Die Kunst des strategischen Denkens - Michael Watkins - E-Book

Die Kunst des strategischen Denkens E-Book

Michael Watkins

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Beschreibung

Strategie auf den Punkt gebracht Heute mehr denn je müssen Führungskräfte herausragende Strateginnen und Strategen sein. Leadership-Experte und Bestsellerautor Michael Watkins zeigt Ihnen, wie Sie Ihre Fähigkeiten im strategischen Denken erkennen und trainieren und so Ihr Unternehmen auf Erfolgskurs bringen. Watkins definiert sechs unumstößliche Kernkompetenzen, die die Entscheidungen erfolgsgekrönter Strateginnen und Strategen im Kern bestimmen: Mustererkennung, Systemanalyse, geistige Beweglichkeit, strukturierte Problemlösung, Visionen entwickeln und politisches Gespür. Ein praktisches Handbuch mit konkreten Handlungsanweisungen und anschaulichen Fallbeispielen, mit dessen Hilfe Sie Ihre Unternehmensstrategie und Führungsaufgabe meistern. »Watkins' Vorliebe für mehrstufige Prozesse und Checklisten sorgt dafür, dass seine Vorschläge leicht zu befolgen sind, und sein prägnanter Stil wird eiligen Lesern gefallen. Ein sachliches Handbuch, das hält was es verspricht.« Publishers Weekly »Egal ob Sie am Beginn Ihrer Laufbahn stehen, Projekte mit Ihrem Team entwickeln oder ein internationales Unternehmen führen – dieses aufschlussreiche Buch bietet Orientierung auf Ihrem Weg zu erfolgreichem strategischem Denken, Planen und Umsetzen.« Cristal Downing, Stellvertretende Vorstandsvorsitzende, Merck & Co./MSD »›Die Kunst des strategischen Denkens‹ bietet eine unersetzliche Anleitung wie Sie Ihr Unternehmen sicher durch ungewisse Zeiten führen können.« Darius Adamczyk, Aufsichtsratsvorsitzender, Honeywell

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Cover for EPUB

MICHAEL WATKINS

DIE KUNST DES STRATEGISCHEN DENKENS

6 persönliche Kernkompetenzen für erfolgreiche Strategieentwicklung

Aus dem Englischen von Jürgen Neubauer

Campus Verlag

Frankfurt / New York

Über das Buch

Erfolgreiches Strategiedenken zählt nach wie vor zum essentiellen Handwerkszeug jeder Führungskraft. Und nur die richtige Strategie kann zukunftsfähige Unternehmen hervorbringen. Doch was macht strategisches Denken aus? Wie lässt es sich trainieren?Michael Watkins präsentiert sechs unumstößliche Kompetenzen, die die Entscheidungen erfolgsgekrönter Strateginnen und Strategen im Kern bestimmen.Dazu gehören:- Mustererkennung,- Systemanalyse,- geistige Beweglichkeit,- strukturierte Problemlösung,- Visionierung,- und gesunder Menschenverstand.Anhand fundierter Erkenntnisse macht er deutlich, wie Führungskräfte von strategischem Denken profitieren und gezielt ihre eigenen Strategiekompetenzen erkennen und fördern können.Ein umfassendes und praktisches Handbuch mit konkreten Handlungsanweisungen und Infografiken, um die eigene Unternehmensstrategie und Führungsaufgaben zu meistern.

Vita

Michael Watkins ist Professor für Leadership and Organizational Change am IMD und Mitbegründer von Genesis Advisers. Er ist ein weltweit anerkannter Experte für Führungswechsel und hat die letzten zwei Jahrzehnte damit verbracht, Führungskräfte beim Übergang in neue Rollen, beim Aufbau ihrer Teams und bei der Umgestaltung ihrer Organisationen zu unterstützen.

Für Katja, meine große Liebe

Übersicht

Cover

Titel

Über das Buch

Vita

INHALT

Impressum

INHALT

VORWORT

Kapitel Einleitung

Die Macht des strategischen Denkens

Was ist strategisches Denken?

Strategisches Denken und kritisches Denken

Strategisches Denken und kreatives Denken

Strategisches Denken und gestaltendes Denken

Strategisches Denken und Kontextbewusstsein

Was macht strategisches Denken so wertvoll?

Was strategisches Denken nicht ist

Werden strategische Denker geboren oder gemacht?

Ist strategisches Denken eine Frage der Persönlichkeit?

Die sechs Kernkompetenzen des strategischen Denkens

Künstliche Intelligenz und die Zukunft des strategischen Denkens

Zur Vertiefung

Kapitel Kernkompetenz 1

Mustererkennung

Was macht Mustererkennung so wertvoll?

Wie funktioniert Mustererkennung?

Was sind die Grenzen der Mustererkennung?

Wie können Sie Ihre Mustererkennung schulen?

Zusammenfassung

Zur Vertiefung

Kapitel Kernkompetenz 2

Systemanalyse

Was ist Systemanalyse?

Was macht die Systemanalyse so wertvoll?

Wie funktioniert die Systemanalyse?

Finden Sie Punkte, an denen Sie den Hebel ansetzen können

Identifizieren Sie Grenzfaktoren

Erkennen Sie Rückkopplungen

Vorsicht vor Nichtlinearität und Kipppunkten

Wie machen Sie Ihr Unternehmen anpassungsfähig?

Gefahren erkennen

Reaktion auf eine Krise

Aus Erfahrung lernen

Prävention künftiger Probleme

Was sind die Grenzen der Systemanalyse?

Wie können Sie Ihre Systemanalyse schulen?

Zusammenfassung

Zur Vertiefung

Kapitel Kernkompetenz 3

Geistige Beweglichkeit

Lernen Sie, zwischen Ebenen hin und her zu wechseln

Lernen Sie, zu spielen (und zu gewinnen)

Machen Sie sich die Spieltheorie zunutze

Wie können Sie Ihre geistige Beweglichkeit schulen?

Zusammenfassung

Zur Vertiefung

Kapitel Kernkompetenz 4

Strukturierte Problemlösung

Was sind Probleme und Entscheidungen?

Was ist so bösartig an bösartigen Problemen?

Was es bedeutet, eine strukturierte Problemlösung zu führen

Phase 1: Legen Sie Verantwortlichkeiten fest und kommunizieren Sie das Verfahren

Phase 2: Formulieren Sie das Problem

Phase 3: Suchen Sie nach möglichen Lösungen

Phase 4: Wählen Sie die beste Option aus

Phase 5: Legen Sie sich auf einen Handlungsplan fest

Wie können Sie Ihre Fähigkeit zur strukturierten Problemlösung schulen?

Zusammenfassung

Zur Vertiefung

Kapitel Kernkompetenz 5

Vision

Was ist eine Vision?

Warum sind Visionen wichtig?

Wie entwickeln Sie eine Vision?

Von der persönlichen zur gemeinsamen Vision

Die Macht der kraftvollen Vereinfachung

Die Grenzen der Vision und wie Sie sie überwinden

Wie Sie Ihre visionären Fähigkeiten schulen

Zusammenfassung

Zur Vertiefung

Kapitel Kernkompetenz 6

Politisches Geschick

Politisches Geschick verstehen und nutzen

Formulieren Sie Ihre Einflussziele

Verstehen Sie die wichtigsten Entscheider

Erstellen Sie eine Karte der Einflussnetzwerke

Entwerfen Sie Einflussstrategien

Konsultation

Formulierung

Sozialer Druck

Optionen gestalten

Einbeziehen

Reihenfolge

Handlungsdruck

Die Bedeutung der emotionalen Intelligenz

Wie Sie Ihr politisches Geschick schulen

Zusammenfassung

Zur Vertiefung

Kapitel Fazit

Schulen Sie Ihr strategisches Denken

Suchen Sie Erfahrungen

Trainieren Sie Ihr Gehirn

Schulen Sie Ihre Mustererkennung

Schulen Sie Ihre Fähigkeit zur Systemanalyse

Schulen Sie Ihre geistige Beweglichkeit

Schulen Sie Ihre Fähigkeit zur strukturierten Problemlösung

Schulen Sie Ihre visionären Fähigkeiten

Schulen Sie Ihr politisches Geschick

Stellen Sie ein Strategieteam zusammen

Die Zukunft des strategischen Denkens

DANK

ANMERKUNGEN

Einleitung: Die Macht des strategischen Denkens

Kernkompetenz 1: Mustererkennung

Kernkompetenz 2: Systemanalyse

Kernkompetenz 3: Geistige Beweglichkeit

Kernkompetenz 4: Strukturierte Problemlösung

Kernkompetenz 5: Vision

Kernkompetenz 6: Politisches Geschick

Fazit: Schulen Sie Ihr strategisches Denken

ÜBER DEN AUTOR

VORWORT

Strategisches Denken ist seit langem essenziell für Führungskräfte in Unternehmen, Behörden und Organisationen. Die Fähigkeit, künftige Entwicklungen vorherzusehen, für die Zukunft zu planen, komplexe Fragestellungen kritisch und kreativ zu durchdenken und in ungewissen, sich ständig verändernden Situationen effektive Entscheidungen zu treffen, ist im heutigen, im ständigen Umbruch befindlichen globalen Umfeld überlebensnotwendig.

Aktuelle Trends in Technik und Globalisierung sowie die politische und wirtschaftliche Instabilität haben strategisches Denken nur noch wichtiger werden lassen. Der rasante technische Wandel hat traditionelle Geschäftsmodelle hinfällig gemacht und eröffnet neue Chancen für alle, die in der Lage sind, diese Veränderungen mit strategischem Weitblick zu nutzen. Die Welt ist stärker vernetzt und verflochten, und Führungskräfte müssen ihr Unternehmen und ihre Märkte breiter und globaler angehen. Gleichzeitig ist durch die politische und wirtschaftliche Instabilität ein unbeständiges und unberechenbares Umfeld entstanden, das Prognosen und Zukunftsplanung zunehmend erschwert.

Vor diesem Hintergrund ist strategisches Denken wichtiger denn je. Wer strategisches Denken beherrscht, ist besser in der Lage, neue Herausforderungen abzusehen und auf sie zu reagieren, und die Chancen wahrzunehmen, die sie bringen. Dieses Buch bietet eine umfassende und praktische Hinführung zum strategischen Denken und eine Fülle von Erkenntnissen und Werkzeugen für Führungskräfte auf allen Ebenen.

Künstliche Intelligenz (KI) hat zwar keinen Einfluss auf die Grundprinzipien des strategischen Denkens, doch sie revolutioniert es. Mit ihrer Hilfe lassen sich gewaltige Datenmengen verarbeiten, Muster erkennen und Prognosen erstellen, und Führungskräfte erhalten Einblicke und Perspektiven, die ihnen früher nicht zur Verfügung standen. Auf diese Weise können sie mehr Informationen einbeziehen, korrektere Entscheidungen treffen, künftige Entwicklungen besser vorhersehen und effektiver für sie planen. Das hat gewaltige Auswirkungen auf die Arbeit von Strategieberatern.

In Zukunft werden Führungskräfte quasi-symbiotische Beziehungen mit strategischen KI-Support-Systemen eingehen und auf diese Weise ihre Entscheidungen, Problemlösungen und Strategieentwicklung optimieren. Künstliche Intelligenzen versorgen Führungskräfte in Echtzeit mit Daten, Analysen und Erkenntnissen, mit deren Hilfe sie bessere Entscheidungen treffen und Strategien entwickeln können. Sie können gewaltige Datenmengen auswerten, Muster und Trends erkennen, Prognosen erstellen und Risiken ausfindig machen. Sie sind zudem in der Lage, unterschiedliche Szenarien zu simulieren, um zusätzliche Optionen zu finden und Empfehlungen auszusprechen.

In dieser symbiotischen Beziehung ist es die Aufgabe der Führungskräfte, die richtigen Fragen zu stellen und die Antworten und Empfehlungen von Künstlicher Intelligenz zu interpretieren. Die Führungskräfte werden dabei wie immer den Kontext liefern und ihre Kreativität beisteuern. Außerdem verfügen sie über die emotionale Intelligenz und das politische Geschick, um die Ergebnisse an die jeweilige Situation anzupassen und sie umzusetzen.

Mit der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz werden Führungskräfte zunehmend neue Fähigkeiten erwerben müssen, um diese Systeme gewinnbringend nutzen zu können. Unter anderem müssen sie in der Lage sein, die Technik und die von ihr gelieferten Daten zu verstehen, ihre Erkenntnisse zu analysieren und zu interpretieren und auf dieser Grundlage Entscheidungen zu treffen. Außerdem müssen sie die ethischen und gesellschaftlichen Implikationen der von ihnen verwendeten KI-Systeme verstehen.

Die in diesem Buch beschriebenen sechs Kernkompetenzen des strategischen Denkens werden daher auch in Zukunft spielentscheidend bleiben und vielleicht sogar noch an Bedeutung gewinnen. Bei der Lektüre sollten Sie jedoch immer mitdenken, wie Sie die hier beschriebenen Instrumente bei der Arbeit mit speziell auf Ihr Unternehmen und Ihre Arbeit zugeschnittenen KI-Systemen einsetzen können.

Kapitel EinleitungDie Macht des strategischen Denkens

Als Gene Woods im Jahr 2016 Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Krankenhausbetreibers Carolinas Health Care Systems (CHS) im amerikanischen Bundesstaat North Carolina wurde, hatte das Unternehmen 60 000 Mitarbeiter und einen Jahresumsatz von 8 Milliarden Dollar. Der erfolgreiche Manager übernahm eine wirtschaftlich gesunde Organisation mit einer ausgezeichneten Erfolgsbilanz, einem hervorragenden medizinischen Ruf und einer erfahrenen Führungsmannschaft. Auf den ersten Blick waren alle Voraussetzungen gegeben, um den Erfolg fortzusetzen, doch am Horizont zogen Sturmwolken auf.

Das Gesundheitswesen der Vereinigten Staaten stand vor gewaltigen Umwälzungen. Selbst in erfolgreichen Kliniken wurden die Gewinne von den explodierenden Kosten aufgefressen. In der ungewissen politischen Lage zeichneten sich Veränderungen der Gesetzeslage ab. Neue, von privaten Kapitalgebern finanzierte Konkurrenten drängten auf den Markt und drohten, diesen aufzumischen. Angesichts dieser Umbrüche hatte CHS Woods die Führung übertragen und ihm den Auftrag gegeben, die Organisation zukunftsfähig zu machen. In einem ausführlichen Interview, das ich mit ihm für dieses Buch führte, sagte mir Woods: »Ich habe eine Organisation übernommen, die nach den alten Spielregeln sehr erfolgreich gewesen war. Aber wo die anderen einen Erfolg gesehen haben, da habe ich gewaltige Schwächen erkannt.«

Das Gesundheitswesen erlebte eine breite Konsolidierungswelle, und Woods ging davon aus, dass sich diese Entwicklung fortsetzen würde. CHS war zwar nicht unmittelbar gefährdet, doch Woods ging davon aus, dass das aktuelle Geschäftsmodell nicht mehr lange funktionieren würde. Als er die Führung antrat, war CHS zusätzlich Verwaltungsdienstleister für mehrere unabhängige Krankenhausbetreiber der Region. Gegen Bezahlung übernahm CHS die Buchhaltung und andere Dienstleistungen für diese Krankenhäuser, doch darüber hinaus war der Zusammenschluss nur lose. Nach Ansicht von Woods waren diese Beziehungen so nicht mehr tragbar, da sie ineffizient waren und keine Skaleneffekte ermöglichten. Seiner Ansicht nach musste CHS stärker integriert werden, um die kommenden Herausforderungen meistern zu können.

CHS stand am Scheideweg. »Mir war klar, dass ich bald die schwierige Entscheidung treffen musste, ob wir diese losen Kooperationen aufrechterhalten konnten«, sagte Woods. »Unser Kerngeschäft war stark und der Markt expandierte, aber angesichts der raschen Konsolidierung war mir klar, dass wir in ein paar Jahren von größeren Systemen umringt sein würden, die uns den Markt streitig machen würden. Wir mussten diejenigen sein, die in der Region die Konsolidierung vorantrieben. Wenn wir nicht der Motor sind, kommen wir unter die Räder.«

Aus dieser Erkenntnis heraus entwickelte Woods seine »Netzwerkstrategie der nächsten Generation«, wie er sie nannte. Er hatte die Vision eines engmaschigen regionalen Netzwerks von Krankenhaussystemen mit aufeinander abgestimmten Zielen und Kulturen, die sich gegen die Konkurrenz durchsetzten, indem sie beste Praktiken teilten, sich im Angebot ergänzten und sich ihre Größe zunutze machen konnten.

Um seine Vision zu verwirklichen, suche Woods die Beziehung zu den Vorständen anderer Krankenhausbetreiber sowie zu Politikern der Region. Gleichzeitig leitete er bei CHS selbst einen kulturellen Umbau in die Wege, der das neue Partnerschaftsmodell unterstützen sollte.

»Wir waren für unsere hierarchische Kultur bekannt – wir übernehmen für euch die Verwaltung, also haben wir das Sagen«, erklärte Woods. »Mir war klar, dass wir damit unser Ziel nicht erreichen würden. Für das neue Modell der Partnerschaft brauchten wir eine neue Kultur.«

Machen wir nun einen Sprung von fünf Jahren ans Ende des Jahres 2021. Aus CHS, das nun Atrium Health hieß, war ein ernstzunehmender regionaler Krankenhausbetreiber geworden, der nicht nur in North Carolina, sondern auch in den benachbarten Bundesstaaten South Carolina, Georgia und Virginia aktiv war. Durch Zusammenschlüsse hatte Atrium seinen Jahresumsatz auf 12 Milliarden Dollar gesteigert und weitere 17 000 Beschäftigte hinzugewonnen. Das Unternehmen war vollständig umgebaut und auf weiteres Wachstum ausgerichtet, das Management war neu und von einer inklusiven Leistungskultur durchdrungen. Durch den Zusammenschluss mit den Universitätskliniken von Wake Forest Baptist Health hatte Atrium Health im In- und Ausland anerkannte Forschungskapazitäten hinzugewonnen. Das Unternehmen befand sich auf dem Sprung in die nationale Spitze und führend bei der Entwicklung des Gesundheitswesens der Zukunft. Doch damit gab sich Woods noch nicht zufrieden.

Im Mai 2022 rüttelten Woods und Jim Skogsbergh, Vorstandsvorsitzender des gemeinnützigen Krankenhausbetreibers Advocate Aurora Health aus Wisconsin und Illinois, die Branche auf, als sie den bevorstehenden Zusammenschluss ihrer Unternehmen verkündeten.1 Nachdem die Wettbewerbshüter grünes Licht gegeben hatten, entstand Ende 2022 Advocate Health, der fünftgrößte gemeinnützige Krankenhausbetreiber des Landes mit 157 000 Beschäftigten, einem Jahresumsatz von 27 Milliarden Dollar, 67 Krankenhäusern und mehr als 1 000 Arztpraxen. Woods und Skogsbergh übernahmen zunächst gemeinsam die Leitung, und Skogsbergh kündigte an, sich in 18 Monaten zurückziehen und Woods die alleinige Führung überlassen zu wollen.

Als Architekt dieses bemerkenswerten Aufstiegs vom Regionalanbieter zum nationalen Kraftzentrum ist Woods ein ausgezeichnetes Beispiel für die Stärke des strategischen Denkens. Wenn Sie ein Unternehmen führen wollen, müssen Sie wie Woods zum strategischen Denker werden. Als solider Unternehmensführer können Sie es zwar weit bringen, aber bis ganz nach oben kommen Sie nur mit strategischem Denken. Warum? Weil Unternehmen, die nicht strategisch geführt werden, keine Chance gegen Unternehmen haben, die von strategischen Denkern geführt werden – sie werden entweder aufgekauft oder sie verschwinden. Aufsichtsräte entscheiden sich für Führungskräfte mit strategischer Kompetenz, um ihr Unternehmen durch turbulente Gewässer zu führen – Gewässer, in denen heute jedes Unternehmen bestehen muss.

Im Jahr 2013 führte die Forschungsgruppe Management Research Group eine Befragung von 60 000 Führungskräften in 140 Ländern und 26 Branchen durch. Dabei wurden Manager mit strategischer Kompetenz (definiert als Fähigkeit zu kritischer Analyse, vorausschauendem Denken und Planung) von Kollegen sechsmal so häufig als erfolgreiche Führungskräfte bewertet. Außerdem gaben die Befragten an, Manager mit strategischer Kompetenz hätten im Unternehmen das vierfache Potenzial.2 Aktuellere Untersuchungen des Personaldienstleisters Zenger Folkman bestätigen dieses Ergebnis. In drei eigenständigen Umfragen beobachtete Zenger Folkman einen engen Zusammenhang zwischen »strategischer Kompetenz« und dem Aufstieg in höhere Führungsetagen.3

Das heißt: Strategisches Denken ist die Überholspur an die Spitze. Wenn Sie meinen, dass strategisches Denken noch nicht zu Ihren Stärken zählt, dann habe ich eine gute Nachricht für Sie: Diese Fähigkeit ist erlernbar. Führungskräfte wie Woods bringen zweifelsohne ein natürliches Talent mit, doch sie haben auch viel dafür getan, um diese Fähigkeiten weiterzuentwickeln und Unternehmen in die Zukunft zu führen. In diesem Buch zeige ich Ihnen, wie auch Sie strategisches Denken lernen können. Ich helfe Ihnen, Ihre eigenen Fähigkeiten einzuschätzen und diese durch Übung und Erfahrung auszubauen.

Was ist strategisches Denken?

Es gibt verschiedene Definitionen des strategischen Denkens, doch der Begriff ist nicht ganz leicht zu fassen. Ich habe über fünfzig Manager gefragt, was sie darunter verstehen, und ihre erste Reaktion lief auf die Aussage hinaus: »Wenn ich es sehe, dann erkenne ich es«. Allen war klar, dass strategisches Denken eine unabdingbare Fähigkeit von Führungskräften ist, doch danach wurde es schwammig. Für die einen bestand strategisches Denken darin, große Mengen von Information aufzunehmen und das Wesentliche vom Unwesentlichen zu unterscheiden. Für die anderen war es die Fähigkeit, Züge und Gegenzüge zu durchdenken. Und für wieder andere ging es darum, eine Zukunftsvision zu haben. Das gehört zwar dazu, doch es ist bei Weitem noch nicht alles.

Ohne eine solide Definition wird es allerdings schwierig, strategisches Denken zu beurteilen und zu erlernen. Um strategisches Denken besser zu verstehen, müssen wir es in konkrete Einzelbestandteile zerlegen. Wenn ich bei meinen Gesprächen mit Führungskräften nachhakte, dann ergaben sich zum Glück einige gemeinsame Punkte. Aus diesen habe ich die folgende Definition abgeleitet:

Strategisches Denken setzt sich zusammen aus einer Reihe von Kernkompetenzen, mit deren Hilfe Führungskräfte potenzielle Chancen und Risiken erkennen, Prioritäten festlegen und sich und ihr Unternehmen mobilisieren, um erfolgversprechende Wege in die Zukunft zu entwerfen und zu gehen.

Vereinfacht gesagt bedeutet es, über die aktuelle Situation hinauszublicken und kritisch und kreativ über die vielen möglichen Zukunftsszenarien nachzudenken. Ausgehend von der Einschätzung der Chancen und Risiken jedes dieser Szenarien können Sie erfolgversprechende Strategien entwickeln, um Ihr Unternehmen zum Erfolg zu führen.

Um Anerkennung als strategischer Denker zu finden, genügen Fähigkeiten allein allerdings nicht – Sie müssen diese Fähigkeiten auch unter Beweis stellen können. Auch wenn Ihr Potenzial noch so groß ist, wird es wird nie anerkannt werden, wenn Sie in Ihrem Aufgabenbereich keine Gelegenheit erhalten, es anzuwenden. Viele Führungspositionen verlangen kaum strategisches Denken – analytische Fähigkeiten, problemlösendes Denken und Umsetzungsstärke reichen vollkommen aus. Um in Positionen zu gelangen, auf denen Sie Ihr strategisches Denken unter Beweis stellen können, ist oft politisches Geschick vonnöten. Strategen haben oft ein Händchen dafür, sich diese Gelegenheiten zu eröffnen. Doch es steht zu viel auf dem Spiel, als dass man die Auswahl strategischer Denker dem Zufall und der Politik überlassen sollte.

Übung

FRAGEN SIE SICH

In diesem Buch werden Sie immer wieder Denkanstöße finden. Sie sollen Sie dazu einladen, die Lektüre zu unterbrechen und über wichtige Fragen nachzudenken. Wenn Sie sich noch einmal die Definition des kritischen Denkens ansehen – inwieweit beschreibt diese Ihre Fähigkeiten und wie könnten Sie sie weiterentwickeln?

Strategisches Denken und kritisches Denken

Kritisches Denken ist ein wesentlicher Baustein des strategischen Denkens, doch es reicht bei Weitem nicht aus. Kritisches Denken ist die Fähigkeit, Informationen und Argumente logisch und systematisch zu bewerten. Dazu gehört, Fakten zu sammeln und einzuordnen, sich die eigenen Annahmen und Vorurteile bewusst zu machen und die Stärken und Schwächen von Argumenten zu bewerten. Wie wir noch im Verlauf dieses Buchs sehen werden, gehören daneben auch Antizipation, Kreativität, Vision, Zielsetzung und Umsetzung zum strategischen Denken. Strategen denken nicht nur kritisch, sondern sie blicken in die Zukunft und planen, sie denken kreativ über komplexe Probleme nach und treffen effektive Entscheidungen angesichts von Ungewissheit und Wandel.

Strategisches Denken und kreatives Denken

Kreatives Denken ist die Fähigkeit, neue und innovative Ideen hervorzubringen. Es bedeutet, über den Tellerrand hinaus zu blicken, Annahmen zu beleuchten und den Status quo infrage zu stellen. Kreatives Denken ist ein weiterer wichtiger Baustein des strategischen Denkens, denn mit seiner Hilfe können Führungskräfte neue Ideen und Perspektiven entwickeln, die ihre strategischen Entscheidungen durchdringen. In dem sich rasch wandelnden unternehmerischen Umfeld von heute wird das kreative Denken immer wichtiger, um der Konkurrenz voraus zu bleiben. In ihrem Buch Kreativität und Selbstvertrauen zeigen die Autoren Tom und David Kelley mit konkreten Anleitungen, wie jeder und jede von uns lernen kann, kreativer zu sein.4 Wenn Sie im Rahmen der Schulung Ihres strategischen Denkens auch Ihr kreatives Denken fördern, sind Sie eher in der Lage, künftige Entwicklungen vorherzusehen und zu nutzen.

Strategisches Denken und gestaltendes Denken

Strategisches Denken und gestaltendes Denken sind zwei Problemlösungsansätze, die sich jedoch in einigen Aspekten unterscheiden. Zum strategischen Denken gehört es, den Ist-Zustand eines Unternehmens und seines Umfelds zu analysieren, Chancen und Risiken zu erkennen und einen Handlungsplan aufzustellen, um seine Ziele zu erreichen. Im Gegensatz dazu ist gestaltendes Denken ein kreativer Prozess, der die Bedürfnisse der Kunden versteht und Lösungen entwickelt, die diese befriedigen. Wie Nigel Cross in Design Thinking ausführt, muss man sich dazu in die Kunden versetzen, Probleme formulieren, Ideen generieren, Lösungen entwickeln und diese auf ihre Tauglichkeit überprüfen.5 Beim strategischen Denken geht es um langfristige Unternehmensziele und effektive Entscheidungen, beim gestaltenden Denken dagegen um kreative Innovationen, die Kundenbedürfnisse befriedigen.

Strategisches Denken und Kontextbewusstsein

Und schließlich verlangt strategisches Denken das Verständnis der Zusammenhänge, in denen Sie tätig sind. Dazu benötigen Sie zunächst einen umfassenden Einblick in die interne Umgebung, also das Unternehmen mit seiner Kultur, seiner Struktur und seinen Ressourcen. Nur so sind Sie in der Lage, die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens einzuschätzen und Strategien zu entwickeln, die mit seinen Möglichkeiten in Einklang stehen. Darüber hinaus müssen Sie auch das externe Umfeld verstehen, also unter anderem die wirtschaftlichen, politischen, gesellschaftlichen und technischen Faktoren, die auf Ihr Unternehmen wirken. Auf diese Weise können Sie Veränderungen in Ihrer Umgebung vorhersehen und in Ihre Planung einbeziehen sowie neue Chancen identifizieren.

Außerdem müssen Sie die Erwartungen und Bedürfnisse einer ganzen Reihe von Akteuren verstehen, seien es Kunden, Aktionäre, Beschäftigte oder Aufsichtsbehörden. Mit diesem Wissen können Sie die Bedürfnisse dieser Interessengruppen in Ihre Planung einbeziehen und Strategien entwickeln, die mit ihren Erwartungen in Einklang stehen.

Nur wenn Sie das interne und externe Umfeld Ihres Unternehmens verstehen, können Sie die Zukunft besser vorhersehen und effektiver planen, Wachstumschancen erkennen und Strategien entwickeln, die dem konkreten Kontext Ihres Unternehmens angemessen sind. Dazu müssen Sie Informationen über Ihr Unternehmen und den weiteren Kontext sammeln und auswerten.

Was macht strategisches Denken so wertvoll?

Strategisches Denken wäre überflüssig, wenn die Wirtschaft gütig, stabil und berechenbar wäre. Das ist sie natürlich nicht. Sie wird mit immer härteren Bandagen umkämpft und es steht viel auf dem Spiel. Die richtigen Strategien zu finden, um erfolgreich zu sein und es auch zu bleiben, ist eine große Aufgabe, und Führungskräfte müssen ihr Unternehmen durch zunehmend turbulente Gewässer steuern. Die Kombination aus hohem Einsatz und schwierigem Umfeld macht strategisches Denken so wichtig.

Was das bedeutet, zeigt ein Blick auf die kognitiven Herausforderungen, denen sich Führungskräfte wie Gene Woods und Atrium Health gegenübersehen. Sie werden mit Schwierigkeiten in vier Dimensionen konfrontiert: Volatilität, Ungewissheit, Komplexität und Ambiguität (VUCA, ein Akronym, das Mitte der 1980er Jahre von Warren G. Bennis und Burt Nanus geprägt wurde, später von der US Army übernommen wurde und Eingang in die Führungsliteratur fand).6

Zwar hat sich das Akronym VUCA eingeprägt, doch meiner Ansicht nach sollte es besser CUVA heißen, denn Komplexität ist vermutlich die größte der vier Schwierigkeiten. Komplexität, Ungewissheit, Volatilität und Ambiguität sind eng miteinander verknüpft, und ausgehend von der ersten Dimension können wir alle anderen verstehen und angehen. Komplexität ist für die meisten Führungskräfte die zentrale Herausforderung. Wenn Sie die Komplexität Ihrer Organisation und Ihres Umfelds durchschauen, können Sie Ungewissheiten vorwegnehmen, was Ihnen wiederum den Umgang mit Volatilität und Ambiguität erleichtert.

KOMPLEXITÄT bedeutet, dass unser jeweiliges Interessensgebiet (zum Beispiel die Produktentwicklung) zahlreichen miteinander zusammenhängenden Variablen unterliegt, deren Zusammenwirken wir mit unseren begrenzten kognitiven Fähigkeiten kaum noch durchschauen können. Ein Krankenhausbetreiber mit mehreren Zehntausend Beschäftigten, der täglich in Hunderten Einrichtungen unter intensivem Geräteeinsatz und mit zahllosen Behandlungsmethoden viele Tausend Patienten versorgt, ist an sich ein komplexes Unterfangen. Aufgrund dieser Komplexität wird es für Führungskräfte schwer, ein gutes »mentales Modell« ihres Unternehmens zu entwickeln und vorherzusehen, was passiert, wenn sich an einem beliebigen Punkt etwas verändert. Strategische Denker sind in der Lage, mit Komplexität umzugehen, weil sie verstehen, wie Systeme funktionieren, und weil sie ihre Aufmerksamkeit auf das richten können, was wirklich wichtig ist.

UNGEWISSHEIT bedeutet, mit Situationen umzugehen, die mehrere konkrete Verläufe nehmen können, deren tatsächliche weitere Entwicklung jedoch nicht vorhersehbar ist, auch wenn Sie noch so viele Informationen zur Verfügung haben. Das kann zum Beispiel daran liegen, dass das Ergebnis von einer Vielzahl kleiner Faktoren abhängig ist. Im Falle des Gesundheitswesens kann sich zum Beispiel die Gesetzeslage, die starken Einfluss auf die Branche hat, nach jeder nationalen und regionalen Wahl verändern. Strategische Denker isolieren die einflussreichsten Ungewissheiten, wägen Wahrscheinlichkeiten ab und erforschen die Implikationen plausibler Szenarien.

VOLATILITÄT bedeutet, dass wichtige Faktoren – zum Beispiel der Ölpreis – raschen und starken Schwankungen unterliegen können. Deshalb ist es schwierig, ihnen zu folgen und sich auf Veränderungen einzustellen. Im Gesundheitswesen können aus dem Nichts Konkurrenten auftauchen, die sich auf die profitabelsten Geschäftsbereiche stürzen und bestehende Geschäftsmodelle über den Haufen werfen. Das hohe Tempo der technischen Innovation verlangt von uns, dass wir wissen, wann und wo wir uns anpassen müssen. Strategische Denker sind in der Lage, neue Chancen und Risiken vorzeitig zu erkennen und schnell auf sie zu reagieren.

AMBIGUITÄT