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Alfred Irgang ist Sammler. Allerdings sammelt er nicht Briefmarken oder Antiquitäten, sondern schlichtweg alles, was ihm in die Hände fällt: alte Zeitungen, neuwertige Zahnprothesen und andere Dinge, die ahnungslose Vertreter der Wegwerfgesellschaft der Müllabfuhr überantworten. Entsprechend sind auch seine Wohnung und diverse Kellerabteile bemerkenswert angeräumt, was zu beträchtlichen Schwierigkeiten mit der Hausverwaltung führt, ihn aber nicht daran hindert, weiter auf die Jagd nach Kostbarkeiten zu gehen. Weiß nicht ein achtlos entsorgtes Damenmieder ebenso viel zu erzählen wie ein Biedermeiersekretär? Am Stammtisch, der eine Runde von Wissenschaftern und Kunstsinnigen zusammenführt, breitet er gern seine Schätze aus, was naturgemäß auf wenig Gegenliebe stößt. Als ihn ein "Arbeitsunfall" ans Spitalsbett fesselt, wittern sie die Chance zur Zwangsbeglückung ... Mit feiner Ironie erzählt Evelyn Grill von einer sich gut wähnenden Gesellschaft, in der die Devise "leben und leben lassen" von der Gier nach Vereinnahmung eines Unangepassten zu Grabe getragen wird.
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Seitenzahl: 267
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Evelyn Grill
Der Sammler
Roman
Residenz Verlag
Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek: Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
www.residenzverlag.at
© 2006 Residenz Verlagim Niederösterreichischen PressehausDruck- und Verlagsgesellschaft mbHSt. Pölten – Salzburg – Wien
Alle Urheber- und Leistungsschutzrechte vorbehalten.Keine unerlaubte Vervielfältigung!
ISBN ePub: 978-3-7017-4380-3
ISBN Printausgabe:978-3-7017-1442-8
Inhaltsverzeichnis
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Für Joachim
Das Sammeln geht den Wissenschaften immer voraus.
Adalbert Stifter, Der Nachsommer
1
Im La Grotta flackerten Kerzen in Rokoko-Kandelabern. Ihr unruhiges Licht fiel auf die Gesichter der Gäste an den gedeckten Tischen und warf weiße Flammen auf das Tonnengewölbe. Irgang blieb in der Nähe des Eingangs stehen, bis sich seine Augen an das dürftige Licht gewöhnt hatten. Die Kellner flitzten an der schmächtigen Gestalt vorüber, als wäre sie unsichtbar. Endlich zwängte sich der Mann zwischen den tafelnden Gästen hindurch, nervös gefolgt von einem Kellner, der sich wegen der umfangreichen Bagage des Neuankömmlings um die gedeckten Tische sorgte.
Im Laufe der Zeit hatte sich das La Grotta von einem lärmigen Studentenlokal zu einem Restaurant der gehobenen Mittelklasse entwickelt. Hier traf sich seit zwanzig Jahren Professor Gregor Voss jeden Freitag nach seinem philosophischen Seminar mit Freunden. Für die meisten Studenten war das Lokal zu teuer geworden, trotzdem hielt er daran fest, denn er war nicht nur Philosoph, sondern auch Historiker und besaß ein Gefühl für Tradition.
Er hatte sich seinem Sitznachbarn, dem Anglisten Otto Unlauter, zugewandt, und die Schriftstellerin Dora Stein spießte gerade ein Artischockenherz auf die Gabel, als Brigitte Schneider, die blonde Studentin der Germanistik im achten Semester, Alfred Irgang ankündigte.
Na endlich! rief Uta Aufbau, studierte Sozialpädagogin und ausübende Bewährungshelferin. Sie wandte sich um. Aber da stand der Mann schon an ihrem Tisch, begrüßte die Anwesenden mit beinahe anmutigem Neigen des Kopfes und dem feinen Lächeln des Weltmannes, das in auffälligem Gegensatz zu seinem heruntergekommenen Äußeren stand, zwängte sich schließlich mit seinen prallgefüllten Plastiktaschen hinter den Stühlen der Schriftstellerin und der Studentin vorbei an den für ihn freigehaltenen Platz an der Wand. Bis er ihn eingenommen hatte, verstummten die Gespräche. Irgang verstaute seine voluminösen Taschen, verschob dadurch das weiße Damasttischtuch, rasch griff man nach den Gläsern, Uta Aufbau bewahrte den Kerzenleuchter vor dem Umfallen.
Alfred, sagte Voss zum Ankömmling, als der sich endlich gesetzt hatte und das Tischtuch wieder zurechtgerückt war, ich war gerade dabei, vom Philologenkongreß in Amherst zu erzählen, schade, daß du so spät kommst.
Irgang antwortete nicht, und die Bewährungshelferin betrachtete ihn kritisch: Hast du wieder abgenommen? Finden Sie nicht auch, daß er schlecht aussieht? Dora Stein, an die sie sich wandte, zuckte mit den Schultern: Vielleicht ist das die Beleuchtung. Er sollte sich rasieren. So ein Dreitagebart sieht nur bei jungen Männern gut aus, die Anzüge von Armani oder Versace tragen.
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