Der Psalter - Ludwig Harms - E-Book

Der Psalter E-Book

Ludwig Harms

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Beschreibung

Georg Ludwig Detlef Theodor Harms (1808-1865) war ein deutscher lutherischer Pastor, der den Spitznamen "Erwecker der Heide" trug. Er gehörte zu den bedeutendsten christlichen Predigern des 19. Jahrhunderts und machte das kleine Dorf Hermannsburg in der Lüneburger Heide zum wichtigsten Zentrum der Erweckungsbewegung in Niedersachsen. In diesem Werk betrachtet Harms den Psalter und dessen Bedeutung.

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Der Psalter

 

LUDWIG HARMS

 

 

 

 

 

 

 

Der Psalter, L. Harms

Jazzybee Verlag Jürgen Beck

86450 Altenmünster, Loschberg 9

Deutschland

 

ISBN: 9783849663445

 

Der Originaltext dieses Werkes entstammt dem Online-Repositorium www.glaubensstimme.de, die diesen und weitere gemeinfreie Texte der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. Wir danken den Machern für diese Arbeit und die Erlaubnis, diese Texte frei zu nutzen. Diese Ausgabe folgt den Originaltexten und der jeweils bei Erscheinen gültigen Rechtschreibung und wurde nicht überarbeitet.

 

Cover Design: 27310 Oudenaarde Sint-Walburgakerk 82 von Paul M.R. Maeyaert - 2011 - PMR Maeyaert, Belgium - CC BY-SA.

https://www.europeana.eu/item/2058612/PMRMaeyaert_26e5a0b367ed2a0f0538537312dbf536e67cf268

 

www.jazzybee-verlag.de

[email protected]

 

 

INHALT:

Der 1 Psalm.1

Der 2. Psalm.5

Der 3. Psalm.9

Der 4. Psalm.13

Der 5. Psalm.17

Der 6. Psalm.20

Der 7. Psalm.24

Der 8. Psalm.28

Der 9. Psalm.32

Der 10. Psalm... 36

Der 11. Psalm.40

Der 12. Psalm.44

Der 13. Psalm.47

Der 14. Psalm... 50

Der 15. Psalm... 54

Der 16. Psalm... 59

Der 17. Psalm.63

Der 18. Psalm.67

Der 19. Psalm.75

Der 20. Psalm.80

Der 21. Psalm.83

Der 22. Psalm.87

Der 23. Psalm.94

Der 24. Psalm.97

Der 27. Psalm.101

Der 28. Psalm.106

Der 29. Psalm.110

Der 30. Psalm.112

Der 31. Psalm.116

Der 32. Psalm.126

Der 33. Psalm.131

Der 34. Psalm.138

Der 35. Psalm.146

Der 36. Psalm.153

Der 37. Psalm.157

Der 38. Psalm.171

Der 39. Psalm.178

Der 40. Psalm.182

Der 41. Psalm.185

Der 42 Psalm.189

Der 43. Psalm.192

Der 44. Psalm.197

Der 45. Psalm.204

Der 46. Psalm.211

Der 47. Psalm.215

Der 48. Psalm.218

Der 49. Psalm.222

Der 50. Psalm.228

Der 51. Psalm.233

Der 52. Psalm.242

Der 53. Psalm.246

Der 54. Psalm.249

Der 55. Psalm.252

Der 56. Psalm.256

Der 57. Psalm.260

Der 58. Psalm.263

Der 59. Psalm.267

Der 60. Psalm.271

Der 61. Psalm.274

Der 62. Psalm.277

Der 63. Psalm.280

Der 65. Psalm.283

Der 82. Psalm.291

Der 90. Psalm.293

Der 92. Psalm.297

Der 103. Psalm.300

Der 111. Psalm.304

Der 135. Psalm.309

Der 139. Psalm.311

Der 145. Psalm.314

Der 1 Psalm.

Wir wollen heute mit Gottes Hülfe anfangen, den Psalter nacheinander durchzunehmen. Er enthält Gebete, meistens vom Könige David verfaßt. Doch sind auch einige Psalme darunter, die andere Männer zum Verfasser haben, z. B. Mose, Salomo, Assaph, Hemann, Ethan, die Kinder Korah u. s. w. Indessen heißt es doch mit Recht „die Psalmen Davids“, weil es insonderheit Gebete sind des Mannes, der von Gott selbst genannt wird: „ein Mann nach dem Herzen Gottes“. Der Psalter ist eins der wichtigsten Bücher in der ganzen Bibel, und darum geht es ihm, wie es so oft im Leben geht, wo das Wichtigste gering geschätzt und zurück gesetzt wird. Man findet viele Leute in der Christenheit, die den Psalter nicht einmal ordentlich durchgelesen, geschweige denn durchgebetet haben. Was ist das aber anders, als Geringschätzung? Der Psalter ist darum so wichtig, weil uns darin nicht die Werke, sondern die Worte der Heiligen aufbewahrt sind, und zwar die Worte, welche sie im Betkämmerlein zu Gott gesprochen haben, so daß man einen Blick thut in die Herzen der Heiligen, was bei ihren Werken nicht gut möglich ist. Liesest du die Werke der Heiligen, so kannst du daraus nie auf ihr Herz schließen. Wolltest du es doch thun, du würdest dich oft irren bei der maßlosen Heuchelei der Menschen. Aber die Worte, die von den Heiligen und zwar im Betkämmerlein zu Gott dem Herrn gesprochen werden, die zeugen von dem, was in ihrem Herzen ist. Auch führen uns die Psalmen in die einzelnen Zustände hinein, die sich bei den Menschen vorfinden. Da sind Lob- und Dankpsalmen, Buß- und Klagepsalmen, Lehrpsalmen und Psalmen im höhern Chor. Und bei alle dem reißen diese Psalmen, wenn man sie nicht nur lieset mit dem Munde, sondern wirklich betet, so das Herz mit sich fort, daß durch nichts so sehr das Herz der Gläubigen mit Gott vereinigt wird, als durch sie. In den Lobepsalmen steigen wir gleichsam mit dem Herrn in den Himmel, in den Bußpsalmen steigen wir mit dem Herrn in die Hölle; und was es giebt an Lust und Leid, Furcht und Sorge, Angst und Pein, das ist alles in dem Psalter geschrieben, so daß wir sagen können: ein jeder findet seinen Zustand darin, es giebt nichts im innerlichen Leben eines Christen, wofür der Psalter keinen Ausdruck hätte. Darum ist auch der Psalter von jeher das Lieblingsbuch der Christen gewesen, und zwar in solchem Maße, daß wohl kein Tag hingeht, da der Christ nicht einen Psalm betet, und die hauptsächlichsten sind nicht nur in das Herz, sondern auch in den Kopf geschrieben. Ist der Psalter auch dein Lieblingsbuch, oder liesest du nicht viel darin? steht er in deinem Gedächtniß, oder hast du dir noch niemals Mühe zum Auswendiglernen desselben gegeben? - Und dazu weiset kein Buch im Alten Testament so kräftig auf Christum, als der Psalter. Die klarsten Weissagungen von Christi Leiden und Sterben, Auferstehung und Himmelfahrt stehen in den Psalmen, so daß man nöthigenfalls die ganze Leidens- und Herrlichkeitsgeschichte Christi daraus nachweisen könnte, wenn wir auch kein Evangelium hätten.

Wir wollen nun heute mit dem ersten Psalm den Anfang machen. Da heißt es zuerst: Wohl dem, der nicht wandelt im Rath der Gottlosen, noch tritt auf den Weg der Sünder, noch sitzet, da die Spötter sitzen; sondern hat Lust zum Gesetze des Herrn, und redet von Seinem Gesetze Tag und Nacht. In diesen beiden Versen wird uns beschrieben der wahre, aufrichtig fromme Christ, er steht da vor uns, wie er leibt und lebt und wird geschildert nach seinen beiden Seiten: 1. was er nicht ist und 2. was er ist; beides ist wichtig und kann nicht genug beherzigt werden. Es gehört für das Leben des wahren Christen ein Nein und ein Ja: ein Nein gegen alles gottlose Wesen und ein Ja für alles Gute und Himmlische, und beides muß von den Christen auf das Entschiedenste geltend gemacht werden. Das Nein des Christen besteht darin: Er wandelt nicht im Rathe der Gottlosen, er tritt nicht auf den Weg der Sünder, er sitzt nicht, da die Spötter sitzen; und bei diesem Nein bleibt er mit solcher unerschütterlicher Entschiedenheit, daß er keinen Schritt davon weicht und wankt. Die Weltkinder, die nichts mit Gott zu schaffen haben, werden in drei Stufen unterschieden: schlimm sind die Gottlosen, schlimmer sind die Sünder und die schlimmsten sind die Spötter; und mit allen diesen Leuten hat der wahre Christ nicht das allergeringste zu thun. Die Gottlosen, was sind das für Leute? Meint ihr, die Bibel verstehe nur darunter die Mörder, Diebe, Hurer, Ehebrecher u. s. w., so irrt ihr sehr. Die gehören auch dazu, aber nicht minder die weisen und tugendhaften und ehrbaren Leute vor der Welt, wie Luther sagt, die wie sie meinen, keinen Gott und Heiland nöthig haben. Zum heiligen Abendmahl gehen diese Leute nur selten oder nie, weil sie keine Vergebung der Sünden brauchen, in der Bibel lesen sie nicht, da sie den Weg zur Seligkeit nicht wissen wollen und zur Kirche kommen sie nicht, weil da die Sünde gestraft wird. So sind sie also Abendmahls-, Bibel- und Kirchenverächter, sonst aber die ehrbarsten und tugendhaftesten Leute von der Welt. Mit diesen Gottlosen hat der wahre Christ nichts zu thun, er meidet sie, denn er kann nicht in den Rath derer gehen, die Abendmahl, Bibel und Predigt verachten. Kommt es auch bei ihnen nicht so weit, daß sie über Abendmahl, Bibel und Predigt spotten, so bezeichnet sie doch genugsam die Verachtung der Gnadenmittel als Gottlose, und mit denen kann man keine Gemeinschaft haben. Ich frage euch, meine Lieben, meidet ihr die, die Predigt, Abendmahl und Bibel verachten? habt ihr keinen Umgang mit ihnen? tretet ihr nicht in ihren Rath? ist euch das das Gräßlichste, daß ein Mensch verachtet, was ihm und euch zur Seligkeit dienen soll und was euch das Liebste und Theuerste ist? Die Sünder, das sind die schlimmeren. Aber merket euch, es ist vom Gottlosen bis zum Sünder nur ein kleiner Schritt; denn wenn ich erst die Gnadenmittel verachte, warum sollte ich mich dann noch vor der Sünde scheuen? Da der Gottlose sich nicht um Gott und Gottes Wort, um Seligkeit und Verdammniß kümmert, warum sollte er die Sünde lassen und hassen? da die Sünde so angenehm ist für das Fleisch, warum sollte er sie nicht thun? Trotz der äußerlichen Ehrbarkeit kann er der Sünde heimlich dienen, und aus diesem heimlichen Sündendienst wird bald ein öffentlicher. So ist nur ein Schritt zwischen dem Gottlosen und dem Sünder. Nun hat aber ein frommer Christ eben so wenig was zu thun mit einem Sünder, als mit einem Gottlosen, er enthält sich jeder Gemeinschaft mit ihnen. So gewiß wie ich selig bin in der Nachfolge Gottes, in der Gemeinschaft der Gläubigen, eben so gewiß bin ich unselig in der Gemeinschaft mit Sündern; denn wer Pech angreift, besudelt sich, und solche Sünder sind schwärzer als Pech. Bei der Welt ist es nicht so, bei den halben Christen auch nicht, die verkehren mit jedermann. Ja, du kannst die halben Christen mit anerkannt groben Sündern in einer Stube und an einem Tische sitzen sehen. Bei der Welt gehört weiter nichts zum Umgange, als daß einer einen blanken Rock anhat, daß er Bildung besitzt und einen Diener machen kann. Ob er ein Gottloser, Hurer, Ehebrecher, Dieb ist, das ist Nebensache, wenn er nur Bildung und Geld hat, dann ist es gut. Ein wahrer Christ aber hat Abscheu vor jedem Menschen, der in öffentlichen Sünden und Schanden lebt. Die schlimmsten unter den Weltkindern sind die Spötter. Aber wiederum zwischen dem Sünder und dem Spötter ist auch nur ein Schritt. Der Mensch hat ein Gewissen, und wenn er sündigt, schlägt dies verletzte Gewissen. Meint ihr nicht, daß dem Hurer und Ehebrecher, dessen Sünden in der Kirche durch die Predigt gestraft werden, fein Gewissen anfängt zu schlagen? Was thut er nun? Da er sich nicht bekehren will, so fängt er an zu spotten. Woher kommt also der Spott? Aus einem gestochenen Gewissen; und alle Spötter haben ein solches. Wer erst ein Spötter ist, der ist nicht nur dem Teufel ähnlich, sondern ist selbst ein Teufel. Der Christ kann mit keinem Gottlosen und Sünder Umgang haben, aber auch eben so wenig mit einem Spötter. Mit den Gottlosen und Sündern kann er nicht umgehen, weil sie halbe Teufel sind und mit den Spöttern nicht, weil sie ganze Teufel sind. Dazu merkt euch noch folgende Worte des ersten Verses: wandeln, treten, sitzen. Beim Wandeln ist man noch in Bewegung, man geht an den Gottlosen vorüber; beim Treten bleibt man schon bei den Sündern stehn und sieht zu; beim Sitzen setzt man sich zu den Spöttern und hat Gefallen an ihrem Spott. Also, gehe nicht vorüber an den Gottlosen, denn da fliegen die giftigen Pfeile des Bösewichts in dein Herz; stehe nicht still bei den Sündern, sonst möchten sich diese giftigen Pfeile fest setzen in deinem Herzen; setze dich nicht hin bei den Spöttern, sonst möchten sie dich ganz gefangen nehmen und in die Hölle stürzen. Denkt an das Beispiel des Petrus. Zuerst geht er nur am Kohlenfeuer vorüber, dann bleibt er stehn und wärmt sich und endlich setzt er sich dahin, wo die Spötter sitzen, wird selbst ein Spötter und verleugnet den Herrn Jesum. Ihr habt das Nein eines wahren Christen vernommen, nun hört auch das Ja, was sich bei ihm findet. Unser Psalm spricht das aus mit den Worten: Er hat Lust zum Gesetze des Herrn und redet von Seinem Gesetze Tag und Nacht, d. h. er sinnt darüber nach. Das Kennzeichen eines wahren Christen ist die innige, herzliche Lust an des Herrn Wort; diese Lust treibt ihn, dasselbe täglich zu lesen. So wenig wie sein Körper das frische Wasser entbehren kann, eben so wenig kann seine Seele das Wort Gottes entbehren. Er liest nicht in der Bibel aus Zwang, sondern aus Lust, nicht weil er muß, sondern weil er seine Freude daran hat. Und wie das Lesen des Wortes Gottes seine Lust ist, so ist es nicht minder das Hören. Er kann es kaum abwarten, bis der liebe Sonntag kommt, und in der Woche versäumt er auch ohne Noth keine Predigt. Davon ist nun die Folge, daß sein Mund überfließt von dem, was in seinem Herzen ist. Wie des Weltkindes Mund überfließt von Sünden und Schanden, so fließt des Christen Mund über von dem Worte des Herrn, das ihm süßer ist als Honig und Honigseim, köstlicher als Gold und viel feines Gold. Er schämt sich dieses Wortes nicht, wo er ist, einerlei ob bei Frommen oder Gottlosen, bei Reichen oder Armen. Man kann es ihm bald anmerken, daß er ein wahrer Christ ist. Welchen Segen hat denn ein Christ davon, der Psalm hat doch zu Anfang gesagt: Wohl dem u. s. w.? Hört wie es weiter heißt im dritten Verse: Der ist wie ein Baum, gepflanzet an den Wasserbächen, der seine Frucht bringet zu seiner Zeit, und seine Blätter verwelken nicht, und was er macht, das geräth wohl. Das ist der Segen des Frommen. Er ist wie ein Baum, gepflanzt an den Wasserbächen, ihm fehlt nie die Nahrung, er streckt die Wurzeln in das Wasser und zieht die Nahrung daraus hervor und dann bringt er seine Frucht. Er ist nicht wie ein Baum, der die angesetzten Früchte wieder abfallen läßt, weil es ihm an Nahrung fehlt, sondern er hat immer frischen Saft, darum fallen nicht mal seine Blätter ab. Es muß ein solcher, der seine Wurzeln in das himmlische Wasser stecken und daraus Nahrung saugen kann, ein gesegneter Mensch sein. Wenn ich mit meinem inwendigen Menschen in Gottes Wort und in Gott selbst stehe, so muß mir gelingen, was ich mit Gott thue. Der Fromme streckt sich durch Gebet und Gottes Wort in Gottes Herz und darum ist er ein gesegneter Mann. Es giebt viele Menschen, die ihre Werke klug und pfiffig anfangen, und wenn sie dann ein schlechtes Ende nehmen, so sagen sie wohl, mir will auch nichts gelingen. Weißt du, warum nicht? Weil sie ihre Werke nicht mit Gott anfangen, weil ihre Kraft nicht im Herzen Gottes liegt, darum kann es nicht gerathen. Ein wahrer Christ kann von seinem Werke sagen: Es ist Gottes Werk und nicht das meine, darin liegt der Grund des Gedeihens. Fragt einmal, wenn ihr sehet, daß ein Mensch ein besonderes Werkzeug des Herrn ist, wenn ihr sehet, daß einer in seiner Schwachheit große Dinge ausrichtet und ihm alles wohl geräth, z. B. Dr. Luther, wie ist das möglich gewesen? so ist die Antwort: weil er mit seinem innersten Wesen in Gott wurzelt. Luther konnte sagen: es ist nicht meine Sache, die ich treibe, sondern Deine Sache, lieber Herr. Und wenn er scheinbar verlassen war von Allen, dann wurde das Größeste von Gott durch ihn ausgerichtet. Bei solchen Leuten findet sich aber auch, weil sie in Gott gewurzelt sind, ein großer Muth und eine große Freudigkeit. Daher kommt das Gedeihen, weil sie sich Alles von Gott geben lassen. Das sind die Frommen. Nun wird uns das Bild der Gottlosen vorgestellt. Aber so sind die Gottlosen nicht; sondern wie Spreu, die der Wind verstreut. So gesegnet wie die Frommen sind die Gottlosen nicht. Sie haben nichts mit Gott zu thun, wie könnten sie denn Bäume sein an Wasserbächen gepflanzt! Sie sind nicht in Gott gewurzelt, darum sind sie wie Spreu, die der Wind verweht. Die Frommen aber sind ewig, sie nehmen kein Ende, die Gottlosen sind wie Spreu, die sich bald verliert. Wenn das Werk des Gottlosen auch gut anfängt und fortgeht, es scheint doch nur so, bald aber wird es stocken und zu Nichte werden. Wie die Pilze aus der Erde schießen, so wachsen die Gottlosen empor, aber weil sie keine Wurzel haben, so vergehen beide bald. Aber nicht nur darum vergehen sie bald, weil sie keinen Halt und Grund haben, sondern Gott haßt sie auch. Darum bleiben die Gottlosen nicht im Gericht, noch die Sünder in der Gemeine der Gerechten. Es heißt von allen Gottlosen: du bist gewogen und zu leicht gefunden, verflucht sind die Werke deiner Hände. Er wird verdammt, darum bleibt er nicht in der Gemeine der Gerechten. Der Herr sagt zu ihm: Gehe weg von Mir, du Verfluchter, in das ewige Feuer, während Er zu dem Frommen sagt: Komm her zu Mir, du Gesegneter des Herrn. Ja, der Herr kennt den Weg der Gerechten, aber der Gottlosen Weg vergeht. Der Herr kennt, leitet und fördert den Gerechten, darum geht sein Weg in den Himmel; aber des Gottlosen Weg vergeht und führt in die Hölle, weil der Herr ihn nicht segnet. Das Ende des Frommen ist, daß sein Weg bleibt und in das ewige Leben führt; das Ende des Gottlosen ist, daß sein Weg vergeht und in die ewige Verdammniß führt. Amen.

Der 2. Psalm.

Dieser Psalm enthält eine Weissagung von Christo, von Seinem Reiche und von Seinen Feinden, wie die Ueberschrift sagt. Es heißt da zu Anfang: Warum toben die Heiden, und die Leute reden so vergeblich? Die Könige im Lande lehnen sich auf, und die Herren rathschlagen miteinander wider den Herrn und Seinen Gesalbten: Lasset uns zerreißen Ihre Bande und von uns werfen Ihre Seile. In diesen Worten werden die Feinde unsers Herrn und Heilandes Jesu Christi geschildert. Wo finden wir sie? Allenthalben. Sie sind unter den Heiden und unter den Leuten, d. h. unter Heiden und Juden. Aus Verachtung und Haß gegen die umwohnenden Völker hatten die Juden für sie nur den Namen Heiden, d. h. Hunde, sich aber nannten sie Leute, d. h. Menschen. Nun sagt David: der Herr hat Seine Feinde nicht nur unter den Heiden, sondern auch unter den Juden, nicht nur unter den Verachteten und Geringen, sondern auch unter den Hohen und Geehrten, denn auch die Könige im Lande lehnen sich auf und die Herren rathschlagen mit einander wider den Herrn und Seinen Gesalbten. So sind Juden und Heiden, Vornehme und Geringe, wenn sie sich nicht bekehrt haben, Feinde des Herrn. Da gilt immer das alte Lied: kreuzige, kreuzige Ihn! wir wollen nicht, daß Dieser über uns herrsche! Was wollen sie denn? Das wird uns im dritten Verse gesagt: Lasset uns zerreißen Ihre Bande und von uns werfen Ihre Seile. Der Gehorsam gegen Gott und Gottes Wort ist ihnen ein unerträglicher Strick, der Glaube an den gnädigen und barmherzigen Gott ist ihnen eine greuliche Kette, darum wollen sie diese Bande und Kette von sich werfen. So ist es gewesen von alten Zeiten her, so ist es heute noch und so wird es sein , so lange die Erde steht. Nur wenige werden sich bekehren, und das sind die Freunde des Herrn; alle andern, die sich nicht bekehrt haben, sind ein großes Heer Seiner Feinde und die rufen: wir wollen nicht, daß dieser über uns herrsche! Das stimmt genau überein mit dem, was der Herr im Evangelio gesagt hat, z.B.: Fürchte dich nicht, du kleine Heerde, denn es ist deines Vaters Wohlgefallen, dir das Reich zu geben; oder: Die Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zur Verdammniß abführt, und ihrer sind Viele, die darauf wandeln. Und die Pforte ist eng und der Weg ist schmal, der zum Leben führt und ihrer sind Wenige, die ihn finden. Ja, meine Lieben, sehet hinaus in die Welt, ob es nicht so ist. Allenthalben toben die Völker, allenthalben lehnen sich die Könige auf, allenthalben rathschlagen die Herren wider den Herrn und Seinen Gesalbten. Woher kommt das? Der Herr Jesus will sie ja selig machen, will sie ja in den Himmel bringen aus lauter Gnade und Barmherzigkeit, warum toben sie gegen diesen Herrn? Bloß aus dem Grunde, weil der Herr dem Fleische keinen Raum läßt, weil Er es nicht erlaubt, der Sünde zu dienen; das ist der innerliche Grund der Feindschaft. Ja wenn man so recht seine Lust büßen könnte, wenn man thun könnte, was dem Fleische gefällt und dabei doch selig werden, dann wollten sich wohl Alle bekehren. Aber das Fleisch kreuzigen, sammt den Lüsten und Begierden, das gefällt den Leuten nicht, mit Jesu leiden und sterben, das wollen sie nicht. Nur das kleine Häuflein der Gläubigen lebt mit Jesu, leidet mit Jesu, stirbt mit Jesu und geht mit Jesu ein in die ewige Seligkeit. Sehen wir es jetzt nicht allenthalben an dem, was unser ganzes Land bewegt, daß die Menschen Jesu Herrschaft und Regiment nicht anerkennen wollen? Da ist der wunderschöne neue Katechismus, das ist Gottes Katechismus, denn er enthält die reine lutherische Lehre, dem Worte Gottes gemäß; und siehe, alles sitzt zu Haufe wider diesen Katechismus, Könige und Unterthanen rathschlagen mit einander darüber, wie sie ihn aus dem Wege räumen wollen, und der Pöbel ruft laut: wir wollen diesen Katechismus nicht! Das ist die Feindschaft der Satanskinder gegen den Herrn Jesum und Sein Reich. So ist es nicht bloß bei dieser Gelegenheit, so ist es immer, wenn Gottes Wort eine Macht gewinnt: der Teufel tobt in denen, die sich nicht bekehren wollen gegen die, die sich bekehrt haben. So sind von jeher Hannas und Kaiphas, Herodes und Pilatus als Feinde des Herrn Jesu erfunden, und der vornehme und geringe Pöbel haben immer gemeinschaftliche Sache gemacht, wenn es gilt gegen den Herrn und Seinen Gesalbten. Wenn es heißt: Jesus ist König, zu Ihm müßt ihr euch bekehren, dann schreit der vornehme und geringe Pöbel, die Juden und Heiden, einerlei ob getaufte oder ungetaufte: weg mit diesem, wir wollen Ihn nicht. Ist irgend etwas ein Wunder, so ist es das, daß die Kirche des Herrn noch besteht, trotz aller Feindschaft gegen dieselbe; und fragen wir: warum sie noch besteht, warum sie noch nicht vernichtet ist, so antwortet der Psalm: Aber der im Himmel wohnt, lacht ihrer, und der Herr spottet ihrer. Er wird einst mit ihnen reden in Seinem Zorn, und mit Seinem Grimm wird Er sie schrecken. Bestände die Kirche des Herrn bloß aus den sichtbaren Gliedern, die Fürsten und der Pöbel hätten sie schon lange ausgerottet. Aber die Gläubigen sind nicht allein in der Kirche, sondern der Herr selbst, der Eckstein und Grundstein Seiner Kirche ist mit darin, und der lacht und spottet Seiner Feinde, daher kommt es, daß nichts die Kirche überwältigen kann. Er macht alle Rebellerei der Feinde fruchtlos und zu Schanden. Aber dabei bleibt es nicht, Er wird mit ihnen reden in Seinem Zorn, und in Seinem Grimm wird Er sie schrecken. Nicht die Kirche werden die Feinde des Herrn vernichten, sondern der Herr wird die Feinde Seiner Kirche verderben.

Nachdem uns solches gesagt ist, wird uns nun der Grund angegeben, warum die Kirche, die auf Christum gegründet ist, nicht überwältigt werden kann, Gott der Vater sagt: Ich habe Meinen König eingesetzt auf Meinem heiligen Berge Zion; und Gott der Sohn antwortet: Ich will von einer solchen Weise predigen, daß der Herr zu Mir gesagt hat: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeugt. Heische von Mir, so will Ich Dir die Heiden zum Erbe geben und der Welt Ende zum Eigenthum. Du sollst sie mit einem eisernen Szepter zerschlagen, wie Töpfe sollst Du sie zerschmeißen. Das ist der Grund, warum die Kirche nicht untergehen kann. Gott der Vater ist der allmächtige Gott und der spricht: Aber Ich habe Meinen König eingesetzt auf Meinem heiligen Berge Zion. Der heilige Berg Zion ist die Kirche des Herrn; und diese Meine Kirche, spricht Gott der Vater, habe Ich Meinem Könige untergeben. Wenn nun Gott in Seiner Kirche Seinen König eingesetzt hat und dieser König selbst Gott ist, kann da die Kirche, deren Herr dieser König ist, wohl untergehen? Nein, sondern sie wird über alle ihre Feinde den Sieg gewinnen. Daß der Sohn aber selbst wahrer Gott ist, wird mit den Worten bezeugt: Ich will von einer solchen Weise predigen, daß der Herr zu Mir gesagt hat: Du bist Mein Sohn, heute habe Ich Dich gezeuget. Er ist von Ewigkeit her aus dem göttlichen Wesen hervorgegangen, darum heißt es: Heute habe Ich Dich gezeuget. Das ist ein ewiges Heute, eine ewige Zeugung, denn vor Gott giebt es weder Vergangenheit noch Zukunft, es ist bei Ihm immer Heute. Aus Gottes ewigem Wesen ist der Sohn hervorgegangen, diesen Seinen einigen Sohn hat der Vater als König eingesetzt auf Seinem heiligen Berge Zion, - und diese Kirche, darin Gott König ist, sollte untergehen können? Nein, nimmermehr; laß die Heiden toben, Gott der Herr ist bei ihr darinnen, darum wird sie wohl bleiben und kann nicht untergehn. Doch das nicht bloß, sie soll sich auch ausbreiten und die Herrschaft bis an die Enden der Erde erlangen. Sie soll nicht nur die Feinde bekämpfen und besiegen, indem sie dieselben vernichtet, sondern auch in der Weise, daß sie aus Feinden Freunde werden, denn der Vater sagt zu Seinem eingebornen liebsten Sohne: Heische von Mir, so will Ich Dir die Heiden zum Erbe geben und der Welt Ende zum Eigenthum; Du sollst sie mit einem eisernen Scepter zerschlagen, wie Töpfe sollst Du sie zerschmeißen. Damit begnügt sich der Herr nicht, Seine Kirche zu beschützen, das ist Ihm viel zu wenig, daß die Heiden sie nicht ausrotten, sondern Er heischt von Seinem Vater die ganze Welt zum Erbe und Eigenthum. Wenn nun der Sohn den Vater bittet um die ganze Welt als Erbe und Eigenthum, so antwortet Ihm der Vater: Du sollst sie mit einem eisernen Scepter zerschlagen, wie Töpfe sollst Du sie zerschmeißen. Aber wo bleibt denn Jesu Freundlichkeit und Liebe, Gnade und Erbarmung? ist hier nicht von Seinem Zorn und Grimm die Rede? Höre, über die Feinde wird Er in Seinem Zorn und Grimm herrschen, die wird Er vernichten, weil sie sich Ihm widersetzen, gegen die gebraucht Er Sein Scepter und zerschlägt sie wie Töpfe. Aber bei denen, die Sein Erbe und Eigenthum werden wollen, braucht Er Sein eisernes Scepter nicht, die regiert Er mit dem Stabe Sanft. Wo Jesu Regiment offenbar wird durch Wort und Sakrament, da bekehren sich etliche und die sind selig in Jesu, und die meisten bekehren sich nicht, die wird Er dann als Töpfe zerschmeißen, die gehn ewig verloren. Daran knüpft sich nun die Ermahnung: So laßt euch nun weisen ihr Könige, und laßt euch züchtigen, ihr Richter auf Erden. Dienet dem Herrn mit Furcht, und freuet euch mit Zittern. Küsset den Sohn, daß Er nicht zürne, und ihr umkommet auf dem Wege; denn Sein Zorn wird bald anbrennen. Aber wohl Allen, die auf Ihn trauen. Also ihr Menschen alle, ihr seid Könige oder Unterthanen, vornehm oder gering, darauf kommt es nicht an, nur auf Eins kommt es an, ob ihr Feinde oder Freunde des Herrn Jesu seid. Seid ihr Feinde, so bekehrt euch, küsset den Sohn, und das thut ihr, wenn ihr an Ihn glaubt, dann ists aber auch mit der knechtischen Furcht vor Ihm vorbei. Aber küsset ihr Ihn nicht, dient ihr Ihm nicht, so merket: Sein Zorn wird bald anbrennen und euch verderben. Küsset den Sohn, denn nur durch den Sohn geht es zum Vater, nur durch den Sohn geht es in den Himmel; denn es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen zur Seligkeit gegeben, als allein der hochgelobte Name Jesus Christus. Darum sind das auch so blutarme Leute, die Jesum von sich stoßen, die sich nicht bekehren wollen. Meine Lieben, ich bitte euch, küsset ihr doch wenigstens den Sohn, beugt vor Ihm eure Kniee, daß Er euch gnädig und barmherzig sei und schenke euch Vergebung der Sünden, Leben und Seligkeit. Seid ihr schon Seine Freunde, so bleibet Ihm treu in Freud und Leid, im Leben und im Sterben und euch, Seinen treuen Freunden und Kindern, wird Er einst die Krone der Ehren aus Gnaden schenken. Amen.

Der 3. Psalm.

An dem ersten Verse wird uns die traurige Veranlassung erzählt, die David zum Beten dieses Psalms getrieben hat. Er mußte fliehen vor feinem Sohne Absalom, - und das ist in dem Leben Davids die schwerste Heimsuchung gewesen, die ihm Gott gesandt hat, nichts hat ihn so tief gedemüthigt, als dies. Absalom hatte sich gegen seinen Vater empört, es war ihm gelungen, diesen vom Throne zu stoßen, und David mußte fliehen, um sein Leben zu retten. Hier mußte er die traurige Erfahrung machen, was es mit dem Dank der Menschen auf sich hat. Es war beinahe am Ende seiner Regierung, als diese Trübsal über ihn kam; 40 Jahre hatte er Israel regiert und mit Wohlthaten überhäuft, und nun nach vierzigjährigen Liebesbeweisen, nach vierzigjähriger Aufopferung, - welchen Dank bekam er? Daß sie beinahe alle dem Bösewicht Absalom anhingen und nur ein kleines Häuflein ihm treu geblieben war. Aber das waren auch rechte Treue, die wollten mit David in die Verbannung, in Noth und Tod gehen, das Wort, was Ruth einst zu Naomi sagte, als sie dieselbe verlassen sollte, war auch ihr Wahlspruch: Wo du hingehest, da will ich auch hingehen, wo du bleibest, da bleibe ich auch. Dein Volk ist mein Volk, und dein Gott ist mein Gott. Wo du stirbst, da sterbe ich auch; da will ich auch begraben werden. Der Herr thue mir dies und das: der Tod muß mich und dich scheiden. Ruth 1, 16. 17. Während nun David in die Verbannung muß und der schnödeste Undank ihn trifft, wird die Noth und Angst des Herzens noch größer, wenn er an seine Sünden gedenkt, die er gegen Uria und Batseba begangen hat. Er mußte denken, Gott straft dich und sucht dich heim, wie du es verdient hast um deiner Sünde willen. Und der Schmerz war noch herber und bitterer, als der Undank seiner Unterthanen, das war der Stachel in seinem Gewissen. Und nun flieht er (leset die Geschichte 2. Sam. 16.), in bloßen Füßen, ohne königliche Macht und Herrlichkeit, dazu flucht ihm der gottlose Simei und wirft ihn mit Koth und Steinen. Das alles trug David mit Geduld und demüthigte sich unter die gewaltige Hand Gottes. Wenn er zur gerechten Rache und Strafe gegen seine Feinde aufgefordert wurde, so sprach er: Laß sie bezähmen, Gott hat es ihnen geheißen. In dieser Zeit der Trübsal und Noth hat David rechtschaffne Früchte der Buße gebracht, und Gott hat ihn dann erhöhet zu Seiner Zeit. Das sind Zustände, in denen man Worte sprechen lernt, wie David sie an einer andern Stelle ausspricht: Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu Dir. Herr, höre meine Stimme, laß Deine Ohren merken auf die Stimme meines Flehens. So Du willst, Herr, Sünde zurechnen, Herr, wer wird bestehen? Ps. 130, 1-3. - Höret nun Davids Psalm, den er betete, da er flohe vor seinem Sohne Absalom: Ach, Herr, wie sind meiner Feinde so viel, und setzen sich so Viele wider mich! Viele sagen von meiner Seele: sie hat keine Hülfe bei Gott. Ach, Herr! sagt er. Er klagt dem Herrn seine Noth. Das ist die Kunst, welche die Frommen verstehen und wodurch Trost und Balsam in ihr verwundetes Herz kommt. Sie haben gelernt, ihr Herz vor dem Herrn ausschütten, und der ist es auch, der es allein stillen kann. Nun so machet es David; und es ist wahr, daß seiner Feinde so viel sind. Nur ein ganz kleines Häuflein war mit ihm in die Verbannung gegangen, das übrige Volk war von ihm abgefallen und hielt es mit Absalom. Den wollten sie tödten, der wohl hundert Mal sein Leben für sie in den Tod gegeben hatte, der für sie Feinde und Riesen überwunden, dem wollen sie die Krone vom Haupte reißen, um sie seinem gottlosen Sohne Absalom aufzusetzen. Ja, viele Feinde hatte David, Millionen Volks zieht gegen ihn aus und vielleicht Tausend mögen ihm treu geblieben sein. Und das ist das Scheußlichste, diese hämische Schadenfreude die sie haben an seinem Leiden, also daß sie sprechen: Seine Seele hat keine Hülfe bei Gott. Sie jauchzen ordentlich über sein Unglück. Was hat David dem Volke zu Leide gethan? Wir wissen es, ich habe es oben schon angeführt, David ist ein großer Sünder gewesen, gegen Uria und Batseba hat er sich schwer versündigt; aber dem Volke ist er ein treuer, guter König gewesen, er hat es zum höchsten Ruhm gebracht, denn als er König wurde, war es sehr verkommen. Er war nicht allein der treueste König in Israel, sondern auch vielleicht der beste, den es jemals auf Erden gegeben hat, obgleich er bei seiner Frömmigkeit so tief gefallen ist. Darum ist es so greulich, daß das Volk jubelt über sein Unglück. Seht, das ist der Haß der Gottlosen gegen die Frommen, der durch die Wohlthaten, die ihnen die Frommen erweisen, nicht aufgehoben wird. Bei allen seinen Fehlern, die wir wahrlich nicht verkleinern wollen, war David doch ein Kind Gottes; er hat seine Sünden bitterlich beweint und ist von Gott in Gnaden wieder angenommen. Er setzte seine Hoffnung einzig und allein auf den Messias, der ins Fleisch kommen sollte, und darum war er allen Weltkindern ein Greuel. Das konnten sie ihm nicht vergeben, daß er ein Frommer war, und als Absalom sich empörte, da fielen sie ihm zu mit Haufen und sangen: Seine Seele hat keine Hülfe bei Gott! Aber denkt David auch so? Nein, der denkt ganz anders, hört was er sagt: Aber Du, Herr, bist der Schild für mich, und der mich zu Ehren setzet, und mein Haupt aufrichtet. Sie sagen, er ist verloren, er hat keine Hülfe bei Gott. David sagt: Du, Herr, bist mein Schild und der mich zu Ehren setzet. Was ihr da saget: Seine Seele hat keine Hülfe bei Gott, dazu hat ein Anderer auch noch ein Wort mitzusprechen, nämlich der lebendige Gott, der ist mein Schild gegen die Millionen, die Absalom anhangen, daß sie mir nicht schaden können. Aber Er ist auch, der mich zu Ehren setzet. Jetzt kann mich zwar jeder mit Koth und Steinen werfen, aber Gott ist meine Hülfe, der wird mir den Sieg geben und mich wieder zu Ehren bringen. So ist er des Sieges gewiß über seine Feinde. Was ist es, das ihn so fröhlich und getrost macht, daß er sagen kann: Der Herr ist es, der mich zu Ehren setzet, der mein Haupt aufrichtet? was ist es, das ihm das selige Bewußtsein des Sieges giebt? Er kann beten. O, daß ihr daraus lernen möchtet: die Beter sind Sieger, sie haben den Sieg in den Händen; und ob sie verlassen sind von der ganzen Welt, ob sie verhöhnt werden von der ganzen Welt, ob sie von der ganzen Welt mit Koth und Steinen geworfen werden: ihnen gehört doch der Sieg. David kann beten, darum sagt er: Ich rufe an mit meiner Stimme den Herrn, so erhöret Er mich von Seinem heiligen Berge Zion. Siehe das ist Seine Kunst und Waffe, die schwingt er gegen seinen Sohn Absalom, die schwingt er gegen den großen Haufen Feinde. Beten kann nur der, der den lebendigen Gott hat, der da weiß, daß der lebendige Gott hilft und thut, was die Gottesfürchtigen begehren, daß Er ihr Schreien hört. David weiß und glaubt das und weil er das weiß und glaubt, darum sagt er es seinen Feinden: mir wird Gott helfen, mich wird Er beschützen und zu Ehren bringen. Dieses Beten kann aber nur geschehen im festen Vertrauen auf Gottes Wort und Verheißung, also im lebendigen Glauben, und das ist eben die große Kunst des Glaubens, Gott Seine Verheißungen vorhalten und Ihn dadurch zum Erhören zwingen. Ich habe gleichsam durch das Wort Seiner Verheißung ein Seil um Gott geschlungen und binde Ihn dadurch an die Erfüllung Seines Worts. David kann beten, darum sagt er: weil ich rufe, so erhört Er mich von Seinem heiligen Berge. Warum von Seinem heiligen Berge? Der heilige Berg ist der Berg Morija, auf dem Gottes Tempel stand. Da merkt euch: der Herr kann und will nur diejenigen erhören, die sich zu Seinem heiligen Berge halten. Die das nicht thun, sind Gottes Kinder nicht und die will Er nicht erhören. Der heilige Berg des Herrn ist der Ort, wo die Gottesdienste des Herrn gefeiert wurden. In Jerusalem war es der Tempel, wo der Weihrauch der Gebete und die Thieropfer gebracht wurden, wo man dann Lob- und Danklieder sang. Jetzt ist die christliche Kirche der heilige Berg des Herrn und die wahren Gläubigen, die echten Treuen des Herrn sind noch immer die treusten Glieder der Kirche, aus inniger Liebe zu Ihm können sie sich nicht von der Kirche trennen. Wenn ihr die Psalme Davids leset, die er gesungen und gebetet hat, als er in der Verbannung war, so werdet ihr finden, daß durch alle der eine Trauerton und die eine Klage geht: wie schmerzt mich das, daß ich nicht die schönen Gottesdienste des Herrn besuchen kann, daß ich nicht mit dem Haufen derer, die da wallen, zum Hause des Herrn kommen kann. Eine Seele, die sich treu zur Kirche hält, die kann beten und den wahren Beter erhört der Herr. Ist Er doch im eigentlichen Sinne des Worts der Vater Seiner Kinder und der Meister Seiner Jünger, darum muß Er ihre Bitte erhören. Ich habe noch nie einen Kirchen- oder Sakramentsverächter gesehen, der beten kann. Er kann es darum nicht, weil er sich vor Gott und Seiner Gemeine scheidet. - Und nun sehet, wie dieser von Feinden umgebene David weiter betet: Ich liege und schlafe, und erwache„, denn der Herr hält mich. Wenn das andern Leuten passiert wäre, was David hier erlebt, die meisten von ihnen hätten vor lauter Zappeln nicht einschlafen können, eine Unruhe und Noth nach der andern wäre über sie gekommen. Davon finden wir bei David nichts, als Diener Gottes legt er sich unter Gottes Schutz ganz getrost zur Ruhe; morgen bedarf er neue Kraft zur weiteren Flucht, und siehe, am andern Morgen steht er ruhig und getrost wieder auf und giebt den Befehl zum Aufbruch. Er fürchtet sich nicht vor viel hunderttausenden, die sich umher wider ihn legen. Der Herr schützt ihn, darum geht er getrost weiter, der Herr will ihn zu Ehren bringen, darum fürchtet er sich nicht. Das ist doch ein köstlich Ding, einen lebendigen Gott zu haben. Was sind gegen den Herrn tausend Millionen Menschen? Ist Er nicht stärker als alle Menschen auf Erden und als alle Teufel in der Hölle? Wenn der Herr dein Schild ist, so brauchst du dich mit David vor Niemand zu fürchten. Warum fürchtet er sich nicht? Auf, Herr, und hilf Du mir, mein Gott! - das ist sein Trotz! und was kann der Herr thun? - Denn Du schlägst alle meine Feinde auf den Backen, und zerschmetterst der Gottlosen Zähne. David will sagen: ob sie mich auch zerreißen wollen, Gott zerbricht ihre Zähne. Was ist aus Absalom und dem undankbaren Volke geworden? Gott hat ihre Zähne zerschmettert. Wie ist es David und seinen Getreuen ergangen? Gott hat ihnen den Sieg gegeben. Gott ist Davids Schild geworden, hat ihn zu Ehren gesetzt und sein Haupt aufgerichtet. Muß nicht der barmherzige Gott in das güldene Wort gefaßt werden, womit der Psalm schließt: Bei dem Herrn findet man Hülfe, und Deinen Segen über Dein Volk? Verlasse sich keiner auf Menschen, die sind wie ein Rohrstab, der zerbricht und einem durch die Hand fährt, wenn man sich darauf stützt. Auf Menschen sich verlassen, das ist die größte Thorheit. Habt ihr es schon erfahren, daß alle Menschen Lügner sind, daß alle untreu sind? Auf Erden ist keiner, auf den man sich verlassen kann; nur allein der Herr ist treu, bei Ihm ist immer Hülfe zu finden. Allein auf den Herrn vertrauen und auf sonst Niemand, weder auf Fürsten und Gewaltige, noch auf das Volk; das will uns der Herr jetzt recht lehren bei dem Katechismussturm. Er bricht entzwei die Stützen, worauf sich die Menschen verlassen: die Thronen, die Könige, das Kirchenregiment. Nur die sind Sein Volk, die ihre Hülfe bei dem Herrn suchen und finden. Wer seine Sache dem Herrn übergibt und dann treu kämpft auf Leben und Tod, der wird es erfahren: Bei dem Herrn findet man Hülfe, und Deinen Segen über Dein Volk; ein solcher gewinnt den Sieg. Amen.

Der 4. Psalm.

Dieser Psalm enthält ein tröstliches Gebet wider der Weltkinder Eitelkeit, wovon ein jeder fromme Mann zu leiden hat. Solche Männer aber, wie David, die die ersten im Reiche Gottes sind, haben am meisten davon zu leiden, denn der ganze Haß der Weltkinder ist auf die ersten und vornehmsten im Reiche Gottes gerichtet. Seht aber auch, wie David nicht zu Menschen, sondern zu dem Herrn, seinem Gott geht und bei dem Hülfe suchend, seine Zuflucht findet. Darin bestand seine ganze Kraft, daß er einen offnen Zugang zu Gott hatte im Gebet. Nicht durch seine Kraft ist er ein solcher Held geworden, sondern durch Gottes Kraft und die hatte er, denn er konnte beten. So ist es allen Gotteskindern ergangen. Seht im Neuen Testamente den Apostel Paulus an, was war sein Wahlspruch? Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark 2. Cor. 12, 10. Er ging im Gebet zu Gott und holte von Ihm alle Kraft. Das allein sind die rechten Helden im Reiche Gottes, die bei sich nur Schwachheit finden und im Gebet ihre Kraft von Gott holen. Ist Gott nicht stärker als der Mensch? Wer sich selbst für stark hält, der ist sehr schwach, wer sich aber selbst für schwach hält und beten kann, der ist stark, denn den hält Gottes Kraft. So macht es David hier, er betet: Erhöre mich, wenn ich rufe, Gott meiner Gerechtigkeit, der Du mich tröstest in Angst; sei mir gnädig, und erhöre mein Gebet. Wenn er sagt: Erhöre mich, wenn ich rufe, so wird uns damit angezeigt, daß dem Erhören Gottes das Rufen des Menschen voran gehen muß. Ja Gott, will dich erhören, aber du mußt zuvor rufen; rufst du nicht, so ist von Erhören gar keine Rede. Wer nicht zu Gott ruft, der verachtet Gott, und einem Gottesverächter hilft und erhört Gott nicht. Rufst du zu Gott, so ehrst du Ihn und wer Ihn ehrt, den erhört und hilft Er. Merke aber weiter, warum David so fest und gewiß die Erhörung seines Gebets erwartet, er sagt: Gott meiner Gerechtigkeit, der Du mich tröstest in Angst. Wenn ihr im Neuen Testamente die Geschichte von dem Blindgebornen leset, so findet ihr, daß er zu den Pharisäern sagt: Wir wissen aber, daß Gott die Sünder nicht höret, sondern so Jemand gottesfürchtig ist, und thut Seinen Willen, den hört Er. Von der Welt an ist es nicht erhöret, daß Jemand einem gebornen Blinden die Augen aufgethan habe Joh. 9, 31-32. Wir sehen daraus, daß Gott den Sünder nicht erhört, sondern nur den Gerechten. So weiß nun David auch, daß Gott ihn erhören muß, denn David ist kein Sünder. Was, David ist kein Sünder? Hört ihr denn nicht, daß er sagt: Gott meiner Gerechtigkeit? David war in Sünden empfangen und geboren, er war in Sünden groß geworden und sündigte alle Tage von neuem, aber er kann sagen: Gott meiner Gerechtigkeit, er hat angezogen den Rock der Gerechtigkeit Christi und in diesem Rock der Ehren ist er kein Sünder mehr. Die Sünden sind ihm vergeben, nun ist er getrost und gewiß, daß Gott ihn erhört. Der Gott, der die Sünder nicht erhört, der erhört ihn, weil er, der Sünder, mit dem Rock der Gerechtigkeit Christi angethan ist. Sei mir gnädig, betet er weiter. Da ist nicht die Rede von der eigenen Gerechtigkeit, denn Gnade schließt alles Verdienst aus; er vertraut nur auf die zugerechnete Gerechtigkeit Jesu Christi. Nachdem er so der Gnade Gottes und der Erhörung seines Gebets gewiß ist, kann er sich ganz getrosten Muths gegen seine Feinde wenden und sprechen: Liebe Herren, wie lange soll meine Ehre geschändet werden? Wie habt ihr das Eitle so lieb, und die Lügen so gerne? Liebe Herren! wen redet er so an? Luther sagt: Das sind die großen Hansen, die in der Welt viel gelten und die allen Frommen feind sind, wie z. B. Saul und seine Genossen. Die großen Hansen, der eine noch größer als der andere, hatten die Gewalt in den Händen, aber vor Gott waren sie verworfen. Wie lange soll meine Ehre geschändet werden? sagt David. Die großen Hansen belogen und afterredeten David, sie verfolgten ihn als ein Rebhuhn auf den Bergen, er galt als ein Aufrührer und Empörer und mußte sich verstecken in den Höhlen und Klüften, um sein nacktes Leben zu retten. Ja man sollte ihn tödten, wenn man seiner habhaft werden konnte. Wenn David nun weiter fortfährt: Wie habt ihr das Eitle so lieb, und die Lügen so gerne; so sehen wir daraus, daß er nicht um Uebelthat willen, sondern um des Herrn willen verfolgt wurde. Die großen Hansen verfolgen David, weil sie die Lügen lieb haben, weil sie gern glauben, was über David gelogen wird, daß er ein Aufrührer und Empörer sei. David macht ihnen diesen Vorwurf nicht, weil er das Lügen nicht länger ertragen kann, sondern weil er einsieht, daß ihre Sündenrechnung dadurch immer größer wird und sie dem Verderben entgegen eilen. Nun bittet er sie gleichsam: Erkennet doch, daß der Herr Seine Heiligen wunderlich führet. Gerade daraus, daß David von Saul vertrieben wurde und in die Höhlen und Klüfte fliehen mußte, machten seine Feinde den Schluß, daß er kein frommer Mann sein könne. Sie meinten, Gott kenne ihn nicht als sein Kind, wenn er Gottes Kind sei, dann könne ihn Gott leicht auf den Thron setzen und Saul hinab stürzen. Aus der Trübsal wollen sie einen Strick machen, um David damit zu erwürgen. Aber David spricht, ja bittet sie: Erkennet doch, daß der Herr Seine Heiligen wunderlich führt. Der Heiligen Wege sind Wege der Trübsal und Anfechtung, sie müssen durch viel Trübsal ins Reich Gottes eingehen, so daß man sagen kann: Es giebt wohl keinen Frommen, der nicht durch viel Trübsal und Anfechtung ins Reich Gottes eingegangen ist. Das ist die allgemeine Regel im Reiche Gottes, denn Jesus spricht: Wer Mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge Mir nach. Ihr seufzet wohl über dieses Wort des Herrn? aber warum wollt ihr denn nicht gern die Trübsal tragen? Wie die Könige ihren treuen Unterthanen Ehrenzeichen umhängen, so laß auch dir von Gott das Ehrenzeichen des heiligen Kreuzes schenken. Vor einem solchen, dem der Herr das Ehrenzeichen des heiligen Kreuzes umhängt, ziehe den Hut ab, denn er ist ein Heiliger Gottes. Versteht mich aber recht. Viele Christen machen sehr dumme Streiche, und wenn sie deshalb leiden müssen, so sagen sie: welch ein Heiliger bin ich doch, denn ich habe so viel Kreuz zu tragen. Merke dir: das ist gar kein Kreuz, was du zu tragen hast, sondern Leiden und Trübsal, die du dir durch deine Dummheiten und Verkehrtheiten selbst zugezogen hast. Zwar ist es noch Gnade von Gott, wenn Er dich tüchtig züchtigt und stäupt um Deiner Dummheit und Sünde willen, aber den herrlichen Namen Kreuzträger darfst du dir nicht aneignen.

Nur die Heiligen sind Kreuzträger, und das Kreuz besteht in dem Leiden um des Herrn willen. Mit dieser Bitte verbindet David gleichsam eine Drohung gegen seine Feinde, wenn er sagt: Der Herr höret mich, wenn ich Ihn anrufe. Ihr werdet, will er sagen, nicht nur an mir einen unüberwindlichen Kämpfer haben, sondern nehmt euch in Acht, ich habe noch Einen Mitkämpfer, das ist Gott der Herr, denn ich kann beten. Dann fährt er fort: Zürnet ihr, so sündiget nicht. Redet mit eurem Herzen auf eurem Lager, und harret. Opfert Gerechtigkeit, und hoffet auf den Herrn. Zu wem redet er das? zu den großen Hansen? Wie sollte er das zu denen sagen können! Das sind Rathschläge, die den Frommen gegeben werden und nicht den Gottlosen, das sind Rathschläge für solche Leute, wie David einer war, und für die, die sich zu ihm hielten. Er schauet im Geiste alle die an, die wie er leiden, er betrachtet sie als seine Genossen, schließt sich ihnen im Geiste an und spricht: Zürnet ihr, so sündiget nicht. Es ist in der That ein schweres Stück, wenn man belogen und verleumdet wird, da den Zorn zu unterdrücken. Und das Schlimmste ist, bei diesem Zürnen sündigt man so leicht. Darum warnt David so ernstlich: Zürnet ihr, so sündiget nicht. Er will sagen: ich kann es euch nicht verdenken, daß ihr darob zürnet, will es auch nicht wehren, daß der Zorn in euch aufsteigt, aber ich bitte euch, laßt es keinen sündlichen Zorn sein. Und wie sollen sie dem Zorn wehren? Hört den Rath: Redet mit eurem Herzen auf eurem Lager. Was denn? Nun etwa solche Sprüche als: Was betrübst du dich meine Seele, und bist so unruhig in mir? Harre auf Gott; denn ich werde Ihm noch danken, daß Er meines Angesichts Hülfe und mein Gott ist Pf. 42, 12; oder: Meine Seele ist stille zu Gott, der mir hilft Ps. 62, 2; oder: Wenn ihr stille bliebet, so würde euch geholfen; durch Stillesein und Hoffen werdet ihr stark sein; oder: Gib dich zufrieden, meine Seele, und sei stille, denn der Herr hilft dir. Dennoch bleibe ich stets an Dir; Denen, die Gott lieben, müssen alle Dinge zum Besten dienen; Ist Gott für uns, wer mag wider uns sein u. s. w. So kann man den Schmerz stillen und den Zorn dämpfen, die Wogen im Herzen legen sich, man kann für die Feinde beten, man kann segnen die uns fluchen, man kann denen wohlthun, die uns verfolgen. Opfert Gerechtigkeit, und hoffet auf den Herrn, nachdem ihr euer Herz zufrieden gesprochen habt. Gerechtigkeit opfern das heißt aber nichts anders, als den Willen des Herrn thun; denn das ist die Gerechtigkeit, die wir Gott opfern sollen. Ein solches Opfer ist z. B. durch Wohlthaten feurige Kohlen auf das Haupt des Feindes sammeln, dadurch werden die Feinde vollends überwunden. David fährt fort: Viele sagen: Wie sollte uns dieser weisen, was gut ist? Sie wollen die Lehre, die er singt und predigt in seinen Psalmen, nicht annehmen. Darauf antwortet er still und ruhig: ich will und soll euch auch nichts predigen und lehren, was ich lehre das kommt daher: der Herr erhebt über mir das Licht Seines Angesichts. Was ich euch lehre und predige, das kommt von Gott und was Gott mir giebt, das predige ich euch. Es ist das dasselbe, was der Apostel Paulus sagt: Ihr habt das Wort göttlicher Predigt, das ihr von uns empfinget, aufgenommen nicht als Menschen Wort, sondern, wie es denn wahrhaftig ist, als Gottes Wort; oder wie die Propheten sagen: So spricht der Herr Zebaoth. Was David redet und lehrt in den Psalmen, ist eben so wohl Gottes Wort, als was die Apostel und Propheten lehren und reden. Daher mag er noch so verachtet und gering sein, muß er auch fliehen und wohnen in Höhlen und Klüften, darauf kommt es nicht an: Gott ist es doch, der durch ihn redet. - Aber sagt mir, ist das nicht schrecklich, der gottlose Saul sitzt auf dem Thron und hat die Hülle und Fülle, der fromme David aber muß in der Wüste umher irren, hat kaum ein Stück Brot und wenn er eins hat, so muß er es mit Thränen essen? Wer ist der Glücklichere, Saul oder David? und kann Gott das so mit ansehen? Darauf sage ich dir: du siehst die Sache mit deinen blöden Menschenaugen an; Vater Luther sagt: du siehst die Sache mit deinen groben Kuhaugen an. David hatte solche Kuhaugen nicht, denn er sagt: Du erfreuest mein Herz, ob Jene gleich viel Wein und Korn haben. Laß sie laufen mit ihrem Korn und Wein, laß sie sich voll fressen und voll saufen und dann wie Schweine in der Gosse liegen, Gott erstellt Davids Herz. Da sehet ihr, daß David mit all den großen Hansen nicht tauscht. Das sind die Kuhaugen, die Korn und Wein für etwas besseres halten, als die Erquickung vor dem Angesichte des Herrn. Der Herr lehrt Seinen Kindern alles Irdische für Staub und Dreck halten. So ist David doch der Glücklichste, weil Gott sein Herz erstellt, und die großen Hansen sind die Unglücklichen, obgleich sie Korn und Most haben. Ein zweites Glück Davids wird uns im letzten Verse gesagt, denn da heißt es: Ich liege und schlafe ganz mit Frieden; denn allein Du, Herr, hilfst mir, daß ich sicher wohne. David kann sich in den Felsenhöhlen auf Gras und Steine legen, der Herr ist bei ihm, schützt und erquickt ihn. So fröhlich wie David in der Höhle ruht, kann Saul nicht auf dem goldenen Bette ruhen, denn der Stachel des bösen Gewissens quält ihn. Man hört oft die Menschen klagen über schlaflose Nächte, davon weih David nichts; man hört, wie sie erzählen, daß sie sich im Bette herum wöltern[1] und der Schlaf kommt nicht. David kennt das nicht. Aber das sind gewiß keine fromme Leute, die haben gewiß diesen Spruch: Ich liege und schlafe ganz mit Frieden, beim Zubettgehen nicht gebetet. Wenn ein frommer Christ die ganze Nacht nicht schlafen kann, so hat er doch keine lange Weile, wöltert sich auch nicht im Bette herum, sondern er redet mit dem Herrn auf seinem Lager, und die Nacht geht hin, er weiß nicht, wo sie geblieben ist. Amen.

Der 5. Psalm.

David zeigt uns in diesem Psalm zuerst, wie wir recht beten können; denn die rechte Art und Weise des Gebets kennt er aus eigner Erfahrung. Er sagt zum Herrn: Herr, höre auf meine Worte, merke auf meine Rede, vernimm mein Schreien, mein König und mein Gott; denn ich will vor dir beten. Lernet hier erstlich: der Betende denkt nicht nur, sondern er redet auch, er träumt nicht, sondern er spricht. Viele Menschen meinen, daß Sinnen, Denken und Träumen auch Beten sei; und das ist doch mein Lebe noch kein Beten gewesen, sondern zum Beten gehören klare und ordentliche Worte. Denn ich muß wissen, was ich bete; wo aber das Gebet nicht in bestimmte, klare Worte gefaßt ist, da weiß man gar nicht, was man betet, und es ist dann weiter nichts, als Selbsttäuschung. Ihr könnt das an einem Beispiel sehen: Wenn Jemand nicht Rede und Antwort geben kann von dem, was in ihm ist, so pflegt er wohl zu sagen: Ich weiß es wohl, aber ich kann mich nur nicht ausdrücken. Diese Ausrede ist nicht richtig. Kannst du nicht reden von dem, was in dir ist, so weißt du auch wenig davon. Wenn wir nicht frei, klar und bestimmt aussprechen können, was wir wollen, so wissen wir selbst es, genau genommen, auch nicht. Wenn man denkt und träumt und sagt dann, das soll Beten sein, so ist das nichts anders, als Täuschung. Darum laß du kein ander Gebet vor Gott kommen als ein solches, von dem du sagen kannst: Herr, höre auf meine Worte, merke auf meine Rede, vernimm mein Schreien. Nun merkt euch, das ganze Leben des Christen soll vom Gebet eingeschlossen sein, er soll den Tag und das Tagewerk mit Gebet anfangen und beschließen. Darum sagt David: Herr, frühe wollest Du meine Stimme hören, frühe will ich mich zu Dir schicken, und darauf merken. Im Alten Testamente lesen wir, daß die Erstlinge dem Herrn gehören; und das gilt auch von den Erstlingen des Tages. Ehe du des Morgens dein Kämmerlein verlassest, mußt du auf deine Kniee fallen und zu dem Herrn beten, denn Ihm gehören die Erstlinge, dann kannst du hinaus geben und dein Tagewerk in Gottes Namen anfangen. Das ist um so nothwendiger, weil der Teufel seit dem Sündenfall allenthalben umher schleicht, bald wie eine giftige Schlange, bald wie ein brüllender Löwe, um Beute zu machen; willst du seine Beute nicht werden, so leg den Gebetsharnisch an, und du wirst siegen. Mache es wie uns Vater Luther im Katechismus lehrt: Des Morgens, wenn du aus dem Bette fährst, sollst du dich segnen mit dem heiligen Kreuze und sprechen: das walte Gott der Vater, Gott der Sohn und Gott der heilige Geist. Amen. Dann bete die drei Glaubensartikel langsam Wort für Wort, in diesem Glauben entsage dem Teufel und allen seinen Werken und allem seinem Wesen, dann bete das schöne Morgengebet: Ich danke Dir, mein lieber himmlischer Vater u. s. w. und darauf ein Vater Unser, daß Du Dich ganz mit deinem Gott vereinigst. Nun hat der Teufel keine Macht an dir, denn du hast dich eingewickelt von neuem in deine Taufgnade, hast angezogen die Gerechtigkeit Christi und kannst getrost dein Kämmerlein verlassen, um mit den Deinigen die Morgenandacht zu halten. Und eben so mache es dann am Abend, ehe du dich zur Ruhe niederlegst. Warum mußt du das thun? Der Psalm giebt im Folgenden den Grund an: Denn Du bist nicht ein Gott, dem gottloses Wesen gefällt; wer böse ist, bleibt nicht vor Dir. Die Ruhmräthigen bestehen nicht vor Deinem Angesicht, Du bist feind allen Uebelthätern. Du bringst die Lügner um; der Herr hat Greuel an den Blutgierigen und Falschen. Weil Gott nicht ein Gott ist, dem gottloses Wesen gefällt, darum müssen wir den Tag mit Gebet anfangen. Die Gottlosen, Ruhmräthigen, Falschen und Lügner thun das nicht; du bist aber ein Christ, deßhalb mußt du dich zu Gott halten, mußt den Tag mit Ihm beginnen und beschließen. Gesetzt den Fall, da ist ein Mensch, der fängt den Tag nicht mit Gott an, hält sich nicht frühe zu Gott, so ist das ein Ruhmräthiger, er will die Ehre, die Gott gebührt, Ihm rauben und sich zueignen. Er gehört zu den Falschen, zu den Lügnern, denn er heißt ein Christ und lebt doch nicht als Christ, er hat den Schein, als hielte er auf Gottes Wort und thut es doch nicht. Hast du als ein Christ den Tag mit Gott angefangen, so gehörst du zu den Frommen, zu dem kleinen Häuflein derer, die es aufrichtig mit ihrem Gott und mit ihrer Seelen Seligkeit meinen. Nachdem der Psalm solches gesagt und gezeigt hat, wie wir im Hause Gott dienen sollen, wie wir aus unserm Hause einen Tempel Gottes machen können, so weiset er uns in dem Folgenden hin auf den unbeschreiblichen Segen, den wir in den öffentlichen Gottesdiensten haben, indem er sagt: Ich aber will in Dein Haus gehen, auf Deine große Güte, und anbeten gegen Deinen heiligen Tempel in Deiner Furcht. Er hat Recht darin, denn der bloße Hausgottesdienst thut es nicht, derselbe wird saft- und kraftlos, wenn er nicht seinen Grund in den öffentlichen Gottesdiensten hat. Diese öffentlichen Gottesdienste hat Gott eingerichtet an Seinem Tage, in Seiner heiligen Wohnung, an den Orten, wo Gottes Wort im Schwange geht auch an den Wochentagen. In einer rechten christlichen Gemeine soll Sonntags- und Wochentagsgottesdienst sein, denn in der Woche bedarf man eben so wohl den Segen des göttlichen Worts, als am Sonntage. Diese Wochengottesdienste sind in der lutherischen Kirche immer Sitte gewesen, und wo sie aufgehört haben, da liegt der Grund in der Gottlosigkeit der Pastoren und in der Gottlosigkeit der Gemeinen. Dem wahren Christen ist es ein Herzensbedürfniß, die Gottesdienste des Herrn zu besuchen, und das thut er nicht bloß am Sonntage, sondern auch in der Woche. Das Wort des Herrn Jesu: Wisset ihr nicht, daß Ich sein muß in dem, was Meines Vaters ist, ist sein Wahlspruch. Ein Christ, der die Glocken läuten hört, und nicht in Gottes Haus kommt, wenn es der Herr ihm nicht wehrt, der ist ein Schurke und ein Rebell gegen Gott, er mag übrigens sein wer er will. Wer Gott wirklich lieb hat, der kennt keinen liebern Weg als den Weg ins Gotteshaus, denn wo ist ein Kind lieber als im Vaterhause? Die Feier der Gottesdienste besteht hauptsächlich im Hören des göttlichen Worts und im Gebrauch der Sakramente, im Gesang und Gebet. Wer nun die Gnadenmittel verachtet, den nennt unser Psalm einen Gottlosen, der ist der ärgste Bube von der Welt. Wenn man treu wie David, die Gottesdienste des Herrn besucht, so kann man weiter mit ihm beten: Herr, leite mich in Deiner Gerechtigkeit um meiner Feinde willen; richte Deinen Weg vor mir her. Nur wenn man Gottes Wort gelernt hat, kann man nach Gottes Wort wandeln; nur wenn man weiß, was das heißt vor Gott gerecht sein, kann man den Weg gehen, der zum Himmel führt. Diesen Weg wüßtest du nicht ohne die Gottesdienste des Herrn. Nun weißt du ihn, weil du ein treuer Kirchgänger bist du gehest ihn und der Herr läßt es dir gelingen, daß du die Gerechtigkeit erlangst, die vor Gott gilt; und das thut Gott um deiner Feinde willen, damit du vor ihnen nicht zu Schanden wirst. Die Feinde des Herrn, die Gottlosen sehen auf nichts mehr, als auf den Wandel der Christen, sie haben ordentlich ihre Freude daran, wenn sie Gottes Kind fallen und fündigen sehen; darum giebt es nichts nothwendigeres für den wahren Christen, als einen Wandel in der Gerechtigkeit, vor einem solchen Wandel müssen die Gottlosen verstummen. Was wird aus diesen Feinden des Herrn, die die Gnadenmittel verachten und dabei in ihrem Hochmuth ersoffen sind? Der Psalm sagt es uns: In ihrem Munde ist nichts Gewisses, ihr Inwendiges ist Herzeleid, ihr Rachen ist ein offenes Grab, mit ihren Zungen heucheln sie. Und darum heißt es weiter: Schuldige sie, Gott, daß sie fallen von ihrem Vornehmen, stoße sie aus um ihrer großen Uebertretung willen: denn sie sind Dir widerspenstig. Diese Gottlosen, die den Gottesdienst verachten, die Gottes Wort und Sakrament verwerfen, haben keinen Halt im Leben und im Sterben, und zu allem was sie thun, treibt sie die Selbstsucht. Gott kann sie wohl eine Zeitlang dulden, wenn aber das Maaß ihrer Sünden voll ist, dann folgt die Strafe. Während nun alle Gottlosen zu Schanden werden, so sind umgekehrt die Frommen unter dem Schutze Gottes, denn von ihnen heißt es: Laß sich freuen Alle, die auf Dich trauen; ewiglich laß sie rühmen, denn Du beschirmest sie; fröhlich laß sein in Dir, die Deinen Namen lieben. Denn Du, Herr, segnest die Gerechten; Du krönest sie mit Gnade, wie mit einem Schilde. Da zeigt der Herr, daß Er nicht der Gottlosen Gott ist, sondern der Frommen Gott, und daß Er die Gottlosen vertilgt, obgleich sie eine Zeitlang grünen und blühen; die Frommen aber, ob sie auch tief in der Trübsal stecken, segnet. Das Erbe der Frommen ist die ewige Seligkeit, das Erbe der Gottlosen ist die ewige Verdammniß. So können die Frommen jubeln: Das Loos ist mir gefallen aufs Liebliche, mir ist ein schön Erbtheil geworden, seitdem ich den dreieinigen Gott habe, seitdem ich in meinem Gott das ewige Leben habe. Amen.

Der 6. Psalm.