Die blonde Ausnahme - Stefanie von Rossek - E-Book

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Stefanie von Rossek

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Beschreibung

Eine Frau hat Angst, dass sich die Hand ihres Bekannten an ihr rächt. Eine Hochzeit findet vielleicht nur statt, um den Exgeliebten zu ärgern. Ein Mädchen ist zu Besuch und unterscheidet sich sehr von ihren Vorgängerinnen. Ein Student versucht seinen Freund vor dem eigenen Onkel zu beschützen. Ein Bruder entdeckt ein Loch in seinem Keller.  Ein Liebespaar steht auf verschiedenen Seiten. Ein Junge versucht alles richtig zu machen, obwohl die Wut in ihm immer stärker wird...

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Für meinen Zwillingsbruder. BookRix GmbH & Co. KG80331 München

Fingerfood

„Ich habe eine Tischordnung“, sagte Alexandra zu mir.Ich liebte es, wenn sie ihr bolivianisches Essen für Freunde kochte und hörte ihr kaum zu. Auf dem Tisch glänzten mir goldene Teller entgegen und ich stellte mir vor, wie sie gleich von fremdländischen Köstlichkeiten verdeckt sein würden. Mein Magen knurrte. Aber es war ein fröhliches Knurren.„Jede Frau wird zwischen zwei Männern sitzen und umgekehrt“, fuhr Alexandra fort.„Das ist ja toll“, sagte ich, „Woher weißt du, dass ich seit kurzem wieder Single bin?“Alexandra lachte und führte mich zu meinem Stuhl. Gut gelaunt ließ ich mich darauf nieder und behielt meine heitere Stimmung auch bei, als es hieß, dass es mit dem Essen noch ein wenig dauern würde.Dann kam Karl ins Zimmer.Und als ich ihn sah, spürte ich, wie mir das Blut heiß in den Kopf schoss. Ein Stein rutschte mir in den Magen und vertrieb nicht nur das Knurren, sondern auch sämtliche fröhliche Gefühle, die nur noch Gedanken an diverse Delikatessen zugelassen hatten.Bitte setz dich nicht neben mich, bitte setz dich nicht neben mich…Langsam, fast bedrohlich näherte sich mir Karl. Ich bemühte mich, in eine andere Richtung zu schauen.„Alexandra hat mir gesagt, dass ich neben dir sitze.“Ich verspürte den starken Drang, ganz fest an dem Tischtuch zu ziehen. So fest, dass kein einziger goldener Teller mehr unversehrt bleiben würde. Alles sollte kaputt sein. Vielleicht fiel es dann keinem mehr auf, dass ich nicht neben Karl sitzen wollte. Vielleicht setzte sich dann keiner mehr hin. Aber mein Sitznachbar ließ mir keine Zeit für unlogische Gedankenspielchen.„Wie geht’s dir denn, Laura?“, fragte er mich, „Ich habe dich ja wirklich ewig nicht mehr gesehen.“„Danke, gut. Und dir?“Ich vermied es, seinen Namen auszusprechen. Karl. Karl. Dieser Name war so kurz, als fehlte ihm etwas. Er war so kurz wie…Nein! Bloß nicht daran denken! Sonst bekommst du später keinen Bissen mehr hinunter!„Möchtest du etwas Wasser?“, fragte Karl mich freundlich.„Ja, gerne“, antwortete ich.Weil ich nicht nachgedacht hatte. Und schon sprang sie mir entgegen. Die verstümmelte Hand. Karl fehlten zwei Finger, mir fehlte die Selbstbeherrschung.„Danke“, ächzte ich.Ich hatte doch seit damals nicht mehr mit ihm gesprochen…Karl war sehr nett. Ich hasste seine Nettigkeit. Den ganzen Abend lang hasste ich seine Nettigkeit. Und kam mir vor wie ein Dieb. Ich wollte mich auf meinen anderen Sitznachbarn konzentrieren, aber das war leider nicht möglich. Er war nicht gekommen.Zwischen mir und den anderen Leuten klaffte eine Lücke. Übrig blieb nur noch Karl. Jemand hatte die Tür zugeworfen und damit Karls Hand eingequetscht. Danach war dieser Jemand weggelaufen.

 

„Wie kann man so etwas nur tun?“, hatte ich in entsetztem Tonfall ausgerufen, als Alexandra mir die Geschichte erzählt hatte.„Ja, stell dir mal vor“, hatte sie gesagt, „Und Karl ist auch noch Maurer. Das könnte tatsächlich Schwierigkeiten in seinem Beruf ergeben.“Nun starrte ich seine Hand an, wie sie über die Tischdecke strich, wie sie eine Süßkartoffel in Karls Mund schob, wie sie zum Besteck griff, wie sie mir die ganze Zeit wie eine Wildkatze ins Auge sprang. Sie wollte meine Augen. Das musste es sein! Irgendetwas wollte sie mir herausreißen oder abreißen. Irgendetwas wollte sie mir stehlen. So wie ich Karls Finger gestohlen hatte.„Was schaust du mich so an?“, fragte mich die Hand, „Findest du mich hässlich? Ob du es glaubst oder nicht, dein Herz ist nicht einmal halb so schön wie ich!“„Was?“, krächzte ich.„Was?“, sagte Karl verwirrt.„Kannst du mir etwas von dem Fleisch geben?“, bat ich ihn schnell. Karl reichte mir die Platte und hatte vermutlich keine Ahnung, dass seine Hand es dabei auf mich abgesehen hatte. Ja, damals hatte Karl mich nicht gesehen. Aber diese drei Finger, sie wussten, wer ihre zwei Brüder gestohlen hatte. Wer sie ermordet hatte.„Ich schneid es dir klein“, bot Karl mir freundlich an.„Nein!“, schrie ich und legte abwehrend meine Hand über den Teller. Es war zu spät. Karls Hand hatte ihre Rache bekommen. Zwei meiner Finger schwammen in der Bratensoße.