Der Vertrauensmann - Johanna Henkel-Waidhofer - E-Book

Der Vertrauensmann E-Book

Johanna Henkel-Waidhofer

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Beschreibung

Er ist nicht nur einer der ungewöhnlichsten deutschen Politiker, sondern auch der beliebteste. Für viele geradezu Kult – und das in Zeiten von Politikverdrossenheit und Politikerbashing. Was macht seine Anziehungskraft aus? Wie konnte er seine Grünen zu ungeahnten Erfolgen ausgerechnet im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg führen? Aus der Nähe beschreiben Peter Henkel und Johanna Henkel-Waidhofer den Menschen Kretschmann. Und sie erzählen vom langen und faszinierenden Weg eines ex-maoistischen grünen Realos in die Mitte der Gesellschaft.

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Johanna Henkel-Waidhofer | Peter Henkel

Der Vertrauensmann

Winfried Kretschmann – Das Porträt

 

 

© Verlag Herder GmbH, Freiburg im Breisgau 2017

Alle Rechte vorbehalten

www.herder.de

Umschlaggestaltung: Verlag Herder

Umschlagmotiv: © dpa-picture alliance

E-Book-Konvertierung: Daniel Förster, Belgern

ISBN (E-Book) 978-3-451-81159-3

Inhalt

1 Prolog
2 Ganz oben in der Publikumsgunst
Wie ein Provinzpolitiker bundesweit punktet
3 Mensch Kretsch
Private Sphäre und öffentliches Interesse
4 Wie Macht biegt und beugt
Ein Akteur zwischen Alltagszwängen und Naivität
5 Von linken Utopien und plebejischen Lesern
Plädoyer für Langsamkeit und Bedenkenträgerei
6 Von Mao zur Mitte
Niederlagen und Triumphe auf einem langen Marsch
7 Ganz nach Platos Geschmack
Von richtig und falsch in der Demokratie
8 Aus Liebe zur Natur
Er muss doch schnell die Welt retten
9 Regieren mit den Schwarzen
Nicht für die Schule, fürs Leben lernen
10 Vorhang auf!
Wenn Reden unter die Haut gehen
11 Glaube, der befreit
Erlösungsfantasien und Essen mit Messer und Gabel
12 Die Integration und die eigene Vita
Auf dem roten Teppich auch mit Jogi Löw
13 Das Schwaben-Gen
Wie nur behalten das eigene Geld?
14 Vorsicht, Frauen!
Der Nebenwiderspruch im Klassenkampf
15 Einfallslos im Bremserhäuschen
Höhere Steuern und die Angst um den Mittelstand
16 Hören und erhören
BürgerInnenbeteiligung im Härtetest
17 Keine Angst vor Visionen
Europa aus Stuttgarts Perspektive
18 Im Originalton
»Die Menschen lügen alle«
Nachwort
[Bildteil]
Namensregister
Über die Autoren

– 1 –Prolog

Winfried Kretschmann ist Kult. Zwar steuert seine ­Partei die Bundestagswahl 2017 mit einer Ausgangsbasis von mickrigen 8,4 Prozent an. Er selber aber, weltweit einziger echter grüner Regierungschef, liegt in der Gunst des Publikums auch bundesweit ganz weit vorn. Bei Landespolitikern kommt das etwa so oft vor wie ein Februarabend zum Draußensitzen. Wie das einer wie er schafft, darüber zerbrechen sich alle möglichen Leute den Kopf. Winfried Kretschmann ist nämlich sichtbar nicht mehr taufrisch, er ist nicht dauernd im Fernsehen und wenn, dann nicht eben als Macher oder als Entertainertyp. Stattdessen sagt der Graukopf mit dem Bürstenhaar immerzu Sachen, mit denen er aus der Reihe tanzt und irgendwo aneckt. Am liebsten bei der eigenen Partei. Kretschmann ist also nicht nur Kult, er ist auch ein harter Brocken, gesegnet mit jenen Ecken und Kanten, von denen Wahlforscher sagen, sie wären gut für einen seiner Profession. »Authentisch« heißt das Codewort, und wenn dann noch das Image des Anständigen und Erfolgreichen hinzukommt, dann hat man es wohl mit einem der Glücksfälle zu tun, die es so selten gibt in der ­Politik.

Eigentlich müsste sich Winfried Kretschmann deshalb noch immer mindestens einmal am Tag in den Arm kneifen und fragen, ob er das alles nicht doch nur träumt. 2010 hatte er schon drei Jahrzehnte Politik hinter sich und keinen Himmel gestürmt, sondern es gerade mal zum Vorsitzenden der grünen Fraktion im Stuttgarter Landtag gebracht, mit bestechend guten Aussichten, seine Karriere demnächst als allseits respektierter Daueroppositioneller zu beschließen. In Baden-Württemberg, wo die CDU von Leuten wie Hans Filbinger, Lothar Späth oder Erwin Teufel fast sechs Jahrzehnte ununterbrochener Herrschaft auf dem Buckel hatte und davon ausgehen durfte, dass das so bleiben würde bis zum Sanktnimmerleinstag, schien es keine Blumentöpfe mehr zu geben, die man gewinnen könnte.

Aber dann kamen zwei Ereignisse: einmal der Protest gegen einen unsinnigen unterirdischen Bahnhof, der so etwa anno 2024 zum Preis von etlichen Milliarden Euro einen funktionierenden oberirdischen ersetzen soll. Und es kam zwei Wochen vor der Landtagswahl 2011 die atomare Katastrophe im japanischen Fukushima. Und auf einmal saß Winfried Kretschmann auf dem Platz, der der CDU zu gehören schien.

Es folgten fünf Jahre Grün-Rot, und die Welt ging nicht unter zwischen Main und Bodensee. Seit der Landtagswahl im Frühjahr 2016 fragt die CDU sich stattdessen beklommen, was aus ihr wohl werden wird in dieser Koalition mit diesem Mann. Fünf Jahre ordentliches Mitregieren hatten seinen Koalitionspartner SPD halbiert in der Wählergunst, auf unter 13 Prozent. Wird sein nächstes Opfer die CDU, früher einmal die Baden-Württemberg-Partei, jetzt abgestürzt auf 27 Prozent (unter Filbinger gab es in den Siebziger Jahren das Doppelte)?

Hätte die CSU sich nicht quergestellt und Einspruch eingelegt gegen Angela Merkels Wunschkandidaten – Parole: Nichts gegen Kretschmann, aber ein grüner Sympathieträger als Bundespräsident kommt nicht in Frage –, dann hätte die CDU im Südwesten aufatmen können. Die Kanzlerin hätte Kretschmann in ein Dilemma gebracht, aber am Ende wäre er ihrem Ruf gefolgt. Immerhin können einem leidenschaftlichen Politiker weniger ehrenhafte Dinge zustoßen, als ins protokollarisch höchste Amt des Staates gebeten zu werden. Natürlich hätte er einen guten Präsidenten abgegeben. Der gewesene Oberstudienrat für Biologie, Chemie und Ethik versteht eine Menge von praktischer Politik. Und er kann Reden halten, die es in sich haben. Jedoch: Nach Berlin hat es ihn nie gezogen, und sowohl die Schwäbische Alb als auch die geliebte Werkstatt daheim in Laiz bei Sigmaringen wären weit, sehr weit weg gewesen.

Jetzt ist der Kelch an ihm vorübergegangen, und sein noch immer rat- und orientierungsloser Juniorpartner CDU hat an den Folgen zu schlucken. Zu allem Überfluss hat der Ministerpräsident durchblicken lassen, er werde, sofern die Gesundheit wie bisher mitmacht, 2021 womöglich noch einmal antreten.

Winfried Kretschmann lässt nicht gern in sich hineinschauen. Das Bild, das er beharrlich von sich entwirft, ist das des Naturschützers und -liebhabers, der die Grünen mitgründete, um seinen Beitrag zum Überleben des Planeten zu leisten. In diesem Bemühen hat er einen weiten Weg zurückgelegt. Kabarettisten, politische Gegner, diverse Parteifreunde und nicht nur die sind überzeugt, es mit einem Grünen zu tun zu haben, der genauso gut bei der CDU sein könnte: ein durch und durch bürgerlicher, seit Jahr und Tag immer wieder mit dem Mainstream seiner Partei und erst recht mit ihrem linken Flügel über Kreuz liegender Superrealo, bei dem sogar die Grenze zwischen Querdenker und Querulant nicht immer so ganz haarscharf zu ziehen sei. Fest steht, dass die Liste der Kretschmann’schen Extratouren überdurchschnittlich lang ist. In den frühen Achtzigern nahm er den CDU-Rechtsaußen Gerhard Mayer-Vorfelder gegen maßlose Kritik in Schutz – zu Recht. Und er plädierte so lange dafür, Müll zu verbrennen anstatt zu verbuddeln, bis er und seine chemisch weniger beschlagene Partei ganz knapp vor der Scheidung standen. Heute warnt er sie vor »Herummoralisieren« und diesem »Besserwissergestus«. Er will »mit aller Macht« gegen die Wiederbelebung der ausgesetzten Vermögensteuer ankämpfen. Und er teilt dem verbliebenen harten Kern der Stuttgart-21-Gegner zu deren – nachvollziehbarer – Verbitterung mit, in der Demokratie gebe es kein wahr oder falsch, sondern bloß Meinungen.

Vier Episoden im Leben des jungen Winfried Kretschmann haben ihn fürs Leben geprägt: Schlimme Jahre in einem lieblosen katholischen Internat. Die kommunistische Phase als Student. Danach die Begegnung mit dem Werk der jüdischen Philosophin Hannah Arendt, der er die Einsicht in den Wert von Vielfalt und Freiheit verdankt und die er in kaum einer Rede zu erwähnen vergisst. Und schließlich seine kurze, aber lehrreiche Zeit als Grundsatzreferent in Joschka Fischers Umweltministerium in Hessen; dort prallte der in langen Linien denkende Grübler auf das machtpolitisch durchtränkte Agieren eines grünen Alphatiers.

Gemündet ist diese von einer starken religiösen Orientierung begleitete Entwicklung am Ende in einen weltanschaulichen Horizont, in dem Ökologie als Jahrhundert-Aufgabe, Liberalität, ein flammendes Bekenntnis zur Demokratie und zum europäischen Gedanken sowie »pragmatischer Humanismus« die Eckpunkte sind. Wenn Teile der Grünen, und nicht nur sie, Schwierigkeiten mit dem schwäbischen Seelen- und Stimmenfänger haben, dann deswegen, weil er tatsächlich immer wieder Töne mit einem irritierend konservativen Akzent anschlägt. Trotz seines Rufs als solider und seriöser Zeitgenosse: Ganz auszuschließen ist es nicht, dass da Rauflust und Hang zur Provokation eine gewisse Rolle spielen. Seine verbalen Kreuzzüge gegen alles, was auch nur von ferne nach Bevormundung, Zwangsbeglückung oder überhaupt irgendwie links zu riechen scheint, oder sein Liebäugeln mit der neoliberalen These vom gesellschaftlichen Nutzen sozialer Ungleichheit rücken den Hausherrn der Villa Reitzenstein hoch über Stuttgart in die Nähe von Akteuren, in deren Nähe er eigentlich gar nicht gehört. Psychologisches Dilettieren könnte zu der Vermutung verführen, dass da Jugendsünden überkompensiert, zu Deutsch: im Zuge einer persönlichen Vergangenheitsbewältigung öfter mal gleich mehrere Kinder mit dem Bade ausgeschüttet werden.

Entscheidend für das in der Republik noch nie dagewesene anhaltend hohe Ansehen eines Politikers über inzwischen mehr als fünf Jahre und die Zuneigung bei derart vielen Baden-Württembergern und jenseits der Landesgrenzen ist das alles nicht. Für die Leute zählt, dass da einer auf der Brücke steht, der knorrig ist und von Wind und Wetter gegerbt, der ersichtlich kein Partei-Apparatschik ist, sondern eigene Auffassungen vertritt, der – fast – immer erstens ziemlich vernünftig und zweitens so redet, dass man ihn versteht. Und bei dem man stattliche Beträge darauf verwetten könnte, dass da nie ein wie auch immer gearteter Skandal ans Licht kommen wird – einfach weil es keinen gibt. In Zeiten wie diesen, da das Verächtlichmachen des Politikbetriebs und das Naserümpfen über die politische Klasse ausufern bis hin zu Wut und Hass, macht Kretschmann zwar keine Ausnahme: Selbst gegen ihn werden Gift und Galle gespuckt. Die große Mehrheit denkt aber anders über den leidenschaftlichen Wanderer und Handwerker.

Zudem: Gründlich geirrt haben sich ja die Kassandrarufer, die beim ersten, damals noch grün-roten Kabinett Kretschmann befürchteten – oder nur so taten –, von nun an werde es bergab gehen mit Baden-Württemberg. Stattdessen brummt die heimische Wirtschaft wie eh und je, und in den meisten der diversen Rankings der 16 Bundesländer, mal abgesehen von einschlägigen Bildungsvergleichen, in denen sich auch 40 Jahre Reformunwille der CDU niederschlägt, hat das Land seinen angestammten Platz ganz weit oben behalten. Das reicht, um über vermeintliche oder tatsächliche Schönheitsfehler hinwegzusehen. Sodass in Baden-Württemberg die Grünen mit ihren dreißig Prozent mittlerweile als das gelten müssen, was die SPD einmal war: Volkspartei. Und der, der sie dorthin geführt hat, als Vertrauensmann. Weit über die eigene Partei hinaus.

– 2 –Ganz oben in der Publikumsgunst

Wie ein Provinzpolitiker bundesweit punktet

»Und was bringt mir das jetzt?« Winfried Kretschmann steht im Flur vor dem Raum, in dem die schwierigen Koalitionsverhandlungen mit den Schwarzen vor sich hin stolpern. Sein späterer CDU-Stellvertreter, der Schäuble-Schwiegersohn Thomas Strobl, wollte sie noch vor Beginn im Streit über die passende Lokalität um ein Haar platzen lassen. Der Grüne hat schon bessere Tage gesehen. Er ist gereizt, will mit einem belegten Brötchen in der Hand für einen Moment seine Ruhe, als ihm Journalisten zurufen, dass die Nachrichtenagenturen gerade melden: Kretschmann laut jüngsten Umfragen Deutschlands beliebtester Politiker. Anderen aus der Zunft würde es jetzt womöglich heiß und kalt den Rücken herunterlaufen. Kretschmann hingegen stutzt, zuckt die Schultern. Von Umfragen hält er nicht so viel: »Und was bringt mir das jetzt?« Nichts, will er damit sagen, und irrt gewaltig.

Der wiedergewählte Ministerpräsident ist der Durchstarter in diesen Wochen im Frühjahr 2016. Zuerst der fulminante Triumph bei den Landtagswahlen. Auch ohne Fukushima und Stuttgart 21 wurde das Ergebnis von 2011 um sechs Prozentpunkte hinaufgeschraubt. Die CDU, die das drittgrößte Land der Bundesrepublik 58 Jahre am Stück regiert hatte und den grün-roten Betriebsunfall von 2011 bei der ersten Gelegenheit vergessen machen wollte, ist hinter seine Grünen zurückgefallen. Die feiern sich jetzt mit 30 Prozent als neue Baden-Württemberg-Partei. Nur Platz zwei und nur 27 Prozent sind für die Christlich-Demokratische Union Deutschlands übriggeblieben. Dem grünen Super-Realo beschert sein neuerlicher Paukenschlag die Aufnahme in den Kreis der Promis, die das Politbarometer des ZDF regelmäßig rankt. Und nicht nur das: Außenminister Frank-Walter Steinmeier schnappt er sogleich den Platz an der Spitze weg. »Mit dem sehr guten Durchschnittswert von 2,4«, sagen die Demoskopen und reiben sich die Augen. Ein Provinzpolitiker, als den er sich selbst immer wieder bezeichnet, wird der Publikumsliebling bundesweit? »Als Schwabe befindet man sich automatisch am anderen Ende der Popularitätsskala«, hat der Journalist Ulrich Kienzle einmal über seine Landsleute gesagt. Kretschmann straft ihn Lügen.

Das Standing hat viele Gründe. Seine Art, Aufmerksamkeit zu erregen, ist knitz, wie die Schwaben sagen, wenn sie meinen: schlau, aber auf liebenswürdige Weise. Der große Mann mit den sprechenden Händen ist interessant auch deshalb, weil er sich nicht interessant macht. Das Sich-Spreizen ist ihm fremd, ungefähr so fremd wie der Physikerin aus dem Osten im Kanzleramt. Fünf Jahre vorher, im April 2011, noch vor seiner Vereidigung, hatte Kretschmann den Satz losgelassen, dass weniger Autos besser wären als mehr. Kritik und verblüfftes Lob prasselten damals auf ihn nieder wie ein Wolkenbruch im Regenwald. Daimler-­Chef Dieter Zetsche stand in seinem Büro, CDU und FDP kübelten, in Berlin fühlten sich Autoversteher jeder Provenienz aufgerufen, durch diese »Kampfansage« gleich an die ganze deutsche Industrie herausgefordert, wortreich über ihn herzufallen. Kretschmann wunderte sich. Er meint bis heute, dass der Satz stimmt, wiederholt ihn aber nicht mehr oder nur noch mit so viel erläuternden Zu- und Nebensätzen, dass er unverdaulich wird. Diese Erfahrung stellte wichtige Weichen für den Novizen in der Villa Reitzenstein, seinem Amtssitz hoch über den Dächern von Stuttgart. Nicht rundgelutscht wie ein Kiesel sein, und zugleich die Schlagzeilen dosieren. Zum richtigen Zeitpunkt das Richtige sagen. So einer kann es sich auch leisten, sechs Wochen vor einer Landtagswahl zu bekennen, für wie wichtig er Angela Merkel für Deutschland und Europa hält angesichts der vielen Probleme und Krisen: »Deshalb bete ich jeden Tag dafür, dass die Bundeskanzlerin gesund bleibt.«

Alle Ministerpräsidenten, egal ob besonders oder normal beliebt, haben es schwer. Kretschmann zitiert gern Christian Wulff, der selber mal einer war und sie als Mischung zwischen Bundespräsident und Bundeskanzler beschrieb. Immer um einen Ausgleich bemüht zwischen den repräsentativen Aufgaben und dem operativen Geschäft, zwischen salbungsvollen Worten und harten Botschaften. Der knorrige Schwabe hat es, trotz der hohen Anerkennung, besonders schwer, woran er selber ein gerüttelt Maß an Schuld trägt. In den Monaten nach dem ersten Machtwechsel 2011, nach dem schwierigen Start mit den zwischen Frust und Ambition schwankenden Sozialdemokraten, die partout auf Augenhöhe mitregieren wollten, hat er sich dem Gestrüpp des Alltags durch Delegieren entzogen. Die engsten Berater und Beraterinnen durften entscheiden, was ihm wichtiger und was ihm unwichtiger sein sollte. Einige aus seinem Team kannten oder kennen ihn seit vielen Jahren. Andere kannten ihn da noch gar nicht, Dritte – gerade aus der Riege konservativer Ministerialbeamter in seiner Regierungszentrale – mögen ihn bis heute nicht.

Schneller als bei anderen Spitzenpolitikern entwickelte sich in Kretschmanns Umfeld eine reichlich schräge Form der Rundumbetreuung, die eine kräftige Dosis Entmündigung und Infantilisierung enthält. Er lässt sich vollpacken mit Terminen, weiß oft selber nicht, wo er in zwei Stunden sein wird, muss sich per Schnellbleiche auf schwierige Treffen vorbereiten lassen. Für Eigeninitiative bleibt wenig Raum, er lässt sich herumschieben im Alltag, hat die Oberhoheit über seinen Kalender schon längst abgegeben an »meine Leut’«, wie er seine engsten Mitarbeiter zu nennen pflegt. Erwin Teufel, der Vorvorvorgänger im Amt, hatte einst mitten in Manhattan ausschreiten wollen, einfach per pedes bis zur Südspitze, um einen Blick auf die Freiheitsstatue zu werfen. Die Entourage war entsetzt über so viel Eigensinn, bis Teufel »Nie kann ich so machen, wie ich es will!« brüllte und losmarschierte. Das war allerdings schon in seiner dritten Legislaturperiode.

Kretschmann brüllt selten. Jedenfalls nicht öffentlich. Aber er leidet vor sich hin, wenn ihm, wie so oft, ein Redetext nicht passt, wenn der heiße Tee zur Pflege der ewig angegriffenen Stimmbänder nicht parat steht, wenn er kurz vor sieben Uhr morgens von Stuttgart nach Brüssel fliegen muss. »Nach Paris bin ich neulich noch früher«, sagt er schulterzuckend. Natürlich könnte er auch sagen: Macht mir ein anderes Programm, ihr Pfeifen. Tut er natürlich nicht. Manchmal lässt sich er sich von seiner persönlichen Referentin sogar in aller Öffentlichkeit den Kaffee umrühren. Jedes Alphatier würde umgehend ihre Kündigung erwägen.

Aber der Grüne hat sich in solchen Dingen zu einem Hinnehmer entwickelt. Manchmal scheint das abzufärben auf seine politische Arbeit. Er weicht, wenn er sich nicht gerade mal wieder an seiner Partei abarbeitet, speziell an der Parteilinken, Konflikten aus, statt sich ihnen zu stellen. Nach dem Motto: »Da steck’ ich doch lieber den Kopf in den Sand«. Oder in der ehrlichen Hoffnung, dass Beten helfen könnte. Er scheut offene Worte aber auch, weil er seinen Hang kennt, aus der Haut zu fahren, wenn er sich richtig echauffiert. Fünf Jahre lang hat er zwischen Grünen und Sozialdemokraten vermittelt und ausgeglichen und sich dabei immer wieder selbst gebremst, jetzt setzt sich das fort mit einer CDU, die etliche Monate nach der Landtagswahl vom März mit ihrem Ergebnis noch längst nicht fertig ist.

»Schuldfragen zu beantworten ist nicht produktiv«, heißt seine Parole, mit der er Rechthaberei und Nachtreten unterbindet. Die selbstverordnete Zurückhaltung führt sogar dazu, dass er selbst bemerkenswerte persönliche Erfolge nicht hinausposaunt. Stattdessen agiert er als stiller Genießer, wenn er erzählt, wie die ersten Runden mit der Kanzlerin abgelaufen sind, wie er als Neuling auf dem Berliner Parkett maßgeblich mithalf, den gordischen Knoten zur Atomendlagersuche zu durchschlagen. Dem 14-Punkte-Katalog zur Energiewende hat der Grüne aus dem Südwesten ebenfalls seinen Stempel aufgedrückt, nur ein paar Wochen nach Amtsantritt. Daran erinnert er sich oft und gern: Als er den Termin mit Angela Merkel verließ, hat er zu sich selbst gesagt: »Winfried, schon dafür hat sich alles gelohnt.« Öffentlich gesagt hat er es erst viel später.

Die Art, wie sich der einzige grüne Regierungschef der Welt in die inzwischen vertraute Rolle fügt, sagt viel aus über sein Verhältnis zu sich selbst. Aber sie erklärt auch seine Ausstrahlung, seine Wirkung, wenn er auf einem Marktplatz aus dem Auto steigt, wenn er eine Bühne betritt oder endlich einmal wieder wandert auf der geliebten Schwäbischen Alb und dann doch geduldig für ein Selfie nach dem anderen zur Verfügung steht. Er versteht sich tatsächlich als Volksvertreter, er ist als Vertreter des Volks – mittendrin. »Land und Menschen zu dienen, dazu wird man in der Demokratie gewählt«, umreißt er sein Amtsverständnis und sagt das so, dass es bei weitem nicht so sehr nach Phrase klingt, wie es bei mindestens acht von zehn Berufspolitikern klingen würde. Anfangs hat er den inoffiziellen Titel des Landesvaters zurückgewiesen – manch anderer sähe sich am Ziel seiner Wünsche, wenn die Bürger und Bürgerinnen ihn so titulieren –, »weil mir das zu paternalistisch ist«. Aber dann sei ihm aufgegangen, dass die Menschen »gerade in Krisenzeiten einen Ministerpräsidenten brauchen, der Ruhe und Besonnenheit ausstrahlt«.

Im Herbst 2016 hat der eben erst wiedergewählte Ministerpräsident Anlass, sich mit dem Gedanken an einen Umzug von Laiz bei Sigmaringen nach Berlin zu befassen. Joachim Gauck will keine zweite Amtsperiode als Bundespräsident, Angela Merkel tut sich schwer, einen geeigneten Nachfolger in den eigenen Reihen zu finden – und hat einen begehrlichen Blick auf den kantigen Mann aus Oberschwaben geworfen. Ein Abendessen der beiden, über das sonst nichts nach außen dringt, dauert viel länger als vorgesehen. Trotzdem sagt Kretschmann wochenlang in jedes Mikrofon den Standardsatz: »Ich strebe dieses Amt nicht an.« Professionelle Beobachter und nicht nur sie schlussfolgern, dass er es nähme, wenn die Kanzlerin es ihm anböte. Manchmal verrät ihn seine Mimik. Ein Grüner im Schloss Bellevue, diese Chance kann sich die Partei nicht entgehen lassen – so oft wird es sie nicht geben. Und dass er »Präsident könnte«, wird allenfalls von Leuten bezweifelt, die ihn hassen als Stuttgart-21-Verräter, oder Grüne, die ihn nicht schätzen, weil er ihnen einfach zu oft mit Positionen der Partei über Kreuz liegt, und das auch noch mit einer provokanten Mischung aus Genuss und pädagogischem Eifer.

Die große Mehrheit der Deutschen sieht das so nicht. Bei einer Veranstaltung in Stuttgart-Feuerbach zu Zustand und Zukunft der Europäischen Union umringen ihn ein paar Zuhörer aus einer Alterskohorte, die für gewöhnlich nicht scharf ist auf Fotos mit Promis. »Wollen Sie Bundespräsident werden?«, fragt eine Frau. Kretschmann setzt zur Antwort an – und stutzt, weil er spontan erkennt, dass dies nicht der passende Moment ist für die abgenutzte Floskel von dem Amt, das er nicht anstrebt. »Ich möchte wirklich in Baden-Württemberg bleiben«, sagt er, und die Umstehenden strahlen. Der inzwischen 68-Jährige ist bestimmt nicht gänzlich frei von Eitelkeit. Aber Koketterie kann ihm nur andichten, wer ihn schlechtmachen will. Kretschmann, der Wanderer, VfB-Fan und Heimwerker, ist einfach zu bodenständig, ist außer Realo zu sehr Normalo. Demoskopen, Politikberatern, nicht zuletzt Journalisten gibt er immer neue Rätsel auf, weil er nicht in die üblichen Schubladen passt, in denen die Politiker sonst so vor sich hin leiden wegen dieser wuchernden Politikerverachtung.

Ein Fixpunkt für alle baden-württembergischen Regierungschefs seit Lothar Späth ist die wöchentliche Pressekonferenz im Landtag. Nicht der Medientross steigt wie noch zu Hans Filbingers Zeiten hoch hinauf in die Villa Reitzenstein, in der das Staatsministerium residiert. Der Ministerpräsident kommt hinunter in den Talkessel und stellt sich Dienstag für Dienstag einer bundesweiten Besonderheit, der völlig offenen Journalisten-Fragerunde. Die findet grundsätzlich zu Beginn statt, noch bevor er seine eigenen vorbereiteten Botschaften an Mann und Frau bringen kann. Und oft dauert sie deutlich länger. Oppositionspolitiker freuen sich, wenn Ministerpräsidenten »gegrillt« werden von den Medienleuten. Das war beim grünen Fraktionschef nicht anders, als der noch Kretschmann hieß. Aber noch alle Regierungschefs wollten die Stuttgarter Tradition abschaffen, irgendwie verändern oder zumindest nach hinten schieben und dadurch verkürzen. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Auch Kretschmann mag diese Einrichtung nicht und nennt sie »die Hölzchen-und-Stöckchen-Runde«. Er fügt sich schnell, seine Mitarbeiter verfallen auf die aberwitzige Idee, sie könnten Woche für Woche erahnen, welche mehr oder weniger unbequemen Fragen aufs Tapet kommen könnten. Das Ziel: den Chef präparieren mit Textbausteinen.

Wie das mit Ahnungen so ist, liegt sein ihn Dienstag für Dienstag begleitendes Team mal richtig und mal falsch. Anders als Kretschmann, der fast immer richtig liegt, wenn er frei von der Leber weg antwortet, anstatt Spickzettel vorzulesen, wenn er sich auf sich und auf seine Intuition verlässt. Er ist themensicher von Religionsfreiheit bis Elektromobilität, von Nationalismus bis zum Silicon Valley. Intuitiv agiert er so zum eigenen Wohl, er demonstriert seine Authentizität. Er agiert aber auch intuitiv zum Wohle Dritter, nicht als Regierungschef, sondern als Mensch. Bei der Stallwächter-­Party 2014 in Berlin feiert sein spröder SPD-Vize Nils Schmid in seinen 41. Geburtstag hinein, das Mitternachtsständchen droht peinlich lieblos zu verklingen. Kretschmann, den alles andere als ein inniges Verhältnis mit dem kühlen Sozialdemokraten verbindet, organisiert höchstpersönlich einen Kanon: »Viel Glück und viel Segen auf all deinen Wegen.« Und wieder ein paar Pluspunkte, diesmal auf der Berliner Bühne.

Einmal in der Zeit, in der er sich als Gauck-Nachfolger handeln ließ, bricht er sein Talkshow-Fasten. Diese Abstinenz hat er sich seit Amtsantritt 2011 auferlegt, auf Anraten jener Mitarbeiter, die ihn besonders gut kennen. Ohne ausreichend Zeit, seine Argumente zu entwickeln, ist Kretschmann nicht gut, der hektische Schlagabtausch, das gegenseitige Sich-Überschreien ist ihm ein Gräuel. Sandra Maischberger bringt ihn gar nicht erst in diese Lage und behandelt ihn als Super-Gast, fast in der Liga von Helmut Schmidt, Richard von Weizsäcker oder Angela Merkel: zu Beginn also ein Duett. Kretschmann lässt sich auf ein Entweder-oder-Frage-Spiel mit heiklen Bekenntnissen ein und entscheidet sich bei einem Vergleich zwischen Horst Seehofer und Thüringens MP Bodo Ramelow von der Linken zögernd für den Bayern. Eben den, der wenige Tage später endgültig mit dafür sorgen wird, dass Baden-Württembergs Ministerpräsident Baden-Württembergs Ministerpräsident bleibt und nicht Gauck-Nachfolger wird. Für eine Handvoll Einwürfe sind dann doch die Schauspielerin Maren Kroymann und der Journalist Jakob Augstein zugelassen. Der beschimpft die Grünen als »CDU light mit Insektenschutzprogramm«. Das regt Kretschmann noch wochenlang auf: »Das hat mich ziemlich angegriffen.« Insekten stehen in der Nahrungspyramide als scharfer Indikator dafür, was sich an unseren Lebensgrundlagen ändert: »Wenn die Zahl der Bienenvölker von 2,5 auf 1,5 Millionen zurückgeht, sind 80 Prozent unserer Wild- und Nutzpflanzen betroffen, denn die werden von ihnen bestäubt.«

Stammtischparolen hat er selten im Angebot, aber Aufreger fürs eigene Lager reichlich. Gegenwind stählt. Den hat er entfacht 2014 mit seiner ersten Zustimmung zur Ausweitung der Liste sicherer Herkunftsstaaten im Bundesrat. Damals, zurück in Stuttgart, fängt ihn eine Gruppe der Grünen Jugend vor dem Haus der Abgeordneten ab. Sein Naturell kommt ihm in der direkten Auseinandersetzung zugute, er wirkt wie Luther bei seinem Auftritt in Worms: »Hier stehe ich und kann nicht anders.« Als eine junge Frau lauter wird, hebt er seine Stimme: »Es geht um einen sehr fragilen gesellschaftlichen Konsens.« Die Youngster, die plötzlich verdutzt ins geziemenden Abstand erzeugende Sie verfallen, lenken inhaltlich nicht ein. Er auch nicht.

Wohlwollende nennen so etwas Prinzipientreue, ­andere, die die Grünen unter seiner Führung auf einem abschüssigen Pfad hin zu dieser »CDU light mit Insektenschutzprogramm« oder zu einer Art FDP mit Fahrrad und Genderstern sehen, beklagen die Veränderung, sogar den Verrat von Überzeugungen. »Der Kretschmann, bei dem ich anfing«, lässt sich in der Präsidentendebatte ein früherer SPD-Minister zitieren, der seinen Namen natürlich nicht publik gemacht sehen will, »ist nicht mehr der, bei dem ich aufgehört habe.« Wie denn auch. Er ist gealtert, gebeugter, es ist ihm öfter anzusehen, wie sehr er physisch am Limit operiert. Er ist beratungsresistenter als früher, aber er ist Kult. Der Status macht interessant. Schon lange vor dem Start in den Bundestagswahlkampf 2017 hagelt es Anfragen, ob der Schwabe nicht vorbeikommen könnte als Publikumsmagnet und Stimmensammler.

Und den Strippenziehern von der CDU, die jetzt mit ihm in einer Landesregierung sitzen (müssen), dämmert im Fingerhakeln des Regierungsalltags erst langsam, dass dem ungeliebten neuen Chef mit ihrer Methode kaum beizukommen ist. In den Koalitionsverhandlungen haben die Schwarzen schmerzliche Zugeständnisse gemacht, in der Bildungs-, in der Gesellschaftspolitik, bei Stuttgart 21, einem Vorhaben, bei dem in den nächsten Jahren sich mit Sicherheit noch Finanzlöcher auftun werden. Sie müssen sogar schlucken, dass der in fünf Oppositionsjahren als grüner Gottseibeiuns geächtete Winfried Hermann Verkehrsminister geblieben ist. Noch ein Tiefschlag ist die erste Umfrage nach dem historischen Absturz. Die Grünen steigen weiter in der Wählergunst, während die Schwarzen erneut an Zustimmung verlieren.

Demoskopen haben längst erhoben, was die Figur Kretschmann auf die Waagschale bringt: gut und gern zehn Prozentpunkte. Also träumten auch CDU-Vize Strobl und die Seinen kurz den Traum vom Bundespräsidenten Kretschmann. Denn dann hätte aus grün-schwarz schwarz-grün werden können durch eine gezielte Provokation und ein Platzenlassen der Regierung vor Ablauf der Legislaturperiode. Aus der Traum. Stattdessen will Kretschmann, sagt er, jetzt weitermachen, mindestens bis 2021. »Wenn Gott mir die Gesundheit schenkt«, fügt er schon einmal hinzu – wie passend – bei seiner Rom-Reise zum Papst. Aber das erscheint dann sogar ihm selber zu fremdbestimmt. Deshalb versucht er dem Schicksal nachzuhelfen – mit »dosiertem Alkoholverzicht« und dem Vorsatz, endlich mehr Sport zu treiben. Platz dafür hat er in seinem Tagesablauf nicht. Und er wird wohl auch keinen Weg finden, ihn sich zu schaffen.

– 3 –Mensch Kretsch

Private Sphäre und öffentliches Interesse

Im Herbst 1983 lädt Lothar Späth als Präsident des Bundes­rats die Ministerpräsidentenkollegen zum festlichen Empfang. Nicht irgendwohin, sondern ins Residenzschloss Ludwigsburg. Die Kristalllüster strahlen, die Gäste auch. Alle kommen: Franz Josef Strauß aus München, Johannes Rau aus Düsseldorf, Bernhard Vogel aus Mainz, Richard von Weizsäcker aus Berlin. Und die Kretschmanns aus Leinfelden-Echterdingen. Winfried Kretschmann ist Sprecher der Grünen-Gruppe im Landtag und ohne Berührungsängste. Auf Einladungen des Landes, das war damals und noch lange so üblich in Baden-Württemberg, steht nur die Kleiderordnung für Männer. Gerlinde macht’s dennoch richtig: schicker Rock und passendes Oberteil. Nach dem Essen kommen die beiden Musikliebhaber Winfried und Gerlinde auf ihre Kosten: Im Schlosstheater dirigiert Wolfgang Gönnen­wein Mozart, den Carl Eugen von Württemberg anno 1763 zwei Tage in Ludwigsburg hatte warten lassen: nicht wichtig genug.

Lothar Späth, der Baden-Württemberg in Wirtschaft und Kunst, Forschung und Wissenschaft an die Spitze aller Bundesländer zu führen gedachte, hatte gerade ein Monatsgehalt darauf verwettet, er werde mit grüner Politik die Grünen wieder aus dem Landtag verschwinden lassen. Wenn überhaupt hat der oft als »Cleverle« Beschriebene erst nach dem Machtverlust 2011 für seine CDU verstanden, was in und hinter dieser Partei steckte, und dass flotte Sprüche und eine Handvoll nachhaltiger Entscheidungen nicht ausreichen konnten, die Neuen überflüssig zu machen. Immerhin durfte Späth für sich in Anspruch nehmen, Kretschmann und den fünf anderen aus der ersten Fraktion der Grünen stets vergleichsweise respektvoll begegnet zu sein, als Beleg für die eigene Weltoffenheit, sozusagen. Selbstverständlich war das zu dieser Zeit keineswegs.