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Die Bürgschaft ist eine der bekanntesten Balladen von Friedrich Schiller, die der Dichter dramatisch wie einen spannenden Thriller aufbaute: Möros soll hingerichtet werden. Doch der Tyrann Dionysios gewährt ihm drei Tage Aufschub, damit Möros seine Schwester verheiraten kann. Sein Freund Selinuntius bleibt als Bürge und wird sein Leben verlieren, wenn Möros nicht rechtzeitig zurück ist. Für die beiden beginnt ein Rennen um Leben und Tod. Die Ballade gehört zum Bildungsgut der Deutschen und zählt neben den Balladen wie Der Taucher, Der Ring des Polykrates oder Die Kraniche des Ibykus zur Lektüre im Deutschunterricht der Schule. Dieser Interpretationsband wendet sich besonders an Schüler und sorgt sehr umfassend durch die Betrachtung von Schillers Gedankenlyrik, von historischen Hintergründen und von der Idee hinter dem Gedicht für ein tieferes Verständnis dieses Textes. Die Interpretation der sprachlichen Mittel wird durch eine Einführung in wichtige Begriffe der Gedichtinterpretation eingeleitet. Aus dem Inhalt • Der Gedichtext mit Anmerkungen • Quelle der Erzählung, Stoffgeschichte, historischer Hintergrund • Freundschaft bei den Pythagoreern • Entstehung der Ballade • Was ist eine Ballade? • Inhaltsangabe Strophe für Strophe und Gedicht-Aufbau • Schillers Gedankenlyrik als Lyrik der Weimarer Klassik • Idee der Ballade: Das Erhabene der Freundschaft • Spannung und Dramatik in der Bürgschaft • Sprachliche Mittel mit Einführung zur Gedichtinterpretation • Schiller-Kurzbiographie • Übersicht der Werke Schillers
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Veröffentlichungsjahr: 2017
Karl A. Fiedler
Die Bürgschaft von Friedrich Schiller. Interpretation
Schullektüre einfach verstehen
aionas
aionas Verlag, Marstallstr. 1, Weimar
1. Auflage, 2014
Zu Dionys1, dem Tyrannen2, schlich
Möros, den Dolch im Gewande;
Ihn schlugen die Häscher3 in Bande.
»Was wolltest du mit dem Dolche, sprich!«
Entgegnet ihm finster der Wüterich. 5
»Die Stadt vom Tyrannen befreien!«
»Das sollst du am Kreuze bereuen.«
»Ich bin«, spricht jener, »zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben,
Doch willst du Gnade mir geben, 10
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit4,
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn ich, erwürgen5.«
Da lächelt der König mit arger List 15
Und spricht nach kurzem Bedenken:
»Drei Tage will ich dir schenken.
Doch wisse! Wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen, 20
Doch dir ist die Strafe erlassen.«
Und er kommt zum Freunde: »Der König gebeut6,
Daß ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben,
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit, 25
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit,
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme, zu lösen die Bande.«
Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen, 30
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle. 35
Da gießt unendlicher Regen herab,
Von den Bergen stürzen die Quellen,
Und die Bäche, die Ströme schwellen.
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,
Da reißet die Brücke der Strudel hinab, 40
Und donnernd sprengen die Wogen
Des Gewölbes krachenden Bogen.
Und trostlos irrt er an Ufers Rand,
Wie weit er auch spähet und blicket
Und die Stimme, die rufende, schicket, 45
Da stößet kein Nachen7 vom sichern Strand,
Der ihn setze an das gewünschte Land,
Kein Schiffer lenket die Fähre,
Und der wilde Strom wird zum Meere.
Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht, 50
Die Hände zum Zeus8 erhoben:
»O hemme des Stromes Toben!
Es eilen die Stunden, im Mittag steht
Die Sonne, und wenn sie niedergeht
Und ich kann die Stadt nicht erreichen, 55
So muß der Freund mir erbleichen.«