Der Mallorca Mord Club - Spuren im Sand - Laura Nieland - E-Book
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Der Mallorca Mord Club - Spuren im Sand E-Book

Laura Nieland

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Beschreibung

Marie kann es kaum erwarten: Malcolm Melone, der neue Star am deutschen Schlagerhimmel, will im Beach Residence & Spa sein aktuelles Musikvideo drehen. Doch eines Morgens ist der Schlagerstar spurlos verschwunden. Gemeinsam mit den anderen Hotelangestellten und dem Produzententeam macht sich Marie auf die Suche und findet seine Leiche am Strand. Offenbar wurde er bei einem romantischen Picknick mit einer Champagnerflasche erschlagen. War es Mord aus Leidenschaft? Oder hat sein ärgster Konkurrent und Schwiegermutter-Schwarm Ricky Rumble seine Finger im Spiel? Marie und Ex-Kommissar Christian können es nicht lassen und mischen sich in die Ermittlungen ein.

Über die Serie: Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es so weit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!

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Inhalt

CoverGrußwort des VerlagsÜber diese FolgeDer Mallorca Mord Club – Die SerieDie ProtagonistenTitelWidmungProlog1. Ein Schlagerstar im Beach Residence & Spa2. Maracuja Dreams3. Ein Schlagerstar ist verschwunden4. Eine Leiche zum Feierabendbier5. Tatwaffe: Champagner6. Pressegeier7. Die Akte »Melone«8. Ermittler wider Willen9. Verrückte Groupies10. Kaffeeklatsch bei Alba11. Rätselleidenschaft12. Ein langersehnter Anruf13. Feierabendflirt14. Eine weitere Spur15. Eine Befragung zum Kaffee16. Der charmante Munker17. Überraschungsbesuch18. Alkohol löst die Zunge19. Hotelzimmer-Ermittlungen20. Schrank-Karate21. Das geheime Zweithandy22. Des Polizisten Freund und Helfer23. Befragung außer Haus24. Gute Presse25. Christians Geist26. Rumble im Beach Residence & Spa27. Ein weiteres gelöstes RätselRezept - Maracuja DreamDanksagungIn der nächsten FolgeÜber die AutorinLeseprobeImpressum

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Über diese Folge

Marie kann es kaum erwarten: Malcolm Melone, der neue Star am deutschen Schlagerhimmel, will im Beach Residence & Spa sein aktuelles Musikvideo drehen. Doch eines Morgens ist der Schlagerstar spurlos verschwunden. Gemeinsam mit den anderen Hotelangestellten und dem Produzententeam macht sich Marie auf die Suche und findet seine Leiche am Strand. Offenbar wurde er bei einem romantischen Picknick mit einer Champagnerflasche erschlagen. War es Mord aus Leidenschaft? Oder hat sein ärgster Konkurrent und Schwiegermutter-Schwarm Ricky Rumble seine Finger im Spiel? Marie und Ex-Kommissar Christian können es nicht lassen und mischen sich in die Ermittlungen ein.

Der Mallorca Mord Club – Die Serie

Traumhafte Strände, malerische Dörfer und belebte Promenaden: Auf Mallorca will sich Marie endlich ihren großen Traum von einer eigenen Bar erfüllen. Bis es soweit ist, arbeitet sie als Rezeptionistin in einem kleinen, exklusiven Wellnesshotel. Doch schon bald muss Marie feststellen, dass hinter der sonnigen Urlaubsidylle der Baleareninsel auch menschliche Abgründe lauern können. Und sie entdeckt eine neue Leidenschaft: das Lösen von Kriminalfällen!

Die Protagonisten

Um ihren Traum von einer eigenen Bar auf Mallorca zu verwirklichen, ist die 30-jährige Marie Holstein nach Mallorca ausgewandert und arbeitet an der Rezeption des Beach Residence and Spa. Sie liebt Strandspaziergänge, Cocktails und das Essen in ihrer neuen Heimat. Mit ihrer lebhaften und freundlichen Art findet sie schnell Anschluss in der Dorfgemeinschaft von Cavís. Doch ein tragischer Todesfall wirft einen Schatten auf den sonnigen Ort und Marie scheint die Einzige zu sein, die nicht an einen Unfall glaubt …

Eigentlich will der 62-jährige pensionierte Mordermittler Christian Munker nur drei Dinge: seine Ruhe haben, seine Routine beibehalten und diesen einen Fall vergessen. Aber was ihn noch mehr nervt als schief angeordnetes Geschirr, sind ungelöste mysteriöse Fälle – und Marie Holstein. Dennoch kann der neurotische Rentner nicht nein sagen, als Marie in um Hilfe bei der Aufklärung des rätselhaften Todes von Gertrud von Timmenbach bittet.

Der 29-jährige Santiago Navarro nimmt seinen Job sehr ernst. Nicht nur, weil ihm seine Karriere bei der Mordkommission der Policía Nacional wichtig ist, sondern auch, weil er Gerechtigkeit will. Doch sein Vorgesetzter steht ihm meist im Weg und bremst ihn aus. Beim Surfen hingegen muss sich Santiago nicht ausbremsen lassen und genießt die Zeit im Wasser und in der Sonne.

Für den neuesten Klatsch und Tratsch ist man bei Alba an der richtigen Adresse. Die sympathische Dame betreibt seit Jahren ihre Boqueria, einen kleinen Supermarkt, an der Promenade von Caví. Ihr Kaffee und ihre Baguettes erfreuen sich großer Beliebtheit.

Cassandra arbeitet ebenfalls im Beach Residence & Spa. Sie hat nicht die deutsche Gründlichkeit inne und geht die Dinge gern entspannt an. Mit ihrer frechen Art versüßt sie Marie oft die Zeit an der Rezeption. Wenn sie nicht arbeitet, entspannt sie sich gerne am Strand oder in einer Bar.

Die 49-jährige Hotelbesitzerin Yolanda Ramirez ist ein Tornado auf zwei Beinen. Wo sie hingeht, entsteht Trubel und Chaos. Besonders wichtig ist ihr der Ruf des Hotels, der so einige Male ins Wanken gerät.

Rubio Alonso ist Kriminalkommissar bei der Policía Nacional. Verbrecher jagen und über mögliche Tathergänge nachzudenken ist ziemlich anstrengend. Deshalb verbringt Rubio seine Zeit lieber in Cafés und Restaurants, wo er sich den Bauch vollschlägt oder seinen Lieblingskräuterlikör Hierbas trinkt – das Ermitteln überlässt er lieber Santiago.

S P U R E N I M S A N D

Für Mama und Papa.Weil ihr Krimis liebt. Weil ihr Mallorca liebt.Weil ich euch liebe.

Prolog

Die Ohrfeige hallte nach. Dabei war Malcom Melone sich nicht sicher, ob sie ihr Echo zwischen den Felsen fand oder nur in seinen Ohren.

Seine Wange brannte, gefolgt von einem weiteren Schmerz, der durch seinen Schädel schoss, als er mit dem Kopf gegen die Felswand prallte.

Malcom kniff die Lider zusammen. Sterne tanzten vor seinen Augen, und Schwindel erfasste ihn. Oder war es eher der Champagner, den er sich einverleibt hatte? Kurz taumelte er vor und zurück. »Eye, was soll der Scheiß?«, rief er wütend, nachdem er sich wieder ein wenig gefangen hatte. Er hatte doch nur diesen schönen Abend genießen wollen!

Fassungslos starrte er die blonde junge Frau an, sein Date.

Sie klaubte hektisch ihre Sachen zusammen. »Ich habe gesagt, ich möchte das nicht«, klagte sie mit ihrer nervtötenden piepsigen Stimme.

Malcom gab eine Tirade von Beleidigungen von sich. »Was denkst du eigentlich, wer du bist? Hast du vergessen, wen du vor dir hast?«, zeterte er hinter ihr her, als sie fluchtartig in Richtung Felstreppe eilte.

Sie wandte sich immer wieder um, als sie die Treppe erklomm, als fürchtete sie, er würde ihr nachkommen. Pah! Malcom Melone lief niemandem hinterher. Die blöde Ziege verschwendete nur seine Zeit.

Verärgert ließ er sich auf die Picknickdecke fallen. Über ihm flatterte der Sonnenschirm im Wind. Malcom stützte seine Arme auf die Knie und verschränkte die Finger ineinander. Seufzend starrte er auf das Meer hinaus. Die Abendsonne glitzerte auf der Wasseroberfläche. Eine Welle nach der anderen rauschte an den Strand.

Als sein Ärger langsam abebbte, spürte er, wie eine warme Flüssigkeit an seinem Nacken hinabrann. Überrascht wischte er über seine Haut.

»Dumme Kuh!«, stieß er hervor, als er auf das Blut in seiner Handfläche starrte. Sie hatte ihn tatsächlich so hart geohrfeigt, dass er rückwärtsgetaumelt und gegen den Fels geprallt war. Nun blutete die Wunde an seinem Hinterkopf. Und das, wo doch das wichtige Shooting für sein Musikvideo anstand. Wie sollte er das nur Michael erklären? Natürlich würde der dann auch noch Fragen stellen.

Malcom stöhnte und fuhr sich mit der sauberen Hand durch das Gesicht. Na, das Date ist ja mal ins Wasser gefallen, dachte er und schüttelte den Kopf.

Dann fiel sein Blick auf den Picknickkorb und die beiden Champagnerflaschen. Die leere Flasche steckte im Sand. Die goldenen Sonnenstrahlen spiegelten sich in dem grünen Glas. Die andere lag eine Armlänge von ihm entfernt im Schatten. Kondenswasser perlte an ihr ab und tropfte auf den pudrigen Sand. Wenn er schon hier war, konnte er sich auch eine weitere Flasche gönnen und den Sonnenuntergang allein genießen.

Er lehnte sich vor und griff nach der Champagnerflasche, als eine Windböe den Schirm herumschwenken und seine Cap über die Decke in Richtung Wasser purzeln ließ. »Hey«, rief er und hechtete nach vorn auf alle viere, um seine Baseball-Kappe aufzuhalten. Sandkörner kitzelten seine Haut. Eine Möwe schrie etwas weiter entfernt.

Malcom klopfte sich den Sand ab und wandte sich um, als seine Gesichtszüge mit einem Mal entgleisten. Über ihm ragte ein Schatten auf. Malcom blinzelte gegen die grellen Sonnenstrahlen an, die über den Felsrand genau in sein Gesicht fielen.

Gerade so konnte Malcom erkennen, dass dieser Jemand die volle Champagnerflasche mit der Faust umschlossen hielt. Ein flaues Gefühl machte sich in seinem Magen breit. Er schluckte, blickte wieder auf. »Hast du was vergessen, Kleines?«

In diesem Moment machte die Person einen Schritt auf ihn zu und hüllte Malcom somit in ihren Schatten. Seine Augen weiteten sich. Das war doch … Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen, aber ehe die Worte über seine Lippen kamen, sah er schon, wie die Champagnerflasche auf ihn niedersauste. Ein scharfer Schmerz, dann hüllte ihn Schwärze ein.

1.Ein Schlagerstar im Beach Residence & Spa

Über Maries Kopf kreischten die Möwen, während sie durch das noch verschlafene Dorf Caví joggte, vorbei an Marcos’ Restaurant und dem Café La Vista, das von Carla und Carlos Herrera geführt wurde.

Die Sonne streckte ihre rötlichen Strahlen durch die Straßen und Gassen, küsste sanft die Berge am Horizont, das Meer und den Strand zu Maries Füßen.

Der Schweiß rann ihr die Stirn hinab. Marie lief an Albas Boqueria vorbei. Die Mallorquinerin war gerade dabei, die Jalousien hochzuziehen, die ihren Laden vor Einbrüchen schützten. Sie hatte Marie noch nicht bemerkt, weshalb sie kurz innehielt, ihrer Freundin dabei zusah und die Hände in die Hüften stemmte. »Wieso heißt dein Supermarkt eigentlich Boqueria?« Das kam ihr in den Sinn, als sie das Schild betrachtete.

Alba zuckte sichtlich zusammen. Sie wirbelte herum und presste sich eine Hand auf das Herz. »Chica, du hast mich erschreckt! Quieres matarme?« Sie lachte schnaufend.

»Ich wollte dich nicht erschrecken. Entschuldige.«

»Schon gut.« Alba lächelte und wischte sich mit dem Handrücken über die Stirn. »Der Name ist an den großen Markt La Boqueria in Barcelona angelehnt. Kennst du den?«

Marie nickte.

»Dort hat man früher Fleischwaren verkauft und man glaubt, dass sich der Name vom spanischen Wort Ziege herleitet. Ganz früher, zu Zeiten meines Urgroßvaters, sah es hier noch ganz anders aus. Nicht wie heute. Es gab nur einzelne kleine Läden. Und mein Urgroßvater hatte eine Fleischerei – an dieser Stelle, wo heute meine Boqueria steht.« Alba grinste. »Es ist ein Andenken an meine Familie.« Sie machte eine ausladende Bewegung mit den Armen.

Marie lächelte. »Sehr interessant! Ich wusste gar nicht, dass der Laden quasi schon so lange im Besitz deiner Familie ist.« Es musste ein schönes Gefühl sein, das Vermächtnis der Familie so lange weiterzuführen.

»Und du, chica?« Alba musterte sie lächelnd. »So früh schon auf den Beinen?« Sie trat an einen Kühlschrank nahe der Tür und reichte Marie eine Flasche eisgekühltes Wasser.

Genau das, was sie jetzt brauchte! Gierig trank Marie den ersten Schluck. »Am Nachmittag wird es zu heiß zum Laufen sein, daher jogge ich heute Morgen zur Arbeit«, sagte sie und rang nach Atem. »Den Cappuccino hole ich mir morgen wieder ab.«

»Versprochen?«

»Versprochen«, antwortete Marie lächelnd, während sie im Rückwärtsgang den Laden verließ und wieder in das gleißende Licht der Morgensonne trat.

»Bueno, adios.«

Marie warf Alba zum Abschied eine Kusshand zu, folgte der Promenade bergab und lauschte dem Rauschen des Meeres. Wie sehr sie dieses Geräusch doch liebte! Der Strand war zu dieser Zeit noch verlassen. Den Weg zur Arbeit an der Promenade und am Strand entlang nutzte Marie zum Auslaufen und Abkühlen. Sie zog die Schuhe aus und tauchte die aufgeheizten Füße in den kühlen pudrigen Sand. Herrlich!

Die Wellen griffen nach ihren Knöcheln, als sie nah am Wasser entlangspazierte. Der Sand und die kleinen Muschelsplitter kitzelten ihre Haut. Nur das Rauschen und Schwappen der Wellen erfüllten die Luft. Gelegentlich hörte sie das Kreischen einer Möwe, die über den blauen wolkenlosen Himmel segelte. Sie musste einen herrlichen Ausblick von da oben haben, dachte Marie.

Dann ließ sie den Blick über das Meer schweifen. Das Licht schimmerte auf der Wasseroberfläche. Das türkisblaue Wasser lud schon jetzt zum Schwimmen ein. Marie konnte die Spuren sehen, die die Wellen auf dem Meeresgrund hinterlassen hatten. Einige Minuten hielt sie inne, schloss die Augen und genoss das Prickeln des Windes auf ihrer erhitzten Haut, das kalte Wasser an den Füßen und das Rauschen des Meeres. Tief atmete sie ein, ganz tief. Das war jetzt ihr Leben. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Dieser Gedanke stimmte sie glücklich.

Ihre Heimat Köln hatte sie für ihren Traum, eine eigene Bar hier auf Mallorca zu eröffnen, verlassen und damit auch ihren Job in einer Marketingagentur an den Nagel gehängt. Maries Eltern waren wenig begeistert gewesen, dass die sonst immer rational denkende, vernünftige Tochter ein solches Risiko auf sich nehmen wollte. Aber Marie hatte die Nase voll gehabt von dem täglichen Marathon im Hamsterrad und dem eher launenhaften deutschen Wetter.

Die Einzige, die sie von Anfang an in ihren Plänen unterstützt hatte, war ihre beste Freundin Ebru gewesen. Die beiden telefonierten regelmäßig miteinander, auch wenn das nicht immer ausreichte, um Maries Sehnsucht, ihre Freundin persönlich zu treffen, zu lindern.

Aber auch hier auf der Insel hatte Marie bereits Freunde gefunden. Ihre Arbeitskollegin Cassandra, Alba und den manchmal etwas grummeligen Christian Munker hatte sie inzwischen ins Herz geschlossen. Auch wenn Marie noch nicht ganz dort angekommen war, wo sie hinwollte, fühlte sie sich in Caví mittlerweile wie zu Hause.

Noch ein paar Minuten schlenderte sie durch den Sand mit Blick auf die Berge, die mit jedem weiteren Sonnenstrahl mehr zum Leben erwachten. Marie folgte dem pudrigen Weg durch den Pinienwald und verließ den Strand. Auch hier herrschte noch Stille. Hier und da war das Rascheln eines kleinen Waldtieres oder das Gurren einer Taube zu hören.

Marie folgte dem Labyrinth aus schmalen Wegen zwischen Büschen und Pinienbäumen, bis sie vor dem Beach Residence & Spa stand, dem Hotel, in dem sie arbeitete.

Mit einem Blick auf die Uhr stellte sie fest, dass sie noch zwanzig Minuten hatte, um sich schnell zu duschen und in ihre Dienstkleidung zu schlüpfen. Also huschte sie durch den exotischen Vorgarten, der herrlich nach den Zitrusbäumen roch, die hier wuchsen, vorbei an dem plätschernden Brunnen und hinein in das klimatisierte Gebäude.

Pünktlich nahm sie wenig später ihren Platz neben Cassandra an der Hotelrezeption ein. Inzwischen schien die Sonne nicht mehr rötlich, sondern mehr golden, warf ihre Strahlen durch die verglaste Front der Lobby und ließ den Marmor glänzen.

Während Marie sich einigen Buchungsanfragen widmete, sortierte ihre Kollegin und Freundin Cassandra irgendwelche Unterlagen. Da der Frühstückssaal noch nicht geöffnet hatte, war die Lobby menschenleer.

Die beiden jungen Frauen genossen die Ruhe bei der Arbeit. Keine Yolanda weit und breit in Sicht. Seit einigen Tagen war die Hotelchefin noch unausstehlicher und anstrengender, als sie ohnehin war, denn das Beach Residence & Spa hatte »hohen Besuch« empfangen.

Malcom Melone, der neue Stern am Schlagerhimmel – so hatte sein Manager Michael Venezia ihn angepriesen –, wollte im Hotel und in der Umgebung ein Musikvideo für seinen neuesten Song drehen.

Yolanda Ramirez war sofort Feuer und Flamme gewesen. Gute Presse für das Hotel – vor allem nach dem tragischen Tod des Hotelgastes Gertrud von Timmenbach –, davon konnte sie nicht genug haben. Die Medaille hatte allerdings eine Kehrseite. Denn Marie, Cassandra und die anderen Angestellten waren seit der Buchung und Anreise des Schlagerstar-Teams tagtäglich herumgescheucht worden. Alles musste perfekt sein. Gestochen scharfe Knifffalten in den Kissen der Lobby-Sofas, keine Flecken auf den Tischchen und kein Staubkörnchen auf dem Boden.

Umso mehr hieß Marie das Stück Normalität willkommen, das sie gerade verspürte, während sie ein kleines Staubkorn vom Tresen pustete.

Um neun Uhr öffneten sich die Pforten des Frühstückssaals. Heute war Malcom Melone mit seinem Team der Erste hier unten. Doch zum Frühstück zog es ihn und seine Entourage an diesem Morgen offenbar nicht. In der Lobby trafen sie auf ein weiteres Team, das mehrere schwarze Koffer, eine Kamera und Mikrofone dabeihatte.

Malcom Melone begrüßte jeden der Neuankömmlinge überschwänglich. Neben seinem Manager Michael Venezia, der immer Wert auf ein professionelles Auftreten und gepflegtes Äußeres zu legen schien, wirkte Malcom Melone wie ein Vierzehnjähriger im Körper eines Mitte Dreißigjährigen. Er trug eine Cappy, Badeshorts im Melonenprint und sein typisches T-Shirt, auf dem Melonen als Brüste angedeutet waren.

Marie war sich sicher, dass sein Stylist Costa Makris in dem großen Koffer noch weitere ähnliche Outfits bereithielt.

In der Lobby brach Trubel aus, während das Team auf den Kleinbus wartete, der sie zum Drehort fahren sollte.

Maries Blick wanderte von der vergnügt plaudernden Gruppe zu Christian Munker, einem Dauer-Hotelgast, mit dem sie sich bei gemeinsamen Ermittlungen zum Todesfall »Gertrud von Timmenbach« angefreundet hatte. Pünktlich wie jeden Morgen wollte der Kriminalkommissar im Ruhestand seinen Weg zum Frühstück antreten. Als er den Trubel wahrnahm, verzog sich seine Miene vor Argwohn.

»Was ist denn hier so früh am Morgen schon los, Marie?« Seine Stimme klang noch belegt vom Schlaf. Sein Gesicht hatte markante Züge. Falten durchzogen Stirn und Wangen. In Christians blauen, tief liegenden Augen lag an diesem Morgen ein leicht empörter Ausdruck. Wahrscheinlich fragte er sich, wer seine heiß geliebte Ruhe und seine Routine heute störte. Christian war ein Freund immer gleicher, vorhersehbarer Abläufe.

»Guten Morgen, Christian! Weißt du denn nicht, dass DER Stern am Schlagerhimmel bei uns residiert und sein neuestes Musikvideo in der Umgebung dreht? Malcom Melone?«

Im Gesicht des älteren Herrn bewegte sich kein einziges Fältchen, während seine halb geöffneten Lider sein Desinteresse unterstrichen. »Aha«, brummte er. »Ich halte nichts von diesem Schlagerzeugs. Es ist plump und stillos.« Er schüttelte sich, als widerte ihn bereits der bloße Gedanke daran an. »Schon allein diese Namen! Und überhaupt: Wieso nennt man sich Malcom Apfelsine?«

»Malcom Melone«, korrigierte Marie und lachte, wobei ihr sehr wohl bewusst war, dass Christian es mit Absicht falsch gesagt hatte.

»Malcom Melone. Pfff!« Er schnaubte und kniff die blauen Augen zusammen. »Was soll das mit den Melonen?«

»Oh … ich habe keine Ahnung.« Aber wenn sie ehrlich war, hatte sie da eine Vermutung. »Welche Musik hörst du denn gern?« Marie lehnte sich mit einem neugierigen Lächeln an den Tresen.

Christian musterte sie kurz, wobei sich für den Bruchteil einer Sekunde sein zerknittertes Gesicht aufhellte. »Aerosmith und Pink Floyd. Die meisten Sachen aus den Siebzigern.«

Marie hob überrascht die Brauen. »Oh. Ich habe damit gerechnet, dass du mehr auf Mozart und Beethoven stehst.«

Christian kniff die Augen zusammen. »Du hältst mich für den Oberspießer, was?« Ein Schmunzeln zuckte auf seinen schmalen Lippen.

Marie lachte. »Manchmal vielleicht. Und dann nur ein bisschen.« Sie berührte ihn versöhnlich an der Schulter.

Ein Lachen der Gruppe schallte durch die Lobby und lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf Malcom, der inmitten seiner Leute stand und stolz ein knalltürkisfarbenes T-Shirt in die Höhe hielt. Auf Brusthöhe prangte ein Schriftzug.

Ich liebe Melonen.

Darunter waren weiße Melonen gezeichnet. Als Malcom dann feixend näher zu seiner Make-up-Artistin Dilara Kaplan trat und ihr das Shirt anhielt, brach erneutes Gelächter aus. Maries Verdacht, was die Skizzen der Melonen andeuten sollten, hatte sich bestätigt.

Dilara lachte nicht. Das Lächeln schien auf ihren Lippen gefroren zu sein. Doch ihre Augen verrieten die Scham und den Ärger darüber, so von Malcom bloßgestellt zu werden.

Der Einzige – außer Marie und Christian –, der ebenfalls nicht damit einverstanden zu sein schien, war Michael Venezia. Auch er stimmte nicht in das Grölen der Männer ein, sondern warf Dilara Kaplan einen verschämten Blick zu, den er aber genauso schnell wieder abwandte.

Abseits der Szene bemerkte Marie einen hageren Mann, der vor einigen Tagen ebenfalls im Hotel eingecheckt hatte. Marie versuchte, sich an seinen Namen zu erinnern, aber er fiel ihr auf Anhieb nicht ein. Was ihr jedoch auffiel, war, dass seine blasse Haut seit gestern feuerrot gefärbt war. Der Mann reckte neugierig den Hals, um einen Blick auf die Gruppe zu erhaschen.

Die Make-up-Artistin hatte sich inzwischen abgewandt, während Malcom sich vom Rest des Teams feiern ließ. Costa tätschelte flüchtig Dilaras Schulter und sagte etwas, woraufhin sie nickte.

Marie sah zu Christian hinüber. Ihr fehlten bei so viel Macho-Getue die Worte.

Anders hingegen Christian. »Überrascht mich gar nicht«, murmelte er. »Degeneriert und sexistisch – das ist Schlager.«

»Wow, welche Laus ist dir denn heute Morgen über die Leber gelaufen, dass du gleich ein ganzes Genre verteufelst?« Marie blickte wieder zu Malcom Melone, der die Aufmerksamkeit sichtlich genoss. »Problematisch und fragwürdig sind doch erst mal nur er und sein Verhalten. Die arme Frau!«

Christian wiegte den Kopf mit den von einigem Grau durchzogenen dunkelbraunen Haaren und nickte dann. »Ich hatte noch keinen Kaffee«, murrte er und strich sich die Hose mit den akkuraten Bügelfalten glatt. »Bevor ich gleich noch zum Mörder werde, gehe ich besser frühstücken.«

»Guten Appetit«, wünschte Marie schmunzelnd. Am liebsten hätte sie ihn jetzt in den Frühstückssaal begleitet und noch ein wenig mit ihm geplaudert. Tatsächlich war die Arbeit an der Rezeption manches Mal der unerfreulichste Part ihres Jobs. Oft wurde sie Zeugin von Streitereien oder einem Verhalten von Gästen, das sie in ihrem Privatleben nie akzeptieren würde. Doch als Rezeptionsangestellte musste sie dennoch gute Miene zum bösen Spiel machen und stets höflich bleiben.

Umso erleichterter war sie, als endlich der Taxi-Bus vorfuhr. Das Kamerateam verstaute seine Sachen, und die Gruppe samt Malcom und Manager verschwand nach und nach im Kleinbus.

2.Maracuja Dreams

»Endlich haben wir’s geschafft«, seufzte Cassandra, während sie ihre Tasche schulterte. Sie löste den Zopf und ließ ihre blonde Lockenpracht über die Schultern fallen. Mit einem genüsslichen Lächeln auf den Lippen massierte sie sich die Kopfhaut. »Manchmal bekomme ich Kopfschmerzen, wenn ich den ganzen Tag diesen Zopf trage.« Sie lachte, und ihr breiter Mund entblößte gerade weiße Zähne.

Es war später Dienstagnachmittag, die Sonne stand bereits etwas tiefer, aber die Hitze flirrte nach wie vor in der Luft um sie herum. Das Zirpen der Grillen schwoll um diese Tageszeit noch einmal mehr an, zumindest kam es Marie immer so vor.

Sie band sich das blonde Haar in einem lässigen Knoten am Oberkopf zusammen, um ihrer Haut an Nacken und Hals etwas Abkühlung zu verschaffen. »Da hast du recht. Dieser Malcom Melone hat so viel Wirbel um seine Person vonseiten Yolanda gar nicht verdient. Dass sie das nicht selbst sieht …« Sie schritten Seite an Seite durch das schmiedeeiserne Tor des Hotels nach draußen.

»Allerdings«, pflichtete Cassandra Marie bei. Sie blieben vor Maries Roller stehen, der noch seit dem Vortag hier parkte. »Was hast du jetzt noch vor?«

Marie öffnete das Fach unter dem Sitz und reichte der Freundin den Zweithelm. Wenn sie gemeinsam ihre Schicht beendeten, nahm sie sie oft mit. »Ich werde erst mal einkaufen gehen und mir etwas Leckeres kochen. Und danach wollte ich noch zum Strand.«

Dabei fiel Maries Blick auf eine Frau, die an ihnen vorbeilief. Normalerweise waren die Leute, die am Hotel vorbeikamen, aber nicht darin residierten, mit Wanderschuhen und Sportdress bekleidet. Doch die Unbekannte trug ein weißes Kleid, das ihrer Figur schmeichelte, und Riemchensandalen. In ihrer Armbeuge baumelte ein Picknickkorb.

Maries Augen folgten ihr kurz, als ihr auffiel, dass sich Malcom Melone aus dem Schatten an der Mauer des Hotels löste. Die beiden begrüßten sich mit zwei Wangenküssen und strahlten einander an, ehe Malcom der zurückhaltend wirkenden Blondine den Weg in Richtung Wanderwege deutete.

»Was?« Cassandra stemmte eine Hand in die Hüfte. »Marie Holstein, sag mir nicht, dass du nach Mallorca gekommen bist, um nach der Arbeit einkaufen zu gehen und selbst zu kochen.« Die letzten Worte hatte Cassandra mit verstellter Stimme betont affektiert ausgesprochen, was Marie unwillkürlich zum Lachen brachte.

Sie nahm ihren Helm auf. »Warum denn nicht? Was gibt es daran auszusetzen? Und was machst du? Luxusartikel shoppen und fein dinieren?« Sie zog den Helm über ihren Kopf.

»Ich gehe jetzt zu der Sundowner-Party auf einer Jacht. Und zwar mit dir.« Cassandra zeigte mit dem Finger auf sie.

Marie klappte der Mund auf, was ihre Freundin nicht mehr sehen konnte, denn das Visier des Mopedhelms verdeckte ihre Mundpartie. »Wie bist du denn an so eine feudale Einladung gekommen?«

Cassandra hob die Schultern. »Connections.« Sie kicherte und klopfte dann auf die Sitzfläche vor sich. »Hopp, hopp.«

Marie stieg auf und startete den Roller. Kurz sah sie Malcom Melone und seiner hübschen Begleitung nach, die an der Weggabelung nach rechts abbogen und dann aus ihrem Blickfeld verschwanden, als sie dem abschüssigen Gelände weiter folgten.

Cassandra hatte nicht zu viel versprochen. Nachdem sie einen kurzen Zwischenstopp bei ihren Wohnungen eingelegt hatten, um sich jede ein luftiges Strandkleid mit Blumenprint und einen Bikini anzuziehen, waren sie weiter nach Cala Rajada gefahren.

Auf der Promenade, die um den Hafen verlief, war bereits viel los. Die Restaurants waren mit gut gelaunten Urlaubern gefüllt, Geschirr klapperte, und verschiedene Gespräche und Lachen vermischten sich mit den sanften Chill-out-Klängen, die aus den Bars nach draußen drangen.

Im Hafenbecken wiegte sich eine kleine Jacht sanft auf den Wellen. Auf Deck hatten sich bereits mehrere Frauen und Männer eingefunden. Ihr Lachen übertönte beinahe das Geräusch des Wassers, das rhythmisch gegen den Steg und die Boote schwappte.

Marie folgte Cassandra, die sich über die Holzstege selbstbewusst einen Weg zur Jacht bahnte. Auf Deck wurde sie von einem jungen Mann in weißem Hemd, beiger Leinenhose und mit Sonnenbrille begrüßt.

»Cassandra, wie schön, dass du hier bist!«, rief er, reichte ihr die Hand und hauchte ihr einen Kuss auf die Wangen. Dann blickte er über den Rand seiner Sonnenbrille hinweg auf Marie. »Und nette Begleitung hast du auch mitgebracht – wie schön!« Er gab Marie die Hand. »Ich bin Valentin. Willkommen auf meiner bescheidenen Jacht!« Er zog sie auf das Boot, hauchte ihr ebenfalls rechts und links Luftküsse auf die Wangen und drückte ihr dann ein Glas Champagner in die Rechte.

»Danke, dass ich hier sein darf«, erwiderte Marie, wobei sie mit großen Augen die »bescheidene« Jacht begutachtete. Sie verfügte über ein überdachtes Cockpit, in dem sich auch eine kleine Küche befand. Nach vorn war das gepflegte Boot mit weichen Polstern ausgelegt, damit man sich dort sonnen konnte.

Noch bevor sie alles verarbeiten konnte, hatte Cassandra sie untergehakt, um sie den anderen Leuten an Bord vorzustellen.

»Dann kann es ja losgehen«, rief Valentin und bedeutete seinem Kapitän, dass sie vollzählig waren.

Mit einem dumpfen Röhren setzte sich die Jacht langsam in Bewegung. Während sie den Hafen verließen und aufs offene Meer hinausschaukelten, stellte Marie fest, dass eine bunt gemischte Truppe an Bord war.

Vom einsamen Backpacker aus Frankreich, den Valentin, wie er fröhlich berichtete, vor einigen Wochen in einer Bar kennengelernt hatte, über die Fashion-Influencerin Sabine zu dem spanischen Friseur Ronaldo, der die Truppe mit seinen amüsanten High-Society-Storys unterhielt.

Doch keiner von ihnen wirkte abgehoben. Jeder schien sich für jeden zu interessieren, und Marie fühlte sich nach nur wenigen Minuten willkommen und angenommen.

Vor einer menschenleeren Bucht warfen sie den Anker. Die Sonne brannte inzwischen golden über den Bergen. Noch immer war es heiß, sodass Marie und Cassandra aus ihren Strandkleidern schlüpften und gemeinsam mit Valentin in das kristallklare Wasser sprangen, um sich abzukühlen.

Musik dröhnte aus den Lautsprechern und vermischte sich mit dem Lachen der anderen auf der Jacht.

Marie ließ sich ein wenig treiben, genoss das Gefühl, wie die Wellen sie trugen, als wäre sie schwerelos, lauschte dem sanften Plätschern. Tief atmete sie die salzige Luft ein und aus. Auch wenn es nun schon früher Abend war und die Sonne viel tiefer stand als am Nachmittag, waren ihre Strahlen noch warm und prickelten angenehmen auf Maries Haut.

Gemeinsam mit Cassandra und Valentin schwamm sie einige Runden um das Boot, ehe sie wieder an Bord gingen. Marie und Cassandra trockneten sich mit bereitliegenden watteweichen Frotteetüchern ab und ließen sich auf den Polstern am Bug nieder.

Ein Kribbeln erfasste Marie. Sie blickte von den glitzernden Wasserperlen auf ihrer gebräunten Haut über die Reling auf das Meer, auf dem das Boot leicht schaukelte. Das goldene Licht reflektierte auf den sanften Wellen, und der Horizont schien unendlich zu sein. Es roch nach Sonnencreme, Meer und von der Sonne gewärmten Felsen. Cassandra hatte recht behalten. Den Feierabend auf einem Boot in einer Bucht ausklingen zu lassen war die beste aller Möglichkeiten.

Bald widmeten sie sich den Getränken.

»Valentin, ich liebe Champagner, aber ich würde gerade alles für einen erfrischenden Cocktail tun«, rief Sabine und hielt demonstrativ ihr leeres Glas in die Höhe.

Valentin rubbelte sich noch das braune Haar mit dem Handtuch trocken. »Wir haben jede Menge Zeugs auf dem Schiff, doch ich hab niemanden angeheuert, der es mir mixt.«

»Ich könnte einige Cocktails mixen«, bot Marie an, ohne zu zögern.

Alle Köpfe drehten sich zu ihr. »Das würdest du tun?«

»Klar«, meinte Marie und ließ sich von Valentin die beengte Jacht-Küche zeigen. Dort machte sie sich gleich ans Werk.