Die drei ??? und die Teufelsklippe (drei Fragezeichen) - Ben Nevis - E-Book

Die drei ??? und die Teufelsklippe (drei Fragezeichen) E-Book

Ben Nevis

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Beschreibung

Die drei ??? übernehmen jeden Fall. Peter kann es nicht glauben: Er wird beschuldigt, einen Mann von einem Aussichtspunkt ins Meer gestoßen zu haben. Im Verhör wird er von der Polizei bis ins kleinste Detail befragt. Derweil stürzen sich Justus und Bob in die Ermittlungen. Wie und warum ist der Mann ins tosende Meer gefallen? Können die beiden Peters Unschuld beweisen?

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und die Teufelsklippe

erzählt von Ben Nevis

Kosmos

Umschlagillustration von Silvia Christoph, Berlin

Umschlaggestaltung von der Peter Schmidt Group, Hamburg,

auf der Grundlage der Gestaltung von Aiga Rasch (9. Juli 1941 – 24. Dezember 2009)

Unser gesamtes lieferbares Programm und viele

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Spielen, Experimentierkästen, Autoren und

Aktivitäten findest du unter kosmos.de

© 2022, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co. KG,

Pfizerstraße 5–7, 70184 Stuttgart

Alle Rechte vorbehalten

Mit freundlicher Genehmigung der Universität Michigan

Based on characters by Robert Arthur.

ISBN 978-3-440-50483-3

eBook-Konvertierung: le-tex publishing services GmbH, Leipzig

Sturz ins Meer!

Der Mann fiel. Peter Shaw – über das Fensterbrett gebeugt – sah es wie in Zeitlupe. Der Körper drehte sich leicht in der Luft, während er auf das tosende Meer zustürzte, das Gesicht Peter zugewandt. Das rote Jackett flatterte im Wind. Wie angeklebt bedeckte die Baseballkappe den Kopf. Gischt schoss die kantigen Felsen hinauf. Eine Welle war hochgeklatscht, schlug jetzt donnernd zurück, schnappte sich den auf die Wasseroberfläche aufschlagenden Körper und begrub ihn unter sich.

Dann nichts als weißes Rauschen, Spritzen und Schäumen. Heftig atmend beugte sich Peter, so weit er konnte, aus dem Fensterrahmen, doch er sah nur das tobende Wasser. Der Mann war verschwunden. Plötzlich wurde die Mütze hochgespült. Sie tanzte als roter Fleck auf dem weißen Schaum wie ein Hoffnungszeichen, doch so lange Peter auch in die Wellenberge starrte, sie gaben den Mann nicht wieder frei. Peters Blick irrte hinaus aufs Meer, vielleicht hatte die Strömung den Mann fortgezogen und er war weiter draußen wieder aufgetaucht … Doch auch zwischen den Felsen war nichts außer Gischt und Schaum und dahinter auf dem Pazifik rollten nur unermüdlich neue Wellenberge heran.

Die Terrasse! Oder man musste wohl eher Skywalk sagen – die Konstruktion aus roten Stahlstreben wirkte fast wie eine Aussichtsplattform für Touristen. Darauf hatte der Mann eben noch gestanden. Bestimmt hatte man von dort eine bessere Übersicht als hier vom Fenster aus! Peter rannte durch die offene Terrassentür, überquerte die Fläche und beugte sich über das Geländer. Schnell schwand seine Hoffnung. Zwar hatte er nun einen freieren Blick auf die kleine Felsbucht unter sich, doch außer einer Ansammlung Treibholz auf den Schaumkronen war nichts zu erkennen, was das Meer freigab. Als der Zweite Detektiv der drei ??? sah, wie kraftvoll die Wellen das Holz gegen die Klippen wirbelten, wurde ihm klar, dass spätestens sie das Todesurteil für den Mann bedeutet hatten, selbst wenn er den Sturz ins Meer überlebt hatte. Aus diesem Chaos von Wellen und Felsen, Strudeln und Strömungen konnte man nie und nimmer heil herauskommen.

Ein Gefühl schoss in Peter hoch. Schuld.

Warum war der Mann gerade in dem Moment über das Geländer gestürzt, als Peter in das Wohnzimmer getreten war? Hatte er sich vor ihm erschreckt? So sehr?

Und wo war eigentlich dieses Mädchen geblieben? Die Surferin, mit der er hierhergekommen war?

Peter rannte zurück ins Haus, durchquerte den Wohnraum, erreichte den Flur und riss die Haustür auf.

Niemand.

Wo steckte sie bloß!

Er rief: »Xenia! Hilfe! Etwas Schreckliches ist passiert!«

Keine Antwort.

»Xenia!«

Niemand.

»Das gibt es doch nicht!«

Peter machte kehrt, rannte wieder ins Haus, warf, ohne nachzudenken, die Tür hinter sich zu, rannte weiter ins Wohnzimmer und verharrte.

Erst einmal die Polizei anrufen. Hilfe holen. Peter zog sein Handy hervor. Doch seine Hände zitterten so stark, dass es ihm entglitt und auf den Boden fiel. Er hob es auf. Zum Glück war das Display heil geblieben. Er zwang sich, den zitternden Daumen auf den Sensor zu halten. Doch die Entschlüsselung mit Fingerabdruck funktionierte nicht. Salz? Schweiß? Das Zittern? Wie war noch der Code? Peter tippte die Ziffern ein, aber sie gaben das Telefon nicht frei. Falsche Reihenfolge … Oder hatte er die Tastenfelder nicht richtig getroffen?

Der Zweite Detektiv atmete tief ein und aus, um sich zu beruhigen. Sah sich um. Es gab kein Telefon in Pauls bemerkenswertem Wohnzimmer, das wie der breite Kopf eines Hammerhais auf die sogenannte Teufelsklippe gebaut worden war. Und von dem aus, wie eine Zunge, der rote Skywalk auf das Meer zuragte, der dem Anwesen wohl seinen Namen gab: Teufelszunge.

Der Mann, der hier wohnte – oder gewohnt hatte –, hieß Paul. Das war so gut wie alles, was Peter über ihn wusste. Xenia hatte es gesagt. »Ich muss nur kurz bei Paul vorbei, liegt fast auf dem Weg. Ich soll ihm schnell beim Aufhängen eines Bildes helfen. Vielleicht kannst du auch mit anfassen.« »Klar«, hatte Peter gesagt, »kein Problem.« Und nun das! Nichts als Probleme. Ein toter Paul, keine Xenia und kein verdammtes Telefon!

Aber Paul hatte telefoniert, als Peter auf ihn zugegangen war. Peter sah das Bild klar vor sich, obwohl er zu verdrängen versuchte, was danach geschehen war. Nein, nicht er versuchte es, sondern etwas ihn ihm tat das einfach. Etwas, das er nicht kontrollieren konnte. Paul, leicht seitlich abgewandt, auf dem Skywalk. Ja. Paul hatte telefoniert, mit einem Handy. Das nun wohl im Meer schwamm.

Das Meer. Peter lief wieder zur Fensterfront und starrte auf die Wellen. Vielleicht war Paul ja doch wieder aufgetaucht, wie auch immer das geschehen sein mochte, und trieb irgendwo im Wasser. »Bitte«, murmelte der Zweite Detektiv, während sein Blick suchend hin und her sprang, »bitte!« Doch im Innersten wusste er: Den Sturz konnte man nicht überleben.

Plötzlich ein Ton. Peter schreckte hoch. Er wusste nicht, wie lange er dagestanden und auf das Meer gestarrt hatte. Ein in die Länge gezogener Dreiklang. Das war die Klingel.

Zwischen den Tönen klopfte jemand an die Tür, so fordernd, dass es trotz des Meeresrauschens deutlich zu hören war.

Xenia?

Es waren heftige Schläge, hatte sie so viel Kraft? Jemand rief. Eine männliche Stimme. Wer war das? Vielleicht ein Nachbar?

»Mr Forsters, bitte öffnen Sie! Hier ist die Polizei! Mr Forsters!«

Paul heißt mit Nachnamen also Forsters, schoss es Peter durch den Kopf. Im selben Moment fiel ihm ein, dass er das schon wusste. Es hatte auf dem Türschild gestanden. P. Forsters. Und darüber: Teufelszunge.

Die Polizei also. Er hatte sie doch gar nicht informiert. Forsters war tot. Und er, Peter, war der einzige Zeuge des Vorfalls. Vielleicht … sogar der Auslöser. »Ich war es«, murmelte Peter. »Warum hat er sich so vor mir erschreckt? Bin ich schuld? Dabei wollte ich doch gar nichts …« Würde die Polizei ihm glauben? Einem Jungen, einem Fremden, hier in der Wohnung … Lag es da nicht nahe, zu denken, Peter hätte … etwas nachgeholfen? Den Mann gestoßen? Quatsch, dachte der Zweite Detektiv, sein Gehirn spielte schon verrückt. Immer bei der Wahrheit bleiben. Wieder Klopfen, Rufe. Doch so unwahrscheinlich war seine Befürchtung nun auch wieder nicht.

Unentschlossen ging Peter durch das Zimmer. Blieb stehen und betrat dann doch den Eingangsbereich, von dem aus es in mehrere Räume abging. Welche, wusste Peter nicht. Nachdem Mr Forsters Peter hereingelassen hatte, hatte er »Du musst Peter sein« und »Warte einen Augenblick!« gesagt und war dann mit den Worten »Muss noch was erledigen!« so rasch im Wohnzimmer verschwunden, als sei er auf der Flucht. Hatte die Tür hinter sich zugeschlagen. Und dann kurz darauf die Schreie. »Helfen Sie mir!« Ganz laut. »Ich werde bedroht, Hilfe!« Und Peter, natürlich, hatte die Tür aufgestoßen, war ins Wohnzimmer gerannt, wo dann in Sekundenschnelle passierte, was geschehen war.

Ein Gedanke schoss Peter durch den Kopf. War er eigentlich allein in dem Wohnzimmer gewesen? Oder zusammen mit einer weiteren Person, die er nur nicht gesehen hatte?

»Mr Forsters! Polizei!«, brüllte es von außen.

Also doch verstecken? Nein. Die Wahrheit. Peter öffnete die Tür und starrte in die Mündung einer Waffe. »Keine Bewegung!«, brüllte der Polizist. »Hände hinter den Kopf und keine Bewegung! Sonst bist du tot!«

Peter unterdrückte die Reaktion, seinen Detektivausweis zu zücken. Vermutlich würde das Dokument die Polizei wenig beeindrucken. Vor allem aber würde die Bewegung womöglich falsch interpretiert werden. Als das Ziehen einer Waffe.

Er tat wie befohlen.

Vorsichtig, Peter immer im Blick, glitt der Polizist in den Hausflur, um seine Kollegin hereinzulassen.

Peter wagte nicht, sich zu rühren.

»Wo ist Mr Forsters?«, fragte die Polizistin scharf. »Was ist hier passiert?«

»Der Mann ist ins Meer gestürzt«, sagte Peter leise, »und wohl … tot.«

Die Officer nickten sich vielsagend zu. »Und du hast ihn gestoßen!«

Ein überraschender Anruf

Gelangweilt schraubte Justus den goldfarbenen Kugelschreiber, den er als ersten Preis eines Schulwettbewerbs erhalten hatte, auseinander. Sorgfältig betrachtete er die Einzelteile, als hätte er so ein Schreibgerät noch nie gesehen. Die Hülle trug seinen Namen, Justus Jonas, fein säuberlich eingraviert direkt neben dem Zitat Ne discere cessa.

»Ich weiß, das ist lateinisch, aber was heißt es eigentlich?«, fragte Bob Andrews, der direkt neben seinem Freund auf der Sessellehne hockte.

»Höre nicht auf zu lernen«, antwortete der Erste Detektiv. »Eine Aufforderung, die ich für befolgenswert halte.« Er schraubte die Teile wieder zusammen und starrte aus dem Fenster der Zentrale, was allerdings wenig Sinn machte, denn der alte Campingwagen, der den drei ??? als Detektivbüro diente, war von meterhohem Schrott bedeckt. »Wo Peter nur bleibt?«

»Wie viele Preise solcher Art hast du inzwischen eigentlich gewonnen?«, fragte Bob und setzte sich auf einen freien Stuhl. Das war auf die Dauer doch bequemer.

Justus überlegte nur kurz. »Drei hoch drei minus Wurzel aus 289«, antwortete er.

»Das müssen die Lehrer doch langsam langweilig finden«, murmelte Bob, ohne auf die Rechenaufgabe einzugehen.

»Da könntest du recht haben«, antwortete Justus. »Mich beschleicht schon länger das Gefühl, dass in letzter Zeit die zweiten Preise wertvoller ausgelobt werden als die ersten. Dieses Mal waren es Freikarten für ein Footballspiel.«

»Und warum bist du nicht Zweiter geworden?«, fragte Bob. »Das auszubalancieren dürfte für dich doch ein Leichtes sein!«

»Football interessiert mich nicht«, sagte Justus. »Wie dir bekannt sein dürfte. Und außerdem will ich immer Erster werden.«

Bob lächelte in sich hinein. »Was bei deinem Talent wohl mal aus dir werden wird?«

Justus sah ihn an. »Wie meinst du das?«

»Na, beruflich. Dein Onkel möchte bestimmt, dass du seinen Gebrauchtwarenhandel übernimmst.«

»Ich hoffe nicht. Das kann er nämlich vergessen. Und mit der Zukunft möchte ich mich nicht beschäftigen.«

Bob sah nun ebenfalls aus dem kleinen Fenster des Campingwagens hinaus. »Draußen im richtigen Leben wartet nur Schrott!«, sagte er grinsend.

Justus blickte auf und sagte im Ernst: »Na, ganz so schlimm wird es schon nicht werden. Du wirst bestimmt mal eine Buchhandlung aufmachen, vielleicht ja zusammen mit Lesley, ihr werdet Kinder kriegen und …«

»Und von dem kargen Ertrag einer Buchhandlung leben müssen?«, ergänzte Bob. »Ich weiß nicht.«

»Dafür seid ihr wenigstens glücklich!«

»Glücklich bin ich auch jetzt. Wir sind Freunde, du, Peter und ich, wir lösen Detektivfälle, die Sonne scheint und die Schule stört nicht allzu sehr. Alles in allem ist es doch ein unbeschwertes Leben. Sollen wir wirklich erwachsen werden? Ich weiß nicht.«

Justus holte Luft. »Jedenfalls müssen wir Freunde bleiben, egal was geschehen wird!«

»Apropos. Warum Peter wohl nicht kommt?«, fragte Bob. »Vielleicht hätten wir ihn doch lieber begleiten sollen.«

»Zu seinem Surfkurs an den Strand?«, fragte Justus. »Vermutlich hat Kelly ihn abgeholt und er verspätet sich.«

»Ich rufe ihn noch mal an.«

Bob nahm sein Handy und tippte auf Peters Kontakt.

Es klingelte eine ganze Weile. Plötzlich erklang eine fremde Stimme. »Ja?«

»Äh … Wer …? Ich möchte Peter sprechen. Ich habe mich doch nicht verwählt?«

»Nein. Wer bist du?«

»Bob … Bob Andrews«, stotterte Bob überrascht.

»Es tut mir leid. Du kannst Peter nicht sprechen. Hier ist die Polizei.«

Bob schluckte. »Ist Peter etwas passiert?«, fragte er tonlos.

»Wir mussten Peter Shaw in Gewahrsam nehmen. Und wer bist du? Ein Freund?«

Statt einer Antwort unterbrach Bob vor Schreck die Verbindung. Mit weit aufgerissenen Augen starrte er Justus an. »Sie haben Peter eingebuchtet!«

»Wie bitte?«

Das Handy klingelte. Es klingelte noch mal und noch mal, doch Bob konnte sich nicht rühren.

»Gib her«, sagte Justus und nahm seinem Freund das Telefon aus der Hand. »Ja, bitte?«

»Officer James hier. Ich kann es nicht leiden, wenn jemand mitten im Gespräch auflegt!«

»Entschuldigen Sie, Sir«, sagte Justus ruhig, »ich bin versehentlich auf die Taste gekommen. Sie haben Peter verhaftet? Was wirft man ihm vor?«

»Ich glaube nicht, dass ich dir Auskunft erteilen muss«, sagte der Polizist. »Und war da eben nicht eine andere Person am Telefon?«

»Ja, wir sind zu zweit«, antwortete Justus.

»Name, Adresse, wir melden uns bei euch.«

»Nun …« Der Erste Detektiv zögerte.

»Los, sonst wird es ungemütlich für euch!«

»Ja … Sir.« Justus erteilte die gewünschte Auskunft und nannte die Adresse des Schrottplatzes.

»Bleibt vor Ort. Es wird demnächst jemand bei euch vorbeikommen.«

»Und Sie können uns wirklich …«

»Auf Wiedersehen.«

»Puh!« Justus legte das Telefon zur Seite. Seine Stirn war eine einzige Sorgenfalte.

Bob sah keinen Deut entspannter aus. »Peter muss in einer schlimmen Sache stecken. Wenn wir nur wüssten, in welcher! Hoffentlich kommt die Polizei bald.«

»Die Polizei!« Justus schlug sich an die gefurchte Stirn. »Tante Mathilda darf das auf gar keinen Fall mitbekommen! Erst gestern habe ich ihr versprechen müssen, dass wir unser gefährliches Hobby endgültig aufgeben.«

»Das hast du ihr zugesagt?«

»Natürlich nicht. Aber so hat sie es interpretiert. Vielleicht jedenfalls. Ich habe es folgendermaßen ausgedrückt: ›Ja, ich verspreche dir, dass wir das Periklitieren etwas besser antizipieren. Das wird dann zur Zufriedenheit aller führen, auch deiner, liebe Tante Mathilda, wo ich doch weiß, wie sehr du dich um uns und insbesondere meine Wenigkeit sorgst!‹«

»Mit so einem Geschwurbel hat sich deine Tante etwa zufriedengegeben? Ich habe das jedenfalls nicht verstanden.«

»Sie sagte so etwas wie: ›Da wachsen ja eher Kalifornien und Japan zusammen, als dass ich von dir eine vernünftige Antwort bekomme.‹ Und periklitieren heißt ›sich einer Gefahr aussetzen‹. Ich schlage vor, wir rufen Inspektor Cotta an. Vielleicht kann er uns weiterhelfen.«

Bob nickte. Der Inspektor war ein kritischer, aber zugleich auch zuverlässiger Begleiter und Helfer der drei ???. Umgekehrt würde er über die Jungen vermutlich sagen, sie seien vor allem hinsichtlich kritikwürdiger Aktionen absolut zuverlässig. Aber mit ihrer Hilfe – das müsste er zugeben – hatte er auch schon viele Festnahmen durchführen können.

Justus wählte die Nummer der Polizeistation von Rocky Beach, doch der Inspektor war nicht da. Man erwarte ihn in Kürze. Justus bat um einen sofortigen Rückruf.

»Und nun?«, fragte Bob.

Zusammen gingen sie die Fakten durch. Peter war zum Surfen gefahren, wie so oft in letzter Zeit an einen Strand in Richtung Oxnard. Anfangs hatte er dort einen Freund getroffen, der von Rocky Beach weggezogen war, doch inzwischen gefiel ihm der Strand so gut, dass er auch alleine dahin fuhr.

»Irgendetwas muss passiert sein«, sagte der Erste Detektiv. »Etwas, das so schnell geschehen ist, dass Peter sich nicht mehr bei uns melden konnte.«

Bob nickte nur schweigend.

»Ich hasse es, so untätig rumzusitzen!« Justus griff zum Telefon und rief erneut auf der Polizeiwache an. »Hier spricht Justus Jonas. Ist … Nein, ich weiß … ist noch nicht da. Ja, er soll sich melden. Bitte!« Wütend legte Justus auf. »Nur noch unfreundliche Menschen auf der Wache«, sagte er.

»Ich kann im Internet schauen, ob es Neuigkeiten aus der Gegend von Oxnard gibt«, schlug Bob vor.

Begeistert warf Justus den Computer an. »Geniale Idee!«

Eine Weile schlugen sich die beiden Detektive mit Meldungen über aufgebrochene Autos, Drogenhändler und Schlägereien herum. Doch das meiste kam allein vom Zeitpunkt her schon nicht als Grund für Peters Festnahme infrage.

Als sie sich in einen Bericht über Stranddiebe vertieft hatten, hörten sie plötzlich Tante Mathilda rufen. »Justus! Hallo, Justus! Wo steckst du wieder?«

Genervt ließ Justus vom Bildschirm ab. »Das ist bestimmt die Polizei. Ich hoffe, dass sie Tante Mathilda nicht ganz verrückt gemacht haben.«

Das seltsame Paar

Justus und Bob verließen die Zentrale über den unterirdischen Tunnel zwei und stiegen dann durch das Grüne Tor – einen Geheimgang im Zaun – auf die Straße, um den Eindruck zu erwecken, dass sie eine Weile unterwegs gewesen waren.

Als sie durch das Einfahrtstor wieder auf den Schrottplatz bogen, fiel ihnen sofort der schwarze Kleintransporter ins Auge, der mit heruntergelassenen Seitenfenstern mitten auf dem Hof geparkt hatte. Ein großer, schmaler Mann saß hinter dem Steuer. Sein Begleiter – dunkle Lederjacke, Glatzenansatz an der Stirn, aber langer Zopf auf dem Rücken – war deutlich kleiner und stämmiger. Er war ausgestiegen und sprach mit Tante Mathilda. Auf den ersten Blick erkannte Justus, dass seine Tante sich unwohl fühlte. Immer wieder sah sie sich Hilfe suchend um. Als sie Justus entdeckte, entspannten sich ihre Gesichtszüge etwas.

Die Polizei war das ganz gewiss nicht. Entschlossen trat Justus hinzu, während Bob den Transporter im Blick behielt. »Sie wünschen?«, drängte sich der Erste Detektiv unsanft in das Gespräch.

Der untersetzte Mann wandte ihm seine Aufmerksamkeit zu. Eine dunkle Sonnenbrille verbarg die Augen. Darunter ein rundes, weißes Gesicht. Am Hals trug er ein großes Tiger-Tattoo. Ein Symbol für Kraft und Stärke. »Hey du – Justus Jonas?«, fragte er den Ersten Detektiv. Daraufhin zeigte er mit abgewinkelter Hand auf Bob, als sei er ein ekliges Tier: »Und das da …?«

»Wer er ist, ist hier nicht von Relevanz«, sagte Justus. »Wie kann ich Ihnen zu Diensten sein?«

»Hä?« Der Mann ließ seinen Mund einen Moment lang offen stehen. »Rede normal mit mir, du eingebildeter Mops!«

Justus schluckte die provokative Anspielung auf sein Gewicht herunter. Schließlich war sein Gegenüber keinen Deut schmaler. Eher war das Gegenteil der Fall.

Mit Justus an ihrer Seite fasste Tante Mathilda neuen Mut. »Lassen Sie gefälligst den Jungen in Ruhe!«, blaffte sie den Mann an. »Entweder Sie möchten hier etwas kaufen oder Sie verlassen das Gelände. Sie befinden sich nämlich in Titus Jonas’ Gebrauchtwarenhandel! Wir arbeiten sehr nachhaltig: Hier gibt es alte Kaffeemaschinen, Gemälde, Autoreifen und getragene, aber funktionstüchtige Kleidung, daneben allerhand Bücher, Geschirr, Bootsmotoren und dieses und jenes, was gegen kleines Geld unseren Alltag erleichtern oder wenigstens verschönern kann. Doch zu unserem Geschäft gehören leider keine Auskünfte über Personen. Ich hoffe, Sie haben mich verstanden!« Sie warf einen Blick auf ihren Neffen und fügte leiser hinzu: »Er wollte nämlich etwas über dich wissen, Justus.«