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Nein, so kennt man den Schriftsteller Erik Neutsch nicht unbedingt. Sondern eher als einen harten und Konflikten nicht ausweichenden Schreiber wie zum Beispiel seine berühmten Bücher wie „Spur der Steine“ und „Auf der Suche nach Gatt“ beweisen – oder auch sein unvollendet gebliebenes Hauptwerk, die fünf Bände „Der Friede im Osten“. Ein abschließender sechster Band war nicht mehr geschrieben worden. Aber Neutsch hatte von Anfang an auch eine gefühlvollere und lyrische Seite, wie die in diesem Band vorgestellten Gedichte zeigen. Sie wurden zu unterschiedlichen Zeiten geschrieben. Im ersten Teil finden sich frühe Gedichte des jungen Autors, Jahrgang 1931, in denen sich Neutsch in den vierziger und fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts in jungen Jahren mit der Liebe und der Vorfreude auf ein Mädchen und auf gemeinsames Glück auseinandergesetzt hat wie in NÄCHTLICHE GEDANKEN (17.8. 1948), dessen letzte Zeilen lauten: Ich habe an dich gedacht, als der Mond in die Wolken stieg. Ich habe gebangt die Nacht und gebetet um unser Glück Oder in WIDMUNG Ein leises Ja von deinen Lippen, es gibt mir Mut, tilgt alle Schmerzen. Ein stummes Nicken deiner Augen ist Balsam meinem wunden Herzen. Ein leises Ja auf meine Bitten, ein Liebeshauch wie blühend Flieder, es tut mir gut, löscht alle Leiden und gibt mir meinen Frieden wieder. (23. 1. 49) Auch wenn diese jugendlichen Texte noch sehr schwärmerisch klingen, so lässt sich aus ihnen dennoch die ganz eigene Stimme eines künftigen Literaten heraushören. Der zweite Teil präsentiert eine Auswahl von Texten aus den 1990er Jahren. Sie sind der liebevollen Erinnerung und dem Andenken an seine, nach tapferer Gegenwehr an einer schweren Krankheit verstorbene ersten Ehefrau Helga gewidmet. Besonders eindrucksvoll in seinem Schmerz ist IM FROST Die Rosen sind erfroren, die ich zum ersten Januar, dem Tag, als du geboren, dir blühend in den Schnee gelegt. Ich habe dich verloren, und nichts wird sein, wie's einmal war: Wir beide, fest verschworen, ein Miteinander unentwegt. Wie soll ich mich denn fassen, für immer ohne dich, allein? Ich fühle mich verlassen, den Rosen gleich vor deinem Stein. (14. 1. 97)
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Seitenzahl: 45
Erik Neutsch
Die Liebe und der Tod
Gedichte
ISBN 978-3-95655-006-5 (E-Book)
Die Druckausgabe erschien erstmals 1999 im Verlag Janos Stekowics, Halle (Saale).
Gestaltung des Titelbildes: Ernst Franta
Auf Wunsch des Autors wurde nicht auf neue Rechtschreibung umgestellt.
© 2014 EDITION digital®Pekrul & Sohn GbR Godern Alte Dorfstraße 2 b 19065 Pinnow Tel.: 03860 505788 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.ddrautoren.de
IN MEMORIAM HELGA
Je länger du dort bist,
Um so mehr bist du hier,
Je länger du fort bist,
Um so näher bei mir.
Du wirst mir notwendiger,
Als das tägliche Brot ist,
Du wirst lebendiger,
Je länger du tot bist.
(Börries Freiherr von Münchhausen: Über ein Grab hin.)
und so warte ich täglich auf dein Gesicht.
Du bist auf dem Schulhof für mich wie ein Licht,
der Sonne gleich, die Wolken durchbricht,
mir erhellt den finstersten Unterricht.
Ach, könnte ich dir meine Liebe gestehen
und deiner Lippen Berührung erflehen ...
Ich schenkte dir mehr als nur dieses Gedicht.
(1. 4. 48)
In den Büschen hör ich's flüstern,
schwanke Schatten seh ich spielen
dort im Dunkel. Alte Rüstern
wiegen linde
sich im kühlen
Abendwinde.
Deine Augen, deine Wangen
seh ich jetzt im Busch versinken.
Sehnsucht packt mich, ein Verlangen,
deinen warmen
Leib zu trinken,
zu umarmen.
Doch mein Schrei verfällt den Winden,
Echo kommt von keinem Munde.
Sag, wo bist du? Will dich finden,
glücklich wissen
diese Stunde
und dich küssen.
(17. 8. 48)
Ich habe an dich gedacht,
als der Mond in die Wolken stieg.
Ich sah in der Sterne Pracht
dein Bild vor mir und schwieg.
Es krallte sich um mein Herz
eines Riesen gewaltge Hand.
Sie preßte gehemmten Schmerz
in die Augen mir und entschwand.
In Tränen vernahm ich bald
einen Schrei aus geliebtem Mund.
Du riefest mich. Schaurig verhallt
noch der Schrei mir im Herzens Grund.
Ich wollte mit dir dann fliehn,
dich zu retten, doch höhnend hielt
die Faust mich, ich sank dahin,
hab dem Himmel mein Los gebrüllt.
Ich habe an dich gedacht,
als der Mond in die Wolken stieg.
Ich habe gebangt die Nacht
und gebetet um unser Glück.
(17. 8. 48)
Und manchmal wähne ich, es sei nicht wahr,
ein Sehnen höchstens, das ein Traum gebar,
dem Meere gleich, das wild im Sturme schäumt.
Mein Gott, dann hätt ich lieber nie geträumt.
Es können keine Träume, Lügen sein.
Ich fühlte doch die heißen Tränen. Nein.
So träumte nie ein Mensch, so lügt kein Gott,
so treibt der Himmel nicht mit Menschen Spott.
Durchbohre mir die Brust. Mit aller Kraft
würg mir den Dolch ins Herz, bis an den Schaft,
wenn ich die Schlünde rings um mich vergaß,
mich schamlos glücklich fühlte am Parnass.
Doch manchmal wähne ich, es sei nicht wahr,
ein Sehnen höchstens, das ein Traum gebar,
dem Meere gleich, das wild im Sturme schäumt...
Mein Gott, dann hätt ich lieber nie geträumt.
(24. 9. 48)
Ich schaue dir tief in die Augen,
ich küsse dir Wangen und Mund.
Ich fühle die bitteren Tränen,
ein Herz voller Liebe, doch wund.
Ich nenne ganz leis deinen Namen,
ich presse dich fest an die Brust.
Ich will dich nicht fortgehen lassen
und weiß, daß du fortgehen mußt.
Doch wer zwingt dich, Abschied zu nehmen?
Verflucht sei, was gestern noch Dank!
Bleib... Oder geh... Aber wisse:
Ich bin auf den Tod schon krank.
(27. 9. 48)
Du fürchtest, ich könnte gehen
und niemals mehr wiederkehren.
Du irrst. Wenn auch ungesehen,
ich würde dich hören, hören.
Wie könnte ich von dir scheiden,
wenn ich deinen Schrei vernähme?
Es würde der Mensch nie leiden,
dem dann keine Reue käme.
Der wäre im Mutterleibe
ein Stein schon, ein Barren Eisen,
der seinem geliebten Weibe
die Treue nicht könnt beweisen.
Ich bleibe. Denn beim Verlassen
schon wäre dein Schrei zu hören.
Ich bleibe...
Und sollte sich auch im Hassen
die Welt gegen uns verschwören.
(14. 11. 48)
Ein leises Ja von deinen Lippen,
es gibt mir Mut, tilgt alle Schmerzen.
Ein stummes Nicken deiner Augen
ist Balsam meinem wunden Herzen.
Ein leises Ja auf meine Bitten,
ein Liebeshauch wie blühend Flieder,
es tut mir gut, löscht alle Leiden
und gibt mir meinen Frieden wieder.
(23. 1. 49)
Die wilden Tränen schweigen,
längst sind die Augen leer.
Ich kann es nicht ertragen
es ist so schwer, so schwer.
Ich kann es noch nicht fassen,
vergangen sei die Zeit,
in der wir Herz an Herzen
geträumt, geweint, gefreut.
Es ist so schwer zu sagen,
was selbstverständlich war.
Jetzt ist es wie ein Schatten,
jetzt ist es unsagbar.
Kein Glauben kann mehr retten,
es ist vorbei, vorbei.
Es hilft kein banges Klagen,
hilft auch kein Hoffnungsschrei?
Ihr fragt. Was wollt ihr wissen?
Warum mein Herz betrübt?
Dies eine Wort sagt alles:
Sie hat mich nie geliebt.
(8. 2. 49)
Ich habe geträumt über Nacht,
wir hätten uns wieder geküßt.
Du sagtest, du hättst nicht bedacht,
wie quälend Liebesleid frißt.
Ich sah dir ins liebe Gesicht
und habe mich glücklich gefühlt.
Du sprachst, du vergäßest mich nicht.
So hast du mein Sehnen gestillt.
Wer hat sich da meiner erbarmt?
Kein Traum war's, nicht morphische List.
Du hast mich wahrhaftig umarmt
und zärtlich den Mund mir geküßt.
(10. 2. 49)
Schweige, Sturm, du treibst die Schmerzen
eines Kranken sonst davon.
Laß sie doch in meinem Herzen,
ich bin stark, ich trag sie schon.