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Wir befinden uns auf dem Weg von der Vorprogrammierung zur Selbststeuerung. Der futuristische Roman „Brave New World“ des Schriftstellers Aldous Huxley aus dem Jahr 1932 ist fast 100 Jahre später zur Realität geworden. Der Mensch versucht das genetische Zepter in die Hand zu nehmen, um sich selbst nach seinem eigenen Willen zu formen. Mithilfe der Technik können die Menschen nicht nur ihre Umwelt, sondern zunehmend auch sich selbst gestalten. Im Fokus steht dabei die Frage, wie und ob das Wissen über neue Technologien dazu dienen soll, den Menschen ein ‚besseres’ Leben zu ermöglichen. Inwiefern geht mit der Verwendung der Gentechnik eine Verbesserung des Lebens einher und mit welchem Maßstab wird hier das ‚gute Leben‘ gemessen? Gesündere, intelligentere und leistungsstärkere Menschen könnten das Resultat der Genmodifikation sein. Der ‚Technisierung‘ des Gehirns steht nichts mehr im Wege. Warum sollten solche positiven Entwicklungen keine Unterstützung von der Gesellschaft erfahren? Da diese angenommenen Verbesserungen nicht nur das Individuum auf physischer oder psychischer Ebene betreffen, sondern „das Verständnis dessen, was es heißt, Mensch, Person oder Träger moralischer Rechte und Pflichten zu sein“, infrage stellen, haben wir es mit einer Debatte zu tun, in deren Zentrum die Frage steht, ob es fortschrittlich oder moralisch verwerflich ist, in das Genom des Menschen einzugreifen. Sind die Konsequenzen für die nachfolgende Generation tragbar? Aus dem Inhalt: - Enhancement; - Genmanipulation; - Pränataldiagnostik; - Klonen; - Designer Babies
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Seitenzahl: 113
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Inhaltsverzeichnis
Einleitung
2 Der ‚Enhancement-Begriff‘
2.1 Inhaltliche Bedeutung des Begriffs ‚Enhancement‘
2.2 Historische Verbindung zwischen Enhancement und Eugenik
2.3 Gründe für die Nutzung der Genmanipulation
3 Biologische Grundlagen
3.1 Gene und ihre Funktion
3.2 Genmanipulation an Stammzellen
4 Medizinische Möglichkeiten des ‚Human Enhancement‘ und ihre moralische Bewertung
4.1 Pränataldiagnostik
4.2 Präimplantationsdiagnostik
4.3 Keimbahntherapie
4.4 Three-Parent Babies
4.5 CRISPR/Cas9
4.6 Klonen
5 Gesetzliche Grundlagen
5.1 Grundgesetz
5.2 Stammzellgesetz
5.3 Embryonenschutzgesetz
5.4 Deutschland und Großbritannien im Vergleich
6 Designer Babies – Fluch oder Segen?
6.1 Genmodifikation – Ein Fortschritt der Wissenschaft
6.1.1 Folgen der Genmanipulation I: Julian Savulescu
6.1.2 Genmanipulation der Zukunft I: Julian Savulescu
6.2 Designer Babies – Ein irreversibler Eingriff
6.2.1 Folgen der Genmanipulation II: Michael Sandel
6.2.2 Genmanipulation der Zukunft II: Michael Sandel
6.3 Ethische Abwägung der Positionen – Savulescu vs. Sandel
7 Individuelle und Gesellschaftliche Auswirkungen von Designer Babies
7.1 Soziale Ungerechtigkeit
7.2 Identitäts- und Diversitätsverlust
7.3 Einbuße von Autonomie
7.4 Verlust der Natürlichkeit
8 Fazit: Genetische Arbeit am Selbst
9. Literaturverzeichnis
“One egg, one embryo, one adult – normality. But a bokanovskified egg will bud, will profilerate, will divide. From eight to ninety-six buds, and every bud will grow into a perfectly formed embryo, and every embryo into a full-sized adult. Making ninety-six human beings grow where only one grew before. Progress.”[1]
Wir befinden uns auf dem Weg von der Vorprogrammierung zur Selbststeuerung. Der futuristische Roman Brave New World des Schriftsteller Aldous Huxley aus dem Jahr 1932 ist fast 100 Jahre später zur Realität geworden. Der Mensch versucht das genetische Zepter in die Hand zu nehmen, um sich selbst nach seinem eigenen Willen zu formen. Mithilfe der Technik können die Menschen nicht nur ihre Umwelt, sondern zunehmend sich selbst gestalten. Das Zitat bringt die heutige Position der Wissenschaftler, die das Fortschreiten der Technik und damit die Genmodifikation des Menschen befürworten, auf den Punkt. Im Fokus steht dabei die Frage, wie und ob das Wissen über neue Technologien dazu dienen soll, den Menschen ein ‘besseres’ Leben zu ermöglichen. Inwiefern geht mit der Verwendung der Gentechnik eine Verbesserung des Lebens einher und mit welchem Maßstab wird hier das ‚gute Leben‘ gemessen?
Gesündere, intelligentere und leistungsstärkere Menschen könnten das Resultat der Genmodifikation sein. Der ‚Technisierung‘ des Gehirns steht nichts mehr im Wege. Warum sollten solche positiven Entwicklungen keine Unterstützung von der Gesellschaft erfahren? Da diese angenommenen Verbesserungen nicht nur das Individuum auf physischer oder psychischer Ebene betreffen, sondern“das Verständnis dessen, was es heißt, Mensch, Person oder Träger moralischer Rechte und Pflichten zu sein”,[2]infrage stellen, haben wir es mit einer Forschungdebatte zu tun, die sich mit der Frage beschäftigt, ob es fortschrittlich oder moralisch verwerflich ist in das Genom des Menschen einzugreifen; und ob die Konsequenzen für die nachfolgende Generation tragbar sind.
Um diese Aspekte der aktuellen Forschungsdebatte zu beleuchten und um die Frage zu beantworten, welche biotechnologischen Möglichkeiten zur Kreation von Designer Babies existieren und wie diese moralisch zu bewerten sind, werden zunächst die medizinischen Möglichkeiten und die gesetzlichen Gegebenheiten in Deutschland bzw. Europa berücksichtigt. Nach einer kurzen Einführung in die biologischen Grundlagen der Gene und ihrer Manipulation werden die gesetzlichen Rahmenbedingungen zwischen Deutschland und Großbritannien miteinander verglichen, um verschiedene Weisen des Umgangs mit den neuen biotechnologischen Möglichkeiten aufzuzeigen. Es folgt eine Gegenüberstellung der Standpunkte der Philosophen Julian Savulescu, der den Fortschritt der Technik begrüßt, und Michael Sandel, der sich gegen Designer Babies ausspricht. Zum Schluss werden die aus diesen konträren Positionen resultierenden Folgen der Kreation von Designer Babies bewertet, um einen Beitrag zur Beantwortung der Frage zu leisten, ob Genmodifikationen beim Menschen legalisiert oder verboten werden sollten.
Grundlage dieser Arbeit sind u. a. die Aufsätze von Julian Savulescu aus der Aufsatzsammlung Enhancing Human Capacities und verschiedene Aufsätze aus dem Journal Bioethics, beispielswese Procreative Beneficience: Why We Should Select the Best Children. Außerdem die Monographien von Michael SandelThe Case against Perfection und Moral und Politik. Gedanken zu einer gerechteren Gesellschaft. Zur intensiveren Beleuchtung der philosophischen Auseinandersetzung sind Beiträge von den Philosophen Jürgen Habermas und Bernward Gesang herangezogen worden. Um das Thema in einem größeren Kontext zu fassen, wurden sowohl naturwissenschaftliche Studien über die Gentherapie von Erbkrankheiten des Biomediziners Hansjakob Müller und eine rechtlich-ethische Betrachtung des Eingriffs in die Keimbahn von Dietrich Wagner, als auch das Stammzellengesetz, das Embryonenschutzgesetz und das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland berücksichtigt worden.
Aufgrund der Aktualität der Debatte der Genmodifikation, die seit der Entdeckung von CRISPR/Cas 9[3] im Jahr 2014, für einen weiteren Aufschrei in der Gesellschaft sorgte,
seither viele verschiedene Wissenschaftler, Journalisten etc darüber spekulieren, welche Folgen ein Eingriff in das Erbgut haben könnte, kommt der Thematik eine besondere Relevanz zu. Da bereits die Definition des ‚Enhancement-Begriffs‘ eine Herausforderung darstellt, wird dieser zu Beginn der Arbeit diskutiert.
Wörtlich übersetzt bedeutet der Begriff ‚Enhancement‘ soviel wie „Verbesserung“ oder „Steigerung“[4]. Im Gegensatz zur Therapie wird der Begriff ‚Enhancement‘ zur Bezeichnung von Optimierung verwendet. Eingriffe die unter ‚Enhancement‘ fallen sind nicht notwendige Veränderung zu denen ein Arzt nicht verpflichtet ist und deren Absicht außerhalb medizinischer Ziele liegt.[5] Aufgrund der Problematik, dass sich ein Vorgehen im therapeutischen Sinne von ‚Enhancement‘ nicht immer vollständig abgrenzen lässt, muss ein genaueres Verständnis für den Begriff, sowohl auf inhaltlicher als auch auf historischer Ebene, geschaffen werden. Außerdem sollen die Gründe für das Streben nach ‚Enhancement‘ beleuchtet werden.
Aufgrund neuer biotechnologischer Möglichkeiten sind Menschen dazu in der Lage, ihre Umwelt, aber auch sich selbst, immer präziser nach eigenen Vorstellungen zugestalten. Die Möglichkeit, in den Alterungsprozess einzugreifen, durch psychopharmazeutische Stimmungsaufheller und kognitive Leistungssteigerung, Technisierung des Gehirns oder sogar durch Hinzufügen fehlender Sinne den Menschen zu ‚optimieren‘, ist zunehmend gegeben. Diese Interventionen, die eine Veränderung des menschlichen Lebens mit sich bringen, werden als ‚Human Enhancement‘ – Verbesserung des Menschen – bezeichnet.[6]
Im Gegensatz zur Therapie werden Eingriffe, die unter den Begriff ‚Enhancement‘ fallen, als nicht notwendige Veränderungen betrachtet. Ein Arzt ist demnach nicht dazu verpflichtet, einen Menschen nach Kriterien ästhetischer oder biogenetischer Optimierung zu operieren. Seine Absicht liegt außerhalb medizinischer Ziele. Grundsätzlich lässt sich der Begriff 'Human Enhancement‘ auf alle Bereiche des Lebens anwenden. Er beschreibt die Verbesserung der Lebenssituation eines Menschen durch körperliche oder geistige Veränderung. Eine Verbesserung kann auf verschiedenen Ebenen erzielt werden. Das Tragen einer Brille kann bereits als ‚Enhancement‘ verstanden werden, da dies eine Verbesserung der Sehkraft und dementsprechend der Lebenssituation des betreffenden Menschen beinhaltet. Auch Kaffee trinken und somit die Einnahme von Koffein ist eine Art Optimierung – wenn auch nur eine kurzweilige. Sie unterdrückt die natürliche Müdigkeit des Körpers und ermöglicht eine längere Wachphase. Jegliche Tabletteneinnahme, ob gegen Kopfschmerzen oder zum Beispiel die Einnahme von Blutverdünner, die das Risiko eines Herzinfarkts vorbeugen, zählen ebenso zu dem Begriff ‚Enhancement‘. Außerdem zählen alle Veränderungen, die durch Operationen oder Medikamente am Menschen vorgenommen werden, zu seiner Verbesserung – seien es Schrauben in Gelenken, künstliche Herzklappen oder das Anbringen von Cochlea-Implantaten. Solche Eingriffe verändern die natürlichen Funktionen des Menschen und greifen in die Natürlichkeit der Menschen ein. Das macht deutlich, dass jede Hilfe, die ein Mensch durch Technik oder Medizin erfährt, bereits zu ‚Enhancement‘ zählt.[7]
Eine Differenzierung zwischen den einzelnen Maßnahmen des ‚Enhancements‘ kann durch die Frage, was optimiert werden soll, erfolgen. Bei der Steigerung des natürlichen menschlichen Potentials bezieht sich ‚Enhancement‘ auf die Verbesserung der körperlich gegebenen Ausstattung des Individuums: “Human enhancement consists of a range of biomedical technologies that all promise to improve specific aspects of human functioning or the human body”.[8] Die physische Leistungssteigerung geschieht beispielsweise durch die Einnahme von Dopingmitteln beim Leistungssport oder die Schönheitschirurgie (physical enhancement). Die Medikation von Ritalin bei Menschen ohne Aufmerksamkeitsdefizitstörung erhöht angeblich die Leistung des Gedächtnisses und zählt zum intellectual enhancement. Die Einnahme von stimmungsaufhellenden Mitteln, wie beispielsweise Antidepressiva, verbessert das psychische Befinden und gehört zu den Mitteln des neuro enhancement. Außerdem gehört auch die Einflussnahme auf bestimmte Verhaltensweisen zum ‚Enhancement‘. Bei einer Veränderung des Verhaltens zum Positiven ist von moral enhancement die Rede.[9]
Das unterschiedliche Verständnis vom ‚perfekten Menschen‘ wirft die Frage auf, wann und in welchen Fällen es notwendig erscheint, eine Verbesserung vorzunehmen. Die Problematik des Begriffs ergibt sich daraus, dass es keine klare Abgrenzung zur Therapie gibt. Der Philosoph Bernward Gesang vertritt die Meinung, dass alles, was nicht ‚natürlich‘ ist, unter ‚Enhancement‘ fällt.[10]Er sagt weiter, „dass unter ‚Enhancement‘ Eingriffe in den gesunden Körper verstanden werden sollen, die unternommen werden, um Menschen zu verbessern. Begrenzt man den Begriff nicht auf Eingriffe in den Körper, wird er zu weit. Man könnte auch Sonnenbrillen, Staubsauger und letztlich jede Technik als ‚Enhancement‘ bezeichnen, ohne die spezifischen Probleme, die das Phänomen spannend machen, in den Blick zu bekommen.“[11] Des Weiteren gilt zu berücksichtigen, dass die Vorstellungen von der Verbesserung eines Menschen je nach Land und Kulturkreis variieren. Es gibt keine universelle Vorstellung vom perfekten Menschen mit den gewünschten Charakteristika oder Äußerlichkeiten. Schönheitsideale etwa sind nicht nur historisch wandelbar, sondern auch kulturell divergent.
Eines der größten Probleme des ‚Enhancement-Begriffs‘ und seiner Anwendung ist die fehlende Unterscheidung zwischen einer medizinischen Behandlung und einer Verbesserung, die über den Heilungsprozess hinausgeht und damit den Menschen optimiert. “Dem allgemeinen Sprachgebrauch zufolge handelt es sich bei ‚Enhancement‘ um die Verstärkung einer Eigenschaft in qualitativer oder quantitativer Hinsicht.“[12]Julian Savulescu beschreibt dafür folgendes Beispiel: Die Korrektur eines niedrigen IQs könnte als therapeutisch angesehen werden; jedoch ist die Person auch ohne diesen Eingriff in der Lage, ein normales Leben zu führen. Sie ist demnach nicht auf die Steigerung normierter ‚Intelligenz‘ angewiesen.[13] „Die Therapie beschränkt sich darauf, den Menschen zu einer durchschnittlichen Funktionsfähigkeit zu bringen und nicht darüber hinaus. Die Verbesserung hingegen kennt keine Grenzen.“[14] Kosmetische Eingriffe sind ähnlich zu bewerten wie das vorangegangene Beispiel. Körperliche Entstellungen nach einem Unfall zu korrigieren, gelten als therapeutische Eingriffe. Denn die Entstellungen können psychische Probleme bei der betroffenen Person hervorrufen. Erfolgt jedoch dadurch eine zusätzliche Korrektur eines bereits vor dem Unfall vorhandenen Schönheitsfehlers, wie z.B. eine krumme Nase, kann der Eingriff als ‚Enhancement‘ betrachtet werden.[15]
Definiert man ‚Enhancement‘ mithilfe des Wohlfahrtsgedankens wird klar, dass jede Veränderung, ob psychisch oder physisch, die zu einer Verbesserung des Lebens führt, als gut klassifiziert werden kann Damit wäre auch der Unterschied zwischen der Korrektur einer Benachteiligung bzw. der Heilung einer Krankheit einerseits und dem Eingriff in die natürlichen Grundlagen eines Menschen zum Zwecke seiner Überhöhung (Heiligmachung) aufgehoben. Dann zählte jede Verbesserung des IQ zum ‚Enhancement‘. Solange eine medizinische Veränderung zu einer psychischen oder physischen Heilung führt, sollte laut Savulescu ‚Enhancement‘ durchgeführt werden. Führt das jedoch zu einer Verschlechterung des Lebens eines Menschen, obwohl seine wie auch immer geartete Verbesserung ursprüngliches Ziel war, wird dies von ihm nicht mehr als ‚Enhancement‘ angesehen.[16] “[A]lthough some treatment is an enhancement […], it might nevertheless be bad overall, because its employment in the current social context will lead to far greater injustice.”[17]
‚Enhancement‘ lässt sich auf drei Ebenen durchführen; durch einen genetischen Eingriff, durch die Verabreichung von Medikamenten oder durch eine chirurgische Intervention. Im Falle des genetischen Eingriffs unterscheidet sich das Ausmaß der Folgen der Manipulation je nach Zellart. Es können sowohl Soma- als auch Keimzellen manipuliert werden. Zu den Keimzellen zählen Samen- und Eizellen. Mit der Veränderung der Keimzellen erfolgt eine langfristige Veränderung für die darauffolgenden Generationen. Die genetische Veränderung der Somazellen, dazu gehören jene Zellen, die das restliche Körpergewebe umfassen, ist zwar irreversibel für die betroffene Person, die genveränderten Zellen werden jedoch nicht weitervererbt und wirken sich deshalb nicht auf die nachfolgenden Generationen aus.[18] Die Modifizierung von Somazellen hat bisher zu großen Durchbrüchen in der Forschung gegen Krankheiten wie Krebs oder der Bluterkrankheit geführt.
Als Eugenik (griechisch eũ: gut, schön, wohl; griechisch génesis: Zeugung, Schöpfung, Entstehung) wird die Absicht bezeichnet, die genetische Ausstattung der Menschen zu verbessern. Der Begriff Eugenik wurde 1883 von Sir Francis Galton, dem Cousin von Charles Darwin, im Rahmen seiner statistischen Untersuchungen zur genetischen Vererbung geprägt. [19] Er war der Meinung, dass Talente und Charakter vererbt werden. Die Vorstellung etwa, dass Intellektuelle nur untereinander heiraten sollten, verfolgte laut Sandel das Ziel, “a highly gifted race of men”[20] zu produzieren. “[Galton] called for eugenics to be ’introduced into the national conscience, like a new religion,’ encouraging the talented to choose their mates with eugenic aims in mind.”[21]
Überdies wurden in den USA durch die American Eugenics Society auf Volksfesten die sogenannten ‘Fitter Families’ gekürt. Die Feste wurden genutzt, um mehr über die Gesundheit der Menschen zu erfahren und sie für die Preisgabe ihrer gesundheitlichen Daten zu belohnen. Für gewöhnlich musste dazu jedes Familienmitglied psychologische und physiologische Tests von Ärzten durchführen lassen. Die Bewertung erfolgte mithilfe einer Notenskala, die am Ende dazu verhalf, die ‚gesündeste Familie‘ zu küren. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts radikalisierte sich die eugenische Bewegung in den USA, sodass Menschen mit “undesirable genes” einer Sterilisierung unterzogen wurden, um die Weitergabe von Gendefekten und schlechten Genen an nachfolgende Generationen zu vermeiden. [22] Im Jahr 1907 setzte Indiana als erster Bundesstaat der USA das Gesetz um, dass eine Zwangssterilisation für sozial Schwache, Gefangene und für Menschen mit geistiger Behinderung vorsah. Insgesamt wurde das Gesetz von 29 weiteren Staaten eingeführt. Daraufhin wurden mehr als 60.000 als ‘fehlerhaft’ bezeichnete Amerikaner sterilisiert.[23]