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Der 15jährige Heinrich, wurde von König Karl IX. in Nerac, ein Städtchen in der Gascogne wieder an den Hof von Navarra, nach seiner Ausbildung am Paris Hof übergeben. Seine Mutter, die Königin von Navarra schloss ihren jungen Fürst wieder in die Arme. Beim Armbrustschießen erblickte Heinrich unter den Zuschauern ein junges Mädchen, ein bildschönes Kind von fünfzehn Jahren. Es stand da in einfacher Tracht, das zarte Gesichtchen halb vom Hut beschattet, reizend wie die Liebe, harmlos wie die Unschuld. Es war die Tochter des Schlossgärtners mit Namen Florette. Es begann die ersten große Liebe des jungen Fürsten, die so tragisch endete.
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Seitenzahl: 38
Heinrich Zschokke
Texte: © Copyright by Heinrich Zschokke
Umschlag: © Copyright by Walter Brendel
Verlag:
Das historische Buch, Dresden / Brokatbookverlag
Gunter Pirntke
Mühlsdorfer Weg 25
01257 Dresden
Inhalt
Impressum
1. Der junge Fürst von Bearn
2. Das Armbrustschießen
3. Die Rose am Pfeil
4. Der Born des Kaninchengeheges
5. Der Gärtner
6. Die Belauschung
7. Die Überraschung
8. Der Abend
9. Das nasse Barett
10. Der Abschied
11. Das Wiederfinden
Zu Nerac, einem artigen Städtchen in der Gascogne, war ein großes Fest, das heißt, es war alle Tage Fest, weil der König von Frankreich, Karl IX., mit seinem ganzen glänzenden Hofstaate zum Besuche des Hofes von Navarra dahin gekommen war.
Der Besuch hatte gute Gründe.
Der König von Frankreich brachte der Königin von Navarra ihren jungen Sohn Heinrich, der bisher am Hofe zu Paris erzogen war und den die Königin nun bei sich haben wollte, zurück. Man kann sich also denken, welche Freude es da gab, als die Mutter ihr Kind wieder an ihre Brust drückte.
Die Königin Johanna war nicht nur eine zärtliche Mutter, sondern eine wahre Heldenmutter; es ist aller Welt bekannt, wie sie sich betragen, als sie ihren Liebling Heinrich zur Welt brachte. Ihr Vater, Heinrich von Albret, König von Navarra, der damals zu ihr an's Bett trat, und in der Hand eine goldene Schachtel mit einer langen goldenen Kette darin hielt, hatte gesagt: »Sieh, Töchterchen! Singst Du mir bei Deiner Niederkunft ein recht artiges Gascogner Lied, so bekommst Du dies und was darin ist.« Und sie sang, als das Kind erschien. Da legte er ihr auf der Stelle die goldene Kette um den Hals und gab ihr die goldene Schachtel. »Aber,« sagte er, und nahm den Neugeborenen in seinen Arm, »dafür behalte ich den hier!« Die Mutter hingegen ließ ihn sich nicht nehmen.
Nun war Heinrich groß geworden, zwar erst fünfzehn Jahre alt, aber man konnte auch glauben achtzehn, so schlank war er aufgeschossen. Zwar wehte kaum ein Flaum von Bart um sein Kinn und sein Gesichtchen war wie Milch und Blut; aber er hatte Herz, wie ein alter Degen, und Hände hart und kräftig vom Schwert und allerlei rauer Arbeit, die er sich machte.
Ein flüchtiger Wildfang war er, ein echter Springinsfeld; er konnte reiten, jagen, fechten, tanzen, und kletterte auf Bergen und Felsen wie eine Gämse umher, so dass sein Lehrer und Hofmeister, der weise Lagaucherie, oft große Not mit ihm hatte. Aber dabei war der junge Fürst so liebenswürdig, so geistvoll, so gutmütig . . . man konnte nicht anders, man musste ihm gut sein, und erinnerte man ihn nur, wenn er es ein wenig zu bunt trieb, an Pflicht und Ehre, so konnte man ihn mit den zwei Worten zahm machen, wie ein Lamm.
Die Leute in Nerac sahen daher auch lieber auf den wilden, schönen frommen Heinrich, als auf allen Pomp der Majestät des Königs von Frankreich. Dieser ging immer sehr ernsthaft und majestätisch und dankte kaum, wenn man ihn grüßte; aber Heinrich lächelte freundlich links und rechts und grüßte gern wieder. In seinem Lächeln lag ungemein viel Anmut; wenigstens bezeugten es alle jungen Frauen und Mädchen zu Nerac einmütig und mit Kennermienen. Sind doch in solchen Dingen Frauenzimmer unstreitig die zuverlässigsten Kunstrichterinnen oder vielmehr Naturrichterinnen.
Obzwar im Gefolge des Königs noch mehrere junge, schöne, geistreiche, tapfere Herren waren, zum Beispiel der junge Herzog von Guise, drei Jahre älter als der Fürst von Bearn, so blickte man dennoch nur auf diesen freundlich hin, weil er immer freundlich hersah. Der junge Herzog aber wusste das wohl; es verdross ihn oft und er hatte vermutlich deswegen den Königssohn von Navarra nicht gern. Beide waren mit einander aufgewachsen, Spiel und Jugendgefährten; sie vertrugen sich jedoch selten mit einander. Der König von Frankreich hatte beständig zwischen beiden jungen Leuten etwas zu richten und zu schlichten; darum war es gut, dass sie auseinander kamen und Heinrich bei seiner Mutter bleiben musste.
Inzwischen hätte es beinahe noch vor dem Abschied in Nerac wieder Händel gegeben.
Unter anderen Festlichkeiten wurde auch ein Armbrustschießen abgehalten
Der König selbst war ein guter Schütze. Er war es leider, denn man weiß ja, wie er sechs Jahre nach dem Feste zu Nerac bei der Bluthochzeit in Paris auf seine eigenen hugenottischen Untertanen schoss. Zu Nerac trieb er die Kunst noch etwas unschuldiger, denn eine in abgemessener Ferne aufgesteckte Pomeranze war das Ziel.