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Zarlengas umfassende Geschichte des Mythos vom Geld - vom Tauschhandel bis hin zur europäischen Währungsunion - vermag Wissenschaftler, Fachleute und Laien gleichermaßen zu faszinieren. Dies ist die kritische Geschichte des Geldes und der Währungen. Die oft überraschenden Thesen Zarlengas belegen, dass die säkulare Macht in einer Gemeinschaft vor allem von ihrem Geld- und Bankensystem ausgeübt wird - und nicht, wie wir anzunehmen gewillt sind, von Regierungen und Volksvertretern.
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Seitenzahl: 772
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Stephen Zarlenga
DER MYTHOS VOM
GELD
DIE GESCHICHTE DER MACHT
Vom Tauschhandel zum Euro: eine Geschichte des Geldes und der Währungen
Aus dem Amerikanischen von
Meiner Mutter Lauretta und meinem Vater Dino
Alle Rechte vorbehalten
Nachdruck in jeder Form sowie die Wiedergabe durch Fernsehen, Rundfunk, Film, Bild- und Tonträger, die Speicherung und Verbreitung in elektronischen Medien oder Benutzung für Vorträge, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung des Verlags
E-Book 2014 der 2., verbesserten Auflage 2008
© 1998/1999 by Stephen Zarlenga
© der deutschsprachigen Ausgabe 1998/2008 by Conzett Verlag, Zürich
ISBN 978–3-03760–035-1
www.conzettverlag.ch
eBook-Herstellung und Auslieferung:
Inhaltsverzeichnis
Einführung
1. Kapitel
Die Ursprünge des Geldwesens
Der Ursprung des Geldes im Warenhandel
Der Ursprung des Geldes in der Gesellschaft
Der Ursprung des Geldes in der Religion
Gold wird zum Zahlungsmittel
Die griechischen Stadtstaaten führen die Münzprägung ein
Lykurgs numerisches System in Sparta
Solons Reform
Aristoteles’ »Nomisma«
2. Kapitel
Roms Bronzegeld: besser als Gold
Roms Bronzegeld
Der Niedergang des römischen Geldsystems
Östliche Kulte infiltrieren Rom
Übernahme durch die Cäsaren
Die Zerstörung des römischen Ethos
Der kaiserliche Goldstandard stärkt die finanzielle Macht des Ostens
Edelmetalle fließen in den Osten ab
Die Währungskrisen im späten dritten Jahrhundert
Das Imperium verlagert sich nach Osten
3. Kapitel
Der Untergang Roms aus monetärer Sicht
Erste Regel: Das »heilige« Vorrecht der Goldmünzenprägung
Zweite Regel: Die unterschiedlichen Gold-Silber-Wertverhältnisse in Ost- und Westrom
Der Untergang des Römischen Reiches bleibt eine der größten Fragen der Geschichte
Eine monetäre Sicht des Untergangs von Rom
Der moslemische Angriff auf das »monetäre Rückgrat« des Reiches
4. Kapitel
Die Wiedereinführung von Geld im Westen
Die Wiederbelebung des Münzsystems im Norden durch Karl den Großen: ein »trügerisches Licht«
Sonnenaufgang über dem Mittelmeer: Der Aufstieg von Venedig
Venedigs Geldsysteme
Venedig führt vorsichtig Nominalgeld ein
Die venezianischen Imprestidi: eine Form der Staatsfinanzierung
5. Kapitel
Die Kreuzzüge beenden den monetären Würgegriff von Byzanz
Der erste Kreuzzug
Der Aufstieg der Templer
Der vierte Kreuzzug nach Konstantinopel
Die monetäre Bedeutung des vierten Kreuzzuges
Die finanziellen Neuerungen der Templer
6. Kapitel
Der Kampf um die monetäre Vorherrschaft in der Renaissance
Die Handelsmessen
Die Münzstätten der Könige
Die mittelalterlichen Geldverleiher
Privatbanken
Staatseigene Banken
Die große Entdeckung: Banken schöpfen Geld
Die Fugger
Die Welser, Hochstetter und Tucher
Brügge: die treibende Kraft im Norden
Die Hanse
7. Kapitel
Scholastiker und Reformatoren
Die scholastische Sicht von Geld und Preis
Das Wucherverbot
Das Wucherverbot wird in Frage gestellt
Keine Vergebung für Wucherer
Martin Luther
Johannes Calvin
Wirtschaftliche und geistige Auswirkungen des Calvinismus
8. Kapitel
Das Jahr 1500 – Dreh- und Angelpunkt der Geschichte
Machtverschiebungen vom Mittelmeer zur Nordsee
Die Plünderung Amerikas
Die Renaissance des Nordens
Die Kaproute verändert die Handelsbeziehungen
9. Kapitel
Der Aufstieg des Kapitalismus in Amsterdam
Die Bank von Amsterdam
Die Juden Amsterdams
Die Börse von Amsterdam
Die Vernachlässigung des Handels durch die Holländer
Holland finanziert England
10. Kapitel
Der Transfer des Kapitalismus nach England
Englands monetärer Hintergrund
Der Kampf um die Kontrolle des englischen Geldsystems
Die religiöse Unterminierung der Monarchie
Die Wiederzulassung der Juden in England
Die Unterminierung der Monarchie über das Geldsystem
Das Papiergeld-Experiment Karls II
Der Free Coinage Act von 1666
11. Kapitel
Die Bank of England wird ausgeheckt
Die Lehre vom Geld wird wiederentdeckt – und missbraucht
Die Gründung der Bank wird in aller Stille vorangetrieben
Der Widerstand gegen die Bank regt sich
Ricardo greift die Geldschöpfungsmacht der Bank an
Der Missbrauch der Lehre vom Geld
Der South Sea Bubble
12. Kapitel
Die Nationalökonomen: die Priesterschaft der Bankentheologie
Ökonomen als Propagandisten
Die Verachtung für geschichtliche Forschung wächst
Der Mythos Adam Smith
Zutreffendere Geldtheorien vor und nach Adam Smith
Die Ergreifung der gesellschaftlichen Geldmacht
Zinsberechnung auf privat geschöpftem Geld
Geldmenge und Inflation – wieviel Geld ist notwendig?
Weshalb konnte sich Adam Smith’ Auffassung durchsetzen?
Bankiers setzen Smith’ monetäre Ansichten gegen England ein
13. Kapitel
These versus Antithese: Synthese
England in Schwierigkeiten – die sichtbaren Auswirkungen des Wuchers
Religiös motivierte Menschen engagieren sich
Sogar Ökonomen stellen sich gegen die Bank of England
Der Wucher in der Defensive
Die mathematische Unmöglichkeit des langfristigen Wuchers
Die monetären Reformen von 1844
Marx und Engels formulieren die Antithese
Die Synthese aus Smith und Marx
14. Kapitel
Die Kolonialwährungen der USA
Die Urwährungen der »Moundbuilder«-Kulturen
Die monetäre Not in den Kolonien
Die credit bills von Massachusetts – das erste Papiergeld im Westen
Pennsylvanias überlegenes Geldsystem
Der Angriff der Lords of Trade and Plantations auf das Kolonialgeld
Der Currency Act von 1764
Die monetäre Ursache der amerikanischen Revolution
Die Continental currency – der Lebensnerv der Revolution
Der insgesamt bemerkenswerte Erfolg der Continental currency
15. Kapitel
Die Geldmacht gegen die Verfassung der Vereinigten Staaten
Frühe Versuche einer widerrechtlichen Übernahme der Geldmacht
Die Verfassung von 1787
Die Frage nach dem Wesen des Geldes
To emit bills of credit
Die First Bank of the United States ergreift die Geldmacht
Die erste Geldausgabe der Vereinigten Staaten
Die üblen Machenschaften der Second Bank of the United States
16. Kapitel
Ein Vergleich zwischen der staatlichen und der privaten Geldemission der Vereinigten Staaten
Die Erfahrungen der USA mit staatlich emittiertem Geld
Die Erfahrungen der USA mit privat emittiertem Geld
Die Funktionsweise des free banking
Gouges Darstellung des frühen Bankwesens
Maßnahmen gegen die privaten Staatsbanken
Die Free-banking-Gesetze der Bundesstaaten von 1836
17. Kapitel
Greenbacks – echtes amerikanisches Geld
Amerika vor dem Sezessionskrieg
Die Einführung des greenback
Die Entwicklung des greenback und der Preise
Das Papiergeldsystem der Konföderation scheitert
Der National Banking Act von 1863/64
Der Kampf um die greenbacks
Die Verteidiger des greenback
18. Kapitel
Die monetären Verbrechen des 19. Jahrhunderts – die großen Demonetisierungen
Warum Bankiers an einer Deflation gelegen ist
Probleme des Bimetallismus
Die Lateinische Münzunion
Die Hälfte des Münzgelds der Welt wird vernichtet
Die erste Attacke: die Greenback-Anleihen
Die zweite Attacke: Versuche zur Abschaffung der greenbacks
Die dritte Attacke: die »heimliche« Demonetisierung des Silbers
Die Vereinigten Staaten remonetisieren das Silber
19. Kapitel
Der Triumph der Bankiers – die Einrichtung des Federal Reserve System
Die volksnahen Parteien – von den Bankiers in die Tasche gesteckt
Verebbender Kampf um den greenback
Der Currency Act von 1900
Das Aufkommen gesellschaftlich verträglicher Lösungen des Geldproblems
Die Panik von 1907
Das Federal Reserve System – eine heimlich etablierte private Zentralbank
Parallelen zur Gründung der Bank of England
Die uralten Techniken monetärer Herrschaft
20. Kapitel
Das Federal Reserve System ruiniert Amerika
Das Federal Reserve System startet gerade rechtzeitig
Das Federal Reserve System destabilisiert das amerikanische Geldsystem
Die Bank of England diktiert die amerikanische Geldpolitik in den zwanziger Jahren
Wie es zum Börsenkrach kam
Der Börsenkrach
Die große Depression – eine drastische Verringerung der Geldmenge
Von Hoover zu Roosevelt – ein markanter Regierungswechsel
Die Bankenreform von 1933 bis 1935
Die Finanzierung des Zweiten Weltkrieges
Versuche, das moralische Ansehen des Kapitalismus wiederherzustellen
Die anglikanische Kirche zieht der Bank of England die Giftzähne
21. Kapitel
Ein Plädoyer für eine vierte Staatsgewalt
Die Fehldiagnose der monetären Probleme Amerikas
Abschaffung des Systems der begrenzten Reservehaltung und die Einführung einer Deckungspflicht von 100 %
Die Geldausgabe muss eine staatliche Aufgabe sein
Im Angesicht des Bösen
Hindernisse bei der Umsetzung monetärer Reformen in den Vereinigten Staaten
22. Kapitel
Die deutsche Hyperinflation von 1923 unter einer privaten Zentralbank
Die Entstehung Deutschlands
Der Versailler Vertrag
Die monetäre Zerstörung Deutschlands
Die Ursache der Inflation: erste »Erklärung«
Die wahren Gründe für die Inflation
Schachts Enthüllung
Die Spekulanten versuchen wieder ihr Glück
Hitler ist von Feders monetären Ansichten angetan
Die Errichtung der Deutschen Bundesbank als einer staatlichen Zentralbank
Die Europäische Währungsunion stellt Deutschland vor neue Herausforderungen
23. Kapitel
Internationale Währungssysteme
Das Problem des internationalen Zahlungsverkehrs
Der internationale Goldstandard
Die Gründung der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ)
Der Internationale Währungsfonds (IWF)
Drei Vorschläge zur Verwirklichung internationaler Währungsstabilität
Geldschöpfungsbefugnisse des IWF
Die Weltbankgruppe
Die Internationale Finanz-Korporation (IFC)
Die Internationale Entwicklungsorganisation (IDA)
Monetäre Entwicklungen im Islam – ein Wiederaufleben der Scholastik
24. Kapitel
Die Europäische Währungsunion
Der Aufbau der Europäischen Währungsunion
Die Inhaber der EZB
Berichte und Überprüfung
Konvergenzkriterien
Methoden der Geldschöpfung
Das Problem der begrenzten Reservehaltung in der Europäischen Währungsunion
Soll neues Geld auf Außenhandelsüberschüssen basieren?
Die Gelddefinition ist die Aufgabe des Europäischen Währungsinstituts
Es gibt keine Alternativen zur EWU
Institutionalisierung eines Prüfungsverfahrens
Zusammenfassung
Quellennachweise
Einführung
Die Historiker werden nur dann wertvolle Dienste leisten, wenn sie die Kernfrage der Geschichte beantworten können: Was ist Macht?
Leo Tolstoi
Das Bedürfnis nach Wissen über monetäre Zusammenhänge wächst
Kurz vor Anbruch des dritten nachchristlichen Jahrtausends führen uns mehrere weltumspannende Entwicklungen die Notwendigkeit vor Augen, unseren Blick für monetäre Begriffe zu schärfen. Die Bildung der Europäischen Gemeinschaft stellt eine der bedeutendsten geopolitischen Entwicklungen in der Geschichte Europas der vergangenen Jahrhunderte dar. In ihrer Tragweite mit der ursprünglichen Gründung der Vereinigten Staaten von Amerika vergleichbar, wird sie das Weltgeschehen wohl bis weit in die Zukunft hinein beeinflussen.
Diese neue politische Wirklichkeit besteht zu einem Großteil aus der Verschmelzung der nationalen europäischen Währungen zu einer einheitlichen Währung, dem Euro. Mit der allmählichen Vollendung dieser Reform wächst die Skepsis vieler Europäer gegenüber monetären Entwicklungen, die sich auf ihre wirtschaftliche Zukunft auswirken werden.
Die enorme Bedeutung monetärer Macht
Obwohl man im allgemeinen lieber die politischen und wirtschaftlichen Aspekte der Europäischen Union diskutiert, zeigt die Geschichte, dass der monetäre Bereich für die Gestaltung der Europäischen Gemeinschaft von größerer, wenn nicht sogar von entscheidender Bedeutung ist.
Die Macht in einer Gesellschaft wird überwiegend von ihrem Geld- und Bankensystem ausgeübt. Während die Wahlen von Ministerpräsidenten und Volksvertretern im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen, werden die wirklich wesentlichen gesellschaftlichen Fragen – etwa ob allgemeine wirtschaftliche Gerechtigkeit herrscht oder ob einzelne Gruppen besondere Privilegien erhalten – oft leise hinter den Kulissen entschieden, und zwar mittels der Strukturen des monetären Systems einer Gesellschaft.
Diese monetären Beschlüsse werden sich sehr unmittelbar auf das tägliche Leben der EU-Bürger auswirken, unmittelbarer als die Beschlüsse des Europäischen Parlaments, des Ministerrats oder des Europäischen Gerichtshofs. Durch monetäre Beschlüsse wird festgelegt, auf welche Art und Weise Geld in der Gemeinschaft verfügbar gemacht wird, was wiederum den Grad der Beschäftigung bzw. der Arbeitslosigkeit, die Höhe der Einkommen, Investitionen, Zinssätze und viele weitere Faktoren bestimmt.
Mit einem Wort, die monetären Institutionen werden in der Lage sein, der Europäischen Gemeinschaft entweder großen Nutzen zu bringen oder aber Schaden zuzufügen, je nach ihrer Struktur und Umsetzung. Das Bewusstsein der Bürger für diesen Sachverhalt kann die Struktur und die Führung dieser Institutionen beeinflussen. Da das langfristige Arbeiten einer Institution häufig von ihrer Anfangsentwicklung bestimmt wird, sollte dieses Bewusstsein die Europäische Währungsunion im Idealfall bereits in ihrer Aufbauphase mitgestalten und beeinflussen. Doch selbst wenn sich dieses monetäre Bewusstsein erst allmählich herausbilden sollte, kann es seine Wirkung immer noch zu einem späteren Zeitpunkt entfalten, falls die Währungsunion ins Stocken geraten und eine Reform ihrer Strukturen erforderlich werden sollte.
In diesem Buch wird die These aufgestellt, dass die Ausübung der monetären Macht das Hauptmotiv gesellschaftlicher Auseinandersetzungen ist und dass diese Macht durch undurchsichtige oder gar falsche Theorien über das Wesen des Geldes ausgeübt wird. Eine falsche Definition des Geldbegriffs hat häufig dazu geführt, dass bestimmte Gruppen oder Personen die Macht über das Geldwesen einer Gesellschaft und damit auch über die Gesellschaft selbst ausüben konnten. Anhand einer historischen Beschreibung dieser monetären Machtausübung sollen diese Geldbegriffe klar erläutert und in ihrer Bedeutung offengelegt werden. Damit kann hoffentlich ein Beitrag zur Entmystifizierung des Geldes geleistet werden.
Das Haupthindernis: die Mystifizierung des Geldes
Gerade weil monetäre Systeme sich so hervorragend zur Ausübung von Macht eignen, schützen diejenigen, die diese Systeme beherrschen, in der Regel ihre daraus resultierenden Privilegien durch Verhüllung und Verfälschung monetärer Begriffe. Durch diese Tatsache wird das Verständnis von Geld erheblich erschwert.
Diese seit Jahrhunderten angewandte Begriffsvernebelung hat zum Verlust zahlreicher grundlegender Kenntnisse der Geldlehre geführt, so wie etwa auch verschiedene Künste und Wissenschaften im »finsteren Mittelalter« verlorengingen.
Die Geschichte des Geldes ist unbekannt
Die Mystifizierung des Geldes war vor allem wegen der von den Ökonomen hauptsächlich angewandten Untersuchungsmethode so erfolgreich. Von Adam Smith bis zur Wiener Schule der Nationalökonomie wurde zu viel Wert auf theoretisches Denken und logisches Argumentieren statt auf direkte Beobachtung gelegt. Außerdem wurden moralische Erwägungen aus den Theorien möglichst herausgehalten. So schrieb vor etwa einem Jahrhundert der berühmte Geldhistoriker Alexander Del Mar: »Politische Ökonomen machen sich in der Regel nicht die Mühe, die Geschichte des Geldes zu erforschen, ist es doch viel einfacher, sie sich vorzustellen und dann aus diesem imaginären Wissen Prinzipien abzuleiten.«1
Diese abwertende Haltung der empirischen Forschung gegenüber prägt auch das einflussreiche Standardwerk der Wiener Schule, Ludwig von Mises Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel (1912), wie etwa das folgende Zitat zeigt: »Die einfache Umschreibung der volkswirtschaftlichen Funktion des Geldes, dass es ein den Austausch von Gütern und Dienstleistungen vermittelndes Verkehrsgut sei, konnte all jene nicht befriedigen, welche in der Wissenschaft nicht so sehr die Tiefe der Erkenntnis als die Fülle von Material suchen. MancherForscher meinte, dass der hervorragenden Stellung des Geldes im Wirtschaftsleben nicht genügend Rechnung getragen sei, wenn man ihm lediglich die Tauschmittelfunktion zuerkenne, und glaubte erst durch Aufzählung eines halben Dutzend weiterer ›Funktionen‹ die Bedeutung des Geldes voll gewürdigt zu haben. Eine recht naive Auffassung: […]«2
Diese Methode ist für die Mathematik, nicht aber für die Ökonomie sinnvoll. Von Mises greift sogar die geschichtliche Forschung an, indem er von einem ihrer Vertreter sagt, er sei der Auffassung gewesen, man könne das Nachdenken über wirtschaftliche Probleme durch Veröffentlichung historischer Dokumente ersetzen. Überhaupt geht von Mises mit den Kritikern seiner monetären Ansichten nicht zimperlich um. So schadete er dem Ruf des berühmten Wissenschaftlers, Erfinders und amerikanischen Revolutionsführers Benjamin Franklin, indem er ihn postum beschuldigte, sich nur deshalb für Papiergeld eingesetzt zu haben, weil er Drucker war und daher vom neuen Papiergeld profitiert habe.
Das Wissen über die Geschichte des Geldes ist von entscheidender Bedeutung, da die Auswirkungen eines monetären Systems manchmal erst nach Generationen sichtbar werden. Indem manche Ökonomen über historische Studien hinwegsehen oder sie sogar ins Lächerliche ziehen, bringen sie sich selbst um den Beitrag der Geschichte zu ihrer wissenschaftlichen Arbeit und damit auch um den Nutzen, der daraus zu ziehen wäre. Nicht zufällig entstanden die meisten Leittheorien dieser Schulen als denkerische Konstruktionen, bevor ihre Stärken und Schwächen sich an der Wirklichkeit bewähren mussten.
Monetäres Denken wurde zensiert
Die Suche nach den Ursprüngen des Geldes wird weiter dadurch erschwert, dass die Geschichte des Geldes stark zensiert wurde. So lesen wir beispielsweise in der Athener Verfassung, wie damals der Müll gesammelt wurde, suchen aber vergeblich nach Informationen über das staatliche Münzsystem. So erfährt man nichts über den für das Finanzwesen verantworlichen »Minister«3, und über Solons Einführung eines Münzsystems in Attika gibt es keine Aufzeichnungen.4 Solons Geldreformen lassen sich deshalb nicht vollständig rekonstruieren. Die Geschichte des römischen Geldwesens ist zwar besser, aber keineswegs vollständig dokumentiert.
Monetäre Daten werden oft falsch interpretiert
Ein weiteres Hindernis besteht darin, dass Historiker des 19. und 20. Jahrhunderts dazu neigen, Adam Smith’ monetäre Theorien auf ihre Arbeit anzuwenden und die überlieferten monetären Daten falsch zu bewerten. Ökonomen gehen oft noch einen Schritt weiter: Widersprechen die aufgezeichneten Fakten ihren bevorzugten Theorien, bestreiten sie diese nicht selten mit Äußerungen wie der folgenden: »Wir wissen, dass dies nicht richtig sein kann.«
Das Ziel dieses Buches
Ziel dieses Buches ist es, einen kleinen Beitrag zur Klarstellung der monetären Begriffe zu leisten und das Potential für eine erfolgreiche Verwirklichung der Europäischen Währungsunion zu maximieren. Ein erster Schwerpunkt der in diesem Buch angewandten Methode liegt auf der Darstellung bedeutender Prinzipien der Geldlehre, wie sie sich aus historischen Beispielen ableiten lassen. In einem zweiten Schritt soll untersucht werden, inwieweit diese Prinzipien in die Pläne einer Europäischen Währungsunion einfließen können.
Da meine persönliche Wiederentdeckung dieser Prinzipien auf einer Untersuchung monetärer Daten in der Geschichte beruht, ist auch dieses Buch geschichtlich aufgebaut. Meine Aufgabe ist es, Ihnen zu zeigen, dass die Geschichte des Geldes weder trocken noch langweilig ist, denn sie ist die Geschichte der Macht!
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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