Die drei !!!, 55, Wildpferd in Gefahr (drei Ausrufezeichen) - Mira Sol - E-Book

Die drei !!!, 55, Wildpferd in Gefahr (drei Ausrufezeichen) E-Book

Mira Sol

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Beschreibung

Kim, Franzi und Marie sind "Die drei !!!". Mutig und clever ermitteln die drei Freundinnen und sind jedem Fall gewachsen. In einem Wildpferdreservat geschehen merkwürdige Dinge: Pferde brechen aus, Fohlen verschwinden spurlos und jemand verübt einen Giftanschlag. Fieberhaft beginnen "Die drei !!!" zu ermitteln.

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Mira Sol

Wildpferd in Gefahr

Kosmos

Umschlagillustration von Ina Biber, Gilching

Umschlaggestaltung von Friedhelm Steinen-Broo, eSTUDIO CALAMAR

Grundlayout: Doppelpunkt, Stuttgart

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

weitere Informationen zu unseren Büchern,

Spielen, Experimentierkästen, DVDs, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2015, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG, Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

ISBN 978-3-440-15019-1

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Riesenwurm im Todeskampf

»Komm schon!«, raunte Franzi und kniete sich ins Gras. Sie ließ den roten Schnürsenkel, den sie aus ihrem Turnschuh gezogen hatte, knapp über dem Boden hin und her schlenkern. »Polly! Pack ihn!«

Das Zwerghuhn mit dem schwarz-golden gesprenkelten Gefieder blinzelte aufgeregt und fing an, nach der Schnur zu picken. Nach einigen Versuchen erwischte es ein Ende und zog aus Leibeskräften daran. Plötzlich erklang lautes Wiehern von der Koppel. Franzi reckte den Hals und sah rüber. Sie grinste. Ihr Pony Tinka galoppierte ausgelassen mit seinem neuen Lieblingsspielzeug herum, einem riesengroßen schwarz-weiß gefleckten Ball. Immer wieder stieß ihn die zierliche Rappstute mit den Vorderhufen an und stürmte dem wegrollenden Ungetüm begeistert hinterher. Im nächsten Moment prallte der Ball nach einem besonders festen Tritt vom Koppelzaun ab und flog in hohem Bogen über Tinka hinweg. Das Pony hob den Kopf und schnaubte laut, als wolle es sich darüber beschweren, dass sich sein Spielzeug plötzlich in Luft aufgelöst hatte.

»Hinter dir«, rief Franzi und lachte. »Du musst dich umdrehen – he!«

Sie war nur ein paar Sekunden abgelenkt gewesen. Aber diese kurze Zeit hatte Polly gereicht, um mit einem kräftigen Ruck das Schuhband endgültig an sich zu bringen. Gackernd flüchtete sie mit ihrer Beute über den Hof. Für ein hinkendes Huhn war Polly erstaunlich schnell.

Franzi sprang auf, schüttelte den rechten, lose am Fuß sitzenden Schuh ab und humpelte ihrem Huhn hinterher. »Gib mir sofort meinen Schnürsenkel wieder her!«

Polly schlug blitzschnell einen Haken und bog in den schmalen Weg zum Vorgarten ein. Auf der geraden Strecke steigerte sie das Tempo. Das Schuhband schlenkerte rechts und links von ihrem Schnabel herum wie ein zuckender Riesenwurm im Todeskampf.

»Was machst du denn da?«, ertönte plötzlich die Stimme von Franzis Schwester Chrissie. Sie hatte ihren Kopf aus dem Küchenfenster des kleinen Bauernhauses gestreckt.

Franzi blieb stehen und warf Chrissie einen genervten Blick zu.

»Ist das der neue Contest im Schnellhinken?« Chrissie pustete sich eine rote Haarlocke aus der Stirn und grinste. »Dann ist Polly eindeutig Sieger.«

»Blödmann!«

»Wenn schon: Blödfrau!« Chrissie streckte Franzi die Zunge raus und zog ihren Kopf blitzschnell vom Fenster zurück.

In diesem Moment schlug Polly kräftig mit den Flügeln, flatterte ein paar Meter weiter und verschwand hinter dem Haus. Sie hinterließ eine kleine Staubwolke und drei schillernde Federn, die langsam zu Boden sanken. Franzi sah auf ihre Armbanduhr und zuckte mit den Schultern. Mit ihrer Schwester würde sie heute Abend abrechnen. Und auch ihren Schnürsenkel würde sie sich später wiederholen. Polly ließ ihre Beute bestimmt bald in irgendeiner Ecke ihres Stalls fallen, wenn sie merkte, dass sie sich von alleine gar nicht bewegte. Jetzt musste Franzi erstmal die Sachen für das Picknick holen. Ihre Freundinnen und Detektivkolleginnen Kim und Marie würden schon in einer Viertelstunde da sein! Franzi zog auch den linken Schuh aus und lief barfüßig zum Pferdeschuppen. Das alte Gebäude mit seinen wettergegerbten Holzplanken und dem Moos auf den Dachziegeln wirkte von außen völlig unscheinbar. In seinem Inneren jedoch verbarg sich das Hauptquartier der drei Detektivinnen. Es gab eine gemütliche Sitzecke mit Tisch und Stühlen für ihre Besprechungen, Regale und einen Rollcontainer, in dem wichtige Utensilien für die Ermittlungsarbeit untergebracht waren. Im hinteren Teil des Raums befand sich eine alte Pferdekutsche. Sie war mit unzähligen bunten Ausrufezeichen bemalt – passend zum Namen ihres Detektivclubs Die drei !!!. Wenn das Verdeck der Kutsche runtergeklappt war, konnten die drei Mädchen im Inneren besonders geheime Sachen besprechen, ohne dass sie jemand belauschte. Heute jedoch, an diesem heißen Sommertag, würden die drei !!! garantiert keine Besprechung im Pferdeschuppen abhalten, schon gar nicht in der Kutsche! Dafür war es viel zu heiß und stickig. Franzi hatte stattdessen beschlossen, Marie und Kim zu einem kleinen Picknick auf Tinkas Koppel im Schatten der großen Birken einzuladen.

Franzi schnappte sich eine Decke aus dem Regal und seufzte. Leider gab es momentan auch gar nichts, was die drei Detektivinnen zu besprechen hatten. Den letzten aufregenden Fall hatten sie vor mehr als vier Wochen gelöst und alle Details dazu waren geklärt worden. Danach war nichts mehr passiert. Scheinbar hatten sich alle Verbrecher vorzeitig in den Sommerurlaub verabschiedet. Aber vielleicht hatten Marie und Kim ja spannende Neuigkeiten!

Franzi lief zum Bauernhaus und beeilte sich, Geschirr und Besteck aus der Küche zusammenzutragen und auf ein Tablett zu stellen. Sie nahm die Schüssel mit dem Kokos-Eis aus dem Gefrierschrank und ließ sie vorsichtig in die Kühltasche gleiten. Dazu kamen drei Flaschen Eistee und eine große Flasche Wasser. Dann füllte Franzi eine Schale mit Schokokeksen, die ihre Mutter heute Morgen frisch gebacken hatte. Frau Winkler hatte vor einiger Zeit einen Kuchenservice eröffnet, der sich schnell erfolgreich entwickelt hatte. Oft stand Franzis Mutter schon vor sechs Uhr morgens in der kleinen Backstube, die sie sich neben der Küche eingerichtet hatte, und rührte den Teig für die Kuchen an, die ihre Kunden bei ihr bestellt hatten. Sie bekam so viele Aufträge, dass sie jetzt sogar nach einer Aushilfe suchen musste.

Franzi klemmte sich die Decke unter den Arm, nahm die Kühltasche in die Hand und balancierte das Tablett mit den Picknick-Utensilien durch den Flur zur Haustür. Nachdem sie alle Sachen zu den Birken auf der Koppel geschafft hatte, musste sie sich erst mal ein paar Schweißtropfen von der Stirn wischen. Tinka ließ ihren Fußball liegen und kam angetrabt.

»Na, Süße!«, begrüßte Franzi sie. »Teilst du heute mal für ein paar Stunden deine Koppel mit uns?«

Das Pony spitzte die Ohren und sah Franzi erwartungsvoll aus seinen goldbraunen Augen an. Franzi lächelte. »Du kriegst auch was Gutes!« Sie zog ein Pferdeleckerli aus der Hosentasche und hielt es Tinka auf der flachen Hand hin.

Während die Rappstute genüsslich kaute, faltete Franzi die Picknickdecke auseinander. Mit hocherhobenen Armen schüttelte sie sie aus. Gerade wollte sie die Decke auf der Wiese ausbreiten, da spürte sie auf der anderen Seite einen Widerstand. Erstaunt sah Franzi über den Rand der Decke hinweg. Ihr Pony stand ganz nah vor ihr und drückte seinen Kopf gegen die Decke. »Ach, du erinnerst dich«, flüsterte Franzi. Vorsichtig legte sie das eine Ende der Decke über Tinkas Kopf und das andere über sich selbst. Dann umarmte sie Tinka in der Dunkelheit und Geborgenheit der Decke. Die Stute blieb ganz ruhig und schnaufte Franzi zufrieden ins Gesicht. »He, das kitzelt«, flüsterte Franzi. Sie drückte Tinka einen Kuss auf die Stirn. »Du bist das beste Pony auf der ganzen Welt!«

Ein verhaltenes Kichern holte Franzi in die Wirklichkeit zurück. Sie schlug die Decke zurück und blinzelte gegen die Sonne. Kim und Marie lehnten am Koppelzaun und grinsten. »Was gibt das denn jetzt?«, rief Marie. Sie kletterte auf den Holzzaun und ließ die Beine baumeln. »Probt ihr den verhüllten Mörder-Mönch für Halloween?«

Franzi reagierte nicht auf die Stichelei ihrer Freundin. Sie zog vorsichtig die Decke von Tinkas Kopf und strich ihr über den Hals. »Gut gemacht!«

Das Pony schnaubte, blinzelte und stupste Franzi gegen den Arm. Dann begann es zu grasen.

»So ein Quatsch!«, rief Franzi jetzt zu Marie hinüber. Sie breitete die Decke auf dem Boden aus. »Das ist eine Vertrauensübung, die ich regelmäßig mit Tinka mache!«

»Aha«, machte Marie. Sie sprang vom Zaun und lief zu Franzi rüber. Tinka hob kurz den Kopf, entschied sich dann aber, ihre Aufmerksamkeit weiter dem Gras zu widmen.

»Bei dieser Hitze mit einem Gaul unter einer Decke stecken – das muss wahre Liebe sein«, stellte Marie grinsend fest.

»He!«, rief Franzi und boxte ihr gegen die Schulter. »Du hast echt keine Ahnung!«

Kim nickte. »Respekt: Normalerweise, bekommen Pferde Angst, wenn man ihnen etwas über den Kopf legt.«

Franzi nickte heftig. »Genau! Tinka und ich haben dafür sehr lange trainiert!«

Marie hob die Hände. »Schon gut, war doch nur Spaß!« Sie ließ sich auf die Decke fallen und pustete sich eine lange goldblonde Haarsträhne aus dem Gesicht. »Vielen Dank jedenfalls, dass du uns zum Picknick eingeladen hast!«

»Ja!«, stimmte ihr Kim zu. Sie half Franzi, die Sachen aus der Kühltasche zu holen und auf der Decke zu verteilen. »Tolle Idee, bei dem Wetter eine Outdoor-Besprechung abzuhalten!«

Franzi befüllte zwei Schälchen mit Eis und reichte sie Kim und Marie. »Und?«, fragte sie hoffnungsvoll. »Gibt es irgendwelche Neuigkeiten? Habt ihr etwas von einem Verbrechen …«

»Michi hat die Zusage fürs Studium bekommen«, platzte Kim heraus. Sie setzte sich im Schneidersitz auf die Decke und starrte auf ihr Eisschälchen.

»Wie bitte?« Franzi und Marie blieb der Mund offen stehen. Für einige Sekunden herrschte absolute Stille. Kim nahm einen Löffel Eis. »Kokos, superlecker!«

Franzi lächelte unsicher. »Hab ich gestern selbst gemacht. Mit einem Extraschuss Sahne drin!« Sie räusperte sich. »Aber wenn Michi den Studienplatz hat, heißt das ja …«

»Dass er von hier wegzieht.« Kim nickte langsam. »Ja. Und zwar schon im September.« Sie biss ein Stück von ihrem Schokokeks ab, kaute langsam und schluckte. »Er sucht schon ein Zimmer.«

»Das geht jetzt aber alles ganz schön schnell«, stellte Marie fest und sah Kim nachdenklich an.

Kim nickte. »Stimmt. Ich glaube, ich hab’s immer noch nicht richtig verstanden.« Sie setzte sich aufrecht hin und balancierte das Eisschälchen auf einem Knie. »Ich freue mich wirklich riesig für Michi! Das Studium ist sein absoluter Traum. Und jetzt ist er für ihn in Erfüllung gegangen.« Kim zuckte mit den Schultern. Das Schälchen rutschte von ihrem Knie, aber sie konnte es im letzten Moment auffangen, bevor der Inhalt auf die Picknickdecke kleckerte. Tapfer lächelnd sah sie ihre Freundinnen an. »Michi und ich werden eine Fernbeziehung führen und uns an den Wochenenden und in den Ferien sehen. Wir schaffen das!«

Marie nickte. »Auf jeden Fall! Ihr beide seid jetzt schon so lange zusammen, da können ein paar Kilometer nichts ausmachen!«

Franzi legte Kim einen Arm um die Schulter. »Das denke ich auch!«

Kim lächelte ihre Freundinnen an. »Aber wenn ich es zwischendrin vor lauter Sehnsucht nicht mehr aushalte, tröstet ihr beiden mich, ja?«

»Versprochen!«, riefen Franzi und Marie wie aus einem Mund.

Die drei Mädchen klatschten sich ab und Franzi holte den Pfirsichtee aus der Kühltasche. Kim trank einen großen Schluck aus ihrer Flasche. »Und wie läuft es so bei euch?«, wollte sie wissen.

»Super!« Franzi zog den Gummi an einem ihrer kurzen roten Zöpfe fest. »Mir geht’s richtig gut! Als Single fühle ich mich viel freier und leichter.«

Marie lächelte. »Dann bist du über die Trennung von Felipe also endgültig hinweg?«

»Ja, absolut!« Franzi leckte ihren Löffel ab. »Ich genieße mein Leben jetzt total! Es ist super, wenn man machen kann, was man will, ohne dass der eifersüchtige Freund über alles genau Bescheid wissen will.«

»Aber nicht alle Jungs sind wie dein Exfreund Felipe«, gab Marie zu bedenken.

Franzi zuckte mit den Schultern. »Da hast du wahrscheinlich recht.« Sie dachte an die Szenen, die ihr Felipe gemacht hatte, wenn sie sich mal mit ihren Kumpeln Benni und Leonhard zum Skaten getroffen hatte oder mit Blake schwimmen gegangen war, und schüttelte den Kopf. »Trotzdem: Ich bin momentan glücklich darüber, dass jetzt alles so ist, wie es ist.«

»Das klingt doch gut«, stellte Marie lächelnd fest. Sie pflückte ein Pferdehaar von der Decke und ließ es ins Gras fallen.

Einen kurzen Augenblick hatte Franzi das Gefühl, dass ein Schatten über das Gesicht ihrer Freundin huschte. »Ist bei dir alles klar? Ich meine, ist mit Holger …«

Marie nickte sofort. »Ja, absolut! Holger ist der süßeste Junge der Welt. Es ist nur …« Marie machte eine Pause und verdrehte die Augen. Dann fuhr sie fort: »Papa hat nicht erlaubt, dass ich bei Holgers Familie wohne.«

Franzi und Kim machten große Augen. »Du willst mit Holger zusammenziehen?«, platzte Kim schließlich heraus. »Ich meine, klar, ihr seid schon eine Ewigkeit zusammen. Aber trotzdem …« Sie räusperte sich. »Ist das nicht ein bisschen früh?«

Marie fing an zu lachen. »Doch nicht auf Dauer! Ich wollte nur für die eine Woche bei seiner Familie wohnen, in der Tessa und Papa auf ihrer Hochzeitsreise sind.«

»Ach so!« Kim schüttelte den Kopf. »Wo ist denn dann das Problem?«

»Das habe ich auch gefragt!« Marie warf ihre Haare in den Rücken. »Papa meint, dass Holgers Mutter mit ihrem Job und mit ihm und seinen kleinen Geschwistern schon genug zu tun hätte. Er will nicht, dass ich eine zusätzliche Belastung für sie bin.«

Franzi nickte. »Außerdem ist das Haus, in dem sie wohnen, ja auch ganz schön klein.«

»Das ist doch völlig egal!« Marie verzog den Mund. »Ich kann auch mal eine Zeit lang ohne eigenes Bad, Sauna oder großes Wohnzimmer leben! Hauptsache, ich bin mit Holger zusammen.«

Franzi dachte an Maries riesiges Zimmer mit dem angeschlossenen eigenen Marmorbad in der großen Villa, die ihre Familie bewohnte, und grinste. »Da wäre ich mir nicht so sicher.« Als sie Maries vorwurfsvollen Blick bemerkte, beeilte sie sich fortzufahren: »Wenn du diese eine Woche unbedingt mit Holger zusammen sein möchtest, dann kann er doch zu dir in die Villa ziehen?«

»Das erlaubt Oma Agnes aber nicht, weil sie meint, dass ihr vier Kinder zu viel sind!« Marie schlug mit der Hand auf die Decke. »Papa und Tessa haben beschlossen, dass Tessas Mutter zu uns kommt und sich um Lina, Finn und mich kümmert.« Sie verdrehte die Augen. »Dabei ist Natascha doch da!«

Natascha war das russische Au-pair-Mädchen, das Maries Vater eingestellt hatte, damit es sich um Maries kleinen Halbbruder Finn kümmern konnte, nachdem Tessa ihren Job als Kamerafrau wieder aufgenommen hatte.

»Kann sie gut kochen?«, fragte Kim unvermittelt.

»Natascha?«, fragte Marie. »Geht so. Warum willst du das wissen?«

»Ich meinte deine Oma Agnes.« Kim grinste. »Meine Oma kocht jedenfalls immer tolle Sachen, wenn sie mal da ist oder meine Brüder und ich sie besuchen. Und wir dürfen bei ihr immer viel länger aufbleiben.«

Franzi nickte heftig. »Wie bei meiner Oma Lotti!«

Marie schüttelte den Kopf. »Das läuft bei meiner Stiefoma leider nicht so. Sie schwört auf vegetarisches Essen. Grünkernbratlinge mit Sauerampfersalat und solche Sachen.« Marie schüttelte sich. »Außerdem meint sie, dass alle Menschen unter achtzehn Jahren abends um sieben Uhr im Bett sein müssen.«

Kim machte große Augen. »Das klingt nicht gut.«

»Allerdings! Ich muss mir unbedingt etwas einfallen lassen. Eine ganze Woche lang halte ich das nicht aus!« Marie verschränkte die Arme vor der Brust. »Es ist total ungerecht! Tessa und Papa amüsieren sich beim Fliegenfischen in Irland, und Lina, Finn und mich lassen sie mit einer Gesundheitsfanatikerin zurück!«

Kim grinste. »Jetzt übertreibst du!«

Marie seufzte.

»Hallo, die Damen!«, ertönte plötzlich eine tiefe Stimme. Franzi fuhr herum. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass ihr Vater zur Koppel gekommen war. Er lehnte am Zaun, lächelte freundlich in die Runde und hielt ein paar Turnschuhe in die Höhe. »Franzi, sind das deine?«

»Ja!«, rief Franzi. Sie sprang auf und lief zu ihrem Vater. »Danke!«

Franzi nahm die Schuhe an sich.

»Du solltest deine Sachen nicht überall herumliegen lassen.« Herr Winkler zog die Augenbrauen hoch. »Und ein Schnürsenkel fehlt auch noch.«

Franzi nickte. »Ja, den hat Polly.« Sie spürte die fragenden Blicke von drei Augenpaaren auf sich und räusperte sich. »Erklär ich dir am besten später«, sagte sie leise.

Herr Winkler schmunzelte. »Ach so. Jetzt verstehe ich! Dieses Mal war Polly wohl schneller als du!«

Franzi grinste. »Volltreffer.«

Kim und Marie sahen jetzt vollkommen verständnislos drein.

Franzi winkte ab. »Ist nicht so wichtig.« Dann sah sie ihren Vater an. »Bist du echt nur gekommen, um mir meine Schuhe hinterherzutragen?«

»Nein.« Herr Winkler lachte. »Natürlich nicht. Ich wollte dich etwas fragen!«

Entführt!

»Wenn du extra dafür hier vorbeikommst, muss es ja etwas Wichtiges sein!«, stellte Franzi fest. Sie sah ihren Vater gespannt an.

»Ich habe eben mit der Leiterin des Wildpferdereservats im Dreibachtal telefoniert …«, begann Herr Winkler.

»Du meinst das Takhi-Tal?«, platzte Franzi dazwischen. Ihr Herz begann sofort schneller zu schlagen. »Da ist letzten Monat ein neues Fohlen geboren worden! Das erste, das nicht im Zoo, sondern in fast freier Wildbahn zur Welt gekommen ist!«

Herr Winkler lächelte. »Ich merke, du bist informiert! Genau, es geht um das Semireservat Takhi-Tal. Ich werde dort für drei Wochen einen Kollegen vertreten, der sich normalerweise um die Przewalskipferde kümmert.«

»Das ist ja toll!«, rief Franzi. »Dann kann ich mal mit dir dort hingehen!«

Herr Winkler nickte. »Genau daran hatte ich gedacht. Ich werde übrigens für meine Vertretungszeit ein Zimmer auf einem Gutshof in der Nähe des Reservats beziehen. Die Leitung des Przewalski-Projekts hat dort auch ihre Büroräume. Der Weg ins Dreibachtal ist zum täglichen Pendeln einfach zu lang.«

»Wann fährst du denn?«, wollte Franzi wissen.

Herr Winkler klopfte Tinka, die zu ihm an den Koppelzaun gekommen war, den Hals. »Nächsten Freitag, gleich zu Beginn der Sommerferien.« Das Pony schnaubte und stupste Herrn Winkler an der Schulter an. »Der Gutshof Rosenthal veranstaltet mit dem Wildpferdeprojekt zusammen ein paar Sommer-Aktionstage. Zum Auftakt gibt es am Samstag ein großes mongolisches Reiterfest für Kinder und Jugendliche mit Übernachtung. Wenn du Lust hast, nehme ich dich und Tinka am Wochenende mit. Dann kannst du mit ihr an den Wettbewerben teilnehmen und anschließend ein paar Tage bleiben. Auf dem Hof ist nur noch eine Box frei; die könnte ich jetzt gleich für Tinka reservieren.«

»Das wäre toll!«, rief Franzi. »Wir haben schon lange nicht mehr bei Reiterspielen mitgemacht. Und außerdem kann ich mir endlich die Przewalski-Herde ansehen!« Sie sah verzückt in die Runde. »Echte Takhis und ein Takhi-Fohlen – ist das nicht der Hammer!?«

Marie lächelte schief. »Echt toll! Super!« Sie sah Franzi fragend an. »Ich habe, ehrlich gesagt, keine Ahnung, was Pschdingsdapferde oder, äh, Tapire sind. Noch nie gehört!«

Franzi grinste. »Nicht Tapire. Takhis! Das bedeutet ›heilig‹. So haben die Nomaden in der Wüste Gobi die kleinen Wildpferde genannt, die dort überall herumliefen.« Franzi wurde ernst. »Das ›heilig‹ hat den Pferden allerdings wenig genützt – sie wurden trotzdem gejagt und ihr Futter wurde immer knapper, weil die Menschen die Grassteppe für andere Tiere zum Weiden benutzt haben. Deswegen sind die Takhis vom Aussterben bedroht. Es gibt nur noch ein paar hundert, die frei in der Mongolei leben. Deswegen werden sie weltweit in Zoos und Reservaten gezüchtet und später ausgewildert.«

Herr Winkler nickte. »Den unaussprechlichen Namen Przewalski haben sie übrigens nach ihrem Entdecker erhalten. Das war ein russischer Forscher. Er hat herausgefunden, dass die Takhis die Vorfahren aller Pferde sind. Es sind Urwildpferde.«

Franzi wuschelte ihrem Pony durch die Mähne. »Ohne Takhis keine Tinka!«

Herr Winkler lächelte. »So kann man es auch sagen.« Er sah auf seine Armbanduhr. »Ich muss jetzt aber dringend wieder los. Meine neue Praxishelferin kommt gleich. Sie bringt ihren unterschriebenen Arbeitsvertrag netterweise persönlich vorbei.«

»Dann hast du endlich jemanden gefunden!«, rief Franzi. »Das ist ja toll!«

Herr Winkler nickte. »Es hat ja auch lange genug gedauert. Ich bin sehr froh, dass ich endlich wieder eine Entlastung bekomme.«

Früher hatte Franzis Mutter öfter in der Tierarztpraxis geholfen. Aber dann hatte ihr Kuchenservice so zu boomen begonnen, dass sie keine Zeit mehr hatte, ihrem Mann zu helfen.

»Am liebsten würde ich ja weiter mit deiner Mutter zusammenarbeiten.« Herr Winkler grinste. »Aber ihr sind Kuchen und Plätzchen eben lieber als Kaninchen und Papageien. Da kann man nichts machen!«