Die Fauna des Mittelmeeres - Sven Gehrmann - E-Book

Die Fauna des Mittelmeeres E-Book

Sven Gehrmann

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Beschreibung

Dieses Werk basiert auf dem WORLD REGISTER OF MARINE SPECIES (WORMS), welches eine internationale Plattform der Wissenschaft darstellt. Diese umfasst die derzeit gültigen wissenschaftlichen Namen und Systematiken unserer rezenten Meerestiere. Dieses Buch stellt mehr als 150 verschiedene Arten des Mittelmeeres vor, wobei die Bandbreite von bekannten Fischarten des Flachwassers bis hin zu den Tiefseearten reicht. Das Werk stellt die Arten in den Kontext ihrer wissenschaftlichen Systematik, ihrer Lebensräume, ihrer Überlebens- und Fortpflanzungsstrategien, sowie ihrer aquaristischen Haltbarkeit, sofern man lebende Exemplare erwerben kann. Viele der hier gezeigten Arten sind nicht häufig, ungewöhnlich oder sie werden in Standardwerken meist unterschlagen. Darüber hinaus runden einige Fotos von Originalhabitaten das Werk ab.

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Seitenzahl: 335

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Inhaltsverzeichnis

Einführungen in ein komplexes Thema:

Mediterrane Meerestiere – statt eines Vorwortes

Mare Nostrum

– die politische Ansicht eines Meeres

Die Hybris der Meerwasseraquarianer

Verschiedene Mittelmeeraquarien

Verschiedene Tiergemeinschaften im Aquarium

Der Mythos von der artgerechten Tierhaltung…

Marine Habitate im Mittelmeer

Felsenküsten

Wracks

Seegraswiesen

Offener Ozean

Tiefsee

Häfen

„Nanoaquaristik“ – eine populäre Fehlentwicklung

Wie ein optimales Mittelmeer-Aquarium aussehen sollte

Im Sand ist das Leben, im Sand wohnt auch der Tod!

Krankheitsprophylaxe und Eingewöhnung von Aquarienfischen

Wie hält man Meeresfische richtig?

Wie wichtig sind Wasserwechsel?

Stress der Meeresfische – ein unterschätztes Problem

Superklasse

Agnatha

– Kieferlose

Flussneunauge

Meerneunauge

Inger

Klasse

Actinopterygii

– Strahlenflosser

Störe

Adria-Stör

Waxdick

Gemeiner Stör

Sandaale

Kleiner Sandaal

Aale

Europäischer Aal

Kardinalbarsche

Meerbarbenkönig

Ährenfische

Priester- oder Ährenfisch

Hornhechte

Hornhecht

Schleimfische

Seeschmetterling

Gestreifter Schleimfisch

Beschuppte Schleimfische

Silbriger Schleimfisch

Echte Butte oder Linksaugenflundern

Lammzunge

Weitaugen-Butt

Steinbutte

Steinbutt

Glattbutt

Schnepfenmesserfische

Schnepfenfisch

Leierfische

Gestreifter Leierfisch

Eberfische

Eberfisch

Stachelmakrelen

Holzmakrele oder Stöcker

Heringsfische

Finte

Sardine

Sprotte

Meeraale

Meeraal

Zungenbutte

Zungenbutt

Groppen

Seebull

Schiffshalter

Gemeiner Schildfisch

Anchovis oder Sardellen

Sardelle

Dorschfische

Wittling oder Merlan

Blauer Wittling

Franzosendorsch

Zwergdorsch

Seequappen

Mittelmeer-Seequappe

Quappe

Leng

Mondfische

Mondfisch

Stichlinge

Dreistacheliger Stichling

Grundeln

Glasgrundel

Anemonen-Grundel

Riesengrundel

Blutlippen-Grundel

Schlank-Grundel

Schwarzgrundel

Schwarzmundgrundel

Schlammgrundel

Sandgrundel

Lippfische

Meerjunker

Klippenbarsch

Grauer Lippfisch

Mittelmeer Lippfisch

Mittelmeer Putzerlippfisch

Goldmaid

Augenfleck-Lippfisch

Meerpfau

Kuckuckslippfisch

Pfauen-Lippfisch

Seehechte

Seehecht

Wolfsbarsche

Wolfsbarsch

Meeräschen

Dicklippige Meeräsche

Gold-Meeräsche

Meerbarben

Streifenbarbe

Muränen

Muräne

Echte Barsche

Flussbarsch

Zander

Schollen

Scholle

Flunder

Demoisellen oder Kleine Riffbarsche

Mönchsfisch

Indopazifischer Feldwebelfisch

Lachsfische

Meerforelle

Umberfische

Seerabe

Bonitos, Makrelen und Thunfische

Pelamide oder Atlantischer Bonito

Makrele

Gelbflossen-Thunfisch

Skorpionsfische

Indischer Rotfeuerfisch

Kleiner Roter Drachenkopf

Schwarze Meersau

Europäischer Meersau

Zackenbarsche

Mittelmeer-Fahnenbarsch

Sägebarsch

Schriftbarsch

Riesenzackenbarsch

Seezungen

Zwergseezunge

Sechsaugen-Seezunge

Sandzunge

Seezunge

Meerbrassen

Blöker

Gemeiner Laxierfisch

Marokkanische Meerbrasse

Ringelbrasse

Spitzbrasse

Geißbrasse

Zweibindenbrasse

Marmorbrasse

Brandbrasse

Achselfleckbrasse

Gemeine Rotbrasse

Goldstrieme

Goldbrasse

Streifenbrasse

Seepferdchen und Seenadeln

Langschnauziges Seepferdchen

Kurzschnauziges Seepferdchen

Große Seenadel

Kleine Seenadel

Krummschnauzige Schlangennadel

Kleine Schlangennadel

Petermännchen

Vipernqueise

Petermännchen

Knurrhähne

Seekuckuck

Roter Knurrhahn

Grauer Knurrhahn

Himmelsgucker

Himmelsgucker

Schwertfische

Schwertfisch

Petersfische

Heringskönig

Tiefseefische

Gotteslachse

Gotteslachs

Anglerfische

Seeteufel

Tiefsee-Anglerfische

Weicher Tiefsee-Anglerfisch

Degenfische

Strumpfbandfisch

Haarschwanz- oder Degenfisch

Riemenfische

Riemenfisch

Haie und Rochen – Klasse

Elasmobranchii

, Plattenkiemer

Einige allgemeine Hinweise zur Haltung von Haien und Rochen

Seeratte

Großgefleckter Katzenhai

Kleingefleckter Katzenhai

Hundshai

Nördlicher Glatthai

Heringshai

Dornhai

Zitterrochen

Gefleckter Zitterrochen

Blondrochen

Nagelrochen

Augenfleck-Rochen

Fleck-Rochen

Stechrochen

Marmor-Rochen

Klasse Reptilien – Meeres-Schildkröten

Unechte Karett-Schildkröte

Symbiosen

Putzergarnelen und Fische

Krebstiere und Grundeln

Wirbellose Tiere, die man mit Fischen vergesellschaften kann

Krebstiere

Europäische Languste

Wollkrabbe

Langarmkrebs

Felsenküsteneinsiedler

Augenfleck-Einsiedler

Pfefferminzgarnele

Stachelhäuter

Dünnstacheliger Seestern

Roter Seestern

Seeigel für ein Fischbecken

Seegurken

Nesseltiere

Seeanemonen für das Mittelmeerbecken

Pferdeaktinie

Grüne Wachsrose

Zylinderrosen

Schwämme

Manteltiere

Präparation von Fischen

Literatur und Quellen

Warum die moderne Meerwasseraquaristik einen echten Beitrag zum Umweltschutz leisten kann

Epilog, November 2016 – ein Resümee

Sterbende Welt

Register der lateinischen Namen

Internetquellen

Danksagungen

Bilder

Rechts: Schnepfenfische bekommt man lebend leider nur sehr selten zu Gesicht.

Mediterrane Meerestiere – statt eines Vorwortes…

Die meisten Menschen aus Nordeuropa stellen sich das Mittelmeer als ein subtropisches Paradies vor, in dem immer ein mildes Klima mit schönem Wetter, angenehmen warmen Temperaturen und eine harmonische und fast schon tropische Vielfalt der Natur vorhanden sind. Darüber hinaus stellt man sich malerische Buchten, makellose weiße Strände, türkisblaues Wasser und Seegraswiesen voller Leben in den plakativsten Farben vor. Die Einheimischen leben sorgenfrei in ihren weiß getünchten Häusern und fahren mit ihren kleinen Fischerbooten mit dem Sonnenaufgang zum Fischen auf das ruhige Meer. Eine Welt, die unsere Sorgen und Probleme nicht kennt und deshalb als Urlaubsparadies für gestresste Nordeuropäer herhalten muss. Schön wäre das, einfach nur schön. Aber entspricht diese Vorstellung wirklich der Realität?

Auf der anderen Seite wimmelt es im Mittelmeerraum von diversen sozialen Spannungen, Umweltproblemen, Bürgerkriegsflüchtlingen und einem immensen Flug- und Schiffsverkehr infolge eines überbordenden Massentourismus. Welten prallen aufeinander, deren Probleme und Wertvorstellungen offenbar unvereinbar sind.

Denn alles, was sich zurzeit in der Mittelmeerregion abspielt, hat sehr wohl etwas mit dem eigenen persönlichen umweltschädlichen Fehlverhalten zu tun! Sei es der Konsum mediterraner Ressourcen aus dem Meer, welche oft lokale Fischarmut verursachen – oft ist die Konsumgier der Menschen aus den nordeuropäischen Industrieländern dafür mitverantwortlich.

Warum dann dieses Buch über mediterrane Meerestiere? Nun, weil die Beschäftigung mit diesen interessanten, manchmal bunten und auch vielgestaltigen Tieren ein Anlass zur Hoffnung sein könnte.

Denn je mehr Menschen sich mit diesem Hobby beschäftigen, desto mehr lernen sie über ökologische Zusammenhänge und Tiere. Und das wiederum kann zu einem veränderten Umgang mit den Ressourcen eines leider nicht unbegrenzt plünderbaren Planeten führen.

Dieses Buch soll also nicht nur ein Buch für Aquarienfreunde und Taucher sein, sondern es soll auch auf Probleme und Zusammenhänge hinweisen und Lösungen aufzeigen.

Darüber hinaus sollen hier auch Meerestiere vorgestellt werden, die in den Standardwerken der Aquarienliteratur leider nur stiefmütterlich behandelt werden, obwohl man sie hin und wieder sogar sammeln oder erwerben kann.

Ein Kritiker hat einmal gesagt, dass die Meerwasseraquaristik ein Hobby für Leute sei, die keine anderen Probleme haben. Nun, ich denke, an diesem Einwand ist etwas dran. Aber es ist eine Tatsache, dass die wissenschaftliche Welt ohne die kommerzielle Aquaristik erheblich weiter zurück wäre. Und inzwischen ist es sogar gang und gäbe, dass Privatleute Meerestiere in Gefangenschaft vermehren können und dazu beitragen, ständig das Wissen um Verhalten, Haltung und Nachzucht der Tiere zu vermehren. Und auch engagierte Taucher haben hier schon vieles beigetragen.

So ist es mein Wunsch, dass dieses Buch nicht nur viele meiner eigenen Erfahrungen mit dieser Materie weitergibt, sondern auch zu einem besseren Verständnis unserer Mitgeschöpfe aus dem Mittelmeer beiträgt, denn sie sind viel mehr, als nur ein weiteres Dekorationsobjekt eines Fischtellers beim Griechen, Jugoslawen oder Italiener. Ich selbst habe viele Jahre lang Tiere gesammelt, gehalten, Rückschläge erlebt, Fehler gemacht und lerne immer wieder Neues dazu. Ein Menschenleben wird nicht ausreichen, um alles zu verstehen, was sich in einem ökologisch intakten Felsenriff oder in einem diesem nachempfundenen Aquarium abspielt. Doch hoffe ich sehr, dass der eine oder andere meiner Gedanken dem geneigten Leser vielfältige Anregungen bietet!

Sven Gehrmann, im Herbst 2018.

Mare Nostrum – die politsche Ansicht eines Meeres

Die alten Römer bezeichneten das Mittelmeer als „Mare Nostrum“ („Unser Meer“). Man könnte das als Anmaßung verstehen, und genau das war es auch. Doch Hochmut kommt vor dem Fall; und wie es mit dem römischen Reich zu Ende ging, dürfte wohl bekannt sein. Und heute, mehr als 1500 Jahre nach dem Untergang des Römischen Imperiums? Nun, man hat den Eindruck, dass die Europäische Union dem gleichen Hochmut erlegen ist. Wie immer geht es dabei um Geld: Da sind zum einen wichtige Handels- und Schifffahrtsrouten, welche Dank des Suez-Kanales die Schiffswege um den Globus dramatisch verkürzt haben. Denn billige Waren aus Übersee wollen alle europäischen Staaten natürlich immer gerne importieren. Und andererseits kann man so natürlich auch Unmengen an anderen Wirtschaftsgütern kostengünstig exportieren, wie beispielsweise Panzer und Waffen für die arabischen Staaten am Persischen Golf. Was man aber selbstverständlich nicht möchte ist, die Verlierer der so geschürten und beförderten kriegerischen und wirtschaftlichen Konflikte aus arabischen und afrikanischen Ländern über das Mittelmeer in die „friedliebenden“ Länder der Europäischen Union einzulassen. Denn diese Menschen haben ja nicht unseren Bildungsstandard und kosten die Staatengemeinschaft der europäischen Union Milliarden von Euro. Es ist schon schizophren: Auf der einen Seite versuchen sich unsere Politiker als „Friedensapostel“ darzustellen, auf der anderen Seit wird an bewaffneten Konflikten das meiste Geld verdient. Trauriger weise ist die Bundesrepublik Deutschland gleich nach den USA, China und Russland der viertgrößte Rüstungslieferant der Welt. Wundert einen da noch irgendetwas? Fuhr man früher gerne zum „Tiere suchen“ in mediterrane Länder wie etwa Griechenland oder Italien, so muss man sich heute fragen, ob man dort noch guten Gewissens seinen Urlaub verbringen kann, wenn sich dort wie etwa auf den Kykladen oder auf dem italienischen Lampedusa die unerwünschten Flüchtlingsströme aus dem Süden und dem mittleren Osten stapeln? Und auch die Türkei war und ist wegen der Menschenrechtslage ein inakzeptables Urlaubsland. Man mache sich bitte vor der Buchung eines Urlaubes klar, dass die im Urlaubsland ausgegebenen Devisen leider immer die dortigen oft nur pseudodemokratischen Regime stützen könnten. Als ehrliche, fleißige und rechtschaffene Bürger der Europäischen Union sollten wir hier ein Zeichen setzen. Daher sollten wir unseren Urlaub bitte nur(!) in Ländern buchen, wo unser Geld auch bei den Einheimischen tatsächlich ankommt, und wo Meinungs- und Pressefreiheit keine Fremdworte im Vokabular der Regierenden sind. Denn der Verlust von Devisen aus dem Tourismusgeschäft trifft diese sehr viel härter, als dieses Sanktionen der Europäischen Union jemals tun werden. Setzen auch Sie ein Zeichen! Abschließend möchte ich an dieser Stelle noch sagen, dass es bei der Wahl eines Urlaubslandes selbstverständlich nicht darum gehen kann, Rassismen zu entwickeln. Sondern unser Urteilsvermögen sollte von dem Bewusstsein geprägt werden, dass wir lediglich den korrupten Regierungen der von uns auf den Index gesetzten Länder einen Denkzettel verpassen wollen. Nicht jedoch der Bevölkerung, die nichts dafür kann!

Die Hybris der Meerwasseraquarianer

Vielleicht kennen Sie das ja auch: Sie haben sich gerade ein Meerwasseraquarium angeschafft, und nun macht sich dieser Gedanke breit: „Wow, jetzt gehöre ich auch zu den elitären Aquarienfreunden, denn ich kann mir alle möglichen Meerestiere besorgen und diese in einem mehr oder minder großen Aquarium halten…“

Dabei gibt es nur ein kleines Problem: Jedes Aquarium – und selbst wenn es denn Schwimmbeckengröße hätte – ist begrenzt. Und was sich in ihm abspielt, ist mit den größeren Zusammenhängen eines nahezu unbegrenzten Lebensraumes mit seiner natürlichen Artenvielfalt einfach nicht vergleich- oder gar kopierbar.

Hierzu ein einfaches Beispiel: Nähmen wir einmal an, wir könnten aus einem Riff exakt einen Quadratmeter mitsamt den Tieren, die auf dieser Fläche leben, heraus stanzen und diesen zur näheren Untersuchung in ein passendes Aquarium verpflanzen. Was würden wir wohl dabei entdecken?

Nun, ich denke, dass wir zunächst sehr enttäuscht wären. Denn haben wir beim Aquarienhändler oder bei Freunden diverse Arten von Wirbellosen konzentriert auf kleinster Fläche gesehen, müssen wir nun feststellen, dass auf unserem Quadratmeter nur eine bis zwei verschiedene Arten siedeln und andere Arten stets einen respektvollen Abstand halten.

Gleiches gilt für die Fische: Schwimmen bei unseren Bekannten zehn oder gar mehr verschiedene Fische durch das Aquarium, so finden wir auf unserem Quadratmeter nur eine einzige Art. Wenn wir Glück haben, dann handelt es sich vielleicht um einen kleinen Schwarm oder ein Paar aus einer Art, mit etwas Pech haben wir jedoch nur einen einzigen Fisch ergattert, der auf diesem Quadratmeter sein Revier etabliert hat und der darüber hinaus noch mehr Platz fordert, in dem er ständig gegen die nun ihn einengenden Glasscheiben anschwimmt.

Mit etwas Glück haben wir vielleicht eine Symbiose eingefangen, bei der sich zwei Partner eine Höhle teilen und diese gegen andere behaupten. Und mit Sicherheit werden wir darüber hinaus viele kleine kaum sichtbare Tiere und Pflanzen importiert haben, die zum guten Teil mikroskopisch klein sind, ohne deren Vorhandensein aber nichts richtig funktionieren würde. Habe ich Ihr Interesse geweckt? Man kann diesen Ansatz mit dem „Quadratmeter-Riff“ natürlich endlos weiter entwickeln. Im Wesentlichen ging es mir bei diesem Gedankenexperiment nur darum aufzuzeigen, wie unmöglich das Bemühen ist, einen Ausschnitt aus einem marinen Habitat in einem Aquarium nachzugestalten.

Verschiedene Mittelmeeraquarien

Nachstehend einige Beispiele, wie Aquarien für Mittelmeertiere in der Praxis aussehen oder aussehen könnten. Dazu jeweils einige Anmerkungen und Vorschläge, welche dem geneigten Leser gerne als Inspiration dienen können. Sollte Ihnen etwas nicht gefallen – nun – dann machen Sie es einfach besser!

Ausschnitt aus einem Aquarium, mit künstlicher Felsrückwand, lebenden Steinen aus dem Mittelmeer und künstlichen Korallen. In diesem Becken hielt der Autor Seespinnen, Garnelen, Seeigel, kleine Einsiedlerkrebse der Gattung Clibanarius, kleine Schnecken und Seeanemonen. Der große Vorteil eines solchen Aufbaues ist der, dass man Pumpen und Technik weitgehend hinter der künstlichen Rückwand verstecken kann. Ein Nachteil ist der, dass man alles so konstruieren muss, dass sich insbesondere die Krebstiere nicht hinter der Rückwand verstecken können. Denn irgendwelche Tiere hinter einer solchen Rückwand fangen oder suchen zu müssen, führt unweigerlich zu einer Neueinrichtung des ganzen Aquariensystems. Als Bodengrund wurde Sandgrund verwendet, wobei dieser gleichzeitig als denitrifizierender Filter genutzt wurde. Ein System, das sich bewährt hat, je älter es wurde!

Hier wurden zur Dekoration Plastikpflanzen aus der Süßwasseraquaristik eingesetzt. Das hatte vor allem den Hintergrund, dass Seegräser im Aquarium leider nur schwer kultiviert werden können, und höhere Algen leider immer zu schnell gefressen wurden. Leider hat sich diese Idee nicht bewährt, denn offensichtlich gaben die Plastikpflanzen Weichmacher an das Aquarienwasser ab, was den Fischbesatz vergiftete. Daher sollte man sich vor Verwendung solcher Dekorationselemente stets davon überzeugen, dass sie seewassertauglich sind.

Die Vergesellschaftung von Pferdeaktinien und Grundeln gelingt nur, wenn die Grundeln wissen, wo die Aktinien stehen. Man hüte sich davor, abends neue Grundeln in ein Becken mit Aktinien zu setzen. Denn die Grundeln könnten dann schneller in einer Aktinie enden, als man reagieren kann...

Hier wurden juvenile Goldbrassen mit Pferdeaktinien und einer Kleinen Mittelmeerseespinne vergesellschaftet. Solche Lebensgemeinschaften funktionieren allerdings nur mit kleinen bis mittelgroßen Fischen. Werden die Fische zu groß, ist die Seespinne in Gefahr, sobald sie sich häutet. Auch muss man sehr darauf achten, dass die Aktinien genügend Futter abbekommen.

Eine Kombination von hohen Bodengrundschichten zur Haltung von Seefedern und die Pflege höherer Algen bewirkt eine hervorragende Wasserqualität. In solchen Aquarien kann man auch empfindliche Wirbellose und kleine Fische lange und gut halten. Größere Tiere wirken hier störend und beeinträchtigen mit ihrem Verhalten und ihren Ausscheidungen das Milleu.

Tiergemeinschaften im Aquarium

Eberfische und Gorgonien passen recht gut zusammen, und auch der Schriftbarsch verhält sich bei entsprechender Fütterung friedlich gegenüber anderen Fischen, selbst wenn sie etwas kleiner sind. Dieses beispielhafte Aquarium kann man im Zooaquarium Berlin (Stand Sommer 2018) besichtigen.

Obwohl der Schriftbarsch zur Familie der Zackenbarsche gehört, ist er alles andere als ein starker Räuber, Revierverteidiger oder gar Killer. Mit dem Meeraal versteht er sich ebenso gut wie mit großen Grundeln oder Meerbrassen.

Dieses Becken im Zooaquarium Berlin vereint dominante Wirbellose und einige wenige ausgewählte Fischarten, welche vorsichtig um die Nesseltiere schwimmen.

Auch in diesem Aquarium dominieren Wirbellose wie etwa Wachsrosen, Seeanemonen und Seegurken. Die Grundeln müssen sich jedoch stets vor den Tentakeln der Nesseltiere hüten.

Da durch Seegurken ständig die latente Gefahr einer Holothurinvergiftung vorhanden ist, sollte man in ein solches Aquarium keinen besonders seltenen oder gar teuren Fischbesatz integrieren.

Langusten und Brassen kann man in sehr großen Becken vergesellschaften. Sie werden jedoch immer ein ambivalentes Verhältnis zueinander haben…

Solche großen räuberischen Einsiedler wie den hübschen roten Schuppigen Einsiedler Dardanus arrosor mit der Schmarotzerrose Calliactis parasitica pflegt man separat in einem Artenbecken, oder mit Fischen, denen der Einsiedler nicht gefährlich werden kann.

Gleiches gilt für die Kleine Mittelmeerseespinne Maja crispata. Hier muss man darauf achten, dass die Seespinne keine erwünschten Algenbestände plündert.

Der Mythos von der artgerechten Tierhaltung…

Seit jeher wird von Aquarienfreunden, dem so genannten „Zoofachhandel“(oder wollen wir diesen lieber als „Tierverbrauchshandel“ bezeichnen?), Tierschutzorganisationen und auch staatlichen Veterinären und anderen staatlichen Organisationen mit der Begrifflichkeit der „artgerechten“ Tierhaltung um sich geworfen. Mit Sicherheit gibt es hierfür sogar gesetzliche und auch andere Definitionen, die sich jedoch international betrachtet stark unterscheiden dürften. Würde man ein bloßes Überleben eines Aquarientieres in Gefangenschaft als Maßstab anlegen, dann wären mit Sicherheit sehr viele Haltungs- und Zwischenhälterungsmethoden ad hoc zu 100 Prozent artgerecht. Legt man jedoch den Maßstab eines unbegrenzten Lebensraumes, nämlich des Weltmeeres an, dann kommt man sehr schnell zu dem Ergebnis, dass eine „artgerechte Tierhaltung“ gar nicht möglich ist!

Hierzu ein sehr einfaches Beispiel: Die Scholle der Nordsee Pleuronectes platessa wandert täglich mit dem Gezeitenstrom und legt dabei Entfernungen von bis zu 20 Kilometern zurück. Welches öffentliche Aquarium, das Schollen ausstellt, bietet seinen Besatztieren eine Möglichkeit, im Aquarium täglich eine Distanz von 20 Kilometern zurücklegen zu können? Was ebenfalls von öffentlichen Aquarien stets ignoriert wird, sind die Revieransprüche von Kaiserfischen. So ist es schon lange bekannt, dass insbesondere Kaiserfische der Gattung Pomacanthus im Riff oft Reviere besetzen, die mehrere hundert Quadratmeter groß sind. Während man also auf der einen Seite kommerziellen Ausstellern und öffentlichen Aquarien nahezu alles erlaubt, soll der private Tierhalter auf der anderen Seite ständig gemaßregelt und gegängelt werden. Manche Politiker würden ihm sein Hobby am liebsten ganz untersagen. Dann gibt es auch noch öffentliche Schauaquarien wie etwa die angeblich Greenpeace nahestehende Sealife-Gruppe, die ihre Tierpfleger sogar zur Tierquälerei zwingen. Da kommt dann nämlich der Sealife-Manager aus UK und bestimmt etwa, dass mehrere Kraken in nur ein Aquarium gesetzt werden müssen. Die Kraken jagen sich dann gegenseitig durch das Aquarium, bis nur noch das stärkste Tier lebt. (Dies habe ich mit eigenen Augen im Sealife-Center Hannover gesehen). Ich gehe inzwischen davon aus, dass Sealife-Center auf dem Hinterhof stets eine große Mülltonne für so „totgepflegte“ Tiere haben.

Aber es ist nun mal wichtig, dass man stets viel zu viele Tiere in den Aquarien wimmeln hat, damit der Besucher auch viel zu sehen bekommt. Da werden auch schon mal Fische von mehr als einem Meter Länge in ein zwei Meter langes Becken gesetzt… Sehr artgerecht, wirklich toll! Es lebe der Mythos: Artgerecht! Was ich damit sagen möchte, ist eigentlich etwas anderes: Manche Tiere überleben unsere Aquarien nur deshalb, weil sie hier keine Fressfeinde haben und weil sie selbst sehr anpassungsfähig sind. Auch können manche Arten extremste Transporte und Transportmethoden schadlos überstehen. Manche Fischarten können sogar relativ lange ohne Wasser überleben, wie etwa bestimmte südamerikanische Welse. Darüber hinaus ist es auch bekannt, dass Plattfische nach dem Fang in Kisten mit Eis eingelagert bis zu 48 Stunden lang überleben können. Solche Plattfische können sogar wieder reanimiert werden! Das mag dann zwar ein „artgerechter“ Umgang mit den Tieren sein, doch muss man das wohl in jedem Fall von einer optimalen und tierfreundlichen Haltung abgrenzen. Nur weil etwas für eine gewisse Zeit funktioniert, ist es nämlich noch lange nicht richtig! Bei Korallenfischen hat man meist das Problem, dass man im Handel Jungtiere erwirbt, die sich im Alter ganz anders verhalten, weil sie nun Reviere verteidigen und sich im Optimalfall auch fortpflanzen möchten. Hier stoßen die allermeisten Aquarien bereits schnell an ihre Grenzen. Doch das geht den öffentlichen Aquarien ganz genauso. So benötigen viele Fische eine mehrere Meter hohe Wassersäule, um Eier und Spermien überhaupt ausstoßen zu können. Dabei steigen sie rasch vom Boden auf und geben ihre Geschlechtsprodukte nahe der Wasseroberfläche ins Wasser ab. Ohne diese Möglichkeit müssen manche Arten – wie etwa eine Scholle – elendig im Aquarium zugrunde gehen, weil sie ihre Eier nicht ausstoßen können und dann an einer Laichverhärtung sterben. Hier würde artgerechte Tierhaltung also bedeuten, dass man den Tieren – wie auch immer – die Möglichkeit zum Laichen verschaffen muss. Notfalls, in dem man sie wieder auswildert. Das Thema der artgerechten Tierhaltung ist ein sehr komplexes Gebilde, dessen Idealen man sich immer nur annähern kann, die man aber niemals wirklich erreichen wird. Dies sei allen „Tierschützern“, „Experten“, Politikern und sonstigen Kritikern unseres salzigen Steckenpferdes entgegengehalten. Auch ist es wohl nur als hochgradig schizophren zu bezeichnen, wenn man ständig versucht, mit Gesetzen und Verordnungen diejenigen kriminalisieren zu wollen, denen ihre Pfleglinge tatsächlich am Herzen liegen. Während man auf der anderen Seite kommerzielle Aussteller, die sogar offensichtliche Tierquälereien aus reiner Profitgier begehen, ungestraft gewähren lässt! Im Übrigen bin ich der Meinung, dass man einen Unterschied machen muss zwischen dem, der seine Tiere mangels nötigen Wissens unabsichtlich falsch hält, und demjenigen, der aus welchen Motiven auch immer Leiden und Schmerzen seiner Tiere in Kauf nimmt. (Die Inkaufnahme ist vom Gesetzgeber in Deutschland dem Vorsatz gleichgestellt worden!). Daher sollte man mit dem Begriff der Tierquälerei sehr vorsichtig agieren, denn es gibt hier einen objektiven und sehr deutlichen Unterschied zwischen dem „Tierfalschhalter“ und dem „Tierquäler“! Etwas mehr „political correctness“ könnte hier nicht schaden! Somit bleibt nur noch zu sagen übrig, dass man sich einer „artgerechten“ Tierhaltung wohl nur annähern kann, man wird diese jedoch nie zu 100 Prozent realisieren können. Trotzdem kann ich aufgrund meiner jahrelangen Erfahrungen mit dieser Thematik feststellen, dass es kontinuierliche Verbesserungen auf allen Ebenen gegeben hat. Sei es bei der Herstellung von künstlichem Meerwasser, bei Deko-Material, beim Futter, bei der Aquarientechnik oder auch bei angewandten Transportmethoden. Alle diese Dinge sind in einem Prozess der ständigen Verbesserung begriffen und wandeln sich ständig. Was sich jedoch nicht wandelt, sind die Lebensansprüche der von uns gehaltenen Tiere und Pflanzen aus dem Meer vor Europas Haustür. Deshalb sollten Aquarienfreunde altbewährte Rezepte und Methoden besser beibehalten und Neuerungen erst vorsichtig in kleineren Zusammenhängen erproben, ehe sie dauerhaft in großen Systemen zum Einsatz kommen.

Marine Habitate im Mittelmeer

Fische und Meerestiere kann man an den verschiedensten Orten und unter diversen Umständen entdecken. Nachstehend seien daher einige Lebensräume in Kurzform vorgestellt. Einige Meerestiere benötigen das ganze Jahr über möglichst gleiche Lebensbedingungen, die sich kaum verändern. Andere wiederum haben sich an den Gezeitenwechsel(dieser ist im Mittelmeer jedoch meist sehr gering), schwankende Salinitäten und Temperaturen und weitere Lebensbedingungen angepasst. Einige Organismen vertrauen ihrer Tarnung, während andere leuchtende Farben besitzen, um ihre Feinde von ihrer Ungenießbarkeit oder Giftigkeit zu überzeugen. Auf den folgenden Seiten werden daher einige marine Habitate vorgestellt, damit man einen Eindruck davon bekommt, welche Umstände und Naturgewalten auf die Bewohner dieser Lebensräume einwirken.

Felsenküsten

Es gibt sehr verschiedene Arten felsiger Küsten. Dabei gibt es Felsen aus Tuff- und Kalkgesteinen, Gesteinen vulkanischen Ursprunges oder aus Sandstein. Felsen findet man oft in sehr exponierten Lagen, und es gibt zahlreiche verschiedene Meeresorganismen, die sich daran angepasst haben, auch diese Siedlungsräume für sich zu erschließen. Schnecken und Muscheln, die sich daran adaptiert haben, können der Kraft der anbrandenden Wellen, starken Strömungen und vielen Räubern standhalten. Einige sind dazu in der Lage, die kleinsten Spalten und Ritzen für sich zu nutzen, während andere sind auf den Felsen festsaugen, sich mit Byssusfäden anheften, oder sich sogar selbst Löcher in den Felsen ätzen oder bohren können. Auf den Schalen der hier lebenden Mollusken wiederum siedeln sich dann oft Algen oder andere Wirbellose an. So kann man hier häufig Seepocken, Röhrenwürmer, Bryozoen und andere interessante Tiere auffinden. So können auf einer einzigen Austernschale oft diverse andere Wirbellose angetroffen werden. Solche Funde sind oft interessanter als gar mancher größerer Fisch und bieten dem Hobbyisten ein reiches Betätigungsfeld. Oft reichen für die Pflege solcher Funde bereits relativ kleine Aquarien unter 100 Litern Inhalt aus. Solche Tiergemeinschaften kann man auch als „Mikrokosmos“ bezeichnen. Insbesondere Einsiedlerkrebse findet man an Felsküsten oft in großen Mengen, weil sie von den leeren Gehäusen abgestorbener Schnecken profitieren. Diese Krebse wiederum sind eine wichtige Nahrungsquelle für viele Fische, wie etwa Lippfische. Und so ist dieses Habitat ein reich gedeckter Tisch für viele verschiedene Meerestiere. Darüber hinaus jagen auch größere Mollusken wie etwa Oktopus und Tintenfisch gerne in diesem Biotop, wobei sie dazu in der Lage sind, die unebenen Oberflächenstrukturen der Felsen mit ihren Körpern zu imitieren. Darüber hinaus findet man an den Felsenküsten des Mittelmeeres oft Napfschnecken, Strandschnecken, Felsenschnecken, Austern, Seeigel, Schlangensterne, Ansaugerfische unter Steinen und diverse interessante Algenarten. Manche dieser Arten lassen sich gut in Aquarien halten, sofern diese genügend viele lebende Steine und Biofilme mit nützlichen Bakterien enthalten, also möglichst „alteingerichtet“ sind.

Hier eine typische Szene von der Insel Rhodos. Im Flachwasserbereich siedeln diverse Algen auf den Gesteinsbrocken, während sich dazwischen kleine Ährenfische und Meeräschen tummeln. Diese finden hier reichlich Nahrung, müssen sich aber gleichzeitig vor hungrigen Seevögeln hüten.

Solche kleinen Felsenbuchten sind Orte, an denen sich zahlreiche Tiere unter den Steinen verbergen, die meist erst nachts Aktivität zeigen.

Brassen, Lippfische und Felsenschnecken bevorzugen solche Stellen, denn sie bieten ihnen Verstecke und Beute. Ihre Färbung imitiert Felsen oder Seetange.

Wracks

Wracks bieten künstliche Siedlungsflächen für zahlreiche Wirbellose. Insbesondere an Stellen des Meeresbodens, wo sonst Sand oder Schlamm eine Besiedlung unmöglich machen würden. Viele Wracks – wie insbesondere auch die Wracks von Flugzeugen und Schiffen aus dem 2. Weltkrieg – wurden innerhalb weniger Jahrzehnte von so vielen Korallen und Wirbellosen besiedelt, dass man sie kaum noch als Riffe nicht natürlichen Ursprungs erkennen kann. Im Gegensatz dazu steht die Tatsache, dass viele Wracks leider auch eine latente Gefahr für ihre neuen Bewohner sind, denn häufig enthalten sie Chemikalien, Öl, Giftstoffe aller Art oder Munitionsreste, die selbst nach Jahrzehnten unter Wasser immer noch scharf sind und jederzeit explodieren könnten. Auch können im Laufe der Zeit die hier gespeicherten Stoffe über die wirbellosen Tiere in die marinen Nahrungsketten und so zurück zu den Menschen gelangen, die ihre Nahrung aus dem Meer fischen. Taucher lieben es, hier in die Geschichte oder die Biodiversität dieses Habitats einzutauchen. Doch sei angemerkt, dass Wracktauchen gefährlich und nicht für Anfänger geeignet ist. In Wracks findet man oft Langusten, Hummer, Meeraale, Muränen, große Zackenbarsche, Kraken und andere Räuber, die sich hier ihre Wohnhöhlen erschließen. Heutzutage bestehen die meisten Wracks aus Stahl, der nach einiger Zeit verrostet, und sie dadurch noch gefährlicher für Taucher macht, da der Stahl auch brechen kann und dann scharfe Ecken und Grate aufweist.

Seegraswiesen

Seegraswiesen gibt es sowohl in gemäßigten Klimazonen als auch in den Tropen und Subtropen. Schon vom Land aus weiter Entfernung kann man sie riechen, denn am Ufer findet man jede Menge angespülte Halme und Büschel, die einen ganz spezifischen Geruch verströmen. Seegräser (im Mittelmeer meist Posidonia spp.) sind hochentwickelte Blütenpflanzen und nicht mit Seetangen und Algen verwandt. Seegräser verankern sich mit ihren starken Wurzeln, den Rhizomen, vor allem in schlammigen Böden und nutzen so die vielen darin gespeicherten Nährstoffe. Das bedeutet aber auch, dass Seegräser von der organischen Überdüngung der Küstenzonen durch menschliche Einflüsse stark profitieren. So hat das Seegras etwa an den einst korallenriffreichen Küsten Kenias die Riffe mittlerweile fast vollständig ersetzt, was auch die biologische Vielfalt zerstörte. Auf der anderen Seite bieten Seegraswiesen einer ganz eigenen Fauna Zuflucht, wie etwa Krabben, Garnelen, Schnecken, Seenadeln und Seepferdchen und etlichen mehr. Hier kann man nur wenige spezialisierte Fische aufspüren, wie insbesondere Seepferdchen und Seenadeln, oder bestimmte Grundeln und Schleimfische, die sich gerne zwischen den Rhizomen des Seegrases ansiedeln. Manchmal kann man hier auch Kopffüßer wie etwa den Tintenfisch entdecken, die hier auf kleine Fische und Krebse lauern oder die hier ihrem Brutgeschäft nachgehen. An einigen Küsten – wie etwa den deutschen Küsten der Nordsee – wurden die ehemals großen Seegrasbestände (hier meist das Kleine Seegras Zostera nana, siehe Bild rechts) durch menschliche Einflüsse bereits während der 1930er Jahre nachhaltig zerstört. Dabei zerstörte ein Virus die meisten Seegraspflanzen, die vorher so häufig gewesen waren, dass man mit ihren getrockneten Blättern Betten ausstopfte.

Heutzutage findet man hier nur noch kleine Reliktbestände von Seegras, was man auch als eine Warnung von Mutter Natur an die Adresse des Menschen verstehen könnte. Im Mittelmeer sind Seegraswiesen durch zwei Gefahren stetiger Bedrohung ausgesetzt: Nämlich zuerst durch die als „Killeralge“ bezeichnete eingeschleppte Kriechsprossalge Caulerpa taxifolia (siehe Bild links). Man vermutet, dass diese aus den Tropen stammende Alge im 20.Jahrhundert aus dem Ozeanografischen Museum und Aquarium in Monaco in die freie Wildbahn gelangte, wo sie sich dann als überraschend winterfest erwies, riesige Bestände und Teppiche bildete und viele Seegraswiesen einfach überwucherte. Dabei bildete diese eigentlich eher kleine Alge plötzlich extrem lange Sprosse und Blätter aus und war in ihrer rasanten Ausbreitung kaum noch zu stoppen. Heutzutage müssen Taucher ausrücken, um die Killeralge mühsam per Hand abzusammeln und damit ihre weitere Ausbreitung zu verhindern. Dieses Beispiel hat gezeigt, dass die Verschleppung nicht heimischer Arten in andere Meeresteile dramatische Konsequenzen für die endemische Flora und Fauna hatte. Denn mit dem Schwinden der Seegraswiesen verschwanden auch zahlreiche wirtschaftlich wichtige Fischarten von manchen Küstenabschnitten, was auch für die kleine Küstenfischerei dramatische Folgen hatte. Ein zweiter Grund für das Verschwinden von Seegraswiesen sind Aquakulturen für die Gewinnung von Speisefischen, welche mit ihren Abwässern das breitflächige Absterben der Seegräser - wissenschaftlich nachgewiesen - verursachen.

Offener Ozean

Der Offene Ozean ist ein unbegrenztes Habitat, welches in seiner Ausdehnung den größten aller marinen Lebensräume darstellt. Das Weltmeer bedeckt insgesamt mehr als 70% des Planeten Erde, und die Oberflächen dieses Weltmeeres könnte man auch als einen großen Weidegrund für unzählige Tiere und Pflanzen betrachten. Die meisten Bewohner des Weltmeeres nutzen diese Fläche als Brutplatz, auf dem sich die planktonischen Larven von Fischen und Wirbellosen treffen und voneinander ernähren. Diese winzigen Organismen stellen die Basis der marinen Nahrungsketten dar, und ohne diese Plankter würden wir aus dem Weltmeer keine Speisefische wie etwa Heringe, Thunfische, Dorsche oder andere gewinnen können. Alle größeren Arten sind vom Meeresplankton abhängig. Strömungen transportieren manche Arten weltweit um den Globus, so dass man manche Arten in allen Weltmeeren antreffen kann. Wie etwa den Dornhai Squalus acanthias, der nicht nur im Atlantik zuhause ist, sondern auch in australischen Gewässern angetroffen werden kann. Außerdem wurden durch Schiffe, Kanäle und Besatztätigkeiten des Menschen Arten in Meeresteile verbracht, in die sie eigentlich nicht gehören. So kamen etwa im Mittelmeer diverse tropische Fischarten aus dem Roten Meer per Suez-Kanal ins Mittelmeer, wo sie sich teilweise bereits etabliert haben und weiter ausbreiten. Diese Arten werden dann auch als Neozooen oder Neobiota bezeichnet, sofern sie nach dem Indexjahr 1492 (als Columbus Amerika entdeckte) in neue Gebiete verbracht wurden. Diese Vorgänge haben leider oft sehr dramatische Folgen für die endemische Fauna und Flora und sollten deshalb bitte immer(!) vermieden werden. Bitte setzen Sie daher niemals Tiere oder Pflanzen aus einer missverstandenen Tierliebe heraus in der freien Natur aus! Beachten Sie bitte, dass nur ein einziges befruchtetes Weibchen etwa eines Krebstieres Tausende von Larven absetzen kann, was zur Invasion der Art führen könnte.

Tiefsee

Dieses Habitat ist im Mittelmeer direkt mit dem des Offenen Ozeans vernetzt. Im Gegensatz zu unserer Nordsee, deren tiefste Stelle die Norwegische Rinne mit etwa 700 Metern Tiefe ist, hat das Mittelmeer mindestens 4 verschiedene Tiefseebecken. Das westlichste und kleinste davon ist das Balearen-Becken, welches vor den auch bei deutschen Urlaubern sehr beliebten Inseln Mallorca, Ibiza und Menorca liegt. Es hat eine maximale Tiefe von 3255 Metern. Ein weiteres Tiefseebecken ist das im Tyrrhenischen Meer zwischen Italien und Sizilien gelegene Tyrrhenische Tiefseebecken mit einer Tiefe von bis zu 3758 Metern. Vor der Küste Griechenlands liegt das Ionische Tiefseebecken, welches mit dem Calypsotief mit einer Gesamttiefe von 5267 Metern gleichzeitig die tiefste Stelle des Mittelmeers darstellt. Aber auch das im östlichen Mittelmeer gelegene Levantinische Becken hat eine Tiefe von bis zu 4517 Metern. Daher finden sich im Mittelmeer diverse Arten von Tiefsee-Organismen, die speziell an die harten Lebensbedingungen von Kälte, Druck und Tiefe angepasst sind. Allerdings sind sie in der Regel Kosmopoliten, die man in allen Weltmeeren antreffen kann. In diesem Werk wurde daher der Versuch unternommen, einige möglichst repräsentative Arten vorzustellen, damit ein Eindruck von der biologischen Vielfalt dieses bisher weitgehend unerforschten Lebensraums entsteht. Trotz ihres bedrohlichen oder skurrilen Aussehens sind viele der hier lebenden Arten überraschend klein, werden nur sehr selten einmal gefangen oder gar nach einem Sturm oder Seebeben an die Küste verdriftet. Trotzdem sind diese Arten sehr interessant, da über ihre Lebensweise oft nur sehr wenig bekannt ist und hier immer noch erhöhter Forschungsbedarf besteht.

Häfen

Häfen zeichnen sich dadurch aus, dass sie diversen Einflüssen unterliegen, die das Leben für reine Meeresbewohner limitieren. Diese Limits bestehen in schwankenden Salinitäten, Verunreinigungen des Wassers und Hafenschlicks und teilweise sehr extremen Strömungs- und Gezeiteneinflüssen. Daher können in diesem Lebensraum nur Organismen siedeln, die in der Lage sind, sich an diese Bedingungen zu adaptieren. Manchmal werden durch die Fischer auch Organismen aus tieferen Wasserschichten in die Häfen verschleppt, so dass man selbst hier mit einem Senknetz "fündig" werden kann. Im typischen kleinen Mittelmeer-Hafen kann man häufig Garnelen, Einsiedler, juvenile Mönchsfische und ähnliche Tiere finden; oft liegen im Flachwasser auch tote Zitterrochen und andere interessante Beifänge, welche die Fischer ins Wasser geworfen haben. Häufig besiedeln Muscheln und Seeigel die Steinoberflächen dieser Naturhäfen. Tiere aus Hafengebieten sind für Menschen grundsätzlich nicht mehr genießbar, weil sie mit Öl, Pestiziden oder Schwermetallen wie z.B. Kadmium oder Quecksilber belastet sein könnten. Deshalb sind hier gefangene Tiere je nach Belastungsgrad allenfalls noch als Tierfutter oder als Besatztiere für Aquarien brauchbar. Da die Spundwände von Häfen nur wenige Strukturen anbieten, kann man hier auch nicht die gleiche biologische Diversität wie beispielsweise zwischen zerklüfteten Felsen oder in den Seegraswiesen vorfinden. Manchmal verirren sich auch größere Fische oder Meeressäuger in die Häfen; deshalb sollte man immer genau hinschauen.

„Nanoaquaristik“ – eine populäre Fehlentwicklung

Die Meerwasseraquaristik ist leider immer wieder zahlreichen Trends und Modeerscheinungen unterlegen. Waren es in den 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts vor allem Fischaquarien, in denen meist versucht wurde, tropische Korallenfische ohne lebende Steine zusammenhanglos in Glasbehältern am Leben zu erhalten, so entwickelte sich daraus in den folgenden Dekaden ein zunehmendes ganzheitliches Denken in der aquaristischen Szene. Doch schlug dieses auch schnell in eine sehr korallenzentrierte Form der Aquaristik um, denn Fische wurden nun oft nur noch als unnötige Schadstoffproduzenten betrachtet, deren Ausscheidungen mit einer immer aufwändigeren Technologie beseitigt werden mussten, um hermatypische Steinkorallen optimal pflegen zu können. So wurden die einst hochbeliebten Fische fast schon zu Stiefkindern der Aquaristik – um der Korallen willen! Neue Erfindungen ermöglichten dann in den 2000er Jahren eine immer bessere Wasserhygiene trotz Fischbesatz, so dass nun wieder vermehrt mit ganzheitlichen Systemen mit Fischen und Wirbellosen experimentiert wurde. In dieser Zeit setzten sich überwiegend Aquarien der Größe ab 200 Litern Inhalt aufwärts durch, wobei jedoch viele Fachleute der Ansicht waren, dass Meerwasseraquarien erst ab 400 Litern Inhalt die nötige biologische Stabilität für eine dauerhaft optimale Tierhaltung entwickeln würden. Glaubenskriege wurden hier auf der einen oder anderen Ebene ausgefochten, und die neu entstandenen Foren im Internet trugen ihren Teil zur Diskussion in den Vereinen bei. Eine objektive Wahrheit gibt es hier sicherlich nicht, und es ist sehr müßig, danach zu suchen. Doch warum halte ich nichts von „Nanoaquarien“ in der Seeaquaristik? Ich bestreite selbstverständlich nicht, dass es möglich ist, sehr kleine Seetiere auch dauerhaft in Behältern am Leben zu erhalten, die vielleicht nur ein Wasservolumen von 10 oder 20 Litern beinhalten. Aber: Erstens bin ich der Meinung, dass solche Becken kaum einen dekorativen Blickfang für einen Raum darstellen. Und zweitens bin ich der Meinung, dass der nötige technische Aufwand den Betrieb eines solchen Beckens nicht rechtfertigt. Darüber hinaus halte ich es für nicht gut, Tiere eines nahezu unbegrenzten Lebensraumes in solch winzige Behälter zu pferchen. Das vermittelt ein ganz falsches Bild von tropischen Korallenriffen, welches es in der Natur nicht gibt. Außerdem wird bei vielen Naturinteressierten die Illusion geweckt, sie könnten eine Miniaturausgabe eines tropischen Riffes in solch einem Behälter pflegen. Doch selbst ein Aquarium von 400 Litern Inhalt ist bereits eine solche Miniaturausgabe, gemessen an den natürlichen Gegebenheiten. Warum dann also noch kleiner werden wollen? Wenn man einmal ganz von den vielen Problemen absieht, die ein solcher Behälter in überproportionaler Weise produziert. Warum sollte man sich den ganzen Tag lang damit beschäftigen wollen? Offensichtlich geht es bei der „Nanoaquaristik“ also um etwas ganz anderes: Marketing! Und es ist doch offensichtlich, dass die Aquaristik Branche auf diesem Wege neue Kundenpotentiale und Vertriebswege gefunden hat. Denn schreckte früher die Vorstellung, ein mindestens 400 Liter Seewasser fassendes Aquarium anschaffen zu müssen viele von diesem Hobby ab, so wurde nun mit den Nanobecken die Hemmschwelle deutlich herabgesetzt. Leider zu Lasten der gepflegten Tiere! In der Folge betrachten immer mehr Leute bunte tropische Tiere als beliebig verfügbare und viel zu billige Ramschware, von der man sich bei Bedarf auch schnell wieder trennen kann. Damit wird dann leider das Gegenteil von einem gesunden Natur- und Umweltverständnis gefördert, was der Aquarienindustrie jedoch sehr recht sein dürfte. Ich persönlich sehe den Wert solch kleiner Behälter in einer ganz anderen Weise. Für mich sind solche „Glaskästen“ nur eine Ergänzung zu einem funktionierenden Großsystem, aus dem man aus was für Gründen auch immer dann und wann ein kleines Teilstück zu Studienzwecken für eine begrenzte Zeit herausheben möchte. So wurde das hier rechts abgebildete Nanobecken für die Anzucht eines Mangrovenstecklings genutzt, wobei einige Kleintiere wie kleine Schnecken und Zwergseesterne aus praktischen Gründen mitgepflegt wurden. Besonders als Fotobecken für sehr kleine Seetiere machen solche Nanobecken Sinn, da insbesondere die Tiere des so genannten Macrobenthos, das heißt Tiere von bis zu etwa einem Zentimeter Größe, in einem herkömmlichen Großbecken nur schwer zu sichten oder gar zu fotografieren sind. Darüber hinaus mögen Nanobecken mit 10 oder 20 Litern Inhalt auch Sinn machen als Behälter zur Planktonzucht oder zur Aufzucht von Larven jeglicher Art, eventuell jedoch auch zur Aufzucht von Futtertieren wie etwa Artemia salina.

Auch kann man solche Behälter nutzen, wenn man etwa ein Asyl für eine korallenfressende Krabbe oder einen unerwünscht eingeschleppten Fangschreckenkrebs benötigt. Doch sollten solche Nanobecken meines Erachtens immer nur ein zweckmäßiges Zwischenbehältnis sein, und nicht der Zweck selbst. Denn auch in der Natur gibt es keine „Bonsaikorallen“, geschweige denn „Zwergriffe“!

So ist es richtig:

Dieses „Nanobecken“ dient nur zur Mangrovenanzucht und gehört somit zu einem größeren Aquariensystem. Es dient also nicht einem imaginären „Selbstzweck“ (welcher dann automatisch alle Mittel „heiligt“…).

Wie ein optimales Mittelmeer-Aquarium aussehen sollte

Dies ist wahrscheinlich die wichtigste Frage überhaupt. Man sollte sie sich selbst stellen, bevor man sich dem Hobby mit dem salzigen Daumen widmet. Geschmäcker sind nun einmal sehr verschieden, doch denke ich, dass man diese Frage anders herum angehen sollte. Denn bei der Meerwasseraquaristik sollte man noch vor der Anschaffung eines Aquariums darüber nachdenken, was man eigentlich für Tiere pflegen möchte. Der beste Weg ist nämlich der, erst den Besatz zu planen und dann den geeigneten Behälter dafür zu entwerfen. Leider gehen die meisten Aquarienfreunde diesen Weg genau andersherum, da sie zuerst ein Aquarium erwerben und dann überlegen, was sie in diesen beengten künstlichen Lebensraum noch alles hineinquetschen können.

Die vielen daraus resultierenden Probleme sollen dann durch einen überbordenden technischen Aufwand wieder ausgeglichen werden. Man spricht dann auch nach einer Weile von der so genannten „gewachsenen Technik“, die im Ernstfall von Dritten kaum noch nachvollzogen werden kann. Dies hat dann dramatische Folgen für die Lebensgemeinschaft im Aquarium, wenn der Pfleger einmal für längere Zeit ausfällt. Deshalb sollte ein Meerwasseraquarium stets als ein System mit ganz bestimmten lebenden Komponenten verstanden werden, welches man am besten möglichst wenig durch Eingriffe traktiert. Die spannende Frage ist nur die: Wie kann man dahin gelangen?