Die gefallenen Helden der Osterinsel - Peter Hertel - E-Book

Die gefallenen Helden der Osterinsel E-Book

Peter Hertel

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Beschreibung

Die menschliche Geschichte ist schon von jeher spannend und ihre Erforschung ein Abenteuer. Peter Hertel hat hier versucht, aus der Vielfalt der Geschichten zum Umweltschutz interessante, aber auch humorvolle Episoden herauszusuchen. Sie zeigen allesamt den jahrtausendealten Kampf der Menschen um den Erhalt ihrer Umwelt. Ein Kampf der wenig Sieger und immer viele Verlierer hatte. Er begann vor Tausenden von Jahren mit dem Schutz des Wassers, dem sich der Schutz der Wälder anschloss. Wasser- und Abwasserleitungen ver- und entsorgten schon in der Antike große Städte, die bereits nach bestimmten Grundsätzen gebaut wurden. Immer wieder standen den Bemühungen unbekannte Gesetzmäßigkeiten aber auch unfähige Herrscher und nicht immer folgsame Bürger entgegen. Gesetze wurden verfasst und nicht eingehalten, die Religion wurde von den Herrschern genutzt, um für sich selbst riesige Paläste zu bauen. Dafür rodeten sie auch schon einmal Wälder. Die Geschichten erzählen von genialen Köpfen in der Antike. Technikern, die mit ihrem Wissen auch heute noch gebraucht würden. Aber auch von drei ausgewählten Kulturen, die mit großer Sicherheit einer Vernachlässigung des Umweltschutzes zum Opfer fielen.

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Die gefallenen Helden der Osterinsel

PrologDer Schutz der Umwelt war schon immer wichtigWasser ist LebenGeschichten vom Wasser und AbwasserStädte bringen neue ProblemeDorfleben trifft StadtVom kleinen und großen GeschäftUmweltschutz ist GesundheitsschutzDie Pest folgt dem DreckWaschen ist immer richtigKlima – eine sich ständig ändernde GrößeDas Industriezeitalter begann mit BergbauschädenGanze Kulturen gingen an Umweltschäden zugrundeDie Khmer – Wasser machte sie großDie gefallenen Helden der OsterinselKrieg – die schlimmste UmweltkatastropheDer Schluß, aber hoffentlich nicht das letzte KapitelWeiterführende LiteraturÜber den AutorImpressum

Prolog

Die menschliche Geschichte ist schon von jeher spannend und ihre Erforschung ein Abenteuer. Peter Hertel hat hier versucht, aus der Vielfalt der Geschichten zum Umweltschutz interessante, aber auch humorvolle Episoden herauszusuchen. Sie zeigen allesamt den jahrtausendealten Kampf der Menschen um den Erhalt ihrer Umwelt. Ein Kampf der wenig Sieger und immer viele Verlierer hatte. Er begann vor Tausenden von Jahren mit dem Schutz des Wassers, dem sich der Schutz der Wälder anschloss. Wasser- und Abwasserleitungen ver- und entsorgten schon in der Antike große Städte, die bereits nach bestimmten Grundsätzen gebaut wurden. Immer wieder standen den Bemühungen unbekannte Gesetzmäßigkeiten aber auch unfähige Herrscher und nicht immer folgsame Bürger entgegen. Gesetze wurden verfasst und nicht eingehalten, die Religion wurde von den Herrschern genutzt, um für sich selbst riesige Paläste zu bauen. Dafür rodeten sie auch schon einmal Wälder.  Die Geschichten erzählen von genialen Köpfen in der Antike. Technikern, die mit ihrem Wissen auch heute noch gebraucht würden. Aber auch von drei ausgewählten Kulturen, die mit großer Sicherheit einer Vernachlässigung des Umweltschutzes zum Opfer fielen.

Briefe aus einem Archiv zeigen, dass der Baumbestand der Wälder sorgsam überwacht und dies vom König auch kontrolliert wurde. So hatte eine Inspektion durch einen Beamten ergeben, dass in bestimmten Wäldern Bäume gefällt worden seien, weil niemand diese bewache. Es solle nun schleunigst festgestellt und berichtet werden, ob die Waldwächter selbst die Bäume gefällt hätten oder aber fremde Hände. Die Wächter wurden in den Palast bestellt und redeten sich erst einmal heraus. Es läge nämlich an den fehlenden schriftlichen Anweisungen. Künftig wolle man das aber genauestens regeln.„Vernachlässigt nicht eure Wälder, sie sollen gut bewacht werden“,  mahnte der König. Morgen wolle er bei einer Inspektion nachschauen und jeden Verantwortlichen für einen gefällten und veruntreuten Baum töten. Das sagt uns, liebe Freunde, zwei erstaunliche Dinge: Erstens haben die Menschen auch schon vor längerer Zeit auf ihre Wälder aufgepasst und zweitens waren es auch damals immer schon die Anderen, wenn etwas schief ging.

Königs Hammurabi I. von Babylon regierte von 1792 bis 1750 vor Christus.

Es handelt sich hier um historischen König Hammurabi I. Die entsprechenden schriftlichen Quellen stehen auf Tontafeln und gehören zum Šamaš-hasir-Archiv. Šamaš-hasir war im 18. Jahrhundert vor Christus ein altbabylonischer Beamter des Königs Hammurabi.

Seit über 4.000 Jahren haben die Sumerer ihre Geschichte in Keilschrift (so als wenn Vögel über weichen Ton laufen) aufgeschrieben.

Ja, unsere Vorfahren haben sich auch schon Gedanken um die Umwelt gemacht und versucht sie zu schützen. Manchmal waren sie damit erfolgreich, aber auf Grund der Komplexität der Zusammenhänge natürlich, wie heute auch, nicht allzu oft. So gibt es Hinweise, dass der  Untergang einiger großer und bedeutender Kulturen auch etwas mit vernachlässigtem Umweltschutz zu tun hat. Die Menschheit blickt auf eine vielfach noch unbekannte Vergangenheit zurück. Nur wenige Prozent der einstigen Flächen alter Siedlungsstätten sind freigelegt. Immer wieder erleben wir bei fortschreitender Grabung Überraschungen. Deshalb wird es noch lange schwierig bleiben, sich von einer bestimmten Kulturepoche ein einigermaßen komplettes Bild zu machen. "Menschen gleichen in Höhlen angeketteten Wesen, die die Wirklichkeit nicht sehen können. Sie halten die Schatten von Gegenständen für das wirkliche Leben."

Platon, griechischer Philosoph

Vielleicht können wir seit Menschengedenken immer nur diese Schatten sehen, weil unsere Sinne für den Rest nicht eingerichtet sind.  Liebe Freunde, wollen Sie dafür ein Beispiel? Welch unendlich viele Sinneseindrücke liegen in Form von Signalen im Raum, doch wir brauchen zum Sehen mindestens ein TV-Gerät. Und noch etwas scheint mir wichtig: Wer kann sich schon in die Gedanken von Menschen hinein versetzen, die vor Jahrtausenden gelebt haben? Vielleicht gehört die Archäologie heute deshalb zu den Geisteswissenschaften? So richtig kann ich das allerdings nicht nachvollziehen. Das vergangene Leben bestand doch, wie das heutige, aus unendlich vielen Facetten. Dazu gehört Fachwissen auch aus Chemie, Physik, Technologie, Lebensmittelkunde, Landwirtschaft und vielem mehr. Das alles wollen die Philosophen erkunden? Das möchte ich, wie andere auch, allerdings bezweifeln. Doch es gibt Hoffnung, denn zunehmend werden in die archäologischen Untersuchungen die Experten anderer Fachrichtungen einbezogen. Wie schwierig es ist, sich in die Gedanken- und Gefühlswelt anderer, auch heutiger, Völker hinein zu versetzen, soll folgendes Beispiel zeigen: Auf dem riesigen Tonle Sap, einem See in Kambodscha, der zur Regenzeit um zwölf Meter ansteigt, leben Menschen in einem schwimmenden Dorf. Schlafen, essen, Freizeit alles auf Booten, Flößen oder anderen schwimmfähigen Gegenständen, sogar Schweineställe und Gaststätten auf großen Flößen.

Vorwiegend Vietnamesen leben auf dem schwimmende Dorf des Sees Tonle Sap in Kambodscha und haben dort alles, was sie zum Leben benötigen.

Die Menschen leben vom Fischfang und Reis, den sie gegen Fische an Land eintauschen. Ihre Notdurft verrichten sie in den See, woher auch dann das Trinkwasser für den Kaffee stammt. Wir europäischen Touristen rümpfen die Nase und können die „Armut und Primitivität“ überhaupt nicht verstehen.  Stellen sie sich aber mal vor, Sie sprechen die Sprache der schwimmenden Dorfbewohner, gehen, pardon fahren mit einem Boot hin und fragen sie, ob man denn nicht am nächsten Tag von sieben bis 16 Uhr arbeiten und Geld verdienen möchte? Soll ich Ihnen die Antwort sagen? Nein, die kennen Sie sicher selbst.  Mit den hygienischen Bedingungen kommen sie, wir keinen Tag,  allerdings auch zurecht. Das Immunsystem ist sehr anpassungsfähig. Erinnern möchte ich hier auch noch an den norwegischen Forscher Thor Heyerdahl. Für ihn hat der technische Fortschritt manches Gute gebracht, aber froher habe er uns nicht gemacht. 

Das Grab von Thor Heyerdahl in einem Felsen des mittelalterlichen Städtchen Colla Micherie. Dem norwegische Forscher sind zahlreiche Kenntnisse zur Ausbreitung der Kulturen über den Erdball und ihren Entwicklungen zu danken. Er gilt als einer der Begründer der experimentellen Archäologie.

„Wir bauen bessere Häuser als früher, haben bessere Matratzen, köstlichere Speisen, elegante Kleider und Frisuren. Aber schlafen wir besser, lieben wir besser oder essen wir mit größerem Appetit? Wir haben unsere Maschinen, um Zeit und Muskeln zu sparen. Aber fühlen wir uns weniger verbraucht oder wissen wir mit unserer Zeit etwas Besseres anzufangen? Und vor allem: Wir haben uns gefährlichere Waffen geschaffen als je zuvor, aber fühlen wir uns deshalb sicherer als früher?“Thor Heyerdahl 

Verständlicherweise interessieren sich immer mehr Menschen für ihre Vergangenheit und da ist der Umweltschutz meist eingeschlossen. In seiner Geschichte liegt ja auch der Schlüssel für unser aller Zukunft. Denn die Gesetze, die zum Entstehen und Vergehen bedeutender Hochkulturen führten, werden immer gelten. Sie zu erkennen, heißt auch, sie zu beeinflussen und möglicherweise unsere Kultur vor einem Untergang zu retten. Die schlechte Nachricht aber ist: Bislang ist noch jede Kultur irgendwann untergegangen. Aber es gibt auch eine gute Nachricht. Unsere Zivilisation, also die Summe aller Kulturen auf der Erde, ist bislang immer noch vorhanden und sie wird es hoffentlich auch bleiben.  Freunde der Sience fiction denken da noch einen Schritt weiter. Wenn die intelligenten Wesen (damit sind tatsächlich auch wir gemeint) die Schranke ihres Planeten durchbrechen können und Verbindung zur Nachbarzivilisation und dann mit dieser immer weiter das All erobern, dann wird auch die Zivilisation niemals endgültig aussterben.  Doch ich bitte Sie um große Zurückhaltung, das kann noch eine Weile dauern. Bleiben wir vorerst auf unserem Planeten mit all seinen vernunftbegabten und weniger vernünftigen Wesen. Eine Erkenntnis für die, neben anderen Thor Heyerdahl sein Leben lang eingetreten ist, besagt, dass unsere Kulturen schon vor Jahrtausenden miteinander Kontakt hatten. Daraus ist zu schlussfolgern, dass nur dann, wenn wir die menschliche Geschichte zeitlich sowie auch räumlich als Einheit betrachten, Licht in viele, bislang noch unklare Prozesse gebracht werden kann.  Bleibt da noch ein zutiefst menschlicher Aspekt, den wir nie vergessen sollten. Glück und menschliches Leid, Freude und Trauer, all die Emotionen, die unser Leben zum großen Teil ausmachen, waren vor Jahrtausenden die gleichen wie heute.  Wer wagt zu behaupten, dass wir heute glücklicher leben, als die alten Griechen oder Römer? Und um es auf die Spitze zu treiben, wer möchte behaupten, dass meine Katze Tini, die satt gefressen und schnurrend auf dem warmen Sofa liegt, nicht vielleicht sogar glücklicher ist als der am Computer sitzende Autor? Er ist überzeugt, uns die längst Verstorbenen in ihrer Seele viel mehr ähneln, als wir vermuten oder manchmal auch zugeben wollen. Das soll der Ausgangspunkt für unsere Geschichten zum Umweltschutz sein.

Der Schutz der Umwelt war schon immer wichtig

Für viele ist Umweltschutz immer noch eine Erfindung der Gegenwart, zumindest aber eine Tatsache, die erst heute aktuell geworden sei.  Sicher sind die Auswirkungen eines mangelhaften Umweltschutzes noch nie so deutlich, wie in den letzten hundert Jahren geworden, doch Umweltschutz ist tatsächlich viel älter als die Menschheit. Nur eine kühne Behauptung?  Nein, denn unsere Biosphäre hatte schon vor dem Menschen unendlich viele Regelmechanismen zum Erhalt der Umwelt besessen. Nur sie garantieren seit Jahrmillionen die dauerhafte Existenz der Lebewesen. So bestimmt generell die Menge der vorhandenen Nahrungsmittel die Zahl der von ihnen existierenden Individuen. Das beginnt bei Fäulnis- und Verwesungsprozessen, die die Ausbreitung von Krankheitskeimen verhindern und gleichzeitig die Nahrungsgrundlage für neues Leben bilden. Immer, bis zum homo sapiens, ist die Population abhängig von den zur Verfügung stehenden Ressourcen. Schlussfolgern Sie daraus aber bitte nicht, dass sich Umweltschutz seit dem Zeitalter des Menschen von allein organisiert. Genau das Gegenteil ist der Fall, denn eine Zusammenballung von vielen Menschen auf kleinstem Raum und die totale Ausnutzung der natürlichen Ressourcen sah der Plan urspünglich nicht vor.  Erst seit viele Menschen zusammen siedeln, müssen sie Umweltschutz intensiv betreiben. Wie war es bei unseren imaginären Urmenschen in der Höhle? Ein stinkender Abfallhaufen vor dieser musste irgendwann weggeräumt werden, wenn man weiter in der Höhle leben und keine unliebsamen Raubtiere anlocken wollte. Das kann man sich doch vorstellen. "Paul - räume den Dreck nun endlich mal weg!" War das nicht auch schon der ganz bescheidene Anfang einer Maßnahme für den Umweltschutz? Noch vor dem militärischen Schutz des Landes kam bei zahlreichen alten Völkern der Schutz des Wassers. Wir können durchaus heute beeindruckt sein, welche fortschrittliche Einstellung die Herrscher mancher längst untergegangener Reiche zum Umweltschutz hatten. Staunend stehen wir vor den alten Aufzeichnungen und Relikten, die zeigen, mit welchen teilweise drastischen, dafür aber wirksamen Mitteln für die Einhaltung der Gesetze gesorgt wurde. Einen der frühen und allseits bekannten Hinweise finden wir bereits in der Bibel. „Seid fruchtbar und mehret euch, und füllet die Erde und machet sie euch untertan... Und Gott der Herr nahm den Menschen und setzte ihn in den Garten Eden, dass er ihn pflegte und schützte.“

Genesis 1 V 28 und 2 V 15 

Was genau ist Umweltschutz?

Heute versteht man unter Umweltschutz alle Maßnahmen, die die Biosphäre vor schädlichen Einflüssen bewahren. Bereits eingetretene Schäden sollten durch Umweltschutzmaßnahmen gemildert oder behoben werden, was aber leider oft nur eine Wunschvorstellung bleibt.  Der heutige Umweltschutz umfasst viele Bereiche. Dazu gehören der Klimaschutz, der Waldschutz, Gewässerschutz, Schutz der menschlichen Gesundheit, aber auch beispielsweise die Reinhaltung der Luft, die Abfallbeseitigung, der Lärm- und Strahlenschutz sowie die Überwachung von Lebensmitteln.  Das klingt alles ziemlich logisch und man könnte daraus entnehmen, dass nur ein paar Gesetze beachtet werden müssen und dann klappt es schon mit der Umwelt. Doch das, liebe Freunde, ist leider ein Irrtum.  Die Erde mit ihrer Biosphäre ist ein kompliziert vernetztes System. Jedes Eingreifen des Menschen bringt neben den erwünschten Wirkungen eine Vielzahl unerwünschter hervor. Doch sie sind teilweise erst nach Jahren oder Jahrzehnten zu spüren. Oft zu einer Zeit, in der die Ursache gar nicht mehr bekannt ist. 

Der Planet Erde sieht mit seiner Biosphäre vom Weltraum stabiler aus, als er es im Detail ist.

„In der Natur geschieht nichts vereinzelt. Jedes wirkt aufs andere und umgekehrt, und es ist meist das Vergessen dieser allseitigen Bewegung und Wechselwirkung, das unsre Naturforscher verhindert, in den einfachsten Dingen klar zu sehn. Schmeicheln wir uns indes nicht zu sehr mit unsren menschlichen Siegen über die Natur. Für jeden solchen Sieg rächt sie sich an uns. Jeder hat in erster Linie zwar die Folgen, auf die wir gerechnet, aber in zweiter und dritter Linie hat er ganz andre, unvorhergesehene Wirkungen, die nur zu oft jene ersten Folgen wieder aufheben.  Die Leute, die in Mesopotamien, Griechenland, Kleinasien und anderswo die Wälder ausrotteten, um urbares Land zu gewinnen, ahnten nicht, dass sie damit den Grund zur jetzigen Verödung jener Länder legten, indem sie mit den Wäldern die Ansammlungszentren und Behälter der Feuchtigkeit entzogen. Die Italiener der Alpen, als sie die am Nordabhang des Gebirges so sorgfältig gehegten Tannenwälder am Südabhang vernutzten, ahnten nicht, dass sie damit der Sennwirtschaft auf ihrem Gebiet die Wurzel abgruben; sie ahnten noch weniger, dass sie dadurch ihren Bergquellen für den größten Teil des Jahres das Wasser entzogen, damit diese zur Regenzeit umso wütendere Flutströme über die Ebene ergießen könnten.“

Friedrich Engels (1878)

Schon am Anfang seiner Existenz hat der Mensch zunehmend über seine Lebenszeit hinaus wirkende Spuren, später Müllhalden genannt, hinterlassen. Durch die Verwendung von Werkzeugen und der organisierten gemeinschaftlichen Arbeit wurde es unseren Vorfahren möglich, gigantische Bauwerke zu schaffen. Staudämme wurden errichtet und Flüsse umgeleitet. Doch nach der Rodung der Wälder kam es zur Versteppung des Landes, oft sogar zur Wüstenbildung, die in den meisten Fällen nicht mehr rückgängig gemacht werden konnte.  Schon Anfang des 20. Jahrhunderts hatte man die Vermutung, dass einige der alten Kulturen durch die Vernachlässigung des Umweltschutzes untergegangen seien. Tatsache aber ist, dass die Schädigung der Umwelt zu einer beeindruckenden Kraft in der Geschichte der menschlichen Zivilisation geworden ist.

Das fiktive Ende einer Stadt

Wir beginnen mit einem Auszug aus einem ergreifenden Roman einer amerikanischen Biologin.„Es war einmal eine Stadt, in der alle Geschöpfe in Harmonie mit ihrer Umwelt zu leben schienen. Die Stadt lag inmitten blühender Farmen mit Kornfeldern und mit Obstgärten an den Hängen der Hügel, wo im Frühling Wolken weißer Blüten über die grünen Felder trieben. Im Herbst entfalteten Eiche, Ahorn und Birke eine glühende Farbenpracht. Damals kläfften Füchse im Hügelland und lautlos, halb verhüllt von den Nebeln der Herbstmorgen, zog Rotwild durch die Äcker. Selbst im Winter waren die Plätze am Wegesrand von eigenartiger Schönheit. Zahllose Vögel kamen dorthin, um sich Beeren als Futter zu holen und aus den vertrockneten Blütenköpfchen der Kräuter, die aus dem Schnee ragten, die Samen zu picken. So war es gewesen, seit vor vielen Jahren die ersten Siedler ihre Häuser bauten, Brunnen gruben und Scheunen errichteten. Dann tauchte überall in der Gegend eine seltsame, schleichende Seuche auf und unter ihrem Pesthauch begann sich alles zu verwandeln. Irgendein böser Zauberbann war über die Siedlung verhängt worden. Rätselhafte Krankheiten rafften die Kükenscharen dahin. Rinder und Schafe wurden siech und verendeten. Die Farmer erzählten von vielen Krankheitsfällen in ihren Familien. Einige Menschen waren plötzlich und unerklärlicherweise gestorben, nicht nur Erwachsene, sondern sogar Kinder. Es herrschte eine ungewöhnliche Stille. Wohin waren die Vögel verschwunden? Es war ein Frühling ohne Stimmen. Die einst so anziehenden  Landstraßen waren nun von braun und welk gewordenen Pflanzen eingesäumt, als wäre ein Feuer über sie hinweggegangen. Selbst in den Flüssen regte sich kein Leben mehr. In den Rinnsteinen, unter den Traufen und zwischen den Schindeln der Dächer zeigten sich noch ein paar Fleckchen eines weißen körnigen Pulvers; es war vor einigen Wochen wie Schnee auf die Dächer und Rasen, auf die Felder gerieselt. Kein böser Zauber, kein feindlicher Überfall hatte in dieser verwüsteten Welt die Wiedergeburt neuen Lebens im Keim erstickt. Das hatten die Menschen selbst getan.“

Rachel Carson (1965)

Tatsächlich, fast unbemerkt, war ein Schreckgespenst unter den Menschen aufgetaucht und seine Tragödien füllten schon heute ganze Bände, wenn sie je ein Autor aufgeschrieben hätte. Der Chemieunfall 1976 nahe Mailand mit einer Dioxinwolke, die Seveso traf, 800 Millionen Liter Rohöl im Golf von Mexico 2010 und  schließlich die Atomkatastrophe von Fukushima 2011 sind nur drei Beispiele. Die Umweltkatastrophen der Gegenwart unterscheiden sich von denen der Vergangenheit außerdem noch in ihrer Schnelligkeit, ihren Ausmaßen und ihren lang andauernden Schäden.

Wasser ist Leben

Am Anfang einer der ersten Hochkulturen unserer Zivilisation stritten sich, so die Mythologie, erst mal die Götter. Das muss so um 5.000 vor Christus gewesen sein. Es ging um das fehlende Wasser im fruchtbaren Land Dilmun, der heutigen Insel Bahrain. Das Gebiet liegt im Süden des Zweistromlandes. Die Göttin Ninsikila ging ihrem Vater Enkis, der als sumerischer Gott der Weisheit und des Süßwassers galt, solange auf die Nerven bis er sich entschloss Kanäle und Zisternen anzulegen, um das fruchtbare Land endlich nutzen zu können. Nach unserem heutigen Wissen war das einer der ersten staatlichen Aufträge für eine erforderliche Umweltmaßnahme. Sie ist, der Legende nach, dem Trotz einer jungen Dame zu verdanken.

Erste Gebote waren Wassergesetze

Die frühesten technischen Höchstleistungen der Menschen galten der Gewinnung, des Transportes und der Speicherung von Wassers. So verwundert es nicht, dass die ersten Gesetze Wassergesetze waren.  Eines existierte bereits um 1700 vor Christus in Babylon und gehört zum Codex Hammurabi. In den erhalten gebliebenen, sehr umfassenden Rechtsvorschriften sind auch Normen für die Pflege der Bewässerungsanlagen zu finden.

Das Wassergericht von Valencia ist heute mehr zu einer Touristenveranstaltung geworden, hatte aber einst einen sehr ernsten Hintergrund.

Das Gericht von Valencia „El Tribunal de las Aquas“ ist das älteste Wassergericht und gleichzeitig die älteste bekannte Rechtsinstitution in Europa. Sie wurde 960 vom Kalifen von Córdoba Abd ar-Rahman III. gegründet. Noch heute sprechen acht Richter, für jeden Bewässerungsbezirk einer, jeden Donnerstag vor der dortigen Kathedrale Recht, falls es unter den Grundbesitzern Unstimmigkeiten bei der Zuteilung des Wassers für ihre Felder gibt. Das Gericht befand sich zunächst in einer Moschee. Als diese christliche Kathedrale wurde, musste vor der Kirche weiter verhandelt werden.  Die Grundregel besagt, dass Landbesitz erworben werden kann, Wasser aber nur nach bestimmten Gesetzen verwendet werden darf. Die Überwachung und Verteilung des Wassers wird nach der Rechtssprechung von Wächtern mit uneingeschränkter Autorität ausgeübt. Es werden bis auf die Gerichtssprüche keine Akten geführt und es gibt keine Möglichkeit der Berufung.  Alle Achtung, die Verfahrensprinzipien entsprechen modernen Anforderungen und machen das über 1.000 Jahre tätige Gericht einzigartig. Sehen Sie auch, wie einmalig die Einrichtung ist. Keine Akten, keine Berufung und schnelles Handeln, denn sonst war die Ernte, ehe ein Urteil vorlag, hinüber. Mit der zunehmenden Seßhaftigkeit mussten neue Wasserquellen erschlossen, gefaßt und das Wasser zu den Siedlungen und auf die Felder geleitet werden. Genauso wichtig wurde aber auch der Schutz der landwirtschaftlich genutzten Flächen vor Überschwemmungen und Erosion.

Ohne Wasser keine Entwicklung

Noch älter als die Griechen und Ägypter sind die Sumerer in ihrer ehemaligen Heimat, dem Zweistromland. Geblieben von den alten Städten im Land zwischen den Strömen Euphrat und Tigris sind heute nur die Tells. Das sind Hügel, die teilweise gigantische Ausmaße von bis zu 30 Metern Höhe und anderthalb Kilometer Durchmesser haben. Diese sind dem Häuserbau mit ungebrannten Lehmziegeln zu verdanken. Immer dann, wenn man die Instandhaltung des Daches vernachlässigt hatte und die Siedlung aufgab, löste der Regen den Lehm wieder auf und spülte ihn nach unten. Durch immer wieder neue Hausbauten auf den planierten Resten der alten wuchsen diese Hügel über Jahrhunderte weiter an. Man wohnte sich gewissermaßen empor. So ist auch zu erklären dass beispielsweise in Ninive (heute Mossul) die obersten Schichten mittelalterliche Ruinen bergen und die unterste Schicht bis in die Zeit 5.000 vor Christus und weiter zurückreicht. Bereits vor Jahrtausenden hatten die Sumerer ein umfangreiches Bewässerungssystem geschaffen. Um die Regen- und Schmelzwässer Armeniens zu nutzen, bauten sie große Dämme und leiteten in der Trockenzeit das angestaute Wasser über Kanäle und Bäche auf die Felder. Es entstand ein blühendes Paradies mit Getreidefeldern und Gärten. Für das Vieh gab es saftige Weiden und die landwirtschaftlichen Produkte wurden in den umliegenden Ländern verkauft.  Nach heutigen Erkenntnissen bestand die Nahrung der Sumerer vor allem aus Graupen, Mehlbrei, Datteln, Honig, Sesamöl. Eiweiß lieferten Eier und Käse, Gänse, Enten, Hühner sowie Heuschrecken. Seltener gab es Schlachtfleisch der ebenfalls gezüchteten Nutztierrassen Rinder, Esel, Schweine, Schafe oder Ziegen. Gejagt wurden Hasen, Wildschweine, Wildziegen, Wildschafe, Antilopen, Gazellen und Wildhirsche.  Die Löwenjagd war das Privileg der Könige. Intensiv wurde Fischfang betrieben, die Karpfen exportiert. Teilweise nutzte man abgerichtete Pelikane zum Fischefangen.  Tipp: Vielleicht sollten das unsere geplagten Fischzüchter mal mit den heute ziemlich ungeliebten Komoranen probieren? Die Sumerer hätten ihre Kultur niemals so weit entwickelt, wäre ihnen neben der Wasserversorgung nicht die Beziehung zwischen Leistung und sozialer Ordnung bekannt gewesen. Deshalb wurde die Disziplin der Bürger durch zahlreiche Gesetze und Verordnungen immer wieder gefordert und, wenn es nicht anders funktionierte, auch mit Strafen erzwungen. Etwa um 3.000 vor Christus waren im südlichen Mesopotamien vermutlich bereits 30.000 Quadratkilometer bewirtschaftet und eine Regulierung der Flüsse Euphrat und Tigris funktionierte bereits. Die Aufsicht über die Bewässerungsanlagen hatte die Priesterschaft. Die Planung und der Bau von Kanälen und Deichen, die Verteilung des Wassers und die Bestellung der Felder sowie die Erfassung und Verteilung der Ernte waren damals in einer Hand. Vielleicht hatte man da schon einen Landwirtschaftsminister, aber der dürfte bei der Aufgabenfülle und dem erforderlichen fachlichen Wissen ausgebildet und nicht vorher beispielsweise Kultus-, oder Verteidigungsminister gewesen sein. Die ältesten gefundenen Siedlungsreste der vorsumerischen Völker  stammen bereits aus dem zehnten Jahrtausend vor Christus. Um 4.000 haben die Sumerer in Keilschrift Anweisungen zur Bewässerung ihrer Felder nach einem Stufenplan aufgezeichnet. Immer wieder finden sich in den Schriften Hinweise auf die Bedeutung, die man der Bewässerung beimaß. So schrieb um 2.300 ein Chronist auf eine Kalksteinstele, die am Euphrat gefunden wurde: „Ur-Namu hat die Arbeiten für die Kanäle ausführen lassen, aber er gibt den Göttern die Ehre, das segensspendende Geschenk des Wassers, dass dem Land Fruchtbarkeit bringt.“  Mesopotamien ist das beste Beispiel dafür, wie das Erblühen einer Kultur mit einer ausreichenden Trinkwasserversorgung zusammenhängt. Im Laufe der Jahrhunderte erbauten die Sumerer ein immer größeres und verzweigteres Bewässerungsnetz. Dadurch konnte bis dahin trockenes Land kultiviert werden. Die Hauptkanäle wurden breiter und dienten bald auch dem Schiffsverkehr. Es gab mehrere Wasserverbindungen zwischen Euphrat und Tigris.  Für den Bau und die Instandhaltung solcher Anlagen hatten die Babylonier spezielle Fachleute, genannt Gugalla. Sie mussten den Wasserverbrauch für ein bestimmtes Land abschätzen, konnten die Fläche messen, nivellieren und abstecken. Besonders wichtig war die Ermittlung des richtigen Gefälles. Für die Ausbildung der Gugallus gab es in Keilschrift verfasste Lehrbücher. Sie enthielten mathematische und technische Aufgaben. Die Art der Wasserleitungen wurde selbstverständlich den geographischen Gegebenheiten angepasst.  Im vorchristlichen Persien (hauptsächlich Gebiete des heutigen Irans) baute man Dschubbs. Unterirdischen Kanäle waren in fünf bis zehn Meter Tiefe so angelegt, dass das Wasser möglichst ohne zu verdunsten zum Verbraucher geführt werden konnte. In den Gebieten des heutigen Iran und Irak sind die Auswurfschächte der Dschubbs vom Flugzeug aus noch zu sehen. Experten schätzen, dass noch 22.000 derartiger Dschubbs in Betrieb sind. Man schätzt eine einstige Gesamtwasserführung von 560 Kubikmeter pro Stunde. Derartige unterirdische Kanäle wurden einst auch in Nordafrika gebaut und heißen dort Foggeras. Natürlich hatten auch die Pharaonen viele gute Ideen, um die Trockenzeiten zu überbrücken. Mitten in der Wüste, 100 Kilometer südwestlich von Kairo, liegt die Oase Fayyum. Sie gehört heute zum gleichnamigen Gouvernement in Ägypten und gilt als Gemüsegarten Kairos. Herodot schrieb die Schaffung des Sees dem sagenhaften König Moeris zu. Sein historischer Zuführungskanal, als Josefskanal bekannt, leitete das Wasser des Nils bei Hochwasser in den See und in Trockenzeiten konnte das Wasserdefizit auf umgekehrtem Weg ausgeglichen werden. Schließlich predigen die Mohammedaner, dass das Reichen von Wasser als religiöse Nächstenliebe anzusehen ist. Es ist Gesetz, dass jeder Mohammedaner freien Zugang zum Wasser haben muss. Wasser ist auf unserem Planeten bekanntermaßen Grundlage jeglicher Lebensformen. Schon in der Frühzeit der menschlichen Geschichte suchten unsere Vorfahren deshalb ihre Wohnplätze in der Nähe von Trinkwasser. An den Wasserläufen entlang drangen sie beidseitig in bisher unbetretene Gebiete vor und errichteten stets in der Nähe ihre Siedlungen. Deshalb liegen viele große Städte weltweit an den Ufern von Flüssen. Sie waren einst menschen- und völkerverbindend und erst in der Neuzeit wurden daraus oft auch Grenzlinien. Doch mancherorts war es nicht so einfach, um an das Trinkwasser zu gelangen. Wenn Bäche und Flüsse versiegten, dann griff man zunächst auf die primitivste Technik der Wassergewinnung zurück. Mit der Hand oder einfachen Werkzeugen wurde nach Wasser gegraben. Aus diesen Scharrlöchern sind später die ersten Brunnenlöcher im Sand oder weichen Gestein entstanden.