Der Soldat Jeremy Martinsen - Karl-Heinz Knacksterdt - E-Book

Der Soldat Jeremy Martinsen E-Book

Karl-Heinz Knacksterdt

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Beschreibung

Eine unvollendete Liebesgeschichte in einem Hightech-Unternehmen. Skrupellose Wissenschaftler und Militärs. Hochentwickelte Roboter, die auf dem Weg sind, die Macht zu ergreifen. Und dazwischen: ein Mensch, ein Soldat, traumatisch gezeichnet durch Kriegserleben. Er wird benutzt von den ihn umgebenen Mächtigen, manipuliert, gequält - letztlich wird seine innere Welt zerstört. Sorgfältig recherchierte Orte und Fakten, erzählerisch detailreich und spannend dargestellt. Ein dramatischer Roman aus der Zukunft? Der Soldat Jeremy Martinsen

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Ich widme dieses Buch allen Menschen, die trotz aller negativer Entwicklungen auf vielen Gebieten die Hoffnung auf eine gute Zukunft für ihre Kinder, Enkel und Urenkel behalten

Die Personen

Brigadier General William Westerman, Kommandeur der BrainSpecialistUnit

Major Ryan Anderson, Brigade-Kommandeur in Sharana / Afghanistan

First Sergeant Jeremy Martinsen und seine Familie mit Priscilla, Jenny und Melanie

Captain John Bertoli und seine Familie mit Petra und den Kindern Paul, Jennifer und Lucy

Corporal Allison Donagan

Specialist Oskar van Delden

Private First Class Pietro „The Gambler“ Martinez

Private Donald Trumpeter jr., Schütze am Maschinengewehr

Ellen Winter, CEO von Brainrise Robotics

Susan Hanson, Chef-IT-Spezialistin für KI

Dr. Matthias Bremer, Neuro-Wissenschaftler und seine Familie mit Helen und 2 Kindern

Agneta Svensson, Schwedin aus Malmö, Neuro-Holografie-Spezialistin Pjotr (Pete) Asjajev, Ukrainer, KI-Entwickler

Liu (Lilly) Nguyen, Vietnamesin, Betreuung der Robottas Kitty und Pamela

Berthold Schaf mit Beate und den Kindern Johanna und Malte

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Autors

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Kapitel 35

Epilog

Vorwort des Autors

Verehrte Leserinnen und Leser! Gestatten Sie mir, aus einem Buch zu zitieren, das ich nach langen Jahren kürzlich erneut zur Hand genommen habe - es ist „Schöne neue Welt“ von Aldous Huxley (* 1894 + 1963).

Der Klappentext des Fischer-Taschenbuches lautet: „Alles in allem sieht es ganz so aus, als wäre uns Utopia viel näher, als irgendjemand es sich vor nur fünfzehn Jahren hätte vorstellen können. Damals verlegte ich diese Utopie sechshundert Jahre in die Zukunft. Heute scheint es mir durchaus möglich, dass uns dieser Schrecken binnen eines einzigen Jahrhunderts auf den Hals kommt; das heißt, wenn wir in der Zwischenzeit davon absehen, einander zu Staub zu zersprengen“. (Zitatende)

Huxley schrieb dieses Buch 1932 - seine o. g. Anmerkung entstammt seinem Werk „Brave New World Revisited“, erschienen 1958.

Ich habe dieses dritte Buch der Trilogie „Manipulationen“ geschrieben, weil mir nach der Resonanz von LeserInnen auf die Bücher 1 und 2 sowie dem Studium weiterer unterschiedlicher Literatur und aktueller Presse etwas ganz deutlich geworden ist: Wir leben in einer bedrohlichen Zeit! Unabhängig von Globalisierung, militärischen Konflikten und Migrationsbewegungen ist unser Menschsein von skrupellosen Wissenschaftlern bedroht.

Diese Wissenschaftler, die vor allem im Bereich der Informationsverarbeitung und in der Biotechnologie beheimatet sind, nicht zu vergessen auch bestimmte Medizinrichtungen, entwickeln mit massiver finanzieller Unterstützung mächtiger Konzerne Wege, Möglichkeiten und Methoden der Manipulation von Menschen.

Manche dieser Methoden werden von der Masse der betroffenen Menschen - und das sind eigentlich wir alle - nicht einmal bemerkt. Sie werden bei richtiger psychologischer 'Verpackung' nicht nur akzeptiert, sondern sogar bejubelt.

Andere Methoden, wie sie von mir bereits im Buch „Im Netz der Algorithmen“ betrachtet wurden, führen zu Eingriffen, die irreparabel Gehirne von Menschen, speziell Soldaten, verändern.

Der Protagonist dieses Buches ist ein solcher Soldat. „Natürlich“ freiwillig, unterzieht er sich einer Prozedur, die sein Leben, nicht nur als Soldat, verändern wird.

Bitte erlauben Sie mir noch ein weiteres Zitat, das mich sehr beeindruckt hat.

Der Historiker Noah Juval Harari schreibt (ich zitiere): „Die Demokratie in ihrer gegenwärtigen Form kann die Verschmelzung von Biotechnologie und Informationstechnologie nicht überleben. Sie wird sich entweder radikal neu erfinden müssen, oder die Menschen werden künftig in 'Digitalen Diktaturen' leben“. - Zitatende - (Aus: „21 Lektionen für das 21. Jahrhundert“ Seite 104 Verlag C.H.Beck München 2018)

Oldenburg, im März 2019

Karl-Heinz Knacksterdt

Kapitel 1

Das 4 th Infantry Brigade Combat Team der 1 st Infantry Division in Sharana ist eine eingeschworene Truppe. Jahrelange Kampferfahrungen, erst im Irak-Krieg gegen die Truppen Saddam Husseins und jetzt hier in Afghanistan gegen die Taliban, haben die Frauen und Männer zu einer Truppe zusammengeschweißt, die vor keiner Herausforderung auf militärischem Gebiet zurückschreckt, und auch die Opfer, die der Krieg von ihnen immer wieder forderte, haben ihren Zusammenhalt nicht zerstören können, im Gegenteil.

Es ist ein Mittwochmorgen im April. Die Wetterprognose prophezeit wieder einmal einen sehr heißen Tag.

Bei der Befehlsausgabe an diesem noch kühlen Morgen bekommen Captain John Bertoli und sein auf Erkundungen spezialisierter Trupp den Einsatzbefehl für eine ganz gewöhnliche Aufklärungsaktion. „Die Hauptstraße entlang in Richtung Orgun, dann auf Höhe von Barmal querab Richtung Bergkette.

Schauen Sie nach, ob sich in den letzten Tagen etwas verändert hat - ein Aufklärungsflug mit einem Apache AH64-Hubschrauber wurde in der Region beschossen, allerdings ist kein Schaden entstanden - vielleicht war es ja nur ein durchgeknallter Einzelkämpfer der Taliban. Wenn Sie die Hauptstraße verlassen haben, bleiben Sie ununterbrochen mit dem Headquarter in Verbindung - wenn erforderlich, erhalten Sie sofort Luftunterstützung. Und jetzt viel Glück, kommt gesund wieder, Leute!“

Major Ryan Anderson ist ein Soldat der alten Garde, dem seine Männer und Frauen am Herzen liegen. Schon mehrmals hatte er den Angehörigen von gefallenen Kameradinnen und Kameraden traurige Nachrichten überbringen müssen, was ihn jedes Mal mit einer unbändigen Wut über diesen so unsinnigen und nach seiner Ansicht auch nicht zu gewinnenden Krieg erfüllt - aber diese Meinung ist seine Privatsache. Als Truppenkommandeur ist er stets untadelig.

Die Patrouille startet nach dem Briefing exakt um 07:30 Uhr und fährt mit ihrem Humvee, dem High Mobility Multipurpose Wheeled Vehicle (kurz: HMMWV) zügig die Hauptstraße vom Camp in Richtung Orgun, einem kleinen Dorf im Südwesten. Fünf kampferprobte Männer und eine Soldatin, Private First Class Allison Donagan, bilden die Besatzung des Fahrzeugs.

Es ist sehr wenig Verkehr auf der Strecke, lediglich einige wenige Militärfahrzeuge und hin und wieder ein privater Pkw oder Pickup, zumeist mit landwirtschaftlichen Gütern beladen. Einige wenige ärmliche Dörfer am Straßenrand haben sie bereits passiert, als Captain John Bertoli seinen Leuten über Bordfunk zuruft: „Fällt euch auf, dass wir in den Dörfern nicht einen Menschen gesehen haben? Wo sind die alle? Das gefällt mir nicht, überhaupt nicht!“

„Wahrscheinlich vor den Taliban geflohen“, ruft Allison zurück, „vor uns heute Morgen sicher noch nicht!“ Alle Insassen des Humvee sind wegen des lauten Motor- und Fahrgeräusches des Fahrzeuges mit Headsets ausgerüstet und so über Bordfunk miteinander verbunden.

Das Fahrzeug, gesteuert von Specialist Oskar van Delden, hat ohne Halt den Punkt erreicht, an dem sie auftragsgemäß die Hauptstraße verlassen sollen. Er verlangsamt die Fahrt, um auf die sogenannte Straße, die zu den Bergen führt, einzubiegen. Es ist eine sehr schmale Schotterpiste mit Gräben links und rechts, in denen zur Regenzeit, wenn es sie denn einmal gibt, wahre Sturzbäche fließen. Die Breite des Weges ist gerade ausreichend für den Humvee, und auf der vor ihnen liegenden Strecke gibt es fast keine Ausweichmöglichkeit: Gut, dass ihnen hier heute niemand entgegenkommen kann.

Das Gelände, das weiß Captain Bertoli durch die Luftaufklärung, ist ziemlich unübersichtlich. Er befiehlt deshalb eine Rundumbeobachtung durch alle, besonders natürlich durch Donald Trumpeter jr., der mit dem Oberkörper, nur durch die seitlich angebrachten Stahlbleche, seine schusssichere Weste und den Helm geschützt, oben aus dem Humvee herausragt. Hinter seinem Maschinengewehr hat er damit zum einen den besten Überblick, zum anderen bietet aber auch eine herausragende Zielscheibe für Angreifer.

Als Truppführer nimmt John wie befohlen sofort nach Erreichen der Schotterpiste Kontakt zur Operationszentrale auf, in der heute Vormittag eine liebe Kameradin Dienst tut: Angie Watson, eine hübsche, gut gebaute Blondine aus Pennsylvania, mit der er sich ein wenig angefreundet hat.

„Hi, Angie, wie geht’s?“

„John, wo seid ihr?“ Angie geht nicht auf seinen lockeren Tonfall ein, „Passt gut auf euch auf, es wurden verstärkt Aktivitäten der Taliban aus dem Abschnitt dort gemeldet!“

„Keine Sorge, Angie, wir sind sehr wachsam, und Donald im Turm ist ein guter Beobachter. Gerade sind wir von der Hauptstraße abgebogen, alles ruhig, fast schon zu ruhig, kein Mensch zu sehen, auch nicht in den Dörfern neben der Hauptstraße.“

Donald meldet sich über sein Headset: „Auf zehn Uhr ein nicht identifizierbares Objekt. Oskar, fahr mal etwas weiter ran, aber ganz langsam!“

Specialist Oskar, 22 Jahre jung, frisch verliebt in eine Kameradin aus der Nachbarkompanie in Sharana, legt einen niedrigen Gang ein und schleicht geradezu mit seinem Humvee in Richtung des Objektes. Im rechten Augenwinkel sieht er eine schwarz gekleidete Gestalt, das Gewehr im Anschlag.

„Donald, 1 Uhr, Deckung!“, schreit er in sein Mikro. Donald versucht blitzartig, abzutauchen, sich ins Fahrzeug zurückzuziehen, als mehrere Gewehrsalven den Humvee treffen - er schafft es nicht mehr, sich in Sicherheit zu bringen. Ein Geschoss trifft ihn schräg von vorn am Hals, die Schutzbleche haben es nicht verhindern können. Rund um das Fahrzeug tauchen plötzlich weitere Gegner auf, die aus allen Gewehrläufen feuern. Die Geschosse prallen von der Panzerung und auch von den Frontscheiben ab.

„Oskar, Vollgas über die freie Fläche da vorn!“ geht das Kommando von John Bertoli an den Fahrer, der sofort reagiert und das Fahrzeug beschleunigt - die Kameraden im Innern werden durcheinander geschüttelt.

„Achtung, festhalten!“, schreit Oskar. Er hat noch nicht zu Ende gerufen, als eine fürchterliche Explosion den Humvee erschüttert, er wird geradezu in die Luft gerissen, schlägt wieder auf. John im Fahrerhaus setzt sofort einen Notruf ab - sie sind in eine Sprengfalle geraten, die der Feind auf dem kleinen Plateau, über das sie fahren wollten, installiert hatte. Das Geräusch von kreischendem, berstendem Metall erfüllt das Innere des gepanzerten Fahrzeugs, danach eine totale Stille. Der Beschuss vorhin sollte sie genau zu der Aktion „Fahren über das kleine Plateau“ verleiten, was ihrem Feind ja auch gelungen ist.

„Verlasst nicht das Fahrzeug!“, schreit John in sein Mikro, das glücklicherweise noch funktioniert. „Was ist mit euch passiert, Leute, sagt es mir“.

„Donald hat es erwischt, er blutet extrem aus der Halsschlagader, ich kann nichts machen, er hängt halb im Ausstieg“, meldet Allison, „Jerry rührt sich nicht, und Pietro Martinez hat von einem Metallteil eine Wunde am Bein, ich werde versuchen, sie zu verbinden“.

„Hi, Captain, alles gut!“, ruft Pietro in sein Mikro, „Allison macht das schon“.

„Und wie geht es dir, Allison?“

„Ich bin soweit o. k., aber Jerry rührt sich noch immer nicht - hoffentlich ist er nur bewusstlos“. Die Antwort kommt ganz leise von Allison.

Über Funk meldet sich Angie:

„Zwei AH-64-Apache-Kampfhubschrauber sind gerade zu euch gestartet, dazu ein Chinook, haltet durch. Und verlasst nicht euren Humvee, die Burschen haben bestimmt überall ihre Heckenschützen versteckt!“

Oskar auf dem Fahrersitz, noch benommen vom Schock durch die Explosion der Sprengfalle, die die Taliban installiert hatten, greift seine Assault Rifle, sein Sturmgewehr, reißt die Fahrertür auf, springt aus dem Wagen: „Ihr Schweine!“, feuert ein ganzes Magazin in Richtung der Gegner.

„Du Idiot, bleib hier“, will John ihm noch zurufen – zu spät! Oskar schreit laut auf vor Schmerzen, dann bricht er neben dem Fahrzeug zusammen - ein Geschoss hat sein Bein zerfetzt, das Blut aus einer Arterie färbt mit wahnsinniger Geschwindigkeit seine Uniformhose.

John kann gerade noch die Fahrertür schließen, bevor erneut ein Kugelhagel den Humvee trifft.

„Was ist mit Oskar?“, schreit Allison in ihr Mikro.

„Es hat ihn erwischt, er liegt neben dem linken Vorderrad, wir kommen da nicht ran, um ihn zu bergen!“

„John, gib mir Feuerschutz, ich hole ihn rein!“

„Du bleibst im Wagen, ich will dich nicht auch noch verlieren! Das ist ein Befehl!“

Allison gehorcht zähneknirschend, versucht, Jerry aus seine Schocklethargie zu wecken, ohne Erfolg. Der Mann ist zurzeit nicht ansprechbar, aber immerhin - er lebt.

Die Apaches benötigen nur etwa zwanzig Minuten, um ihr Ziel zu erreichen. Massive Feuerstöße aus den Bordkanonen vertreiben oder töten die Angreifer in kürzester Zeit, sodass der fast gleichzeitig eintreffende Chinook die Besatzung des Humvee an Bord nehmen und seine Sanitäter eine medizinische Erstversorgung vornehmen können.

Oskar und Donald jr. sind tot, Jerry hat einen massiven Schock, Pietro ist verwundet, er wird niemals wieder als „Der Gambler“ seine Kameradinnen und Kameraden mit seinen artistischen Kunststückchen erfreuen können. Lediglich Allison und John sind völlig unverletzt geblieben.

Die Rettungsaktion durch die Hubschrauber verläuft zügig, die Toten und Verletzten werden nach Sharana in das dortige Militärhospital gebracht, Allison und John auf dem Stützpunkt von Kameraden in Empfang genommen und sofort zu ihrem Kompaniechef weitergeleitet.

Für ihr vorbildliches Verhalten wird Private First Class Allison Donagan später mit der Humanitarian Service Medal ausgezeichnet und zur Sergeantin befördert.

Eine Überprüfung des Vorfalls unter Leitung von Major Anderson ergibt, dass Captain John Bertoli kein schuldhaftes Versagen an dem Desaster trifft. Da er in Kürze wegen Ende seiner Dienstzeit ohnehin die Army verlassen wird, erfolgt auch kein weitergehendes formelles Untersuchungsverfahren - zuvor wird aus dem Captain allerdings noch ein Major.

Die Verwundeten werden im Hospital wieder zusammengeflickt und trotz des Ereignisses wieder ihren Dienst in der Army fortsetzen, Allison, wie gesagt, sogar befördert wegen ihres umsichtigen Handels an Bord des Humvee nach dem Crash.

Von den Überlebenden des Überfalls leidet allerdings Jerry Martinsen am meisten. Äußerlich unversehrt geblieben hat er dennoch ein Trauma erlitten, das ihn kriegsuntauglich macht - er wird in die Heimat zurückbeordert und einer Einheit in Minnesota zugewiesen, die voraussichtlich nicht in Afghanistan zum Einsatz kommen wird.

Kapitel 2

Das Silicon Valley in Kalifornien umfasst das Santa Clara Valley und den südlichen Teil der San Francisco Bay Area. Es erstreckt sich in der Länge über ca. 70 km und in der Breite etwa 30 km - das ist die Metropolregion um San Francisco und San José; in seinem Zentrum finden wir den Ort Sunnyvale.

Diese Region ist das Machtzentrum der Welt, wenn man die Möglichkeiten der Einflussnahme auf das Leben der Menschen betrachtet, vielleicht von China einmal abgesehen! Riesige Unternehmungen, in denen Zehntausende von Mitarbeitern mit äußerster Intensität an der Veränderung der Welt forschen und arbeiten, haben sich hier angesiedelt.

Konzerne wie Amazon, Apple und Ebay, Facebook und Samsung und viele andere, die mit gigantischen Datenmengen, die ihnen zum überwiegenden Teil von den 'modern' denkenden Menschen - bewusst oder unbewusst - in aller Welt zugeliefert werden, beeinflussen mit ihren super-intelligenten, riesigen Computern genau diese Datenlieferanten, um sie mit Hilfe hochkomplizierter, ausgeklügelter Algorithmen in ihrem Sinne zu Konsum und bestimmtem Verhalten zu manipulieren.

Ergänzt wird dieses Konvolut aus IT-Unternehmungen durch Technik- und Service-Konzerne wie Tesla, Uber und weiteren, die allesamt an einer Veränderung unserer Lebens- und vor allem auch unserer Arbeitswelt arbeiten.

Es wird radikale Veränderungen geben, die uns einem immer stärker werden Einfluss durch die Silicon-Valley-Konzerne ausliefern und sogar unsere Demokratie und die Freiheit des Individuums massiv, und dies weltweit, bedrohen.

In diesem Umfeld sind, neben den großen Konzernen, mutige Start-ups, aber auch viele etablierte kleine Unternehmungen angesiedelt, beseelt von dem Geist, Einmaliges zu schaffen, das Ruhm und Ehre und natürlich auch Geld bringt - vielfach auch von Militär und / oder Geheimdiensten finanziert. Es ist eine ganz besondere Welt, voller Optimismus und voller Chancen. Hier wird Zukunft entwickelt, und wer einmal scheitert, bekommt allemal eine zweite oder sogar dritte Chance.

Brainrise Robotics in Palo Alto in unmittelbarer Nachbarschaft zur weltberühmten Stanford-Universität ist eine der kleineren etablierten Unternehmungen, die sich schon seit Langem (und lange bedeutet in dieser vor innovativer Potenz geradezu platzenden Region einen Zeitraum von etwa vier, fünf Jahren oder wenig mehr) erfolgreich mit der Entwicklung von intelligenten Robotern beschäftigt.

Seitdem dieses Unternehmen Strategien für die weltweite Vermarktung der von ihr entwickelten und einem ständigen Optimierungsprozess unterworfenen sog. humanoiden Roboter realisiert, wurde die Mitarbeiterzahl binnen kürzester Zeit von etwa hundert auf nun fast fünfhundert Mitarbeiter erweitert, die überwiegend in der Fertigung tätig sind.

Aber nicht nur die Produktion solcher Roboter-Spezies, die für unterschiedlichste Einsatzgebiete optimiert sind, auch menschenähnliche Androide gehören zum Lieferprogramm von Brainrise Robotics.

Die intern allgemein als 'Arbeitstiere' titulierten Roboter sind allesamt Spezialisten in den unterschiedlichsten Bauformen, nur für den Einsatz in ihrem jeweiligen Fachgebiet geeignet - als Montagehilfen in der Fertigung komplizierter oder für Menschen gefährlicher Geräte, Steuerungsautomaten in Fahrzeugen, Empfangsdamen im Hotel, Ansprechpartner für Auskünfte, ja sogar als Gesellschafter und Helfer in der Altenpflege.

Ihre Intelligenz dieser 'Arbeitstiere', die absichtlich nicht umfassend in den Bereich der Künstlichen Intelligenz reicht und somit nur beschränkt selbstlernende Systeme ermöglicht, auf der einen und ihre Wirtschaftlichkeit auf der anderen Seite macht sie zu kostengünstigen 'Mitarbeitern' in unterschiedlichsten Branchen.

Die Forschungen und Entwicklungen auf dem Gebiet der künstlichen Intelligenz, wie sie zum Beispiel bei Google, Amazon und anderen Konzernen eingesetzt werden, dienen im Wesentlichen der Effizienz und Gewinnmaximierung - hier wird über komplizierte Algorithmen und mithilfe selbstlernender Programme ermöglicht, den Bedarf der Kunden zu manipulieren und zu steuern - subtile Methoden aus der Verhaltensforschung sind hier die Grundlagen.

Die im Hause BR aktiven humanoiden Roboter Kitty und Pamela sind demgegenüber in Bezug auf die Ausstattung ihrer eingebauten Computer eine Besonderheit: Sie werden von Susan, der Chefentwicklerin, jeweils auf den aktuellsten Stand der KI gebracht und sind echte Hilfen bei Recherchen und dem Durchrechnen von Alternativen, sogar Vorschläge zu Verfahrensweisen werden von ihnen immer wieder angeboten. Sie sind mit dem Internet verbunden und kommunizieren teilweise selbstständig miteinander und mit Dritten.

Alle genannten Einsatzformen unterliegen jedoch, so wurde es in ihren Chips verankert, den erweiterten Abramovschen Computergesetzen:

Ein Roboter darf keinen Menschen verletzen.

Ein Roboter ist verpflichtet, mit Menschen zusammenzuarbeiten, es sei denn, diese Zusammenarbeit stünde im Widerspruch zum Ersten Gesetz.

Ein Roboter muss seine eigene Existenz schützen, solange er dadurch nicht in einen Konflikt mit dem Ersten Gesetz gerät.

Ein Roboter hat die Freiheit zu tun, was er will, es sei denn, er würde dadurch gegen das Erste, Zweite oder Dritte Gesetz verstoßen. (nach Roger McBride Allen)

Noch sehr viel weiter über diesen Bereich der künstlichen Intelligenz mit seinen selbst lernenden und sich immer weiter verbessernden Computern hinaus geht jedoch der stark von Militär und Geheimdienst unterstützte Arbeitsbereich bei BR, der sich unter größter Geheimhaltung mit Gehirn-Manipulationen befasst.

In diesem ganz speziellen Arbeitsbereich finden wir, neben wenigen besonders ausgewählten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Susan Hanson, Chefentwicklerin für Computeralgorithmen und Dr. Matthias Bremer, den deutschstämmigen Neurologieforscher. Sie scheinen auf ihren Spezialgebieten führend zu sein.

Susan Hanson liebt ihren Job. Das Entwickeln von immer neuen, immer leistungsfähigeren Programmalgorithmen macht ihr ausgesprochen Freude - und dazu auch noch die in letzter Zeit immer enger gewordene Zusammenarbeit mit Matthias Bremer, dessen Kenntnisse in der Neurologie unter bestimmten Voraussetzungen tiefe Einblicke ins menschliche Gehirn ermöglichen.

„Wir sind auf einem sehr guten Weg, liebe Susan, das Abrufen des Inhaltes der Nanochips und der Telepathiefähigkeiten aus dem Gehirn unseres lieben deutschen Freundes - das können wir durchaus mit Stolz sehen.“

„Und wenn du dann noch bedenkst, das die Informationen von uns auch noch in weiteren Nanochips gespeichert und jetzt in die Gehirne von Soldaten implantiert wurden - das ist schon eine tolle Sache, wir dürfen darauf wirklich sehr stolz sein, lieber Mat - aber es liegen noch riesige Aufgaben vor uns - lass es uns zügig angehen!“

„Die Soldaten gehen in dieser Woche in ihr Trainingscamp, ich meine, wir sollten sie betreuen, denn wir sind doch für neue Erkenntnisse auf diesem Gebiet stets offen, nicht wahr, Susan?“ Matthias Bremer schaut seine Kollegin erwartungsvoll an. „Natürlich, und im Camp haben wir direkten Zugriff auf ihr Denken und Handeln - wir müssen unser Wissen und Können endlich am lebenden Objekt demonstrieren!“

„Ja, o. k., ich werde mit Professor O'Sullivan Kontakt aufnehmen, er hat den besten Zugriff auf die Leute bei der Army.“

Den beiden Wissenschaftlern war es am Ende des vergangenen Jahres gelungen, via Internet die Fähigkeiten eines durch Nanochips in seinem Gehirn massiv manipulierten Probanden in Deutschland abzurufen. Die Informationen aus den Chips dieses Menschen, der auch schon zuvor über außergewöhnliche telepathische Fähigkeiten verfügte, wurden auf ihre Rechner transferiert und für erweiterte Nutzung verfügbar gemacht.

Aus dem gewonnenen Datenmaterial, sozusagen den Funktionen und der Denkweise des Probanden, haben sie erheblich verbesserte Nanochips entwickelt, die alle bisherigen Forschungen auf diesem Gebiet übertreffen - aber leider nur unter größter Geheimhaltung und deshalb nicht vermarktbar ...

Gerade die auf diesem Wege gewonnenen Fähigkeiten der Fremdbeeinflussung wurden von ihnen aktuell für die neue Verwendung optimiert: Zielvorgabe war und ist die Steuerung von Maschinen durch Gedankenkraft, und das militärisch 'alltagsfähig'.

Kapitel 3

Die Nanochips sind auf Befehl des Pentagon für einen besonderen Einsatzzweck vorgesehen: Bei zwanzig Freiwilligen aus der Army, denen ein immenses Honorar zugesagt wurde, sind die aufbereiteten Chips bereits in ihre Gehirne eingefügt worden.

Den Kandidaten dieser Aktion wurde das Risiko der Eingriffe zuvor deutlich benannt: Sie könnten die Implantationen nicht überleben, ihr Gehirn könne deutlichen Schaden nehmen, der sie zu Pflegefällen machen würde, oder der Eingriff könne sie zu fernsteuerbaren Kampfmaschinen machen, und - der Eingriff könne nicht rückgängig gemacht werden.

Die ausgewählten Kandidaten entsprachen aus unterschiedlichsten Gründen den speziellen Anforderungen des Pentagons. Allen wurde, nachdem sie den Kontrakt unterschrieben hatten, sofort 300.000 Dollar auf ein Treuhandkonto überwiesen.

Keiner von ihnen hat das Angebot ausgeschlagen - auch nicht First Sergeant Jeremy Martinsen.

Die Eingriffe wurden in einem besonders abgesicherten Intensivstations-Bereich des Militärkrankenhauses in Phoenix vom Chefchirurgen der Neurochirurgie im berühmten Barrow Neurological Institute in Phoenix/Arizona, Professor O'Sullivan, vorgenommen - die Patienten wurden während dieser Zeit voneinander isoliert.

Es wurden den Soldaten in jeweils langwierigen, gefährlichen, lebensbedrohlichen Operationen die Chips, jeweils ein Nano-Receiver und ein zugehöriger Transponder, in ihre Gehirne eingesetzt. Ergänzend wurde separat ein winziger Chip unter die Haut des rechten Unterarms implantiert, durch den von außen, z. B. vom jeweiligen Einsatzleiter, die neuen Gehirnfunktionen aktiviert oder wieder deaktiviert werden können. Nicht zu vergessen ist die Tatsache, dass alle drei Chips jeweils mit einer eigenen Internet-Adresse ausgestattet sind.

Zwei Patienten verstarben an Gehirnblutungen während oder unmittelbar nach dem Eingriff, bei vier Männern traten postoperativ Lähmungen auf, die sie dienstunfähig machten. Bei einem Weiteren wurde eine extreme Demenz sofort nach dem Eingriff diagnostiziert.

Den Familien dieser medizinischen 'Ausfälle' wurde das Geld fairerweise umgehend zur Verfügung gestellt.

Die verbliebenen dreizehn Soldaten beziehen zunächst einen gesonderten Gebäudekomplex innerhalb des Militärhospitals, in dem sie in ihre neuen Fähigkeiten eingewiesen und mental entsprechend konditioniert werden sollen - sie werden dem Pentagon und, parallel dazu dem FBI, für bisher einmalige Experimente zur Verfügung stehen. Eine von jedem unterzeichnete Verschwiegenheitserklärung sichert unter der Androhung von Sanktionen (Rückforderung des Geldes, Anklage wegen Verrates) die Geheimhaltung des Projektes.

Der Neurochirurg, der die Eingriffe vorgenommen hat, Prof. Dr. Dr. O'Sullivan, ist zu diesem Zeitpunkt von der Betreuung der frisch Operierten entbunden, diese Aufgabe übernimmt zunächst einmal das 'normale' Krankenhauspersonal.

Zu Beginn des Trainings durchlaufen die Männer eine Erholungs- und Entspannungs-Phase unter der Federführung von Psychotherapeuten der Army, in der sie sich zunächst an den Gedanken gewöhnen sollen, mit besonderen Fähigkeiten ausgestattet zu sein, einmalig zu sein in Bezug auf ihre geistige Leistungsfähigkeit - intensive geistige Aktivitäten allgemeiner Art werden von ihnen in dieser Zeit nicht erwartet, ja, sie sind außerhalb der Therapie auch nicht erwünscht.

Leichte Bewegungsübungen, Meditation, gesunde Ernährung stehen auf dem Programm, dazu in Einzelgesprächen mit erfahrenen Psychotherapeuten erste Belastungsübungen für ihre Gehirne - kognitive Übungen, Konzentrations- und Reaktionstest und vieles aus der Hexenküche der Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie – erste Telepathie-Versuche verlaufen vielversprechend. In dieser Zeit ist den Patienten jeder Kontakt nach außen verwehrt.

Die Startphase dauert etwa acht Wochen, dann sind die Männer trainiert und gefestigt in der Akzeptanz ihrer neuen Fähigkeiten, bereit zur Übernahme von Aufgaben – die sind allerdings noch nicht endgültig realisierbar.

Für die weitere Trainingsphase erfolgt die Verlegung der ganzen Einheit, Soldaten, Vorgesetzte und medizinische Betreuer, nach Fort Huachuca in Texas, nur 15 km von der mexikanischen Grenze entfernt.

Dr. Matthias Bremer und Susan Hanson haben den Professor davon überzeugen können, ihnen den Teil der weiteren Konfektionierung der Gehirne zu übertragen. In ihren Büros haben die Wissenschaftler das Konzept für ihre weitere Arbeit erarbeitet, nicht unbeeinflusst von den Wünschen der militärischen und geheimdienstlichen Auftraggeber.

Kapitel 4

An einem wunderschönen Frühlingsmorgen sitzen Matthias Bremer und seine Frau noch am Frühstückstisch Er liest in der Tageszeitung, die Kinder sind schon mit dem Bus in die Schule gestartet. Helen sieht interessiert zu ihm hinüber, als er aus einem Bericht erzählt: „Stell dir vor, die Chinesen haben ein Ministerium eingerichtet, in dem für jeden Bürger Punkte für Wohlverhalten registriert werden, und wer irgendwann zu wenige Punkte auf dem Konto hat, gilt als schlechter Mensch und bekommt keine Sozialunterstützung!“

„Wie kommt der Staat an diese Informationen?“

„Auf verschiedenen Wegen, Liebling: durch Kontobewegungen, durch Denunziationen und sogar durch Gesichtserkennung auf öffentlichen Plätzen!“

„Das ist ja schrecklich! Und wofür bekommt man Bonuspunkte?“

„Fürs Mülltrennen, Hundehaufen einsammeln, Nachbarn verpetzen, wenn die nicht linientreu sind, keine aufmüpfigen Reden schwingen, Teilnahme an Parteiveranstaltungen und all solche Sachen!“

„Und gibt es auch Minuspunkte?“

„Natürlich, mein Schatz, wenn man sich nicht so verhält, wie es der Staat erwartet. Und mit einem schlechten Punktestand bekommst du nicht einmal ein Flugticket, eine Wohnung oder ein Bankkonto.“

„Da bin ich froh, hier zu sein, in China bekäme ich wahrscheinlich zu wenige Punkte, weil ich den Müll nicht richtig trenne, über Trump meckere ich auch oft - einen Hund haben wir ja glücklicherweise nicht!“

„Da stimme ich dir zu, du wärest eine schlechte Chinesin! Aber im Ernst, damit hat der Staat natürlich ein gewaltiges Überwachungsmittel in der Hand, kann unliebsame, nicht angepasste Personen leicht identifizieren. Dazu kommt natürlich, jedenfalls in den großen Städten, eine fast lückenlose Videoüberwachung! Aber wenn ich an meine Arbeit mit meinen lieben Robotern denke: Ein solches Überwachungs-Szenario wäre auch bei uns oder in Europa denkbar - überlege doch mal, was Amazon und Google alles von uns wissen!“

„Das kannst du doch nicht vergleichen, Mat, wenn ich mir eine Bluse bestelle, erfahren die doch nichts über mich!“ „Ach nein, und warum bekommst du beim nächsten Programmstart schicke BHs von BeeGee in deiner Größe angeboten, obwohl du da noch nie bestellt hast?“

„Ja, aber - das ist doch alles völlig harmlos, und vielleicht kaufe ich mir ja einen süßen BH für dich, mein Liebling!“ Sie kommt herüber zu Mat, schmiegt sich an ihn.

„Lenk nicht vom Thema ab, Helen! So ist das von Susan, meiner Kollegin, geplant worden - sie war nämlich noch vor zwei, drei Jahren bei Google und hat genau diese Algorithmen entwickelt!“

„Und was entwickelt sie jetzt?“

„Andere Algorithmen, mehr darf ich dir dazu nicht sagen, das ist ganz furchtbar geheim!“

„Bist du da auch involviert?“

„Das kann man wohl sagen, manchmal denke ich, mehr als ich vor mir verantworten kann!“

Helen lässt nicht locker. „Wenn du es nicht verantworten kannst, warum tust du es dann?“

Mat schaut nachdenklich zu seiner Frau: „Ich muss los, die Arbeit ruft!“ Helens letzte Frage bleibt unbeantwortet.

„Bis heute Abend, es kann spät werden, wartet nicht mit dem Essen auf mich.

Wir telefonieren?!“

„Ja, aber meiner Frage entkommst du nicht, die musst du dann doch beantworten!“

Mat reiht sich ein in den schier endlosen Lindwurm aus Pkw, Pick-ups, Motorrädern, der sich über die diversen Highways in Richtung Palo Alto wälzt - an diesem Vormittag ist der Verkehr besonders stark, erst nach fast einer Stunde erreicht er den Parkplatz von Brainrise Robotics, kurz BR genannt.

Um zehn Uhr hat er ein Meeting mit seinen engsten Mitarbeitern, in dem die Strategie für das Projekt „Braincontrol“ - Gehirnkontrolle - besprochen und abgestimmt werden soll. Seine engsten Mitarbeiter haben sich schon im abhörsicheren Round-Office, dem tatsächlich kreisrunden Besprechungszimmer, eingefunden und erwarten ihn.

„Na, Mat, wieder mal den Bus verpasst?“, frotzelt ihn Agneta an, eine hochgewachsene, blonde IT-Spezialistin aus der Gruppe „Special Apps“. Agneta stammt aus Malmö und ist erst vor einigen Monaten zu Brainrise gekommen.

Kundendaten zu analysieren, die in einer Cloud herumvagabundieren, - das fand sie für sich auf die Dauer ziemlich unbefriedigend, sie ist mehr der Entwicklertyp.

Mat steigt im Tonfall auf die kleine Anmache ein: „Nein, ich konnte meine Hose nach der tollen Nacht Zuhause nicht wiederfinden!“

Großes Gelächter in der Runde, dann bittet er aber zur Arbeit.

„Susan, vielleicht gibst du uns einen kurzen Statusbericht zu BC, wo stehen wir?“

Die Angesprochene, schon seit mehreren Jahren arbeitsmäßig eng mit Mat Bremer verbunden, öffnet eine grellrote Kunststoffmappe und nimmt einige Blätter heraus, legt die erste Seite auf den an jedem Besprechungsplatz eingelassenen Scanner und projiziert die davon dargestellte Grafik auf das Whiteboard, das so in die Wand integriert ist, dass alle Teilnehmer einer Sitzung die Darstellung sehen können.

„Nun, wo stehen wir?“, beginnt sie ihren Vortrag mit den Worten ihres Kollegen, Partners.

„Wir stehen eigentlich noch immer am Anfang! Genau betrachtet liegt noch die gesamte Entwicklung des Komplexes vor uns. Im letzten Jahr war es uns zwar gelungen, die sehr ausgeprägten Telepathiefähigkeiten eines Probanden in Deutschland in unsere Systeme zu übertragen und in Form von implantierbaren Nanochips einsetzbar zu machen -eine Gehirnmanipulation, wie ich sie mir vorstelle, ist jedoch damit noch längst nicht machbar, das geht mehr in die Rubrik 'Internet der Dinge'. Mit den 'richtigen' Manipulationen werden wir wohl oder übel noch etwas warten müssen“.

Wenn wir unser in der Tat sehr ambitioniertes Ziel erreichen wollen, liegt vor uns allen sehr, sehr viel Arbeit, Arbeit, die wir nicht nur an unseren Computern erledigen können, sondern auch im Feld, am Objekt durchführen müssen.

Wir werden Kontakte in alle Welt aktivieren - denn auch andere Forscher haben das gleiche Ziel, und es gilt, schneller und besser als sie zu sein, zuvor aber möglichst ihren Entwicklungsstand frühzeitig in Erfahrung zu bringen.

Hier müssen wir als Erstes ansetzen. Lasst uns heute erarbeiten, wer, wo und wann für uns Wissenswertes bereithält. Um Kosten werden wir uns nicht kümmern müssen - die Abteilung 'Wissenschaft' im Pentagon stattet uns großzügig mit den erforderlichen Finanzmittel aus!“.

Pete, sechsundzwanzig, Vollblut-ITler, mit vollem Name Pjotr Asjajev, dessen Eltern schon vor vielen Jahren aus der Ukraine in die Staaten eingewandert sind, meldet sich zu Wort: „Leute, ich bin noch ganz neu im Team und bin mir immer noch nicht darüber im Klaren, was und vor allem wozu wir dieses Projekt realisieren wollen oder müssen - kann mir dazu jemand eine klare, verbindliche Auskunft geben?“

„Wo lebst du denn, Kollege?“, antwortet ihm Agneta, „wir wollen nicht mehr und nicht weniger als die Gedanken von Menschen manipulieren, damit sie in einer bestimmten Zielrichtung, die ihnen durch uns vorgegeben wird, denken und vor allem auch handeln!“

„Das Denken manipulieren? Das ist, meine ich, ethisch und moralisch höchst verwerflich, das ist Gehirnwäsche!“

„Ja“, schaltet sich Mat ein, „da hast du recht, das ist eine Art Gehirnwäsche, und wir müssen Vorsorge treffen, dass die Ergebnisse unserer Arbeit nicht in die falschen Hände geraten - eine Art 'Sicherheitsschalter' muss schon eingebaut werden!“

Pete ist mit der Antwort nicht zufrieden: „Wisst ihr, meine Eltern stammen aus einem damals wie heute totalitär regierten Land. In diesem Staat, wie früher in Nazi-Deutschland oder auch aktuell in Nordkorea, wurde und wird eine massive Gesinnungsschnüffelei praktiziert, und viele in den Augen des Regimes falsch denkende Menschen verschwanden häufig auf Nimmerwiedersehen. Wenn ich mir vorstelle, dass die Ergebnisse unserer Arbeit in die Hände solcher Leute fielen … Stellt euch vor, die Chinesen bekämen irgendwann unsere Werkzeuge in die Hände!“

„Ich denke, deine Sorgen sind unbegründet, Pete!“ Mat antwortet ihm auf die vorgetragenen Bedenken: „Wir wollen mit unserer Arbeit lediglich erreichen, dass Menschen ihre Gedanken - und ich denke da zum Beispiel an Soldaten - nicht mehr auf das Töten von Feinden konzentrieren, sondern friedliche Denkweisen entwickeln, damit ...“.

Pete fällt ihm ins Wort: „Mat, das ist doch totaler Schwachsinn! Wie willst du denn einen auf Kampf getrimmten und trainierten Soldaten davon abbringen, seinen Job zu erledigen, nicht nur einen, sondern Hunderte oder Tausende?

Das Beispiel hinkt in jeder Beziehung. Und wie wollt ihr die sogenannten Zielpersonen denn überhaupt erreichen? Auf einer Couch beim Psychiater?“

In der Runde betroffenes Schweigen, dass nach einer Minute von Susan beendet wird: „Junge, mit diesen Bedenken bist du nicht allen auf der Welt, wir alle“, sie sieht sich, Zustimmung heischend, unter ihren Kollegen um, „haben uns diese Frage auch schon gestellt und sind zu ähnlichen Ergebnissen gekommen wie du, Pete. Ich darf dir aber auch beispielhaft positive Aspekte nennen: Wenn Braincontrol-Software durch einen Gehirn-Fern-Scan mit einem im öffentlichen Raum installierten Gehirnscanner einen terroristischen Anschlag verhindert, oder wenn, anderes Beispiel, der Blackout eines Lokführers bei Pacific Union rechtzeitig erkannt wird oder wenn, wie es vor Kurzem in Europa war, ein Pilot seine Maschine gegen einen Berg knallen will.

Ich kann noch mehr Szenarien aufzählen, wenn ihr wollt!“

„O. k., o. k., ich gebe mich vorerst geschlagen. Aber eines sage ich euch: bei Schweinereien bin ich nicht dabei, ich bin IT-Spezialist und weder Soldat noch Politiker!“ Pete lehnt sich zurück, die Spannung, unter der er zuvor stand, fällt von ihm ab.