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Die Autobiografie aus dem Diesseits Wollen Sie wissen, warum Gottfried von Einem von Lotte Ingrisch "Bärenfräulein" genannt wurde, und er sie dafür liebevoll "Ratte" rief? Oder ob es stimmt, dass alle sechs Katzen der beiden an einer Uraufführung im Goldenen Saal des Musikvereins in einer Loge teilnehmen durften? Die Antworten finden Sie in Lotte Ingrischs köstlicher Sammlung, die in unverwechselbarem Plauderton Unglaubliches glaubhaft macht. Wie amüsant ihr Leben mit Gottfried von Einem, dem großen Komponisten, war, beweist Lotte Ingrisch mit ihren Gustostückerln des Humors. Ein Leben in Anekdoten: Vom Dalai Lama bis Karajan, den Wagners in Bayreuth bis Ionesco, Zuckmayer und Dürrenmatt dreht sich der bunte Reigen der Prominenz aus Kunst, Politik und Gesellschaft. Kanzler und Kardinäle treten ebenso auf wie Katzen und Schafe. Und inmitten aller Burlesken und Skandale bewegt sich Lotte Ingrisch mit der unschuldigen "Grazie eines Stachelschweins". Eine "dumme Augusta", die auch sich selbst als Spaß versteht.
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Seitenzahl: 239
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Lotte Ingrisch
»Die ganze Welt ist Spaß!«
Lotte Ingrisch
Ein Leben in Anekdoten vonLotte Ingrisch undGottfried von Einem
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Durchgesehene und erweiterteNeuauflage 2012
© 2002 by Amalthea Signum Verlag GmbH, WienAlle Rechte vorbehaltenUmschlaggestaltung: Büro HamtilUmschlagbild: © picturedesk © sabinehauswirth/FIRST LOOKHerstellung und Satz: VerlagsService Dr. Helmut Neuberger& Karl Schaumann GmbH, HeimstettenGesetzt aus der 11,5/15,5 Punkt GoudyDruck und Binden: CPI Moravia Books GmbHPrinted in EuropeISBN 978-3-85002-787-8eISBN 978-3-902862-34-1
Gottfried von Einem,seinen geliebten Philharmonikern –und Clemens Hellsberg von seinerFrau von Lotte – gewidmet
Das Imbezil
Sprühen tut sie nicht
Die Hochzeit
Venedig
Tragödie mit Happy End
Ratte und Bärenfräulein
Mein erstes Konzert
In feinen Kreisen
Guter Geschmack
VIP
Mörderische Muschelsuppe
Frau Baronin, die Nutte
Glück im Spiel
Prost!
Jetzt fängt das große Wettrennen an
Der Schabrack
Die Reise nach Nürnberg
Das Souper
Ionesco und das flüchtige Nashorn
Sankt Kringel
Hexerei
Ein Autogramm
Weg vom Fenster
Wotrubas Vogel
Das Telegramm
The man who came to dinner
A G’wisse
Paul Zsolnay
Die Tapetentür
Bayreuth
Das Festtagsrezept
Brechts ungeduldige Geliebte
Der Zerrissene
Schöner Wohnen
Edmund Hlawka
Der Schafbock und der Herr Baron
Erich Kästner und die ertrunkene Oper
Wui Wui
Meine Tochter Sabinettchen oder Pater Semper Incertus
Entschuldigen schon …
Die Wollust der Wut
Du bist so dumm, dass dich die Gänse beißen
Das Juwel der Nation
Wenn Tiere die Kündigung kriegen
Flucht eines Bischofs
Blacher, Keyserling und die Anbetung der Null
Pornografie
Der Dirigent
Die Widmung im Wasser
Banküberfall
Schafstrick und erstes Quartett
Der lasterhafte Alois
Guten Morgen, Frau Müller!
Csokor und die goldene Rute
Der Rams
Akademie Berlin
Glühwürmchen, Glühwürmchen
Axelchen und der Armagnac
Geschäft mit Gespenstern
Das russische Konzert
Damian
Das keltische Krüglein
Als ich das erste Mal ausgebuht wurde
Das Glück liegt unterm Bett
Das Tierbordell
Krampus und Nikolo
Erich Jantsch und die verliebte Topfpflanze
Hainburg
Schmaus mit Leiche
Schafsküsse
Die Lieblingsdichterin
Der Erschlagene
Deideidei
Der unwillige Spaziergänger
Kulturschande
Die platonische Moorleiche
Mannheimer Tänze
Zizi Klapperschlange
Der Regenwurm-Orden
Baldur im Smoking
Rosabella
Vermutungen über Lotti
Gottfried geht vorbei
Die vertauschten Schuhe
Tischgespräche
No fein!
Wie alt sind Sie wirklich?
Das Pipi-Schakalettchen
Eine Frau mit Anstand
Der Pelzmantel
Der Salzburger Ehrenring
Der Kastengeist
Erben bringt Verderben
Ich wohne in der Hofburg
Haute Couture
Geheimnisvolles Geld
Gustav Mahler und Sabinettchen
Rendezvous mit einem Engel
Prost a Schluckerl!
Der verjagte Einbrecher
Das zerbrochene Glück
Der Ritt auf dem Steckenpferd
Der Grillparzer-Preis
Lauter Bekannte
O Tannenbaum
Die Mumienhand
Schatzinku
Hans Hass und der Rawuzl
Jesu Hochzeit
Das Eskimoweiberl
Alle Tage Spinat
Weihwasser und Pentagramm
Der dritte Akt
Die Voyeurin
Der Hofburgbrand
Ess- und Trinkgewohnheiten
Echt Kanin
Wie a Sandler
Der Sektionschef im Kleiderschrank
Tränen aus Obstler
Das Ding
Die letzte Nacht
Schönen Gruß!
Boris Blachers Comeback
Totentanz
Ovid und die Sau
Der C-Dur-Heilige
Dudelinchen beklagt sich
Das nervöse Gespenst
Späte Entdeckungen
Die Milch des Mystikers
Der ewige Bär
Wie Herr Holender Gottfried von Einems Weltruhm begründete
Walter Thirring, drei Mal im Gefängnis
Jö, eine Briefbombe!
Der Philharmonikerball
Die Doppelgängerin im Handelsgericht
Ein Bär im Repertoire
Cleopatra in Verwesung
Ich habe mein Leben verpfuscht
Paul Feyerabends Nachthemd
Ich will dich nicht länger aufhalten
Hlawkas Geist
Fuck Your Mother
Der falsche Prophet
Meine Freundin Lore Sexl
Sie sind nicht würdig
Die drei Heiligenscheine des Walter Thirring
Nur mit Bleistift
Äktschn
Ich bin ein Alpha!
War Gottfried von Einem ein Mensch?
Liliput
Ich war einmal
Chronik
Anhang
Who is Who?
Register
Arnold Graf Keyserling ist Religionsphilosoph und Willi, Prinzessin Auersperg, seine Frau. Beide sind tanzende Derwische, Yogis, Astrologen, Indianer honoris causa und unsere Freunde. Noch immer, obwohl sie unsere Ehe auf dem Gewissen haben. Denn bei einem indischen Mittagessen, das sie kochten, haben wir einander kennen gelernt. Sie kochten es für uns. Gottfried von Einem suchte fieberhaft einen Librettisten, und die Keyserlings verfielen auf mich.
Ich war damals extrem schüchtern, und mein ganzer Beitrag zur Konversation bestand darin, ehrfürchtig und unermüdlich zu lächeln. »Wie gefällt sie dir?«, fragte Arnold nach dem Essen seinen Freund. »Ein Imbezil!«, erklärte der Componist. »Aber soll sie halt etwas schicken.« Ich schickte die »Vanillikipferl«-Einakter. Er schickte sie postwendend zurück: »Das sind ja monströse Scheusäler!«
Und dann haben wir geheiratet.
Ganz geheuer scheint Gottfried von Einem unsere Ehe aber nicht gewesen zu sein. Denn er befragte seinen Lehrer Boris Blacher und einen seiner Verleger, Alfred Schlee, dazu. »Tadellos, ganz tadellos!«, lautete Blachers Urteil über mich. Schlee von der Universaledition allerdings befand nach einem gemeinsamen Essen: »Also sprühen tut sie nicht!«
Jahre später las ich nach einem meiner Fernseh-Auftritte in der »HÖR ZU«: »Frau Ingrisch sprühte!« Und der Altgraf Pippo Thurn, der auf unsere Bitte Alfred Schlee auf seine Burg Rastenberg eingeladen hatte, beklagte sich nachher: »Er ist aber so fad!«
Vor dem Frühstück tranken wir Wein, nach dem Frühstück Champagner, und natürlich sagten wir dann auf dem Standesamt Ja. Gottfried gab, damit er keine Rede hält, dem Beamten ein größeres Trinkgeld. Danach fuhren wir mit dem Taxi auf den Hietzinger Friedhof zum Grab seiner ersten Frau. Jetzt liegt er selbst drin, und ich schmücke es mit fröhlichen bunten Tieren und Blumen aus Holz.
Am Abend waren fünfzig Gäste geladen, und vor beinahe allen habe ich mich gefürchtet. Ich dachte an meine Mutter, die sich jedes Mal ins Kabinett einschloss, wenn Besuch kam, während mein Vater die Tür mit dem Hut auf dem Kopf öffnete und sagte, er gehe gerade fort. Das ganze Fest über saß ich erstarrt neben dem Dichter Alexander Lernet-Holenia auf dem Kanapee. Mitleidig hielt er meine Hand und murmelte von Zeit zu Zeit: »Riesig gemütlich!«
Helmut Wobisch, Vorstand der Wiener Philharmoniker, blies die Trompete, während der Dirigent Carl Melles versuchte, unsere Köchin Maria ins Stundenhotel abzuschleppen. Frau von Bismarck, Gottfrieds erste Schwiegermutter – im langen schwarzen Kleid und mit weißer Gretchenfrisur –, führte mit eiserner Miene Reigentänze an. Verdutzt starrte der Ehemann auf mein Geschenk: ein Haifischgebiss.
Gottfried von Einem zeigte mir das Land seiner Kindheit, das er liebte und in dem er einst sehr unglücklich war: Schleswig-Holstein. Und irgendwann fuhren wir, es war keine Hochzeitsreise, nach Venedig. Es war wundervoll, und es war schrecklich. Denn ich sprühte noch immer nicht. Ich zermarterte mir in allen Gondeln und Kirchen das Gehirn nach etwas Gescheitem, das ich diesem weltberühmten Mann, mit dem ich jetzt verheiratet war, sagen könnte. Aber mir fiel einfach nichts ein. Nicht einmal etwas Dummes. Überhaupt nichts. Ich sehe mich stumm neben ihm über den Markusplatz gehen, in Harry’s Bar sitzen, Spaghetti essen. Manchmal schaute er mich mehr als nachdenklich an. »Erzähl etwas!«, schlug er vor. »Was hast du erlebt?« Denn er liebte Geschichten. Schuldbewusst ließ ich den Kopf hängen: »Ich weiß nichts.« »Dann erfinde doch was, wozu bist du eine Dichterin?« Ja, wozu?!
Erst Jahre später erzählte ich ihm meine Familiengeschichten, die ihm so gut gefielen, dass er sie immer wieder hören wollte: Von der taubstummen Cousine Reserl, die meinem Vater jedes Mal, wenn sie Geld von ihm lieh, ihr Gebiss als Pfand übergab. Er sperrte es in die Eiserne Kassa. Vom Rudi-Onkel, der zwar sprechen konnte, aber nie sprach, und sonntags glückselig die Geschlechtsteile von Säuglingen fotografierte. Vom Onkel Paul, dem Cafétier, der das Kleingeld aus den Mänteln seiner Gäste stahl, und der Grazi-Tant’, die ihrer Nachbarin auflauerte, um sie dabei zu ertappen, wie sie ihr die Federn aus der Tuchent stahl. Von meiner besten Volksschulfreundin Rosi Aff, die auf den Strich ging, und ihrem Bruder, dem Mörder. Vom Tröpferlbad und vom Kuckuck, der in meinem Elternhaus – mein Vater war nämlich Erfinder – immer auf allen Möbeln pickte.
Für den Herrn Baron war die skurrile Welt der Kleinbürger, die er mit mir erheiratet hatte, ein schier unerschöpflicher Quell exotischer Freuden.
Benjamin Britten ist auch schuld. Denn es war sein »Sommernachtstraum«, zu dem Gottfried von Einem das Imbezil einlud. Zu meiner Erleichterung verließen wir schon in der Pause die Oper. Beim »Smutny«, einem Altwiener Beisel, erzählte er mir von Boris Blacher. Im »Weißen Rauchfangkehrer« hielten wir bereits Händchen. Und zuletzt landeten wir im »Turm«, wie Gottfried sein Componierzimmer auf dem Dach der Marokkanergasse 11 nannte.
Eines Tages holte er mich mit dem Taxi ab. Mit nichts als meiner Handtasche stieg ich ein, und mein zweites Leben begann. Es begann mit einem Schock, denn mein Mann Hugo, der Philosoph, drehte den Gashahn auf. Die Feuerwehr rettete ihn, und eine ganze Weile schwebte er zwischen Leben und Tod. Damals begegnete ich ihm in einem anderen Zustand meines Bewusstseins am Meeresufer. Stumm gingen wir einander entgegen und aneinander vorbei. Der Sand erstrahlte in Farben, so schönen, wie es sie auf dieser Welt gar nicht gibt. Trotzdem …
Trotzdem heulte ich mir natürlich die Augen aus. Da lag er auf der Psychiatrie, der berühmten Klinik Hoff, und man hatte mir verboten, ihn zu besuchen. Gottfried von Einem rief sofort den Professor an und beschwor ihn, alles Menschenmögliche für den Patienten zu tun. Und so passierte es, dass der ahnungslose Hoff meinem Mann, kaum dass er das Bewusstsein wieder erlangte, »einen schönen Gruß von Herrn von Einem« bestellte, worauf dieser das Bewusstsein sofort wieder verlor.
Ich saß alle Tage auf dem Gang vor der Krankenzimmertür, und irgendwann bestellte Hoff mich zu sich. Danach traf er sich mit Gottfried von Einem, schüttelte den Kopf und sagte: »Was! Wegen dem Hascherl?«
Als Hugo nach Wochen aus der Klinik entlassen wurde, rief Gottfried ihn an, bat um ein Gespräch, und sie trafen sich zum Abendessen bei einem Italiener. Es war ihre erste Begegnung. Ich versteckte mich heimlich hinter einem vor dem Lokal parkenden Auto und spähte aufgeregt durch das Fenster. Mein Gott! Als sie einander zum ersten Mal zutranken, und dann immer wieder ... Dass es in Strömen regnete, merkte ich nicht einmal.
Es war der Beginn einer großen Freundschaft. Hugo hat seine »Philosophie der Vollkommenheit« Gottfried und mir gewidmet, und als er sieben Jahre später eine junge schöne Frau heiratete, auf demselben Standesamt wie zuvor wir, waren wir die Trauzeugen.
Schon längst ist er ans Ufer mit den Zauberfarben und von dort ins Meer zurückgekehrt. Nicht ich! Es war Gottfried, der ihn manchmal an unseren Rindlberger Feuerkamin kommen sah.
»Sie ist«, sagte Gottfried von Einem, der mich gern in der dritten Person ansprach, »eine Ratte.« Damals waren wir noch nicht einmal verheiratet, also konnte er es gar nicht wissen. »Wieso? Ich bin«, erklärte ich beleidigt, »ein Einhorn!« Er lachte nur. »Eine Ratte!«, beharrte er. »Schon vom Charakter her.« Ich kränkte mich lange. Später merkte ich natürlich, dass er gern seinen Spaß mit mir trieb. Und auch, dass es ihm Vergnügen bereitete, mich ein wenig zu tratzen.
Klar, er war schließlich ein Bär. Als Mensch, wie er mir gestand, fühlte er sich nur selten und ungern. Da er aber, im glücklichen Gegensatz zu meinem Vater und meinem ersten Mann, kein Patriarch war, kein Macho, nannte ich ihn gern »Fräulein«. Mein Bärenfräulein.
»Nicht schwarz, nicht weiß«, sagte er. »Ein Braunbär. Mit sooo kleinen Ohren. Aber manchmal sind sie riesig, dann schleift er sie hinter sich her. Wischt den Staub auf mit ihnen. Wehe dem, der in seine Tatzen gerät!« Und er brummte zum Fürchten.
Oft verlangte er, wie sein literarischer Bruder Pu, a little something von mir. Schokolade liebte er sehr. Er schleppte Mengen davon in seine Höhle, und es war ein großer Gunstbeweis, wenn er jemandem eine Tafel schenkte. Ich erinnere mich an die Zeit, in der er noch nicht mein Ehemann, sondern der verbotene Liebhaber war. Wann immer ich zu ihm kam, wurde ich mit Schokolade empfangen. Ich hasse Schokolade und aß sie jedes Mal glückselig auf.
Wie lustig er den Bären, ja wie gern er überhaupt spielte! Hinter Bäumen und Laternen versteckte er sich vor mir, sprang aus finsteren Ecken und freute sich, wenn ich erschrak. Ich weiß nicht genau, wo er sich jetzt gerade versteckt. Doch zweifle ich nicht daran, dass er irgendwann aus dem Dunkel hervorbrechen wird, ganz plötzlich. Aber erschrecken werde ich dann nicht.
Meine Großmutter war Pianistin, meine Mutter hat Gesang studiert, und ich ging ins Kino. Ins Theater auch. Nur mit Musik hatte ich nichts im Sinn. Und dann heiratete ich ausgerechnet einen berühmten Componisten. Aber ich war voll guten Willens!
Zum ersten Mal saß ich neben ihm im Konzert. Die Philharmoniker hoben ihre Instrumente. »Das ist«, klagte ich erschrocken, »aber nicht schön.« »Sei still«, zischte Gottfried von Einem. »Die stimmen die Instrumente!«
Fédérico von Berzeviczy-Pallavicini war der Eigentümer der k. & k. Hofzuckerbäckerei Demel am Kohlmarkt in Wien. Er gab ein Geburtstagsfest für den Bildhauer Fritz Wotruba, und wir waren eingeladen. Ein Schlaraffenland! »Hol uns«, sagte Gottfried vergnügt, »noch eine Flasche Champagner aus der Küche.« Und, mit einem aufmunternden Blick auf mein verschrecktes Gesicht: »In feinen Kreisen macht man das so.« O Gott, und ich hab ihm geglaubt.
In der Küche stand ausgerechnet der Gastgeber selbst. Und keine Spur von Aufmunterung in seinen Augen, als er stumm eine Flasche entkorkte.
Trotzdem wurde er unser Freund. Ein Kolibri im arabischen Kaftan, eine glatt rasierte Fee mit korrektem Haarschnitt, ein bizarres Ungeheuer, eine Königin, ein älterer Herr. »Im nächsten Leben«, sagte ich, »komme ich als Bub auf die Welt. Aber dann …!« Fédérico lächelte und schenkte Gottfried eine große Schachtel Crème Thérèse.
Er liebte es, am Morgen seinen Leib zu verlassen und in den Köpfen dicker Marktfrauen zu nisten. Schon als Kind, erzählte er mir, ging er über Treppen, ohne dass seine Füße die Stufen berührten. Denn eine Hexe war er natürlich außerdem. Seine leuchtenden, exotischen Bilder – auch als Maler war er ein Paradiesvogel – blieben an meinen Wänden zurück.
Es wurde mir nicht an der Wiege gesungen, dass ich in die oberen Zehntausend … ach was, in die oberen Tausend oder vielmehr Hundert einheiraten sollte. Ich war eindeutig überfordert. Da ich aber schon recht gut verdiente, beschloss ich, mich stilvoll in der Marokkanergasse einzurichten.
Zunächst kaufte ich das große Ölbild eines nicht sonderlich hübschen Herrn. Gottfried nahm es stumm von meiner Wand und schenkte mir sechs wunderschöne alte Wiener Stiche. Ich gebe zu, dass sie auch mir besser gefielen als der Herr in Öl.
Dazu passt, dachte ich, ein antiker Schrank. Ich fand ihn in der Bräunerstraße. Er war kohlrabenschwarz. »Vom Herdfeuer«, sagte die Händlerin. »Früher spielte das Leben sich am offenen Herdfeuer ab.« Ich war so stolz auf meinen Schatz. Gottfried würde staunen. Und das tat er wirklich. »Was willst du«, fragte er, »mit einer Kohlenkiste?« Ich klärte ihn auf. Ruß von den Feuern der Vergangenheit. »Ruß?« Er fuhr mit dem Finger drüber. »Das ist Schuhpasta! Gib das Ding zurück, und zwar sofort!«
Danach kam ein Schlitten aus dem achtzehnten Jahrhundert. Ich ersteigerte ihn im Dorotheum. »Was soll das?«, fragte Gottfried konsterniert, als er ihn zum ersten Mal sah. »Unser Bett«, strahlte ich. »Wir werden in einem Schlitten aus dem achtzehnten Jahrhundert schlafen.« »Also ich ganz bestimmt nicht!« Kleinlaut schaffte ich den riesigen Schlitten ins Dorotheum zurück.
Zuletzt kam ich mit einem Schreibtisch an. Es war klar, dass ich einen brauchte. Gottfried warf einen angewiderten Blick auf ihn. »Abominabel scheußlich«, sagte er und verließ mein Zimmer. Zu nüchtern vielleicht? Ich wusste ja, er liebte Bauernmöbel. Bunte Bauernmöbel. Also überklebte ich den ganzen Schreibtisch mit einer Blumentapete. Gottfried sagte dazu nur ein einziges Wort, nämlich: »Raus!«
Aber ich lernte! Ich kaufte einen großen alten Bauerntisch, der auch ihm gefiel, und stellte meine Schreibmaschine darauf. Der Tisch war zwar für mich viel zu hoch, aber der Spinnstuhl, auf dem ich vor ihm saß, war wunderschön. Nur bekam ich leider Bandscheibenprobleme und eine Nervenentzündung in beiden Armen. Man kann eben nicht alles haben! Und muss bereit sein, für seinen guten Geschmack Opfer zu bringen.
Dies tat ich auch im Fall meines Bettes. Echt Barock! Allerdings um gut zwanzig Zentimeter zu kurz. Na und? Im Mutterleib hatte ich mich schließlich genauso eingerollt. Und Gottfried, den mein nächtliches Buchrascheln störte, hatte sein eigenes Schlafzimmer, in dem ich ihn besuchte.
Tagsüber passte ich mich der Society, so gut es ging, an. Ich hatte, lang bevor er modern wurde, den Ethnolook für mich entdeckt. Gingen wir aus, kleidete ich mich, statt ins kleine Schwarze, in indische und afrikanische Gewänder. Frau von Mautner, die legendäre Pussy Mautner Markhof, sagte kopfschüttelnd zu Gottfried: »Die Lotte schaut immer so seltsam aus.«
Gottfried lachte. »Eine seltsame Ratte«, sagte er. Und es störte ihn überhaupt nicht!
Ich flog zum ersten Mal mit Gottfried von Einem. Wohin, weiß ich nicht mehr. Ein Fräulein in Uniform geleitete uns ins Flugzeug, und das Flugzeug war leer. Mir wurde sehr mulmig. »Komm«, und ich zupfte Gottfried am Ärmel. »Steigen wir wieder aus!« »Warum denn?« »Weil dieses Flugzeug abstürzen wird. Bestimmt!« »Wie kommst du darauf?« »Es ist ja kaputt.« »Das Flugzeug ist kaputt?« Ich war den Tränen nahe. »Siehst du denn nicht, dass außer uns keiner einsteigt?« In diesem Augenblick kletterten die anderen Fluggäste an Bord, und ich hatte wieder etwas gelernt.
Ich war mit Gottfried von Einem in Paris. Eine für ihn gewiss traurige Stadt, denn Lianne, seine erste Frau, ist dort gestorben. Gleich am ersten Tag lud ich ihn zum Mittagessen ein. Wir bestellten Muschelsuppe, für mich eine Premiere.
Nachdenklich schaute Gottfried in seinen Teller. Während wir plauderten und aßen, schob er mir nach und nach immer wieder ein paar Muscheln zu. Wie lieb er mich hat, dachte ich glücklich und gerührt. Nur mit dem Öffnen der Schalen plagte ich mich. Doch gelang es schließlich, und ich fühlte mich als Dame von Welt.
Im Hotel danach nicht mehr! Da fühlte ich mich nur noch als Häufchen Elend, und statt auf die Bilder im Louvre starrte ich in die Klomuschel. Ich spie und spie. Die Situation war nicht romantisch. »Was hast du denn?«, fragte Gottfried ärgerlich. »Nichts«, sagte ich beschämt. »Ich habe gar nichts!«
Am Abend erwartete uns ein ziemlich berühmter Literat. »Geh allein«, wimmerte ich. »Mir scheint, ich hab doch was.« »Kommt überhaupt nicht infrage«, erklärte mein Mann streng. »Steh sofort auf und zieh dich an!« Der Eindruck, den ich auf unseren Gastgeber machte, war kläglich. »Mon Dieu«, sagte er, denn er war außerdem Arzt. Er befragte mich hochnotpeinlich und öffnete anschließend eine Flasche Champagner. »Das Einzige«, sagte er, »das gegen Muschelvergiftung hilft.«
Nach der soundsovielten Flasche war ich wieder gesund und fröhlich. Aber Geschenke von Gottfrieds Teller nahm ich nur mehr vorsichtig an.
Als viele Theater meine Komödien spielten, dachte ich zum ersten Mal an eine Abendgarderobe. Beim noblen Braun am Graben, heute nur mehr eine Erinnerung, entdeckte ich einen schwarzen Zweiteiler, der mir passend erschien. Man kannte mich bereits als Gottfried von Einems neue Frau, weshalb die Geschäftsführerin mich persönlich bediente. »Ich brauche«, erklärte ich weltgewandt, »eine Rechnung für die Steuer.« Die Geschäftsführerin versteinerte. »Für die Steuer?«
»Berufskleidung«, nickte ich.
»Aber Frau Baronin … Sie haben einen Pyjama gekauft!«
Die Geschichte machte ihre Runde durch Wien, und als sie bei Gottfried ankam, lachte er laut.
In der Liebe eigentlich schon. Aber im Spiel habe ich nie Glück gehabt. Mit einer einzigen Ausnahme.
An den Hamburger Kammerspielen hatten meine »Vanillikipferln« die deutsche Erstaufführung. In der gleichen Woche wurde Gottfried von Einems »Zerrissener« an der dortigen Staatsoper uraufgeführt. Damals kannten wir einander noch nicht. Doch ist es leicht möglich, dass unsere Wege sich kreuzten.
Die Premierenfeier war in einem Lokal. Irgendwann spürte ich eine Berührung auf meinem Knie. Angenehm überrascht schaute ich unter den Tisch. Hatte sich jemand soeben in mich verliebt? Tatsächlich, es war aber ein Hund. Ein großer Hund, der freudig und gewissenhaft meinen langen blauen Wollrock auftrennte.
Ich war damals noch ziemlich schüchtern. Also schwieg ich verlegen, während es um meine Beine kühler und freier wurde. Die Rede kam auf das Glücksspiel. »Das ist«, beteuerte ich, »nichts für mich. Ich gewinne nie.« »Heute schon!«, versicherte der Dramaturg meines Verlags mit dem passenden Namen Wortmann. »Kommen Sie …« Ich sträubte mich, wahrscheinlich war ich wegen des Hundes bereits halb nackt. Was aber offenbar niemandem auffiel, als Herr Wortmann mich zu einem Apparat drängte. »Hier«, sagte er und zeigte auf einen Schlitz, »werfen Sie Ihre Ein-, Zwei- und Fünfmarkmünzen ein. Und dann warten Sie, was passiert!«
Ich tat es, und was passierte, war tatsächlich erstaunlich. Ich fühlte mich wie das Sterntalermädchen und hielt, um den Geldsegen aufzufangen, beglückt den Rest meines Abendrocks auf. »Gratuliere«, sagte der Regisseur. »Beim Geldwechselautomaten waren Sie ein großer Erfolg!«
Die Schüchternheit habe ich von meiner Mutter geerbt und in mehr als drei Jahrzehnten an Gottfrieds Seite so gut wie völlig verloren. Einmal war sie zu einem Begräbnis eingeladen und überlegte nervös, wie man trauernden Hinterbliebenen am passendsten kondoliert? Sie dachte sich eine Menge schöner Sätze aus. Als es aber dann so weit war, hatte sie in ihrer Aufregung alles vergessen und sagte zu ihrem eigenen Entsetzen nur: »Prost!«
Sie war ein junges Mädchen, mollig und scheu. Bis zuletzt. Und bis zuletzt wartete sie auf das Wunderbare, das nie kam. Außerdem, und wirklich nur außerdem, war sie eine früh ergraute Frau, sehr gebildet, sehr bescheiden, geprägt von einem pessimistischen Sinn für die Realität. Der Papa war Miniaturmaler gewesen, die Mama Pianistin und Klavierlehrerin. Sie selbst hatte Singen und Malen gelernt. Dann führte sie den Haushalt und das Büro meines Vaters. Einmal, nur ein einziges Mal wollte sie weiter als ins Waldviertel reisen. Nach Italien, und sie ließ sich für den Pass fotografieren. »Das bin nicht ich!«, sagte sie erschrocken, als sie ihr Bild sah, und zerriss es. Im Waldviertel träumte sie dann von Rom und Florenz.
Lauter aus der Mode gekommene Tugenden hat sie gehabt. Fleiß, Anstand, Gewissenhaftigkeit. »Wenigstens«, sagte sie nach meinem dritten Buch, »lernt die Lotte Maschinschreib’n.« Gerührt lobte sie den Märchendichter Hans Christian Andersen nach der Lektüre seiner Biografie: »Und so brav ist er g’storb’n!« Wie, einige Jahre später, sie selbst.
Der Gottfried hat sie lieb gehabt. Sie führten lange Gespräche über die russische Literatur, und selig kochte sie ihm Kuttelfleck und buk süße Biskuits.
Das sagte mein Vater zu seinem Schwager Alois, als beide vor dem Familiengrab standen, in dem nur noch Platz für eine einzige Leiche war.
Karl Gruber, mein Vater, war nicht nur ein leidenschaftlicher Erfinder von großen und kleinen Maschinen. Er erfand auch, als ich ein Kind war, die wirkliche Welt der Feen, Kobolde und Geister für mich. Ein paar Jahre später schlug er mich grün und blau, aber statt zu weinen lachte ich nur. Ich war äußerst widerspenstig, und die Prügel waren oft verdient und haben mir nie geschadet. Ich habe wenig Verständnis für die heutige Zimperlichkeit.
Meine Mutter allerdings weinte, besonders wegen des Kuckucks, der meistens unter den Möbeln pickte, sogar unterm Klavier. Denn die Erfindungen meines Vaters verschlangen fast das ganze Geld, das er so reichlich mit anderen Unternehmungen verdiente. Sechsunddreißig Patente! Die erste elektrische Kaffeemühle war darunter, die Sämaschine und so fort. Tolle Sachen, doch er gab sie, so sehr die Industrien ihn bedrängten, nicht her. »Ich bin noch nicht fertig«, sagte er und erfand weiter. Ein realistischer Träumer. Einmal gestand er mir, er könne nachts fliegen. Das verstand ich damals noch nicht.
Er kam aus dem einsamen, düsteren Böhmerwald, in den ich später mit Gottfried zurückgekehrt bin. Meine Großmutter war Analphabetin, der Großvater mit vierzig schon tot. Und zwölf Kinder! Zwei Klassen lang durfte mein Vater die Volksschule besuchen, dann wurde er zu einem Bäcker in die Lehre geschickt und fuhr schon um fünf Uhr früh mit dem Hundewagen das Brot aus. Später ist die ganze Familie nach Wien ausgewandert, ihre spärlichen Habseligkeiten in den rot gewürfelten Überzug einer Tuchent gestopft. Mein Vater war klein, dick und zuletzt dünn wie Papier. »Da habt’s mei’ G’wand, i fahr’ in Himmel!«, sang er, als er auf einer Bahre aus der Wohnung getragen wurde. Er starb an Krebs, aber bei dieser Gelegenheit stellten die Ärzte auch gleich mehrere alte Herz- und Lungeninfarkte fest. Er hatte sie nicht einmal bemerkt.
Jedenfalls, das große Wettrennen hat er gewonnen!
Die Tragödie ereignete sich in der Ramsau am Dachstein, wo Gottfried von Einem ein altes Haus besaß. Nach dem Krieg war er dort, da als Einziger kein Nazi, Sicherheitsdirektor und schrieb seine erste Oper »Dantons Tod«. Als wir später ins Waldviertel zogen, schenkte er das Haus seinem Sohn Caspar.
Damals hatte er eine braune Lederjacke, die er über alles liebte. Er nannte sie »Schabrack« und trug sie das ganze Jahr. Als er eines heißen Sommertags merkte, dass sein Schabrack alt wurde, erschrak er. Eifrig salbte er ihn, der schon tiefe Falten und Risse bekam, mit Butter ein. Vergebens. Statt wieder jung, wurde er ranzig. Gottfried war ratlos. Zum Glück erinnerte er sich an eine große Flasche L’heure bleue, die seiner toten Mama gehört hatte. Über und über begoss er seinen Schabrack mit Parfüm. Die blaue Stunde kämpfte mit der ranzigen Butter, und gemeinsam stanken sie gegen den Himmel. Gottfried fühlte sich verhöhnt, und er raste. Wie eine Mänade zerriss er seinen treulosen Schabrack in lauter Stücke und stopfte sie ins Klo.
Es gab dann noch ein »Röschen«, das aber keine Leidenschaften erweckte, und zu den Geburtstagen noch ein paar Lederjacken von mir. Er schenkte sie sofort weiter. Die Liebe geht, wie man sieht, manchmal seltsame Wege.
Gottfried von Einem war nach Nürnberg gefahren, eine seiner Opern hatte dort Premiere. Ich ging allein über den vorweihnachtlichen Graben. Alexander Lernet-Holenia, einer meiner liebsten Dichter, kam mir entgegen. »Hilf mir«, sagte er. »Ich suche ein Geschenk für die Eva.« Das war seine Frau, eine deutsche Geheimratstochter, Spökenkiekerin und anbetungswürdige Köchin.
Trotz meiner Einwände erstand er für sie einen überaus hässlichen grauen Schal. »Kannst du«, fragte er, »schnurspringen?« »Naja, als Kind«, sagte ich. Er bezahlte an der Kassa. »Gehen wir unter ein Haustor«, schlug er überraschend vor, »und küssen wir uns!«
Liebe Güte, er war schon ein alter Herr, und ich bewunderte ihn so. Nachdem wir uns geküsst hatten, schenkte er mir eine Springschnur. »Ich werde dir zeigen, wie es geht«, sagte er und begleitete mich in die Marokkanergasse. In meinem Zimmer zog er sich die Schuhe aus und sprang, und sprang, und sprang. Maria, unsere Köchin, kam mit einem Stoß gebügelter Wäsche herein. Als sie Herrn von Lernet in Socken vor mir schnurspringen sah, riss sie den Mund auf und ließ die Wäsche fallen.
Daraufhin nahm ich den nächsten Zug nach Nürnberg und kam um drei Uhr früh an. Der Hotelportier wollte mich nicht in Gottfried von Einems Zimmer lassen. »Wir sind verheiratet!« Ich stürmte hinauf. Mein Mann war nicht allein.
Zärtlich hielt er eine Flasche Whisky im Arm. »Ich bin schlecht«, stammelte ich. »Heute Nachmittag hab ich mich mit dem Lernet in einem Haustor geküsst.« »Na und?« Die Whiskyflasche enger an sich pressend, blinzelte Gottfried mich mit unverhohlener Abneigung an. »Merkst du nicht, dass du störst?«
Den Rest der Nacht verbrachte ich am Bahnhof. Der nächste Zug nach Wien ging um zehn.
Wir wohnten noch in der Marokkanergasse, und Maria war unsere Köchin. Gottfried hatte Herrn und Frau Kalmus eingeladen, die Besitzer der Universal-edition, bei der »Dantons Tod« verlegt war. Nach der Suppe gab es Tafelspitz mit Spinat.
Gab es eben nicht. Frau Kalmus suchte die Toilette auf. Fünf Minuten vergingen, zehn Minuten, eine Viertelstunde. Aber weder der Tafelspitz kam, noch die Frau des Verlegers. Beunruhigt machte ich mich auf den Weg in die Küche.
Das Bild, das sich mir im Vorzimmer bot, werde ich nie vergessen. Unser ganzes Souper war auf den Boden verstreut. Während sie mit einem Fuß die Klotüre zuhielt, an der Frau Kalmus immer energischer rüttelte, schaufelte Maria mit beiden Händen den Spinat vom Parkett. Starr vor Entsetzen kehrte ich an den Tisch zurück.
Gleich darauf kam auch, etwas irritiert, Frau Kalmus, und Maria servierte. Mein Appetit war nicht groß. Außer mir waren alle in bester Stimmung, und unsere Gäste lobten das Essen. Erst, als wir wieder allein waren, habe ich Gottfried alles erzählt. Er wieherte vor Vergnügen.
Gottfried von Einem hatte sich in die »Nashörner« verliebt. Er reiste ihnen praktisch um die halbe Welt nach. Denn er wollte sie zu einer Oper machen.
Eigentlich war es ja Eugène Ionesco, dem er nachreiste. Und seinen diversen Agenten. Nach England, Frankreich, Amerika und so fort. Ionesco wusste offenbar selbst nicht, wer die Rechte besaß, und zuletzt stellte sich heraus, dass es ein Lehrer in Los Angeles war, der das Stück für eine Aufführung an seiner Universität componierte.