Die Berghebamme – Hoffnung der Frauen - Linda Winterberg - E-Book
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Die Berghebamme – Hoffnung der Frauen E-Book

Linda Winterberg

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Beschreibung

Die Hebamme einer neuen Zeit.

Oberbayern, 1893: Maria kehrt auf Bitten ihres Jugendfreundes Max in ihr Heimatdorf zurück, um die Nachfolge der Berghebamme Alma anzutreten. Doch hier ist Maria als »Bankert« geächtet, und Alma weigert sich standhaft, für die junge, moderne Hebamme das Feld zu räumen. Gleichzeitig muss Maria nicht nur gegen das Kindbettfieber ankämpfen, das immer mehr Frauen das Leben kostet, sondern auch gegen ihre aufflammenden Gefühle für Max. Denn der ist verheiratet, und bei der Schwangerschaft seiner Frau kommt es immer wieder zu Komplikationen …

Eine berührende Geschichte über Tradition, Mut und über den Zusammenhalt der Frauen.


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Über das Buch

Als Maria einen Brief von ihrem Jugendfreund Max erhält, in dem er sie bittet, zurück nach Brannenburg zu kommen, um dort als Hebamme zu arbeiten, ist Maria hin und her gerissen. Schließlich war sie als uneheliches Waisenkind in ihrem Heimatdorf mehr geduldet als willkommen und hat somit nicht nur gute Erinnerungen an das oberbayerische Idyll. Gleichzeitig sieht sie es als ihre Pflicht an, den schwangeren Frauen zu helfen, die durch die altmodischen Praktiken der ansässigen Hebamme Alma zum Teil tödlich erkranken. Und da ist noch Max. Ihr bester Freund aus Kindertagen ist mittlerweile ein selbstbewusster und attraktiver Mann, der mit seiner Frau sein erstes Kind erwartet. Maria weiß, dass es falsch ist, sich zu einem verheirateten Mann hingezogen zu fühlen. Und doch beginnt ihr Herz jedes Mal schneller zu klopfen, wenn sie ihn sieht. Max scheint es ähnlich zu gehen.

Über Linda Winterberg

Hinter LINDA WINTERBERG verbirgt sich Nicole Steyer, eine erfolgreiche Autorin historischer Romane. Sie lebt mit ihrem Mann und ihren zwei Töchtern im Taunus.

Im Aufbau Taschenbuch und bei Rütten & Loening liegen von ihr zahlreiche Romane vor, darunter die Berliner Hebammen-Saga mit den Titeln »Jahre der Veränderung«, »Aufbruch in ein neues Leben«, »Schicksalhafte Zeiten« und »Ein neuer Anfang«. Nach dem großen Erfolg dieser Reihe widmet sich die Autorin nun ihrem Herzensprojekt: eine Hebammengeschichte aus ihrer eigenen Heimat zu erzählen.

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Linda Winterberg

Die Berghebamme – Hoffnung der Frauen

Roman

Übersicht

Cover

Titel

Inhaltsverzeichnis

Impressum

Inhaltsverzeichnis

Titelinformationen

Informationen zum Buch

Newsletter

1. Kapitel — 10. März 1893

2. Kapitel — 12. März 1893

3. Kapitel — 21. März 1893

4. Kapitel — 4. April 1893

5. Kapitel — 15. April 1893

6. Kapitel — 18. April 1893

7. Kapitel — Am selben Tag

8. Kapitel — 23. April 1893

9. Kapitel — 1. Mai 1893

10. Kapitel — 4. Mai 1893

11. Kapitel — 2. Juni 1893

12. Kapitel — 9. Juni 1893

13. Kapitel — 21. Juni 1893

14. Kapitel — 2. Juli 1893

15. Kapitel — 9. Juli 1893

16. Kapitel — 18. Juli 1893

17. Kapitel — 25. Juli 1893

18. Kapitel — 31. Juli 1893

19. Kapitel — 4. August 1893

20. Kapitel — 8. August 1893

21. Kapitel — 14. September 1893

22. Kapitel — 21. September 1893

23. Kapitel — 27. September 1893

24. Kapitel — 28. September 1893

25. Kapitel — 30. September 1893

26. Kapitel — 10. Oktober 1893

27. Kapitel — 12. Oktober 1893

28. Kapitel — 14. Oktober 1893

29. Kapitel — 16. Oktober 1893

30. Kapitel — 17. Oktober 1893

31. Kapitel — 19. Oktober 1893

32. Kapitel — Am selben Tag

33. Kapitel — 7. Dezember 1893

34. Kapitel — 24. Dezember 1893

Nachwort

Dank

Impressum

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1. Kapitel

10. März 1893

Maria verließ als Letzte den Hörsaal. Sie blieb auf dem Flur am Fenster stehen und blickte auf die Sonnenstraße hinaus, auf der an diesem trüben und kalten Nachmittag nur wenig Betrieb herrschte. Eine einsame Kutsche fuhr vorüber, und zwei Frauen in schwarzen Wintermänteln stapften auf der gegenüberliegenden Straßenseite unter Schirmen durch den Schnee. Am Vormittag war der Himmel über München noch wolkenlos gewesen, und helle Sonnenstrahlen hatten die Räume und Flure der Gebäranstalt in warmes, freundliches Licht getaucht. Doch um die Mittagszeit hatte es sich zugezogen, und jetzt schneite es kräftig.

Normalerweise mochte Maria das winterliche Schauspiel und konnte gar nicht genug davon bekommen, den Flocken beim Fallen zuzusehen, doch langsam sehnte sie sich nach wärmeren und helleren Tagen. Der Frühling ließ mal wieder auf sich warten. In der Stadt fühlte sich dieser zudem ganz anders und bei Weitem nicht so herrlich an, wie in dem Ort ihrer Kindheit: Brannenburg, einem ländlichen Idyll, das sie an so manchen Tagen schmerzlich vermisste. Obwohl das doch eigentlich seltsam war, schließlich war sie von den Einwohnern des von hohen Bergen umgebenen Dorfes am grünen Inn als Findelkind nie anerkannt worden.

Vor den Toren der Kirche St. Margarethen vor zwanzig Jahren als Neugeborenes abgelegt, hatte sie Glück gehabt, an diesem kalten Winterabend von der Frau des Messners rasch entdeckt worden zu sein, sonst wäre sie erfroren. Wer ihre Mutter war, wusste niemand. Sie war in einem Findelhaus aufgewachsen, gut behütet von ihrer liebsten Gertie, einer früh verwitweten Bauersfrau mit dem Herzen am rechten Fleck, die sie mit Liebe überschüttet, jedoch nie verzärtelt hatte.

Gute Menschen sollt ihr werden, hatte sie immer betont. Gütig und hilfsbereit sollt ihr sein, keusch und reinlich, fleißig und wissbegierig. Dann würde der Herrgott es schon richten.

Was Gertie wohl dazu sagen würde, dass sie heute in München war und eine Ausbildung zur Hebamme machte? Vermutlich würde sie diesen Entschluss nicht gutheißen, denn ein anständiges, unverheiratetes Mädchen übte einen solchen Beruf nicht aus und hatte nichts übers Kinderkriegen zu wissen. Es hatte sittsam zu bleiben und sollte sich bloß nicht ins Unglück stürzen.

Maria hatte nie verstanden, weshalb die Geburt eines Kindes nicht sittsam sein sollte und weshalb sie den Beruf der Hebamme als ledige Frau nicht ausüben durfte. Die Ankunft eines kleinen Menschen wurde doch meist als freudiges Ereignis gefeiert und besonders die Geburt eines Buben von den Mannsbildern im Dorf beim Wirt ordentlich begossen. Einmal hatte Maria Mäuslein gespielt und, am Fenster stehend, neugierig dabei zugesehen, wie ein Kind zur Welt gekommen war. Bedauerlicherweise hatte sie von ihrem Beobachtungsposten aus nicht alles sehen können, aber das war nicht so schlimm gewesen. Als das kleine Menschlein, ein Mädchen, seinen ersten Schrei getan hatte, waren ihr Tränen der Rührung über die Wangen gelaufen. Der Wunsch, eines Tages eine richtige Hebamme zu sein, war geboren und hatte sich nicht mehr vertreiben lassen, Sittsamkeit hin oder her. Und dass es mit dieser oftmals nicht weit her war, wusste Maria inzwischen nur zu gut.

Heute war sie tagtäglich von dem vermeintlichen Unglück umgeben, das die Gertie stets von ihr hatte fernhalten wollen. Von den Sünderinnen, den gefallenen Frauen, für die sie, im Gegensatz zu manch anderer ihrer Kommilitoninnen, Mitleid empfand.

Die Münchner Frauengebäranstalt in der Sonnenstraße war einer von drei Ausbildungsorten in Bayern für Hebammen. Hier lernten die Berufsanfängerinnen unter fachmännischer Anleitung von Hebammen und Ärzten ihr Handwerk an in Not geratenen Frauen, die in dem roten Backsteingebäude Zuflucht und Hilfe suchten und sie auch bekamen. Dafür mussten sie sich als Lehrkörper zur Verfügung stellen, woran Maria allerdings nichts Schändliches fand. Es gab bei den aufgenommenen Frauen jedoch Unterschiede: Zahlende Patientinnen erhielte eine bedeutend bessere Behandlung, hochwertigere Kost, gerne ein Einzelzimmer, und diese meist aus wohlhabenden Häusern stammenden Frauen wurden selbstverständlich nicht für Lehrzwecke benutzt.

Nachdem sie ihr Kind in der Anstalt im Geheimen zur Welt gebracht hatten, war ihre Ehre wieder hergestellt, und sie konnten verheiratet werden. Ihre Kleinen blieben zurück, wurden in Pflegestellen vermittelt, die »Frucht des Übels« würde niemals die Liebe und Zärtlichkeit einer richtigen Mutter kennenlernen.

Maria wusste nur zu gut, wie sich das anfühlte. Wie es war, mit dem Gedanken leben zu müssen, ungewollt zu sein. Als Kind hatte sie oft geträumt, ihre Mutter würde kommen und sie zu sich holen, würde sie fest an sich drücken und ihr sagen, dass sie sie liebte. Sie war in ihrer Vorstellung wunderschön gewesen und hatte ein hellblaues Kleid aus einem schimmernden Stoff getragen. In späteren Jahren hatte Maria oftmals vor dem Spiegel gestanden und sich gefragt, ob sie ihr ähnelte. Hatte sie ihre kastanienbraunen Locken und ihre grauen Augen von der Mutter geerbt oder vielleicht doch vom Vater? Solche Fragen würden für immer unbeantwortet bleiben.

Marias Blick blieb an einer jungen Frau hängen, die sich dem Haupteingang der Gebäranstalt mit einem Koffer in der Hand näherte. Schnee lag auf ihrem dunklen Mantel und ihrem Hut, und sie bewegte sich in dem üblichen Watschelgang einer schwangeren Frau. Sie tappte durch das geöffnete schmiedeeiserene Tor und verschwand aus Marias Blickfeld.

»Da steht sie am Fenster und träumt mal wieder vor sich hin«, riss eine vertraute Stimme Maria aus ihren Gedanken, und sie wandte sich um. Vor ihr stand ihre Kommilitonin Auguste. Die rundliche, junge Frau mit dem blonden Schopf hatte am selben Tag wie Maria die Ausbildung begonnen, und die beiden hatten sich vom ersten Augenblick an gut verstanden. Auguste war ein echtes Münchner Kindl. Aufgewachsen als vierte Tochter eines Metzgers, war es mit ihrer Mitgift nach dem Tod des Vaters nicht weit her gewesen, weshalb sie nach der Beendigung der Volksschule gleich in Stellung hatte gehen müssen. Doch die Arbeit als Dienstmädchen hatte ihr nicht gelegen, weshalb sie sich zur Hebammenausbildung angemeldet hatte. Der Anblick von Blut machte ihr nichts aus, und anpacken konnte sie auch, was in ihrem Beruf durchaus von Vorteil war. An ihrem Feingefühl musste Auguste allerdings noch etwas arbeiten. Da kam dann doch hin und wieder die derbe Art der Metzgerstochter durch. Gebärende Mütter sind keine Schweinehälften, war sie neulich mal wieder von der Oberhebamme ermahnt worden, was bei den Hebammenschülerinnen zu großem Gelächter geführt hatte.

»Und eine schief sitzende Haube hast du auch«, merkte Auguste an und rollte die Augen. »Lass das mal nicht die Schmiedhammer sehen. Sonst musst du die letzten beiden Wochen deiner Ausbildung nur noch Bettpfannen leeren.«

Sogleich griff sich Maria an ihre Haube und sorgte durch ihr Tun dafür, dass sie endgültig in ihren Nacken rutschte. »Dieses dumme Ding aber auch«, schimpfte sie. »Es will nie richtig halten.« Sie nahm die Haube ab, und Auguste tat ihr den Gefallen, sie wieder an Ort und Stelle zu befestigen.

»So, jetzt ist es ordentlich«, sagte sie, nachdem sie ihr Werk vollendet hatte. »Nun sollten wir uns aber beeilen. Wir haben in der Aufnahme Dienst, und wenn wir nicht in fünf Minuten unten sind, dann leeren wir trotz richtig sitzender Hauben Bettpfannen.«

Die beiden setzten sich in Bewegung und eilten durch das weitläufige Treppenhaus der Gebäranstalt. Als sie im Eingangsbereich ankamen, wurden sie vom Pförtner, dem alten Willi, eifrig herangewinkt. Vor ihm stand die junge Frau, die Maria eben noch über die Straße hatte laufen sehen.

»Grüß Gott, die Damen«, grüßte Willi höflich und tupfte sich mit einem rot-weiß karierten Taschentuch über seine glänzende Stirn. Der Mittfünfziger mit der Halbglatze litt unter zu hohem Blutdruck, weshalb er stets rotwangig war und schwitzte. »Das ist gut, dass ihr zwei hier gerade vorbeikommt. Dann könnt ihr das Fräulein Gralinger gleich mitnehmen. Obwohl ich mir nicht sicher bin, ob sie schon aufgenommen werden kann. Es ist wohl noch ein paar Wochen vor der Zeit. Aber bei mir wurden ja schon häufiger falsche Angaben gemacht.«

»Wir kümmern uns gern«, antwortete Maria und schenkte dem Fräulein Gralinger, das sie auf nicht älter als achtzehn schätzte, ein freundliches Lächeln. Das arme Ding sah aus, als würde es gleich in Tränen ausbrechen. Sie griff sogleich nach dem abgewetzten braunen Koffer der jungen Frau. »Kommen Sie mit uns, Fräulein. Das wird schon werden.«

Die beiden brachten die Schwangere zu der im Erdgeschoss liegenden Aufnahmestation, wo sie bereits von der Oberhebamme, Walburga Schmiedhammer, erwartet wurden. Die hagere und faltige Frau war Anfang siebzig, dachte jedoch gar nicht daran, sich zur Ruhe zu setzen. Maria hatte sie während ihrer gesamten Ausbildungszeit noch niemals lächeln sehen. Auch jetzt war ihre Miene grimmig.

»Ihr seid zu spät«, rügte sie die beiden sofort. »Was predige ich immer? Pünktlichkeit ist eine der wichtigsten Tugenden einer Hebamme. Auf euch muss stets Verlass sein.«

»Wir haben uns nur deshalb verspätet, weil wir die neue Patientin vom Empfang mitgenommen haben«, verteidigte Auguste sie und deutete auf das Fräulein Gralinger, das neben Maria in der Tür stand und noch immer so aussah, als würde es gleich losheulen.

»Verstehe«, lenkte die Oberhebamme ein. »Ein Neuzugang also.« Sie musterte die Schwangere über ihre Nickelbrille hinweg eingehend. »Mit oder ohne Bezahlung?«

»Ohne«, antwortete die junge Frau so leise, dass es kaum hörbar war.

»So sehen Sie auch aus, Kindchen. Nichts für ungut.«

Maria hatte Mühe, sich in diesem Moment zurückzuhalten. Wie sehr sie es doch verabscheute, wenn die Oberhebamme die jungen Frauen auf diese Art beleidigte. Nur weil sie in Not geraten waren, hatte sie nicht das Recht dazu, so mit ihnen umzugehen. Aber als Hebammenschülerin musste sie sich zurückzuhalten. Sie wusste, was mit denjenigen geschah, die vorlaut waren. Bettpfannen reinigen war dann noch eine der humaneren Strafen. Mit Pech stand man vor der Tür der Gebäranstalt und konnte den Berufswunsch Hebamme ein für alle Mal begraben, denn ohne eine bestandene Ausbildung an einer offiziellen Gebäranstalt durfte man den Beruf neuerdings nicht mehr ausüben.

»Dann kommen Sie mal mit, Fräulein. Wie war der Name noch mal?« Sie ging an der jungen Frau vorbei auf den Flur und bedeutete ihr, ihr zu folgen.

Die Frau wiederholte ihren Namen.

Kurz darauf betraten sie eines der Aufnahmezimmer, und die Oberhebamme bat Fräulein Gralinger, ihren Mantel abzulegen, während sie sich an einen kleinen Schreibtisch setzte. Der Schwangeren bot sie keinen Sitzplatz an. Auguste und Maria standen in der für Hebammenschülerinnen üblichen Zimmerecke, sie waren zum Schweigen verdammt.

Die Oberhebamme schlug das Aufnahmebuch auf, nahm einen Füllfederhalter zur Hand und notierte den Namen. Dann fragte sie die persönlichen Daten ab.

Fritzi Gralinger beantwortete sämtliche Fragen mit leiser Stimme. Sie war tatsächlich achtzehn Jahre alt und kam von einem Bauernhof in Miesbach, wo sie als Magd tätig gewesen war.

»Wie lange noch bis zur Geburt?«, fragte die Oberhebamme.

»Vielleicht vier Wochen«, gab die Schwangere an. Ihre Aussage sorgte dafür, dass Walburga Schmiedhammer eine Augenbraue in die Höhe zog.

»Aufgenommen werden Schwangere erst zwei Wochen vor dem Entbindungstermin. Sind Sie darüber nicht informiert worden?« Ihr Tonfall klang nun noch harscher als zuvor.

Fritzi Gralinger zog den Kopf ein, und in ihren Augen schimmerten Tränen. Das arme Ding, dachte Maria. Sie konnte nur erahnen, was sie in den letzten Monaten durchgemacht hatte. Der Gang zur Gebäranstalt fiel den Frauen schwer. Aber es half ja nichts, denn anderswo erhielten sie nur selten die notwendige Geburtshilfe. Die Mehrzahl der freien Hebammen auf den Dörfern lehnte es ab, den gefallenen Frauen zu helfen. Hinzu kam, dass die meisten nach dem Bekanntwerden der Schwangerschaft vom Hof vertrieben wurden und ein unschönes Dasein in irgendwelchen Arbeitshäusern oder Sozialeinrichtungen fristeten.

»Das wusste ich nicht«, antwortete Fritzi Gralinger und eine erste Träne kullerte über ihre Wange.

»Was auch sonst«, entgegnete die Oberhebamme, stieß einen Seufzer aus und erhob sich. »Jetzt werden wir Sie erst einmal untersuchen. Wir werden schon herausbekommen, wie viele Wochen es noch sind. Die meisten von euch Weibern geben falsche Daten an.«

Kurz darauf lag die werdende Mutter auf der Untersuchungsliege, und Maria war diejenige, die ihren Bauch abtastete. Zuvor hatte sie sich unter dem strengen Blick der Oberhebamme noch einmal gründlich die Hände desinfiziert. Noch bis zur Mitte des neunzehnten Jahrhunderts war in der Gebäranstalt wenig auf Hygiene geachtet worden. Doch seitdem der Chirurg und Geburtshelfer Doktor Ignaz Semmelweis den Zusammenhang zwischen mangelnder Hygiene und dem gefürchteten Kindbettfieber hergestellt hatte, hatte sich in dieser Hinsicht vieles verändert, und es wurde nun peinlichst genau auf die Einhaltung der Hygienevorschriften geachtet. Maria untersuchte die Patientin äußerst sorgfältig und behutsam, schließlich wollte sie der jungen Frau nicht wehtun. Das Kind regte sich, an einer Stelle beulte sich der Bauch aus, was Maria ein Lächeln entlockte. Die Entwicklung eines Menschen im Mutterleib und die Geburt neuen Lebens stellten für sie eines der größten Wunder Gottes dar, und sie war jedes Mal stolz darauf, wenn sie diejenige war, die einen kleinen Erdenbürger als Erste auf dieser Welt begrüßte.

»Das Kind liegt so, wie es sein soll«, sagte sie. »Der Kopf ist unten, es ist gerade ausgerichtet und recht munter.« Als wollte das Ungeborene ihre Worte bestätigten, beulte sich der Bauch in diesem Moment an einer weiteren Stelle aus.

»So wollen wir es haben«, meinte die Oberhebamme. »Auguste, Sie nehmen die vaginale Untersuchung vor.«

Auguste nickte, trat näher und bat Fritzi Gralinger, ihre Beine zu spreizen. Diese folgte ihren Anweisungen und presste während der nun folgenden Untersuchung des Muttermundes fest die Augen zusammen. Maria kam nicht umhin, ihre Hand zu nehmen und einige aufmunternde Worte zu sprechen. »Es dauert nicht lange. Gleich ist es geschafft.«

Zu ihrem Bedauern folgte auf ihre Freundlichkeit sogleich eine abfällige Bemerkung der Oberhebamme: »Soll sich nicht so anstellen. Für das Mannsbild hat sie schließlich auch die Beine breit gemacht, und bei dem war sie nicht so beschämt.«

»Hoppala«, sagte Auguste plötzlich und zog ihre Hand zurück. Auf der Untersuchungsliege wurde es feucht. »Da ist wohl gerade die Fruchtblase geplatzt.«

»Damit hat sich dann die Wochenzahl erledigt«, kommentierte die Oberhebamme trocken. »Weggeschickt werden Sie jetzt nicht mehr, Kindchen. Da will jemand auf die Welt kommen. Maria, geh und hol eine der Schwestern. Sie soll sie nach oben bringen.«

Maria tat wie angewiesen, und nur wenige Minuten später wurde Fritzi Gralinger in einem Rollstuhl aus der Aufnahmestation Richtung Aufzug geschoben. Es galt zu hoffen, dass sie die Geburt gut überstehen würde.

Die werdende Mutter war gerade weg, da erschienen bereits zwei weitere Neuankömmlinge. Beide watschelten wie Enten, eine von ihnen schnaufte zusätzlich wie eine Dampflok. So wie es schien, würde es keine langweilige Schicht in der Aufnahmestation werden. Auguste krempelte die Ärmel ihres Schwesternkleides energisch nach oben.

»Dann lass uns mal loslegen.«

Am späten Abend desselben Tages hatte sich Maria in die Stille der in der Gebäranstalt befindlichen Kapelle zurückgezogen, um in Ruhe den Brief zu lesen, den ihr Willi während einer kurzen Verschnaufpause am Nachmittag zugesteckt hatte. Er kam von ihrem besten und liebsten Freund aus Kindertagen, Max Antretter. Er war einen Monat älter als sie und der Sohn des Bürgermeisters und Sägewerkinhabers Alfons Antretter. Erstaunlicherweise hatten sie auch nach ihrem Weggang aus Brannenburg einen regelmäßigen Briefkontakt aufrechterhalten. Max’ Anwesenheit im Kinderhaus war von der alten Gertie stets geduldet worden. Auch seine Tante, sie hatte sich nach dem frühen Tod der Mutter um den Haushalt und Max gekümmert, ließ ihn gewähren. So waren Maria und Max wie Geschwister aufgewachsen, und er bezeichnete sie ganz selbstverständlich bis heute als sein Schwesterchen. Maria faltete den Brief auseinander und begann zu lesen:

Brannenburg, den 6. März 1893

Mein liebstes Schwesterchen,

ich weiß, ich habe länger nichts von mir hören lassen, wofür ich mich bei Dir entschuldigen möchte, und ich hoffe, Du nimmst mir mein Schweigen nicht krumm. Hier ist in den letzten Wochen einiges drunter und drüber gegangen, und es gab so viele Dinge, um die ich mich kümmern musste. Mein Vater hat bedauerlicherweise einen Schlaganfall erlitten, weswegen ich für ihn, zusätzlich zu meinen Schreinerarbeiten, sämtliche Arbeiten im Sägewerk übernehmen musste. Zum Glück war es nicht so schlimm, der Arzt ist guter Dinge, dass er sich wieder erholen wird. Du kannst Dir mit Sicherheit vorstellen, was im Gemeinderat nach seinem Schlaganfall los gewesen ist. Einige haben für die Ernennung eines neuen Bürgermeisters plädiert, aber letzte Woche hat Papa wieder an der Gemeinderatssitzung teilgenommen, und die Gemüter haben sich beruhigt.

Jetzt bleibt mir wieder mehr Zeit zum Kistel bauen. Erst letzte Woche habe ich einen Auftrag für einen neuen Schrank vom Kuchler Balthasar aus Milbing bekommen. Somit sind meine Auftragsbücher jetzt prall gefüllt. Das ist auch gut so, denn ich habe die Neuigkeit zu verkünden, dass wir bald zu dritt sein werden. Annemarie hat mir vor einigen Tagen mitgeteilt, dass sie guter Hoffnung ist. Ich kann Dir gar nicht sagen, wie sehr ich mich auf unser erstes gemeinsames Kind freue, schön wäre natürlich ein Bub, jetzt rollst du mit den Augen, das weiß ich. Ich versichere Dir, auch ein Madl wäre mir willkommen. Die Alma betont ja immer, dass die Gesundheit das Wichtigste ist. Womit wir beim nächsten Thema wären, das ich in diesem Brief anschneiden möchte, und es ist nicht sehr erfreulich.

Wie Du weißt, ist unsere Alma bereits etwas in die Jahre gekommen, vor drei Monaten hat sie ihren einundsechzigsten Geburtstag gefeiert. Sie ist noch recht rüstig und schafft es auch noch zu den Sennerinnen auf die Almen. Aber es mehren sich Vorkommnisse, die mit ihrer doch etwas altmodischen Arbeitsweise zu tun haben könnten. Sie ist ja auch nicht so wie du an einer Fachschule ausgebildet worden, sondern hat das Hebammenhandwerk noch von ihrer Vorgängerin erlernt. So ist es damals ja auch üblich gewesen auf den Dörfern. Mich hat unser neuer, aus Rosenheim zugezogener Arzt, Doktor Danzinger, neulich auf die prekäre Situation in der Geburtshilfe angesprochen. Es sterben seiner Ansicht nach noch immer zu viele Frauen im Wochenbett und bei den Geburten selbst. Er hat bemängelt, dass die Alma nie Fortbildungskurse besucht hat. Da hätte wohl auch der Gemeinderat ein Auge drauf haben müssen. Die Einstellung einer jüngeren und gut ausgebildeten Hebamme könnte hier Abhilfe schaffen, hatte er gemeint. Ich habe natürlich gleich an Dich gedacht. Du wärst für die Frauen auch nicht ganz fremd, was von Vorteil wäre.

Ich kenne Deinen Einwand: Als Findelkind hattest Du es nie leicht im Dorf. Aber ich glaube, dass Du besser akzeptiert werden würdest, als jemand ganz Fremdes. Ich hab auch schon mit meinem Vater darüber gesprochen. Er findet die Idee gut und würde sich für Dich als neue Distrikthebamme im Gemeinderat starkmachen. Du würdest auch ein eigenes kleines Häusl beziehen können und eine Hilfe für den Haushalt gestellt bekommen und selbstverständlich auch die Dir zustehende Bezahlung erhalten.

Es wäre so schön, Dich, mein Schwesterchen, wieder in meiner Nähe zu wissen. Auch kannst Du sicher verstehen, dass ich als werdender Vater in Sorge um meine Annemarie bin. In die Hände der alten Alma kann ich sie nicht mehr guten Gewissens geben.

Es wäre also ganz wunderbar, rasch eine positive Rückmeldung von Dir zu erhalten, dann könnten wir in die genaueren Planungen gehen und auch Alma mitteilen, dass sie sich aufs Altenteil zurückziehen darf.

Ganz herzliche Grüße

Dein

Max

Maria ließ den Brief sinken. Sie konnte kaum glauben, was sie eben gelesen hatte. Max wollte, dass sie die neue Hebamme von Brannenburg wurde. Aber wollte sie das auch? Zurück in das Dorf gehen, in dem sie als Findelkind, oftmals abfällig als Bankert bezeichnet, niemals akzeptiert worden war? Oder war es nicht doch besser, in München zu bleiben und als Stadthebamme zu arbeiten? Sie stieß einen Seufzer aus, hob den Brief erneut an und überflog Max’ letzte Zeilen. Bei der Entscheidungsfindung halfen sie ihr jedoch nicht.

2. Kapitel

12. März 1893

So ist es gut«, lobte Maria die junge, auf dem Gebärstuhl liegende Frau, die gerade fest presste und dabei lautstark wimmerte. »Nur noch ein klein wenig, dann ist es geschafft. Ich kann das Köpfchen bereits sehen.«

Neben Maria stand die diensthabende Nachthebamme, eine hagere Frau mit rotem Lockenkopf, die nach Zigaretten roch, weil sie gern und häufig am Hinterausgang der Gebäranstalt gemeinsam mit den Krankenschwestern ihr Kippchen rauchte. Fleiß zählte nicht zu den Tugenden von Margarethe Kleinschmidt. Sie überließ die Arbeit gern anderen, und vor Nachtschichten drückte sie sich die meiste Zeit erfolgreich. Dieses Mal hatte es jedoch nicht funktioniert, denn es waren unter den Hebammen aufgrund eines umgehenden Magen-Darm-Infekts ungewöhnlich viele Ausfälle zu verzeichnen, und jede gesunde Hand wurde gebraucht.

Maria war jetzt seit fünfzehn Stunden auf den Beinen, und ein Ende war noch immer nicht in Sicht, denn ausgerechnet heute hatten viele Säuglinge beschlossen, das Licht der Welt erblicken zu wollen. So auch das Kleine einer ihrer am besten zahlenden Patientinnen: Clara Meisinger, Tochter eines einflussreichen Stadtrats, der es sich ordentlich was kosten ließ, dass seine Tochter so anonym wie möglich in der Anstalt ihr Kind zur Welt brachte. Nur wenige Hebammen hatten mit ihr Kontakt, Maria war eine von ihnen. Clara war achtzehn Jahre alt und mit dem Sohn des Innenministers verlobt. Im nächsten Frühjahr sollten die Hochzeitsglocken läuten. Für die Welt außerhalb der roten Backsteinmauern der Gebäranstalt befand sich Clara in England bei ihrer Tante, angeblich um ihren Horizont zu erweitern.

Die Wehe ebbte ab, und Claras Kopf sank nach hinten. Schweiß rann ihr die Schläfen hinunter, das kastanienbraune Haar klebte an ihrer Stirn.

»Ich kann nicht mehr«, weinte sie. »Dann soll es eben drinbleiben. Es tut so schrecklich weh.«

Die Geburt zog sich nun bereits seit über zwölf Stunden, was Claras Erschöpfung erklärte. Diese Zeitspanne war bei einer Erstgebärenden jedoch nichts Ungewöhnliches.

»Es kann nicht drinbleiben, Liebes«, antwortete Maria. »Aber es ist gleich geschafft, das verspreche ich dir. Nur noch wenige Male pressen, dann ist das Kleine auf der Welt. Du machst das großartig. Wir schaffen das gemeinsam.«

»Es geht wieder los«, vermeldete Clara und ging nicht auf Marias tröstende Worte ein. Sie presste erneut kräftig, und das Köpfchen trat aus. Der Körper des Kindes rutschte gleich hinterher.

»Nun ging es doch schneller als gedacht«, freute sich Maria und blickte kurz zu Margarethe, die ihr lächelnd zunickte. »Gut gemacht.«

Auch wenn es von der faulen Margarethe kam, freute sich Maria über das Lob. Das Kind zwischen den Beinen der jungen Frau regte sich bereits und greinte leise, somit mussten sie ihm nicht auf den Po schlagen. Die Lungen funktionierten.

»Es ist ein Mädchen«, teilte Maria Clara mit. »Und es ist wunderschön.« Sie durchtrennte mit geübtem Griff die Nabelschnur und wickelte die Kleine in ein sauberes Tuch.

»Möchtest du sie halten?«, fragte sie Clara. Viele der jungen Frauen wollten es nicht, denn für sie war das Neugeborene eine Last, die sie endlich abgelegt hatten. Manch eine bereute es später jedoch, ihrem Kind nicht in die Augen geblickt zu haben, und weinte deshalb bittere Tränen. Clara entschied sich nach kurzem Zögern dafür, ihre Tochter sehen zu wollen, und Maria legte sie ihr in den Arm. Mit leuchtenden Augen betrachtete die junge Mutter das kleine Mädchen mit dem blonden Flaum auf dem Kopf, das so wunderbar friedlich aussah. Eine wenig zerknautscht noch, etwas Käseschmiere klebte an seiner Stirn, aber ansonsten war es perfekt. Zärtlich berührte Clara die kleinen Fingerchen ihrer Tochter und sagte: »Sie hat sogar schon Fingernägel.«

»Selbstverständlich hat sie die«, antwortete Maria lächelnd. »Und fünf Finger an jeder Hand, auch die Zehen hab ich gezählt. Es ist alles so, wie es sein soll. Sie ist perfekt, und ich finde, sie sieht dir ähnlich.«

»Ich weiß nicht recht«, zweifelte Clara. »Die Nase hat sie eher von ihrem Vater, meine ist kleiner und nicht so spitz. Ach, wenn er sie doch nur sehen könnte. Er würde sie so sehr lieben.« Sie stieß einen Seufzer aus.

Ihre wenigen Worte sagten so vieles aus. Sie erzählten von einer Liebe, die nicht sein durfte, von Drama und Schmerz. In welcher sozialen Schicht sie auch immer lebten, überall hatten die Frauen ihr Päckchen zu tragen. Dessen war sich Maria während ihrer Zeit an der Gebäranstalt erst so richtig bewusst geworden. Der Abschied von ihrer Tochter würde Clara das Herz brechen, und vermutlich würde es niemals wieder vollständig heilen. Sie dachte an ihre eigene Mutter und stellte sich mal wieder die Fragen, die sie sich schon so oft im Leben gestellt hatte: War sie noch irgendwo dort draußen? Dachte sie manchmal noch an sie? An das kleine Mädchen, das sie in einer eisigen Winternacht vor die Pforte einer Kirche gelegt und zurückgelassen hatte. Hatte ihre Mutter um ihr Kind bittere Tränen geweint?

»Ich finde, sie sieht wie eine Agnes aus. Was meinst du?«, fragte Clara und riss Maria aus ihren Gedanken.

»Ein hübscher Name«, konstatierte sie und betrachtete das kleine Gesicht näher. »Ja, ich finde, er passt großartig zu ihr. Dann schreiben wir ihn erst einmal in ihre Karte.«

Eine der neueren Hebammenschülerinnen betrat nun mit einer weiteren Patientin den Kreißsaal, die sich vor Schmerzen krümmte.

»Ach, das Kind ist schon auf der Welt«, meinte die junge Frau erleichtert. »Das ist gut, denn hier geht es anscheinend recht flott voran. Die Fruchtblase ist erst vor zehn Minuten geplatzt, und jetzt hat sie ohne Unterlass Wehen.«

Maria sah sich nach Margarethe um, doch diese war wieder einmal verschwunden. Sie stieß einen Seufzer aus und murmelte leise: »Verdammtes Weib. Soll sie an ihrer dämlichen Zigarette ersticken.«

Sie wies die Hebammenschülerin an, die Frau zum Nachbarbett zu bringen, und bat sie, Margarethe vom Hinterhof zu holen.

Just in diesem Moment betrat eine Krankenschwester den Raum, und sie brachte eine weitere Schwangere, die ebenfalls lauthals stöhnte.

»Kundschaft«, sagte sie. »Der Muttermund ist schon acht Zentimeter eröffnet. Das könnte jetzt flott gehen.« Maria stieß einen erneuten Seufzer aus und antwortete: »Dann mal los. Bett drei ist noch zu haben.«

Als es einige Stunden später hell wurde, war es geschafft. Zwei weitere Kinder hatten das Licht der Welt erblickt, ein Junge und ein Mädchen, beide waren gesund und munter. Maria hatte eben im Speisesaal gefrühstückt, nun lief sie einen der langen Flure entlang. Trotz des starken Kaffees, den sie getrunken hatte, fühlte sie sich noch immer erschöpft. Die Oberhebamme hatte ihre großartige Arbeit der Nacht gelobt und sie ins Bett geschickt. Die Vorlesung dürfte sie heute ausnahmsweise schwänzen. Maria erreichte das Treppenhaus. Dort begegnete sie zu ihrer Verwunderung Clara Meisinger. Sie trug ihren dunkelblauen Morgenmantel aus Seide, ihr Haar war ordentlich gebürstet und zu einem Zopf geflochten.

»Clara, was tust du denn hier?«, fragte sie verdutzt. »Du gehörst ins Bett und musst dich ausruhen. Auf dem Flur hast du nichts zu suchen.«

»Ich will aber zu meiner kleinen Agnes«, antwortete Clara. »Ich vermisse sie so sehr und will sie noch ein Weilchen halten. Wenn ich schlafe, geht das nicht, und schon bald werden sie sie mir wegnehmen. Mama hat doch alles bereits arrangiert. Es wird jemand kommen und sie holen, sie haben eine Familie für sie ausgesucht, fremde Menschen, die ich nicht einmal kenne. Ich darf sie niemals wiedersehen. Ich weiß nicht, ob ich das ertragen kann. Sie ist doch meine Tochter, ein Teil von mir.« In ihren Augen schwammen jetzt Tränen, und in Maria regte sich Mitleid.

»Also gut«, sagte sie und verabschiedete sich gedanklich fürs Erste von ihrem wohlverdienten Nickerchen. »Ich bringe dich zur Säuglingsstation. Sie ist im dritten Stock. Aber wir bleiben nicht lange, denn du musst dich ausruhen. So eine Geburt ist eine große Anstrengung für den Körper, wir wollen doch nicht, dass du krank wirst.«

Als die beiden in der Säuglingsstation eintrafen, erhielten sie von der dortigen Oberschwester sogleich eine Ermahnung. »Die Regel sind solche Besuche nicht.« Sie sah Maria finster an. »Wo kämen wir denn da hin, wenn hier ständig Mütter ein und aus gingen, wie es ihnen gerade passt. Es gibt klare Anweisungen, an die sich alle zu halten haben. Weil du es bist, Maria, mache ich eine Ausnahme. Aber nur zehn Minuten, verstanden? Die Kinder brauchen schließlich ihre Ruhe. Die kleine Agnes liegt im zweiten Bett von links am Fenster.«

Maria bedankte sich, und die beiden betraten das Säuglingszimmer, in dem sich aktuell zehn Neugeborene befanden. Sie lagen in kleinen, weißen Gitterbettchen auf Rollen und waren fest in Tücher gewickelt. Nur die Ärmchen und Händchen schauten heraus. Die kleine Agnes schlief selig, und sie sah jetzt, einige Stunden nach der Geburt, noch entzückender aus. Ihre Kopfform war etwas runder geworden, die Käseschmiere an ihrer Stirn war verschwunden, und ihr blonder Flaum stand etwas in die Höhe.

Clara sah ihre Tochter mit strahlenden Augen an und wollte sie sogleich aus dem Bettchen heben. Maria kam ihr zu Hilfe und erklärte ihr, wie sie das Köpfchen richtig stützte.

»Das können die Kleinen zu Beginn noch nicht allein halten«, erklärte sie. »Ja, so ist es richtig«, lobte sie Claras Tun. »Du kannst dich gerne hierhin mit ihr setzten.« Sie deutete auf einen am Fenster stehenden Schaukelstuhl, in dem auch sie bereits öfter mit einem der Säuglinge gesessen hatte. Maria verbrachte oft ihre freie Zeit auf der Neugeborenenstation, half bei der Betreuung der Kleinen mit, tröstete sie, sang ihnen Lieder vor und wiegte sie in den Schlaf. Die meisten der Kinder in diesem Raum würden niemals erleben, was Mutterliebe bedeutete. Sie würden schon bald von Frauen des Sozialdienstes abgeholt werden, kamen in Waisenhäuser oder würden, wenn sie Glück hatten, in Pflegefamilien vermittelt werden. Ihre Mütter sahen sie nicht an und verteufelten sie als »Kinder der Schande«. Sie sahen in der Frucht ihres Leibes ihre eigene Lasterhaftigkeit. Maria hingegen sah in ihnen das Gute, sah in jedem der kleinen Wesen auch ein Stück weit sich selbst. Das Findelkind, das sie bis heute war.

»Ich wünschte, ich könnte sie mitnehmen«, sagte Clara, Wehmut schwang in ihrer Stimme mit. »Und ich wünschte, ich könnte ihren Vater heiraten, ich liebe ihn so sehr. Aber das wird nicht gehen, denn er ist ein armer Mann und meine Eltern würden ihn niemals akzeptieren. Außerdem ist er fort.«

»Willst du mir verraten, wer er ist?«, fragte Maria.

»Ein Künstler ist er. Ein Maler aus Schwabing mit einem unglaublichen Talent. Aber niemand will seine Bilder kaufen. Ich hab ihn bei einem Tanzabend im Fasching kennengelernt, danach haben wir uns immer heimlich getroffen. Es war gar nicht so einfach, meiner strengen Gouvernante zu entgehen.« Sie grinste nun spitzbübisch, doch das Lächeln auf ihren Lippen verschwand so schnell wieder, wie es gekommen war. »Sein Name ist Martin, und ich werde ihn niemals wiedersehen. Er ist auch gar nicht mehr in München. Das weiß ich von seiner Vermieterin. In der Künstlerkneipe in Schwabing, in der er oft mit seinen Freunden gewesen ist, hat mir die Bedienung gesagt, dass er nach Paris gegangen ist. Da hab ich die Schwangerschaft gerade erst bemerkt gehabt. Sie hat auch gesagt, dass er ein Halodri gewesen ist, einer, der nix hat anbrennen lassen. Bei ihr hat er es angeblich auch versucht, aber sie hat ihm gleich auf die Finger gehauen. Hätte ich das nur auch getan, dann würde mein dummes Herz jetzt nicht so wehtun.«

Sie stieß einen Seufzer aus und blickte auf ihre Tochter.

»Vielleicht hat sie sein künstlerisches Talent geerbt, malen kann er, das muss man ihm lassen. Seine Bilder waren wunderhübsch. Sollte sie das Talent haben, wird sie niemals erfahren, von wem sie es hat. Ist vermutlich auch besser so. Zum Glück kommt sie zu einem gut situierten Pärchen, das sie wie sein eigenes Kind aufziehen wird, und nicht in ein Waisenhaus.« In Claras Augen funkelten Tränen.

Maria nickte, sagte jedoch nicht, was ihr in diesem Augenblick durch den Kopf ging. Clara war nicht die Erste, die auf einen Künstler aus Schwabing reingefallen war und bei ihnen aufschlug. Das Künstlerleben war ausschweifend, in den einschlägigen Kneipen wurde gefeiert, die Nächte waren lang und voller Musen, die sich nicht nur auszogen, um in Öl festgehalten zu werden. Es war ein Trauerspiel.

»Dann ist es doch gut«, antwortete sie. »Bestimmt wird sie bei ihren Zieheltern ein schönes Leben haben, und niemand wird sie als Bankert beschimpfen. So viel Glück haben die wenigsten der Kinder in diesem Raum.« Sie machte eine kurze Pause und wog den nächsten Satz gut ab, der ihr auf der Zunge lag. Sollte sie ihn aussprechen und damit etwas Privates von sich preisgeben? Sie entschloss sich dazu: »So viel Glück hatte ich nicht. Ich war immer der Bankert.«

Verwundert schaute Clara Maria an. Maria erzählte, wo sie gefunden worden und wie sie aufgewachsen war.

»Das tut mir furchtbar leid«, antwortete Clara, und in ihrem Blick lag Bestürzung. »Ich hätte niemals gedacht, also ich meine …«

»Dass eine Hebammenschülerin aus solchen Verhältnissen stammt?«, vollendete Maria ihren Satz und biss sich auf die Lippe. Nun ging das Gespräch in eine vollkommen falsche Richtung. Sie hätte die Klappe halten und ihr Privatleben beschützt halten sollen. Das hatte sie nun davon. Bereits die Andeutung von Clara hatte sie gekränkt, und Maria wurde bewusst, dass in ihrem eigenen Tonfall etwas Vorwurfsvolles gelegen hatte.

»So habe ich das nicht gemeint« entgegnete Clara. Einen Moment schien sie nach den passenden Worten zu suchen, dann sagte sie plötzlich: »Das ist doch alles Unsinn. Ob Bankert oder nicht, ob man es tut, weil man liebt, oder nur, weil es zur Ehe dazugehört. Wer bestimmt so etwas? Wieso verurteilen wir die Menschen wegen ihrer Menschlichkeit? All die Kinder in diesem Raum sind besondere kleine Wesen mit Talenten und Fähigkeiten, Kinder mit reinen Seelen. Sie sind kein Übel, und ich bin keine Hure. Ich habe geliebt, vielleicht zum ersten und einzigen Mal in meinem Leben. Und du bist eine großartige Hebamme und ein herzlicher und so freundlicher Mensch. Wenn ich könnte, dann würde ich dich zur Freundin haben, Maria. Und es ist mir vollkommen gleichgültig, wie und wo du zur Welt gekommen bist und wer deine Eltern sind.«

Maria rührten Claras Worte. Sie spürte, dass sie nicht nur so dahergesagt, sondern ehrlich gemeint waren.

»Danke dir«, erwiderte sie und wusste nicht so recht, was sie noch hinzufügen sollte. Mit Komplimenten hatte sie sich schon immer schwergetan. Ihr Blick fiel auf die kleine Agnes, und plötzlich wusste sie, was sie Clara für eine Antwort geben musste.

»Du solltest ihr einen Brief schreiben und ihr erzählen, wie sehr du sie geliebt hast und wie schön es gewesen war, sie im Arm halten zu dürfen. Du solltest ihr erzählen, wie du dir ihr Leben vorstellst und wie sehr du ihr Glück wünschst. Ihr sagen, dass deine Gedanken immer bei ihr sein werden, auch wenn du selbst nicht bei ihr sein kannst. Ich hätte mir so einen Brief von meiner Mama gewünscht.« Maria spürte Tränen in ihren Augen und blinzelte.

Clara wollte etwas erwidern, wurde jedoch durch die näher tretende Stationsschwester daran gehindert, die ihnen mitteilte, dass ihre zehn Minuten um wären und sie nun gehen müssten. Mit sichtlich schwerem Herzen gab sie der Kleinen einen Kuss zum Abschied, dann reichte sie das Mädchen Maria und versprach, sobald wie möglich wiederzukommen.

Als sie wenig später wieder im Treppenhaus waren, griff Clara Marias Vorschlag von eben auf.

»Ich werde Agnes einen solchen Brief schreiben. Ich weiß zwar nicht, ob sie ihn jemals erhalten wird, aber irgendein Weg wird sich finden. Und ich wünschte, du hättest auch einen Brief mit ähnlichem Inhalt von deiner Mama erhalten. Aber ich bin mir sicher, sie hat dich geliebt. Einen anderen Gedanken solltest du niemals zulassen.«

»Nein, sollte ich nicht«, antwortete Maria. Claras Worte fühlten sich in diesem Moment tröstend an.

Diese gähnte nun. »Jetzt fühle ich mich doch erschöpft. Du hattest vorhin recht. Ich sollte mich ausruhen.«

»Komm«, sagte Maria und legte den Arm um die junge Frau. »Ich bringe dich zurück in dein Zimmer. Es war eine lange Nacht.«

3. Kapitel

21. März 1893

Du willst was?«, fragte Maria und sah Auguste verdutzt an. Sie war gerade dabei, ihre Bluse aufzuknöpfen, und ließ die Hände sinken.

»Ich will die Ausbildung abbrechen«, wiederholte Auguste und setzte sich auf ihr Bett. Die beiden befanden sich in ihrer Schlafkammer, die sie sich mit drei weiteren Hebammenschülerinnen teilten, die im Moment jedoch nicht anwesend waren. Der Raum war karg eingerichtet, vor jedem der fünf Betten befand sich eine Kleidertruhe, durch das winzige Dachfenster fiel nur wenig Licht herein. Ein kleiner Kohleofen in der Ecke sorgte für Wärme, eine kleine Petroleumlampe für etwas Beleuchtung.

»Aber das geht doch nicht«, antwortete Maria entsetzt. »Wir haben morgen Abschlussprüfung, du hast so hart dafür gekämpft und bist gut geworden.«

»Nein, das bin ich nicht«, antwortete Auguste. »Und das weißt du auch. Das wissen alle. Der Gedanke, kleinen Menschen auf die Welt zu helfen, hat mir gefallen, aber ich habe nun endgültig begriffen, dass ich für diesen Beruf einfach nicht geschaffen bin. Du weißt, wie oft ich wegen meiner fehlenden Feinfühligkeit gerügt worden bin. Da kommt wohl doch die Metzgerstochter in mir durch. In dieser Hinsicht hat die Oberschwester schon recht. Und dann ist da noch etwas, womit ich nur schwer umgehen kann: mit dem Tod. Ich weiß, ich sollte das können, immerhin bin ich ja daheim regelmäßig bei den Schlachtungen anwesend gewesen, aber es ist halt etwas anderes, wenn ein Schwein geschlachtet wird oder ein kleines Menschlein tot auf die Welt kommt, vielleicht sogar noch seine Mutter stirbt.«

Maria wusste, dass Auguste auf ein Erlebnis anspielte, das vor einigen Wochen geschehen war. In ihrem Kreißsaal war ein junges Mädchen, gerade mal sechzehn Jahre alt, nach der Entbindung verblutet. Sie hatten die Patientin noch in den Operationssaal gebracht, doch ihr hatten auch die Ärzte nicht mehr helfen können. Ihr Kind war mit einem Wasserkopf zur Welt gekommen und hatte nur wenige Stunden gelebt. Es war eine Tragödie gewesen, die sie alle betroffen gemacht hatte. »Ich hab es seither wirklich versucht, aber bei jeder Geburt sehe ich das viele Blut. Deshalb trau ich mich die Frauen auch nicht mehr anfassen. Es tut mir leid, Maria. Ich weiß, wir wollten uns gemeinsam nach einer Anstellung umsehen, und jetzt lasse ich dich im Stich. Sei mir bitte nicht böse.«

»Das bin ich nicht«, entgegnete Maria. »Eher bisserl enttäuscht. Es wäre halt schön gewesen, wenn wir auch weiterhin zusammengearbeitet hätten. Du bist die einzige echte Freundin, die ich in München gefunden habe. Aber ich kann das schon verstehen. Die Geburt eines Kindes ist meistens ein schönes Erlebnis, aber es passieren eben auch die Tragödien, und damit müssen wir Hebammen umgehen können. Ich kann dir gar nicht sagen, wie ich reagiert hätte, wäre ich bei dieser dramatischen Geburt dabei gewesen. Vielleicht würde ich dann ähnlich denken wie du. Aber bei meinen Geburten ist bisher alles gut ausgegangen. Mich schmerzt es nur jedes Mal, wenn die Mütter ihre Kinder nicht sehen wollen. Aber du kennst ja den Grund für meinen Kummer. Deshalb hab ich mich neulich so über Clara gefreut. Sie will ihrem Kleinen sogar einen Brief schreiben, das Mädchen wissen lassen, wie sehr es von seiner Mama geliebt worden war. Ich hoffe, sie wird ihn eines Tages lesen.«

»Das wäre schön«, antwortete Auguste und setzte sich nun neben Maria.

»Andererseits ist die Kleine von einem wohlhabenden jungen Paar abgeholt worden. Vermutlich werden sie sie als ihr eigenes Kind ausgeben. Vielleicht ist es dann besser, wenn sie niemals erfährt, dass sie eigentlich ein Bankert ist.« Kurz hielt Maria inne. Dann fügte sie hinzu: »Wie sehr ich dieses Wort doch hasse.«

»Stimmt, es ist abscheulich«, erwiderte Auguste. »Es sollte verboten werden. Genauso wie die Ausgrenzung der Frauen, die ledig schwanger geworden sind. Wie Aussätzige werden sie behandelt, als gefallene Frauen bezeichnet und als Huren beschimpft. Und was ist mit den Mannsbildern? Die kommen wie immer davon. Ungerecht ist das.«

»Ja, das ist es«, antwortete Maria und stieß einen Seufzer aus.

Einen Moment lang sagte nun keine von beiden etwas. Ein leichter Luftzug war zu spüren, es war kühl im Raum, der Ofen war ausgegangen.

»Was wirst du jetzt machen?«, war Maria diejenige, die die eigentümliche Stille brach.

»Es bleibt mir nichts anderes übrig, als wieder nach Hause zu gehen«, antwortete Auguste. »Ich hoffe, mein Vater nimmt mich wieder auf. Wie du weißt, hat er meine Idee, Hebamme zu werden, nie unterstützt und mich mit Schimpf und Schande fortgejagt. Seinen Hohn und Spott hab ich gewiss. Aber das werde ich schon aushalten. Wenn es ganz schlimm kommt, verdinge ich mich irgendwo als Dienst- oder Kindermädchen.« Sie zuckte die Schultern.

»Das wird schon werden«, sprach Maria Auguste Mut zu. »Er ist dein Vater. Er wird dich bestimmt nicht wieder fortschicken.«

»Hm«, gab Auguste zur Antwort und stieß Maria in die Seite. »Was ich auf jeden Fall weiß, ist, dass du eine perfekte Hebamme sein wirst. Ach, was rede ich. Die bist du schon jetzt. Du gehst mit den Frauen und den Säuglingen feinfühlig um und kannst dir den ganzen Kram aus den Fachbüchern merken. Jeder deiner schriftlichen Tests war fehlerfrei. Ich hab die Oberhebamme neulich im Flur über dich reden hören. Sie hat gesagt, dass sie selten eine solch gute Schülerin wie dich gehabt hätte. Jede Frau auf dieser Welt kann sich glücklich schätzen, wenn du ihr Kindchen auf die Welt holst. Das sag ich dir jetzt schon.«

So viel Lob aus dem Mund ihrer Freundin ließ Maria erröten, und sie wiegelte ab: »So gut bin ich doch gar nicht. Auch mir unterlaufen Fehler. Erst gestern hab ich mal wieder eine Flasche Desinfektionsmittel im Kreißsaal fallen lassen. Das Donnerwetter von der leitenden Hebamme hättest du hören müssen. Als Tollpatsch der Nation hat sie mich beschimpft.«

»Das war bestimmt die Uschi Gerber, die dumme Zicke. Ich sag dir, die ist neidisch auf dich. Da würde ich nix draufgeben. Wieso diese Planschkuh diesen Beruf ergriffen hat, werde ich nie verstehen. So grob, wie die mit den Frauen umgeht, ist eine Metzgerin an ihr verloren gegangen. Und davon hab ich Ahnung.« Sie grinste, und Maria musste nun auch lächeln.

»Genau wegen solcher Gespräche werde ich dich vermissen«, sagte sie und stupste ihrer Freundin in die Seite.

»Wir können uns ja auch so sehen, solltest du in München bleiben«, antwortete Auguste. »Diese Stadt ist schließlich ein Dorf, und ein Kaffeetratsch geht doch auch so. Außer du überlegst es dir und gehst doch zurück in dieses Nest, wo du aufgewachsen bist. Dahin fahr ich dir nicht nach. Obwohl du ja weißt, was ich davon halte. Nämlich gar nix. Da holt dich bloß deine depperte Vergangenheit wieder ein, und die hast doch hinter dir gelassen. Es wird sich schon eine patente Nachfolgerin für diese Alma finden. Die musst nicht du sein.«

»Ich weiß«, antwortete Maria und stieß einen Seufzer aus. »Du hast ja recht. Ich hab dem Max auch noch nicht zugesagt. Obwohl ich daheim schon auch vermisse, besonders der Blick auf die Berge fehlt mir. Und München ist mir oft zu groß und zu laut. Aber jetzt gilt es sowieso erst einmal, die morgige Prüfung zu bestehen. Wenn ich durchfalle, dann stellt sich diese Frage nicht mehr.«

»Also wenn eines so sicher wie das Amen in der Kirche ist, dann die Tatsache, dass du morgen die Prüfung bestehen wirst«, antwortete Auguste. »Und feiern tun wir zwei das dann auf jeden Fall noch. Wir gehen nach Schwabing zum Tanzen, wie abgemacht. Und am Ende lach ich mir da noch einen patenten und reichen Künstler an.«

»Träum weiter«, entgegnete Maria und grinste. »Die sind doch alle bettelarm.«

Die Tür zu ihrem Zimmer öffnete sich, und zwei ihrer Zimmerkameradinnen traten munter plappernd ein. Beide wussten bereits, dass Auguste nicht an der Abschlussprüfung teilnehmen würde. Diese dumme Zicke von Stationssekretärin konnte auch nichts für sich behalten. Einige Minuten plauderten die jungen Frauen noch miteinander, und nachdem die Fünfte im Bunde auch endlich zu ihnen gestoßen war, sie hatte länger als geplant an der Aufnahme Dienst gehabt, löschten sie endgültig das Licht. Maria lauschte noch eine ganze Weile den gleichmäßiger werdenden Atemgeräuschen ihrer Zimmergenossinnen, Hanni schnarchte wie immer etwas. Morgen war also ihre Prüfung, und sie wusste noch immer nicht, was sie danach tun sollte. Ihre Pläne, gemeinsam mit Auguste bei einer der Stadthebammen in Stellung zu gehen, hatten sich nun in Luft aufgelöst. Vielleicht war das ja ein Wink des Schicksals, und sie sollte doch nach Hause gehen. Aber Auguste hatte schon recht mit dem, was sie gesagt hatte: Dort wartete ihre Vergangenheit auf sie. Doch die war nicht nur schlecht gewesen. Und ihre Rückkehr könnte ein Neubeginn sein. Über all der Grübelei schlief sie irgendwann ein.

Einige Stunden später verließ Maria den Vorlesungssaal mit gemischten Gefühlen. Sie hatte eben ihre schriftliche Prüfung abgegeben und fühlte sich ausgelaugt. Sie glaubte, soweit sämtliche Fragen richtig beantwortet zu haben, doch eine gewisse Form der Unsicherheit blieb. Im Schriftlichen war sie nie so gut gewesen wie in der Praxis. Vielleicht hatte sie doch zu viele Fehler gemacht. Besonders bei dem Bereich Geschlechtskrankheiten und den damit einhergehenden Komplikationen glaubte sie, nicht alles ausführlich genug erläutert zu haben. Auch hoffte sie, die Punkte zur Erstuntersuchung vollständig aufgeführt und keinen vergessen zu haben. Aber es würde schon gut ausgehen, wenn es auch nicht ihre beste schriftliche Arbeit werden würde.

Am Morgen hatte sich Maria wie gerädert gefühlt und beim Frühstück kaum einen Bissen runterbekommen. Die Zeit bis zum Prüfungsbeginn hatte sie damit zugebracht, Auguste beim Packen zuzusehen und dabei den Lernstoff herunterzubeten. Mit einer festen Umarmung hatte sich Auguste schließlich von ihr verabschiedet und versichert, am Tag der Zeugnisübergabe anwesend zu sein, immerhin mussten sie Marias Abschluss gebührend feiern. Maria hatte zugestimmt, obwohl sie keine rechte Lust auf eine Feier in einer der Schwabinger Künstlerkneipen hatte. Doch sie konnte es Auguste nicht antun, abzusagen.

Nun stand also noch die praktische Prüfung an. Jeder von ihnen würden Aufgaben zugewiesen werden, und sie war gespannt, welche die ihre sein würde. Wenn sie Glück hatte, würde es eine unkomplizierte Geburt werden.

Mit Maria zusammen hatten heute zehn weitere Schülerinnen ihre schriftlichen Prüfungen abgelegt. Die praktischen Prüfungen konnten in den folgenden drei Tagen stattfinden. Nicht jeden Tag stand genügend Prüfungsmaterial zur Verfügung, darauf galt es, Rücksicht zu nehmen. So hatte sich Professor Hufnagel ausgedrückt. Maria stieß sich an der Formulierung Prüfungsmaterial. Es ging hier nicht um das Ablegen einer Handwerksprüfung, es waren Menschen, mit denen sie arbeiteten. Verängstigte junge Frauen, die schreckliche Schmerzen erdulden mussten. Aber für den in die Jahre gekommenen Arzt, der seit über dreißig Jahren an der Lehranstalt unterrichtete, würden diese wohl für immer und ewig Anschauungsobjekte bleiben.

Maria blickte aus dem Fenster. Es war ein sonniger Tag, sie könnte, um sich zu entspannen, einen kleinen Spaziergang durch den Garten machen. Die frische Luft würde ihr guttun. Auguste kam ihr in den Sinn, und schon vermisste sie die Freundin. Sie hätte sie ganz sicher begleitet, und sie hätten gemeinsam die Prüfung Revue passieren lassen können, bestimmt wieder etwas herumgealbert und gelacht. Letzteres war die beste Medizin, um die Nerven zu beruhigen. Doch Auguste war nicht da, und mit einer anderen ihrer Kommilitoninnen wollte sie keinen Spaziergang machen. Mit keiner von ihnen war sie richtig warm geworden. Sie würde allein in den Garten gehen müssen. Maria wandte sich Richtung Treppenhaus, doch dann wurde ihr Name gerufen, und sie wandte sich mit klopfendem Herzen um. Es war der Professor höchstpersönlich, der sie angesprochen hatte.

»Sie können gleich mit mir kommen, Fräulein Roßacker, und ihre praktische Prüfung ablegen. Es handelt sich hierbei um eine Beckenendlagegeburt. Mir wurde eben mitgeteilt, dass es nicht mehr lange dauern kann. Sie sind eine meiner besten Schülerinnen, Ihnen traue ich es zu, diese Geburt alleine zu meistern. Enttäuschen Sie mich nicht.«

Maria sah ihn mit großen Augen an. Eine Beckenendlagegeburt war ihre praktische Prüfung. Du liebe Zeit, so etwas Kompliziertes hatte sie nicht erwartet. Ihr Pulsschlag beschleunigte sich, und vor lauter Aufregung begannen ihre Hände zu zittern. Damit der Arzt es nicht bemerkte, versenkte sie sie in ihren Rocktaschen.

»Aber natürlich nicht«, antworte sie und versuchte, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben.

»Na, dann kommen Sie mal mit. Das Prüfungsobjekt befindet sich in Kreißsaal Nummer vier.«

Er bedeutete ihr, ihm zu folgen. Während sie durch das weitläufige Treppenhaus liefen, rief sich Maria alles Wichtige zum Thema Beckenendlagegeburt ins Gedächtnis. Es musste auf so viele Dinge geachtet werden. Zu ihrem Glück hatte sie erst vor wenigen Tagen bei einer solchen Entbindung assistiert. Es würde bestimmt alles gut ausgehen. Sie schaffte das. Einen anderen Gedanken durfte sie nicht zulassen.

Im Kreißsaal angekommen, wurden sie von der Oberhebamme in Empfang genommen, außerdem waren auch zwei Medizinstudenten und eine Lehrhebamme anwesend. Marias Nervosität stieg, und vor Aufregung bebend, wusch und desinfizierte sie sich die Hände. Dann trat sie näher an die in den Wehen liegende junge Frau und begrüßte sie. Der Name der Frau war Lena Staudinger, und sie war eine der aus wohlhabendem Haus stammenden Patientinnen, die ihr Kind bei ihnen im Geheimen zur Welt brachten. Nach der Entbindung sollte es in einem der Waisenhäuser untergebracht werden. Wie Maria wusste, gab es auch in solchen Einrichtungen Klassenunterschiede. Eine bessere Behandlung endete aber nichts daran, dass den Kindern für immer der Makel des Bankerts anhängen würde.

»Dann wollen wir das Kindchen mal gesund auf die Welt holen. Wir beide gemeinsam.« Sie sah Lena eindringlich an.

In diesem Moment fiel alle Aufregung von ihr ab, und sie blendete auch sämtliche umstehenden Personen aus. Nun gab es nur noch sie und die werdende Mutter. Maria prüfte den Muttermund und stellte erfreut fest, dass er vollständig eröffnet war. Doch bei einer Beckenendlagegeburt musste alles etwas anders ablaufen, da nicht zuerst der Kopf, sondern der Po herauskam. Maria gab Lena mit fester Stimme Anweisungen, und jeder ihrer Handgriffe war sicher. Als der Körper des Kindes geboren war, umfasste sie ihn mit den Händen und hielt ihn waagrecht. Nun galt es, den Kopf sicher zu gebären. Konzentriert führte sie die Bewegungen genauso aus, wie sie es gelernt hatte. Das Kinn des Kindes musste nach unten gehalten werden, damit der Kopf richtig ausgerichtet geboren werden konnte. Nachdem sie sicher war, bat sie Lena, nun fest zu pressen, und behutsam und voll konzentriert beförderte sie den Kopf nach draußen. Zum Glück tat ihr das Kleine den Gefallen und verhielt sich wie aus dem Lehrbuch.

Als das Kind geboren war, atmete Maria erleichtert auf. Das Kleine begann sogleich, lauthals zu schimpfen, somit musste sie ihm keinen Klaps auf den Po mehr geben, um die Atmung in Gang zu bringen. Plötzlich hörte Maria Applaus, und erst jetzt nahm sie die Umstehenden, inzwischen waren noch drei weitere Hebammenschülerinnen hinzugekommen, wieder wahr, und sie fühlte Stolz, aber auch Erleichterung. Es war geschafft.

»Du hast einen wunderschönen Jungen geboren«, sagte Maria lächelnd zu der frisch gebackenen Mutter, ihre Hände zitterten, als sie die Nabelschnur durchtrennte. Die Oberschwester reichte ihr ein Handtuch, und sie wickelte den Säugling darin ein. Fragend sah sie Lena an. »Möchtest du ihn halten?«

Die junge Frau nickte, und Maria legte ihr den Kleinen in die Arme. Mit strahlenden Augen betrachtete Lena ihren Erstgeborenen.

»Hallo, mein kleiner Engel. Ich bin es, deine Mama.« Tränen liefen über ihre geröteten Wangen und tropften auf das Handtuch. Dieses kurze Kennenlernen von Mutter und Kind sorgte für einen Moment der Stille im Raum, und Maria glaubte, nun selbst in den Augen des Professors ein Tränchen der Rührung zu erkennen. Es hätte sie andererseits auch gewundert, wenn ein Mann, dessen ganzes Schaffen darauf ausgerichtet war, neues Leben auf diese Welt zu holen, in einem solchen Augenblick kalt geblieben wäre.

Nun kümmerte sich Maria um die restlichen Arbeiten. Die Nachgeburt wurde geboren, und sie überprüfte sie unter den strengen Augen der Oberhebamme auf ihre Vollständigkeit. Zum Glück war alles so, wie es sein sollte. Sie reinigte und versorgte die Mutter, aufgrund ihrer perfekten Arbeit hatte es keinen Dammriss gegeben, den es zu nähen galt. Um den kleinen Jungen kümmerte sich inzwischen bereits eine der Hebammenschülerinnen. Während Maria sich nach getaner Arbeit die Hände wusch, trat der Professor in Begleitung der Oberhebamme zu ihr, sein Blick war wohlwollend.

»Sie haben mich nicht enttäuscht, Maria«, sagte er und legte schon beinahe väterlich seine Hand auf ihre Schulter. »Sie sind und bleiben eine der besten Schülerinnen, die diese Anstalt jemals hervorgebracht hat. Jede werdende Mutter kann sich glücklich schätzen, von Ihnen betreut zu werden. Ich gehe davon aus, dass auch Ihre schriftliche Arbeit mal wieder perfekt sein wird. Wenn Sie möchten, können Sie sofort bei uns in der Anstalt zu arbeiten beginnen. Solch eine versierte und engagierte Kraft wie sie können wir mehr als gut gebrauchen.«

Maria, die von der geglückten Geburt noch immer ganz befangen war, bedankte sich. Die lobenden Worte des Professors und auch sein Angebot prallten jedoch von ihr ab, denn im Raum spielte sich ein kleines Drama ab. Lena hielt erneut ihren Sohn im Arm, und sie betrachtete ihn weinend. Maria wusste in diesem Augenblick, was ihre Antwort an den Professor sein würde: Sie würde sein Angebot ablehnen, denn den Anblick dieser Mütter wollte sie nicht mehr länger ertragen. Erinnerte sie doch jede einzelne von ihnen an ihre eigene Mutter, von der sie nicht wusste, ob sie um ihre Tochter jemals so geweint hatte, wie Lena es jetzt tat.

4. Kapitel

4. April 1893

Die Nachgeburt entsorgen Sie jetzt rasch im Pfisterbach«, wies die Stadthebamme Hilde Garhammer den Vater an. »Und werfen Sie sie bloß an einer Stelle in den Bach, an der sie wirklich vom Haus wegschwimmt. Nicht, dass sie wieder zurückkommt. Das bringt Unglück.«

Der Neu-Vater, Alois Breitner, er war Mitte zwanzig und arbeitete als Braumeister beim Spatenbräu, nickte, nahm die in Zeitungspapier eingewickelte Nachgeburt ehrfürchtig dreinblickend entgegen und verließ schnellen Schrittes die in der Münchner Altstadt gelegene Wohnung.

»Der war ja käsiger als die frischgebackene Mutter«, merkte Maria lächelnd an, nachdem sich die Tür hinter ihm geschlossen hatte.

»Ja, so sind manche Väter«, antwortete Hilde Garhammer lächelnd. »Einige sind fürsorglich und meinen, die ganze Zeit über dableiben zu müssen. Die meisten gehen aber lieber ins Wirtshaus, was ich für eine bedeutend bessere Idee halte. Beim Kartenspielen mit den Kumpanen und mit reichlich Bier und Schnaps lässt es sich leichter auf den Nachkömmling warten, als wenn man im Nebenzimmer seiner Frau beim Schreien zuhört. Ich hatte sogar mal einen, der ist mir umgekippt, obwohl er gar nicht dabei war. Zum Glück war eine patente Hausmamsell zur Stelle, die ihn mit Riechsalz und reichlich Schnaps wieder auf die Beine gekriegt hat. An solchen Beispielen sieht man, wie gut es ist, dass die Männer bei der Entbindung nicht anwesend sind. Wir haben mit den werdenden Müttern schon genug zu tun, um schwächelnde Mannsbilder können wir uns nicht auch noch kümmern.«

Das für die Familie tätige Dienstmädchen erschien mit einer dampfenden Porzellanschüssel in Händen. Über ihrem Arm hingen saubere Handtücher.

Maria und Hilde nahmen dem jungen Ding, es war kaum älter als sechzehn, die Schüssel und die Handtücher ab und gingen zurück zur frisch gebackenen Mutter ins Schlafgemach. Christel Breitner saß mit einem kleinen Bündel Mensch auf dem Arm im Ehebett und lächelte selig. Der schwere Kampf der letzten Stunden war ihr anzusehen. Ihr braunes Haar war zerzaust und vom Schweiß feucht, ihre Wangen waren noch immer gerötet. Sie war zweiundzwanzig Jahre alt und zum ersten Mal Mutter geworden. Dafür war die Geburt recht flott vorangegangen, wie Maria aus Erfahrung wusste. Nur sechs Stunden hatte es gedauert, da hatte sie während ihrer Ausbildungszeit in der Gebäranstalt ganz anderes erlebt.

Eine knappe Woche war es nun her, dass sie die Prüfung zur Hebamme bestanden hatte. Sie konnte gar nicht sagen, wie stolz sie im Augenblick der Zeugnisübergabe gewesen war. Sie, der einstige Bankert, hatte es mit viel Kampfgeist geschafft, diesen wunderbaren Beruf zu erlernen. Sogar noch als Beste ihrer Gruppe abgeschlossen und ein großes Lob vom Professor erhalten. Ganz besonders hatte sie sich jedoch darüber gefreut, sogleich eine erste Anstellung abseits der Gebäranstalt antreten zu können, die viele ihrer Kommilitoninnen ebenfalls gerne gehabt hätten. Die erfahrene Stadthebamme Hilde Garhammer war bei der Zeugnisvergabe anwesend gewesen und hatte ihr eine Stellung angeboten, denn sie benötigte dringend Unterstützung. Freudig und voller Stolz hatte Maria sogleich zugesagt und in diesem Glücksmoment den Gedanken an den Brief ihres alten Kinderfreundes Max vollkommen verdrängt. Erst später, als sich der Trubel des Tages gelegt hatte, hatte sie wieder daran gedacht, und die Zweifel über die Richtigkeit ihres Tuns waren zurückgekehrt. Immerhin war Max ihr bester Freund aus Kindertagen, und er hatte sie um Hilfe gebeten. Doch sie wusste noch immer nicht, was sie ihm antworten sollte. Hier hatte sie eine gute Stellung und wurde nicht ausgegrenzt. In Brannenburg würde sie um ihr Ansehen und ihren Platz in der Gesellschaft kämpfen müssen. Wollte sie das?