Die Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes. Begriffe, Konzept, Kritik - Henning Jensöntner - E-Book

Die Eingriffsregelung des Bundesnaturschutzgesetzes. Begriffe, Konzept, Kritik E-Book

Henning Jensöntner

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2016
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2013 im Fachbereich Geowissenschaften / Geographie - Bevölkerungsgeographie, Stadt- u. Raumplanung, Note: 2,3, , Sprache: Deutsch, Abstract: Die Eingriffsregelung gilt heute als das wesentliche Instrument des Naturschutzes. In der vorliegenden Arbeit werden das Konzept und wichtige Begriffe der Eingriffsregelung erläutert, sowie eine kritische Analyse der Methodik und der praktischen Anwendungen der Regelung getroffen. Als rechtliche Grundlage wurde sie erst relativ spät als wirksame Institution eingeführt und dient gegenwärtig dem Erhalt des Status quo. Denn „seit Beginn des industriellen Zeitalters wurde die freie Landschaft durch Industrie, Siedlungstätigkeit, technische Anlagen, Abbau von Bodenschätzen“, weiteren infrastrukturellen Bauvorhaben „und Flurbereinigung in zunehmendem Maße beansprucht.“ Die Folgen dieser massiven Eingriffe in die Natur waren und sind immer noch groß: Die Begradigung der Flüsse führte zu dem Absinken des Grundwasserspiegels, ungefilterte Abgase und Abfälle wurden in Flüsse oder in die Atmosphäre abgeführt. Bereits vor 150 Jahren kamen die ersten Umweltschutzbestrebungen auf. Pionier auf diesem Gebiet war unter anderem Hugo Conwentz, der „Begründer des modernen Naturschutzes“, wie wir ihn heute kennen. Nach Kriegsende 1945 galt das Reichsnaturschutzgesetz und wurde bis zur Ablösung durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) 1976 praktiziert. „Mit der Einführung der Eingriffsregelung in das BNatSchG 1976 wurde schließlich ein umfassendes Instrument zum Schutz von Natur und Landschaft auch außerhalb von Schutzgebieten geschaffen“.

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Inhalt

 

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1. Einleitung und historischer Hintergrund der Eingriffsregelung

2. Das Konzept und Begriffsdefinitionen der Eingriffsregelung

2.1 Der Verfahrensablauf

2.2 Vollzugsebenen

2.2.1 Bewertungskriterien

3. Kompensationsumfang und Bilanzierung

3.1 Bestimmung des Kompensationsumfangs

3.2  Das  Konzept des Flächenpools

3.3 Bilanzierung

3.4 Erfolgskontrollen

4. Kritik an der Eingriffsregelung

5. Fazit und Prognose

6. Quellenverzeichnis

7. Tabellen- und Abbildungsquellenverzeichnis

 

Abbildungsverzeichnis

 

Abbildung 1: Entscheidungskaskade. KÖPPEL et al. 2004: 26

Abbildung 2: Wirksamkeit von Kompensationsmaßnahmen in Straßenbauprojekten (Köppel et al. 2004: 119 nach Tischew et al. 2002)

 

Tabellenverzeichnis

 

Tabelle 1: Untersuchungsrahmen Schutzgut Boden (KÖPPEL et al. 2004: 48f. nach BRUNS et al. 2003)

Tabelle 2: : Böden mit Archivfunktion in Sachsen (KÖPPEL et al. 2004: 60 nach SMUL 2003, zitiert in BRUNS et al.  2003)

Tabelle 3: Landschaftsästhetische Beeinträchtigungseffekte (KÖPPEL et al. 2004: 68 nach NOHL 2001)

Tabelle 4: Verbreite landschaftsästethische Beeinträchtigungseffekte (KÖPPEL et al. 2004: 68 nach NOHL 2001)

Tabelle 5: Auszug Bilanzierung, Maßnahme Feilebach (KÖPPEL et al. 2004: 90f. nach HEIMER & HEBESTREIT 2002)

 

1. Einleitung und historischer Hintergrund der Eingriffsregelung

Die Eingriffsregelung gilt heute als das Instrument des Naturschutzes: Als rechtliche Grundlage wurde sie allerdings erst relativ spät als wirksame  Institution eingeführt (vgl. Deutscher Rat für Landespflege 2007: 11) und dient gegenwärtig dem Erhalt des Status quo. Denn „seit Beginn des industriellen Zeitalters wurde die freie Landschaft durch Industrie, Siedlungstätigkeit, technische Anlagen, Abbau von Bodenschätzen“ (Grote 1971: 1), weiteren infrastrukturellen Bauvorhaben „und Flurbereinigung in zunehmendem Maße beansprucht.“ (Grote 1971: 1).   Die Folgen dieser massiven Eingriffe in die Natur waren und sind immer noch groß: Die Begradigung der Flüsse führte zu dem Absinken des Grundwasserspiegels, ungefilterte Abgase und Abfälle wurden in Flüsse oder in die Atmosphäre abgeführt. Die kostengünstige, rücksichtslose Sicherstellung der  Versorgung der Bevölkerung hatte höchste Priorität (vgl. Grote 1971:1ff.) und „Folgeerscheinungen blieben lange Zeit unbeachtet und wurden als unvermeidlich hingenommen“ (Grote: 1971:3). So kamen bereits vor 150 Jahren die ersten Umweltschutzbestrebungen auf. Pionier auf diesem Gebiet war unter anderem Hugo Conwentz, der „Begründer des modernen Naturschutzes“ (Grote 1971: 9), wie wir ihn heute kennen. In seiner 1904 veröffentlichten Denkschrift heißt es sinngemäß: Naturdenkmäler sind „besonders charakteristische Gebilde […], […] welche […] Teile der Landschaft“ (Grote 1971:9) oder der Flora oder Fauna sind. (vgl. Grote 1971: 9). Der bereits bestehende Ansatz der Denkmalpflege – entstanden zur Zeit der Industrialisierung – weitete Conwentz damit auf die Sicherung und Pflege der Natur aus.  Conwentz‘ Ansätze hielten auch Einzug in das Reichsnaturschutzgesetz. In diesem wurde das bisher geltende Veränderungsverbot des klassischen Naturschutzes gelockert. Bis zur Verabschiedung des Gesetzes 1935 galten für Naturschutzgebiete ähnliche Schutzvorgaben, wie für Baudenkmäler, die in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben sollten. Fortan „passt sich der Landschaftsschutz  […] den wirtschaftlichen Notwendigkeiten an“ (Grote 1971: 21). Weiter heißt es: „Der Landschaftsschutz soll steuern, nicht hemmen“ (Grote 1971: 21). Hier lassen sich bereits erste Gemeinsamkeiten zur im weiteren Verlauf dieser Arbeit diskutierten Eingriffsregelung erkennen.

Nach Kriegsende 1945 galt das Reichsnaturschutzgesetz weiter und wurde bis zur Ablösung durch das Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) 1976 praktiziert. „Mit der Einführung der Eingriffsregelung in das BNatSchG 1976 wurde schließlich ein umfassendes Instrument zum Schutz von Natur und Landschaft auch außerhalb von Schutzgebieten geschaffen“ (Köppel et al. 2004: 20). In der vorliegenden Arbeit werden das Konzept und wichtige Begriffe der Eingriffsregelung erläutert, sowie eine kritische Analyse der Methodik und der praktischen Anwendungen der Regelung getroffen.

2. Das Konzept und Begriffsdefinitionen der Eingriffsregelung

 

„Die Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind in § 1 Abs.1 des BNatSchG […] geregelt und gelten unmittelbar […]“ (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie 1999: 29). Im Gesetzestext heißt es sinngemäß: Dass Natur und Landschaft im besiedelten und unbesiedelten Bereich so zu schützen sind, dass die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes, Entwicklung der Pflanzen- und Tierwelt, sowie die Vielfalt, Eigenart und Schönheit der Natur als Lebensgrundlage des Menschen nachhaltig gesichert werden können (vgl. BNatschG 1976: § 1 Abs. 1). Grundsätzlich gilt: Der Verursacher ist verpflichtet für etwaige Folgen eines Bauvorhabens, welches der  Eingriffsregelung unterliegt, aufzukommen. Er hat dafür Sorge zu tragen, dass Beeinträchtigungen vermieden oder im gesetzlichen Rahmen ausgeglichen oder ersetzt werden. „Eine allgemeine Verbesserung des Zustands von Natur und Landschaft kann von ihm aber (vom Verfasser geändert) nicht verlangt werden“ (Köppel et al. 2004: 21). Nicht durch ihn entstandene Veränderungen und Beeinträchtigungen der Natur – etwa atmosphärische Belastungen - sind folglich nicht durch den Verursacher zu ersetzen (vgl. Köppel et al. 2004: 21).

 

Um einen Überblick zu bekommen, wann die Eingriffsregelung greift und in welchen Fällen nicht, soll zunächst anhand der „Eingriffsbestimmung“ (Köppel  et al. 2004: 21) erläutert werden.

 

Eine Beeinträchtigung in diesem aufrecht zu erhaltendem „Wirkungsgefüge des Naturhaushalts“ (Deutscher Rat für Landespflege 2007: 11) liegt allgemein dann vor, wenn ein Eingriff „die Gestalt oder Nutzung von Grundflächen […] und die Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts betrifft (vom Verfasser geändert) oder das Landschaftsbild erheblich verändert (vom Verfasser geändert)“. (BNatSchG 1976: § 14 Abs. 1). „Unter Veränderung der Gestalt von Grundflächen versteht man jede sichtbare Andersartigkeit, die durch ein Vorhaben entstehen kann“ (Köppel et al. 2004: 23). „Entscheidend ist, ob die Nutzung so geändert wird, dass erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können“ (Köppel et al. 2004: 23 nach Gassner 1995). Welche speziellen Bedingungen erfüllt sein müssen, damit die Regelung zum Tragen kommt, sind in  Positivlisten erläutert, welche in den Bundesländern spezifisch abweichen kann. Diese Positivlisten „geben Regelvermutungen für alle Fälle an, in denen von einem Eingriff auszugehen ist“ (Köppel et al. 2004: 22). Im Bundesland Berlin werden unter anderem folgende Veränderungen als Eingriff definiert: Der Abbau oder die Gewinnung von Bodenschätzen; Abgrabungen, Aufschüttungen mit einer Grundfläche von über 30qm oder einer Tiefe von 2m, das Abstellen von Wohnwagen im Außenbereich, Masten, sowie Unterstützungen von Freileitungen, Errichtungen von festen Einfriedungen oder beispielsweise die Errichtung von Straßen und Wegen im Außenbereich. (vgl. Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Umweltschutz und Technologie 1999: 31).

 

Nicht als Eingriff gelten die land-, forst- und fischereiwirtschaftlichen Bodennutzungen, auch wenn diese zeitweise brach gelegen oder eingeschränkt waren. Die Bewirtschafter müssen sich generell an die geltenden entsprechenden Gesetze der Land-, Forst- oder Fischereiwirtschaft halten (vgl. BNatSchG 1976: §14 Abs. 2).

 

2.1 Der Verfahrensablauf

 

Der chronologische Ablauf ist in der Entscheidungskaskade in BNatSchG 2002 §15 geregelt (Abb. 1):

 

Unterliegt ein Bauvorhaben den Bestimmungen eines Eingriffs,  hat der Verursacher zunächst zu prüfen, ob die Beeinträchtigungen, auch wenn diese nur wahrscheinlich sind, zu vermeiden (Vermeidungsgebot). Er kann notfalls in Genehmigungsverfahren dazu verpflichtet werden. Sind Vorhaben nicht gänzlich zu vermeiden, hat der Verursacher die Eingriffsfolgen auf ein Minimum zu reduzieren („Minderungsgebot“ (Köppel et al. 2004: 71 nach Oberste Naturschutzbehörde Neue Bundesländer und Bayern & BfN 1993)). Unvermeidbare Beeinträchtigungen hingegen,  sind durch Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege auszugleichen (Ausgleichsmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatz- oder Kompensationsmaßnahmen) (vgl. BNatSchG 2002: §15).

 

Ausgleichsmaßnahmen unterscheiden sich hierbei von Ersatzmaßnahmen: Ein Ausgleich liegt nur dann vor, wenn ein „enger funktionaler und zeitlicher Bezug zu den beeinträchtigten Funktionen und Werten des Naturhaushaltes und des Landschaftsbildes“ (Köppel et al. 2004: 25) geschaffen werden kann, der Ausgleich also in unmittelbarer Nähe erfolgt. Der Gesetzgeber definiert eine Ausgleichsmaßnahme weniger als die Wiederherstellung des „naturwissenschaftlich identischen Zustands“ (vom Verfasser geändert) (Köppel et al. 2004: 25), sondern vielmehr als „die Wiedergutmachung der Beeinträchtigungen im Rahmen des praktisch Möglichen […]“ (Köppel  et al. 2004: 26).  Eine Ausgleichsmaßnahme ist somit grundsätzlich den Ersatzmaßnahmen vorzuziehen.  

 

Sind Bauvorhaben nicht vollständig vermeid- und ausgleichbar, sind Beeinträchtigungen in gleichwertiger Weise zu ersetzen. „Gegenüber den Ausgleichsmaßnahmen weisen die Ersatzmaßnahmen aber eine Lockerung des funktionalen Bezuges zu den beeinträchtigten Faktoren […] auf“ (Köppel et al. 2004: 27 nach ARGE Eingriffsregelung 1995). Es sollte dennoch versucht werden, sich den „Kriterien der Ausgleichbarkeit“ anzunähern.