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Eine Tragödie epischen Ausmaßes ließ Daniel in die Einsamkeit fliehen. Nur das Pflichtgefühl seinem Land und seinem Ziehvater gegenüber hat ihn wieder nach Hause zurückgebracht. Mit einer neuen Aufgabe betraut, eine Eliteeinheit zusammenzustellen, die für die Regierung unter dem Radar agieren soll, macht er sich an die Arbeit. Doch das Schicksal spielt ihm einen Streich und Daniel findet sich plötzlich in einer Situation wieder, die für ihn bis dato nie eine Option gewesen war. Ein Gefährte. Dann sind da noch neue Teamkameraden und ein paar Veränderungen, mit denen er nicht gerechnet hat.
Tiago, seines Zeichens neugieriger Computernerd, macht sich einen mächtigen Mann zum Feind. Als er Hals über Kopf New York verlassen muss und zurück nach Kingston in Ontario/Kanada geht, bekommt er ein interessantes Jobangebot. Da er ziemlich in der Klemme steckt, nimmt er an und steht wenig später keinem Geringerem als dem besten Freund seiner verstorbenen heimlichen Jugendliebe gegenüber. Es kommt, wie es kommen muss, denn alles kommt auf einmal. Die Liebe, Erkenntnisse, Freundschaften, der erste Einsatz und ein neues Rudel. Ob die beiden es schaffen werden?
Das ist der erste Teil einer neuen Reihe. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, allerdings wird Tiagos Geschichte, weswegen er New York verlassen hat, in den nächsten Bänden ein Thema werden. Jeder weitere Band der Reihe bezieht sich auf ein neues Paar.
Diese Geschichte hat knapp 52.000 Wörter.
Die Eliteeinheit - Daniel und Tiago
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Veröffentlichungsjahr: 2021
Danksagung
Hinter dieser Geschichte gibt es ein Team von Betas, die mir ganz wunderbar zur Seite stehen.
Danke an Tirsi, Nakia, Annika, Manuela und Brigitte.
Ihr seid toll, diese gemeinsame Reise mit dem neuen Rudel wird großartig, versprochen!
Zum Inhalt
Eine Tragödie epischen Ausmaßes ließ Daniel in die Einsamkeit fliehen. Nur das Pflichtgefühl seinem Land und seinem Ziehvater gegenüber hat ihn wieder nach Hause zurückgebracht. Mit einer neuen Aufgabe betraut, eine Eliteeinheit zusammenzustellen, die für die Regierung unter dem Radar agieren soll, macht er sich an die Arbeit. Doch das Schicksal spielt ihm einen Streich und Daniel findet sich plötzlich in einer Situation wieder, die für ihn bis dato nie eine Option gewesen war. Ein Gefährte. Dann sind da noch neue Teamkameraden und ein paar Veränderungen, mit denen er nicht gerechnet hat.
Tiago, seines Zeichens neugieriger Computernerd, macht sich einen mächtigen Mann zum Feind. Als er Hals über Kopf New York verlassen muss und zurück nach Kingston in Ontario/Kanada geht, bekommt er ein interessantes Jobangebot. Da er ziemlich in der Klemme steckt, nimmt er an und steht wenig später keinem Geringerem als dem besten Freund seiner verstorbenen heimlichen Jugendliebe gegenüber. Es kommt, wie es kommen muss, denn alles kommt auf einmal. Die Liebe, Erkenntnisse, Freundschaften, der erste Einsatz und ein neues Rudel. Ob die beiden es schaffen werden?
Das ist der erste Teil einer neuen Reihe. Die Geschichte ist in sich abgeschlossen, allerdings wird Tiagos Geschichte, weswegen er New York verlassen hat, in den nächsten Bänden ein Thema werden. Jeder weitere Band der Reihe bezieht sich auf ein neues Paar.
Diese Geschichte hat knapp 52.000 Wörter.
Die Eliteeinheit - Daniel und Tiago
Prolog
Hauptquartier der Canadian Special Operations Forces Command – Kingston Ontario
Major General Ethan O’Kelly – Spitzname Cougar
»Spüren Sie ihn auf und sagen mir, wo ich hinmuss. Es ist wichtig, denn uns läuft die Zeit davon. Den Rest übernehme ich dann. Noch Fragen?«
»Ja, Sir. Eine hätte ich da schon. Warum wollen Sie ihn zurückholen? Der Mann hat sein halbes Team in seinem letzten Einsatz verloren. Meinen Sie wirklich, dass er psychisch dazu in der Lage sein wird, diesen Einsatz zu leiten?«
»Was dem Team in Kabul widerfahren ist, ist beispiellos. Danach brauchte er eine Auszeit, die hat er gehabt und mit viel Glück lässt er sich überzeugen, dass er noch nicht zum alten Eisen gehört. Der Mann ist der Beste für diesen Job. Wir müssen ihn nur noch davon überzeugen und ihn dazu bringen, dass er nach Hause kommt.«
»Was macht Sie da so sicher?«
»Ich kenne Daniel, seit er fünf Jahre alt ist. Sein Vater und ich haben zusammen gedient. Senior Officer Colonel Daniel Giroud ist ein Mann der Ehre. Er hat diesem Land zwanzig Jahre gedient und hat ihm viele Dienste erwiesen. Dieser Anschlag in Kabul hat nicht nur drei Männer das Leben gekostet … es hat wahnsinnig große Lücken gerissen. Sie waren Ehemänner, Väter, Söhne, Freunde, Kameraden, aber in erster Linie waren es für mich Männer, denen dieses Land eine Menge zu verdanken hat. Dass Daniel seine Kündigung eingereicht hat, lag mitunter daran, dass er selbst auch verletzt wurde. Keiner der sechs kam unversehrt zurück.«
»Will heißen, dass wir sein Know-how brauchen?«
»Nein, will heißen, dass wir Daniel brauchen.«
Kapitel 1 – Daniel
Tauchen am Great Blue Hole
Die Strömung war extrem, aber dennoch hatte es sich gelohnt, das Schiffswrack nochmals aufzusuchen. Es waren schon viele vor mir da, aber ich bin ja auch nicht runter, um längst vergessene Schätze zu finden. Ich tauchte zum Ausgleich, um zu vergessen, was mir widerfahren war. Wenn ich da unten war, ließ ich für ein paar Stunden die Vergangenheit zurück an Bord. Nirgends war es so friedlich wie unter Wasser, wo es still war. Der Blick auf mein Finimeter war ernüchternd und zwang mich langsam dazu aufzutauchen. Die Zeit war wieder um und die Druckflasche auf meinem Rücken beinahe leer.
Als ich vor neun Monaten aus dem Krankenhaus in Toronto kam, wollte ich nur noch weg und tun, was ich schon immer gern getan habe, wenn ich die Zeit dafür fand. Ich brauchte einen Break. Musste mein bisheriges Leben zurücklassen, um nach vorn schauen zu können. Um zu verstehen, dass drei meiner Freunde und Kameraden nicht mehr am Leben waren. Um zu verstehen, dass es auch ein Leben jenseits des Militärs gab … doch fehlte mir die Struktur. Zwanzig Jahre ließen sich nicht einfach wie Krümel vom Tisch wischen.
San Pedro ist ein Ort, den ich gefunden hatte, nachdem ich das erste Mal am Great Blue Hole tauchen war. Das war vor zehn Jahren und vor sieben Jahren kaufte ich mir hier ein kleines Grundstück, das direkt am Meer lag.
Diesmal kam ich hierher, um meine Wunden zu lecken, zu trauern und um wieder gesund zu werden.
Ich ließ den Schrecken des Krieges zurück und kam nur mit einer kleinen Reisetasche hier an. Ich verließ Kanada und floh aus meinem Leben, das mich plötzlich zu überwältigen drohte. Ich war nicht mehr in der Lage, dem Druck standzuhalten und nach außen der Alpha zu sein, der ich nun mal war. Damit niemand meine Schwäche bemerkte, musste ich entscheiden, was richtig für mich war. Entweder ich hätte meine Ermüdung zugegeben und mein Status als Alpha hätte zur Debatte gestanden oder aber ich wahrte durch meinen Weggang das Gesicht. Also reichte ich meine Kündigung ein und stieg in den nächstbesten Flieger nach Belize. Ich war müde und der Verdruss in meinem Leben hat mich in die Flucht geschlagen. Meine Katze hat kurzzeitig die Führung übernommen und mich, den Menschen Daniel, in Sicherheit gebracht. Dorthin, wo mich bisher noch niemand aufgespürt hatte. Was nicht hieß, dass sie es nicht irgendwann schaffen würden. Ich musste gehen, um wieder zu mir selbst zu finden. Um im Verborgenen zu heilen. Auch wenn es mir anfangs den Boden unter den Füßen wegzog.
* * *
Nachdem ich mein Boot an meinem Anleger festgezurrt hatte, bemerkte ich sofort die Spuren im Sand. Abdrücke, die ein männlicher Businessschuh hinterließ, führten zu meinem Haus. An meiner Tür hing lediglich ein Zettel: »Ruf mich an! Es ist wichtig.« Zwei Sätze, kein Name, und doch wusste ich, von wem die Nachricht hinterlassen wurde.
Sie haben mir kein Jahr gegeben. Ich nahm den Zettel und betrachtete die Handschrift, die mir so vertraut war wie meine eigene. Schwungvoll und leicht nach rechts geneigt. So stand ich da, auf der Veranda meiner kleinen Hütte, und versank in Gedanken an vergangene Zeiten, die mir gute wie schlechte Erinnerungen geschenkt hatten.
Nur selten hatte ich mein Handy angeschaltet, um zu schauen, ob es Neuigkeiten gab.
Von den drei verbliebenen Mitgliedern aus meinem ehemaligen Team kamen Nachrichten, dass sie es sich gut gehen ließen. Die Genesungen voranschritten und dass das Leben als Zivilist auch seine Reize hätte. Ich war froh, dass es den dreien gut ging, doch die anderen drei waren der Stachel in meinem Herzen. Gefallen in einem Krieg, der uns alles abverlangt hatte. Gefallen für Krone und Vaterland. In einem Land, das sich kulturell so sehr von unserer Heimat unterschied. Auch ich habe getötet. Ich war Soldat, handelte auf Befehl und habe nie irgendeinen infrage gestellt. Außer den letzten, wo ich mit ansehen musste, wie wir in unser Verderben liefen. Getreu dem Motto »Viam Inveniemus – wir werden einen Weg finden«.
Nie werde ich den Augenblick vergessen, in dem mein bester Freund in meinen Armen lag und starb. Sein Körper zerfetzt von einer Bombe, die eine Frau um ihren Leib trug. Fanatisch in ihrem Glauben und erfolgreich in ihrem finalen Handeln, sich das Leben in einer Selbstmordaktion zu nehmen und so viele Menschen wie möglich dabei mitzunehmen. Er rettete mir das Leben, in dem er seines gab. Er war mein Bruder, von einer anderen Mutter. Domenic hielt mir immer den Rücken frei, so wie ich seinen. Wir verstanden uns blind und ohne Worte. Jetzt, wo er nicht mehr da war, fühlte ich mich verwundbar, traurig und einsam.
Dass sein Vater hier auftauchte und nach mir suchte, wunderte mich nicht. Er war mir eine große Hilfe, nachdem mein Dad bei einem Trainingsunfall starb. Ethan nahm mich als Teenager bei sich auf und begleitete mich nicht nur auf meinem Weg, erwachsen zu werden, sondern zeigte mir auch, dass mein Kater ein wichtiger Bestandteil meines eigenen Ichs war. Meine Mutter hatte sich damals, sofort nach meiner Geburt, vom Acker gemacht. Sie war ein Einzelgänger und ich hatte nie wieder was von ihr gehört. Mein Dad zog mich allein groß bis zu dem Tag, an dem Ethan plötzlich in unserem Haus stand und mir mit Tränen in den Augen erklären musste, dass mein Dad nicht mehr nach Hause kommen würde.
Wenn Ethan nicht gewesen wäre, wer weiß, was aus mir geworden wäre.
* * *
Die Bäume rings um meine kleine Hütte hatten bereits lange Schatten geworfen, als ich mein Handy anschaltete. Viele eingespeicherte Nummern hatte ich nicht, doch diese eine wählte ich aus dem Gedächtnis, denn niemand außer mir hatte sie. Sie war unser Back-up, für alle Fälle. Er hätte sich nicht selbst die Zeit genommen und wäre nach San Pedro gereist, wenn es nicht wichtig wäre. Nach dem zweiten Klingeln nahm er ab.
»Wie war dein Tauchgang?«
»Still und friedlich.«
»Das ist schön. Geht es dir gut, mein Junge?«
»Ja. Aber du bist ja nicht zum Plaudern hier. Was ist los?«
»Du musst nach Hause kommen. Ich brauche deine Hilfe.«
»Cougar, ich weiß nicht, ob ich das noch kann …«
»Quatsch keinen Blödsinn. Du bist der Beste, der den Scheiß wieder in Ordnung bringen kann.«
»Ohne Team? Ethan …«
»Du stellst ein neues zusammen. Eines, das unter dem Radar agiert. Das nur mir unterstellt ist. Du bekommst, wen du brauchst und was du benötigst.«
»Das ist nicht dasselbe … Dom, er …«
»Er fehlt mir auch, jeden Tag. Aber du, du bist mir noch geblieben. Bitte komm nach Hause.«
»Es ist, als fehle mir mein rechter Arm, verstehst du? Du drehst du dich um und er ist nicht da, so wie sonst. Das Team war eine Einheit, im wahrsten Sinne des Wortes. Er fehlt mir so. Sie fehlen mir alle. Kein anders Team kann das ersetzen, was ich verloren habe. Außerdem hatte ich meine Kündigung eingereicht.«
»Ja, die liegt in meinem Schreibtisch unter Verschluss. Offiziell bist du auf unbestimmte Zeit beurlaubt.«
»Hast du da deine Kompetenz als Major General nicht ein kleines bisschen überschritten?«
»Kommst du nach Hause?«
»Kommst du zum Essen?«
»Um acht bei dir.«
Kapitel 2 – Tiago
Scheibenkleister hoch zehn
Der Headhunter stand bereits vor meiner Tür, als ich vor etwas mehr als zwei Jahren meinen Abschluss an der Uni in Toronto gemacht hatte. Das Angebot, das er mir unterbreitete, konnte ich damals nicht ablehnen. Das Gehalt war mehr als großzügig und die Aussicht, in meinem Beruf spannende Aufgaben zu übernehmen, hatte meine Entscheidung maßgeblich beeinflusst. Ich war naiv zu glauben, dass ein Headhunter ausschließlich seriöse Jobangebote zu machen hatte. Unwissend nahm ich das Angebot an und ging in die Staaten. Nach New York. Ein Ort, den man entweder liebte oder hasste. Ich hasste ihn vom ersten Tag an. Schnell wurde mir klar, dass ich einen großen Fehler begangen hatte.
Mein Apartment war nicht größer als ein Schuhkarton und völlig überteuert. Heißes Wasser war Glückssache und der Weg zur Arbeit eine Qual. Von meinen Nachbarn will ich erst gar nicht anfangen. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich war dort kreuzunglücklich und wollte nur noch zurück nach Hause. Aber wenn man denkt, dass es einfach ist, sich aus einer Firma zurückzuziehen, die dich nicht gehen lassen will, weil sie es nicht kann, wird die Sache interessant. Als ich nach ein paar Monaten herausfand, dass es dort nicht mit rechten Dingen zuging, war es beinahe schon zu spät. Die versteckten Drohungen, kleine Sabotageakte und das Verschwinden meiner Katze hatten mich mürbe gemacht, also ergab ich mich und blieb. Das Leben in New York wurde für mich jedoch immer mehr zu einem Spießrutenlauf.
Ich war gut in dem, was ich tat. Für das Netzwerk einer Investmentfirma zuständig, hatte ich auf alle Bereiche Zugriff. Arbeitstechnisch hatte ich gut zu tun, aber mir fielen immer mehr Ungereimtheiten auf. Datensätze, Dateien und Dokumente, die mit der eigentlichen Arbeit des Unternehmens nichts zu tun hatten, erregten meine Aufmerksamkeit.
Computer waren schon immer mein Leben, aber Spionage sollte nicht dazugehören. Ich wurde neugierig und steckte meine Nase in Dinge, die mich nichts angingen, und brachte mich in ernsthafte Schwierigkeiten. Mir haftete plötzlich ein zweifelhafter Ruf an. Geschuldet der Arbeit für ein Unternehmen, dessen Inhaber über Leichen zu gehen schien. Einem Mann, den ich nie zuvor gesehen hatte. Das Maß aller Dinge war voll, als ich den privaten Account meines Chefs gehackt hatte und auf Dateien gestoßen war, die mir das Blut in den Adern gefrieren ließen. Erpressung, Schutzgeld und Körperverletzung waren ja noch relativ harmlos, aber die Fotos von einem Auto, das als solches nicht mehr zu erkennen war, hatten mich direkt in die Arme des Militärs getrieben. Mit Bombenanschlägen und Mord wollte ich nichts zu tun haben.
Ich nahm unter dem Vorwand, meine Mutter zu ihrem Geburtstag besuchen zu wollen, Urlaub. So plante ich monatelang meinen Abgang aus New York. Schon eine ganze Zeit lang hatte ich das Gefühl, dass sie mich beobachteten, aber mit Sicherheit beweisen konnte ich es nicht. Zweifelsfrei waren sie in meiner Wohnung. Schubladen waren durchwühlt worden, Dinge standen nicht so da, wie ich sie angeordnet hatte. Im Büro dieselbe Situation. Mir war jemand auf der Spur. Dass ich die Daten von dem Computer meines Chefs gesichert hatte, brachte mich in große Schwierigkeiten.
USB-Sticks lassen sich inzwischen gut verstecken, denn sie sind unauffällig klein und wasserdicht. Versenkt im Wassertank meines Kaffeevollautomaten, sind sie der Beweise nicht habhaft geworden. In einem unauffälligen Brief an den Nachbarn meiner Mutter mit der Bitte, sich der Sache anzunehmen, schickte ich eine Kopie der Daten nach Kingston. Ethan O’Kelly war ein integrer Mann, dem ich vertrauen konnte. Ich war mir sicher, dass er sich um die Sache kümmern und mir helfen würde. Und das tat er auch. Nach weiteren Monaten packte ich in einer Nacht-und-Nebel-Aktion all mein Zeug, das mir wichtig war, in drei große Kartons und verschickte sie nach Hause zu meiner Mutter. Der Rest hat in eine Reisetasche gepasst.
Erst als ich im Flieger nach Toronto saß und dieser bereits auf Reisehöhe war, beruhigte sich mein Puls und pendelte sich auf eine normale Frequenz ein. Die Konsequenz aus all dem war, dass ich von nun an immer einen Blick über meine Schulter werfen müsste. Denn solange der Mann, der hinter den von mir geklauten Daten steckte, nicht überführt war, war auch für mich kein normales Leben mehr möglich.
Dass ich nicht zurück zu meiner Mutter gehen konnte, war klar, dass ich aber mal bei der Canadian Special Operations Forces Command – kurz CANSOFCOM landen würde, wäre mir in meinem kühnsten Träumen nicht eingefallen.
Direkt am Flughafen wurde ich von zwei Militärs in Empfang genommen, die mich in die Kommandozentrale von Major General Ethan O’Kelly brachten. Dort wurde ich im Wohntrakt der Truppe untergebracht. Man sagte mir, dass ich die Truppenküche im Erdgeschoss und die Dusche auf der Etage nutzen könnte. Ich solle mich gedulden und das Gebäude nicht verlassen. Der Major General würde sich bei mir melden.
Das Zimmer glich jetzt nicht einem im Ritz, aber es war ansprechend eingerichtet. Fernseher, ein kleiner Kühlschrank, tatsächlich mit diversen alkoholfreien Getränken gefüllt, und ein Bett, dessen Matratze nicht durchgelegen war, wurden mir zugeteilt. Mich hätte es auch schlechter treffen können.
Ein Gutes hatte die Umgebung. Ich fühlte mich sicher und auch nicht mehr verfolgt.
Der General ließ ein paar Tage auf sich warten. Tage, in denen ich mein bisheriges Leben Revue passieren ließ. Zeit zum Nachdenken hatte ich ja genug. Es war nicht so, als ließe ich jemand Besonderen zurück. Freundschaften pflegte ich nicht viele. Das war schon immer so. Meist waren es Bekanntschaften, die ich eher locker sah, und meines Erachtens nach wäre dort auch niemand gewesen, der mich vermissen würde. Da ich ja schnell feststellen musste, dass das Leben in New York nicht dem entsprach, was ich mir vorstellte, als ich ankam, bemühte ich mich nicht besonders um einen engeren Freundeskreis. Der New Yorker ist per se erst mal distanziert und in bestehende Cliquen zu kommen, ohne Zuspruch, war schwer. Als mein Ruf dann auch noch den Bach runterging, weil mein Arbeitgeber ein Mann mit einem noch viel schlechteren Leumund war, sah ich mich schon isoliert, aber ich tat, was ich tun musste. Ich nahm die Informationen und flüchtete. Was ich damit ausgelöst hatte, konnte ich zu diesem Zeitpunkt nicht ahnen. Ich stach in ein Wespennest und brachte die Königin damit gegen mich auf.
* * *
Ethan O’Kelly beorderte mich um null acht hundert zu sich. Als ich den Überbringer der Nachricht fragte, ob er acht Uhr meint, beantwortete der Soldat meine Frage mit einem forschen »Jawoll«. Also brachte man mich zu dem Mann, den ich noch aus meiner Kindheit kannte und zum letzten Mal gesehen hatte, bevor ich auf die Uni gegangen bin.
Ich erinnerte mich an seinen Sohn Dom, dem ich schon als Teenager immer heimlich hinterhergeschmachtet hatte. Was für ein Mann. Blond, blauäugig und ein Kerl zum Träumen. Als mir meine Mutter vor einem Jahr von dem Anschlag erzählte, bei dem er gefallen war, traf mich die Nachricht wie ein unvorbereiteter Hammerschlag. Auch wenn Domenic nicht schwul war, war er doch meine heimliche erste, leider unerwiderte, große Liebe. Ich schwärmte viele Jahre für den Mann. Auch dann noch, als Daniel in seine Familie kam. Ich war eifersüchtig auf den Mann, der sein bester Freund wurde. Sie nahmen nur wenig Notiz von mir, denn ich war ja noch ein halbes Kind. Aber aus der Ferne, also über den Gartenzaun, habe ich sie beobachtet, wie sie Basketball spielten oder sich im Pool gegenseitig untertauchten. Sie wurden erwachsen, gingen aufs College und dann gemeinsam zum Militär. Sie waren so vertraut miteinander. Daniel tat mir leid, denn er hat seinen besten Freund verloren. Es hieß, dass das ganze Team entweder tot oder schwer verwundet gewesen sein soll. Das Ausmaß der Tragödie war mir bewusst, aber dennoch traf es mich und ich war wochenlang traurig. Außerdem kannte ich das Geheimnis, dass Daniel und Dom vor aller Augen zu verbergen versucht hatten.
Eines Abends sah ich zu, wie sie sich auszogen und wie aus Dom und Daniel ein Puma und ein Panther wurden. Ich glaube, den Schock habe ich nie überwunden. Ich konnte nicht glauben, was ich da sah. Der Panther war so viel größer als der Puma und irgendwie passten die Tiere zu den Männern, die sie irgendwann mal sein werden, so dachte ich damals. Ein paar Wochen später gingen die beiden zum Militär, ließen mich in meiner geschockten Verliebtheit zurück und verschwanden aus meinem Leben. Dom nahm ein kleines Stück meines Herzens mit, und doch gab ich es ihm gern. Keine Ahnung wieso.
* * *
Als ich das Vorzimmer des Generals betrat, erhob sich ein Soldat in schicker Uniform, ging zu der Tür auf der rechten Seite, klopfte und wartete das »Herein« ab, das nur ganz leise zu hören war. Er öffnete die Tür und meldete seinem Chef, dass ich jetzt da sei. »Soll hereinkommen«, ertönte es und keine Ahnung warum, aber plötzlich ballte sich eine Ladung Unwohlsein in meinem Bauch. Habe ich vielleicht doch einen Fehler gemacht, als ich ihn um Hilfe bat? Langsam trat ich näher und sah den Mann hinter seinem wuchtigen Schreibtisch sitzen. Auf diesem standen beziehungsweise lagen drei Stapel Akten, bestehend aus gräulichem Karton, ein Stiftköcher, in dem fünf penibel angespitzte Bleistifte steckten, ein Bildschirm, der den Mann halb verdeckte, und ein Bilderrahmen mit einer schwarzen Bordüre am oberen rechten Rand, der ein Foto enthielt, dessen Konterfei mir das Herz schwer werden ließ. Dom in seiner Militäruniform …
Der General stand auf und kam um den Schreibtisch herum. Blieb circa zwei Meter vor mir stehen und schaute mich musternd an. »Tiago, wie lang ist es her? Neun Jahre?« Er kam auf mich zu und reichte mir seine Hand zur Begrüßung.
»Nein, Sir, zehn Jahre. Erst das College, dann die Uni und dann etwas über zwei Jahre New York.«
»Verdammt, wo ist die Zeit geblieben?« Es war eine rhetorische Frage.
»Wie geht es Ihnen? Das mit Dom tut mir so unendlich leid.«
»Danke.« Er schluckte und wahrte sein Gesicht. Ausdruckslos, aber seine Augen verrieten seinen Schmerz. Dieser Mann hatte etwas elegant Katzenhaftes an sich. Seine Augen waren aufmerksam, strahlten aber eine Traurigkeit aus, die vor zehn Jahren noch nicht da war. Das eigene Kind zu verlieren, sollten Eltern nicht erleben müssen. »Komm, setzen wir uns doch. Möchtest du einen Kaffee?« Er deutete auf eine Sitzgruppe, die aus vier kleinen ledernen Sofas bestand. Dieses Büro war riesig und doch gemütlich. Das wunderte mich nicht, wenn er doch die meiste Zeit in diesem Raum verbracht hatte.
Er schüttete uns je eine Tasse voll ein. Nahm seine und lehnte sich zurück. Er schaute mich mit einem langen und intensiven Blick an, bevor er sprach.
»Die Informationen, die du da gefunden hast, sind von größter Brisanz. Tiago, du hast Glück, dass du dich an mich gewandt hast. Ich kann dich beschützen und ich brauche deine Hilfe.«
»Meine Hilfe? Wie das?«
»Wir brauchen jemanden, der sich mit Computern und IT-Systemen auskennt. Wir brauchen einen Mann im Background, der Einsätze per Satellit koordiniert und Informationen beschaffen kann. Unauffällig. Wenn du verstehst, was ich meine?«
»Sir, bieten Sie mir gerade einen Job an?«
»So kann man es nennen. Ich baue eine Einsatztruppe auf, die gewisse Einsätze durchführen muss, deren Legalität sich in einer Grauzone befindet. Es wird keine offizielle Einheit sein, aber eine notwendige. Eine Einheit, deren Mitglieder alle eine Geschichte haben. So wie du. Du hast Informationen gestohlen. Für dieses Verbrechen geht man in den USA für ein paar Jahre ins Gefängnis.« Ich ließ seine Worte sacken und merkte recht schnell, dass ich aus dem Regen in die Traufe kam. Ganz toll. Er bemerkte mein Zögern und las in meinen Augen – oder wo auch immer. Jedenfalls trank er einen Schluck Kaffee, starrte mir dabei in die Augen und wartete meine Antwort ab. Aber leider hatte ich keine. Nur Wut und Enttäuschung, weil ich zuerst dachte, der Mann erpresst mich. Ich hatte doch keine Wahl, als ich die Dateien fand, sicherte und an mich nahm. Verdammte Scheiße. Ich stand auf und blickte auf einen Mann herab, der mich arrogant und selbstbewusst anschaute, als ob er meine Antwort bereits kannte.
»Und ich dachte, ich kann Ihnen vertrauen?«
»Das kannst du auch. Mehr, als du ahnst. Oder glaubst du etwa, ich würde dir ein Projekt anbieten, wenn ich nicht wüsste, dass du ein Geheimnis für dich behalten kannst?« Irgendwas regte sich in mir. Geheimnis für mich behalten? Was meinte er bloß? Doch nicht etwa …?
»Domenic und Daniel waren an einem Abend sehr unvorsichtig und taten etwas, das sie nur in absoluter Verborgenheit hätten tun dürfen. Und du hast sie beobachtet. Mein Junge, man sah dir deine Verliebtheit in Dom regelrecht an. Meinst du, ich wusste es nicht? Ich sah dich am Fenster deines Zimmers stehen. Ich sah deinen Gesichtsausdruck, als die beiden sich in ihre Tiergestalt verwandelt haben.« Meine Beine wurden bei seinen Worten weich. Und somit kannte er alle meine Geheimnisse. Mir fiel plötzlich das Schlucken schwer. Man gut, dass das Sofa noch hinter mir stand. Ich ließ mich schwer darauf fallen und starrte den Mann vor mir an.
»Die Einheit wird aus sechs Leuten bestehen. Du wärst der einzige Nicht-Wandler. Ein Panther, ein Bär, ein Tiger, ein Gepard und ein Löwe sind die Männer an der Front. Du als Technikfachmann im Hintergrund. Was sagst du? Bist du dabei?«
»Ein Panther? Daniel?«
»Daniel.« Der Mann, der an Doms Seite war. Der Mann, der sein größtes Vertrauen genoss. Der Kerl, der mich immer nur anlächelte, aber nie richtig bemerkte. Das konnte ja heiter werden.