und war ein betagterer Herr aus Italien, der die Gewohnheit hatte, nackt zu schwimmen – das allein war im Spa schon unerwünscht –, und anschließend gern seine Badesachen vergaß. Er war einfach vergesslich, aber darüber hinaus ein sehr freundlicher und zuvorkommender Gast, auch wenn man ihn immer wieder daran erinnern musste, sich nicht auszuziehen.

»Ich werde darauf achten, dass Señor Falfale seine Hose anlässt und sie – im Falle, dass es mir nicht gelingt – wieder mitnimmt.«

Yolanda fuchtelte mit der Hand in der Luft herum. »Perfecto. Ich werde jetzt noch einmal schauen, ob in der Küche alles läuft.« Damit stürmte sie davon, und Marie empfand prompt Mitleid mit dem Küchenpersonal, das nun wahrscheinlich von der Chefin gehörig aufgemischt werden würde.

Schnaubend machte sich nun Cassandra daran, die Rezeption erneut zu polieren.

Unterdessen schnappte Marie sich den Schlüssel zum Spa. »Du hast da eine Stelle übersehen«, scherzte sie.

»Du!«, rief Cassandra und warf ihr lachend den Lappen hinterher.

Sorgfältig kontrollierte Marie den Spa. Es schien, als hätte Señor Falfale seine Badeshorts wieder mitgenommen. Zufrieden schüttelte Marie einige Kissen auf den Liegen auf, die den Pool säumten. Soweit sie es beurteilen konnte, befanden sich einige Gäste in der Sauna. Eine ältere Dame zog gemütliche Runden durch das Sportbecken. Eine jüngere Frau entspannte in einem der Bassins.

Die Sonnenstrahlen drangen nur gedimmt durch das verspiegelte Fenster. Die dichten Wipfel der Pinienbäume brachen das Licht in Tausenden von Strahlen, die im Spiel des Windes über den Boden und der Wasseroberfläche des Pools tanzten. Die Lichtreflexe tauchten den Spa-Bereich in eine beruhigende Atmosphäre. Der Lavendelduft der Aromatherapie-Duschen übertünchte den Geruch von Chlor, sodass man sich der Natur nah fühlte, obwohl man sich im Hotelgebäude befand.

Trotz dieser anheimelnden Atmosphäre krabbelte jedes Mal, wenn Marie diesen Ort betrat, eine Gänsehaut über ihren Rücken. Denn die Erinnerungen an den grausamen Fund, den sie hier gemacht hatte – die tote Gertrud von Timmenbach –, waren für sie allgegenwärtig. Das war nun über ein Jahr her.

Marie beendete ihre Runde und schlenderte durch den Korridor, der zum Ausgang führte. Plötzlich stieß sie mit jemandem zusammen. Marie taumelte zurück, fing sich aber wieder. »Entschuldige bitte«, keuchte sie und sah Brigitte Blanco, die Masseurin des Beach Residence & Spa, verlegen an.

»Mir tut es leid«, sagte die groß gewachsene blonde Frau und hob entschuldigend die Hände. »Ich … ich habe nicht richtig hingesehen.« Für ihre Verhältnisse wirkte sie nervös. Normalerweise war sie entspannt und ruhig. Doch in diesem Moment machte sie einen fahrigen Eindruck.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte Marie.

»Ja … ja, natürlich. Ich habe noch eine Kundin. Tut mir leid.« Damit rauschte sie an Marie vorbei.

Diese sah ihr nach. Dann zuckte sie mit den Schultern. Auch Brigitte Blanco hatte sicher mal einen schlechten Tag! Oder Yolanda machte jeden Mitarbeiter des Hotels verrückt.

Marie kehrte an die Rezeption zurück. Gemeinsam mit Cassandra widmete sie sich der Büroarbeit und den Papieren, die liegen geblieben waren.

»Ich hatte eigentlich Thomas beauftragt, dieses Chaos zu beseitigen. Wo ist der denn schon wieder?« Cassandra sah sich in der Lobby um und schüttelte dann den Kopf.

Als hätte er es gehört, schlenderte der Gesuchte in diesem Moment um die Ecke, die Hände in den Taschen seiner Arbeitshose vergraben und entspannt pfeifend. Dabei trug er ein breites Lächeln auf den Lippen, das seine weißen Zähne entblößte.

Marie fand, dass Thomas, der seit Kurzem im Hotel als Aushilfe arbeitete, der personifizierte Sunnyboy war. Er war Anfang zwanzig, groß und muskulös. Lässig schüttelte er den Kopf, um die blonden Locken aus der Stirn zu vertreiben. Auf seiner Nase sammelten sich Sommersprossen. Und seine grünen Augen wirkten auf eine faszinierende Art und Weise hypnotisierend.

Zeitgleich legten Marie und Cassandra den Kopf schief, um ihn zu mustern. Doch während Marie ihn mit einem Lächeln bedachte – sie freute sich, dass er sich hier so wohlfühlte –, starrte Cassandra ihn tadelnd an. Aus irgendeinem Grund, den Marie nicht nachvollziehen konnte, konnte sie den jungen Mann nicht leiden.

Thomas Bergsteiger war kürzlich aus Deutschland gekommen, hatte Abitur und Ausbildung beendet und war nun auf der Suche nach dem Job, der ihn erfüllte. Das hatte er Marie mal bei einem Feierabend-Cocktail erzählt. Dabei hatte er verträumt in Richtung Berge geblickt. Marie hatte nachfühlen können, wie er sich fühlte. Momentan war Thomas einfach auf der Suche nach sich selbst.

Cassandra war überzeugt, dass seine Motivation und Arbeitsmoral zu wünschen übrig ließen, was dazu führte, dass sie ihn jeden Tag mit Argusaugen beobachtete.

Mit einem schiefen Grinsen trat er auf die beiden Freundinnen zu und tippte sich mit zwei Fingern an die Stirn. »Ladys.«

»Ladys«, stieß Cassandra vorwurfsvoll hervor und verdrehte die Augen. »Wo warst du, wenn ich fragen darf? Das Chaos hier beseitigt sich nicht von allein. Das sollte schon längst erledigt sein.«

Himmel, wieso war sie so unfreundlich? Beschwichtigend legte Marie eine Hand auf Cassandras Oberarm. Allerdings war die Freundin diejenige, die Thomas hatte einarbeiten müssen, und seine Arbeitsweise schien sogar die gemütliche Cassandra auf die Palme zu bringen.

Thomas’ Lächeln blieb unverändert. Er zuckte lediglich mit den Schultern. »Ich hab Pause gemacht und wollte das jetzt wuppen.« Er lehnte sich über den Tresen und sah Cassandra tief in die Augen. »Ich hab echt schlecht geschlafen und brauchte die Pause dringend.« Mit treuherzigem Dackelblick sah er Marie an.

Diese lächelte verständnisvoll. Ja, das Chaos war nicht beseitigt worden. Das war ein Fakt, aber sie arbeitete daran, ihre eigene manchmal sehr strenge Arbeitsmoral etwas zu lockern. Außerdem war Thomas noch jung, und er war noch nicht lange hier. Sicherlich war es anstrengend. Davon abgesehen befand er sich in einem ihm fremden Land, wo vieles Neue auf ihn einströmte.

Cassandra aber war nicht beeindruckt. Sie hob eine Braue und wirkte wie ein Teekessel, der jeden Moment überzukochen drohte.

Bevor sie etwas sagen konnte, was wahrscheinlich nicht freundlich gewesen wäre, funkte Marie dazwischen und schob sie zurück. »Danke, Thomas. Es wäre schön, wenn du das das nächste Mal erledigst, bevor du in die Pause gehst«, sagte sie diplomatisch.

Thomas legte die Hände in einer Geste des Dankes auf die Brust und atmete erleichtert aus. »Mach ich. Versprochen.« Er trat nun zu ihnen hinter die Rezeption, sortierte die Papiere, lochte und tackerte sie zusammen und räumte sie dann in die entsprechenden Ordner. Er hatte ihnen den Rücken zugedreht.

Marie sah Cassandra an. »Siehst du«, flüsterte sie ihr ins Ohr. »Du musst ihm auch eine Chance geben. Er ist ja noch nicht lange hier.«

Cassandra schnaubte, lehnte sich dann Marie entgegen. »Ich finde ihn komisch. Etwas schmeckt mir an ihm nicht. Findest du ihn nicht seltsam?«

Marie zuckte die Schultern. »Er ist freundlich und beliebt bei vielen Gästen.«

Erneut stieß Cassandra ein Schnauben aus. Dieses Mal so laut, dass Thomas über seine Schulter zu ihnen herüberblickte.

Erschrocken wandten sich die beiden Freundinnen um und widmeten sich fadenscheinigen Beschäftigungen. »Besonders bei Frauen«, murmelte Cassandra kaum hörbar, während sie an einem Stapel Flyer herumnestelte.

Marie verdrehte die Augen, schmunzelte aber. »Magst du noch einmal kurz schauen, ob der Vorgarten in Ordnung ist?«, fragte sie lauter, um das Getuschel zu beenden und Cassandra eine kurze Verschnaufpause zu ermöglichen.

»Mach ich«, brummte die Freundin und verschwand.

Währenddessen spannte Marie Thomas voll ein. Während ihrer jeweiligen Arbeiten unterhielten sie sich über verschiedene Dinge. Thomas war sehr interessiert an Maries Traum von der eigenen Bar und fragte sie allerhand Sachen dazu. Dann erzählte er von seiner Leidenschaft, dem Wandern.

Nach zwanzig Minuten kam die Reinigungskraft Raquel Dominguez in die Lobby. Wegen ihrer Vorliebe für Goth war sie immer düster geschminkt, und wenn sie nicht die beigefarbene Arbeitskleidung tragen müsste, würde sie – da war Marie sich sicher – auch im Dienst ein schwarzes Outfit wählen. Gerade brachte sie eine Fuhre frisch gewaschene und zusammengerollte Handtücher für den Spa vorbei. Doch sogar die meist schlecht gelaunte und grimmig dreinblickende Raquel hatte ein strahlendes Lächeln für Thomas Bergsteiger übrig. Er grüßte sie überschwänglich und bedankte sich für ihre Mühe.

Marie freute sich. Seine Begeisterungsfähigkeit und gute Laune waren ansteckend – und das war es doch, was man besonders in einem Hotel brauchte. Kopfschüttelnd fragte sie sich, was Cassandra nur gegen den jungen Mann hatte.

Ohne auf eine Anweisung seitens Marie zu warten, griff sich Thomas den Rollwagen und ging damit in den Spa, um dort die Handtücher zu verteilen.

Marie widmete sich aktuellen Hotelanfragen und Buchungen, beantwortete Telefonate und Mails. Die Zeit verstrich, während sie in ihrer Arbeit versank.

»Wo ist Thomas?«, fragte Cassandra, als sie zurück an die Rezeption kam.

Marie sah auf. »Der ist im Spa und verteilt die Handtücher.« Ihr Blick fiel auf die Uhr. »Oh. Seit einer halben Stunde schon.«

Ihre Freundin hob die Brauen. »Ach. Bereits so lange? Hat er sich da verlaufen, oder was?«

Marie runzelte die Stirn. »Ich war so in die Arbeit vertieft, ich habe gar nicht gemerkt, wie die Zeit vergangen ist. Vielleicht hat er sich woanders eine Beschäftigung gesucht.«

Cassandra grunzte. »Wer’s glaubt!«

Nun wandte Marie sich um und legte den Kopf schief. »Jetzt mal ehrlich: Hat er dir etwas getan? Er ist jung und probiert sich gerade aus, Cassandra. Warum kannst du ihn nicht leiden?« Sie sagte es nicht vorwurfsvoll, vielmehr mitfühlend, weil sie nicht verstand, warum ihre sonst so offene und liebenswürdige Freundin dem neuen Kollegen so misstrauisch gegenüber war.

Seufzend ließ Cassandra die Schultern fallen und verlor jegliche Spannung. »Ach, keine Ahnung.« Nachdenklich ließ sie den Blick schweifen. »Es ist nur so ein Gef-«

»Sie kommen!« Panisch stürmte Yolanda in die Lobby. »Sie kommen!«, rief sie. Wenn Marie es nicht besser gewusst hätte, hätte sie angenommen, dass jeden Moment eine Gruppe Barbaren über das Beach Residence & Spa herfallen würde.

Zeitgleich rissen Cassandra und Marie den Kopf hoch und blickten gespannt auf die verglaste Front. Ein schwarzer Van fuhr vor. Der Fahrer sprang heraus, eilte um den Wagen herum und öffnete die Tür.

»Los, los! Geht die Koffer holen!«, zischte Yolanda Pilar zu, einem jüngeren Kollegen, der eigentlich für die Pool- und Gartenpflege verantwortlich war und wahrscheinlich gerade auf dem Weg zu seiner Pause abgefangen wurde.

Draußen stiegen zwei Frauen aus dem Wagen. Eine der beiden schätzte Marie auf Mitte vierzig. Sie hatte langes brünettes Haar, das im Sonnenlicht schimmerte. Es war offensichtlich, dass die Haare frisch gelegt worden waren. Von oben bis unten war sie in teure Markenkleidung gehüllt. Um ihren Hals und ihre Handgelenke baumelte Goldschmuck. Die Hälfte ihres Gesichts war von einer riesigen Sonnenbrille verdeckt. Bei ihr handelte es sich um Anna Biskova, die Besitzerin des gleichnamigen Dessous-Imperiums.

Eine Designertasche schwang an ihrem Arm, während sie gemächlich dem Weg zum Eingang folgte. Marie musste nicht ihr ganzes Gesicht sehen, um zu dem Schluss zu kommen, dass sie von der herrlichen Hotelanlage kein bisschen beeindruckt war. Weder den Garten noch das Hotelgebäude würdigte sie auch nur eines einzigen Blickes.

Die Frau, die ihr folgte, während der arme Pilar ein Arsenal an Taschen aus dem Wagen bugsierte, war jünger. Sie war Mitte zwanzig, trug ihr blondes langes Haar in einer aufwendigen Flechtfrisur, und das Make-up in ihrem hübschen Gesicht wirkte makellos.

Quirlig schwatzend stöckelte sie auf schwindelerregend hohen Schuhen über den Weg und sprach dabei in ihr Handy. Dabei zeigte sie immer wieder ihr Zahnpasta-Lächeln, drehte sich rechts herum, drehte sich links herum, hielt den Garten für ihre Follower in einem Video fest. Die berühmte Influencerin Isabella Nova.

Marie lächelte zufrieden. Genau aus diesem Grund war sie hier. Ganz nebenbei hatte Isabella dann auch Frau Biskova eingeladen, um deren neueste Kollektion hier zu shooten.

»Kriegt sie keinen Drehwurm?«, flüsterte jemand neben Marie.

Sie schrak zusammen. »Christian, du hast mich vielleicht erschreckt! Warum schleichst du dich so an?«

Der pensionierte Kriminalkommissar Christian Munker, der als Dauergast in einer der hoteleigenen Hotel-Residenzen wohnte, lächelte sein knappes Lächeln, das dennoch seine blauen Augen für den Bruchteil einer Sekunde erstrahlen ließ. Wie immer stand er kerzengerade da, beinahe wie ein Soldat, der bereit war, den nächsten Befehl entgegenzunehmen. Mit Skepsis und einer erhobenen Braue beobachtete er das Schauspiel, das Isabella bot, die inzwischen aufgeregt quietschend die Treppen erklomm.

»Das ist Isabella Nova. Eine Influencerin aus Deutschland«, erklärte Marie.

Christian schüttelte irritiert den Kopf. »Was hat Influenza damit zu tun?«

»Der Witz ist alt, Christian«, rief Cassandra gelangweilt.

Christian sah sie ernst an. »Das war kein Witz.«

Die beiden Frauen blickten sich an und prusteten leise los. »›Influencer‹«, sagte Marie überdeutlich, »kommt von dem englischen Verb ›toinfluence‹. Also ›beeinflussen‹. Sie präsentieren sich in den sozialen Medien und machen Werbung für verschiedene Produkte.«

»Verfluchte Anglizismen«, brummte Christian und wischte ein Staubkorn von der Rezeption. »Und das ist ein Hobby, oder wie?«

Cassandra lachte laut auf.

»Eigentlich ist es schon so was wie ein Beruf«, gab Marie zurück und verkniff sich ein Grinsen, weil sie ahnte, wie Christian reagieren würde.

Dieser schnaubte empört. »Damit kann man Geld verdienen?«

»Eine Menge«, fügte Cassandra an.

»Schhh«, zischte Yolanda dazwischen, als die Tür aufschwang und Frau Biskova und Isabella Nova durch die Tür traten.

Anna Biskova nahm sich einen Moment, hielt inne und nahm die Brille vom Gesicht, ehe sie den gelangweilten Blick kritisch durch die Lobby schweifen ließ.

Isabella lief in der Zwischenzeit voran, hielt ihre Kamera hoch und trällerte: »Schaut mal, Leuteee, das Beach Residence & Spa hat eine so schöne Lobby und begrüßt uns mit Champagner!« Sie eilte auf Yolanda zu, die mit stolzgeschwellter Brust dastand und geschmeichelt lachte, während sie das Tablett mit dem Champagner höher hielt.

»Bienvenido! Willkommen im Beach Residence & Spa!«

Nun schob Isabella das Smartphone in ihre Gesäßtasche und nahm die beiden Sektflöten vom Tablett, ehe sie eine Anna Biskova reichte. Diese bedankte sich und blickte noch immer unbeeindruckt drein.

»Danke für die Einladung!«, rief Isabella Nova und lachte vergnügt. »Wir sind schon ganz gespannt, wo Sie uns unterbringen.«

Mit einer Handbewegung deutete Yolanda Pilar, dass er gefälligst die Koffer nach oben bringen sollte. Pilar machte sich stöhnend und ächzend ans Werk. Zeitgleich trat Yolanda vor die beiden Frauen und breitete die Arme aus. »Wir stellen Ihnen beiden natürlich die besten Suiten zur Verfügung. Außerdem dürfen Sie den weitläufigen luxuriösen Spa-Bereich und alle Behandlungen ohne Aufpreis nutzen. Fühlen Sie sich ganz wie zu Hause. Unsere Mitarbeiterinnen werden sich um all Ihre Wünsche kümmern.« Yolanda deutete auf Marie und Cassandra, und die beiden nickten lächelnd.

Anna Biskova erwiderte das Nicken, hatte allerdings nur ein Zucken in ihrem Mundwinkel für sie übrig.

Isabella Nova hingegen gab einen verzückten Laut von sich. »Wunderbar! Ganz wunderbar! Ich mache morgens nach dem Aufstehen gern Yoga im Freien. Ist das hier in privater Atmosphäre möglich? Ich habe auch schon gesehen, dass es auf dem Hotelgelände endlose Möglichkeiten für Fotos gibt. Ganz wunderbar! Ich werde viel Werbung für Ihr Hotel machen, Yolanda.« Mit einem warmen Lächeln ergriff Isabella die Hände der Hotelmanagerin.

Marie konnte deutlich sehen, wie die Augen ihrer Chefin glücklich schimmerten. Wenn Yolanda für eines empfänglich war, dann für Schmeicheleien. Sie kicherte kurz.

»Sí. Es gibt einige private Ecken im Hotelgarten. Da können Sie Ihr Feng-Shui machen«, antwortete Yolanda.

Isabella lachte laut auf und blickte die Hotelmanagerin an, als stünde ein niedliches Kleinkind vor ihr, das etwas Lustiges gesagt hatte. »Sie sind so witzig! Wunderbar!« Isabella wandte sich an Anna Biskova. »Und, Anna? Wie findest du es hier?«

»Schön«, gab Anna zurück und kippte den letzten Schluck Champagner, als wäre es ein Schnaps. »Ich bin müde.« In Cassandras Richtung hielt sie die Hand auf. »Ich würde mich gern in meinem Zimmer hinlegen.«

Hastig zog Cassandra die Schlüsselkarte hervor und legte sie in Anna Biskovas Hand. »Sollen wir Sie begleiten, damit …?«

Mit einer einzigen Handbewegung ließ Anna sie verstummen. »Nicht nötig. Ich finde das schon.« Kurz blickte sie sich um. »Das … Etablissement hier ist ja nicht so groß. Wenn Sie mir noch eine Liste von Orten vorbereiten würden, wo man ungestört Dessous shooten könnte?«

»Natürlich«, gab Cassandra zurück und warf Marie kurz einen entsprechenden Seitenblick zu, nachdem Anna Biskova sich ohne ein Wort des Dankes umgewandt hatte und gelassen in Richtung Aufzüge flanierte.

Huch, dachte Marie, die war ja mehr als kurz angebunden.

»Bis später, Anna, ich hole dich zum Essen ab, ja?«, säuselte Isabella.

Anna reagierte nicht, hob nur die Hand, ohne sich zu verabschieden. Sie erinnerte Marie an die Chefin in Der Teufel trägt Prada.

Isabella lachte, doch Marie konnte in ihrem nicht mehr ganz so leuchtenden Blick sehen, dass sie sich eine andere Reaktion gewünscht hätte. »Sie ist nicht so gesprächig.« Sie krauste die Nase.

Marie lächelte über den Schreck hinweg. War es wirklich so? War Anna Biskova nur ›nicht so gesprächig‹? Oder war sie einer dieser Menschen, die nicht zufriedenzustellen waren? Marie kannte sie nicht. Von Isabellas Assistentin wusste sie nur, dass Anna Biskova die Gründerin eines großen Dessous-Imperiums war. Nun hatte Isabella Nova dieses für eine Kooperation gewinnen können. Das bedeutete, dass sie Werbung für die Kollektionen machte.

Laut Isabella Novas Assistentin hatte die Influencerin die Chance genutzt, um zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Nun machte sie nicht nur Werbung für das Hotel, sondern gleichzeitig auch Kampagnen-Shootings, die Anna Biskova persönlich begleitete.

»Isabella, ich gebe zu, ich bin ein großer Fan und folge dir schon seit Beginn auf Instagram«, platzte Cassandra jetzt heraus und stand nun mit großen Augen da wie ein Kind vor einem Süßwarengeschäft. Dabei war sie sonst so cool und abgeklärt.

»Awww. Wie süß!«, quietschte Isabella und legte den Kopf schief, während sie die linke Hand auf die Stelle über ihrem Herzen legte. »Ein Fan. Wie wunderbar!« Sie krauste die Nase erneut und tätschelte mit ihrer Rechten Cassandras Handrücken. »Seit Anfang an? Etwa schon zu der Zeit, als ich noch brünett war?«

»Aber klar!« Cassandra nickte begeistert.

Isabella quietschte. »Wie wunderbar! Wir sollten mal einen Kaffee zusammen trinken.«

»Ach, das wäre schön.«

»Ja«, sagte Isabella lang gezogen, dann räusperte sie sich und blickte Cassandra mit klimpernden Augenlidern an. »Ich muss mich jetzt auf jeden Fall in meinen Bikini schmeißen. Ich möchte direkt den Spa ausprobieren! Bin noch ganz verspannt von der langen Anreise.«

»Wir zeigen Ihnen Ihr Zimmer, dann können Sie sich im Spa-Bereich umsehen«, warf Marie hastig ein, nahm die Schlüsselkarte und lief um den Tresen herum, gefolgt von Cassandra.

Sie führten Isabella zu ihrer Suite, die Marie inzwischen wie ihre eigene Westentasche kannte. Vor einem Jahr hatte Kiara von Timmenbach dort genächtigt, nachdem sie aufgrund des Todes ihrer Mutter ins Hotel gekommen war. Daraufhin war Malcom Melone hier zu Gast gewesen, ein Schlagerstar, den ein Konkurrent dann am Strand, nicht unweit vom Hotel, erschlagen hatte.

Als Marie die Tür zur Suite öffnete, stellte sie wieder einmal voller Staunen fest, dass sie in dieser eigentlich kurzen Zeit, die sie hier arbeitete, schon so viel erlebt hatte. Verrückt! Blieb zu hoffen, dass dieses Mal nichts Dramatisches geschah. Nicht nur für ihren eigenen Seelenfrieden, sondern auch für den Frieden des Hotels.

»Das ist ja wunderbar!«, rief Isabella und eilte an die Fensterfront, die einem sofort ins Auge sprang, wenn man die Tür öffnete. Die Suite bestand aus einem großzügigen Wohnzimmer mit Essbereich, in das man direkt eintrat. Nach links ging es in das geräumige und luxuriöse Schlafzimmer, das in ein großes Badezimmer mündete. Rechter Hand gelangte man weiter durch in das Wohnzimmer mit einem großen Fernseher und in das Ankleidezimmer.

Isabella klebte beinahe an der Scheibe und bestaunte das glitzernde Meer, das in allen Blautönen schimmerte. Von hier aus konnte man sogar den Strand hinter dem Pinienwald sehen, der sich langsam mit mehr und mehr bunten Strandtüchern und Sonnenschirmen füllte.

Bevor Cassandra und Marie ganz in das Zimmer getreten waren, zückte Isabella auch schon ihr Handy. »Leuteee, ich bin endlich in meiner Suite, und – wow – was soll ich sagen? Es ist alles so wunderbar!« Isabella filmte die Aussicht, dann richtete sie die Kamera auf den Esstisch, das Bücherregal und erwischte auch Cassandra und Marie. Hastig ließ sie die Kamera sinken. »Oh, sorry, Mädels, das stört ein bisschen. Würde es euch etwas ausmachen, wenn ihr –?«

Marie blinzelte irritiert. Sie hatte eigentlich das volle Programm, zu dem Yolanda sie abkommandiert hatte, runterrattern wollen. Das beinhaltete, jeden Raum des Zimmers und jede Annehmlichkeit zu zeigen und zu erklären – inklusive der Geschenke im Schlaf- und Badezimmer. »Oh … äh … klar, kein Problem. Wir gehen dann wieder. Wenn Sie was brauchen, dann –«

»Dann rufe ich an.« Isabella warf ihnen hastig einen Luftkuss zu, dann wirbelte sie herum, sodass ihr Zopf durch die Luft peitschte. »Leuteee, ich bin endlich in meiner Suite. Wow, wow, wow! Schaut euch mal diese Aussicht an! Ist die nicht einfach wunderbar?«

Bevor sie sich umdrehte, waren Marie und Cassandra schon verschwunden.

2.Social Media ist nicht echt

»Ja, weißt du, ich habe sie mir irgendwie lockerer vorgestellt«, erklärte Cassandra auf Maries fragenden Blick hin. »Aber irgendwie wirkt sie so aufgesetzt, und ich dachte immer, dass ihre Storys … authentischer sind.« Marie und sie fanden sich wieder hinter der Rezeption ein und gingen gleich ihrer üblichen Arbeit nach.

»Ist diese Influenza weg?«, fragte Christian, der schon wieder wie aus dem Nichts aufgetaucht war.