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Chill mal, Mama – Geschichten vom täglichen Familienwahnsinn
Haben Sie Kinder? Wächst Ihnen manchmal der ganze Zirkus über den Kopf? Fragen Sie sich auch, ob es in anderen Familien genauso chaotisch und turbulent zugeht wie in Ihrer? Mit Natalie Weidenfelds Geschichten aus dem ganz gewöhnlichen Familienalltagswahnsinn kommt nun die Antwort: Ja, alles ganz normal. Für alle Fans von Jan Weilers "Das Pubertier" und Axel Hackes "Der kleine Erziehungsberater".
Leonie ist sechs Jahre alt. Sie hat einen Papa, der Platon liest und davon überzeugt ist, dass nur karge Weihnachtsbäume schön sind; eine Mama, die an Kindergeburtstagen ökologischen Nusskuchen kauft, den niemand essen will; eine kleine Schwester, die nicht redet, dafür aber Kung Fu-Meisterin ist, und eine Katze, die gerne den Kater verrückt macht, ihn aber nicht heiraten will. Kein Wunder, dass es bei Leonie zuhause meistens drunter und drüber geht und Mama mächtig genervt ist.
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Seitenzahl: 118
Über das Buch
Leonie ist sechs Jahre alt. Sie hat einen Papa, der Platon liest und davon überzeugt ist, dass nur karge Weihnachtsbäume schön sind; eine Mama, die an Kindergeburtstagen ökologischen Nusskuchen kauft, den niemand essen will; eine kleine Schwester, die nicht redet, dafür aber Kung-Fu-Meisterin ist, und eine Katze, die gerne den Kater verrückt macht, ihn aber nicht heiraten will. Kein Wunder, dass es bei Leonie zuhause meistens drunter und drüber geht und Mama mächtig genervt ist.
»Der Tag, an dem Mama die Krise kriegte« erzählt aus der Sicht von Leonie in kurzen Episoden Geschichten über den alltäglichen Familienwahnsinn, der allen, die Kinder haben, bestens vertraut sein sollte.
Über die Autorin
Nathalie Weidenfeld kennt den turbulenten Familienalltag nur zu gut. Die freie Autorin und Dozentin an der Universität München ist Mutter von drei Kindern und muss sich tagtäglich der Herausforderung stellen, Beruf und Familie unter einen Hut zu bringen. Bei Knaus veröffentlichte sie zusammen mit ihrem Mann Julian Nida-Rümelin das Buch »Der Sokrates-Club«, eine Anleitung für philosophische Gespräche mit Kindern.
Nathalie Weidenfeld lebt mit ihrer Familie in München.
Nathalie Weidenfeld
Der Tag, an dem Mama die Krise kriegte
Illustriert von einsdreiundsechzig.com
Knaus
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1. Auflage
Copyright © 2015 beim Albrecht Knaus Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH
Einband- und Innenillustrationen: einsdreiundsechzig.com
Einbandgestaltung: favoritbüro, München
Satz: Uhl + Massopust, Aalen
ISBN 978-3-641-16540-6
www.knaus-verlag.de
Inhalt
Der erste Schultag
Der Kindergeburtstag
Frau Katze will heiraten
Die neue Freundin
Der Gaudiwurm
Wir bekommen Vincent
Die Hunnen kommen
Der Sommerurlaub
Der Tag, an dem Mama die Krise kriegte
Ab heute gehen wir früh ins Bett
Der Igel
Der Weihnachtsschmuck
Der erste Schultag
Warum alle so ein Riesenbohei um den ersten Schultag machen, ist mir echt ein Rätsel. Die ganze Sache mit den Schultüten zum Beispiel. Da bastelt man monatelang an so einem Ding rum, um am Ende mit einem Frosch oder einer Cinderella-Tüte im Arm vor dem Lehrer zu stehen. Was für einen Eindruck soll der denn haben? Dass ich Frösche gernhabe oder hoffe, alles über Frösche in der Schule zu lernen, oder gar selbst gerne ein Frosch sein möchte? Ich wollte jedenfalls auf keinen Fall mit so einem Ding in die Schule.
Frau Ebershausen, meine Kindergartenlehrerin, fand meine Idee, ohne Schultüte am ersten Schultag in die Schule zu kommen, ganz schrecklich. Um ein Haar hätte sie, glaube ich, geweint. Das hat sie nur einmal getan, und zwar als ich mich an Weihnachten geweigert hatte, das Engelchen beim Krippenspiel zu spielen, weil ich – wie ich ihr gesagt hatte – nicht etwas spielen will, an das ich nicht glaube.
»Warum um alles in der Welt willst du ohne Schultüte in die Schule? Dann kannst du ja nicht einmal Geschenke bekommen«, sagte Frau Ebershausen also mit dieser weinerlichen Stimme, die Mama so gut nachmachen kann, wenn sie in Stimmung ist.
»Was für Geschenke?«, fragte ich.
»Na, Schokolade, zum Beispiel.«
»Was? Schokolade?« Das änderte natürlich alles. Nicht dass ich so gerne Schokolade esse, dafür aber Kiki umso mehr.
Kiki ist meine kleine Schwester. Für Schokolade tut sie alles. Und wenn ich Schokolade habe, kann ich mit ihr handeln. Geb ich dir ein Stück Schokolade, holst du mir dafür die Rollschuhe aus dem Gruselkeller. Geb ich dir zwei, holst du Mama aus dem Bett und sagst ihr, dass wir jetzt frühstücken wollen.
»Also, wenn das so ist«, sagte ich zu Frau Ebershausen, »dann möchte ich doch gerne eine.«
Frau Ebershausen nickte mir strahlend zu und begann, in einem alten Karton zu wühlen. Heraus kam eine Schultüte mit der Biene Maja und eine andere mit Spiderman. Ich rümpfte die Nase.
»Die Prinzessinnen sind halt alle schon weg!«, sagte Frau Ebershausen. »Aber schau mal, du hast ja noch einen ganzen Tag Zeit – da kann deine Mama wunderbar mit dir eine schöne Schultüte basteln.«
»Meine Mama bastelt nicht mit mir!«, sagte ich.
Frau Ebershausen sah mich mit einem komischen Blick an. Dann tätschelte sie mir den Kopf. Mütter, die nicht mit ihren Kindern basteln, findet Frau Ebershausen, glaube ich, nicht so gut.
Als ich zu Hause verkündete, ich wolle eine Schultüte, machte meine Mutter große Augen.
»Ich dachte, du wolltest überhaupt keine Schultüte!«
»Doch, jetzt will ich eine. Außerdem bekommt man dann Schokolade«, sagte ich.
»Wer hat das denn gesagt?«
»Frau Ebershausen.«
»Aha«, sagte Mama. »Ist das die, die gesagt hat, dass der liebe Gott auch die atheistischen Kinder lieb hat?«
»Sie hat gesagt, dass der liebe Gott auch die Kinder mag, die nicht an ihn glauben.«
»So, so«, sagte Mama. »Und was meint Frau Ebershausen nun zum Thema Schultüten?«
»Sie hat gesagt, dass in einer Schultüte immer ganz viel Schokolade steckt. Stimmt das?«
»Na ja, das hängt davon ab. Wenn man will, dass seine Kinder ADHS bekommen und mit fünfzig Diabetes, dann schon.«
»Ach komm schon, Mama.«
Mama seufzte. »Na gut«, sagte sie. »Aber nur ein bisschen.«
Ich nickte. Jetzt mussten wir nur noch eine Schultüte auftreiben. Denn mit Biene Maja würde ich jedenfalls nicht zur Schule gehen, so viel war klar, und Oma Musis Idee, statt einer Tüte eine kleine braune Obsttüte mitzunehmen (»Haben wir früher im Krieg so gemacht!«), gefiel mir auch nicht.
»Was willst du dann?«, fragte Mama.
»Ich will eine Tüte mit einem Vampir und einer Fledermaus drauf!«, antwortete ich.
»Es gibt aber keine Tüten mit Vampiren und Fledermäusen!«, sagte Mama.
»Wenn du sie mir bastelst, schon!«
»Ich kann nicht basteln«, sagte Mama.
»Wenn ich keinen Vampir und keine Fledermaus auf meiner Schultüte habe, geh ich auch nicht in die Schule!«
»Du musst aber in die Schule!«
»Nein!«, schrie ich.
Papa kam die Treppe herunter und schaute Mama an.
»Was ist denn hier los?«
»Nichts«, sagte Mama. »Deine Tochter hat nur mal wieder einen ihrer neurotischen Anfälle.«
»Ich habe keinen neurobischen Anfall«, sagte ich, »ich will nur nicht mit Biene Maja in die Schule gehen.«
Mama sah zu Papa. »Es geht um die Schultüte«, erklärte sie.
»Aha«, sagte Papa.
»Sie will einen Vampir und eine Fledermaus drauf.«
»Aha«, sagte er noch einmal. »Und wo ist das Problem?«
»Das Problem ist, dass es keine Schultüte mit Vampiren und Fledermäusen gibt.«
»Und warum basteln wir dann keine?«, fragte Papa.
»Wenn du eine Schultüte basteln magst, bitte schön«, sagte Mama. »Ich muss bis Freitag dreißig Seminararbeiten korrigieren.« Mama klang gereizt.
Kiki, die es nicht ertragen kann, wenn Mama gereizt klingt, fing an, mitten im Zimmer ihre Kung-Fu-Übungen zu machen und komische Kampfschreie auszustoßen. Frau Katze – so heißt unsere Katze – hüpfte daraufhin verschreckt von ihrem Schlafplatz hoch und schmiss ein Glas um.
»Super«, sagte Mama. Wenn Mama »super« sagte, dann meinte sie meist genau das Gegenteil.
»Ist doch gar kein Problem«, sagte Papa, »dann werden wir zwei morgen mal ans Basteln gehen, was?«
Ich versuchte zu lächeln. Die wenigen Male, als Papa mit mir etwas basteln wollte, waren ziemlich in die Hose gegangen.
Das lag daran, dass Papa vorher immer Pläne machen wollte, wie das Ganze dann auszusehen hatte. Dabei ging leider immer so viel Zeit drauf, dass für das Basteln selbst keine Zeit mehr war und das Gebastelte dann immer ziemlich scheußlich wurde.
»Aber der Plan war toll«, sagte Papa dann immer.
Der Plan, den wir am nächsten Morgen erstellten, war gar nicht so schlecht. Zuerst wollten wir beim Baumarkt Packpapier besorgen, es zurechtschneiden und dann zu einer Schultüte formen und zusammenkleben. Darauf würden wir dann das malen, was wir wollten.
Und diesmal schien es, als ob der Plan nicht nur gut war, sondern auch noch aufgehen würde, denn am nächsten Tag hatte ich tatsächlich eine Schultüte aus braunem Packpapier in der Hand.
»So!«, sagte Papa. »Jetzt musst du sie nur noch bemalen.«
»Aber ich kann keine Vampire und Fledermäuse malen«, sagte ich.
»Natürlich kannst du«, sagte Papa.
»Aber ich will, dass sie perfekt aussehen.«
»Es gibt keine perfekt gemalten Vampire und Fledermäuse, jeder malt sie auf seine Art.«
»Ich mag meine Art aber nicht«, sagte ich.
»Dann sollten wir mal darüber reden«, sagte Papa in diesem andächtigen Tonfall, den er sich für Situationen aufhob, in denen er irgendwelche besonders wichtigen Dinge mit mir bereden wollte. »Warum magst du denn deine Art zu zeichnen nicht?«
»Weil ich das Malen von Mama geerbt habe«, sagte ich.
Darauf fiel Papa nichts mehr ein. Wenn es eines gibt, das Mama nicht kann, dann ist es zeichnen. Außer vielleicht noch kochen.
»Ich will einen Vampir und eine Fledermaus, bei denen man erkennt, dass es ein Vampir und eine Fledermaus sind«, sagte ich. »Kannst du mir das nicht malen?«
ENDE DER LESEPROBE