Die kurze Endphase des Ölzeitalters - Berndt Warm - E-Book

Die kurze Endphase des Ölzeitalters E-Book

Berndt Warm

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Beschreibung

Dieses Buch erklärt, weshalb Peak Oil und Peak Car mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Vergangenheit liegen. Die Begründung basiert auf einem Gesetz der Physik, das für die Ölförderung bisher kaum beachtet wurde: dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Diagramme mit Wirtschaftsdaten und Erklärungen zur Ölförderung dienen als Nachweise. Es ist zu erwarten, dass Ölförderung und Fahrzeugbau in wenigen Jahren deutlich zurückgehen und schon im Jahr 2030 kaum noch existent sind.

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Berndt Warm

Die kurze Endphase des Ölzeitalters

Erdöl, Autoproduktion und Thermodynamik

Berndt Warm ist

Mitglied von ASPO Deutschland

Copyright: © 2021 Berndt Warm

Lektorat: Erik Kinting – www.buchlektorat.net

Umschlag & Satz: Erik Kinting

Verlag und Druck:

tredition GmbH

Halenreie 40-44

22359 Hamburg

Softcover 978-3-347-48730-7

Hardcover 978-3-347-48731-4

E-Book 978-3-347-48732-1

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Über das Buch

Dieses Buch erklärt, weshalb Peak Oil und Peak Car mit hoher Wahrscheinlichkeit in der Vergangenheit liegen. Die Begründung basiert auf einem Gesetz der Physik, das für die Ölförderung bisher kaum beachtet wurde: dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik. Diagramme mit Wirtschaftsdaten und Erklärungen zur Ölförderung dienen als Nachweise. Es ist zu erwarten, dass Ölförderung und Fahrzeugbau in wenigen Jahren deutlich zurückgehen und schon im Jahr 2030 kaum noch existent sind.

Inhaltsverzeichnis

1. Einführung

1.1. Motivation für die Erstellung des Berichts

1.2. Analyse der Daten

2. Peaks und Preise

2.1. Peak Oil

2.2. Peak Car

2.3. Ölpreisverlauf seit 2008 (Peak Ölpreis)

2.3.1. Die Maxima des Ölpreises

2.3.2. Die Minima des Ölpreises

2.4. Rohölpreis und Rohölproduktion

3. Die Energiequelle Erdöl

3.1. Primärenergieverbrauch Deutschlands

3.2. Verwendung des Erdöls

3.3. Erdölprodukte im Verkehrssektor

3.3.1. Andere Produkte aus Mineralöl

4. Ölförderung und Thermodynamik

4.1. Thermodynamik: Temperatur der Erdkruste

4.2. Zeitlicher Anstieg der Erdöl-Förderenergie

4.3. Plausibilitätsprüfung und EROI

4.4. Physikalische Theorie: thermodynamisch notwendige Exergie

4.5. Der Umkehrpunkt

4.6. Kommentare zum Hills Group-Report

4.7. Der vierte Hauptsatz der Thermodynamik

5. Ökonomische Realitäten

5.1. Der Kampf von OPEC und OPEC+

5.2. Saudi-Arabiens Ölabhängigkeit

5.2.1. Devisenreserven Saudi-Arabien

5.2.2. ARAMCO

5.2.3. Aktiengesellschaft ab Dezember 2019

5.2.4. ARAMCO – Geldbedarf pro Barrel

5.2.5. Saudi-Arabien – Geldbedarf pro Barrel

5.3. Rohölpreis und OPEC+-Rohölförderung

5.3.1. Die Phasen der Rohölförderung

5.3.2. Phase A

5.3.3. Phase B

5.3.4. Phase C

5.3.5. Phase D

5.3.6. Phase E

5.4. Ausblick

5.5. Erschwinglichkeit von Öl und Kaufkraft

5.5.1. Kaufkraft und Produktivität

5.5.2. Eintritt der Ressourcenknappheit

5.6. Die Corona Pandemie

6. Kosten des Erdöls und Autoproduktion

6.1. Diagramme zu Fahrzeugen

6.2. Fahrzeuge mit Elektroantrieb

7. Ökonomische Theorien

7.1. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage

7.2. Substituierbarkeit

7.3. Hotellings Regel

7.3.1. Der Lockvogeltrick mit Wechsel

7.4. Die Preiswette zwischen Paul R.Ehrlich und Julian Simon

7.4.1. Ehrlich versus Tverberg

7.4.2. Zurück zu den Preisen

7.4.3. Szenario 1: Ölpreise explodieren

7.4.4. Szenario 2: Ölpreise brechen zusammen

7.4.5. Langfristige Ölpreisentwicklungen Fehler! Textmarke nicht definiert.

7.5. Die Cobb-Douglas-Funktion im Solow-Modell

7.6. Lehren aus der Geschichte

7.6.1. Weltliche Zyklen (Secular Cycles)

7.6.2. Kollaps komplexer Zivilisationen

7.7. Geld

7.7.1. Geld und Energie

7.7.2. Inflation

7.7.3. Der inflationskorrigierte Ölpreis

7.7.4. Inflationsanstieg in den USA nach der Pandemie

7.7.5. Energie Produktivität

7.8. Die Peak Oil Bewegung

7.9. Ölreserven

7.9.1. Ölfunde

7.9.2. Kapitaleinsatz zur Ölförderung

8. Psychologie

8.1. Erdklimaerwärmung und Ölfördermaximum

8.2. Beweis der Gültigkeit der Thermodynamik für Erdölproduktion

9. Folgerungen und Extrapolation

9.1. Thermodynamik und die Peaks

9.2. Extrapolation der C&C-Ölproduktion

9.3. Extrapolation der Autoproduktion

10. Krisenbewältigung

10.1. Risikobetrachtung Erdölverlust

10.2. Was ist zu tun?

10.3. Technologien der Zukunft

11. Anhang

11.1. Ölfelder

11.1.1. Ghawar

11.1.2. Bakken

11.2. Eigenschaften der Erdkruste

11.2.1. Thermische Relaxationszeit

11.2.2. Vertikaler Temperaturverlauf in der Erdkruste

11.2.3. Reservoirtemperaturen

11.3. Rohölförderung

11.3.1. Weltweite Rohölförderung

11.3.2. Wasser-Anteile bei Rohölförderung

11.4. Thermodynamik

11.4.1. Temperaturgleichgewicht und Entropie

11.4.2. Energie, Exergie, Anergie und Wirkungsgrade

11.4.3. Exergieaufwand zur Temperaturänderung

11.4.4. Ölförderung und Entropieänderung

11.4.5. Die TNE-Gleichung

11.4.6. Herleitung der TNE-Gleichung aus einer Entropiegleichung

11.4.7. TNE-Gleichung für eine einzelne Ölquelle

11.4.8. TNE-Gleichung für die Weltölförderung

11.4.9. Prüfung des TNE-Diagramms mit Ölpreisdaten

12. Begriffe

13. Formelzeichen

13.1. Zahlenwerte

14. Referenzen/Endnoten

1. Einführung

Eine erste, allerdings sehr kurze Fassung dieses Berichts habe ich auf der ASPO-Konferenz in Potsdam im Oktober 2019 das erste Mal verteilt. Er war damals nur acht Seiten lang und enthielt den Anhang und die Referenzen noch nicht. Im Januar 2020 habe ich eine überarbeitete Fassung erstellt, die auf der Seite https://limitstogrowth.de/2020/01/17/etp-modell-weshalb-faellt-der-mittlere-rohoelpreis-seit-2008-oder-thermodynamik-der-oelfoerderung-von-berndt-warm veröffentlicht ist. Eine englische Version kann dort auch heruntergeladen werden: https://limitstogrowth.de/wp-content/uploads/2020/01/Mar_2020_Thermo_EN_09.pdf.

In der vorliegenden Version sind viele zusätzliche Beobachtungen und Daten zu Ölförderung ergänzt. Der Einfluss der Corona-Pandemie auf die dargestellten Kurven wird deutlich; Peak Oil1 und Peak Car sind jetzt als Ereignisse der Vergangenheit erkennbar. Beide Peaks liegen zeitlich etwa zwei Jahre vor dem Beginn der Pandemie.

Zu Anfang der Erstellung dieses Berichts war die seit August 2021 aufkommende Energiekrise noch eine aus den Daten erwartbare Fiktion, doch schon jetzt hat die Wirklichkeit den Bericht eingeholt.

1.1. Motivation für die Erstellung des Berichts

Die Ölförderung wird in kurzer Zeit enden; das wird einen extremen Einfluss auf das Leben der Menschheit haben. Der gesamte Verkehrssektor wird umgestellt werden oder zusammenbrechen. Je früher man erkennt, was auf uns zukommt, desto besser kann man sich darauf vorbereiten.

Mein Hauptgrund zur Erstellung dieses Berichts ist, Zeit für die Umstellung auf eine Zeit ohne Erdöl zu gewinnen.

Das ausgerechnet ich dieses Buch schreibe, liegt an folgenden Dingen:

• Als Physiker glaube ich fest an die Gültigkeit der physikalischen Gesetze, speziell der Hauptsätze der Thermodynamik.

• Ich bin einer der wenigen Physiker, die eine Zeit lang in der Öl- und Gasindustrie gearbeitet haben. Die Dauer betrug zwar nur ein halbes Jahr, aber das reichte aus, um bestimmte Problemstellungen und Rechenmethoden der Industrie kennenzulernen. Mein Arbeitsgebiet dort war Softwareerstellung für den Gasfluss aus Bohrlöchern, der durch thermodynamische Gleichungen bestimmt wird.

• Ich verdiene kein Geld mit der Öl- und Gasindustrie oder deren Produkten und kann keine beruflichen Nachteile durch dieses Buch bekommen, da ich in Rente bin.

• Als begeistertem Radfahrer fehlt mir die Liebe zum Auto und der Wunsch, unbedingt das Auto, seine Annehmlichkeiten und die nötige Infrastruktur zu erhalten. Im Gegenteil, ich entwickle langsam einen immer stärkeren Widerwillen gegen Landschaftsversiegelung durch Straßen, Autolärm, mit Autos zugestellte Städte und Abgase.

Um die Aussagen dieses Buchs allgemein nachvollziehbar zu machen, sind für alle Daten Quellen angegeben, sowie die verwendeten Formeln im Anhang erklärt. Trotzdem habe ich folgende Erfahrung gemacht: Ich habe das Modell und die Berechnungen vielen Leuten mithilfe des zweiten Hauptsatzes vorgestellt. Bei der Thermodynamik passiert immer das Gleiche: Jeder hat seine eigene Vorstellung von Wärmeenergie und fängt dann an, mir zu erklären, dass das Modell nicht stimmen kann. Aber keiner liest vorher die Begründung, basierend auf dem zweiten Hauptsatz durch, was schwer zu verstehen ist: Wenn aus dem zweiten Hauptsatz folgt, dass die Ölförderung zu Ende geht, kann man das nicht einfach dadurch widerlegen, indem man den zweiten Hauptsatz nicht beachtet.

1.2. Analyse der Daten

Bei der Datenanalyse sind folgende Grundsätze verwendet worden:

• Daten (Preise) werden immer in höchster Auflösung benutzt. Preise werden von anderen Autoren oft in monatlichen oder jährlichen Mittelwerten betrachtet. Bei diesen Mittellungen geht extrem viel Information verloren, sodass man wichtige Effekte übersieht.

• Nur Originaldaten nutzen, keine korrigierten. Korrekturen für Inflation können z. B. Daten so verfälschen, dass man letztendlich nicht unterscheiden kann, ob der Originalwert oder die Korrektur eine Information enthält oder erzeugt. Deshalb werden Inflationskorrekturen nur mit Vorsicht verwendet.

• Ein Barrel Öl enthält immer (fast) die gleiche Energie, ein US-Dollar (USD) hingegen hat eine Kaufkraft, die aus verschiedensten Gründen von Jahr zu Jahr variiert. Ein konstanter Bezug ist als Vergleichswert wichtig, deshalb wird vorzugsweise zuerst die Energie betrachtet und dann in US-Dollar umgerechnet.

• Alle Daten werden im SI-System dargestellt, mit wenigen Ausnahmen. Für Ölmengen wird ausnahmsweise das Barrel verwendet, da alle Preisangaben sich darauf beziehen. Kilowattstunden (statt Megajoule, 1kWh=3,6 MJ) sind in der EU eine gesetzliche Einheit, wenn auch keine SI-Einheit. Ein Liter Rohöl/Diesel/Benzin enthält etwa 10 kWh. Der Wert ist anschaulich und leicht zu merken, deshalb wird als Einheit für Energie im vorliegenden Bericht vorzugsweise kWh verwendet.

• Aktualität der Daten: Ölpreise werden täglich gemeldet, die meisten Auto-Verkaufszahlen monatlich. Nicht vorhersehbare wirtschaftliche und politische Ereignisse bewirken deutliche Schwankungen in Preisen und Verkaufszahlen. Enddatum für alle Diagramme in diesem Bericht ist Herbst 2021, aktuellere Werte wurden nicht verwendet.

• Terminologie: In der Ölindustrie werden viele spezielle Ausdrücke verwendet, meist aus der englischen Sprache. Ähnliches gilt für die Thermodynamik. Auch wenn sie auf Deutsch übersetzt werden, erfordern sie einige Zeit, um sich damit vertraut zu machen.

• Für eine wichtige Größe, nämlich den Wasseranteil der Ölförderung, gibt es nur Daten von einzelnen Ölfeldern. Der Autor ist nicht in der Lage, dafür eine Kurve zu erstellen. Ohne statistisch abgesicherte Eingangswerte sind leider auch Ausgangswerte mit einem Fragezeichen behaftet. Das gilt insbesondere für die Abbildungen 11 und 68. Der Autor hat hierfür das Diagramm der Hills Group verwendet.

 

1 Der Begriff Peak Oil wird hier in seiner ursprünglichen Bedeutung als Maximum der Ölförderung verwendet; nicht als das Ende der Förderung, auch nicht als Peak Nachfrage (Peak Demand) oder Ähnliches.

2. Peaks und Preise

Die Erdölförderung der Welt, die Zahl der verkauften Motorfahrzeuge und die Preisverläufe für Rohöl sind wichtige Indikatoren für die Weltwirtschaft. Sie werden fast nie im Zusammenhang betrachtet. In diesem Bericht werden sie mithilfe der Physik – genauer: mithilfe des zweiten Hauptsatzes der Thermodynamik – miteinander verknüpft.

2.1. Peak Oil

Als Peak Oil wird das Maximum der Ölförderung bezeichnet. Die Ölvorräte der Erde sind endlich, also muss es irgendwann soweit sein, dass die Förderung geringer wird. Es gab in der Vergangenheit schon oft Zeitpunkte, nach denen die Ölförderung zeitweilig kleiner wurde, danach aber wieder stieg. Nach Meinung vieler Experten im Ölsektor sollte man nach einem Maximum mindestens fünf Jahre abwarten, bevor es eindeutig als Peak Oil identifiziert werden kann.

Abbildung 1: Welt Rohölproduktion C&C (Crude and Condensate).Quellen: EIA [EIA01], [STEO01] und OPEC MOMR [OPEC01]

Abbildung 1 zeigt die Rohölförderung der letzten Jahre. Dargestellt ist C&C (Crude and Condensate, Rohöl und Kondensat). Im November 2018 liegt das bisherige Maximum der Förderung. Im Jahre 2019 lag die Förderung nur wenig darunter. 2020 gab es aufgrund der Corona-Pandemie einen deutlichen Einbruch. Im diesem Bericht wird erklärt, weshalb das Maximum im November 2018 trotz der fehlenden Wartezeit mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit als das Maximum Peak Oil zu betrachten ist.

2.2. Peak Car

Peak Car ist analog zu Peak Oil das Maximum der Zahl hergestellter Autos. Die weltweite Autoproduktion ist in der Vergangenheit kontinuierlich gestiegen. Rein von der Anschauung her ist zu erwarten, dass die Zahl produzierter Pkws mit Verbrennungsmotoren nach Peak Oil auch fallen wird. Während viele Leute einen Ersatz der Verbrenner-Pkw mit Elektrofahrzeugen erwarten, ist das aus bestimmten Gesichtspunkten zumindest unsicher.

Abbildung 2: monatlicher Verkauf von Motorfahrzeugen (Summe von EU26, UK, USA, China und Indien)Quellen: ACEA [ACEA01], SMMT [SMMT01], FRED [FRED02], CEICdata [CEICDATA01]). Mittelwerte sind über 12 Monate gebildet und zentriert

Abbildung 2 zeigt die monatlichen Summen der Fahrzeugverkäufe in den Gebieten EU26, UK (United Kingdom), USA, China und Indien und eine Mittelwertlinie über 12 Monate. Diese fünf Gebiete umfassen etwa zwei Drittel der Welt-Fahrzeugproduktion. (In Kapitel 6.2 wird die Gesamtzahl der jährlichen Fahrzeugverkäufe der Welt gezeigt.) Die Mittelwertlinie über 12 Monate zeigt ein Maximum Anfang 2018. In 2018 und 2019 fielen die Verkäufe leicht, Anfang 2020 deutlich. Insgesamt beträgt der Abfall heute ca. 10 % relativ zum Maximum.

Wie beim Rohöl begann bei den Pkw der Einbruch schon vor der Corona-Pandemie, er ist nicht durch die Pandemie bedingt, wurde aber durch die Pandemie verstärkt. Lieferprobleme und der Mangel an Halbleiterbausteinen werden für den jüngsten Einbruch der Verkaufszahlen in der Presse verantwortlich gemacht.

2.2.1. War 2017 schon »Peak Car«?

Im Folgenden wird gezeigt, dass mit nahezu hundertprozentiger Sicherheit davon auszugehen ist. Die Ursache liegt im Fall der mittleren und maximalen Ölpreise seit 2008. Der Preisverfall wiederum ist die Folge eines physikalischen Fakts, nämlich des kontinuierlichen Anstiegs der zur Rohölförderung nötigen Energie.

2.3. Ölpreisverlauf seit 2008 (Peak Ölpreis)

Abbildung 3: Ölpreisverlauf (Brent) seit 2008. Gestrichelte Linie: Verbindung der Maximalwerte. Linie mit langen Strichen: Verbindung der Minimalwerte. Strich-Punkt-Linie: Polynom-Fit 2. Grades an die Preiskurve.

Im Jahr 2008 hatte der Rohölpreis einen Spitzenwert (Peak), so hoch war er später nie wieder. Es gibt ein stetiges Auf und Ab des Preises, aber insgesamt wird er langsam immer niedriger, jedenfalls bis zum März 2021. Er fällt seit 2008 [EIA03], die Maxima (Fall: 7,5 $/Jahr) genauso wie der Mittelwert (Fall: 7,5 $/Jahr). Der Fall ist seit 2014 schneller geworden, erst 2021 hat sich eine Änderung ergeben. Der Effekt wird in der Öffentlichkeit wenig beachtet, denn er widerspricht der allgemeinen Annahme, Rohölförderung würde immer aufwendiger und teurer und deshalb müsse Rohöl auch immer teurer werden.[1] Die meisten Wirtschaftsinstitute gehen fest davon aus, dass die Ölpreise in Zukunft steigen werden.[2]

Doch der Preisverfall ist nicht durch Shale-Oil, nicht durch Trump, nicht durch Überangebot oder Corona bedingt, sondern durch Physik. Der Effekt ist auch nicht vom Zufall verursacht, sondern durch ein Naturgesetz, dem zweiten Hauptsatz der Thermodynamik.

Seit März 2021 wirkt dem Preisverfall eine Kraft entgegen, die wieder höhere Preise bewirkt. Diese Kraft ist die Einigkeit der OPEC, die durch verminderte Öl-Produktion den Preis so hochtreibt, dass der wichtigste Ölförderstaat Saudi-Arabien und andere vor dem Bankrott bewahrt werden.

Wenn der Ölpreis den Wert von 30 $ pro Barrel (Abkürzung bbl) längere Zeit unterschreitet, werden Ölquellen in großem Maßstab geschlossen werden. Abbildung 3 ist das in den Jahren 2024 bis 2026 zu befürchten. Die Fortsetzungen der gestrichelten Linie und der Strich-Punkt-Linie treffen dann die punktierte schwarze 30-$-Linie.

2.3.1. Die Maxima des Ölpreises

Insgesamt 10 Punkte wurden als Maximalwerte des Ölpreises eingestuft. Sie sind gekennzeichnet durch grüne Kreuze und mit der gestrichelten grünen Linie verbunden.

Datum

Preis (USD/bbl)

03.07.2008

143,95

02.05.2011

126,64

13.03.2012

128,14

08.02.2013

118,9

29.08.2013

116,91

19.06.2014

115,19

04.10.2018

86,07

25.04.2019

74,94

06.01.2020

70,25

11.03.2021

69,63

Tabelle 1: Zeitpunkt und Preis pro Barrel der Maxima des Ölpreises (Brent)Quelle: EIA [EIA03]. Daten nach dem 11.03.2021 werden gesondert betrachtet.

03.07.2008: Grund für den Anstieg war insbesondere der steigende weltweite Ölverbrauch, worauf nicht im gleichen Umfang mit Produktionserhöhungen reagiert wurde. Die Sorge vor einer Nachfrageschwäche aufgrund der globalen Finanzkrise, schlechte Konjunkturnachrichten und der dadurch folgende Nachfragerückgang nach Ölprodukten ließen den Ölpreis in der Folgezeit stark fallen. China war kurz zuvor in die Welthandelsorganisation WTO eingetreten und legte ein unglaubliches Wachstumstempo vor. Das jährliche Wirtschaftswachstum beschleunigte sich bis 2007 sogar bis auf 14 Prozent. Gewaltige Infrastrukturinvestitionen sorgten für eine erhebliche Nachfrage nach Eisenerz. Außerdem stieg der Stromverbrauch, das trieb auch die Kohle-Nachfrage nach oben. Dieselgeneratoren sorgten dafür, dass Chinas Unternehmen vor dem Hintergrund eines noch unzureichend ausgelegten Stromnetzes arbeiten konnten.

02.05.2011: Im Frühjahr 2011 gab es zwei Entwicklungen, die den Ölpreis nach oben trieben: der Arabische Frühling mit Revolutionen im ganzen arabischen Raum sowie der Tsunami am 11. März bei Japan, der zur Zerstörung des Atomkraftwerks Fukushima führte. Am 2. Mai töteten amerikanische Spezialeinheiten den Al-Quaida-Führer Osama bin Laden, danach fiel der Ölpreis etwas. Er verharrte danach für mehrere Jahre auf Werten über 100 $.

13.03.2012: Ab Mitte März prägten Nachrichten über den Euro-Rettungsschirm ESM die Nachrichten. Die Konjunktur schwächelte, der Ölpreis fiel bis Mitte des Jahres 2012. In Europa wurde die wirtschaftliche Lage von Schuldenkrise und Bankenkrise beherrscht.

08.02.2013: Das Maximum kann man nicht direkt wirtschaftlichen oder politischen Ereignissen zuordnen.

29.08.2013: Dieses Maximum ist einer der höchsten Werte auf dem Ölpreisplateau von 2011 bis 2014.

19.06.2014: Die Verschuldung der Ölunternehmen, nicht mehr steigende Verbrauchsraten sowie die Ankündigung der OPEC im November 2014, die Förderquoten nicht zu senken, führten zu einem starken Absturz des Ölpreises im Dezember 2015 auf unter 30 $ pro Barrel (Brent). Grund für die weiterhin hohe Produktion war die zunehmende Gewinnung von Erdöl in den USA durch Fracking. Hinzu kamen die relativ niedrigen Produktionskosten nach Inbetriebnahme vieler Förderquellen sowie die geringere Nachfrage aufgrund eines geringeren Wirtschaftswachstums vor allem in China und Lateinamerika.

04.10.2018: Die Weigerung der OPEC, die Förderung an Rohöl zu erhöhen, und Drohungen des US-Präsidenten Trump gegen den Iran (Kündigung des Nuklear-Abkommens) trieben den Ölpreis hoch. Das Verschwinden des saudi-arabischen Journalisten Kashoggi setzte Saudi-Arabien unter Druck, Ausnahmeregelungen für den iranischen Ölexport für mehrere Länder liessen den Ölpreis wieder fallen.

25.04.2019: Die Ölversorgung war angespannt. Der Bürgerkrieg in Libyen eskalierte zusehends und wurde immer blutiger. Ein zweiter Unsicherheitsfaktor waren die Sanktionen gegen den Iran. An diesem Tag war unklar, welchen Kurs Washington in Zukunft gegen den Iran einschlagen würde: Würden die zahlreichen Ölexport-Ausnahmen verlängert? Das würde den Ölpreis entlasten, aber auch den Druck von Teheran nehmen. Schärfere Sanktionen wären im Sinne der Falken im Weißen Haus, aber ließen die Tankstellenpreise in innenpolitisch unangenehme Regionen klettern. Die Spannungen bewirkten ein Preismaximum.

06.01.2020: Ein Handelsabkommen zwischen den USA und China ließ den Ölpreis kurzfristig steigen, danach bewirkte die zuerst in China auftretende Corona-Pandemie einen Verfall der Ölpreise.

11.03.2021: Brent stieg auf 69,63 $ pro Barrel, bedingt durch gute Nachrichten über Impfstoffe gegen den Corona-Virus. Ein Hilfsprogramm von 1900 Milliarden $ der US-Regierung für die Wirtschaft, die Fortsetzung der OPEC+Kürzungen, die Ankündigung von eine Million Barrel pro Tag zusätzlicher Förderkürzungen durch Saudi-Arabien und eine Kältewelle in Texas trieben den Preis hoch.

Auch danach gab es einen weiteren Anstieg (Abbildung 4). Die Hilfsprogramme2 von zusammen fast 6000 Milliarden USD der US-Regierung führten zu Wirtschaftswachstum, verstärkter Ölnachfrage und zum Steigen der Inflation in den USA auf über 5 % pro Jahr. Inflation und die Förderkürzungen von einer Million Barrel pro Tag durch Saudi-Arabien waren so einschneidend, dass von da an die OPEC+ der dominanteste Faktor für den Ölpreis wurde. Eine neue Ära begann.

Abbildung 4: Detaildarstellung des Ölpreises in 2021 mit dem Preisanstieg ab April

2.3.2. Die Minima des Ölpreises

Vier dunkelgelbe Kreuze und eine gestrichelte dunkelgelbe Linie kennzeichnen die Minima des Ölpreises in Abbildung 3. Die Minima sind mit einem Eingreifen der OPEC verbunden, wenn ihr der Preis zu niedrig wird. Das letzte Minimum ist bedingt durch die Pandemie, und wird nicht mit in die Liste aufgenommen.

Datum

Preis (USD/bbl)

20.01.2016

26,01

27.12.2018

51,49

07.08.2019

55,03

02.10.2019

57,92

Tabelle 2: Zeitpunkt und Preis pro Barrel der Minima des ÖlpreisesQuelle: EIA [EIA03]

Gerade beim letzten Minimum im Frühjahr 2020 gab es die heftigste OPEC-Reaktion mit der stärksten Förderbeschränkung, aber da die Nachfrage nach ÖL extrem eingebrochen war, war der Preiseinbruch auch extrem.

Auffällig ist, dass die Minima immer höhere Werte annehmen. Das zeigt, dass die OPEC-Staaten immer höhere Ölpreise benötigen, um ihre Staatshaushalte zu finanzieren. Genau wie die Bürger westlicher Staaten sind die Bürger der OPEC nicht bereit, freiwillig ihren Lebensstandard einzuschränken. Sie werden auch in Zukunft für höhere Ölpreise kämpfen.

2.4. Rohölpreis und Rohölproduktion

Bis 2018 sind die geförderten Erdölmengen gestiegen. Im November 2018 gab es ein Maximum der Ölproduktion (blaue Linie in Abbildung 5), dieser Wert wurde seitdem nicht mehr erreicht. Auch der Ölpreis fällt. Selbst der Angriff auf die saudischen Ölanlagen und die folgenden Produktionseinschränkungen im September 2019 haben den Ölpreis nur kurzzeitig angehoben, die gestrichelte Linie wurde nicht einmal berührt. Die Covid19-Pandemie hat im Frühjahr 2020 einen deutlichen Einbruch von Erdölpreis und Förderung bewirkt.

Die fallenden Ölpreise lassen es unwahrscheinlich erscheinen, dass die Ölproduktion den Maximalwert wieder erreichen kann. Die globale Rezession drückt auf den Ölpreis. Niedrige Ölpreise lassen Ölförderer die Investitionen zurückfahren. Speziell die teureren Ölförderverfahren wie Fracking, Ölsandextraktion und Offshore-Föderung sind schon im Niedergang. Die Anzahl der Bankrotte im Ölsektor hat einen Höchststand erreicht.[3]

Abbildung 5: Rohölpreis (Brent) und Rohölproduktion. Hier ist die Crude & Condensate-Produktion eingezeichnet, die im Gegensatz zu All Liquids kein NGPL, keine Biotreibstoffe und keinen Refinery Gain enthält.Quellen: [EIA01], [EIA03]

Saudi-Arabien braucht zur Finanzierung des Staatshaushalts einen Ölpreis von etwa 80 $/bbl.[4] Um dieses Preisniveau zu erreichen, hat Saudi-Arabien nur die Möglichkeit, die OPEC+ zu überreden, die Ölproduktion zu verringern.[5] Im April 2020 wurde von Saudi-Arabien die Produktion deutlich erhöht, um Russland zu zwingen, auch Produktionskürzungen vorzunehmen. Seit Mai 2020 sind die Förderquoten der OPEC+ extrem verringert, wodurch der Ölpreis auf etwas über 40 $/bbl stabilisiert wurde. Kurz vor dem Jahreswechsel 2020/2021 stieg der Ölpreis wieder an, im Mai 2021 wurden fast 70 $/bbl erreicht.

 

2 Wie gigantisch die Programme sind, zeigt folgende Abschätzung: Bei einem täglichen Verbrauch von 20 Millionen Barrel und einem Preis von 75 USD/bbl reichen 6000 Milliarden US-Dollar, um 11 Jahre lang den Erdölverbrauch vollständig zu finanzieren.

3. Die Energiequelle Erdöl

Erdöl ist heute eine der wichtigsten Energiequellen Deutschlands. Im Verkehrssektor sind Erdölprodukte als Treibstoffe unverzichtbar, die meisten Verkehrsmittel benötigen sie. Die Treibstoffe sind konzentrierte Energie in einer leicht speicherbaren und konzentrierten Form; das macht den Ersatz durch andere Energieträger kompliziert.

Der Vorteil von Erdöl ist, dass es Energiequelle und Energieträger zugleich ist. Direkt nach der Förderung des Öls hat man Energie in einer verwendbaren Form; nur wenige Verarbeitungsschritte (Raffinieren, Beimischungen) sind notwendig, damit man einen Energieträger für Fahrzeug oder Heizungsanlage hat. Andere Energieträger wie Wasserstoff oder synthetische Treibstoffe sind im Gegensatz dazu erst aufwendig mithilfe von Energiequellen (Biomasse, Windkraft) und zusätzlichen chemischen Prozessen herzustellen.

Eine Übersicht zu vielen Aspekten von Erdöl hat Simon Michaux für das Geological Survey of Finland und die EU erstellt [Michaux01]. Der 510 Seiten lange Bericht ist eine Zusammenstellung von Informationen aus vielen Quellen. Sein Bericht endet mit der Feststellung: Due to our dependence on oil, it may be the primary, or master raw Ressource. – Wegen unserer Abhängigkeit von Öl sollten wir es als unser wichtigstes Rohmaterial betrachten.

3.1. Primärenergieverbrauch Deutschlands

Deutschland als Industrieland verbraucht Unmengen von Energie aus verschiedensten Quellen. Auch wenn in der Presse oft der Eindruck vermittelt wird, heute stamme davon sehr viel davon aus erneuerbaren Energien, ist das meiste doch aus fossilen Brennstoffen.

Deutschland hat 2019 einen Energieverbrauch von ca. 13.000 PJ/Jahr bei 80,62 Millionen Einwohnern. Pro Kopf liegt der Energieverbrauch bei etwa 123 kWh/Tag bzw. 5,1 kW rund um die Uhr.

Abbildung 6: Primärenergie Verbrauch von Deutschland in PetaJoule1) Windkraft ab 1995 / 2) u. a. Brennholz, Brenntorf, Klärgas, Müll / 3) inkl. Fotovoltaik / Sonstige: Grubengas, nicht erneuerbarer MüllQuellen: [Energiedaten01][Energiedaten02]

Der Energieverbrauch geht nach

Abbildung 6 langsam zurück, im Wesentlichen ist er aber seit Jahrzehnten konstant. Der leichte Rückgang kann durch Verlagerung von energieintensiven Prozessen ins Ausland bewirkt sein, das heißt, der durchschnittliche Deutsche verbraucht seit Jahren immer die gleiche Energiemenge.

Die prozentuale Aufteilung der Energiequellen in 2019 war:

Tabelle 3: Prozentuale Anteile der EnergiequellenQuelle: [Energiedaten01]

Wie man sieht, ist Erdöl3 mit 35,3 % Anteil eine der wesentlichen Energiequellen. Nur ein Bruchteil des verwendeten Erdöls (ca. 2 %) wird in Deutschland selbst gefördert, die Hauptmenge wird importiert. Im Jahr 2019 wurden 1.927 Kilotonnen (kT) Erdöl in Deutschland gefördert, 85.857 kT wurden importiert. Alle Importländer sind als wichtige Handelspartner zu betrachten.

Abbildung 7: Herkunft der Rohöleinfuhren nach Deutschland in kTQuellen: [Energiedaten01][Energiedaten02]

Nicht nur unverarbeitetes Mineralöl wird importiert, auch Mineralölprodukte werden importiert und exportiert.

3.2. Verwendung des Erdöls