Der Tod in dir - Jonas Moström - E-Book
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Der Tod in dir E-Book

Jonas Moström

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Beschreibung

»Rasantes Tempo mit klaustrophobischer Atmosphäre – erstklassig!« Mons Kallentoft In Uppsala wird vor einem Krankenhaus die Chirurgin Isabella Falk erschossen. Die Psychiaterin Nathalie Svensson und Kommissar Johan Axberg sind zufällig Zeugen, doch bevor die beiden reagieren können, ist der Schütze auf und davon. Als die Ermittler beginnen, im Umfeld der Toten zu forschen, tun sich Abgründe auf, die vor allem Nathalie fassungslos machen – denn die Chirurgin wurde von einem von Nathalies Patienten bedroht. Doch auch eine Gang, dessen Anführer auf Isabella Falks OP-Tisch gestorben ist, trachtete der Ärztin nach dem Leben. Nathalie und Johan stürzen Hals über Kopf in einen Fall, der ihnen alles abverlangt und nicht nur sie selbst, sondern auch ihre Liebsten in Gefahr bringt. Moström liefert, was das Herz der Krimileser:innen begehrt: einen perfiden Mord, eine rasante Verfolgungsjagd und ein scharfsinniges Ermittlerduo. Ein Must-Read für alle Fans von skandinavischen Krimis! *** Die gesamte Nathalie Svensson und Johan Axberg-Reihe: Band 1: So tödlich nah  Band 2: Dominotod  Band 3: Mitternachtsmädchen  Band 4: Eisige Dornen  Band 5: Eisesschatten  Band 6: Der Tod in dir 

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Der Tod in dir

Der Autor

JONAS MOSTRÖM wurde 1973 geboren. Er begann während seiner Elternzeit damit, an seinem ersten Roman zu arbeiten, der 2004 erschien. Seine Krimis um Psychiaterin Nathalie Svensson sind in Schweden Bestseller. Er lebt und arbeitet als Arzt in Stockholm.Von Jonas Moström sind in der Nathalie-Svensson-Reihe in unserem Hause erschienen:So tödlich nah · Dominotod · Mitternachtsmädchen · Eisige Dornen · Eisesschatten

Jonas Moström

Der Tod in dir

Aus dem Schwedischen von Dagmar Mißfeldt

Ullstein

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Deutsche Erstausgabe im Ullstein Taschenbuch 1. Auflage Dezember 2022© für die deutsche AusgabeUllstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022© Jonas Moström 2019Titel der schwedischen Originalausgabe: Skytten(First published by Lind & Co, Stockholm, Sweden)Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic®, MünchenAutorenfoto: © Eva LindbladE-Book-Konvertierung powered by PepyrusAlle Rechte vorbehalten.ISBN 978-3-8437-2790-7

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Inhalt

Der Autor / Das Buch

Titelseite

Impressum

PERSONEN

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EPILOG

NACHWORT

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Cover

Titelseite

Inhalt

PERSONEN

Widmung

Das ist die Widmung

PERSONEN

Nathalie Svensson, sechsundvierzig Jahre. Psychiatrische Oberärztin an der Uniklinik Uppsala, in den nordischen Ländern führende Expertin für Psychopathen und Mitglied in der Einheit für operative Fallanalyse (OFA) beim Schwedischen Zentralkriminalamt. Nathalie ist geschieden vom Anwalt Håkan Svensson, mit dem sie zwei Kinder hat, Tea, neun Jahre, und Gabriel, elf Jahre. Håkan lebt mit seiner Freundin, der Personal Trainerin Tilde Corazon, achtundzwanzig Jahre, zusammen.

Sonja Nilsson, siebzig Jahre. Nathalies Mutter, Fotokünstlerin, die sich mit ihren Freundinnen vom Lions Club in Wohltätigkeitsprojekten engagiert, wenn sie nicht gegen ihre Alkoholsucht kämpft.

Estelle Ekman, fünfundvierzig Jahre. Nathalies jüngere Schwester, chirurgische Krankenschwester in Sundsvall.

Kriminalhauptkommissar Johan Axberg, zweiundvierzig Jahre. Leiter der Ermittlungsgruppe in Sundsvall und Mitglied der OFA, lebt zusammen mit seiner Freundin, der TV-Journalistin Carolina Lind, vierzig Jahre, und den gemeinsamen Kindern Alfred, zwei Jahre, und Alma, drei Monate.

Kriminalhauptkommissar Vincent Schytt, fünfzig Jahre. Polizeichef in Uppsala, pedantisch und eitel in Bezug auf Kleidung und Polizeiarbeit, wird wegen seiner Gerissenheit und seiner roten Haare heimlich »Der Fuchs« genannt.

1

Uppsala, Freitag, 15. März

Sie begegnet dem Blick. Dem finstersten, den sie je gesehen hat. Einem Blick, der töten will.

Ein ohrenbetäubender Knall schlägt gegen ihre Trommelfelle und erzeugt ein Echo, das alle Gedanken auslöscht.

Es ist ein Gefühl, als würde sie von jemandem so kräftig getreten, wie sie es nie für möglich gehalten hätte. Ihr Magen platzt, und mit einem nie gekannten Stöhnen entweicht ihr die Luft.

Instinktiv drückt sie die Hände auf den Schmerz. Die Jacke wird feucht, warm und rot. Wie in Zeitlupe sinkt sie im Schneematsch des Asphalts auf die Knie.

Als sie aufblickt, sieht sie, wie sich eine glänzende Pistole in ein silberfarbenes Auto zurückzieht. Die Person am Steuer trägt eine schwarze Sturmhaube und dreht den Kopf, sodass sie die hasserfüllten Augen nicht mehr sehen kann. Alles wird still und verschwimmt, als würde sich die Luft um sie herum verflüssigen.

Sie atmet ein paarmal tief ein und stellt fest, die Lunge funktioniert. Mit jedem Atemzug lösen sich die Blockaden in den Nervenbahnen, und sie begreift, was passiert ist.

Nein!

Sie will nicht sterben.

Das Auto fährt davon, eine Frau, deren Stimme sie wiedererkennt, schreit ihren Namen. Die Worte fließen ineinander und verfliegen in einem fernen Schrei.

Dann versinkt alles in Dunkelheit.

2

Nathalie hob ihr Wasserglas und lächelte Johan zu: »Willkommen in Uppsala. Schade, dass du bald wieder fährst.«

Er erwiderte das Lächeln, und ihre Gläser stießen mit einem Klirren zusammen, das in der samtroten Einrichtung und den Geräuschen aus der Küche verebbte. Im Restaurant Iberico mit Aussicht auf den Fluss Fyriså saßen sie sich gegenüber, und man hatte ihnen gerade Patatas Bravas und Gambas al ajillo serviert, die heimelig in den gusseisernen Pfannen brutzelten. Da Johan den Siebenuhrzug nach Hause nach Sundsvall nehmen wollte, hatte sich Nathalie mit ihm schon um fünf Uhr, als das Restaurant gerade öffnete, verabredet.

Wie erwartet, waren sie die einzigen Gäste. Das war ihr sehr recht. Es fühlte sich fast schon wieder so vertraut an wie damals, als sie ihn im vorigen Herbst zum Abendessen zu sich nach Hause in Kungshamn eingeladen hatte. Mit dem Unterschied, dass sie jetzt nicht bewusst versuchen mussten, nicht miteinander zu schlafen. Ob das gut oder schlecht war, hatten ihr Gefühl und Verstand noch nicht ausdiskutiert.

»Ich wäre gerne noch eine Nacht länger geblieben, aber du weißt ja, wie das ist«, erklärte er und trank einen Schluck von seinem Bier. »Obwohl man kaum schlafen oder klar denken kann, will man die ganze Zeit in der Nähe dieser kleinen Wunder sein.«

»Wie alt ist Alma jetzt?«

»Morgen drei Monate.«

»Glückwunsch! Wenn ich nicht mit dem Auto hier wäre, würde ich Champagner ausgeben. Wie kommt ihr großer Bruder mit der neuen Situation klar?«

Sie verstummte, merkte, dass sie wie immer, wenn sie nervös war, zu viel redete.

Johan spießte ein goldgelb gebratenes Stück Kartoffel auf die Gabel und guckte nach draußen ins graue Schmuddelwetter. »Bis jetzt hat Alfred noch nicht rausgefunden, dass es so was wie Eifersucht gibt. Er passt mit einer solchen Ernsthaftigkeit auf seine kleine Schwester auf, wie ich sie bei einem Zweijährigen noch nicht erlebt habe.«

Ihr fiel wieder ein, dass ihr Gabriel sich genauso verhalten hatte, als Tea geboren wurde. Dass dies ab seinem dritten Lebensjahr ein Ende hatte, war überflüssig zu erwähnen.

»Das Anstrengende ist, dass meine Schwiegermutter mehr oder weniger bei uns eingezogen ist«, fuhr Johan besorgt fort. »Weil Carolina Rückenschmerzen hat und ich zu so unregelmäßigen Zeiten arbeite, schläft sie seit Almas Geburt fast jede Nacht bei uns. Da waren ein Tag Fortbildung und ein Treffen mit dir genau das, was ich brauchte.«

Er feuerte sein charmantes Lächeln ab, sodass die Grübchen unter dem Zweitagebart deutlich zum Vorschein kamen. Reflexartig fuhr sie sich mit der Hand durchs Haar und schaute zum Kellner, der von einem Tisch zum anderen ging, um die Kerzen in den Haltern anzuzünden.

»Deine Haare sehen übrigens hübsch aus«, fuhr er fort, als sie ihn wieder ansah. »Mir gefällt es, wenn sie länger werden und sich locken. Der Bob stand dir auch gut, aber jetzt ist es besser. Und dieser Blazer und das Poloshirt sehen echt klasse aus.«

»Danke«, sagte sie und war, als hätte sie dieses Gefühl schon für vergessen gehalten, schlagartig glücklich. Nach den vergangenen, düsteren Wochen konnte sie das sehr gut brauchen.

Sie aßen jeweils eine Garnele und lächelten sich an.

»Aber lass uns nicht mehr über mich reden«, sagte Johan. »Jetzt möchte ich wissen, wie es dir geht.«

Anstatt mit einer allgemeinen Floskel im Stil von »Läuft alles« zu antworten, schwieg Nathalie und schaute ihm tief in seine grünen Augen. Die letzten Wochen waren die schwierigsten ihres Lebens gewesen. Wenn sie mit jemandem darüber reden konnte, dann mit Johan. Sie hatte sich richtig auf das Treffen mit ihm gefreut, und darauf, das Dilemma in Worte fassen zu dürfen, mit dem sie Tag und Nacht rang.

Nach dem Fall mit der vermissten Lucia, an dessen Ermittlung sie beide beteiligt waren, hatten sie sich einmal pro Woche per Telefon oder über Facetime ausgetauscht. Obwohl sie über die meisten Dinge sprachen, hatte sie mit keiner Silbe erwähnt, was ihr am schwersten auf der Seele lag: die mögliche Lebertransplantation. Johan wusste hingegen, wie schwierig es für Nathalie war, dass ihr Ex-Mann Håkan mit seiner Freundin Tilde einen Sohn bekommen hatte, was dazu führte, dass Gabriel und Tea lieber bei den beiden waren als bei ihr. Obwohl sie wusste, dass es sich um eine natürliche und nur vorübergehende Phase handelte, blutete ihr jedes Mal das Herz, wenn die Kinder unverhohlen ihre Begeisterung darüber zeigten, Håkan zu sehen.

Zunächst hatte sie versucht, die Eifersucht und den Frust in den Griff zu kriegen, indem sie Techniken aus der kognitiven Verhaltenstherapie zur Lösung von Denkblockaden einsetzte, die sie ihren Patienten täglich beibrachte. Als das nichts half, hatte sie sich von den Emotionen überwältigen lassen und sich so weit wie möglich in den schwarzen Abgrund gewagt, um auf diesem Weg Energie freizusetzen, um damit aus dem tiefen Loch herauszukommen.

Vielleicht hatte sich das Blatt gewendet, vielleicht auch nicht. Sie konnte sich nicht entscheiden, in welche Richtung die Reise ging, aber das Wichtigste war, dass sie in Bewegung blieb. Und wie schon erwähnt, quälte sie nun eine viel größere Sorge. Ein Problem, das im Gegensatz zu ihrem angeknacksten Selbstwertgefühl wegen ihrer Kinder eine Entscheidung von ihr verlangte.

»Ehrlich gesagt waren die letzten Wochen ein einziges Auf und Ab«, begann sie. »Ich habe davon nichts erzählt, weil es mir zu schwergefallen ist.«

Johan erstarrte mit einer auf die Gabel gespießten Kartoffel.

»Was ist passiert? Erzähl!«

3

»Du weißt ja, dass meine Mutter schon lange ein Alkoholproblem hat«, begann Nathalie und wischte sich den Mund mit der Serviette ab, obwohl es nicht nötig war. »Im Januar wurde sie mit Leberversagen ins Krankenhaus eingeliefert und auf der Intensivstation behandelt. Zu meiner großen Überraschung hörte sie ganz mit dem Trinken auf.«

Nathalies Hals war trocken, und sie trank einen Schluck Wasser. »Am Anfang schien alles gut zu laufen; sie wurde auf eine normale Station verlegt, und einen Monat später hat man sie aus dem Krankenhaus entlassen. Aber vor drei Wochen verfärbte sich das Weiße in ihren Augen gelb, ihr Unterleib schwoll an, und sie erbrach Blut. Ich brachte sie in die Notaufnahme, und es stellte sich erneutes Leberversagen heraus. Außerdem entdeckten sie ein kleines, aber bösartiges Leberkarzinom.«

Johan legte lautlos seine Gabel auf den Teller und sah sie mit einem Blick an, der mehr sagte als Worte.

Nathalie merkte, wie der Essensgeschmack aus ihrem Mund verschwand, als sie die Fortsetzung zu formulieren versuchte. »Mit anderen Worten, sie braucht eine Lebertransplantation, um zu überleben. Und die Tests haben ergeben, dass nur ich als einzige mögliche Spenderin infrage komme.«

Mit besorgter Miene beugte sich Johan über den Tisch und legte seine Hand auf ihre. Sie war warm und schwer und schickte einen heißen Strom durch Nathalies Arm direkt in ihr Herz.

»Du kannst aber doch nicht deine Leber spenden, oder?«

Sie lächelte belustigt über seine Unwissenheit. Es war ein Mangel an Wissen, den sie manchmal bei sich selbst vermisste. Als Ärztin wusste sie oft zu viel. Wie in den Fällen, wenn Sonja einen ihrer erwarteten Rückfälle erlitt, wenn die Wirkung von Gabriels ADHS-Medikament nachließ oder wenn sie übermäßig Sex hatte und Kleidung im Wert von mehreren Tausend Kronen kaufte, um ihre Panik zu lindern.

»Da hast du recht«, sagte sie. »Lebenden Spendern entnehmen sie nur ein Viertel der Leber. Sie wächst bei beiden, bei Empfänger und Spender, nach und ist danach wie neu. Die Leber ist in der Hinsicht ein außergewöhnliches Organ.«

Er nickte und nahm behutsam seine Hand weg. »Warum hast du kein Wort davon gesagt?«

Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist schon schwer genug, jetzt darüber zu reden. Aber nun lass uns essen. Das Essen soll ja nicht kalt werden.«

Um ihren Worten Taten folgen zu lassen, aß sie gleich zwei riesige Garnelen mit einem Bissen. Sie schmeckte immer noch nichts und hatte Mühe, sie hinunterzuschlucken.

»Wann musst du dich entscheiden?«

»So schnell wie möglich, spätestens in zwei Wochen. Sonst werden die Gefahren durch das Leberversagen zu groß. Und der Krebs kann jederzeit streuen. Wenn das passiert, ist es zu spät.«

»Eine schwierige Entscheidung. Ich habe zwar weder Eltern noch Geschwister, aber ich kann mir vorstellen, was für eine Belastung das sein muss.«

Sie nickte. »Zuerst wollte ich mich freiwillig zur Verfügung stellen. Eine ehemalige Studienfreundin, die als Transplantationschirurgin arbeitet, hat mich gründlich mithilfe von Bluttests, Röntgenaufnahmen und Biopsien untersucht. Sie heißt Isabella Falk und ist eine der besten Transplantationschirurginnen der Uniklinik. Doch dann stellte sich heraus, dass meine Leber anatomisch nicht ganz normal ist …« Nathalie versagte die Stimme.

»Was bedeutet das?«

»Dass für mich das Risiko bei der OP größer ist als unter normalen Umständen.«

»Wie groß?«

»Mit fünfprozentiger Wahrscheinlichkeit treten bei mir chronische Folgen auf, mit zweiprozentiger, dass ich in der Woche nach dem Eingriff sterbe.«

Er nickte stumm, schob sich pflichtbewusst eine Kartoffel in den Mund und kaute sie so langsam, bis das Stück in seinem Mund eher geschmolzen statt zerkaut schien.

»Eins zu zwanzig«, sagte er tonlos.

»Aber wenn ich nicht zusage, stirbt meine Mutter. Gleichzeitig weiß ich allerdings auch, dass die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass sie wieder zu trinken anfängt. Und weil sie Krebs hat, liegen die Erfolgschancen für die OP bei nur fünfzig Prozent.«

»Was sagt deine jüngere Schwester dazu? Kann sie nicht spenden?«

»Nein, Estelle hat den falschen Gewebetyp. Und sie sagt nur, ich soll auf mein Herz hören.«

Ihre Blicke drifteten auseinander. Die Stille nahm zu. Mit Johan war das jedoch nie unangenehm. Dann fuhr er sich durch das zerzauste Haar und sah sie wieder an.

»Was sagt deine Mutter?«

Nathalie legte das Messer zwischen die Zinken der Gabel, um zu signalisieren, dass sie mit dem Essen fertig war. Das war eine Regel der Tischmanieren, die Mutter Sonja ihr noch vor der Einschulung gründlich eingeschärft hatte.

»Sie liegt in der Uniklinik Uppsala und plant eine Fotoausstellung, die sie im Sommer machen will.«

Johan zog die Augenbrauen hoch.

»Also vorausgesetzt, dass ich bereit dazu bin und sie sich erholt. Jetzt sprechen wir aber über was anderes«, beschloss sie, als sie sah, dass der Kellner auf ihren Tisch zuging.

Sie bestellten Nachtisch und Cappuccino. Schleppend begannen sie eine Unterhaltung über den Fortbildungskurs zum Thema Terrorismusbekämpfung, den Johan besucht hatte, darüber, wie es ihren Kindern so erging und wie aufregend es wäre, wenn sie wieder zusammenarbeiten würden. Nathalie fühlte sich allmählich etwas wohler. Es tat gut, das losgeworden zu sein, was sich für sie wie die wichtigste Entscheidung ihres Lebens anfühlte, obwohl ihr bewusst war, dass Johan ihr keine konkreten Ratschläge geben konnte.

Sie bekamen einen Vanille- und einen Zimtpudding mit karamellisiertem Zucker und geriebener Orangenschale serviert. Nathalies Geschmack kehrte zurück, und allmählich bauten sie gemeinsam eine Brücke über das dunkle Wasser, das ihr beider Leben ständig zu durchströmen schien.

Als Johan die Rechnung entgegennahm und darauf bestand, dass er an der Reihe sei, sie einzuladen, klingelte ihr Handy.

»Das ist meine Mutter«, entschuldigte sie sich.

»Geh ran«, ermutigte er sie und gab dem Kellner seine Kreditkarte.

Aus dem Augenwinkel sah er, dass Nathalie das Telefonat anstrengte, und hörte, wie sie versprach, irgendwas sofort zu regeln. Sie beendete das Gespräch, als der Kellner Johan die Quittung gab.

»Typisch«, sagte sie und öffnete ihre ferrarirote Handtasche. »Ich habe die Lesebrille meiner Mutter vom Optiker abgeholt und versprochen, sie ihr heute Abend vorbeizubringen.«

Nathalie holte die Brille hervor, als wollte sie zeigen, wie vergesslich sie war.

»Sie will sich die Fotos für ihre Ausstellung ansehen und dreht durch, wenn ich nicht komme.«

»Natürlich fährst du zu ihr. Ich kann zu Fuß zum Bahnhof gehen.«

»Nicht bei diesem Wetter«, widersprach Nathalie und nickte zum Fenster. Große graue Schneeflocken wirbelten im stürmischen Wind und verwandelten sich in grauen Matsch, sobald sie den Boden berührten.

»Märzwetter«, lächelte er. »Ein Tag minus zwei, Schneegestöber und Eiseskälte …«

Er hielt inne, und sie ergänzte: »… und am nächsten Tag Plusgrade, Regen und Warnung vor Unwetter. Nein, ich fahre dich, wie ich es versprochen habe.«

»Danke, aber dann nehmen wir die Straße am Krankenhaus vorbei. Wir haben noch genug Zeit. Ich warte im Auto.«

»Bist du sicher, dass das in Ordnung ist?«, fragte sie dankbar.

»Klar«, antwortete er und stand auf.

4

Johan schlug den Kragen seiner Lederjacke hoch, und Nathalie zog den Armani-Mantel fest um sich, als die Restauranttür hinter ihnen ins Schloss glitt.

»Wirklich kein Wetter für einen Fußmarsch«, lächelte Johan und schob seine abgenutzte Ledertasche auf die Schulter.

»Zwanzig Meter schaffen wir«, sagte sie und wies mit dem Kopf zu dem Parkplatz am Fluss, wo ihr roter Volvo der einzige Farbtupfer in dem grauen Schmuddelwetter war.

Die Hände zum Schutz über den Augen bewegten sie sich in Zickzacklinien zwischen Pfützen aus Schneematsch, von Abgasen verdrecktem Eisschlamm und gefrorenen Flächen vorwärts. Auf dem Kopfsteinpflaster blieb Nathalie mitten auf der Straße mit einem Stiefelabsatz stecken und rutschte nach links weg. Zum Glück fing Johan sie schnell auf. Sie spürte die Stärke seiner Arme und nahm den Duft seiner Haut wahr.

»Immer mit der Ruhe«, sagte er und lächelte amüsiert, als er sie hochhob. »Ich glaube, in der Notaufnahme haben sie heute schon genug Knochenbrüche.«

»Danke, aber ich wollte nur mal ausprobieren, ob du wirklich der große Gentleman bist, für den ich dich manchmal halte.«

Er umfasste sie mit einem Arm. Ohne Eile gingen sie zum Auto. Sie schützte mit der Hand ihr Gesicht vor dem Schnee, er nicht.

Mit einem Druck auf den Schlüssel entriegelte sie das Auto und wurde vom leisen Klicken des Schlosses und dem Blinken der Lämpchen empfangen. Auf dem Beifahrersitz lag ein Fidget Spinner mit einem Star-Wars-Logo in der Mitte. Johan legte die Tasche auf den Rücksitz und nahm das Spielzeug.

»Der gehört Gabriel«, erklärte sie. »Er muss ihn vergessen haben, als ich die beiden auf dem Weg hierher bei Håkan abgesetzt habe.«

»Ist schon faszinierend, wenn etwas so Einfaches plötzlich alle haben wollen«, sagte Johan und begann, den Handkreisel zu drehen, »und nach ein paar Monaten ist was ganz anderes angesagt.«

»Gabbe spielt liebend gern damit«, erläuterte Nathalie und wich zwei jungen Leuten aus, die sie für Studierende hielt und die zwei Meter hinter dem Auto auf klapprigen Fahrrädern vorgefahren waren. »Obwohl er normalerweise Probleme hat, sich zu konzentrieren, kann er sich stundenlang mit diesem Ding beschäftigen.«

Sie bog links auf den Fyristorg ab und fuhr am Fluss entlang zur Uniklinik. An der Kreuzung an der Drottninggatan hielt sie für einen der städtischen, grünen Elektrobusse, der zum Stora Torget fuhr. Johan legte das Spielzeug oben auf das Handschuhfach und fragte, ob es sie störe, wenn er eine Prise Snus nahm.

»Natürlich nicht, solange du dir keine Zigarette anzündest«, antwortete sie lächelnd.

Es war eine Erleichterung, dass sie trotz des ernsten Themas, über das sie gerade gesprochen hatten, scherzen konnten. Diese Eigenschaft schätzte sie am meisten an Johan: die Fähigkeit, schnell zwischen verschiedenen Gefühlsstimmungen zu wechseln. Nathalie konnte sich darauf verlassen, dass die Reaktionen ehrlich waren, was in ihrem Berufsleben nicht immer der Fall war. Und es vermittelte ihr die Sicherheit, dass er sie nie verurteilte, wenn sie etwas Dummes sagte oder tat.

Als sie an der Norrlands Nation vorbeikamen, roch sie den Snus und dachte an die Nacht, als sie im Hotel in Östersund Sex hatten. Das war sieben Monate und zehn Tage her, sie erinnerte sich jedoch daran, als wäre es erst gestern gewesen. Wie er den Snus aus dem Mund genommen hatte, um sie zu küssen. Wie er sie so berührt hatte, dass jedes Nervenende freigelegt wurde. Wie sie sich so öffnete, wie sie es noch nie getan hatte. Wie sie laut geschrien und ihn dann in die Schulter gebissen hatte.

Sie spürte, dass ihre Wangen vor Verlegenheit über ihre Gedanken glühten, und warf einen Blick auf ihn. Er wischte sich den Snus von den Fingern und schaute in den Himmel.

»Sieht so aus, als würde es aufklaren«, meinte er, als sie beim Islandsfallet nach rechts abbog. »Jetzt sieht man sogar, dass es langsam dämmert.«

»Das einzig Gute an diesem Wetter ist, dass es unberechenbar ist«, entgegnete sie und klang dabei so entspannt, wie sie es beabsichtigte. »Hier ist das traditionsreiche Restaurant Flustret, und geradeaus siehst du das Schloss«, fuhr sie fort, um noch mehr Abstand zu ihren vorherigen Gedanken zu bekommen.

Die rosafarbenen Türme mit ihren schwarzen Dächern schienen den gewölbten Himmel zwischen sich anzuheben wie ein Versprechen, dass Licht und Wärme zurückkehren würden, wenn alle nur noch ein paar Wochen durchhielten. Im See Svandammen zogen ein Dutzend Enten ihre Bahn, umgeben von gräulichem Eismatsch, der das Gewässer bis zur Hälfte bedeckte.

»Wie geht es deiner Oma Rosine?«, fragte Nathalie.

»Danke, gut, sie kämpft sich durch. Aber seit Hedvigs Tod hat sie keine Freundin mehr. Sie meint, sie könne jetzt auch gern sterben; und mir fällt es immer schwerer, ihr zu widersprechen. Sie hat Schmerzen, langweilt sich und meint, sie habe ihr Leben gelebt.«

»Verstehe«, sagte Nathalie, als sie auf das Krankenhausgelände abbog. Sie dachte an ihre Mutter, der es weder an Lebensfreude noch an Freundinnen mangelte. Natürlich würde Nathalie sich als Spenderin anbieten. Wie konnte sie überhaupt zögern? Aber wie ein Echo kamen die Antworten auf diese Frage: weil das Risiko zu groß ist, weil Sonja wieder anfangen wird zu trinken, weil du Tea und Gabriel eine solche Ungewissheit nicht zumuten kannst.

Also verdrängte sie den Zweifel und wies auf das futuristische Glasschiff, das zwischen dem Park Slottskogen und dem Medizinischen Zentrum lag.

»Das ist das Gebäude der Psychiatrie. Im vierten Stock ist mein Büro, nächstes Mal kannst du mich dort besuchen.«

»Hoffentlich nicht als Patient«, lächelte Johan. »An und für sich könnte mir eine kleine Lichttherapie nicht schaden.«

Sie hatte den Witz schon so oft gehört, dass sie nur noch leicht amüsiert eine Augenbraue hochzog.

Schweigend passierten sie die Thoraxchirurgie, die Notaufnahme und die Personalkantine.

»Da ist Eingang 70, meine Mutter liegt im siebten Stock«, erklärte sie und zeigte nach rechts. Das elfstöckige Gebäude umgab nicht nur ein Gerüst, sondern auch ein unüberschaubares Sammelsurium aus Schutzzaun, Containern und Baumaterial. Hoch über dem Ganzen ragten zwei Hebekräne und verloren sich nach oben in der zunehmenden Dämmerung.

Zehn Meter vor der Ausfahrt musste sie anhalten, weil ein silberfarbener Toyota vor ihr auf der Straße parkte und gleichzeitig ein Krankenwagen entgegenkam. »Hier möchte ich beruflich keine Knöllchen verteilen«, sagte Nathalie und bog auf den Parkplatz ab, »wenn Menschen krank werden, ist es ihnen total egal, wo sie gerade ihren Wagen abstellen.«

»Gleiches gilt für Sundsvall«, sagte Johan. »Und ich habe wahrscheinlich zwei-, dreimal zum Chaos beigetragen.« Er drehte sich zu ihr: »Wie du weißt, tue ich mich mit Krankenhäusern schwer.«

»Und mit Blut«, ergänzte sie und parkte so dicht wie möglich am Eingang.

»Vielleicht sollte ich mit dieser Phobie mal zu dir gehen.«

Sie lachten. Für beide war es das erste Mal seit einer Woche.

Sie zog die Handbremse an und sah auf die Uhr: 17 Uhr 45.

»Ich beeile mich.«

»Grüße sie von mir, wenn du willst«, sagte Johan.

»Damit setze ich meiner Mutter nur Flausen in den Kopf, aber trotzdem danke.«

5

Johan folgte Nathalie mit den Augen, wie sie entschlossen durch die Türen ging und im Strom aus Mitarbeitenden und Patienten verschwand. Er dachte, dass sein Problem, sich ausgegrenzt und gleichzeitig vom Familienleben eingeengt zu fühlen, im Vergleich zu dem, was Nathalie durchmachte, eine Kleinigkeit war.

Johan fragte per SMS bei Carolina nach, wie es ihr ging, und schrieb, er habe Sehnsucht. Dann steckte er das Handy wieder ein und war zufrieden, dass er sich nicht genau ausgedrückt hatte, nach was oder wem er Sehnsucht hatte.

Er sah sich um. Die Straßen- und Fassadenbeleuchtung sprang an. Das fahle Licht wirkte in der Dämmerung unnatürlich, sodass die Gebäude und Pavillons noch trostloser aussahen als sie eigentlich waren. Johan wunderte sich, dass trotz des Wetters so viele Menschen mit dem Fahrrad fuhren. Er beobachtete, wie die Shuttlebusse die Patienten den Eingang hinein- und hinausbeförderten, und sah, wie der Fahrer des Toyotas oben an der Straße den Blick abwandte, als Johan in seine Richtung guckte. Das Handy in seiner Jackentasche brummte. Carolina hatte mit einem Herzchen auf seine Nachricht geantwortet, dass er Sehnsucht hatte. Fake it till you make it, dachte er und fand, dass selbst die abgedroschensten Plattitüden manchmal einen wahren Kern besaßen. Er wollte die Familie um jeden Preis zusammenhalten. Und irgendwo tief in seinem Inneren liebte er Carolina immer noch.

Er schaute abwechselnd zum Eingang und auf sein Handy. Er überlegte, welches Hörbuch er auf der Zugfahrt hören wollte, und lud sich einen neu veröffentlichten Krimi und Bob Dylans Memoiren herunter.

Um halb sieben kam Nathalie mit denselben energischen Schritten wie beim Hineingehen durch die Schiebetür nach draußen. Als sie auf halbem Weg zum Auto war, trafen sich ihre Blicke, und sie lächelte dieses Lächeln, bei dem er sogar im Sitzen weiche Knie bekam.

»Hej, sorry, dass es so lange gedauert hat«, sagte sie, bog geschmeidig ihren Körper, um sich in den Wagen zu setzen. »Ich habe mit der Chirurgin meiner Mutter geredet, du weißt schon, mit Isabella, die ich vorhin erwähnt habe, und ich musste sie fragen, wie es um meine Mutter steht.«

»Schon in Ordnung. Was hat sie gesagt?«

Nathalie schnallte sich an, atmete aus und schaute ihn resigniert an. »Dass sich die Zirrhose weiter ausbreitet und sich ihre Vitalwerte verschlechtert haben. Ich muss mich schon nächste Woche entscheiden, wenn wir die Spende bestmöglich vorbereiten wollen.«

»Tut mir leid, das zu hören«, sagte er und legte ihr die Hand auf die Schulter. Sie nickte und richtete ihren Blick geradeaus. Er schaute ebenfalls nach draußen, ließ aber weiter seine Hand liegen. So blieben sie eine Weile sitzen, bis Nathalie zum Eingang nickte. »Da kommt übrigens Isabella.«

Johan sah eine schlanke blonde Frau in den Vierzigern in neonfarbener Fahrradkleidung, mit reflektierenden Handschuhen, Stulpen, lindgrünen Schuhüberziehern und einem tarnfarbenen Hövdinghelm um den Hals. Die Frau ging zum Fahrradständer, schaute in den Himmel und wirkte erleichtert, dass die Wolkendecke langsam aufbrach.

Nathalie blieb mit dem Schlüssel kurz vor dem Zündschloss sitzen und beobachtete Isabella abwesend. Johan verstand, dass sie sich sammeln musste.

Als Isabella sich vorbeugte, um ihr Rennrad aufzuschließen, das denselben Grünton wie ihre Schuhüberzieher hatte, startete Nathalie den Wagen und begann vorwärtszurollen, weiterhin schweigend und in Gedanken versunken. Johan fiel auf, dass der Toyota ein paar Meter vorwärtsfuhr und dann zum Stehen kam.

Nathalie hielt in Höhe des Fahrradständers an. »Ich überlege, ob ich ihr sagen soll, dass ich mich entschieden habe«, sagte sie wie im Selbstgespräch.

Johan drehte sich zu ihr: »Ist das nicht etwas voreilig? Ich meine, das ist doch eine wichtige Entscheidung, die du nicht übers Knie brechen solltest.«

»Du hast recht. Aber diese verdammte Ungewissheit macht mich verrückt.«

Nathalie schaute aus dem Autofenster zu Isabella, die sich in einer gymnastischen Bewegung mit den Armen über dem Kopf streckte und die Straße hochschaute. Johan wollte wieder seine Hand auf Nathalies Schulter legen, dachte dann aber an Carolina und die Kinder und ließ es bleiben.

Ein dumpfer Knall drang durch das Fensterglas und Blech des Autos und brachte es zum Vibrieren.

Johan spürte, wie ihm das Blut in den Adern gefror. Er erkannte das Geräusch sofort. Es kam von einer Schusswaffe.

Isabella hielt sich den Bauch und sank auf die Knie. Johan sah zum Toyota. Der Fahrer zog eine Pistole zurück durch das heruntergelassene Fenster. Er trug eine schwarze Sturmhaube mit runden Löchern für die Augen. Obwohl der Wagen im Dunkeln zwischen zwei Straßenlaternen stand, konnte Johan den stechenden Blick deutlich sehen.

Drei Sekunden lang starrte der Schütze abwechselnd auf Johan und Isabella, während das Fenster nach oben glitt. Dann legte der Toyota einen Blitzstart hin, und der Mann raste mit Höchstgeschwindigkeit in Richtung Innenstadt, entlang derselben Straße, auf der sie gerade gekommen waren.

»Scheiße!«, brüllte Johan. »Gib mir den Autoschlüssel.«

Nathalie drückte ihm den Schlüssel in die Hand und riss die Tür auf. »Isabella!«, schrie sie mit einer Verzweiflung in der Stimme, wie sie Johan noch nie gehört hatte.

Ohne sich umzuschauen, stürzte Nathalie auf Isabella zu, die auf den Bauch sank und sich wie ein Wurm neben dem umgestürzten Fahrrad wand.

»Ruf die 112 an«, rief Johan Nathalie hinterher, als er um das Auto rannte und sich auf den Fahrersitz warf.

In dem Moment, als er den Toyota den Hügel hinunter in Richtung Innenstadt verschwinden sah, gab er Gas.

6

Das hier passiert nicht, dachte Nathalie, als sie auf Isabella zurannte. Obwohl sie so schnell lief, wie sie konnte, hatte sie das Gefühl, sich so unendlich langsam zu bewegen wie auf der Flucht in einem Albtraum. Aber dies war definitiv kein Traum. Ihre Sinne arbeiteten auf Hochtouren und registrierten alles mit unerträglicher Deutlichkeit: das Geräusch ihres Volvos, als Johan wegfuhr, das Aufspritzen von Schneematsch unter ihren Schuhen, den Gestank von Abgasen und den Metallgeschmack im Mund. Das Dröhnen des Schusses, den hämmernden Puls, der das Gefühl von Hilflosigkeit steigerte – alle Eindrücke waren um das Doppelte verstärkt.

Isabella lag gekrümmt auf der Seite, die Hände auf dem Bauch, und wimmerte. Der Airbag um ihren Hals war ausgelöst worden und umschloss ihren Kopf wie ein riesiger Helm aus tarnfarbenem Plastik. Das Blut pulsierte aus ihrem Unterleib und färbte den Schneematsch als schnell wachsende Pfütze dunkelrot.

Der Anblick war bizarr.

»Isabella!«, schrie Nathalie, fiel auf die Knie, sodass ihr schmutziges Wasser ins Gesicht spritzte. Sie streifte ihren Mantel ab und presste ihn mit ganzer Kraft auf Isabellas Bauch. Isabella half mit den Händen nach, rollte sich auf den Rücken und starrte sie entsetzt an. Ihr Gesicht wurde mit jedem Pulsschlag blasser, und ihre Lippen waren in dem schwindenden Licht leicht blau. Die goldene Sonnenbräune sah aus wie eine unnatürliche Hülle.

»Ganz ruhig«, sagte Nathalie mit einer Stimme, die alles andere als besonnen war. »Alles wird gut, bleib einfach ruhig liegen und vergiss nicht, zu atmen«, fuhr sie fort und versuchte, sich überzeugend anzuhören; ihre Worte klangen jedoch eher wie ein schriller Befehl. »Ich rufe einen Krankenwagen.«

Sie riss das Handy aus der Tasche, presste weiter die andere Hand auf Isabellas Bauch und wählte die Nummer. Panisch blickte sie sich um. Ihr Auto verschwand hinter dem schmutzig grauen Gebäudekomplex in Richtung Innenstadt, einige Passanten liefen zu ihr, andere standen glotzend da, irgendjemand schrie.

Endlich ertönte das erste Klingelzeichen. Ohne zu blinzeln, schaute sie Isabella in die Augen. Seltsamerweise sah Isabella so aus, als würde sie sich auf Nathalie verlassen, als würde sie sicher in dem aufgeblasenen Hövding-Airbag ruhen, der ihren Nacken fixierte und ein weiches Kissen auf dem Asphalt bildete.

Du bist doch die Chirurgin und nicht ich, dachte Nathalie und hörte das Röcheln aus Isabellas Hals, als sie hastig Luft holte und zugleich ihre Augen tränten.

Das dritte Klingelzeichen. Geh jetzt ran, verflucht noch mal!

Sie fühlte das klebrige, warme Blut und Isabellas eiskalte Hände, fühlte die Nässe, die durch ihre Strumpfhose drang, fühlte, wie sie am ganzen Körper zitterte. Aber die Blutung hatte etwas abgenommen, oder nicht?

»Komm schon, Isabella, du schaffst das«, spornte Nathalie sie mit fester Stimme an, als jemand in der Notrufzentrale das Gespräch annahm.

Sie beschrieb so deutlich wie möglich das Geschehen und wo sie sich befand. Sie war erstaunt über den absurden Umstand, dass sie nur fünfzig Meter von der Notaufnahme entfernt einen Krankenwagen rufen musste, aber ihr blieb nichts anderes übrig.

»Er ist jetzt unterwegs«, sagte sie und schaute ihre Kollegin an, als sie mit beiden Händen Isabellas Bauch zudrückte. Das Bewusstsein in Isabellas Blick kam und ging, die Kraft in ihren kleinen Händen ließ nach. Wo die Blutlache begann und endete, konnte Nathalie nicht mehr erkennen.

Als Isabella wieder wegzutreten drohte, beugte sich Nathalie vor, schlug ihr kräftig auf die Wangen und rief ihren Namen. Sie meinte, in der Ferne Sirenen zu hören, und dachte, dass da wohl der Krankenwagen kam. Isabella blinzelte unkontrolliert und schien mit jedem zweiten Atemzug das Bewusstsein wiederzuerlangen.

Jetzt komm schon, dachte Nathalie, schlug fester und schrie lauter. Aus dem Augenwinkel sah sie, dass sich mehrere Personen um sie versammelt hatten. Jemand stellte Isabellas Fahrrad auf, eine Person fragte, was passiert war, einer telefonierte, und eine wollte wissen, ob sie Hilfe brauche. Ohne Isabella aus den Augen zu lassen, antwortete Nathalie, dass der Krankenwagen unterwegs sei, dass es nichts weiter zu tun gebe, als etwas Warmes zu finden, um Isabella damit zuzudecken. Ein Mann zog seine Jacke aus und breitete sie über Isabellas Beine, eine Frau weinte und entfernte sich schnell.

Mit einer unerwarteten Energie packte Isabella Nathalies Unterarm und schaute sie mit der gleichen Klarheit an, mit der sie Nathalie über die dringende Notwendigkeit einer Spende aufgeklärt hatte. Mit kaum bewegten Lippen sagte sie heiser: »Wie … kaj …«

Dann verstummte sie, als wäre sie außerstande, den Satz zu beenden, aber ihr Blick war immer noch fest und entschlossen. Die Sirenen wurden lauter, und blaue Lichtkeile blitzten auf.

»Wie … kaj«, wiederholte Isabella, schluckte, hustete und schüttelte den Kopf so sehr, wie es der Helm zuließ.

»Wie Kaj?«, wiederholte Nathalie und schaute in Isabellas wachsende Pupillen. »Was meinst du? Wer ist Kaj?«

Isabella reagierte mit einem röchelnden Husten.

»Ich höre den Krankenwagen, er ist jetzt hier«, fuhr Nathalie fort. »Komm schon, Isabella, du schaffst das!« Sie hörte selbst, dass sie zu viel redete, aber ihr Puls zerschlug alle Gedanken und alles Wissen um professionellen Umgang mit Unfällen.

Isabella schüttelte erneut den Kopf, und es zischte in ihrer Brust. Dann erschlaffte ihr Körper, und ihr Blick erlosch, als würde man Licht mit einem Dimmschalter ausdrehen.

Nathalie schrie und hielt mit den Händen verzweifelt den Mantel fest, der nun blutgetränkt war und sie an die klatschnassen Kleider erinnerte, die sie manchmal aus der Waschmaschine holte. Aber Isabella hatte das Bewusstsein verloren, und ein Versuch, den Kontakt wiederherzustellen, war zwecklos.

Die Sirenen verstummten, und hinter sich hörte sie ein sanftes Abbremsen. Türen wurden geöffnet und geschlossen. Zwei Sanitäter, ein Mann und eine Frau, eilten mit einer Trage herbei. Sie stellten fest, dass Isabella zwar bewusstlos war, jedoch atmete und Puls hatte.

Mit routinierten und effizienten Handgriffen legten sie einen Druckverband am Unterleib an, hoben Isabella auf die Trage, schlossen sie ans Sauerstoffgerät an und legten eine Kanüle in ihre Armbeuge. In der Zwischenzeit erklärte Nathalie, was vorgefallen war.

»Wir fahren direkt in die Notaufnahme«, teilte ihr die Sanitäterin mit, als sie das Kopfende der Trage in den Krankenwagen schob.

»Ich komme mit«, forderte Nathalie.

»Nein, Sie müssen zu Fuß gehen«, sagte der Sanitäter und schloss energisch die Hintertüren. Ohne ihre Reaktion abzuwarten, rannte er zum Fahrersitz.

Als der Krankenwagen losfuhr, betrachtete Nathalie ihre blutigen Hände und ihren Mantel, der wie ein erschossenes Tier noch auf dem Boden lag.

Sie richtete den Blick hoch zum siebten Stock und zu dem Fenster des Zimmers, in dem ihre Mutter lag. Dort hatte sie gerade noch mit Isabella gesprochen. Das fühlte sich nun an, als wäre es eine Ewigkeit her.

Dann starrte sie wieder auf ihre Hände. Jede Falte auf ihrer Haut war rot und deutlich, als hätten die Kinder sie in Wasserfarbe getaucht.

Mit dem Gewicht eines Menschen, der nie wieder aufstehen würde, fiel sie auf die Knie und begann zu weinen.

7

Die Hände wie ans Lenkrad geklebt bog Johan nach links auf die Straße vor einem Taxi ab, das scharf bremsen musste, um eine Kollision zu verhindern. Johan geriet ins Schleudern, was sich in Nathalies Wagen ungewohnt anfühlte, weil der Volvo hinten schwerer war als sein eigenes Auto; es steuerte aber problemlos gegen, als er in den dritten Gang schaltete.

Achtzig Meter weiter unten auf dem Hügel sah er den silbernen Toyota. Im selben Moment bog ein schwarzer SUV aus der Garage und setzte sich hinter den Fluchtwagen, sodass Johan ihn aus den Augen verlor. Er fluchte, steuerte den Volvo weiter in die Mitte der Fahrbahn und beschleunigte so stark, wie er sich auf der schmalen Dreißigerspur traute. Es herrschte reger Verkehr. Wie üblich trugen die meisten dunkle Kleidung ohne Reflektoren, und an Verkehrsregeln hielten sie sich auch nicht. Aber er hatte nicht vor, den Wahnsinnigen, der auf Nathalies Kollegin geschossen hatte, entkommen zu lassen. Das Echo des Schusses vibrierte nach wie vor in seinen Ohren, in seinen Händen und in seinem Herzen. Er würde den Anblick der Frau nie vergessen, die nach vorne gebeugt hinfiel, und ebenso wenig den pechschwarzen Blick des Mannes.

Von was war er eigentlich Zeuge geworden?

Von einer versuchten Hinrichtung. Eine bessere Beschreibung gab es dafür nicht.

Das Adrenalin schoss durch seinen Körper, und zum ersten Mal seit langer Zeit fühlte er sich lebendig. Nichts konnte ihn jetzt aufhalten. Er würde dieses Auto stoppen, und wenn er dafür nach Sundsvall und wieder zurück fahren müsste. Aber wie sollte er das hinkriegen? Er verfluchte, dass er die Dienstwaffe in die Tasche gepackt hatte. Dann wurde ihm klar, wie dumm der Gedanke war, doch sein sonst so pragmatisches Polizistengehirn war wie blockiert. Er würde natürlich Alarm auslösen. Obwohl Nathalie dies hoffentlich schon getan hatte, könnte er seine Position durchgeben.

Als er am Eingang zur Notaufnahme vorbeikam, riss er sein Handy aus der Jackentasche. Die Bewegung war so abrupt, dass ihm das Telefon aus der Hand flog und auf dem Boden unter den Pedalen landete. Er fluchte laut, als die Straße unterhalb der Personalkantine nach links abging.

Johan war zwar bewusst, dass er anhalten musste, um das verdammte Telefon aufzuheben, aber dafür war jetzt keine Zeit. Er durfte sich von dem Gejagten nicht ganz abhängen lassen und musste wieder näher an ihn herankommen, bevor sie das Zentrum erreichten. Bei diesem Abstand wäre der Toyota nach ein paar Abbiegungen in der Innenstadt weg.

Johan nahm einen tiefen Atemzug und beschleunigte. Er näherte sich schnell einem Moped mit defektem Rücklicht, das sich fast in der Mitte der Fahrbahn bewegte. Das Steuer fest in der Hand überholte er es. Er hupte einen Radfahrer auf einem Zebrastreifen weg und musste mit der Lichthupe einen Kleinbus daran hindern, sich direkt vor ihn zu setzen. Er war schweißgebadet, und die Narbe an seinem rechten Mittelfingerknöchel leuchtete weiß unter der straff gespannten Haut.

Als der Toyota wieder in sein Blickfeld geriet, atmete Johan aus. Der Wagen befand sich etwa sechzig Meter unterhalb des Hügels. Jetzt war kein Fahrzeug mehr zwischen ihnen. Sobald er das Nummernschild erkennen konnte, würde er anhalten und Alarm auslösen.

Er holte Meter um Meter auf, aber das Kennzeichen des Toyotas war schmutzig, sodass er es nicht entziffern konnte, obwohl er die Augen zusammenkniff und sich nach Kräften anstrengte.

Sie passierten das Medizinische Zentrum auf der linken Seite. Johan erahnte schemenhaft die Glasfassade des Psychiatriegebäudes zwischen den rosafarbenen Häusern aus der Jahrhundertwende und wusste, dass Nathalie alles Erdenkliche tat, um ihre Kollegin zu retten.

Meterweise arbeitete er sich vor. Jetzt waren sie nur noch einen Steinwurf voneinander entfernt. Plötzlich trafen zwei Scheinwerfer aus weißem Licht und eine Kaskade von blauen Blitzen auf die Fahrbahn. Ein Krankenwagen fuhr aus der neu gebauten Garage auf der rechten Seite direkt vor ihm auf die Straße. Johan bremste fluchend, als er den Toyota wieder aus den Augen verlor. Das Herz in seiner Brust schlug, als würde es jeden Moment herausspringen, und seine Hände klebten vor Schweiß.

Der Krankenwagen fuhr unter vollem Einsatz, und Johan schlug eine Wand aus Motorengeräuschen und Sirenen entgegen, als die Ambulanz zur Notaufnahme fuhr. Erneut tauchte der Toyota in seinem Blickfeld auf, und Johan beschleunigte. Er hatte zwanzig Meter eingebüßt, und der Toyota verschwand rechts in Richtung Kreuzung. Doch jetzt war niemand mehr zwischen ihnen, und er wusste, dass er es schaffen würde. Er hoffte, dass der Krankenwagen auf dem Weg zu Isabella war. Obwohl er wusste, dass auf sein Zeitgefühl in so einer Situation kein Verlass war, hatte es seinem Empfinden nach zu lange gedauert.

Sie muss überleben, sagte er sich. Sie würde so schnell wie möglich die denkbar beste medizinische Versorgung erhalten.

Das sprach dafür.

Aber er hatte eine ziemlich große Waffe gesehen, und der Schuss schien sie direkt in den Unterleib getroffen zu haben. Der Schütze wusste offensichtlich, was er tat.

Das sprach dagegen.

Er schnitt die Kurve. Der Toyota bog nach links auf den Sjukhusväg ab, und Johan war klar, dass der Schütze von mindestens einem vorbeifahrenden Fahrzeug aufgehalten wurde. Leider musste er selbst einen der städtischen Busse abwarten, obwohl er wie ein Irrer hupte und blinkte. Zum Glück bog der Bus gleich zum Svandammen rechts ab, doch da gelang es einem kleineren roten Auto, sich zwischen ihn und den Toyota zu quetschen. Er fluchte laut. Sechzig Meter trennten sie. Wo blieben seine Kollegen? Der Alarm musste sie erreicht haben, und eine Streife musste sich doch in der Nähe aufgehalten haben.

Johan setzte die Verfolgung über die Nedre Slottsgatan fort. Die Dämmerung nahm zu. Aus dem Augenwinkel nahm Johan den gespenstischen Anblick wahr, den das angestrahlte Schloss mit seinen runden Türmen bot. Es war umgeben von Hunderten kahlen Laubbäumen, die wirkten wie zufällig in den Park gestellte Schreckensgestalten.

Auf der Höhe des Radweges, der hinauf in den Park führte, überholte er das rote Auto. Der Toyota hatte jetzt vierzig Meter Vorsprung. Er fragte sich, ob der Fahrer wusste, dass er verfolgt wurde oder ob er nach einem vorher festgelegten Plan flüchtete.

Bei der Kreuzung an der Drottninggatan hielt der Toyota an. Johan näherte sich. Bald sollte er das Nummernschild sehen können. Kein Auto hinderte den Toyota an der Weiterfahrt, und er blinkte weder rechts noch links. Daraus zog Johan zwei Schlüsse: Der Mann wusste nicht, wohin er wollte, und er wusste auch nicht, dass er verfolgt wurde.

Vor der Studentenverbindung Stockholms Nation rauchten drei Jugendliche. Im Obergeschoss stand ein Fenster offen, aus dem ein kräftiger Bass auf die Straße wummerte und Feiern, Tanzen und Schwitzen verhieß. Als Johan nur noch zwanzig Meter vom Toyota entfernt war, konnte er die Buchstaben auf dem Schild erkennen, die Ziffern jedoch waren unleserlich.

In dem Augenblick fuhr der Toyota los und bog links den lang gezogenen Hügel hoch zur Universitätsbibliothek Carolina Rediviva ab.

8

Nathalie hörte, wie hinter ihr das Heulen der Krankenwagensirenen verhallte. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie er auf direktem Weg zum Schockraum fuhr.

Komm schon, Isabella. Du musst jetzt durchhalten!

Ein Mann in braunen Halbschuhen und Anzughose legte seine Hand auf ihre Schulter und fragte, ob er ihr beim Aufstehen helfen könne. Nathalie wischte sich die Tränen ab und erhob sich mit Unterstützung des Mannes. Er erinnerte mit dem länglichen, schmalen Gesicht, der goldenen Brille und dem flachen Kinn an Håkan. Sie begegnete seinem scharfen Blick und sagte mit einer Stimme, die fremd klang, dass alles in Ordnung sei und sie zurechtkomme.

Der Mann zog seine Hand zurück und nickte. Sie schaute wieder auf ihre blutigen Hände, auf die Lache, in der Isabella gerade gelegen, und zu der Stelle, wo der Toyota gestanden hatte. Was war eigentlich passiert? Obwohl die Frage leicht zu beantworten war, konnte sie es nicht begreifen.

Weitere Menschen scharten sich um sie, und einige stellten Fragen. Sie war jedoch zu sehr mit dem Versuch beschäftigt, die Situation zu realisieren, um Antworten geben zu können. Sie betrachtete ihren blutgetränkten Mantel, trat einen Schritt zur Seite und rief Johan an. Das Blut an ihren Fingerkuppen war verkrustet, sodass sie jeden Befehl mehrmals eintippen musste. Getrocknete Bluttropfen klebten auf dem Display. Sie wischte sie weg, bevor sie den Hörer ans Ohr hielt.

Sieben Klingeltöne, dann sprang die Mailbox an. Angespannt lauschte sie, wie schon so oft, bis zu Johans knapper Grußfloskel. Vielleicht verfolgt er den Täter noch, dachte sie. Vielleicht verhaftet er ihn jetzt gerade.

Nathalie rief erneut an und bewegte sich auf wackeligen Beinen zwischen den Fahrradständern zur Durchfahrtsstraße, auf der sie gerade gekommen waren. Sie musste zur Notaufnahme gehen, musste in Erfahrung bringen, wie es Isabella ging, obwohl sie wahrscheinlich auf dem Weg zum OP war und ihr niemand eine Prognose geben konnte. Dennoch musste sie unbedingt dorthin, musste es wissen.

Oder sollte sie warten, bis die Polizei kam? Natürlich sollte sie das. Sie hatte der Besatzung vom Krankenwagen den Vorfall geschildert und konnte Isabella zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr helfen. Sie musste von dem Ort weg, an dem Isabella angeschossen wurde, musste in Bewegung bleiben, musste sich aufrecht halten.

Als sie dort ankam, wo der silberne Toyota gestanden hatte, hörte sie Sirenen. Sie blieb stehen und suchte die Umgebung mit den Augen ab, sah nur Schneematsch in diversen Schattierungen und verschwommene Spuren von Autoreifen.

Ein Polizeiauto mit Blaulicht kam den Hügel hochgefahren, hielt neben ihr an, und das Fenster auf der Beifahrerseite glitt nach unten. Sie erkannte den jungen, dunkelhäutigen Polizisten, konnte ihn aber nicht einordnen.

»Wir haben einen Notruf über eine angeschossene Person erhalten«, begann er mit gespielter Autorität, die seine Nervosität nur teilweise kaschierte.

»Ja, das war hier«, sagte Nathalie. Sie hob ihre Handflächen zum Polizeiauto und erklärte: »Der Notruf kam von mir. Die Verletzte ist bereits in der Notaufnahme.«

Der Polizist sagte etwas zu seinem Kollegen und stieg dann aus dem Wagen.

»Ich kenne Sie. Sie sind doch die Psychiaterin und Mitglied der Profilergruppe, oder?«

»Stimmt«, bestätigte sie und schaute den unsicheren Fünfundzwanzigjährigen mit den groben Gesichtszügen forschend an.

»Wir haben uns vor ein paar Wochen bei einer Rechtshilfe in der Notaufnahme kennengelernt«, erklärte er. »Da war ich zum ersten Mal dabei.«

»Genau«, nickte sie und erinnerte sich an die Fixierung eines Amphetaminabhängigen, der unter Drogeneinfluss das halbe Wartezimmer verwüstet hatte.

»Mein Name ist Peter Roos«, stellte er sich vor und machte eine Bewegung, um ihr die Hand zu schütteln, stockte aber, als er ihre blutigen Hände sah. »Erzählen Sie mir, was passiert ist«, forderte er sie stattdessen auf, als wäre ihm plötzlich klar geworden, dass er wertvolle Zeit verschwendete.

So sachlich und knapp wie möglich schilderte sie die Ereignisse. Als Peter Roos erfuhr, dass der Toyota ungefähr an der gleichen Stelle gestanden hatte wie nun das Polizeiauto, fluchte er und forderte seinen Kollegen auf, den Wagen wegzufahren. Dann steckte er sich ein Headset ins Ohr, rief die Leitzentrale an und berichtete von Johans Verfolgungsjagd. Dem Gespräch entnahm sie, dass Peter und sein Kollege unmittelbar von einer Schlägerei unter Besoffenen im Klub Flustret gekommen waren. Peter wandte sich erneut an sie. Mit dem Stöpsel im Ohr stellte er noch einige Zusatzfragen, von denen sie annahm, dass sie von der Person in der Leitzentrale kamen.

Nathalie antwortete, soweit sie dazu in der Lage war, erzählte ihm von dem Termin mit Isabella auf der Station und schlang dabei die Arme um sich, um sich warm zu halten. Sie erkannte ihren Fehler, die Verfolgungsjagd im Auto nicht zu erwähnen, als sie den Krankenwagen alarmiert hatte. Der Schock ließ langsam nach, und je mehr vernünftige Gedanken sie formulierte, desto wütender wurde sie auf sich.

Warum war sie nur so blockiert gewesen? Bestimmt hatte Johan sich auf schnelle Unterstützung verlassen. Was, wenn sie ihn in Gefahr gebracht hatte?

Sie bohrte ihre Nägel ins Fleisch und fand, sie verdiene den Schmerz. Als Peter Roos das Gespräch beendete und auf seinen Kollegen zusteuerte, rief sie Johan wieder an. Immer noch keine Antwort.

Zwei weitere Streifen trafen mit Blaulicht ein. Sie musste ihnen zeigen, wo Isabella angeschossen wurde, wo sie und Johan geparkt und kurz vor dem Schuss gehalten hatten.

Die Polizisten machten sich daran, den Tatort mit blau-weißem Absperrband abzuriegeln, und vertrieben Schaulustige, indem sie nach dem Ausweis fragten und von jedem Personalien verlangten, der sich als Augenzeuge ausgab. Sie maßen vom Standort des Toyota bis zur Stelle, an der Isabella zusammengebrochen war, eine Entfernung von fünfzehn Metern.

Der Abstand zwischen dem Schützen und dem Ort, an dem sie und Johan gesessen hatten, betrug dreißig Meter. Die Zahlen sagten ihr im Moment nichts, sie wusste jedoch, dass sie für die bevorstehende Analyse des Geschehens wichtig waren.

Die Abenddämmerung brach schnell an. Die Polizisten schauten verkniffen und angespannt zueinander, auf alle Menschen, die in Bewegung waren, und die Hunderte von Fenstern, die mit ihrem zunehmenden, warm-gelben Licht die immer trüber werdende Dunkelheit nach und nach erhellten.

Einer der Uniformierten hob Nathalies blutverschmierten Mantel auf und steckte ihn in eine Beweismitteltasche. Sie zitterte, spürte, dass sie fror. Die Kälte kam ebenso von innen wie vom Wind, der unmerklich begonnen hatte, um die Fassaden zu fegen.

Sie bekam eine Decke, in die sie sich wickelte, und schaute zum Fenster des Zimmers im siebten Stock hoch, wo ihre Mutter lag.

Es schien, als hätte sich der Frühling zurückgezogen und würde niemals wieder zurückkehren.

9

Johan wusste, dass der Mann im Toyota ihn entdeckt hatte. Er trat das Gaspedal weiter durch und nahm oben auf dem Hügel eine Abkürzung über die entgegengesetzte Fahrbahn hinunter zur Universitätsbibliothek. So gewann er zehn Meter, aber der Schweiß lief ihm in die Augen, und er konnte die Zahlen auf dem Nummernschild immer noch nicht erkennen. Er fluchte und wiederholte die Buchstaben immer wieder, um sie nicht zu vergessen.

Er wurde an die Rückenlehne gedrückt, als er auf der steilen Straße den Hügel aufwärts beschleunigte, von dem Nathalie immer behauptete, er sei das perfekte Aufwärmtraining vor einem Tag voller Studien. Ihm fiel ein, dass er seinen Freund Erik zuletzt vor mindestens zwanzig Jahren einmal besucht hatte, als in der Walpurgisnacht immer das traditionelle Aufsetzen der Studentenmütze auf diesem Hügel stattfand. Danach blendete er die Erinnerung aus und konzentrierte sich auf den Toyota, der sich nun in der Mitte des Hügels befand. Leider holte er gerade nicht auf, da der Schütze auch so schnell fuhr, wie er konnte. Das Handy klingelte erneut zu seinen Füßen und erinnerte ihn an seine blöde Ungeschicklichkeit.

Vor der Carolina Rediviva bog der Toyota nach rechts in die Övre Slottsgatan ab. Johan lag drei Sekunden im Rückstand. Die Verfolgungsjagd setzte sich zwischen den schönen zwei- und dreistöckigen Gebäuden aus Holz und Stein fort. Immer noch keine Kollegen in Sicht. Das Handy klingelte abermals, und die Wut stieg.

Hundert Meter vor der Universität bremste der Toyota ab. Eine Sekunde später schlitterte er nach rechts auf den Åsgränd. Johan schnitt die Kurve so scharf, dass der Volvo einen Fußgänger gestreift hätte, wenn einer um die Hausecke gekommen wäre. Er ging vom Gas. Er durfte nicht in so blinden Jagdeifer verfallen, sonst würde er riskieren, jemanden anzufahren.

Der Toyota fuhr weiter den Hügel hinunter zur Heiligen-Dreifaltigkeits-Kirche in der Straße Odinslund. Jetzt trennten sie nur noch fünfzehn Meter. Offensichtlich versuchte der Fahrer seinen Verfolger abzuschütteln.

Aber es ist gut, wenn wir so lange wie möglich im Zentrum bleiben, überlegte Johan. Im besten Fall riegeln die Kollegen die Stadt ab, um die weitere Flucht zu verhindern.

Als er auf dem Kopfsteinpflaster den Hügel abwärts fuhr, bebte sein Körper wie ein Elektron in einem Magnetfeld. Krampfhaft umklammerte er das Lenkrad und bremste, um die Linkskurve auf dem kleinen Platz so schnell zu kriegen wie der Mann im Toyota, der offensichtlich ein guter Fahrer war. Johan geriet auf einer vereisten Fläche ins Schleudern, und das Heck des Volvos prallte gegen die Stufen, die den Obelisken einfassten. Zum Glück verlor er nicht an Geschwindigkeit.

Jetzt trennten sie nur zehn Meter.

Der Toyota fuhr geradeaus zwischen der Domkirche und dem Gustavianum weiter, ohne Rücksicht auf die beiden Jugendlichen zu nehmen, die mit dem Rad vom Universitätspark zum Juridicum fuhren. Johan fluchte und bremste wieder. Die Jugendlichen rollten im Scheinwerferlicht vorbei und sahen ihn erschrocken an. Als er die Geschwindigkeit wieder erhöhte, verschwand der Toyota hinter dem Gustavianum sofort nach links.

Wie Johan sich erinnerte, gab es dort keine Autostraße, sondern nur einen Fußweg in den Universitätspark. Hatte der Mann einen Fehler gemacht und war blindlings drauflosgefahren?

Johan verlangsamte das Tempo und nahm die Kurve. Der Toyota stand zehn Meter weiter regungslos auf der Mitte des Weges. Instinktiv bremste er. In dem Moment sah er die auf ihn gerichtete Waffe.

Er hat die Tür geöffnet, um mich zu erschießen, dachte er noch, dann durchbrachen zwei Schüsse die absolute Stille, die sich beim Anblick der Waffe eingestellt hatte.

Johan war plötzlich wie versteinert. Die Scheibe splitterte, und er hatte das Gefühl, als würde ein glühender Speer seine linke Schulter durchbohren. Gleichzeitig krachte es bei der Kopfstütze neben seinem linken Ohr. Im nächsten Augenblick kam es ihm vor, als verließe er seinen Körper, während er gleichzeitig in ihm feststeckte. Es kam ihm vor, als wäre seine Seele ein Pfeil in einem Bogen, der erst gespannt, dann jedoch wieder gesenkt wird, ohne seine vorgesehene Reise angetreten zu haben.

Er griff sich an die Schulter und beugte sich vor. In der Sekunde, bevor der Toyota rechts in den Park verschwand, sah er die Nummern auf dem Kennzeichen. Trotz der wahnsinnigen Schmerzen und des Dröhnens in den Ohren, wiederholte er die Zahlen und fügte sie den Buchstaben hinzu.

Er musste jetzt telefonieren.

Wieder zuckte er innerlich zusammen, schaffte es nicht, sich zu konzentrieren, und vergaß, was er eigentlich machen wollte. Er atmete tief durch und versuchte immer wieder, die Bruchstücke des Geschehens zu einem greifbaren Bild zusammenzusetzen.

Er war angeschossen worden. Aber nur ein Mal, soweit er das fühlen konnte. Der zweite Schuss war also danebengegangen. Er schaute auf seine Schulter und sah Blut aus der zerrissenen Lederjacke sickern. Er guckte hinunter auf Arm und Hand, die sich taub anfühlte, und er hatte Blutgeschmack im Mund. Vorsichtig zog er den Reißverschluss nach unten und betastete die Wunde. Normalerweise konnte er kein Blut sehen, das galt nur nicht für sein eigenes.

In einem plötzlichen Erinnerungsblitz sah er vor sich, wie ihm im Korridor des Krankenhauses von Sundsvall in dieselbe Schulter geschossen wurde. Der Flüchtende hatte damals genauso unerwartet wie der Mann im Toyota einen schwarzen Kreis des Todes auf ihn gerichtet und abgefeuert. Die Ärzte hatten ihm damals erklärt, dass er nur zwei Zentimeter davon entfernt gewesen war, sein Leben zu verlieren. Wie schlimm war es diesmal? Hätte er nicht bewusstlos werden müssen, wenn lebenswichtige Gefäße getroffen worden wären? Er versuchte, die linke Hand zur Faust zu ballen, seine Finger wollten ihm aber nicht gehorchen. Verdammter Scheißkerl!

Das Blut lief warm und klebrig über den Arm und in die Achselhöhle. In seinem linken Ohr ertönte ein Heulen, als hätte jemand den Feueralarm in seinem Gehörgang ausgelöst. Er versuchte, die Wunde zu ertasten, und verzog vor Schmerzen das Gesicht. Kalter Schweiß brach aus ihm heraus, und immer wieder überkam ihn ein Schwindelgefühl.

Er musste in die Notaufnahme. Aber zuerst musste er Alarm auslösen. Warum hatte er das nicht gleich gemacht? Verärgert über sich selbst, hob er das Handy vom Boden auf. Die Wut in ihm nahm zu, als ihm klar wurde, dass Nathalie nur einen Krankenwagen gerufen hatte. Er gab das Autokennzeichen durch und befahl, alle zur Verfügung stehenden Kräfte zu schicken.

Er atmete aus und beendete das Telefonat. Er riss ein Stück aus seinem T-Shirt, formte es zu einem Knäuel, drückte es auf die Wunde und brüllte los. Der Schrei verschmolz mit dem Heulen im Ohr, das sich für eine Weile weiter entfernte. Dann schloss er seine Jacke und fuhr so ruhig wie möglich den Weg zurück, die linke Hand steif auf dem Schoß liegend.

Ich muss einen kühlen Kopf bewahren, ermahnte er sich und fuhr zurück zum Krankenhaus.

10

Die Decke fest um die Schultern gelegt, nahm Nathalie ihr Handy in die Hand, um Johan noch einmal anzurufen. Ihre Finger waren steif vor Kälte. Obwohl kein Blut mehr an der Spitze des Zeigefingers klebte, arbeitete das Display so langsam wie vorhin. Als das erste Signal ertönte, schaute sie hoch und machte sich auf den Weg zur Notaufnahme. Sie musste sich erkundigen, wie es Isabella ging.

Auf dem Weg zum Eingang sah sie, wie ihr Volvo den Hügel hinauffuhr. Sie erkannte Johans Umrisse auf dem Fahrersitz. Mit einem Lächeln, das sich verkrampft und ungewohnt anfühlte, drückte sie den Anruf weg und steckte das Handy wieder ein.

Er lebt. Aber was ist mit der Windschutzscheibe passiert?

Sie lief zum Parkplatz, wo auch die Polizisten Johans Ankunft registriert hatten. Beim Näherkommen hörte sie, dass Peter ins Headset sagte: »Sieht aus, als würde er jetzt kommen.«

Johan machte eine Kehrtwende und parkte den Volvo genau dort, wo sie gestanden hatten, als der Schuss fiel. Die Windschutzscheibe wies zwei unübersehbare Löcher auf, deren weiße Sprünge im Glas sich kreisförmig zum Rand hin ausbreiteten. Er blieb leicht zusammengesackt sitzen und starrte mit glasigem Blick an die Stelle, wo der Toyota gestanden hatte. Sie näherte sich Schritt für Schritt, spürte, dass ihr Herz unregelmäßig schlug.

War er angeschossen? Nein, dann hätte er nicht hierherfahren können, oder doch?

Als sie nur noch wenige Meter voneinander entfernt waren, drehte Johan den Kopf und schaute sie an. Sein Blick war aufgewühlt und ruhig zugleich. Dann öffnete er die Tür und stieg aus. Sie war als Erste bei ihm, dicht gefolgt von Peter Roos und zwei seiner Kolleginnen.

Johan richtete sich mit einem schmerzverzerrten Grinsen auf, begegnete Nathalies Blick und sah dann die Polizisten an. In seinem Haar hingen Glassplitter, im Lichtschein der Krankenhausfassade glitzerten die Schultern seiner Lederjacke wie in einem Regen aus Diamanten.

»Ist er gefasst worden?«, fragte Johan.

»Noch nicht«, antwortete Peter. »Aber alle Einheiten sind auf der Suche. Sogar der Hubschrauber ist unterwegs.«

Johan wandte sich mit einer enttäuschten und verärgerten Miene an Nathalie. »Scheiße, ich bin davon ausgegangen, dass du die Polizei alarmiert hast.«

»Ich war komplett darauf konzentriert, Isabella zu helfen.« Sie guckte auf ihre blutigen Hände und wieder zu ihm hoch. »Aber ich hätte wohl daran denken müssen.«

»Sinnlos, das jetzt noch auszudiskutieren. Lebt sie?«

»Ich weiß es nicht. Sie ist im OP.«

Johan öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und führte mit verzerrtem Gesicht die Hand zur Schulter. Sie beugte sich vor, sah das Loch im Leder und die darunter befindliche Beule, auf die er seine Hand drückte. Der Arm hing gerade und schlaff herab.

»Wurdest du angeschossen?«

»Ja. War aber nicht so schlimm. Der zweite Schuss ging in die Nackenstütze.«

»Oh nein!«, rief Nathalie und untersuchte das Einschussloch in der Lederjacke. Das Blut setzte sich dort in einer helleren Nuance von Schwarz ab.

»Darum habe ich das Gespräch abgebrochen«, erklärte Johan. »Er hat vorm Gustavianum-Museum angehalten und zweimal geschossen. Der zweite Schuss ist gerade mal fünf Zentimeter neben meinem Kopf gelandet.«

»Du musst in die Notaufnahme.«

Sie nahm auf der Brust einen Fetzen der Jacke hoch und sah den blutgetränkten Stofflappen, den er auf die Wunde drückte. »Sofort. Steig in mein Auto, ich fahre.«

Sie legte den Fetzen wieder zurück und zog den Reißverschluss so weit wie möglich hoch. Johan verzerrte das Gesicht vor Schmerzen, drückte aber weiter das Stück T-Shirt auf die Wunde und wandte sich an Peter Roos.

»Wer hat das Kommando?«

»Im Moment ich. Kommissar Schytt ist auf dem Weg.«

»Vincent Schytt?«, fragte Nathalie und bekam ein Nicken als Bestätigung. Sie und Johan kannten Vincent Schytt. Er war der Hauptverantwortliche bei der Suche nach dem Serienvergewaltiger gewesen, der im letzten Frühjahr junge Studentinnen um Mitternacht überfallen hatte. Auch Nathalie und Johan waren damals an den Ermittlungen beteiligt gewesen.

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