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Kiera Brennan ist der aufgehende Stern am Historien-Himmel.
Die Grüne Insel ist vom Krieg gezeichnet: König Henry Plantagenet und seine Normannen sind in Irland eingefallen und tränken die Erde mit Blut. Einzig im Nordwesten der Insel regt sich Widerstand. Die berüchtigten Ritter des Roten Zweiges begehren gegen die Invasoren auf. Zu ihnen stößt der junge Tuan, der als Sohn eines Goldschmieds zwar wenig kampferprobt ist, in Ascall von Toora, dem Anführer der Rebellen, aber einen mächtigen Beschützer findet. Tuan muss seine Treue bald beweisen, denn als Ascall in Gefangenschaft gerät, obliegt es ihm, dessen Geliebte Róisín und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Unterdessen stellt sich Ascall seinem schlimmsten Feind – den eigenen Dämonen ...
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Seitenzahl: 1138
Buch
Die Grüne Insel ist vom Krieg gezeichnet: König Henry Plantagenet und seine Normannen sind in Irland eingefallen und tränken die Erde mit Blut. Einzig im Nordwesten der Insel regt sich Widerstand. Die berüchtigten Ritter des Roten Zweiges begehren gegen die Invasoren auf. Zu ihnen stößt der junge Tuan, der als Sohn eines Goldschmieds zwar wenig kampferprobt ist, in Ascall von Toora, dem Anführer der Rebellen, aber einen mächtigen Beschützer findet. Tuan muss seine Treue bald beweisen, denn als Ascall in Gefangenschaft gerät, obliegt es ihm, dessen Geliebte Róisín und ihre Kinder in Sicherheit zu bringen. Unterdessen stellt sich Ascall seinem schlimmsten Feind – den eigenen Dämonen ...
Autorin
Kiera Brennan ist das Pseudonym einer erfolgreichen Bestsellerautorin, deren Romane bei zahlreichen deutschen Verlagen erschienen sind. Ihre Irland-Saga, beginnend mit dem Historienepos Die Herren der Grünen Insel und gefolgt von Der Thron der Wölfe, spielt im Irland des Hochmittelalters – eine Epoche, die Brennan seit jeher fesselt. Während langer Irlandaufenthalte hat sie an Originalschauplätzen recherchiert und sich von der wildromantischen Landschaft der Insel inspirieren lassen.
www.kiera-brennan.de
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KIERA BRENNAN
DER THRON DER WÖLFE
Roman
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Copyright © 2017 by Blanvalet
in der Verlagsgruppe Random House GmbH,
Neumarkter Str. 28, 81673 München.
Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur
Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen.
© 2017 by Kiera Brennan
Redaktion: Margit von Cossart
Umschlaggestaltung: www.buerosued.de
Umschlagmotive: George Karbus Photography/Cultura/
Getty Images; www.buerosued.de
Karte und Illustrationen: © Tina Strube, books & infographics
BL · Herstellung: sam
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN 978-3-641-18908-2V002
www.blanvalet.de
Vorbemerkung
Im Jahr 1175 ist Irland faktisch zweigeteilt: Den Osten haben weitgehend die Anglonormannen erobert, der Westen und der Norden der Insel sind noch in der Hand der Iren – jedoch bei Weitem nicht geeint. Die Gebiete sind in diverse Provinzen zersplittert, deren Könige oft gegeneinander Krieg führen, anstatt sich gemeinsam gegen die Normannen zu stellen. Diese Konflikte nutzt der anglonormannische König Henry II. Plantagenet jedoch nicht zu seinen Gunsten aus. Ihm liegt gar nicht unbedingt daran, dass seine Ritter die ganze Insel besetzen, befürchtet er doch, dass der normannische Statthalter Irlands zu mächtig werden und ein unabhängiges Königreich gründen könnte. Um den Status quo, also die Teilung der Insel, zu zementieren, will er mit dem irischen Hochkönig Ruari O’Connor einen Friedensvertrag schließen …
Die komplexen Macht- und Herrschaftsverhältnisse auf der Grünen Insel zu durchschauen ist zweifellos kein leichtes Unterfangen. Was die Sache besonders kompliziert macht, sind die gälischen Orts- und Eigennamen. Diese sind lang, komplex und haben die Eigenheit, dass man sie meist anders ausspricht, als man sie liest: Viele Silben werden nur gehaucht, viele Doppel- und Dreiervokale nur mit einem bestimmten Vokal oder Umlaut wiedergegeben. Um Ihnen die Lektüre zu erleichtern, wird im Personenverzeichnis am Ende des Buches die richtige Aussprache angegeben. Bei den historischen Persönlichkeiten mit besonders komplizierten Namen habe ich die anglisierte Schreibweise benutzt. Gleiches gilt für die Ortsnamen.
Prolog
1175
Das Holzbrett, auf dem der Mann lag, sah aus wie eine Bettstatt, die breiten Lederbänder ließen an Gürtel denken. Die Gürtel waren aber nicht um seine Taille geschlungen, sondern um Hände und Füße, und die Bettstatt war eine Streckbank, auf der man den Unglücklichen quälte. Immer wieder wurde er lang gezogen, bis sein Rücken das Holz nicht mehr berührte und er zu zerreißen drohte.
Was wird zuerst geschehen?, fragte sich Prinz John. Wird ein Fuß abreißen, eine Hand, oder zerplatzt eines der Augen, die bei jedem gequälten Aufschrei aus der Höhle quellen?
John wusste nicht, wovor er sich am meisten fürchtete. Er war erst acht Jahre alt und wurde zum ersten Mal Zeuge einer Folterung. Wann immer er sich duckte und zurückwich, schob ihn der Mann, der ihn in das Verlies gebracht hatte, wieder ganz nah an den Gequälten heran, so nah, dass ihm der Gestank nach Angstschweiß und Blut in die Nase stieg.
»Nicht!«, rief John verzweifelt, als der Schrei des Gefolterten in ein jämmerliches Japsen überging.
»Du kannst dafür sorgen, dass die Qualen dieses Unglücklichen hier ein Ende haben«, sagte der Mann, der hinter ihm stand. »Du weißt genau, wie.«
Nein, John wusste es nicht. Sein Kopf war zu leer, um irgendetwas zu wissen. Das hieß leider nicht, dass er auch nichts wahrnehmen konnte – im Gegenteil. Er sah die schwarzen Härchen auf der Brust des Gefolterten erbeben, die weiße Haut in der Leistengegend erzittern, er hörte den rasselnden Atem, das Ächzen …
»Nicht!«, schrie John wieder, wehrte sich gegen den Griff des Mannes, sackte zu Boden.
Er presste seine Augen auf die Knie und seine Hände auf die Ohren. Leider hatte er so kleine Hände und so gute Ohren … Jetzt war ein Zischen zu hören. Das Zischen von Flammen? John konnte nicht anders, als wieder hochzublicken. Der Folterknecht trat mit einer rotglühenden Zange auf sein Opfer zu und drückte sie ihm auf die Brust, bis nicht nur die Haare verkohlt waren, sondern aus der eben noch schweißbedeckten, gelblich schimmernden Haut war ein Stück rotes, zuckendes Fleisch geworden. Und der Gequälte schrie und schrie und schrie …
Unwillkürlich musste John an Schwester Agnèse denken, jene bösartige Nonne vom Kloster Fontevraud, in dem er gemeinsam mit seiner Schwester Joan die ersten Lebensjahre verbracht hatte. John hatte die Stille, die grauen Wände und den Klostergarten geliebt, Schwester Agnèse dagegen hatte er unendlich gefürchtet. Immer wieder hatte sie ihn schmerzhaft gezwickt und ihm zugeraunt: »Ihr Plantagenets seid nicht von dieser Welt. Die Brut des Teufels seid ihr. Vom Teufel stammt ihr ab, und zu ihm werdet ihr zurückkehren.«
Doch die feisten Hände und spitzen Nägel der Nonne hatten niemals so grausam gewütet wie die Zange des Folterknechts, und ihre Stimme klang bei Weitem nicht so höhnisch wie die des Mannes, der John in das Verlies geführt hatte, ihn nun wieder am Nacken packte und hochriss.
»Du kannst es beenden, Prinz John, wenn du dir nur etwas Mühe gibst!«, rief Ranulf de Glanville, der für seine Erziehung zuständig war.
Der Sheriff von Westmorland war über sechzig Jahre alt, was man allerdings nur seinem Gesicht und dem schütteren Haar, nicht der kräftigen Statur ansah. Von Johns Vater Henry war er dazu auserkoren worden, während Johns mehrwöchigen Aufenthalts auf der Burg von Windsor über ihn zu wachen, und an diesem Morgen hatte er ihn mit zuckenden Mundwinkeln und verkniffenen Augen gemustert. »Du kannst nicht reiten, du kannst nicht kämpfen, und du verstehst nichts von der Welt«, hatte er John verächtlich entgegengespien.
Zumindest Letzteres schien Ranulf nun ändern zu wollen. Den ganzen Tag hatte er ihn belehrt und verlangt, er möge seine Worte wiedergeben. Diese Worte schwirrten in Johns Kopf wie ein Schwarm wild gewordener Bienen, die sich in ihrer Verzweiflung gegenseitig zu stechen begannen und am Ende nur mehr nach dem Tod sehnten, nicht nach Honig. Nachdem John sich auch nach dreimaligem Wiederholen nichts hatte merken können, hatte Ranulf ihn aus dem Wohnturm gescheucht, ihn über den Hof zu einem anderen Gebäude geführt und über eine schiefe Treppe in einen Keller gestoßen, von dessen kahlen Wänden Schreie gehallt hatten.
Eben rissen diese Schreie ab. Anstelle des roten Fleisches klaffte auf der Brust des Gefolterten ein schwarzes Loch, und die Zange glühte nicht mehr – ein Umstand, dem der Folterknecht rasch Abhilfe verschaffte, hielt er sie doch alsbald wieder über das Feuer. Erneut tänzelten die Flammen um das Eisen.
Nicht rot, nicht rot, nicht rot… ich liebe doch das Graue… die Stille… das Schweigen…
»Bitte … Bitte, tut dem Mann nichts mehr!«
»Du selbst bist es, Prinz John, der ihm diese Qualen zufügt. Wenn du im Kopf behältst, was man dir sagt, wenn du endlich lernst, was du zu lernen hast, hat sein Leiden sofort ein Ende.«
Dieses Mal glichen die Worte keinem Bienenschwarm, vielmehr Schlägen. Unter jedem einzelnen wäre John niedergegangen, wenn Ranulf ihn nicht weiter am Nacken festgehalten hätte. Konzentrier dich, konzentrier dich, konzentrier dich, ermahnte er sich, als Ranulf ihn wieder zu belehren begann, und die Worte nunmehr zu Staubflocken wurden, die sich in den Ecken versteckten. Ach, wie gnädig dunkel es dort war!
»Also, kannst du alles, was ich dir eben gesagt habe, wiederholen?«, fragte Ranulf.
Das Eisen war noch nicht rot, aber bereits von jenem matten Orangeton, den die Sonne annahm, ehe sie am Abend zu bluten begann.
»Mein … Mein V… Vater …«, stammelte John, »König Henry II. aus dem Hause P… Plantagenet … Er ist Herrscher eines der größten Reiche des Abendlandes. Es … Es umfasst nicht nur England, Wales und Irland, sondern auch das Land zwischen Cherbourg und Bayonne. Er… Er … Er trifft sich hier in Windsor heute mit Männern, um mit ihnen Frieden zu schließen.«
»Und woher kommen diese Männer?«
Die Wörter zerfielen zu Buchstaben, die Buchstaben zu kleinen Ascheflocken. Die Flammen schienen sich ein letztes Mal aufzubäumen, und der Gefangene tat das auch, als der Folterknecht erneut mit der glühenden Zange auf ihn zutrat.
»Aus Wales?«, riet John.
»Nein, mit den Aufständischen in Wales hat dein Vater schon im Juni Frieden geschlossen.«
Dieses Mal traf die Zange nicht die Brust des Mannes auf der Streckbank, sondern den Bauch knapp über dem Nabel. Allerdings zog der Folterknecht sie etwas früher zurück, sodass nur die oberste Hautschicht versengt wurde, nicht das Fleisch darunter. Der Mann schrie gleichwohl – und John schrie auch.
»Aus Schottland?«, schrie er.
»Nein«, erwiderte Ranulf unerbittlich, »mit dem König von Schottland wurde schon im August Frieden geschlossen.«
Die Zange kam dem Körper des Mannes wieder bedrohlich nah.
»Dann ist es Irland!«, rief John und schloss die Augen.
Kurz genoss er die Schwärze, kurz genoss er die Stille. Er musste richtig gelegen haben, die Stille dauerte an.
»So ist es«, sagte Ranulf. Es klang beinahe anerkennend. »Und nun sag, was du über Irland weißt! Es kann doch nicht so schwer sein. Den ganzen Tag lang habe ich dir von dieser Insel berichtet!«
Ach, wenn ihm nur etwas einfiele – etwas anderes, als dass die Iren lange Bärte und noch längere Haare trugen. Der Folterknecht näherte sich erneut mit der Zange dem Bauch seines Opfers.
»Nicht«, schrie John. »Irland … Irland … Der Papst hat einst verkündet, dass alle Inseln dieser Welt Eigentum der Kirche seien … dass diese die Heiden dort bekehren müsse. Nur in Irland gab es keine Heiden mehr, weswegen der Papst meinte, die Insel stünde meinem Vater zu.«
Ranulfs Mundwinkel zuckten, was dieses Mal nicht Zeichen seines Ärgers war, sondern es war der Versuch eines Lächelns.
»Richtig«, lobte er. »Und deshalb …«
Einmal mehr zerfielen die Wörter zu Buchstaben und die Buchstaben zu Asche. Doch die Asche war grau, und das Graue hatte John noch nie gefürchtet.
»Mein Vater hat Irland vor einigen Jahren erobert«, stieß er heiser hervor.
»Wirklich?«, fragte Ranulf.
Er ließ John los, und prompt sackte der wieder zu Boden, krümmte sich zusammen. Der Gefolterte hätte sich wohl auch gekrümmt, wenn er nicht festgebunden gewesen wäre, als ihm die Zange nun in den Unterbauch gerammt wurde. Johns Glieder schienen wie Wachs zu schmelzen, die des Gequälten zu Blut und Schweiß zu zerlaufen. Mit zitternden Knien sprang John wieder auf.
»Mein Vater hat Irland nicht zur Gänze erobert … Sein Reich ist so groß, seine Pflichten sind so zahlreich … Lediglich die Ostküste ist in unserer Hand, der restliche Teil der Insel wird von irischen Königen regiert.«
»Und wer ist der mächtigste der irischen Könige, der Hochkönig?«
John war sich nicht sicher, ob er den Namen kannte. Der Gefolterte würde wohl nicht einmal mehr seinen eigenen kennen. Er heulte dumpf wie ein Wolf, fiepte hoch wie eine Maus, fauchte hilflos wie eine Katze.
»Gewährt ihm Gnade!«
»Wer ist Irlands Hochkönig?«
»Ruari … Ruari … O’Connor.«
»Na also, es geht doch«, lobte Ranulf. »Tatsächlich hat dein Vater soeben mit dem Hochkönig von Irland Frieden geschlossen. Ruari ist natürlich nicht selbst nach Windsor gekommen. Er hat den Erzbischof von Tuam geschickt, den Abt von Clonfert und seinen Kanzler. Und was genau haben dein Vater und die Gesandten von Ruari vereinbart?«
Die Zange hatte sich wieder grau gefärbt, doch in dem Grau lag kein Heil. Als John zögerte, schlug der Folterknecht damit auf die Beine des Gefesselten.
»Nein!«, schrie John, weil der Gefolterte selbst nicht mehr schreien konnte. »Nein, nein, nein … Lasst ihn in Ruhe! In dem Vertrag … In dem Vertrag steht …«, er schluckte verzweifelt gegen den bitteren Speichel an, der sich in seinem Mundraum sammelte, »… in dem Vertrag steht, dass mein Vater Ruari O’Connor als Hochkönig von Irland anerkennt – unter der Voraussetzung, dass Ruari ihm weiterhin die Ostküste und zudem die reichen Städte überlässt, dass er ihm Geiseln anvertraut, zu seinem Vasallen wird und ihm regelmäßig Tribut zahlt.«
»Und wie sieht dieser Tribut aus?«
»Der irische Hochkönig muss meinem Vater die Haut von jedem zehnten Tier in seinem Herrschaftsbereich übergeben …«
Gott, bitte sorge dafür, dass den Tieren die Haut erst nach ihrem Tod abgezogen wird, betete John still. Er selbst schien keine Haut mehr zu haben, denn Ranulfs höhnisches Gelächter prasselte ungemindert auf ihn ein, gab ihm eine Ahnung, wie es sich anfühlte, wenn glühende Zangen in rohem Fleisch wühlten.
»Nun«, sagte Ranulf schließlich und gab dem Folterknecht ein Zeichen, die Zange sinken zu lassen. »Du bist ja doch nicht so dumm, wie ich dachte. Dein Vater fürchtete schon, du hättest zu viel Zeit mit den Nonnen und deiner Schwester verbracht, sodass nichts Rechtes aus dir werden könnte, aber es gibt Hoffnung. Du hast heute eine Menge gelernt.« Er hob die Hand, woraufhin der Folterknecht den Unglücklichen von seinen Fesseln befreite. »Lass uns nun am Festmahl teilnehmen, das zu Ehren des Vertrags von Windsor stattfindet. Es wird Hirsch serviert, den dein Vater selbst erlegt hat, außerdem Rehbraten und Fasan. Wenn du willst, kannst du dem Armen hier später etwas davon bringen.«
John wusste plötzlich, dass er kein Stück von dem Hirschbraten würde herunterbringen können. Er würde niemals mehr Hirschbraten essen.
»Wer … Wer ist er überhaupt?«, fragte er heiser und deutete auf den Gefolterten.
Ranulf de Glanville gab keine Antwort. Er stieg die Treppe hoch, ohne darauf zu achten, ob John ihm folgte, und auch der Folterknecht ließ sein Opfer wortlos zurück.
John atmete tief durch, erleichtert, dass ihm keine Stimmen mehr zusetzten – nur das Knistern des Feuers war zu hören. Er stolperte zur Feuerstelle, versuchte, die Flammen auszutreten, aber wann immer eine erlosch, züngelte eine neue, und es begannen Funken zu tanzen.
Schließlich gab John es auf und lehnte sein Gesicht an die Wand, die schwarz vor Ruß war. Wahrscheinlich wurde sein Gesicht auch schwarz, seine Seele war es längst.
Ich… Ich bin ganz allein auf der Welt… Und… Und ich hab solche Angst.
»Amaury … Amaury de Saint-Taurin«, durchriss plötzlich eine Stimme die Stille. John zuckte zusammen. Kurz glaubte er, die schwarze Wand hätte zu ihm gesprochen, dann, dass die rote Glut zu flüstern begonnen hätte. Doch die Stimme kam vom anderen Ende des Raumes – von der Folterbank, auf der der Unglückliche lag. Wobei er genau genommen nicht mehr dort lag. Eben erhob er sich nämlich, tat wieder den Mund auf, sagte: »Du wolltest doch wissen, wer ich bin. Nun, mein Name ist Amaury de Saint-Taurin.«
Die eine Wunde war dunkel, die andere schimmerte rosig, Blut strömte aus keiner – und anscheinend hatte die Quälerei dem Mann auch die Lebenskräfte nicht genommen. Er trat auf John zu, seine Miene war freundlich.
»Wie … Wie …«, setzte John an und schmeckte bitteren Ruß.
»Gott schenkte mir eine besondere Gabe«, erklärte Amaury de Saint-Taurin, und nur sein heiseres, kraftloses Flüstern verriet, dass er eben noch gebrüllt hatte. »Vielmehr hat er mir etwas genommen, nämlich die Fähigkeit Schmerzen zu fühlen.«
»Ihr … Ihr habt die ganze Zeit keine Schmerzen gefühlt?«
»So ist es. Sieh her!« Amaury ging zur Feuerstelle, blies in die Asche, sodass Flammen aufschossen. Nicht rötlich waren diese, sondern von einem fahlen Violett – heiß waren sie gleichwohl. Dennoch zuckte der Gefolterte, als er seine wohlgeformten Finger darüber hielt, nicht vor der Hitze zurück. Sie schienen nicht aus Fleisch und Blut zu bestehen, allerdings auch nicht aus Wachs, denn sie schmolzen nicht. Ehe John erkennen konnte, ob sich Blasen gebildet hatten, ballte Saint-Taurin die Hand zur Faust. Nun sah John die vielen Narben, die, einem Spinnennetz gleich, den nackten Oberkörper überzogen und von unzähligen Schnitten und Verbrennungen zeugten. Nur in Saint-Taurins Gesicht, das schmal war und dessen spitze Nase an einen Habicht denken ließ, waren keine Spuren von alten Verletzungen zu erkennen. Saint-Taurin griff sich unwillkürlich an die Wangen. »Wann immer ich mich selbst quälte oder quälen lassen musste, sorgte ich stets dafür, dass man es mir später nicht ansehen würde. Zumindest nicht bekleidet.«
Geschmeidigen Schrittes – John dachte eher an ein tänzelndes Pferd als an einen wuchtigen Bären – trat Saint-Taurin zur gegenüberliegenden Wand, wo seine Kleidung lag. Er schlüpfte in eine wadenlange Leinenhose und eine knielange Tunika, die an der Vorderseite geschlitzt war. Dann legte er seinen Gürtel an. Die matt glänzende Schnalle war mit einem Edelstein besetzt, der dieselbe Farbe aufwies wie der Stein auf der Fibel, mit der Saint-Taurin seinen Umhang zusammenhielt – ein durchdringendes Rot, das seine schwarzen Haare und Augen noch dunkler wirken ließ.
»Wie ist es möglich, keinen Schmerz zu fühlen?«, fragte John.
»Das musst du Gott fragen.« Aber Gott war stumm, was gut so war … Jedes Geräusch schmerzte doch in Johns Ohren. Schier unerträglich war auch das heisere Gelächter, in das Amaury nun ausbrach. »Du darfst künftig nicht mehr so leichtgläubig sein.«
»Wusste Ranulf de Glanville etwa die ganze Zeit, dass Ihr keine Schmerzen leidet?«
»Aber natürlich. Für gewöhnlich bin ich nicht selbst das Opfer des Folterknechts, sondern zeige ihm, wie er seine Arbeit auszuführen hat. Die meisten Männer denken, es wäre ein Leichtes, einem anderen Schmerz zuzufügen. Es muss allerdings das richtige Maß an Schmerz sein, nicht zu viel, nicht zu wenig, quälend, doch nicht vollends zerstörend, und dafür bedarf es besonderer Fähigkeiten. Einer, der den Schmerz nicht fürchtet, kann diese leichter erlernen und deshalb besser lehren.«
Die Worte erschienen John widersinnig. Ein stummer Mensch konnte einen anderen doch nicht das Singen beibringen und ein Lahmer einem anderen nicht das Tanzen! Aber was ergab in dieser rußgeschwärzten Kammer schon Sinn?
»Was macht Ihr, wenn Ihr gerade keine Prinzen täuscht und Unglückliche quält?«, fragte John.
»Ich bin ein Ritter des Haushalts deines Vaters. Ritter nenne ich mich allerdings ungern. Ritter dienen dem Tod, dem Schmerz jedoch dienen … Künstler.«
»Künstler …?«
Saint-Taurin stieg auf das Feuer, und anders als John gelang es ihm mühelos, es endgültig zu ersticken. Der rot glitzernde Edelstein der Fibel erschien im fahlen Licht farblos, nur das Blut, das von Johns Lippen perlte, nachdem er sich daraufgebissen hatte, blieb wohl rot. Es schmeckte rostig. Hastig wandte er sich ab, stolperte ohne ein weiteres Wort und ohne eine Antwort abzuwarten zur Treppe.
»Warte!«, rief Amaury ihm nach. John verfehlte die erste Stufe, fiel und schrammte sich sein Knie auf. »Ranulf de Glanville mag zufrieden sein, weil du heute so viel über die Lage in Irland gelernt hast. Aber du solltest wissen, dass alles, was er dir eingebläut hat, Unsinn ist.« John drehte sich langsam um. »Dein Vater, König Henry, hat keine Zeit, um die ganze Insel zu besetzen«, fuhr Saint-Taurin fort, »deshalb begnügt er sich mit einer Hälfte und schließt mit dem König der anderen Frieden. Sei gewiss: Der irische Hochkönig wird keine Lust haben, bei seinem Volk Abgaben für König Henry einzutreiben, und die Normannen werden keine Lust haben, Tierhäute zu zählen. Ich werde schon in wenigen Wochen dorthin aufbrechen und dafür sorgen, dass der Frieden nicht lange hält.«
Wieder brach er in heiseres Gelächter aus und trieb John endgültig in die Flucht. Als er in den Hof trat, wo ihm die kühle Herbstluft entgegenschlug, konnte er ein Würgen nicht länger unterdrücken. Er beugte sich vor und übergab sich – kotzte den Ekel aus sich heraus, sein Entsetzen, seine Verzweiflung, sein Grauen. Nur eine bittere Erkenntnis musste er am Ende schlucken: Ich bin allein auf der Welt, und ich hab solche Angst…
»John? Um Himmels willen, John, was tust du hier?«
Er blickte auf, sah einen Mann auf sich zukommen, blond, mit glatter, rosiger Haut und einem mit Fuchspelz verbrämten Umhang, von dem der Geruch von Moschus ausging. Zum ersten Mal seit Stunden konnte John tief Atem holen, ohne schier daran zu ersticken.
»Henry …« Sein großer Bruder stand vor ihm, König Henrys Erstgeborener, der dessen Namen trug, aber die Statur ihrer groß gewachsenen Mutter Eleonore geerbt hatte. Allerdings war er freundlicher als sie. Während John sich nicht erinnern konnte, dass Eleonore ihn bei ihren raren Besuchen in Fontevraud je berührt hatte, zog Henry, den alle Young Henry nannten, ihn an sich und streichelte über sein Haar. »Du zitterst ja, so beruhige dich doch! Und dann erzählst du mir, was dir zugestoßen ist.«
John presste sein Gesicht an den Umhang seines Bruders. »Nichts«, murmelte er, »nichts.«
Während sein Zittern nachließ, der säuerliche Geschmack in seinem Mund verging und der durchdringende Geruch von Henrys Duftwasser ihn einhüllte, wurde Saint-Taurin in Johns Erinnerungen zum grauen Schatten, zwar bedrohlich, aber so machtlos wie die unheimlichen Gestalten, die ihn in seinen nächtlichen Träumen jagten.
1176–1177
Tuan
»Tuan! Schläfst du?«
»Jetzt nicht mehr.«
Tuan stieß unwillig die Hand weg, die an seinen Schultern rüttelte. Er war überzeugt, dass Airdi ihn geweckt hatte. Schon tagsüber schlotterte der oft vor Angst, und erst recht wuchs diese, wenn abends aus ihrem düsteren Verlies ein schwarzes wurde. Als er sich aber mit schweren Gliedern und noch schwererer Zunge aufrichtete, gewahrte er, dass nicht Airdi, sondern Fintan neben ihm kauerte und dass sie nicht von Finsternis umgeben waren, sondern ein rötlicher Lichtschein warf flackernde Schatten auf die schiefen Wände. Das Dritte, was Tuan wahrnahm, war ein Stöhnen aus dem Verlies nebenan. Unter den Geiseln, die hier in Limerick, der größten Stadt im Westen Irlands, eingesperrt waren und auf die Überführung an König Henry Plantagenets Hof warteten, befand sich eine junge Frau. Tuan hatte sie zwar noch nie gesehen, aber tagsüber manchmal lachen hören – ein Laut, der umso lieblicher klang, dachte er an das Stöhnen, das sie ausstieß, wenn nachts die normannischen Ritter sie heimsuchten und quälten.
Tuan fluchte leise, biss sich jedoch sofort auf die Lippen, weil Fintan es hasste, wenn man fluchte. Er hieß eigentlich Bruder Fintan, denn bevor man ihn zur Geisel bestimmt hatte, hatte er einige Jahre als Novize in einem Kloster gelebt, um dort alsbald die ewige Profess abzulegen. Doch Gott … nein, die Normannen, die von den Iren Geiseln forderten … nein, die Iren, die ihn als eine dieser Geiseln erwählt hatten, hatten andere Pläne gehabt.
»Tuan«, sagte Fintan jetzt beschwörend, »du … du musst an dem Schlüssel weiterarbeiten.«
»Doch nicht mitten in der Nacht!«
Er riss sich los, drehte sich um, schloss die Augen.
»Tuan, wir haben keine Zeit …«
Ein spitzer Schrei ließ Tuan aufschrecken. Nicht die junge Frau im Nebenraum hatte ihn ausgestoßen, es war Airdi.
»Airdi Angst vor Feuer!«
Airdi redete und verhielt sich wie ein Kind, obwohl er wie Tuan und Fintan bereits sechzehn Jahre alt war und Tuan um einen halben, Fintan um einen ganzen Kopf überragte. Für gewöhnlich gelang es Tuan, Airdi zu beruhigen und zu trösten, wenn ihn böse Träume plagten, doch im Moment wähnte er sich selbst in einem Alb gefangen, umso mehr, als Fintan ihm ins Ohr flüsterte: »Beeil dich, bitte, beeil dich!«, und Airdi brüllte: »Airdi Angst vor Feuer! Angst vor Feuer!«
Da erst spürte Tuan das Brennen in Augen und Nase, auch dass die Zunge nicht nur schwer, sondern trocken war. Er begriff jäh, woher der rötliche Lichtschein kam und dass die junge Frau im anderen Verlies nicht stöhnte, sondern dass sie nach frischer Luft japste.
»Die Stadt brennt«, rief Fintan.
»Aber …«
Airdi stieß spitze, hohe Schreie aus, lief im Kreis, ließ sich schließlich auf den Boden fallen, umfing mit seinen Händen die Knie und wiegte sich vor und zurück.
Fintan begann im selben Rhythmus zu beten. »Credo in Deum, patrem omnipotentem, creatorem caeli et terrae. Et in Jesum Christum, filium eius unicum …«
»Limerick brennt?«, fragte Tuan entsetzt.
Weder Fintan noch Airdi antworteten ihm, doch nun mischte sich der alte Mann ein, der in einer Ecke des Verlieses hockte und nur aufstand, um sich zu erleichtern – was er immer unmittelbar unter sich tat. Er war der Einzige, der keine Geisel der Normannen war, sondern schon vor der Eroberung Limericks durch die Normannen das karge Leben als Gefangener gefristet hatte.
»Wir werden alle sterben«, murmelte er mit gleichem abgeklärtem Gesichtsausdruck wie in den Augenblicken, da er sich in seine Scheiße fallen ließ.
»Hat König Domhnall O’Brian die Stadt etwa angegriffen?«, fragte Tuan.
»Nein, die Normannen haben sie ihm kampflos übergeben.«
Der Rauch musste in den Ecken dichter stehen und dem Armen die Sinne völlig vernebelt haben! Niemals würden die Normannen eine der großen Städte aufgeben! Und schon gar nicht würden sie sie einem ihrer Erzfeinde überlassen!
»Warum brennt die Stadt dann?«, fragte er.
»Ich denke, Domhnall O’Brian hat sie selbst anzünden lassen. Weil er die Normannen hasst und Angst hat, dass einer von ihnen zurückgeblieben ist. Und weil er die Bevölkerung von Limerick noch mehr hasst, da sie in den letzten Monaten die Schilde der Normannen poliert und ihre Pferde mit Hufeisen beschlagen hat, anstatt sie im Schlaf entweder mit dem einen oder dem anderen zu erschlagen.«
Fintan hatte wohl eingesehen, dass sein Gebet nicht erhört wurde. Er packte Tuan und zerrte ihn zur Tür. »Wenn uns einer befreien kann, dann du.«
»Ich?«, fragte er, doch er wusste genau, weshalb Fintan das sagte.
Seit nunmehr Wochen arbeitete er an einem Schlüssel. Keinem aus Bronze und mit einem kunstvollen Kleeblatt geschmückt, wie sein Vater, ein Goldschmied, sie herzustellen vermocht hatte. Nein, das einzige Material, das ihm zur Verfügung stand, war ein Haken aus dunklem Metall, den sie kürzlich gefunden hatten, und als Werkzeug diente jener unverwüstliche, durch nichts zum Schmelzen zu bringende grüne Stein, der einst Airdis Fibel geschmückt hatte.
Tuan machte sich mit zitternden Händen an die Arbeit. Das Knistern, von hundert ebenso bösartigen wie heiseren Geistern ausgestoßen, kam näher, aus den grauen Schwaden wurden schwarze, aus dem klammen Raum ein glühend heißer. Leider war es immer noch nicht so heiß, als dass man den Haken hätte so verbiegen können, damit er ins Schloss passte.
»Beeil dich, bitte beeil dich!«, flehte Fintan, indes Airdi sich immer noch hin und her wiegte.
Tuan bearbeitete den Haken eine Weile mit den wenigen Hilfsmitteln, die ihm zur Verfügung standen, griff dann zu einem weiteren Werkzeug – einem kleinen Stein, den er bereits einige Wochen zuvor aus der Wand gezogen hatte. Er versuchte, die sengende Hitze zu ignorieren und sich einzig auf die Stimme seines Vaters zu konzentrieren, die in seinen Erinnerungen widerhallte.
Wenn du etwas oft genug getan hast, tun es deine Hände irgendwann von allein. Verlass dich auf sie. Wir müssen unsere Arbeit lieben, wir müssen nicht über sie nachdenken.
Tuan schloss unwillkürlich die Augen, arbeitete blind. Seinem Vater war es auf diese Weise gelungen, aus mehreren Hundert winziger Bronzeteile eine Schale für den Kommunionwein herzustellen. Nicht ein einziger Tropfen Messwein sickerte hindurch, als er fertig war. Ihm selbst dagegen war es bisher nicht einmal gelungen, diesen Haken so zu bearbeiten, dass sich ein Schloss damit öffnen ließ. Tuan steckte ihn hinein, drehte ihn nach links. Nichts. Er drehte ihn nach rechts. Wieder nichts.
»Es fehlt nicht mehr viel«, sagte er und versuchte, zuversichtlich zu klingen. Er zog den Haken zurück, verbog seine Spitze noch ein wenig, sodass er die Form eines Abtstabes annahm, steckte ihn wieder ins Schloss.
»Tuan!«
Die Stimme ließ ihn zusammenzucken. Sie kam nicht aus ihrer Zelle, sondern von der nebenan, wo nicht nur die junge Frau gefangen war, sondern auch Maolan, sein Vetter, von dem er am Tag ihrer Ankunft getrennt geworden war. Er krächzte wie ein Rabe, die Frau gab überhaupt keinen Ton mehr von sich. Gut möglich, dass sie längst erstickt war.
Tuan brach der Schweiß aus. »Ich werde euch retten!«, rief er und hoffte, dass das Husten, das Maolan von sich gab, nur Hohngelächter war, kein Zeichen dafür, dass auch ihm der Atem knapp wurde.
»Bitte, Herr, Allmächtiger, bring das Feuer zum Erlöschen«, flehte Fintan – erst auf Irisch, dann auf Hebräisch, dann auf Griechisch, dann auf Latein. In keiner Sprache nutzte es etwas.
»Gott hat uns vergessen«, sagte der Alte. »Oder sein Atem ist zu schwach, um das Feuer auszupusten.«
»Wenn, dann ist mein Glaube zu schwach.«
Schwäche… Stärke… ein Goldschmied muss beides beweisen, er muss manchmal viel Druck ausüben, manchmal ein bisschen, manchmal gar keinen.
Tuan hörte wieder die Stimme seines Vaters und schnaufte. Immer noch tat sich nichts, wenn er den Haken im Schloss drehte, und so zog er ihn nochmals heraus, bearbeitete ihn weiter, bis er nicht mehr die Form eines Abtstabes hatte, sondern die eines gekrümmten Pferdes, das an schrecklichen Koliken litt.
Sei’s drum, dachte er. Auch auf einem von Koliken geplagten Pferd konnte man reiten. Das nahm er zumindest an – in Wahrheit verstand er nichts von Pferden. Dass er auch von der Arbeit eines Goldschmieds nichts verstand, wollte er nicht einmal denken. Er steckte den Schlüssel erneut ins Schloss, hielt den Atem an. Der Schlüssel drehte sich, doch nur um ein Jota. Ein Knacken ertönte auch, aber vielleicht kam es von morschen Wänden, die irgendwo in der Ferne einstürzten, oder vom Feuer. Deutlich lauter waren Airdis Kreischen und erst recht dessen Faustschläge zu hören, als er aufsprang und auf die Holztür eintrommelte.
»Airdi raus hier, raus hier! Airdi Angst vor Feuer! Angst, Angst, Angst!«
Tuan hatte auch Angst. Aber er zeigte sie nicht, als er den Haken ein letztes Mal bearbeitete. Er glich nun bestenfalls einem Pferd, das an den Koliken verendet war, doch als er den Schlüssel oder das Gebilde, das ein Mann wie sein Vater zu einem Schlüssel hätte formen können, ein drittes Mal in Schloss steckte, ertönte wieder ein Knacken, und die Tür fiel ihm regelrecht entgegen. Zumindest tat das eine der Holzplanken – nämlich die, auf die Airdi gehämmert hatte.
Fintan entging dieses Detail. »Du hast es geschafft!«, jubilierte er. »Du hast es tatsächlich geschafft!«
»Es war nicht ich, es war …«
Tuan brach ab, das Sprechen tat einfach zu weh, selbst das Atmen schmerzte. Sich durch den schmalen Spalt zu quetschen tat sicher auch weh, er drückte den heulenden Airdi dennoch hindurch. Dessen Leib war ziemlich dick und der Kopf groß, doch mit Fintans Hilfe gelang es Tuan. Vor Schreck vergaß Airdi zu schreien, und Fintan vergaß vor Anstrengung zu beten, als er sich selbst hindurchzwängte.
»Die Normannen sind tatsächlich auf und davon«, schrie er.
Ehe Tuan ihm folgte, drehte er sich zu dem Alten um. »Nun komm, der Nächste bist du!«
Die Gestalt schien im Nebel zu zerlaufen, doch als Tuan schon vermeinte, er wäre am Rauch erstickt, stieß der Mann aus: »Ich bleibe hier. Lieber sterbe ich im alten Irland, als im neuen zu leben.«
Tuan machte einen Schritt auf ihn zu, doch eine Stimme ließ ihn innehalten. »Holt uns hier raus!«, hörte er seinen Vetter Maolan brüllen.
Er zwängte sich durch den Spalt, sah Airdi wieder am Boden hocken und sich wiegen, sah Fintan, wie er den Riegel des anderen Verlieses zurückschob, sah Maolan, der herausstürmte, und einen weiteren Gefangenen, der ihm folgen wollte, jedoch ins Wanken geriet und stolperte. Als Tuan ihn auffing, kitzelten ihn unerwartet weiche Locken. Noch weicher war der Körper, der sich an seinen presste, waren die Brüste, der Bauch, die Schenkel.
Himmel, es war die junge Frau.
»Eithne«, rief Maolan. »Steh auf!«
Tuan gelang es erst, sie hochzuziehen, als Maolan ihm half. Mit viel Glück würden es er, Eithne, Airdi und Fintan ins Freie schaffen – nur den Alten aus dem Verlies zu locken, dafür reichten seine Kräfte nicht.
Der Alte musste verrückt geworden sein, wenn er freiwillig verbrennen wollte!
Als Tuan Maolan allerdings durch den Gang folgte und sie geradewegs auf die Flammen zuliefen, fragte er sich, ob nicht vielmehr sie den Verstand verloren hatten, weil sie um ihren Platz auf dieser lodernden, heißen Welt kämpften, anstatt einfach aufzugeben.
Tuan kannte Limerick nicht. Als er die einstige Wikingersiedlung am Fluss Shannon, die die Iren später in ihre Hände bekommen und befestigt hatten, damals als Geisel der Normannen betreten hatte, hatte er seine letzten Schritte unter freiem Himmel mit gesenktem Kopf getan. Nun schien selbst der Himmel zu brennen, und die Tränen, die man darüber weinen mochte, verdampften in der Gluthitze. Limerick war keine Stadt mehr, Limerick war eine rote Hölle, und durch diese führten keine Straßen und Wege mehr, nur glosende Holzbalken, die sich von niederstürzenden Wänden gelöst hatten. Wer Glück hatte, wurde von ihnen erschlagen. Wer Pech hatte, auf den ging das Feuer über. So glaubte Tuan etliche Menschen zu sehen, die eine Fackel trugen, um dann an ihren spitzen Schreien zu erkennen, dass sie selbst zu Fackeln geworden waren. Es gelang ihm, ihnen auszuweichen, er wäre nur fast über ein Schwein gestolpert, das grunzend vor ihm herlief. Der Gestank von versengten Borsten stieg ihm in die Nase, war noch abscheulicher als der von brennendem Flachs und von Schafwolle, die zum Trocknen vor den Häusern aufgehängt worden war. Bald würden keine Häuser mehr stehen – und bald würde er nichts mehr riechen.
Noch allerdings fühlte er, wie sich Airdis Nägel in seinen Arm gruben, er zog ihn mit sich, setzte Schritt vor Schritt, und anstatt irgendwann in diesem Feuersee zu versinken, wie er es eigentlich erwartete, fühlte er plötzlich kalten Stein unter seinen Füßen. Nein, nicht kalten, sondern heißen Stein, es gab nichts Kaltes mehr in dieser Stadt … Doch der Stein war glatt und ziemlich glitschig.
Unwillkürlich ließ er Airdi los, und als er im dichten Rauch nach ihm tastete, versetzte ihm jemand einen Stoß in den Rücken. Schon rutschte er aus, fiel in die Tiefe … fiel in den Feuersee … nein, fiel ins Wasser. Es gab in der brennenden Stadt also doch noch einen Ort, wo es kalt war, einen Ort auch, wo es finster war, und er genoss beides kurz so sehr, dass er still hielt anstatt zu strampeln, und immer tiefer im Nichts versank, wohin weder Airdis Schreie drangen noch das Knistern und der ätzende Rauch. Zu ersticken drohte er trotzdem, und er schlug wieder um sich, fühlte mit den Füßen schlammigen Untergrund und … einen weichen Körper.
Eithne … Das musste Eithne sein …
Obwohl die Hände, die ihn am Nacken packten und mit sich zogen, kräftiger als die einer Frau schienen, konnte ein so helles Gelächter nur aus der Kehle einer solchen stammen. Es war das Erste, was er hörte, als er wieder auftauchte, japsend nach Luft schnappte, vermeinte, dass ihm die Brust platzte.
»Kannst du etwa nicht schwimmen?«, spottete Eithne.
Obwohl ihr Haar nass war, war es immer noch gelockt, während die eigenen schwarzen Strähnen an seinen Wangen hafteten. Er trat mit den Füßen, drohte gleichwohl wieder unterzugehen.
»Eith…«
Sie wartete, bis die Fluten über seinem Kopf zusammenschlugen, ehe sie ihn wieder packte, dieses Mal an seiner Tunika.
»Du kannst es tatsächlich nicht«, stellte sie amüsiert fest.
»Ich … konnte … immerhin … den Schlüssel …«
Das Zittern zerriss seine Worte, sodass er weder seine Lüge zu Ende brachte, noch Eithne fragen konnte, in welches Gewässer sie gefallen waren. Während sie mit ihm zum Ufer schwamm, konnte er es sich ohnehin denken. Der Fluss Shannon musste es sein, auf dessen Insel die Wikinger einst Limerick errichtet hatten. Uneinnehmbar sei die Stadt, hieß es, weil man sie nur mit Schiffen und Booten erreichen, man diese jedoch von den Stadtmauern aus mit Brandpfeilen beschießen könne. Den Normannen war es einige Monate zuvor trotzdem gelungen, sie zu erobern.
Sie erreichten das Ufer, hielten sich am Gras fest, versuchten, sich daran hochzuziehen. Erst gelang es nicht, denn der Boden war matschig, und sie rissen das Gras mitsamt großen Wurzelbrocken aus. Doch schließlich kletterte Eithne über Tuans Rücken die Böschung hinauf, umschlang dort mit den Beinen einen Baum und reichte ihm beide Hände, damit er sich hochziehen konnte.
Als es ihm gelungen war, blieb er schnaufend liegen. Er war zu erschöpft, um noch zu zittern, zu erschöpft, um sich nach der brennenden Stadt umzudrehen, zu erschöpft auch, um sich um Airdi, Fintan und Maolan zu sorgen. Erst als sich sein Herzschlag etwas beruhigt hatte, überkam ihn blankes Entsetzen.
»Airdi! Airdi! Wo bist du?«
»Ich habe ihn!« Fintan klang kleinlaut, obwohl er es ganz offensichtlich geschafft hatte, mit Airdi nicht nur über den Fluss zu schwimmen, sondern ebenfalls das Ufer zu erklimmen. »Ich hatte gehofft, mein Glaube wäre stark genug, um mich über das Wasser zu tragen, leider hat es nicht gereicht.«
»Immerhin kannst du schwimmen«, warf Eithne ein.
»Und es wäre gut, wenn du auch schnell laufen könntest«, vernahm Tuan Maolans Stimme, obwohl er ihn noch nicht sah. »Das sollten wir nämlich schleunigst, ehe wir niedergetrampelt werden.«
Tuan stand auf, erkannte, dass immer mehr Menschen über die Stadtmauer in den Fluss sprangen, auch solche, die nicht schwimmen konnten, und deshalb sofort ertranken. Viele erreichten jedoch das andere Ufer, und Tuan folgte Maolans Rat, nahm Airdi an der Hand und begann zu rennen.
Bei mindestens jedem zweiten Schritt blieb er knöcheltief im Matsch stecken, und Airdi, der deutlich größer und deshalb schwerer war, versank gar bis zu den Waden, doch irgendwie kamen sie weiter – zumindest weit genug, dass das Lodern der Flammen nur mehr wie ein Rauschen klang, die Todesschreie der Sterbenden wie das Kreischen von Möwen und der Himmel über ihnen wieder schwarz war, nicht mehr rötlich wie zur Abendstunde.
Tuan zitterte heftig, aber er biss die Zähne zusammen. Airdi zitterte auch und begann prompt zu klagen: »Airdi kalt … Airdi so kalt …«
»Ach, Airdi …«
Tuan seufzte und überlegte, ob er dem anderen die eigene Tunika um die Schultern legen sollte oder er unter dem nassen Stoff noch mehr frieren würde.
Ehe er zu einem Entschluss kam, knurrte Maolan: »Sag dem Schwachsinnigen, er soll sein Maul halten. Überhaupt wär’s für uns alle besser gewesen, er wär im Shannon ersoffen. Er hat ja doch keinen Nutzen.«
»Das zu entscheiden obliegt allein Gott«, mischte sich Fintan ein, »er wird sich schon etwas gedacht haben, als er Airdi erschuf.«
»Du hingegen«, wandte sich Eithne mit spitzer Stimme an Maolan, »warst im Denken noch nie richtig gut.«
»Der Schwachsinnige ist darin noch nicht mal schlecht, er ist einfach nur …«
»Schluss jetzt!«, rief Tuan. »Willst du es wie Domhnall O’Brian machen und die eigenen Leute dem Tod preisgeben?«, fuhr er entschlossen fort, obwohl sich jedes Wort anfühlte, als würde ein glühender Hammer seine Kehle spalten. »Wir müssen zusammenhalten und gemeinsam entscheiden, was wir nun tun werden! Unsere Eltern sind tot, weswegen uns der Hochkönig als Geiseln der Normannen auserkoren hat. Wahrscheinlich ist ihm der Frieden mit Henry Plantagenet immer noch wichtiger als unsere Freiheit. Was bedeutet, dass wir bei ihm keine Zuflucht finden können.«
Maolans Lachen klang so dreckig wie das Gluckern des schlammigen Bodens. »Was schlägst du vor, Goldschmiedchen?«, fragte er.
»Mach mich ruhig klein. Es war ein kleiner Schlüssel, dank dessen wir uns befreien konnten.« Dass es in Wahrheit Airdis große Faust war, verschwieg er lieber. Fintan tat das wohlweislich auch.
»Und wenn du der größte Goldschmied Irlands wärest wie einst dein Vater«, sagte Maolan abfällig, »eine goldene Schatulle, um eine Reliquie darin zu betten, würde uns wenig helfen.«
»Nun, aber die Reliquie selbst täte es«, warf Fintan ein.
Maolan schnaubte. »Wir können gern den Zahn anbeten, den ich dir, du Heiliger, gleich ausschlage«, drohte er.
»Ich bin kein Heiliger, ich bin nur …«
»Ein halber Mönch, das bist du. Nur weil du noch nicht die ewige Profess abgelegt hast, hat man dich als Geisel ausgewählt. Tuan wiederum ist ein halber Goldschmied, Eithne hat man wahrscheinlich für einen halben Mann gehalten, und ich, ich gebe es zu, bin erst ein halber Krieger. Dabei muss es allerdings nicht bleiben. Ich will endlich richtig kämpfen lernen!«
Als Tuan Eithne verstohlen musterte, schien sie ihm eher eine halbe Frau zu sein. Die festen Brüste, die sich im Mondlicht unter dem Stoff ihres Kleides abzeichneten, waren sehr weiblich, die schmalen Lippen und die hohen Wangenknochen gaben ihren Zügen jedoch etwas Hartes.
Kein Wunder nach all den Nächten, da die Normannen ihr zugesetzt hatten …
»Und wo genau willst du kämpfen lernen?«, fragte Eithne eben zweifelnd.
»Nun, bei wem wohl!«, rief Maolan. »Bei den Rittern des Roten Zweiges natürlich! Ich … Ich will niemand anderem als Ascall von Toora dienen.«
Tuan hielt den Kopf schief, damit ihm das Wasser aus den Ohren lief. So konnte er den Namen, als Eithne ihn wiederholte, etwas besser verstehen – wenn auch nichts damit anfangen.
»Wer ist denn Ascall von Toora?«, fragte er.
»Du kennst ihn nicht?«, gab Maolan ungläubig zurück.
»Nun, ich kenne zumindest die Ritter des Roten Zweiges«, warf Fintan ein und bekreuzigte sich schnell. »Eine heidnische Kriegerschar waren sie, ohne Sitten und Erbarmen. Sie fürchteten weder Gott noch den Tod.«
»Warum sollten sie Gott auch fürchten, wenn einer von ihnen, Cú Chulainn, doch selbst ein Halbgott war?«, höhnte Maolan.
»Unsterblich war er allerdings nicht«, gab Fintan zu bedenken, »was bedeutet, dass zumindest die Hälfte seiner Knochen verrottet ist und das schon vor einigen Jahrhunderten.« Fintan machte wieder ein Kreuzzeichen.
»Die Ritter des Roten Zweiges sind unter Ascall von Tooras Führung wiederauferstanden«, erklärte Maolan. »Vielleicht fürchten sie Gott, vielleicht fürchten sie den Tod, aber ganz sicher fürchten sie nicht die Normannen. Seit Jahren kämpfen sie gegen sie, versuchen, sie wieder aus Irland zu vertreiben, haben ihnen schmerzhafte Niederlagen zugefügt. Sie haben die Burg von Trim zerstört, sie haben in Kilkenny alle Vorräte der Normannen verbrannt, sie haben in Thurles fast die gesamte Truppe niedergemetzelt …« Tuan konnte mit keinem dieser Orte etwas anfangen. Weder da noch dort war je eine berühmte Brosche wie in Tara oder ein Kreuz wie in Cong gefertigt worden. »Auf offenem Feld, so heißt es, seien sie den Normannen unterlegen«, fuhr Maolan eifrig fort. »In den Wäldern sind sie gleichwohl unbesiegbar.«
»Was ganz passend ist«, warf Tuan ein, »wenn doch Zweige an Ästen und Äste an Bäumen und Bäume wiederum …«
»Verspotte sie nicht!«, unterbrach Maolan ihn wütend. »Man sieht die Ritter des Roten Zweiges nicht, man hört sie nicht, sie sind dennoch überall. So zumindest lautet ihr Wahlspruch.«
Tuan schwieg, Eithne aber bemerkte ganz nüchtern: »Hier sind sie schon mal nicht. Und zwischen den Schlachten in den Wäldern kehrt Ascall von Toora stets auf seine Burg Dún Fionn zurück, die in Breifne liegt. Bis dorthin schaffen wir es nie.«
»Ohne den Schwachsinnigen und den Mönch hätten wir durchaus eine Chance«, knurrte Maolan.
»Ich hätte keine Probleme, tagelang, ja, wochenlang zu wandern«, hielt Fintan dagegen. »Mein Leben soll eine einzige Pilgerreise sein, die ich um der Liebe Gottes willen angetreten habe.«
»Umso besser. Im Übrigen ist es gut möglich, dass sich Ascall ganz in der Nähe aufhält und die normannischen Truppen, die Limerick aufgegeben haben, belauert.«
»Und was willst du tun, um ihn zu finden?«, fragte Tuan. »Seinen Namen rufen, auf dass er sein Versteck preisgibt?«
Maolan starrte ihn grimmig an, wusste dem aber nichts entgegenzuhalten, und hob die Hand. Ehe er allerdings auf ihn einschlug, rief Airdi gequält, dass ihm entsetzlich kalt sei, sodass am Ende er die klatschende Ohrfeige abbekam.
»Na, ist dir jetzt warm?«, schnauzte Maolan.
Airdi heulte auf, während Tuan mit geballter Faust auf Maolan losging. Fintan bekreuzigte sich, Eithne hingegen ging rasch dazwischen. »Wenn ihr euch wirklich prügeln wollt, will ich mitmachen. Ich sehe nicht ein, nur danebenzustehen und beim Zuschauen frieren zu müssen. Ein wahrer Sieger aber ist hier und heute nicht der, der den anderen erschlägt, sondern es ist der, der dafür sorgt, dass wir überleben. Wetteifert lieber darum, wer als Erstes ein Feuer machen kann. Blaue Flecken und blutende Wunden nutzen uns nichts, ein Feuer tut es allerdings schon.«
Tuan fand die Aussicht auf lodernde Flammen nach dem Brand von Limerick eher erschreckend als verheißungsvoll, Maolan trotzte Eithnes Blick jedoch nur kurz, ehe er die Fäuste sinken ließ und Airdi befahl: »Na los, sammle Holz. Und zwar trockenes.«
»Vielleicht kann ich ein Wunder wirken«, warf Fintan schüchtern ein. »Der heilige Patrick konnte sogar aus Eiszapfen ein Feuer machen.«
Tuan vermeinte jäh, dass seine Hände zu solchen geworden waren.
»Holz! Eiszapfen!«, höhnte Eithne indes. »Und dem armen Airdi sprecht ihr den Verstand ab … Ha! Wir brauchen Zunderschwamm, der auf den Birken wächst, und außerdem einen hohlen Stab aus Eschenholz. Komm, Airdi.« Sie hakte sich bei ihm unter, und obwohl Airdi eigentlich Angst vor Fremden hatte, ließ er sie gewähren. »Wir gehen beides suchen. Wenn Maolan und Tuan sich ohne mich prügeln, verwende ich ihre Knochen als Unterlage für den Schwamm und brate später ihr Fleisch über den Flammen.«
»So«, sagte Eithne, »und wer jagt jetzt ein Tier?«
Endlich brannte das Holz. Wobei es tatsächlich nur der Zunderschwamm war, der brannte, und die Flammen züngelten nicht hoch, sie krümmten sich bläulich. Ein guter Goldschmied macht sich die Kräfte, die im Feuer wohnen, zunutze und hört zugleich nie auf, sie zu fürchten, hatte Tuans Vater einst zu seinem Sohn gesagt. Doch als Tuan auf das Feuer starrte, fürchtete er sich nicht vor dessen Kräften, nur davor, dass sie gleich schwinden können und es wieder ausgehen würde.
Maolan erwartete offenbar dasselbe. »Wenn du über diesem Feuer ein Tier brätst, wird es niemals gar.«
»Ein rohes wäre mir lieber als gar keines.«
Maolan sah betreten auf den Boden.
»Wir haben doch nicht einmal eine Waffe«, mischte sich Tuan jetzt ein. »Und auch nichts, woraus man eine machen könnte …«
»Was sein Gutes hat«, sagte Fintan schnell. »Ich darf als Kirchenmann ohnehin kein Fleisch essen, nur Biber, weil der im Wasser lebt und deshalb als Fisch gilt.«
»Wie wär’s mit einem Igel?«, schlug Eithne spöttisch vor.
»Er hat vier Füße, also nein«, meinte Fintan bedauernd.
»Na ja, du könntest seine Stacheln essen, dann wäre es gleich eine Bußübung.«
Fintan wiegte nachdenklich den Kopf, während Airdi leise zu jammern begann. »Airdi Hunger … Hunger …«
»Ach«, seufzte Fintan, »der heilige Columcille hat einmal saure in süße Äpfel verwandelt. Wenn nur mein Glaube stark genug wäre, um gar aus einem Stück Holz Äpfel zu machen.«
»Nun«, meinte Tuan, »dein Glaube mag kleiner als unser Hunger sein, unser Hunger ist wiederum kleiner als unsere Erschöpfung. Wenn wir schlafen, spüren wir den knurrenden Magen nicht.«
»Aber einer muss das Feuer bewachen«, erklärte Maolan streng.
Als ob der Zunderschwamm noch für mehr als eine Stunde reichen würde, ging es Tuan durch den Kopf. Doch ehe er etwas sagen konnte, erklärte Fintan stolz: »Das mache ich! Ich werde ohnehin die ganze Nacht lang beten, so wie der heilige Columcille, der so gut wie nie schlief, und wenn er es doch tat, einen Stein als Kopfkissen benutzte.«
»Was bin ich froh, dass ich kein Mönch bin und es hier im Wald so viele daunengefüllte Seidenkissen gibt«, spottete Eithne, ehe sie sich auf ein paar nasse Tannenzapfen bettete.
Maolan blieb unschlüssig neben dem Feuer oder dem, was sie als solches bezeichneten, hocken, weil er Fintan offenbar nicht traute. Tuan hingegen erhob sich und schob Airdi zu einer Ulme, deren Stamm, ob nun aufgrund ihres Alters oder des Werks von Würmern, gänzlich ausgehöhlt war. So musste Airdi zwar sitzend schlafen, hatte aber immerhin eine Art Dach über dem Kopf, indes es auf Tuan, der sich nur an die Ulme lehnte, stetig tropfte. Wäre er nicht eben einem Feuer entkommen, hätte es ihn gestört, und wäre er nicht vollends erschöpft gewesen, hätte ihn das wach gehalten. So jedoch stellte er sich vor, dass ihn ein lauer Frühlingsregen reinwusch, und er versank bald in jener Dunkelheit, in die kein Feuerschein reichte und kein Wasser tropfte. Erst schlief er tief wie ein Stein, dann fühlte er sich wie ein Baum, der zwar spürt, wenn der Wind ihn streift, aber zu tief in der Erde verwurzelt ist, um umzuknicken.
»Airdi! Airdi Angst!«, gellte ein Schrei in die Dunkelheit.
Eine Faust traf Tuan ins Gesicht und weckte ihn endgültig.
»Kobolde! Kobolde!«, heulte der Riesenjunge und schlug verzweifelt um sich. »Kobolde … Gesichter kohlrabenschwarz!«
Dann könnte man sie mitten in der Nacht ja nicht sehen, dachte Tuan, sagte dennoch nur: »Es gibt keine Kobolde.«
»Weiße Kühe, rote Ohren … Rote Kühe, weiße Ohren … Druiden sagen, dass heilig.«
»Es gibt auch keine Druiden mehr.«
»Aber Kühe. Kühe böse. Ganz böse.«
Airdi begann bitterlich zu schluchzen, und Tuan hielt ihn und streichelte ihm über den Rücken. Da der andere nicht mehr so markerschütternd schrie, vernahm er, was ihn geweckt hatte – ein Stöhnen nämlich, tief und unheimlich.
»Nun, das Schnauben einer Kuh klingt schon mal anders«, sagte Tuan, um sein eigenes Unbehagen zu zerstreuen.
Airdi schluchzte nicht mehr, zitterte nun jedoch erbärmlich. Gleichwohl ließ Tuan ihn los und trat auf die Stelle zu, an der sie das Feuer entzündet hatten. Wie erwartet war von den bläulichen Flämmchen nicht einmal mehr eine Glut geblieben, und obwohl der Mond Licht spendete, stolperte er prompt über den schlafenden Fintan, der seinen Kopf auf keinen Stein, sondern auf die zum Gebet gefalteten Hände gelegt hatte.
Tuan seufzte und übertönte damit das Stöhnen, doch sobald er den Atem anhielt, vernahm er es umso lauter. Es kam von Eithnes Schlafplatz, wobei nicht mehr nur sie allein auf den Tannenzapfen lag, auch Maolan. Oder nein, genau genommen lag er nicht auf den Tannenzapfen, er lag auf Eithne. Er hatte sich die Hosen bis zu den Kniekehlen hinunter- und Eithnes Kleid bis über die Hüften hochgeschoben. Vielleicht hatte Maolan es auch schlichtweg zerrissen, als er über sie hergefallen war. Schon nahm Tuan einen Tannenzapfen, warf ihn gegen Maolans Kopf, und als der irritiert hochblickte, rammte Tuan seine Faust in sein Gesicht. Eigentlich hatte er auf die Nase abgezielt oder zumindest auf Augen oder Lippen, die nicht minder empfindlich waren, doch leider hatte er nur die harte Stirn getroffen.
Maolan sprang auf. »Bist du irre?«, knurrte er.
Obwohl seines Gewichts entledigt, blieb Eithne liegen. Sie machte nicht einmal Anstalten, die Tunika über ihre Beine zu ziehen, sondern sie spreizte diese sogar noch weiter, sodass Tuan nicht nur die weißen Schenkel, sondern auch das dunkle, gekräuselte Haar ihrer Scham sah.
Verlegen senkte Tuan den Blick.
»Musstest du uns denn ausgerechnet jetzt stören?«, fragte sie ungehalten.
Maolan krümmte sich, als litte er Schmerzen. »Himmel, wir waren fast am Ende …«
Wieder erklang ein Stöhnen, dieses Mal kam es eindeutig aus Eithnes Mund. Nicht gepeinigt klang es oder lustvoll, schlichtweg ungehalten. Schließlich erhob sie sich und trat zu Maolan, um ihm die Hosen hochzuziehen. Jedenfalls dachte Tuan kurz, dass sie das bezweckte, dann erkannte er, dass sie stattdessen hastig seine Männlichkeit zu kneten begann, bis Maolan mit einem tiefen Aufschrei gegen den Stamm einer Eibe sank.
Was genau sie da getan hatte, wusste Tuan nicht – nur dass Eithne keine Gewalt angetan worden war.
»Du … Du hast freiwillig unter ihm gelegen?«
»Ja, was glaubst du denn?«, fragte Eithne unwirsch und wischte sich die Hände an einem Farnblatt ab.
»Im Kerker … Ich hab dich öfter gehört … Es war also immer er …«
»Ach, von wegen!« Sie lachte. »Maolan kann doch nicht jede Nacht … Manchmal musste ich mit einem der Normannen vorliebnehmen.«
»Du hast es mit unseren Feinden getrieben?«
Eithne zuckte mit den Schultern. »Wenn man Hunger hat, frisst man schimmliges Brot, und wenn man Lust aufs Leben hat, presst man jeden Tropfen aus seinem Dasein … Wobei aus dem da nicht mehr viel zu pressen ist.«
Sie deutete zwischen Maolans Beine, woraufhin dieser schnell seine Hosen hochzog. Erst dann funkelte er Tuan wütend an und hob drohend die Faust. Da er seine Hosen allerdings nicht richtig zugebunden hatte, verrutschten sie wieder, sodass er sich danach bücken musste, anstatt auf Tuan loszugehen. Der starrte verwirrt von Maolan zu Eithne, drehte sich schließlich nach Airdi um, der wimmernd im ausgehöhlten Stamm der Ulme hockte und immer noch von weißen Kühen faselte. Fintan, der ebenfalls erwacht war, hielt sich indes mit der einen Hand die Augen und mit der anderen eines seiner Ohren zu und murmelte etwas vom heiligen Kevin, der von dem Weib, das ihn zu verführen versucht hatte, über die Klippen gestoßen worden war.
Eithne lachte, als sie zu dem Mönch trat. »Hast du nicht vorhin bedauert, dass du keine bitteren Äpfel in süße verwandeln könntest? Nun, ich hätte eine Pflaume anzubieten, gar nicht vertrocknet und runzelig, sondern süß und saftig.«
Fintan klemmte seinen Kopf zwischen den Knien ein und schlug die Hände vors Gesicht, was Eithne nicht davon abhielt, ein wenig in die Knie zu gehen, das Kleid zu heben und die Beine noch weiter zu spreizen.
»Lass ihn in Ruhe«, rief Tuan, erreichte damit aber nichts anderes, als dass sie mit einem Auflachen zu ihm stolzierte.
Rasch wandte er sich ab.
»Du kannst nicht schwimmen …«, höhnte sie.
»Still!«, rief Maolan.
»Du kannst kein Feuer machen«, fuhr Eithne ungerührt fort.
»Still!«, wiederholte Maolan, und nun klang Panik in seiner Stimme mit.
»Und den Anblick einer nackten Frau erträgst du auch nicht?«
Tuan spürte, wie ihm die Hitze in die Wangen stieg. Gut, dass im Mondlicht keiner sah, dass er glühend rot geworden war.
Jetzt lief Maolan auf Eithne zu und packte sie. »Halt dein Maul! Du hast vielleicht Lust, dich mit den Normannen zu paaren, die hinter den Büschen lauern. Ich nicht.«
»Normannen?«, rief Eithne und ließ vor Schreck den Saum ihres Kleides fallen.
Fintan blickte hoch, Airdi kroch aus dem Stamm der Ulme und wiegte sich wieder unruhig vor und zurück – immerhin lautlos, sodass auch Tuan vernahm, was Maolan gehört haben musste.
»Da!«, flüsterte er. »Dieses Knacksen! Und dort hinten … das Licht … Es müssen Fackeln sein!«
Maolan nickte düster. »Anscheinend haben die Normannen nur Limerick aufgegeben, nicht das Umland. Sie haben uns verfolgt und eingekreist.«
Wasser … Wasser … Warum stand er denn schon wieder im Wasser? Warum brannten seine Fußsohlen, obwohl es so kalt war? Und warum hatte Airdi aufgehört zu schreien?
Die Normannen hatten ihn doch nicht …?
Aber nein, er hielt ja Airdis Hand, und Airdi schnaufte heftig … Sie waren losgerannt, ehe Tuan überhaupt wusste, was sie taten – die Normannen mochten zwar einen Kreis um sie gezogen haben, jedoch keine unüberwindliche Mauer. Blätter waren ihm ins Gesicht geklatscht, sodass er die Augen die meiste Zeit halb geschlossen gehalten hatte, und so spürte er das Wasser, in dem er knietief stand, nur. Erst jetzt öffnete er seine Augen ganz, sah in der Ferne ein Licht leuchten – wärmer, rötlicher als der Mond.
»Airdi Angst …«
»Du musst doch keine Angst haben. Sieh nur … dort hinten … ein Crannóg …«
Ein Crannóg war eine auf einer künstlichen Insel errichtete Siedlung aus Holzpflöcken, Erde und Stein, wie es sie in Irland zu Hunderten gab.
»Aber dort sitzen wir in der Falle«, ertönte auf einmal eine weitere Stimme dicht an seinem Ohr.
Eithne … Eithne hatte es auch geschafft …
Als Tuan sich zu ihr umdrehte, durchflutete ihn trotz seines Ärgers auf sie Erleichterung. »Die Pferde können uns nicht auf die Insel folgen«, murmelte er.
»Von wegen! Anders als du können Pferde schwimmen!«
»Auch wenn Ritter mit schweren Rüstungen auf ihnen sitzen?«
Er selbst würde jedenfalls auch ohne Rüstung in dem Tümpel untergehen, wenn sie ihm nicht half, und Airdi erst recht.
»Bring ihn zuerst rüber!«, erklärte er und schob Airdi in ihre Arme. Zumindest versuchte er es. Denn während Eithne keine weiteren Einwände erhob, im flackernden Licht wohl dasselbe erkannte wie er, ein heimeliges Herdfeuer nämlich, an dem sie Zuflucht finden würden, wollte Airdi ihn nicht loslassen.
»Bitte, Airdi, du musst …«
Seine flehentliche Stimme schien den wimmernden Riesenjungen nicht zu erreichen. Eithne versuchte es gar nicht erst, ihn zu überzeugen. Sie bückte sich und hob etwas hoch, das wie ein Schlammklumpen aussah.
»Du kannst doch nicht …«, setzte Tuan an. Ehe Eithne den Klumpen auf Airdis Kopf niederkrachen ließ, ertönte ein Geräusch, das lauter klang als ein dumpfer Schlag.
Das rötliche Licht in der Ferne erlosch, das ungleich grellere einer Fackel durchzuckte die Nacht. Schnell wie diese kamen Pferde auf sie zugaloppiert, holten nun Fintan und Maolan ein, die ihnen nachgehastet waren. Ob die beiden niedergetrampelt wurden, wusste Tuan nicht, er wusste nur, dass diese Pferde das Wasser nicht scheuen würden. Die Ritter, die auf ihnen saßen, trugen keine schweren Rüstungen, nur leichte Gewänder aus Bullenhaut, keine Helme, nur Lederkappen, die mit Blättchen aus Bronze belegt waren, keine mannsgroßen Schilde aus Eisen, nur kleinere ovale aus Holz. Viel zu bedeuten hatte das nicht, hatte sich doch bis zu ihm herumgesprochen, dass die Normannen in den irischen Wäldern auf ihre schwere Ausrüstung häufig verzichteten.
»Komm, Airdi!«
Nun war es Eithne, die flehentlich auf den Riesenjungen einredete, doch Tuan wusste schon, dass es keinen Sinn mehr hatte. Sie konnten nicht fliehen, sie konnten sich nur ein wenig Würde bewahren, indem sie mit hochgerecktem Kinn auf die Feinde zutraten. Nicht dass Tuan das gelang. Als er den ersten Schritt versuchte, blieb er prompt im Schlamm des Seeufers stecken, wankte, fiel auf die Knie. Bis er sich erhoben hatte, hatte ihn der erste Reiter erreicht, sprang vom Rücken seines Pferdes, trat auf ihn zu. Der Mann trug keinen Schild, auch keinen Speer und kein Schwert.
Wahrscheinlich ist er stark genug, um mich mit bloßen Händen zu erwürgen…
So klein und feingliedrig sie waren, waren es aber nicht die Hände eines Kriegers, noch nicht mal die Hände eines Mannes. Vor ihm stand eine Frau, wenn auch keine besonders schöne. Ihr Haar war kurz geschnitten, auf der rechten Wange hatte sie eine sichelförmige Narbe. Anstatt Tuan zu erwürgen, blickte sie ihn nur nachdenklich an und legte den Kopf schief.
»Róisín, komm zurück! Die verfluchten Normannen werden uns vom Crannóg aus noch sehen.«
Normannen, Normannen … Es waren wirklich Normannen in der Nähe. Doch diese hatten sie nicht verfolgt … Vielmehr den Crannóg besetzt, der ihm als Zuflucht erschienen war.
»Nicht!«, wollte er Eithne und Airdi warnen, die mittlerweile hüfttief im Wasser des Sees versunken waren. Doch ehe ein Ton von seinen Lippen kam, spürte er einen Schlag auf den Hinterkopf.
Was immer ihn getroffen hatte – eine bloße Hand, ein Pferdehuf oder ein Schild –, der Schmerz war zu gewaltig, um noch zu fühlen, wie er ins Wasser fiel und die Fluten über ihm zusammenschlugen.
Der Tod schien so schnell zu kommen, dass er nicht einmal Angst vor seiner kalten schwarzen Umarmung haben musste.
Róisín
»Musstest du ihn gleich niederschlagen?« Róisín beugte sich über den jungen Mann, den sie aus dem Wasser gezogen hatte. Sein Haar war dunkel, sein Körper schmächtig. Hätte er einen Augenblick länger im Wasser gelegen, wäre er ertrunken. Und wäre der Schlag fester ausgefallen, wäre er schon tot gewesen, ehe er ins Wasser gesackt war. Róisíns Blick glitt zu dem schmalen Gürtel, den der junge Mann um die Taille trug. »Hast du denn nicht gesehen, dass er unbewaffnet ist?« Der Krieger, der zu ihr trat, machte ein finsteres Gesicht, obwohl alles an ihm farbenprächtig war – der rötliche Fuchspelz, den er um die Schultern trug ebenso wie der lederbesetzte Waffenrock in einem dunklen Purpurton. »Warum bist du ihnen überhaupt nachgeritten?«, blaffte er.
»Vielleicht kommen sie aus Limerick und wissen, warum die Stadt brennt.«
»Es ist allein meine Aufgabe, das herauszufinden«, knurrte der andere.
Er wandte sich ab und gab das Zeichen für den Rückzug. Róisín befürchtete kurz, er würde den ohnmächtigen Jüngling entweder liegen lassen oder ihn gar zurück ins Wasser stoßen, doch schon packte ihn einer der Krieger um die Taille, hob ihn hoch wie ein kleines Kind und warf ihn über den Rücken seines Pferdes. Ebenso, wenngleich etwas sanfter, verfuhr ein anderer mit Róisín und wieder andere mit den Begleitern des Jünglings.