Der rote Faden in der Senioren-Betreuung - Karin Ahmad - E-Book

Der rote Faden in der Senioren-Betreuung E-Book

Karin Ahmad

0,0

Beschreibung

Karin Ahmad kam durch ihr Kunsttherapie-Studium vor mehr als zwanzig Jahren zur Seniorenarbeit. Davon war sie elf Jahre als Betreuungskraft in einem großen Hamburger Altenheim tätig. Sie weiß daher, was die Diagnose Demenz für den betroffenen älteren Menschen und seine Angehörigen bedeutet. Hier stellt sie ihre langjährig erprobten Methoden der Aktivierung und Beschäftigung von Seniorinnen und Senioren vor, die sich am Wechsel der Jahreszeiten orientieren. Sie zeigt, wie es gelingt, ältere Menschen mit und ohne Demenz zu fördern und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern, ohne sie zu überfordern. Denn auch im Alter kann das Leben wieder leichter und beschwingter sein.

Sie lesen das E-Book in den Legimi-Apps auf:

Android
iOS
von Legimi
zertifizierten E-Readern
Kindle™-E-Readern
(für ausgewählte Pakete)

Seitenzahl: 179

Das E-Book (TTS) können Sie hören im Abo „Legimi Premium” in Legimi-Apps auf:

Android
iOS
Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Karin Ahmad

Der rote Faden in der Senioren-Betreuung

Ein Aktivierungs-Buch für Betreuungskräfte und Angehörige mit Beschäftigungsangeboten durch das Jahr

Copyright: © 2022 Karin Ahmad

Lektorat: Dr. Lotte Husung – www.buchstaeblich-lektorat.de

Umschlag & Satz: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Titelbild: © Alexan66 (depositphotos.com)

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

Softcover

978-3-347-53094-2

Hardcover

978-3-347-53095-9

E-Book

978-3-347-53096-6

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

In der aktuellen Corona-Pandemie können die Aktivierungsangebote in Alten- und Pflegeheimen nicht wie ursprünglich durchgeführt werden. Es sind die Vorschriften der jeweiligen Einrichtung zu beachten. Im März 2020 kam die Corona-Zeit, die für alle eine Katastrophe ist. So lange halten es die Bewohner*innen mit diesen reduzierten Gruppenangeboten schon aus. Sie fragen, wie lange es noch andauert, einige erwähnen gleichzeitig, dass sie schon so manche schlimme Situation erlebt haben. Die Kontaktbeschränkung ist für viele Bewohner*innen ein großes Problem, ihnen fehlt der Kontakt zu Angehörigen und Freunden. Für alle Berufsgruppen und auch für die Betreuungskräfte ist diese Zeit eine große Herausforderung.

Inhalt

Einleitung

1. Spiele und Bewegungsgeschichten

Entwicklung von Geschichten

Beschäftigungsangebote und Gruppenaufbau

Lieder erraten

Ein Beispiel für das Liederraten

Bewegungsgeschichte

Spiele und Reisen

Vertrautes aus der Vergangenheit

Beschäftigungsangebot: Werbesprüche ab den 1950er-Jahren

Der Herbst: „Bunt sind schon die Wälder“

Gesprächsrunde: Das schöne Thema „Winterruhe“

Bewegungsgeschichten – Besprechung

Der Laternenlauf

Chaos im Winter, ohne Bewegung geht gar nichts mehr

Geschichten voller Sprichwörter entwickeln oder ändern

2. Erinnerungsarbeit und Gedächtnistraining

Beschäftigungsteil

Gleichgewicht trainieren

Eine wirkliche Herausforderung

Hauptstädte und Traditionen

Erinnerungen an die Tanzschule

3. Bewegung

Bewegung ist das A und O

Bewegungs– und Aufwärmangebote

Schwungtuch

Geschichten zur Musik

Die Bewegungsfreude

Luftballon-Basisübung – Themen entsprechend abwandeln

Volltreffer: Singen und Bewegung

Fröhliches Schunkeln belebt Körper und Seele

4. Männer und ihre Hobbys

Gruppenarbeit: Welche Hobbys hatten Sie?

Die Erinnerungskanäle öffnen

Schauen wir mal im Baumarkt vorbei!

Besuch im Autohaus oder in der Autowerkstatt

Faszination Eisenbahn: In jedem Mann steckt ein Kind

Fragen: Was brauchen wir alles für eine Reise mit dem Zug?

Wer ist schon mal mit der Transsibirischen Eisenbahn gefahren?

5. Hunde als Lebensbegleiter

Hunde können in der Betreuung sehr wichtig sein und diese Lücken wieder füllen

Gruppenaktivitäten mit Hunden – Spiel mit dem Leckerbissen

Verstecken

Das Apportier-Spiel

6. Basteln

Einleitung

Fragen für die „Sinnes-Brücke“

Wer rastet, der rostet. Das gilt auch für unser Gehirn!

Der kreative Erfahrungsraum

Einführung in die Farb-Meditation

Vorbereitung für das bevorstehende Jahr

Einführendes Gespräch über Mandalas

Farbenfrohe Mandala aus Papierschnipseln in der Gruppenarbeit entstanden

Bastelanleitung für das Schnipsel-Mandala

Kalender für Tagesraum oder Zimmer gestalten

Es ist Frühling: „Im Märzen der Bauer“

Die Frühlingscollage

Mit dem Frühling kommen die Schmetterlinge

Grundrezept für den Salzteig

Bastelanleitung für die Schmetterlinge

Einleitung zur Gruppe Blätterbilder

Bastelanleitung von Blätterbildern

Bastelideen: mit Luftballon und Naturmaterialien Laternen basteln

Bastelanleitung für einen Schneemann aus Salzteig

Bastelanleitung für Schneekugeln

7. Gestalten mit Ton

Bastelanleitung für Glücksbringer

Bastelanleitung für ein Schwungtuch

8. Malen

Malen kann ein glückliches Gefühl hervorrufen

Menschen lernen und erfahren sich durch das Handeln

9. Grundlage für alle Nass-in-Nass-Bilder

Einstimmung für Zufallsbilder

Malen im Jahreslauf, eine Übung, die verzaubert

Diese Übung baut das Selbstvertrauen auf

Biografisches Malen – Malen als Lebensspur

Lebenslandschaften – biografisches Malen

10. Biografiearbeit bedeutet Zuhören

Biografiearbeit ist eine inspirierende Zeitreise durch die Lebensgeschichte

Einleitung einer Biografiearbeit

Die Biografie-Arbeit ist so wichtig

11. Lachen entspannt die Seele

Lachen, der Zauber, der Herzen öffnet

Aktivierungs-Gruppe: Die Zeit des Stummfilms

Mit fitten Bewohner*innen rufen wir eine Lach-Übungs-Gruppe ins Leben

Clowns finden den Zugang zu allen

Initiiere eine Gruppe mit dir als Clown im Tagesraum, wenn’s gestattet ist

12. Gartenarbeit

Ein Garten ist ein großes Glück

Körper und Seele beleben

Den Acker bestellen

Beschäftigungsangebot: Jeden Tag ein Erlebnis

Durch die Natur die Kreativität fördern

Wir arbeiten mit den Sinneseindrücken

Gemeinsam einen Sinnesgarten entwerfen, anlegen und bepflanzen

Blumen und Pflanzen sind Lebensbegleiter

Eine einjährige Garten-Begleitung

13. Das Gehirn des Menschen ist ein Wunder

Singen und Bewegung als Gedächtnisstütze

Lieder-Besprechung

Wir beginnen die Gesprächsrunde

Vorbereitung für die Bewegungseinheiten

14. Einzelbetreuung mit fitten Bewohner*innen

Gleichgewicht trainieren

Eine wirkliche Herausforderung

15. Einzelbetreuung von bettlägerigen Bewohner*innen

Ein Blumen-Gesteck

Fundstücke

16. Einzelbetreuung mit Demenzerkrankten

Der Moment wird genutzt, er ist kostbar

Zeit der Spaziergänge

Der therapeutische Tischbesuch

Singen und kurze Gedichte

17. Demenz und Validation

Im Laufe des Lebens hat jeder Mensch Bewältigungsstrategien entwickelt

Eine Herausforderung für uns

Sprichworte und Co sind immer vorbereitet

Beispiele für Aktivität

Das Leben aufarbeiten

Validationstechniken, die Naomi Feil definiert hat: Die 4 Phasen des Aufarbeitens

Validation ist eine Kommunikationsmethode, um Menschen mit Demenz zu öffnen

Ziele der Validation

Nonverbale Validationstechniken

Verankerte Berührung

Demenzstation Stadium I: Mangelnde Orientiertheit

Stadium II: Zeitverwirrtheit

Stadium III: Sich wiederholende Bewegungen

Stadium IV: Das Dahin-Siechen

18. Für Angehörige

Was ist Validation?

Gesprächsbeispiele: Beispiel aus dem Kapitel Demenz/Validation

Was war mit Frau B. an diesem Tag geschehen?

Die folgenden Grundsätze der Validation sind bei Wikipedia vermerkt:

19. Der Rhythmus der Jahreszeiten

Der Frühling ist farbig

Der Sommer ist heiß

Der Herbst ist bunt

Der Winter ist kalt

Das Jahr hat seinen Rhythmus

20. Ein Augenblick in der Begleitung

Der Augenblick

Zitat einer 93-jährigen Frau:

Quellennachweis

Einleitung

Im Jahr 2000 hatte ich am Wochenende einen Nebenjob als Servicekraft in einem Altenheim. Dort hörte ich auch zum ersten Mal etwas über die Krankheit Demenz und wie sie den Menschen verändert. Natürlich versuchte ich schon vorher, mir das seltsame Verhalten einer Bewohnerin zu erklären, die ich immer morgens im Wohnbereich traf. Sie saß nervös und besorgt in der Nähe des Fahrstuhls auf der Bank und wartete mit ihrem Hab und Gut auf den Bus. Sie erzählte mir, dass sie nach Hause zur Mutter fahren wolle und auch ihre Kinder zur Schule schicken müsse.

Solche Begegnungen waren immer sehr bewegend für mich. Ich wusste zur damaligen Zeit nicht, wie ich damit umgehen sollte, darum setzte ich mich für kurze Zeit zu ihr und sagte nichts. Eine Pflegerin erzählte mir einige Tage später, aus welchen Gründen die alte Dame immer auf den Bus warte, und erklärte mir das Krankheitsbild der Bewohnerin.

Beim Verteilen von Frühstück oder Abendessen hatte ich kurze Begegnungen mit den Bewohner*innen. Ich bemühte mich, für den Moment eines Atemzuges Vertrauen und Freude zu schenken. Indem ich mich auf sie einließ und hinhörte, was sie mir erzählten, spürte ich ihre Zufriedenheit und sah in ihren Gesichtern ein Lächeln. Oft konnte ich nicht glauben, dass einige an Demenz Erkrankte doch noch unglaublich fit sind und sich sehr gerne unterhalten.

Nach drei Jahren war der Job wackelig, die Kündigung flatterte mir ins Haus, denn Servicekräfte wurden zu dieser Zeit nicht mehr gebraucht.

Ich bekam die Gelegenheit, mich weiterhin mit alten Menschen zu beschäftigen und kam bei der Hamburgischen Brücke-Gesellschaft für private Sozialarbeit e.V. unter. Es war ein Glück für mich, dass ich an Demenz-Schulungen teilnehmen durfte, und ich vertiefte mein Wissen immer mehr.

Dort lernte ich auch, was die Diagnose Demenz für den betroffenen Menschen und die Angehörigen bedeutet.

Meinen ersten Einsatz hatte ich am 06.12.2003 bei einer an Demenz erkrankten alten Dame, die noch zu Hause lebte und von ihren Angehörigen betreut wurde.

Im Laufe der Betreuungsarbeit lernte ich viele interessante alte Frauen und Männer kennen und blieb bis 2007 bei der Hamburgischen Brücke.

Nachdem ich ein Kunsttherapie-Studium abgeschlossen hatte, wollte ich mich weiterhin mit älteren Menschen beschäftigen und wurde Betreuungskraft.

Mit diesem Buch habe ich die Aktivierungsangebote zusammengestellt, die sich in der Anwendung bewährt haben. Ich zeige, wie es gelingt, alte Menschen zu fördern und ihnen ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Denn ich meine, das Leben kann auch im Altenheim leicht und beschwingt sein.

Mit dieser Beschäftigungsmethode, die sich durch das ganze Jahr zieht, werden die Bewohner*innen aktiver.

Früher verbrachten die Menschen ihre Zeit anders als der moderne Mensch im einundzwanzigsten Jahrhundert. Sie waren mehr in den Jahreszeiten verankert und feierten die Feste intensiver. Wenn wir daran denken, dass die Religion mit all den Festtagen einen großen Raum einnimmt, erkennen wir, dass die Feste mit den Jahreszeiten zusammengehören. Die Speisen, der Geschmack der Früchte und der Geruch der Jahreszeiten, alles ist auf den Jahreskreislauf abgestimmt.

Die Erfahrung hat mir gezeigt, dass wir mit den Bewohner*innen den Koffer voller Erinnerungen öffnen sollten. Das schaffen wir, indem wir bei den Bewohner*innen an die Lebenserinnerungen der früheren Jahre anknüpfen, und damit kann man dann auch gut in den Gruppen arbeiten.

Ich trete mit den Betreuungsangeboten auf Augenhöhe an die Bewohner*innen heran, denn es bleibt ein bitterer Nachgeschmack zurück, wenn sie das Gefühl haben, bevormundet zu werden.

Es ist es meiner Meinung nach unbedingt nötig, dass Senioren*innen ihren Körper und Geist altersentsprechend trainieren. Unser Gehirn denkt in Farbe, außer wenn wir in einer depressiven, traurigen Stimmung sind.

Wenn wir dieses Wissen mit in unseren Betreuungsalltag nehmen, wird die Stimmung in den Gruppen und Tagesräumen lockerer und leichter.

Das vorliegende Buch ist aus der Praxis für die Praxis und enthält einfache, aber wirksame Aktivierungsangebote für Gruppen und Einzelbetreuung.

Diese oft sinnlichen Erfahrungen unterbrechen das eintönige Leben. Wenn der alte Mensch seinen Körper spürt, wird er wieder wach und sich selbst bewusst.

Darum ist die Vorgehensweise sehr hilfreich, die Bewohner*innen in die Gestaltung von Gruppenaktivitäten mit einzubinden, wo immer es geht.

Wenn uns das gelingt, können wir die Arbeit als Herausforderung annehmen und merken, dass es den Bewohner*innen Spaß macht, sich einzubringen. Es ist wichtig, dass bei den alten Menschen die Seele bewegt wird, denn das holt sie aus dem Gefühl der Abhängigkeit heraus. Zufriedene Gefühle erwachen wieder, wenn etwas Interessantes zu sehen, zu hören, zu riechen oder zu schmecken ist.

Mit diesem Buch wage ich den Versuch und nehme die Bewohner*innen durch Beschäftigungs-Angebote mit durch die Jahreszeiten. Die Lieder und Bräuche, die Gezeiten, Tag und Nacht, Auf- und Untergang der Sonne: Alles hat etwas mit uns Menschen zu tun, darum können wir die tägliche Routine ändern und auf die Jahreszeiten zurückblicken und uns ihnen anpassen.

So oft es geht, sollten wir die Sinnesbrücke verwenden. Die Erklärung dazu ist, dass unsere Sinne – Hören, Fühlen, Schmecken, Sehen und natürlich auch der Geruchssinn, der sehr ausgeprägt ist – sofort einen Impuls ins Gehirn leiten, der Erinnerungen wachruft.

Und nun noch ein kurzer Hinweis: Ich habe die Beschäftigungsangebote, die für die Einzelbetreuung hervorragend geeignet sind, aus den Kapiteln entnommen und noch einmal in den passenden Kapiteln der Einzelbetreuungen dargestellt.

Das dient der schnellen Auffindbarkeit der Angebote und es ist nicht unbedingt nötig, das Buch daraufhin durchzuschauen.

So ist es zum Beispiel ganz einfach, für eine bettlägerige Bewohnerin ein passendes Beschäftigungsangebot zu finden, das sonst nur im Kapitel Gartenarbeit beschrieben steht. Das Gleiche gilt für die Einzelbetreuung mit fittem Bewohner*innen und für die Einzelbetreuung demenzerkrankter Bewohner*innen.

Es sei noch erwähnt, dass Validation nicht so schwer ist, wie wir eventuell glauben.

Durch Blickkontakt zu den Bewohner*innen bauen wir eine Beziehung auf. Es ist eine Umgangstechnik mit einer urteilsfreien Grundhaltung. Wenn wir den Gefühlen und Handlungen der Bewohner*innen zustimmen und mit Struktur den roten Faden beim Gespräch und der Handlung leiten, fühlen sich die Bewohner*innen gesehen und verstanden. Für uns ist es wichtig, die Körpersprache wahrzunehmen und nachzuahmen. Wir gehen mit Einfühlungsvermögen auf die Bewohner*innen ein.

Natürlich ersetzen die Hinweise im Buch keine Validations-Schulung, worin sich jede Betreuungskraft schulen lassen sollte.

Man hört und sieht nur mit dem Herzen gut.

Zitat aus „Der kleine Prinz“

Das bestätigt mich. Blicke sind die Sprache der Seele.

1. Spiele und Bewegungsgeschichten

Da es etwas schwierig ist, sich auf eine einzige Beschäftigungsroutine festzulegen, habe ich die Betreuungsangebote den Jahreszeiten angeglichen. Sie ziehen sich wie ein roter Faden durch die Angebote.

Vielleicht ist ein Betreuungsangebot im Winter super, doch für den Sommer fühlt es sich schwer und langsam an.

Wir holen alle Beteiligten mit ins Boot. Die Teilnehmer*rinnen, die mit uns über Gestaltung von Gruppenaktivitäten nachdenken und auch mitgestalten, fühlen sich geschätzt und gesehen. Darum nehmen sie viel lieber und aktiver an der Gruppe teil und haben mehr Spaß daran, wie wenn sie nur dabeisitzen und Fragen beantworten sollen. Wir folgen dem roten Faden und geben die Richtung vor. Das wichtigste Gebot für uns sollte sein, die Bewohner*innen so lange, wie es geht, fit zu halten.

Entwicklung von Geschichten

Viele Bewohner*innen haben ähnliche Erinnerungen und einen großen Erinnerungsschatz, worüber gesprochen werden kann.

Bei den Liedern zu den Jahreszeiten machen wir uns das zunutze. Musik und Lieder sind Anker und Ausgangspunkte für Gespräche. Auch demenzkranke Bewohner*innen werden sich an das erinnern, was ihnen im Leben wichtig war, und begeistert mitmachen. Der Erinnerungsschatz aus der Jugendzeit bleibt, auch wenn alles andere wegbricht.

Wir erarbeiten Bewegungsgeschichten gemeinsam und nehmen die Themen zum Beispiel aus Liedern. Den Text arbeiten wir in Bewegungseinheiten und Bewegungsabläufe um. Einmal im Vierteljahr können wir den Bewohner*innen anbieten, mit auf die Reise der Erinnerungen zu kommen.

Wir planen gemeinsam und entwerfen Bewegungsgeschichten zu den Jahreszeiten. Das immerwährende Motto ist: „Je bunter, je lustiger, desto schöner“. Unsere Fantasie kennt keine Grenzen mehr.

Beim Vorlesen des Liedertextes nehmen wir die Melodie des Liedes mit auf. Denn es soll ja melodisch und gefühlvoll rüberkommen. Wir heben oder senken die Stimme. So ein gesprochener Text transportiert die Stimmung des Liedes.

Denn wir sprechen nicht nur mit unserer Stimme, sondern mit den Körperbewegungen und der Mimik in unserem Gesicht. Das kommt auch dem Ausdrucksprozess des Liedes zugute. Die Musik der Vergangenheit kann ein Heilmittel sein, das wir für unsere Arbeit nutzen können.

Beschäftigungsangebote und Gruppenaufbau

So geht’s!

Um uns in eine Gruppenaktivität einzuarbeiten, nehmen wir ein Lied, das in der Erinnerung verankert ist und das die Bewohner*innen gut kennen.

Wir bereiten uns vor, indem wir den Liedertext ausdrucken und einige Male durcharbeiten, damit wir ihn in der Gruppe gefühlvoll vorlesen können. Dann schreiben wir uns Stichpunkte auf, die Anlass für ein Gespräch bieten.

Gruppenbeginn

Wir fragen nach Erinnerungen zum Lied und spielen danach die CD ab, so knüpfen wir bei den Bewohner*innen an gemeinsame Erinnerungen an. Dadurch erzeugen wir eine Gruppendynamik. Einige Bewohner*innen sind besonders langsam. Wenn sie nicht angesprochen werden, sagen sie nichts. Damit auch sie sich mit einbringen können, stellen wir individuell an sie Fragen. Es ist wichtig, dass jede/r das Gefühl hat, zur Gruppe zu gehören, gefragt zu werden und die Möglichkeit zum Antworten zu haben.

Fragen könnten zum Beispiel sein:

War das Lied ein Gassenhauer oder ein Evergreen?

Wie alt waren Sie, als Sie das Lied gehört haben?

Wer hat das Lied gesungen?

Waren Sie frisch verliebt?

Haben Sie dazu getanzt?

Was hatten Sie an?

Die meisten Bewohner*innen werden sich am Gespräch beteiligen. Wir sollten aber darauf achten, dass die besonders gesprächigen Bewohner*innen nicht dominieren. So etwas kann schnell passieren, darum muss allen klar sein, dass wir die Gruppenleiter sind und das Sagen haben. Sonst kann es sein, dass wir schnell den roten Faden verlieren und sich einige zurückgesetzt fühlen. Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich die Teilnehmenden gerne an kurze Regeln halten, die vor Beginn einer Gruppe erklärt werden.

Wenn zum Ende einer Gruppe noch Gesprächsbedarf ist, kann dazu noch einmal eine kleine Einheit stattfinden oder in der Einzelbetreuung darüber gesprochen werden.

Aus Erfahrung weiß ich, dass die Volkslieder sehr interessante Texte haben. Wenn wir sie nur singen, werden sie oft nicht so bewusst wahrgenommen wie beim Lesen. Darum lohnt es sich, mit den Bewohner*innen den jeweiligen Text durchzugehen. Das macht Spaß und verwundert den einen oder anderen, weil so viel im Text ist, was beim Singen gar nicht so wahrgenommen wird.

Lieder erraten

Durch den Liedertext ist es leicht, einem roten Faden zu folgen. Um nicht durcheinanderzukommen, können wir uns die Textabschnitte systematisch vornehmen. Wenn es eine Wortmeldung zu einer Stelle gibt, die im Text weiter hinten liegt, weisen wir darauf hin, dass wir darauf zurückkommen. Sind wir an der Stelle des Liedes angekommen, nehmen wir die Aussage wieder auf und sprechen die Person darauf an. So fühlen sich die Teilnehmenden ernst genommen und wertgeschätzt.

Das gemeinsame Anhören von Frühlingsliedern bringt eine schöne Atmosphäre in den Tagesraum. Mit fitteren Bewohner*innen kann das ein interessantes Gesprächsthema werden. Wenn darüber gesprochen wird, sehen wir in den Gesichtern den Spaß oder ablehnende Langeweile.

Ein Beispiel für das Liederraten

Der Frühling kommt mit dem Lied „Im Märzen der Bauer“

So geht’s!

1. Die Gruppe vorbereiten, im Liedertext die Stellen markieren, die angesprochen werden sollen, und den roten Faden herausarbeiten.

2. Zu Beginn der Gruppe wird nicht gesagt, um welches Lied es geht.

3. Je nachdem, wie fit die Bewohner*innen sind, lassen wir uns individuell auf jede/n ein und sprechen leichtere oder schwierigere Textpassagen an. So können sich die Bewohner*innen an vieles erinnern.

Das Lied „Im Märzen der Bauer“ ist ein schönes Beispiel, es führt durch die Jahreszeiten und zeigt sehr genau, was alles in der Landwirtschaft erledigt wird.

Frühling: Der Landwirt spannt im März seine Pferde vor den Wagen und pflügt den Ackerboden. Anschließend bringt er das Saatgut ins Erdreich. Die Arbeit im Frühjahr ist die entscheidende Zeit des Bauern und die erste Saison. Es wird sehr früh am Morgen mit der Arbeit begonnen, die den ganzen Tag andauert.

Die Bauersfrauen haben im Haus und mit dem Vieh zu tun. Sie graben und hacken den Garten und singen dabei. Wenn’s gedeiht und wächst, ist es für alle eine Freude, es anzusehen.

Sommer: Von Juni bis in den August ist Erntezeit, der Bauer mäht das Getreide, das noch trocknen muss. Die Ähren werden gedroschen und der Bauer mäht zusätzlich das duftende Heu.

Herbst: Das Getreide wird zur Mühle gefahren, zu Mehl vermahlen und verkauft.

Winter: Danach wird es zu Brot und Kuchen verbacken, und zur Weihnachtszeit werden aus dem Mehl der Ähren Weihnachtsplätzchen und Christstollen gebacken.

So kommen wir von einer Jahreszeit zur nächsten und gehen den Liedertext ganz durch. Wir werden erstaunt sein, was alles gemeinsam zusammengetragen wird.

Bewegungsgeschichte

Der Sommer: „Ein Schlafsack und eine Mundharmonika“

Den Text sollte man ausdrucken und das Lied in der Tagesraumgruppe anhören. Gemeinsam sprechen wir über den Inhalt und erzählen, was wir damit vorhaben. Danach fragen wir, wer eine Bewegungsgeschichte mitgestalten möchte.

Wir machen den Bewohner*innen Mut dabei zu sein und bieten ihnen unsere Hilfe an. Wenn sich nicht genug Personen melden, treten wir für die Arbeitsgruppe an fittere Bewohner*innen heran. So eine Gruppe kann vier bis fünf Teilnehmende haben.

Der Liedertext ist Ausgangspunkt und roter Faden zugleich. Die Texte werden verteilt. Wir hören uns das Lied an und unterstreichen die Stellen, von denen wir denken, dass sie in Bewegungen umgesetzt werden könnten. Fittere Teilnehmende können den unterstrichenen Text mit ins Zimmer nehmen und sich vielleicht überlegen, wie sie die Strophen in Bewegung umsetzen können. Bei einem weiteren Treffen beginnen wir zu gestalten und schauen, ob die Bewegungen zum Text passen, zum Beispiel Schunkeln, Klatschen oder mit den Füßen aufstampfen.

Beispiele: Stichwort Sitztänze und Lieder auf YouTube ansehen.

https://www.songtexte.com/songtext/renate-und-wernerleismann-and-rosy-singers/ein-schlafsack-und-eine-gitarre-438cdf13.html

Spiele und Reisen

Je nachdem wie das Wetter ist, kann die Sommerzeit für den Aufenthalt an der frischen Luft genutzt werden. Wenn es möglich ist, veranstalten wir auch Spielenachmittage draußen.

Zum Beispiel:

Kegeln

Brettspiele

Skat

Dosen werfen

Ringe werfen

Stadt, Land, Fluss

Viele Bewohner*innen sind weit gereist, sie kennen ferne Länder und freuen sich, wenn sie darüber sprechen können. Das ist gleichzeitig eine gute Einleitung für das Stadt-Land-Fluss-Spiel, das wir danach machen können.

Vertrautes aus der Vergangenheit

Abwechslung im Alltag schaffen auch Fernsehserien und sogenannte bunte Sendungen, die im Fernsehen ausgestrahlt wurden, als es nur drei Programme gab. Die Bewohner kennen sie noch von früher und erinnern sich, wenn sie darauf angesprochen werden.

Im Internet sind sie zu finden: Schaut dort mal nach, es lohnt sich.

Hier sind einige Beispiele:

Robert Lemke, kennen Sie ihn noch, was hatte er immer dabei? – Ein Sparschwein.

Er moderierte die Quizsendung „Was bin ich, das heitere Berufe-Raten“, die von 1955 bis 1958 und von 1961 bis 1989 im ZDF ausgestrahlt wurde.

Hans Rosenthal war mit seiner Quiz-Sendung “Dalli Dalli“ sehr bekannt. Es wurden 153 Sendungen gedreht, die im ZDF von 1971 bis 1986 liefen. Er beendete jede Folge mit der Aussage „Das war spitze!“ und sprang dann in die Luft.

Lou van Burg hatte die Fernsehshow „Der goldene Schuss“. Es war eine sehr beliebte 90-minütige Spieleshow und der Gegenpol zu den großen Unterhaltungsshows der ARD der 1960er-Jahre. Später wurde sie von Vico Torriani moderiert.

Wim Thoelke moderierte die Quizsendung „Der große Preis“ im ZDF von 1974 bis 1992, danach wurde sie von Hans-Joachim Kulenkampff übernommen.

Es kann zuerst mit dem Bewohner*innen über die Quizsendungen gesprochen werden.

Bei einem anderen Treffen kann versucht werden, eine Quiz-Gruppe zu erarbeiten.

Dazu gibt es Informationen im Internet.

Beschäftigungsangebot: Werbesprüche ab den1950er-Jahren

• Meister Proper putzt so sauber, dass man sich drin spiegeln kann.

• Mutti, Mutti, er hat überhaupt nicht gebohrt!" (Colgate)

• Warum gleich in die Luft gehen, greife lieber zur HB.

• Nichts geht über Bären-Marke, Bären-Marke zum Kaffee.

• Schwäbisch Hall, auf diese Steine können Sie bauen.

• Haribo macht Kinder froh.

• Wir lieben Autos (Opel)

Wem fällt noch mehr ein?

Der Herbst: „Bunt sind schon die Wälder“

Man kann eine Bewegungsgeschichte zum Liedertext entwickeln.

Dieses Lied ist hervorragend dafür geeignet:

Bunt sind schon die Wälder, gelb die Stoppelfelder und der Herbst beginnt.

Rote Blätter fallen, graue Nebel wallen, kühler weht der Wind.

Schon Anfang September werfen die Kastanienbäume ihre Früchte ab. Der Herbst hat seine besonderen Freuden. Die Blätter an den Bäumen leuchten in vielfältigen Farben, die Natur bereitet sich auf den Herbst vor.

Wir setzen bewusst die Sinnes-Brücke ein:

1. Wenn die Kastanien auf dem Tisch rollen,

2. kann man fragen: Was hören Sie?

3.