Die größten Ökonomen: Friedrich A. von Hayek - Hansjörg Klausinger - E-Book

Die größten Ökonomen: Friedrich A. von Hayek E-Book

Hansjörg Klausinger

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Beschreibung

Sie prägen seit Jahrhunderten die Welt der Ökonomie: die größten Ökonomen. Einer von ihnen ist Friedrich A. von Hayek. Der gebürtige Wiener gilt als sehr angesehener Wirtschaftswissenschaftler und ist außerdem ein bekannter Vertreter der Österreichischen Schule der Nationalökonomie. 1974 wurden seine Arbeiten sogar mit einem Nobelpreis gewürdigt. Erfahren Sie in diesem Buch mehr über diesen herausragenden Ökonomen, seine Kritik am Sozialismus und seine kritische Haltung zu John M. Keynes. Das Buch richtet sich an Studierende, Wissenschaftler und Interessierte aus den Fachbereichen Wirtschaftswissenschaften, Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte. Fazit: Dem Autor gelingt nicht nur ein kompakter Überblick über die wichtigsten Werke von Friedrich A. von Hayek. Vielmehr beleuchtet er auch den Menschen und den Kontext, in dem er gearbeitet hat.

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Aus der Reihe

„Die größten Ökonomen“

herausgegeben von Prof. Dr. Harald Hagemann

die-groessten-oekonomen.de

Hansjörg Klausinger

Die größten Ökonomen:

Friedrich A. von Hayek

UVK Verlagsgesellschaft mbH · Konstanz

mit UVK/Lucius · München

Prof. Dr. Hansjörg Klausinger lehrt an der Wirtschaftsuniversität Wien.

Online-Angebote oder elektronische Ausgaben sind erhältlich unter www.utb-shop.de.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

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© UVK Verlagsgesellschaft mbH, Konstanz und München 2013

Einbandgestaltung: Atelier Reichert, Stuttgart

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Schützenstr. 24 · 78462 Konstanz

Tel. 07531-9053-0 · Fax 07531-9053-98

www.uvk.de

eBook-Herstellung und Auslieferung: Brockhaus Commission, Kornwestheimwww.brocom.de

UTB-Nr. 3792

ISBN 978-3-8463-3792-9

Vorwort

Wie bei so vielen großen Ökonomen, deren Wirken in die Gegenwart hineinragt, ist das Werk Friedrich August Hayeks bei aller Anerkennung nicht unumstritten und die ihm gegenüber eingenommenen Positionen reichen von einer Anhängerschaft, die sich von seinen Thesen die Rettung bzw. Restauration einer Marktwirtschaft ohne Adjektive erwartet, bis zu ebenso überzeugten Kritikern, die in ihm nicht mehr als einen Apologeten einer überwunden geglaubten Form des Kapitalismus erkennen können. Als Autor dieses Büchleins versuche ich mich auf diesem Kontinuum der Meinungen in einer Position abseits der Extreme einzuordnen. Es erscheint mir offensichtlich, dass ein Buch über Werk und Wirken einer Forscherpersönlichkeit wie Hayek beim Autor ein Minimum an wohlwollendem Verständnis für dessen Thesen voraussetzt. Darüber hinaus werde ich aber Hayek weder in allen seinen Thesen und Schlussfolgerungen bedingungslos folgen, noch versuchen beckmesserisch gegen ihn Recht zu behalten: Nach Darstellung und Kritik des Hayekschen Werkes muss das Urteil letztlich der Leserin und dem Leser überlassen werden. Ein Ziel dieses Unternehmens wäre jedenfalls auch zu Lektüre und Studium des Originals anzuregen, wofür die umfangreichen Literaturangaben am Ende dieses Bandes einen Anreiz bieten mögen.

Der hier vorliegende Beitrag resultiert aus einer lange währenden Beschäftigung mit dem Werk Hayeks, besonders auf den Gebieten der Geld- und Konjunkturtheorie. Dabei habe ich auf eine Reihe von in den letzten Jahren veröffentlichten Aufsätzen zurückgegriffen, besonders jedoch auf meine Einführungen zu den jüngst erschienenen Bänden über Hayeks Konjunkturtheorie (Business Cycles, Part I and II, The Collected Works of F. A. Hayek, vols 7 and 8, Chicago, 2012). Allen, die mich bei diesem Unternehmen mit Rat und Kritik unterstützt haben, möchte ich hier meinen Dank aussprechen.

Zum formalen Apparat: Für Literaturangaben wird das Autor (Erscheinungsjahr)-System verwendet. Die Werke Hayeks werden prinzipiell in deutscher Übersetzung zitiert, wenn möglich nach der Ausgabe der Gesammelten Schriften, bei Nachdrucken bzw. Übersetzungen wird das Erscheinungsjahr der Erst- bzw. Originalausgabe in eckigen Klammern angeführt und diese eigens im Literaturverzeichnis angegeben. Wo keine deutsche Quelle zitiert ist, handelt es sich um meine eigene Übersetzung. Die Literaturangaben zu Hayek sind in zwei Kategorien unterteilt, in der Rubrik „Wichtige Werke“ werden ausschließlich Monographien und Sammelbände, in der Rubrik „Zitierte Literatur“ die Ausgaben gesammelter Werke und Einzelbeiträge angeführt – daneben auch die Literatur von anderen Autoren.

Wien im November 2012

Hansjörg Klausinger

Inhalt

Vorwort

Leben und Werk – Eine Einführung

Die Tradition der Österreichischen Schule

Hayek, der theoretische Ökonom

Hayek, der Theoretiker einer freiheitlichen Ordnung

Hayek, der Theoretiker der spontanen Ordnung

Gleichgewicht, Marktprozess und Wissensteilung

Das neoklassische Gleichgewichtskonzept

Hayek, der Gleichgewichtstheoretiker

Gleichgewicht, Wirtschaftsrechnung und Wissensteilung

Kritik der modernen Gleichgewichtstheorie

Jenseits von Gleichgewicht: Marktprozess und Wettbewerb

Vorläufige Würdigung

Die frühe Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie

Historischer und ideengeschichtlicher Hintergrund

Hayeks Konjunkturtheorie

Kritik

Das Konzept des neutralen Geldes

Diagnose und Therapie der Großen Depression

Kapitaltheorie und Ricardo-Effekt: Zwei Sackgassen

Hayeks Feldzug: Keynes und die Folgen

Der Feldzug gegen den Keynesianismus

Hayek und Friedman: Unbehagliche Weggefährten

Von der Goldwährung zur Währungskonkurrenz

Hayeks Liberalismus

Hayeks Liberalismus im Vergleich

Freiheit, Ordnung, Regeln, Evolution

Liberalismus und Demokratie

Wirtschaftspolitik in einer freiheitlichen Ordnung

Appendix: Hayeks Methodologie

Die Aktualität F. A. Hayeks

Biographie

Glossarium

Wichtige Werke

Hilfreiche Links

Zitierte Literatur

Stichwörter

Leben und Werk – Eine Einführung

Als Friedrich August Hayek im Jahre 1974 – gemeinsam mit seinem langjährigen Gegenspieler auf ökonomischem und gesellschaftspolitischem Gebiet, Gunnar Myrdal – den Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften zuerkannt erhielt, waren seine Leistungen als Wirtschaftstheoretiker beinahe vergessen und stellten seine liberalen Ideen in der öffentlichen Diskussion nur eine Minderheitenposition dar. Sein wissenschaftliches Werk hatte bereits damals die Grenzen fachwissenschaftlicher Disziplinen überschritten: es reichte von der theoretischen Ökonomie über die Sozial- und Rechtsphilosophie bis zu Beiträgen zur Psychologie, zur Wissenschaftstheorie und zur Ideengeschichte. In den Hayek noch verbleibenden zwei Jahrzehnten konnte er nicht nur seine wissenschaftlichen Forschungen weiter vorantreiben, er erlebte auch eine Renaissance (neo-)liberaler Positionen und deren – von ihm durch Interventionen in die politische Auseinandersetzung unterstützte – Umsetzung in die Praxis.1

In der Auseinandersetzung von Zeitgenossen und Historikern mit diesem so umfangreichen und breit gefächerten wissenschaftlichen Werk wird oftmals zwischen unterschiedlichen Schaffensperioden und Schwerpunkten differenziert.2 So geht Bruce Caldwell von einer um 1937 einsetzenden „Transformation“ aus, von Hayek I, dem theoretischen Ökonomen der Österreichischen Schule, zu Hayek II, dem Sozialphilosophen und Theoretiker der Wissensteilung. Andere Interpreten von Hayeks Lebenswerk gliedern die zweite Phase noch weiter auf: einem den Gedanken des Ordoliberalismus verpflichteten Hayek II folge demnach der Theoretiker der kulturellenEvolution, Hayek III, der Spätphase. Für Philip Mirowski, der Hayek als einem Propagandisten des neoliberalen Programms mit großer Skepsis gegenüber steht, schließt sich an die vom „Missbrauch der Vernunft“-Projekt geprägte zweite Phase eine dritte mit Hayek als „evolutionären Proto-Kybernetiker“ an.

Der folgende Überblick über Leben und Werk wird in den groben Linien dieser Einteilung in drei Perioden folgen.3 Zunächst soll aber die Tradition der Österreichischen Schule der Nationalökonomie dargestellt werden, die für die wissenschaftliche Sozialisierung Hayeks von ausschlaggebender Bedeutung war.

Die Tradition der Österreichischen Schule

Als Hayek 1918 sein Studium an der Universität Wien begann, war die Politische Ökonomie an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät noch durch die Gründerväter der Österreichischen Schule geprägt: Carl Menger, der seinen Lehrstuhl bereits 1903 aufgegeben hatte, war sein Schüler Friedrich von Wieser nachgefolgt, der bis zu seiner Emeritierung 1922 an der Universität wirkte und als Lehrer Einfluss auf Hayek ausübte. Eugen von Böhm-Bawerk, neben Wieser der bedeutendste Ökonom der zweiten Generation der Österreichischen Schule und seit 1904 ebenfalls Professor an der Wiener Universität, war bereits 1914 verstorben.

Carl Menger (1840-1921), Autor der Grundsätze der Volkswirtschaftslehre (1871), gilt als Begründer der Grenznutzenschule in ihrer spezifisch österreichischen Ausprägung, die auf der Grundlage von Subjektivismus und methodologischem Individualismus die Steuerung des Wirtschaftsablaufs durch die Entscheidungen der Konsumenten betont. Für die Preistheorie bedeutet das z.B., dass nicht die „objektiven“ Kosten den Preis eines Gutes bestimmen, sondern dessen subjektive Wertschätzung durch die Konsumenten. Daneben positioniert sich Menger im Methodenstreit mit der Jüngeren Historischen Schule, besonders mit dem die deutsche Volkswirtschaftslehre beherrschenden Gustav von Schmoller (1838-1917), als Vertreter des Primats der abstrakten (exakten) Theorie.

Menger widersetzt sich damit nicht nur dem Historismus als Forschungsprogramm, sondern auch dessen Verständnis von der Entstehung sozialer Institutionen: diese würden nicht primär (wie es den Vorstellungen Schmollers und der „Kathedersozialisten“ entspräche) pragmatisch, durch Planung und obrigkeitliches Dekret geschaffen, sie seien vielmehr das organische Ergebnis des Zusammenwirkens vieler individueller Entscheidungen, aus denen eine Ordnung im Sinne erfolgreicher Koordination entstehe. Als bekanntestes Beispiel für eine solche Entstehung von Institutionen führt Menger die spontane Herausbildung von Geld als allgemein akzeptiertes Tauschmittel aus der individuellen Verwendung unterschiedlich absatzfähiger Waren im Tauschverkehr an.

Eugen von Böhm-Bawerk (1851-1914) setzt im Sinne Mengers dessen liberale Tradition fort. Sein bedeutendster eigenständiger Beitrag ist die Entwicklung einer genuin österreichischen Kapitaltheorie. Kapital wird demnach durch die von der ersten Stufe der Produktion bis zur Erlangung der Konsumreife eines Gutes verstreichende Zeit repräsentiert. Je mehr „Produktionsumwege“ bei der Herstellung eines Gutes eingeschlagen werden, je mehr Aufwand an Zeit daher im produzierten Gut steckt, desto ergiebiger wird das Ergebnis dieses Produktionsprozesses ausfallen. Zeit wird zu einem Produktionsfaktor, der sich in der temporalen Struktur der Produktion widerspiegelt, die Kapitalbildung äußert sich in der Bereitschaft, auf das Ergebnis des Produktionsprozesses zuzuwarten. An diese Sicht, die der schwedische Ökonom Knut Wicksell (1851-1926) weiter entwickelt, wird Hayek mit seinen Arbeiten zur Kapitaltheorie anknüpfen.

Friedrich von Wieser (1851-1926) wird in der Regel nicht mit einer spezifischen, herausragenden theoretischen Leistung identifiziert, vielmehr gilt er als Systematiker, dem das Verdienst zukommt, die einzelnen Lehrstücke der Österreichischen Schule miteinander – und mit Elementen der anderen neoklassischen Schulen – zu einer konsistenten Synthese verbunden zu haben. Auch wenn Wieser von der mathematischen Methode Leon Walras‘ (1834-1910) und der Lausanner Schule keinen Gebrauch macht, findet durch ihn die Idee eines allgemeinen Gleichgewichts Eingang in die Österreichische Schule. Kritiker dieses Ansatzes sehen deshalb in Wieser einen Mitverantwortlichen für Hayeks frühe Prägung als „Gleichgewichtsökonom“.

Von der nachfolgenden dritten Generation der Österreichischen Schule sind wegen ihrer Bedeutung für Hayeks Entwicklung als Ökonom Mises, Schumpeter und Mayer zu erwähnen.

Ludwig von Mises (1881-1973) wird in der Zwischenkriegszeit zur führenden Persönlichkeit der Schule und gleichzeitig zum wohl radikalsten Anhänger einer kompromisslos liberalen Doktrin. Auf theoretischem Gebiet wirkt er vor allem durch zwei Beiträge bahnbrechend: Erstens erweitert er in seiner Habilitationsschrift aus 1912, Theorie des Geldes und der Umlaufsmittel, den bis dahin primär als reale Analyse, d.h. ohne Einbeziehung des Geldes, konzipierten österreichischen Ansatz auf eine Geldwirtschaft. Sie enthält als kurze Skizze bereits den Kern dessen, was später als österreichische Konjunkturtheorie bekannt werden sollte, nämlich die Erklärung der Krise als Folge eines durch Inflation hervorgerufenen Aufschwungs und der darin beschlossenen strukturellen Fehlentwicklungen. Zweitens initiiert Mises die Debatte über die Möglichkeit der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus, die sich in vieler Hinsicht befruchtend für die Analyse der Funktionsweise von Markt- und Planwirtschaft erweist. Aus beiden Beiträgen sollten sich Schwerpunkte von Hayeks theoretischen Schriften herausbilden.

Obwohl nicht dem engeren Kreis der Österreichischen Schule zugehörig, übt auch Joseph Schumpeter (1883-1950) einen, wenn auch weniger direkten Einfluss auf Hayek aus. 1908 habilitiert sich Schumpeter in Wien mit seiner Schrift, Das Wesen und der Hauptinhalt der theoretischen Nationalökonomie, die sowohl durch ihre positivistische Methodologie als auch durch die Hervorhebung des Walrasschen Konzepts des allgemeinen Gleichgewichts als Grundgerüst der (statischen) ökonomischen Theorie von der Hauptlinie der Österreichischen Schule abweicht. Neben Wieser ist es wohl Schumpeter, auf den sich Hayek bei seiner Gleichsetzung der statischen Theorie mit der Gleichgewichtsanalyse stützt. Schumpeters Hauptwerk, die 1911 erschienene Theorie der wirtschaftlichen Entwicklung, stellt dem statischen einen dynamischen Ansatz gegenüber, für den die Durchsetzung des Neuen durch innovierende Unternehmer und damit Fortschritt durch fortwährende Zerstörung des statischen Gleichgewichts charakteristisch ist. Auch diese für viele Autoren der 1920er- und 1930er-Jahre beispielhafte Hinwendung zur Dynamik wird später Hayeks Werk auszeichnen.

Hans Mayer (1879-1955), der Schüler Wiesers und sein Nachfolger an der Wiener Universität, vertritt innerhalb der Österreichischen Schule eine eigenständige Linie. Er wendet sich insbesondere gegen die funktionalen Gleichgewichtstheorien (vom Typ Walras‘) und plädiert für einen kausal-genetischen Ansatz, dem es um die Nachverfolgung konkreter Prozesse in der Zeit geht, als eine Theorie des Pfades, dem die Wirtschaft, z.B. nach einer auf sie einwirkenden Störung, folge. Auch wenn Mayer ein durchschlagender wissenschaftlicher Erfolg versagt bleibt, wirkt er dennoch mit diesen Arbeiten auf die jüngere Generation ein.

Diese jüngere Generation, Zeitgenossen und großteils Studienfreunde Hayeks, bringt mit Gottfried Haberler (1900-1995), FritzMachlup (1902-1983) und Oskar Morgenstern (1902-1977) weitere prominente Mitglieder der Schule hervor, mit denen Hayek oft eine lebenslange Korrespondenz und eine kaum versiegende Bereitschaft zur Diskussion ökonomischer Probleme verbinden wird.

Hayek, der theoretische Ökonom

Friedrich August von Hayek wird am 5. Mai 1899 in Wien als Sohn des Arztes und Privatdozenten der Botanik, August von Hayek, geboren, mütterlicherseits bestehen verwandtschaftliche Beziehungen zur Familie Wittgenstein, der berühmte Philosoph ist ein Cousin Hayeks. Die Nobilitierung der Hayeks lässt sich ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen, mit der Abschaffung des Adels in der Ersten Republik geht das Prädikat „von“ verloren und wird von Hayek erst mit der britischen Staatsbürgerschaft 1938 wieder angenommen. In Wien durchläuft Hayek den traditionellen (und intellektuell nicht immer befruchtenden) Bildungsweg eines österreichischen Gymnasiums, den er mit der erfolgreichen Reifeprüfung 1917 abschließt. Unmittelbar darauf wird er zum Militärdienst eingezogen, den er an der italienischen Front ableistet, von wo er 1918 leicht versehrt heimkehrt.

Nach dem Kriegsende gerät Hayek wie viele andere Heimkehrer für einige Zeit unter den Einfluss sozialistischer Ideen. Für die im Februar 1919 stattfindenden Wahlen zur konstituierenden Nationalversammlung unterstützt er allerdings – gemeinsam mit seinem Studienkollegen Joseph Herbert Fürth – die Bürgerlich-Demokratische Partei, die eine gemäßigt liberal-deutschnationale Richtung vertritt und in deren Umkreis auch der Publizist Gustav Stolper wirkt. Bei den Wahlen erreicht sie nur ein einziges Mandat.

Sein akademisches Studium beginnt Hayek an der Universität Wien, wo er erst ein juristisches und dann ein staatswissenschaftliches Doktorat erwirbt. (Daneben pflegt Hayek auch sein Interesse an der Psychologie, aus dem eine bemerkenswerte Studie hervorgeht, die erst 1952 als The Sensory Order veröffentlicht wird.) Zu dieser Zeit war von den älteren Vertretern der Österreichischen Schule nur noch Wieser als Ordinarius aktiv; Mises hatte es aus den verschiedensten Gründen nur zur Stellung eines unbezahlten Privatdozenten mit dem Titel eines außerordentlichen Professors gebracht. Zunächst steht Hayek aber unter dem Einfluss von Othmar Spann, dem Exponenten eines von der Romantik geprägten „Universalismus“. In seiner dem Typus der „Konservativen Revolution“ zuzurechnenden Ablehnung von Individualismus, Liberalismus und Sozialismus bezieht Spann jedenfalls eine strikte Gegenposition zu den „Österreichern“. Bald kommt es allerdings zum Bruch zwischen Spann und seinem „Lieblingsschüler“, und wohl als eine Art Befreiung von dessen Einfluss gründet Hayek gemeinsam mit Fürth den „Geist-Kreis“ als Stätte sozialwissenschaftlicher und philosophischer Diskussion. In seiner wissenschaftlichen Karriere wendet sich Hayek nun verstärkt der Österreichischen Schule zu. Eine wesentliche Rolle dabei spielt die Lektüre von Mengers Grundsätzen, nicht nur als genuin theoretisches Werk, sondern auch in der Förderung des Verständnisses für das spontane Entstehen von Institutionen. In seiner Dissertation behandelt Hayek das von seinem Lehrer Wieser besonders forcierte Zurechnungsproblem. Dabei geht es um die Frage, wie den einzelnen an der Produktion eines Konsumgutes beteiligten Produktionsmitteln ihr Beitrag zum durch den Konsum erzielten Nutzen „zugerechnet“ und dadurch ihr Wert bestimmt werden kann. Hayeks Dissertation bietet eine systematische, allerdings insgesamt wenig originelle Übersicht über den Gegenstand; Hayek schätzte ihren Wert im Rückblick als gering ein.

Erst nach seinem Abgang von der Universität tritt Hayek in das Umfeld seines späteren Mentors Mises und wird unter anderem regelmäßiger Teilnehmer des sog. Mises-Privatseminars. Mises, der als leitender Sekretär für die Wiener Handelskammer tätig ist, stellt Hayek auf die Empfehlung Wiesers für eine Position im für die Abgleichung der Schulden mit den nunmehrigen Nachfolgestaaten der Monarchie zuständigen Abrechnungsamt ein. Bereits 1923/24 verlässt Hayek Wien für einen auf eigene Faust und ohne institutionelle Finanzierung unternommenen USA-Aufenthalt, der ihn unter anderem an der Columbia University in Kontakt mit WesleyClair Mitchell (1874-1948) bringt. Bei Mitchell, dem Vorreiter einer empirischen Konjunkturforschung, lernt er den Umgang mit den neuen statistischen Methoden, wie sie etwa vom damals berühmten Harvard Economic Service verwendet werden, kennen, aber nicht unbedingt schätzen. Wieder nach Wien zurückgekehrt, kommen Hayek die neu gewonnenen statistischen Fähigkeiten zugute, indem sie ihn für die Tätigkeit am – auf Initiative von ihm und Mises – 1927 neu gegründeten Österreichischen Institut für Konjunkturforschung qualifizieren, dessen Leitung ihm übertragen wird.

Trotz des hohen Arbeitspensums am Institut, dem erst nach und nach weitere Mitarbeiter zur Verfügung stehen, verschafft diese Position Hayek nun den benötigten Freiraum für wissenschaftliches Arbeiten. Aus einem ersten, schließlich Fragment bleibenden Buchprojekt, Geldtheoretische Untersuchungen (1925-29), entsteht immerhin der wichtige Aufsatz über „Intertemporales Gleichgewicht“ (1928); dem folgt die Monographie Geldtheorie und Konjunkturtheorie (1929a), mit der er sich an der Wiener Universität, von Mayer unterstützt, habilitiert, sowie der ebenfalls veröffentlichte Habilitationsvortrag, „Gibt es einen ‚Widersinn des Sparens‘?“ (1929b). Die Lektüre dieses Aufsatzes bildet für Lionel Robbins, Leiter des Ökonomie-Departments an der London School of Economics (LSE), den Anstoß, Hayek im Jänner 1931 zu einer Vortragsserie einzuladen. Die schwierigen und für das britische Publikum fremdartigen Vorlesungen machen gleichwohl Furore und werden als Prices and Production (1931a) publiziert – wohl das wichtigste und erfolgreichste Werk aus Hayeks früher Schaffensperiode – und sie verschaffen Hayek eine Professur an der LSE.

In London verfolgt Hayek weiter seine in Prices and Production grundgelegten Ansätze in der Geld-, Konjunktur- und Kapitaltheorie. Gleichzeitig positioniert er sich (gemeinsam mit Teilen der Ökonomie-Fakultät der LSE, unter ihnen auch Robbins) als liberaler Gegenpol zur von interventionistischem, wenn nicht gar sozialistischem Gedankengut dominierten Cambridge-Schule, als deren Exponent – neben dem Wohlfahrtsökonomen Arthur C. Pigou (1877-1959) – nach der Publikation der Treatise on Money (1930) besonders John Maynard Keynes (1883-1946) hervorragt. Sowohl im engeren Bereich der Geldtheorie, in den Auseinandersetzungen Hayeks mit Keynes und Piero Sraffa, als auch in aktuellen wirtschaftspolitischen Fragen (über die Abkehr vom Goldstandard, Zölle versus Freihandel) wird bald klar, dass mit Hayek und Keynes einander Vertreter von Liberalismus und Interventionismus (bzw. einem neuen Sozial-Liberalismus) als Kontrahenten gegenüberstehen.

Den Hintergrund für die Auseinandersetzung über die Krisenpolitik zwischen (liberalem) „Restriktionismus“ und (keynesianischem) „Expansionismus“ bildet die Große Depression der 1930er-Jahre, die schwerste Wirtschaftskrise des 20. Jahrhunderts mit hoher Arbeitslosigkeit, Produktionsrückgängen und sinkenden Preisen. Hayeks radikale auf geldpolitischer Kontraktion, fiskalpolitischer Austerität und Zuwarten auf die Bereinigung der Krise durch die Marktkräfte beruhende Linie verliert allerdings bald an Rückhalt, sowohl in der öffentlichen Meinung als auch im fachlichen Diskurs. Dem überwältigenden Erfolg von Keynes‘ General Theory (1936) und der sich daraus in den Folgejahren entwickelnden Keynesschen Revolution setzt Hayek zunächst wenig Widerstand entgegen. Einerseits unterschätzt er die aktuelle, und noch mehr die säkulare, Bedeutung dieses Werks, was unter anderem im Verzicht auf eine eigene Rezension zum Ausdruck kommt; anderseits versucht er mit der Arbeit an seinem Kapital-Projekt die Konjunkturtheorie auf theoretisch besser ausgearbeitete Grundlagen zu stellen, deren Vernachlässigung im Keynesschen Theoriegebäude er als entscheidenden Mangel ansieht. Als The Pure Theory of Capital (1941) schließlich erscheint, ist Hayek jedoch von der Arbeit daran so erschöpft, dass er den Plan eines zweiten Bandes zur dynamischen Theorie aufgibt; der Einfluss seiner Kapitaltheorie auf die aktuelle ökonomische Diskussion bleibt gering. Hayeks für lange Zeit letzte Hervorbringung auf dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie, die Einführung des sog. Ricardo-Effekts, erfährt ein ähnliches Schicksal – vernichtend kritisiert, bleibt sie künftig weithin unbeachtet.

Hayek, der Theoretiker einer freiheitlichen Ordnung

Neben dem Gebiet der Geld- und Konjunkturtheorie hatte sich Hayek stets auch – insbesondere vor dem Hintergrund der Debatte um die Möglichkeit der Wirtschaftsrechnung im Sozialismus – mit der Aussagekraft und mit möglichen Erweiterungen der Gleichgewichtsanalyse beschäftigt. Seine ersten Arbeiten hatten auf die Integration von Zeit, Erwartungen und Geld in die Gleichgewichtsanalyse gezielt, mit dem bahnbrechenden Aufsatz „Economics and Knowledge“ (1937b) tritt nun die Berücksichtigung des Problems der Kommunikation von dezentralisiertem Wissen hinzu.

Neben die altehrwürdige Idee der Arbeitsteilung rückt Hayek damit das Problem der Wissensteilung ins Zentrum der Analyse eines Marktsystems: Märkte, Preise und (die Tendenz zum) Gleichgewicht schaffen es, Informationen zu nutzen, die einer zentralen Planungsinstanz unzugänglich bleiben müssen, und dies sei es, was die Überlegenheit des Marktes begründe.

Diese Einsicht in die Bedeutung der Wissensteilung führt für Hayek zu einem Perspektivenwechsel sowohl innerhalb der Ökonomie – zu einer neuen Sicht auf die Rolle von Märkten, Preisen und Wettbewerb – als auch zu einer Ausweitung seines Forschungsprogramms auf den Bereich der Sozialphilosophie, in dem es nun darum geht zu untersuchen, welche (historisch entstandenen) Institutionen der Funktionsfähigkeit eines solchen Systems der Wissensteilung besonders zuträglich sind. Darüber hinaus bestärkt dieser neue Ansatz Hayek auch in der Einsicht in die Beschränktheit dessen, was Ökonomie und Sozialwissenschaften an Erklärungen oder gar Voraussagen anbieten können: nämlich bloß qualitative Aussagen über das Wirken von Koordinationsmechanismen (Gleichgewicht, spontane Ordnung) statt scheinpräziser quantitativer Prognosen.