Der Rabe Konradin erklärt den Menschen - Andreas Buske - E-Book

Der Rabe Konradin erklärt den Menschen E-Book

Andreas Buske

4,9

Beschreibung

Der Rabe Konradin erklärt seinem Sohn an fünf Abenden die grundlegenden Zusammenhänge der Psychologie, Soziologie, Wirtschaft, Politik und Philosophie. Jenseits dicker Fachbücher und anspruchsvoller Feuilletons vermittelt die Fabel ein ganzheitliches Grundverständnis der Disziplinen. Sie schärft dabei die eigene Urteilsfähigkeit und ermutigt den Leser dazu, ein Umfeld zum Wohlfühlen mitzugestalten, das Gemeinwohl zu fördern und die Erde zu bewahren.

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Seitenzahl: 233

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Für Kristin und Matheo

Vorwort

„Was zeichnet einen Menschen aus? Wie funktioniert sein Zusammenleben? Warum sammeln die Menschen nicht nur Nahrung? Wer bestimmt bei den Menschen? Woran glauben Menschen?“ Dies sind Fragen, die der junge Rabe Jannis seinem Vater Konradin stellt.

Aus Sicht Konradins, eines im Tierreich anerkannten Experten der menschlichen Gattung, werden im Buch beim Beantworten dieser Fragen zunächst grundlegende Begriffe, Modelle und Theorien der menschlichen Psychologie und Soziologie erklärt. Die menschlichen Organisationsfähigkeiten werden in den beiden mittleren Kapiteln am Beispiel der Wirtschaft und Politik konkretisiert. In Kapitel 5 werden verbreitete Vorstellungen der Menschen vom guten Leben anhand verschiedener Weltanschauungen beschrieben und anhand der Erkenntnisse der Glücksforschung zusammengefasst. Das Buch schließt mit Überlegungen dazu, was Menschen von Raben lernen können. Spannende Themen, nicht nur für Rabenkinder!

Die Form der Fabel wurde von mir bewusst gewählt, um den Leser auf eine mehrtägige Entdeckungsreise über den Menschen aus der Vogelperspektive mitzunehmen.

Mein Philosophie-, Politik- und Wirtschaftsstudium, meine Team- und Führungserfahrung und meine Reiseerlebnisse rund um den Globus lieferten mir das Fundament für die Fabel.

Geprägt von meiner ursprünglich technischen Ausbildung als Ingenieur, geht es mir bei den verwendeten Modellen vorrangig um Anschaulichkeit. Sie sollen den Einstieg in die interdisziplinären Themen erleichtern und veranschaulichen, wie vernetzt die einzelnen Disziplinen sind.

Persönliche Zufriedenheit und gemeinschaftlicher Frieden basieren auf dem Austausch von Wissen, eigenen Erfahrungen und der Fähigkeit zur Kooperation.

Ich wünsche mir, dass es der Fabel gelingt, das spannende, nicht immer spannungsfreie Verhältnis von individuellen und kollektiven Zielvorstellungen zu illustrieren. Sie soll dem Leser den Einstieg ermöglichen, sich intensiver mit den Themen zu beschäftigen und die – aus der Vogelperspektive – beschriebenen Sichtweisen mithilfe der eigenen Erkenntnisse zu reflektieren.

Großer Dank gebührt meinen zahlreichen Lehrern und Wegbegleitern, meinem inspirierenden Umfeld und meinen Mitmenschen, die Vertrauen in mich haben: meiner Frau Dr. Kristin Buske, meiner und ihrer Familie, meiner Pfadfinderclique, meinem Abi-Jahrgang sowie meinen Kommilitonen und Dozenten in Karlsruhe, Essen und München, außerdem den Mitgliedern von Round Table Weinheim und der Wirtschaftsgilde.

Stellvertretend für die Gilde sei an dieser Stelle ihr ehemaliger Vorstandsvorsitzender Hans Füller erwähnt – für sein immerzu ermutigendes Feedback. Mit Freude erinnere ich mich an die Kaminabende mit ihm, Brigitte Volz, René Kürschner und meiner Frau zurück.

Ich danke vielen Kollegen, allen voran meinen langjährigen Vorgesetzten Volker Jann und Ralph Rischmüller und Thomas Jäger – einem exzellenten Immobilienmanager –, dem ich, neben meiner Frau, den freien Kopf für dieses Buch zu verdanken habe.

Auf der Zielgeraden haben mich Sabrina Birkle und Felix Hornig intensiv auf Verständnisschwierigkeiten aufmerksam gemacht.

Sie alle haben mir auf ihre Art ermöglicht, dieses Buch zu schreiben, und viele von ihnen haben mir während seiner Entstehung regelmäßiges Feedback gegeben.

Damit aus einem Konzept ein Werk wird, bedarf es auch der Mithilfe von Profis. Huyen-Trang Ngo hat das fabelhafte Cover entwickelt und die Abbildungen im Buch und auf der dazugehörenden Homepage www.fabelosophie.de visualisiert. Dr. Constanze Adolf und Prof. Dr. Andreas Peichl haben mir die entsprechenden Kapitel 3 und 4 fachlich kommentiert. Priska Schorlemmer (Die Sprachkiste, Mannheim) hat die Fabel lektoriert und dabei für eine leicht verständliche Sprache gesorgt. Auch ihnen gilt mein großer Dank, genauso wie Christopher Schmitt für die intensive Beratung und Unterstützung hinsichtlich Gestaltung und Produktion.

Andreas Buske Weinheim im Juli 2017

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

Kapitel 1

Was zeichnet einen Menschen aus?

Einführung in die menschliche Psychologie

Kapitel 2

Wie funktioniert das Zusammenleben der Menschen?

Einführung in die menschliche Soziologie

Kapitel 3

Warum sammeln Menschen nicht nur Nahrung?

Menschliche Kooperation am Beispiel der Wirtschaft

Kapitel 4

Wer bestimmt bei den Menschen?

Menschliche Kooperation am Beispiel der Politik

Kapitel 5

Was macht Menschen glücklich?

Grundlagen der menschlichen Philosophie

Kapitel 6

Was können Menschen von Raben lernen?

Gesamtbetrachtung des Menschen aus der Vogelperspektive

Quellenverzeichnis

Einleitung

Der Rabe Konradin wohnt in einer wohlhabenden Gegend mit einem schönen großen Park. Hier findet er ausreichend Nahrung. Je nach Jahreszeit liebt er Nüsse, Früchte, Pflanzensamen, saftige Regenwürmer, Eidechsen, Mäuse und wohlschmeckende Borkenkäfer.

Raben sind sehr intelligente Tiere und Konradin ist ein ganz besonders kluger und weiser Artgenosse seiner Gattung. Aufgrund seiner Beobachtungsgabe, seiner Erfahrung und seines Weitblicks wird er von den anderen Raben sehr geschätzt.

Mit seinen scharfen Augen beobachtet Konradin besonders gerne Menschen. Sie sind in ihrem Verhalten ungleich vielfältiger als die Eichhörnchen oder die meist nur nachtaktiven Igel im Park. Menschen lassen sich zudem gut beobachten, weil sie sich von Raben in ihrem Verhalten nicht gestört fühlen und diese kaum beachten. Sie sind ohne ihre diversen Hilfsmittel recht langsam unterwegs, sodass Raben ihnen in der Luft leicht folgen können, und es gibt auf der ganzen Welt sehr viele Menschen, weswegen sie sich hervorragend für Vergleichsstudien eignen. Konradin ist hierzu, als er noch keine eigene Familie gegründet hatte, viel gereist und konnte dadurch die Menschen an sehr unterschiedlichen Orten beobachten.1

Konradins Sohn heißt Jannis und kommt so langsam in das jugendliche Rabenalter. Er möchte nicht mehr nur spielen, sondern auch erklärt bekommen, was er auf seinen Flügen und ersten längeren Reisen sieht.

Am meisten interessieren auch Jannis die Menschen, weil sie auf der Erde so weitverbreitet sind und so viel Fläche beanspruchen. Deswegen bittet er seinen Vater Konradin, ihm von den Menschen zu erzählen.

„Was möchtest du denn über die Menschen wissen?“, fragt Konradin seinen Sohn.

„Als Erstes möchte ich wissen, Papa, was einen Menschen als Menschen auszeichnet, was das Besondere an ihm ist und wie sein Zusammenleben funktioniert“, sagt Jannis. „Auch verstehe ich nicht, warum die Menschen so viel von all den Gegenständen haben, mit denen sie sich fortbewegen und sich kleiden oder die sie in ihre Behausungen schleppen. Brauchen sie diese wirklich alle? Oder sind sie planlos wie die Eichhörnchen, die sicherheitshalber überall Nüsse verstecken, in der Hoffnung, im Winter einen Teil davon wiederzufinden? Außerdem möchte ich wissen, warum sich die Menschen so unterschiedlich verhalten. Ich konnte bei uns im Park beobachten, wie sich Menschen gegenseitig zärtlich umarmen, aber genauso Menschen, die sich streiten und sogar gegenseitig verletzen. Und ich will wissen, warum manche Menschen glücklicher wirken als andere und ob es etwas gibt, das ich von ihnen lernen kann.“

„Hui, das sind aber ziemlich viele Fragen“, stöhnt Konradin. „Ich finde es toll, dass du so neugierig auf die Menschen bist und mache dir einen Vorschlag. Ich beantworte dir von heute Abend an jeden Abend vor dem Schlafen eine Frage und dann hast du tagsüber genügend Zeit, meine Erklärungen durch eigene Beobachtungen nachzuvollziehen.“

Jannis schlägt vor Freude mit den Flügeln: „Einverstanden! Dann lass uns aber auch gleich loslegen. Ich bin so gespannt.“

Anmerkung seitens des Autors: Die Raben wählen in ihren Dialogen häufig die männliche Form; ihre Aussagen beziehen sich auf Angehörige beider Geschlechter.

Kapitel 1

Was zeichnet einen Menschen aus?

Grundlegende Bedürfnisse

„Sind Menschen komplett anders als wir Raben?“, will Jannis wissen. Konradin senkt den Kopf zu ihm und beginnt von seinen Erfahrungen zu berichten: „Ich denke nicht, Jannis. Ich habe den Eindruck, dass alle Lebewesen auf der Erde viele Gemeinsamkeiten haben. Die meisten Lebewesen brauchen Sauerstoff zum Atmen und gehaltvolle Nahrung und sie müssen sich zumindest einmal am Tag für längere Zeit ausruhen – die Menschen nennen das Schlaf. Was diese grundlegenden Bedürfnisse betrifft, unterscheiden sich Menschen kaum von uns oder anderen Lebewesen. Und schließlich müssen alle Lebewesen eines Tages sterben. Die Menschen genauso wie wir Raben.“

„Das heißt, die Unterschiede liegen nur im Detail, Papa?“, fragt Jannis und präzisiert: „Beispielsweise, dass Menschen andere Dinge essen – ich habe bislang nur Menschenkinder Regenwürmer essen sehen – und dass sie nicht auf den Bäumen schlafen können so wie wir?“

Konradin nickt zustimmend: „Genauso ist es, Jannis. Menschen essen keine Regenwürmer. Wenn Menschenkinder sie bei uns im Park probieren und ihre Eltern das mitbekommen, werden sie ihnen sofort weggerissen. Sie scheinen sie nicht zu vertragen. Halten wir noch einmal fest: Die grundlegenden Bedürfnisse nach fester und flüssiger Nahrung, Sauerstoff und Ruhe sind bei den Menschen die gleichen wie bei uns Raben und den meisten anderen Lebewesen.

Ich würde sogar noch weiter gehen und sagen, dass sich ihr Bedürfnis nach Sicherheit2 und ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe3 kaum von unseren Bedürfnissen unterscheiden.“

Beipflichtend krächzt Jannis: „Papa, dass auch Menschen sich lieb haben können, habe ich auch schon beobachtet. Sie sind für mich Rudeltiere wie die Wölfe, die ich auf unseren gemeinsamen Ausflügen1 Richtung Nordosten beobachten konnte. Manche Menschen verbringen wie Schmetterlinge den ganzen Tag miteinander. Die erwachsenen Menschen kümmern sich meistens ganz toll um ihre Kinder und in vielen Familien scheinen sich die Mütter und Väter sehr zu mögen.“ „Nur, dass sie nicht so treu sind wie wir Raben“, hakt Konradin schmunzelnd ein: „Die Partnerschaften der Menschen zerbrechen hier in der Region häufiger. Über die Ursachen kann ich aber nur mutmaßen. Hier kannst du mich bei der Erforschung mit deinen Beobachtungen zukünftig unterstützen.“

Bedürfnis nach Sicherheit

Der kleine Rabe nickt begeistert: „Das mache ich gerne Papa!“ Und fährt fort: „Ich kann mir nur schwer vorstellen, warum Menschen ein Bedürfnis nach Sicherheit haben.“ Und fragt vorsichtig nach: „Menschen haben doch keine Angst vor Katzen?“ „Das ist richtig, zumindest nicht vor den Katzen hier in Europa“, antwortet ihm Konradin. „Auf anderen Kontinenten, wo es wesentlich größere Wildkatzen gibt, sieht die Sache schon wieder ganz anders aus. Vor denen haben die Menschen auch Angst, denn diese können genauso Menschen töten und verspeisen wie die hier lebenden Katzen uns Raben. Die Menschen haben mehr Angst vor Hunden und Schlangen. Letzteres wäre eher für Raben plausibel; schließlich fressen Schlangen gerne Vögel. Warum Menschen bei ihrem Anblick panisch werden, habe ich bislang noch nicht herausfinden können.“ Jannis kann die Verwunderung seines Vaters nachvollziehen: „Du hast recht, Papa! Ich habe bislang noch nie eine Schlange einen Menschen fressen sehen.“ „Verhältnismäßig viele Menschen scheinen sich auch vor sehr kleinen Lebewesen zu fürchten“, fährt Konradin fort, „beispielsweise vor Spinnen. Hier bin ich ebenfalls noch nicht ganz schlau bezüglich der Ursachen geworden, wo doch Spinnen so lecker schmecken können. Aber daran siehst du, dass auch Menschen ein Bedürfnis nach Sicherheit haben. Noch deutlicher wird das, wenn du auf deinen Rundflügen einmal darauf achtest, wie sie ihre Behausungen verschließen und dass sie allein in Dunkelheit oft sehr angespannt wirken, selbst in großen Städten, wo sie ja wirklich kaum allein sind.

Ich vermute, dass sie sich auch vor ihren Artgenossen fürchten, denn hin und wieder sieht man, wie sie sich gegenseitig verletzen und sogar töten. Du hast ja neulich mit eigenen Augen den Streit zwischen zwei erwachsenen Menschen im Park eskalieren sehen, bei dem ein Mann einem anderen mit seiner Faust ins Gesicht geschlagen hat. Nach meinen Beobachtungen gibt es bei der zwischenmenschlichen Gewalt auch erhebliche regionale Unterschiede.“

Jannis hat aufmerksam zugehört: „O.K. Ich versuche es mir zu merken: Menschen haben Angst vor bestimmten Lebewesen, vor Dunkelheit und teilweise vor anderen Menschen. Alles in allem doch einiges; hätte ich nicht erwartet. Wovor haben die Menschen sonst noch Angst, Papa?“, fragt Jannis.

Der weise Rabe krächzt: „Vor ziemlich vielem: Hunger und Durst, Vereinsamung und Ausgrenzung, davor, die persönlichen Ziele nicht zu erreichen, und vor vielem mehr.

Die Angst davor, etwas nicht zu bekommen, kann beim Menschen bei fast allen Bedürfnissen beobachtet werden.

Bleiben wir aber noch kurz bei dem Bedürfnis nach Sicherheit. Viele Menschen haben auch Angst vor Krankheiten und Verletzungen, mein Sohn.“ Jannis schüttelt ungläubig den Kopf: „Wie kommst du darauf, Papa? Für mich wirken die Menschen alles andere als schreckhaft. Außerdem habe ich noch nie einen Menschen gegen die durchsichtigen Barrieren an ihren Behausungen stoßen und dadurch sterben sehen, wohl aber schon einige Artgenossen.“

Konradin holt erst einmal tief Luft, bevor er fortfährt: „Menschen laufen hin und wieder auch gegen diese Barrieren, die sie übrigens Fensterscheiben nennen. Wenn du die Menschen nur geduldig genug beobachtest, wirst du entsprechende Situationen sehen. Ich gebe dir jedoch recht: Im Gegensatz zu uns sind die Verletzungen, die sie davontragen, verhältnismäßig gering. Und Menschenkinder weinen manchmal auch nur, wenn sie sich sicher sind, dass sie dabei von ihren Eltern beobachtet werden. Sie wollen dann Trost gespendet bekommen.

Schau dir aber nur an, wie die erwachsenen Menschen ihre Kinder bei uns im Park mit den bunten Helmen schützen, damit sie sich nicht verletzten, wenn sie von ihren zweirädrigen Fortbewegungsmitteln fallen. Oder schau dir an, wie dick sie sich im Winter anziehen, damit sie nicht frieren!“ Das sind Beobachtungen, die den kleinen Raben überzeugen: „Ja, Papa. Nicht nur die kleinen Kinder tragen Helme, wenn sie mit ihren zweirädrigen Fortbewegungsmitteln unterwegs sind, sondern auch die Erwachsenen. Ich wusste nicht, dass das ihrem Schutz dient. So eine robuste Kopfbedeckung sollten wir Raben uns wegen der Fensterscheiben auch zulegen!“

Konradin muss laut lachen, bevor er fortfahren kann: „Und achte einmal ganz genau darauf, Jannis, wie viele Pillen sie tagtäglich schlucken! Meine Vermutung lautet, dass sie sie nehmen, um nicht krank zu werden. Nahrung können sie nicht sein; dazu sind sie viel zu klein.

Wir Raben sind robuster. Wir brauchen keine zusätzlichen Schichten zum Einkleiden, wenn es kalt ist und können alles essen, auch wenn es schon länger offen herumlag. Wenn du die Menschen genau beobachtest, siehst du, dass sie ihre Nahrungsmittel meist waschen und häufig sogar warm machen.“

Jannis nickt eifrig und Konradin fährt fort: „Auf meinen Reisen konnte ich beobachten, dass die Menschen auch vor der Natur Angst haben können. Wenn es blitzt und stürmt, eilen die Menschen meist in ihre Behausungen. An manchen Orten bebt ab und zu die Erde und dann ist es genau umgekehrt wie beim Gewitter: Dann rennen die Menschen schnell aus ihren Behausungen heraus ins Freie, da sie einstürzen und die Menschen töten können. Die meisten Menschen scheinen das mit der elastischen Bauweise, die wir seit Generationen bei unserem Nestbau berücksichtigen, noch nicht herausgefunden zu haben.

Komm mal mit, Jannis! Dann zeige ich dir noch eine weitere brenzlige Situation für menschliche Wesen.“

Jannis folgt seinem Vater und fliegt mit ihm aus ihrem Nest im großen – zu dieser Jahreszeit herrlich nach frischem Gras duftenden – Park an den nahe gelegenen Fluss.

„Hast du beobachtet, wie schnell der Fluss wegen des vielen Regens in den vergangenen Tagen angestiegen ist?“, fragt ihn sein Vater. „Ja, Papa. Die Wiesen hier waren heute Morgen noch nicht mit Flusswasser bedeckt; der Fluss scheint ziemlich schnell zu steigen.“

„Schau mal, Jannis, die ersten Menschen beginnen gerade damit, Sandsäcke vor ihre Behausungen zu transportieren, um das Wasser damit zurückzuhalten. Sie haben Angst, dass der Fluss in ihre Behausungen eindringt, ihre ganzen gesammelten Gegenstände zerstört und sie selbst dann schwimmen müssen. Das halten sie nämlich, anders als Fische, nicht so lange durch.“

„Wenn die Menschen weder fliegen noch schwimmen können, dann verstehe ich nicht, warum sie ihre Behausungen so nah ans Wasser bauen“, krächzt Jannis.

„Eine gute Frage, Jannis, die mit deiner Frage zusammenhängt, warum die Menschen so viel Platz benötigen.

Ich habe dir dies in der Vergangenheit vor allem damit erklärt, dass sie einerseits sehr viel Platz für Getreideanbau und als Weideflächen für ihre Nutztiere benötigen, da sie so furchtbar viel essen. Zum anderen brauchen sie Platz für ihre Fortbewegung am Boden, da sie ja nicht fliegen können, um dies wettzumachen.

Beides erklärt, warum die Menschen so viel Platz verbrauchen und auch an gefährlichen Orten wohnen. Es gibt nicht genügend Platz an ungefährlichen Orten für sie. Dazu kommt, dass gefährliche Orte wie Flussufer und Vulkane aber auch besonders fruchtbar zu sein scheinen.

Menschen sind aber auch sehr lernfähig und können durchaus mit den Gefahren umgehen. Sie sind ausgezeichnete Baumeister und können dadurch nahe am Fluss bauen, weil sie sich mit Erdwällen schützen. Aber diese Erdwälle halten nicht immer stand und dann müssen sie sich mit Sandsäcken Schutzmauern vor den Fluten bauen. Manchmal verschätzen sie sich einfach; das kann uns Raben ja auch mal passieren. Und an Orten, wo das Wasser häufig kommt, bauen die Menschen beispielsweise ihre Behausungen auf Stelzen.“

Jannis strahlt: „Oh, ich beginne zu verstehen, warum die menschlichen Nester nicht überall gleich aussehen. Wie sieht es mit den weiteren Bedürfnissen aus, Papa?“

Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe

„Du hast sehr gut aufgepasst, da gibt es noch zwei. Bevor wir aber zu den beiden letzten Bedürfnissen nach Selbstwert und Selbstverwirklichung kommen, lass mich dir noch ein paar Worte zu dem Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe sagen, Jannis. Auch wenn du erwähnt hattest, dass dir dies aufgrund deiner Beobachtungen plausibel erscheint.

Wie du noch beobachten wirst, ist Zugehörigkeit und Liebe bei den Menschen ein sehr wichtiges Bedürfnis für ihr Wohlbefinden. Wenn die Menscheneltern hier ihren Kindern nicht von Geburt an in ausreichendem Maße das Gefühl von Liebe und Geborgenheit vermitteln, haben sie es in ihrem weiteren Leben ungleich schwerer. Ein menschliches Sprichwort lautet, dass nur die Geliebten selbst zu Liebenden werden können.“

Jannis klatscht mit den Flügeln: „Das Sprichwort gefällt mir. Sind Zugehörigkeit und Liebe nicht bei allen anderen Lebewesen genauso wichtig, Papa? Viele Tierkinder überleben nicht, wenn ihre Eltern sie nicht haben wollen und sich nicht um sie kümmern.“ Dem muss Konradin zustimmen: „Recht hast du, mein Sohn. Dein Beispiel zeigt eindrucksvoll die frühkindliche Bedeutung der Eltern für das Wohlbefinden ihrer Nachkommen. Dies gilt genauso für die Menschen. Und mit zunehmendem Alter entwickeln die Menschen auch außerhalb ihrer Familie ein Zugehörigkeitsgefühl. Ich bin jedes Mal beeindruckt, wie sehr sie sich mit ihren jeweiligen Gruppen identifizieren können. Und wie viel Angst sie andererseits vor Einsamkeit und Trennung haben.

Bedürfnis nach Selbstwert

Wenn wir uns heute im Detail anschauen, wie der Mensch funktioniert, kann ich dir am Beispiel der menschlichen Behausungen und ihrem Platzbedarf noch die beiden übrigen menschlichen Bedürfnisse nach Selbstwert4 und Selbstverwirklichung erklären.

Beginnen wir mit dem Selbstwert. Damit ist einerseits gemeint, dass sich die Menschen selbst achten. Selbstachtung stellt sich ein, wenn Menschen das Gefühl haben, ihre Ziele erreichen zu können, und wenn sie sich für kompetent und unabhängig halten.5 Da der Mensch ein geselliges Lebewesen ist, resultiert sein Selbstwert andererseits aber auch aus der Anerkennung durch seine Mitmenschen.6

Meinen Beobachtungen nach ist das Bedürfnis nach Selbstwert – wie auch das nach Zugehörigkeit und Liebe – bei den Menschen hier in der Region besonders stark ausgeprägt.“ Jannis unterbricht seinen Vater: „Weißt du, warum das so ist?“ Die hat Konradin: „Vermutlich, weil sich die grundlegenden Bedürfnisse und das Bedürfnis nach Sicherheit der hier lebenden Menschen – im Vergleich zu anderen Regionen – verhältnismäßig einfach befriedigen lassen. Die Menschen bei uns leiden kaum an Hunger und zwischenmenschliche Gewalt ist seltener als in anderen Regionen.“

Diese Vermutung seines Vaters überzeugt den kleinen Raben nur teilweise: „Aber Papa, von dir möchte ich doch auch Anerkennung haben! Was ist denn an dem Bedürfnis typisch menschlich? Dass Menschen ihr Bedürfnis nach Selbstwert auch mit großen Bauwerken befriedigen können?“

„Genau, Jannis! Menschen bauen im Vergleich zu anderen Lebewesen besonders gerne große Behausungen oder besitzen besonders viele und große vierrädrige Fortbewegungsmittel – die Menschen nennen sie auch Autos –, die dann ebenfalls wiederum Abstellflächen und Straßen benötigen. Die Objekte symbolisieren ihren Status. Menschen erfahren von ihren Mitmenschen Achtung, wenn beispielsweise ihre Behausung besonders groß und deren Lage exklusiv ist. Zumindest denken sie das. Ich habe von Behausungen mit über tausend Brutnischen – die Menschen nennen sie Zimmer – gehört.“

Jannis staunt: „Wie einfach ist das denn? Ich baue mir ein großes Nest und automatisch bekomme ich mehr Anerkennung?“

Konradins Stimme bekommt einen dozierenden Ton: „Jannis, so einfach ist das nicht. Stell dir vor, wir müssten unser Nest zehnmal so groß bauen – wie viel Zeit wir dafür benötigen würden! Zeit, die uns dann zum Spielen, für unsere persönliche Entwicklung, Geselligkeit und Entspannung fehlen würde. Wir Raben erreichen Anerkennung – neben einem geschulten Spürsinn für Nahrungsmittel und fliegerischem Können – insbesondere durch Zuwendung, gegenseitige Hilfe und Verlässlichkeit gegenüber unseren Familienmitgliedern und Artgenossen. Die Menschen nennen diese empathischen Fähigkeiten auch soziale Kompetenz. Dies ist in meinen Augen sowohl für das persönliche als auch für das gemeinsame Wohl bedeutsamer als die Größe unseres Nestes.“ Jannis erschrickt, denn er begreift die Tragweite von Konradins Aussage: „Das ist ja besorgniserregend! Jetzt beginne ich, die Anhäufung all ihrer Gegenstände besser zu verstehen, und auch die irrsinnigen Müllberge, die sie dabei produzieren und diese dann über Land und Wasser verteilen. Unsere fliegenden Verwandten fressen diesen Schrott auch noch.

Und ich dachte allen Ernstes, sie hätten noch ein weiteres Bedürfnis nach Gegenständen, das du mir verschwiegen hast.“ Immer noch ungläubig über die Erkenntnis, fährt Jannis mit seinen Fragen fort: „Aha, Papa, du vermutest, dass das Bedürfnis nach Status bei anderen Lebewesen nicht ganz so ausgeprägt ist?“

Konradin seufzt: „Das mit dem Selbstwert der Menschen ist so eine Sache. Auch Biber bauen natürlich gerne möglichst große Staudämme, die Pfauen bei uns im Park betrachten sich stolz im Spiegel des Sees und unseren nahen Verwandten, den Elstern, gefallen die glitzernden Schmuckstücke der Menschen. Ich habe schon viele andere eitle Lebewesen kennengelernt, aber der Mensch ist in dieser Hinsicht sicher ein Extrem.

Einerseits kooperieren Menschen auf einem Niveau wie kein anderes Lebewesen auf unserem Planeten; andererseits leben sie in ständiger Konkurrenz und sind zutiefst gekränkt, wenn ihre Mitmenschen ihre Sicht der Dinge anzweifeln.

Als ausgeprägt soziale Lebewesen hängt der Selbstwert der Menschen, wie ich dir gerade erklärt habe, in sehr hohem Maße von ihren Mitmenschen ab. Aber die Menschen schenken sich gegenseitig nicht ausreichend Unterstützung, Achtung und Anerkennung – das Gefühl, gebraucht zu werden.

Das Erstaunliche an den Menschen ist, dass sie meinen, einen Mangel an Selbstwert durch materielle Gegenstände kompensieren zu können – nicht zuletzt, um dadurch die fehlende Achtung und Anerkennung zu bekommen. Und dies gilt ebenso für einen Mangel an Zugehörigkeit und Liebe.“

„Wahnsinn, woher kommt denn diese Vorstellung?“, will Jannis wissen. „Das reden sie sich gegenseitig ein“, erklärt ihm Konradin. „Zur Unterstützung dienen ihnen die bunten Plakatwände, die du hier überall in der Stadt siehst. Auf diesen werden die Produkte beworben.“ „Die spinnen, die Menschen“, entfährt es Jannis. „Sei vorsichtig mit Pauschalurteilen!“, ermahnt ihn sein Vater.

„An dieser Stelle ist es wichtig, festzuhalten, dass wir nicht alle Menschen für den gleichen Wurm halten dürfen. Es gibt viele weitblickende Menschen, die versuchen, nicht durch übermäßigen Verbrauch an Wald, Wiesen und Wasserflächen – von den Menschen als Natur bezeichnet – ihr Bedürfnis nach Selbstwert zu befriedigen. Nur leider ist dies bislang eine Minderheit. Und selbstverständlich gibt es auch Menschen, die aufgrund der Anzahl ihrer Kinder ein besonders großes Haus benötigen.“ „Und dieses zweite Bedürfnis, das so ähnlich hieß? Wie befriedigen die Menschen das?“, hakt Jannis wissbegierig nach.

Bedürfnis nach Selbstverwirklichung

Konradin lacht: „Das hieß Selbstverwirklichung7, Jannis. Unter Selbstverwirklichung verstehen die Menschen, ein Leben zu führen, in dem es ihnen gelingt, ihre Stärken zur Geltung zu bringen, also sie entsprechend sinnvoll einzusetzen. Auch das kann ich dir am Beispiel der Behausungen erklären. Es gibt Menschen, die scheinen zu bauen um des Bauens willen. Sie sehen darin das typisch Menschliche. Diese Menschen empfinden beim Planen und Bauen eine große Freude. Die Hoffnung, ein nützliches, die Umwelt nicht schädigendes und/oder prachtvolles Bauwerk zu errichten, treibt sie an und lässt sie dabei selbst schwere Rückschläge wegstecken.“ „Ungefähr so wie bei den Bibern, Papa?“ „Ganz genau so, Jannis.

„Oh, da haben wir ja Glück, Papa. Es gibt nicht so viele Biber und sie leben auch nur an Flüssen, sodass die Menschen die einzigen Lebewesen sind, die die Natur großflächig zerstören können.“

Konradin lacht noch lauter, bevor er fortfahren kann: „Glück würde ich das nicht unbedingt nennen, mein Sohn. Aber bleiben wir noch einen Augenblick bei den Bedürfnissen. Zu einer umfassenderen Betrachtung des menschlichen Verhaltens kommen wir sicher noch an einem anderen Abend.

Ich denke, viele Lebewesen befriedigen dieses Bedürfnis nach Selbstverwirklichung unbewusst, während die Menschen bei der Suche nach Selbstverwirklichung ihr Bewusstsein ins Spiel bringen.“

„Hast du eine Merkhilfe für die Bedürfnisse?“, fragt Jannis.

Konradin überlegt: „Zusammengefasst kannst du dir diese als Pyramide vorstellen; das sind die nach oben spitz zulaufenden Gebilde, die du von unseren Fernreisen1 Richtung Süden kennst.“

Und da weit und breit keine Katzen zu sehen sind, fliegt Konradin kurzerhand zum nahe gelegenen Kinderspielplatz. Mit seinem Schnabel pickt er skizzenhaft eine Pyramide in den feuchten Sand und erläutert Jannis seine Zeichnung:

„Das Fundament der Pyramide bilden die Grundbedürfnisse, gefolgt von dem Bedürfnis nach Sicherheit. Darüber befinden sich die Bedürfnisse nach Zugehörigkeit und Liebe sowie das Bedürfnis nach Selbstwert. Das Bedürfnis nach Selbstverwirklichung bildet die Spitze der Pyramide.

Darstellung der Maslow’schen Bedürfnishierarchie8in Form einer Pyramide, von Konradin in den Sand gepickt

Wenn du dir diese Bedürfnisse merken kannst, weißt du schon sehr viel über die Menschen und auch über andere Lebewesen. Denn um sich wohlzufühlen, wollen Lebewesen ihre Bedürfnisse befriedigen.

Die Kraft, die sie dazu antreibt, nennen die Menschen Motivation. Je nach Bedürfnis unterscheiden sie zwischen Anschluss-, Macht- und Leistungsmotiv.9 Jedem Motiv liegt sozusagen ein Bedürfniskern zugrunde.“10

„Bitte nochmal langsam, Papa“, muss Jannis seinen immer wissenschaftlicher redenden Vater stoppen. „Danke für den Hinweis, dass ich mich gerade selbst überholt habe“, entschuldigt sich Konradin. „Ich will dir die drei Motive anhand von Beispielen näher erklären: Menschen mit ausgeprägtem Anschlussmotiv mögen sich in einer bestimmten Situation anstrengen, weil sie sich davon erhoffen, von der Gemeinschaft gemocht zu werden und Wertschätzung zu erfahren. Sie investieren viel Zeit in die Pflege von Beziehungen, während sich Menschen mit ausgeprägtem Machtmotiv in der gleichen Situation anstrengen würden, um die Gemeinschaft anführen zu dürfen. Wiederum andere Menschen, diejenigen mit einem ausgeprägten Leistungsmotiv, strengen sich an, weil sie das, was sie machen und die Ergebnisse ihrer Anstrengung einfach so lieben wie die Biber ihre Staudämme. Sie gehen so sehr in ihrer Tätigkeit auf, dass sie während der Ausübung Raum und Zeit um sich herum vergessen.“

„Kann ich an der Pyramide sehen, dass jeder Mensch viele grundlegende Bedürfnisse und ein ganz geringes Bedürfnis nach Selbstverwirklichung hat?“, fragt Jannis weiter nach.

„Eine gute Frage, Jannis, die zeigt, dass das Bild auf verschiedene Arten interpretiert werden kann. Die Pyramide soll veranschaulichen, dass es eine Hierarchie der Bedürfnisse gibt und der Weg zur Spitze die Befriedigung der übrigen Bedürfnisse voraussetzt11.

Die einzelnen Bedürfnisse können den Menschen aber unterschiedlich wichtig sein. Für den einen ist Zuwendung wichtiger als Freiheit; für den anderen ist es umgekehrt."

Jannis prüft, ob er die Erläuterungen korrekt verstanden hat: „Papa, das bedeutet, dass es wie bei uns Raben Menschen gibt, die beispielsweise mit weniger Schlaf oder Kontakt auskommen als andere Artgenossen?“

„Genau so ist es, Jannis. Neben der Hierarchie der Bedürfnisse verdeutlicht die Pyramide außerdem, dass die Menschen zur Spitze streben. Das heißt, wenn sie beispielsweise ihr Bedürfnis nach Zugehörigkeit und Liebe befriedigt sehen, sind sie damit noch nicht zufrieden, sondern streben danach, die hierarchisch höherstehenden Bedürfnisse nach Selbstwert und Selbstverwirklichung zu befriedigen.“12

„Papa, gelangen viele Menschen zur Spitze?“, fragt Jannis und Konradin holt aus: „Stellen wir uns den Menschen als Gämse vor, die an der Pyramide hinaufklettert. Da die Befriedigung der einzelnen Bedürfnisse nicht dauerhaft anhält, wird die Pyramide von den Menschen regelmäßig erklommen, was aber nicht heißt, dass alle Menschen an die Spitze gelangen.

Das kann zum einen damit zusammenhängen, dass es in manchen Regionen auf der Erde für die Menschen verhältnismäßig schwierig ist, die unten angesiedelten Bedürfnisse zu befriedigen, weil es zu wenige Lebensmittel gibt oder sie sich den ganzen Tag gegenseitig bekämpfen. Aber auch hier bei uns in der Region, wo ausreichend Nahrungsmittel für die Menschen vorhanden sind und aktuell Frieden herrscht, haben einige Menschen Probleme, die letzten Meter zu erklimmen. Und selbst Menschen, die schon einmal erfolgreich waren, können beim nächsten Mal scheitern. Ich habe nur noch nicht herausgefunden, warum.

Bei den Menschen scheint zudem die Angst, die unten angesiedelten Bedürfnisse nicht befriedigen zu können, größer zu sein als der Ansporn, sich selbst verwirklichen zu können, sodass sie sich voll auf die vier unteren Motive konzentrieren.13 Die diesen vier Bedürfnissen zugrunde liegenden Kräfte werden entsprechend auch als Defizitmotive bezeichnet und der Antrieb zur Selbstverwirklichung als Wachstumsmotiv.14 Oder vielleicht sind sie sich ihrer Stärken nicht bewusst beziehungsweise setzen sie nicht richtig ein.