Die Macht der Bildung - Flo von Schreitter - E-Book

Die Macht der Bildung E-Book

Flo von Schreitter

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Beschreibung

Warum brauchen wir dringend ein neues Bildungsideal? Und was hat Bildung mit Glück zu tun? Ein inspirierendes Buch, das viele neue Perspektiven aufzeigt. Mit überzeugender Klarheit und Tiefgründigkeit zeigt Flo von Schreitter uns, welche Lebensressourcen die Bildung von Morgen ausprägen soll. Denn Bildung muss sich an der Zukunft – und nicht ausschließlich an der Vergangenheit – ausrichten. Der Zugang zum globalen Wissen per Knopfdruck hat alles verändert. Nicht allein Wissen wird in Zukunft eine Rolle spielen, sondern auch die Bildung des Herzens, der Haltung und der Fertigkeiten. So gelingt es, auf die großen Fragen der Zukunft Antworten zu erarbeiten. Ein packendes Sachbuch, das Lösungen für die großen Zukunftsherausforderungen vorstellt.

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Wir leben in einer Zeit, in der die Debatten über die Digitalisierung, das bedingungslose Grundeinkommen und die Macht der Algorithmen allgegenwärtig sind. Während sich rückwärtsgewandte Untersuchungen damit beschäftigen, wie wir Jobs erhalten können, damit Menschen nicht ihre Arbeit verlieren, wird ‚Die Macht der Bildung‘ nach vorne blicken. Wir wollen gemeinsam herausfinden, in welchen Kompetenzen, die gar zu Lebensressourcen werden, wir Menschen auch langfristig besser sein werden als Maschinen. Der Schlüssel dazu liegt in der Art, wie wir Bildung neu denken sollten. Um eine Zukunft auf diesem Planeten zu haben, brauchen wir Menschen einen neuen Plan, der den geänderten Bedingungen gerecht wird. Wir brauchen ein neues Bildungsideal – hat doch unser altes dazu geführt, dass viele menschengemachte Probleme heute überhaupt erst zutage treten. Dabei ist die Bildung der Ursprung unseres menschlichen Handelns und auch der Entscheidungen, die wir heute treffen und die unsere Welt von morgen verändern.  

„Wir müssen den Beruf des Lehrenden gesamtgesellschaftlich in seiner Wertschätzung wieder heben, die Erodierung stoppen und über unser Bildungsideal intensiver debattieren. Hier hat von Schreitter Recht: Dafür brauchen wir unsere Besten.“Carsten Knop, Herausgeber FAZ

„Wenn die Zukunft der Bildung noch mit Worten beginnt, dann schreibt dieses Buch die ersten Zeilen“Burkhard Graßmann, Vorstand BURDA VERLAG

„Bildungspluralität statt Tunnelblick - so lautet sein Kommando, um den trägen Bildungsdampfer Deutschland wieder flottzumachen. Ein erfrischender Blick von Flo von Schreitter.“Dr. Hajo Schumacher, Journalist und Autor

„Von Klimakrise bis KI: Wir werden die Herausforderungen der Zukunft nicht mit den Bildungsidealen der Vergangenheit meistern. Florian von Schreitter zeigt plastisch, wie wir völlig neue finden – und warum auch Herzensbildung dazu gehören muss.“Jens Schröder, Chefredakteur GEO

„Klug, inspirierend und aufrüttelnd, ich hatte das Gefühl eine deutsche Version von "Homo Deus" zu lesen.“Katharina Wolff, Herausgeberin STRIVE Magazine

„Ein Buch, in dem Herzensbildung auf Komplexitätsmanagement trifft, Wissen auf Zweifel, Thesen auf Erfahrungen – Flo von Schreitter hat offensichtlich die Bildung genossen, die er fordert. Wer mehr solche Leute will, sollte auf ihn hören.“Peter Lau, Redakteur BrandEins

„Unser Verständnis, was unser Bildungsideal überhaupt ganz konkret bedeuten soll, steckt in einer Sackgasse. Flo von Schreitter wirbt für eine neue globale Vision für Bildung. Die hat unsere Gesellschaft bitter nötig.“Christian Meier, Redakteur WELT

„Dieses Buch entwickelt realistische Bildungs-Utopie, die Emotionalität ebenso in den Blick nimmt, wie das Verhältnis von Mensch und Maschine.“Bin Chen, Chief Europe Correspondent Shanghai Media Group

„Ein zeitgemäßes Bildungsideal ist in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft sträflich unterdiskutiert: Ein kluges Buch, das diese Debatte anstoßen will.“Alexander Möthe, Redakteur Handelsblatt

„Die geistige Entwicklung des Menschen, seiner Haltungen und Denkweisen, kurzum ein neues Bildungsideal, ist nicht nur für Flo von Schreitter, sondern auch für den Club of Rome ein zentrales Thema: Ich hoffe, dieses Buch kann hierfür einen wichtigen Beitrag leisten.“Andreas Huber, Mitglied Deutsche Gesellschaft Club of Rome

Flo von Schreitter ist Kulinarik-Junkie, ehemaliger Leistungssportler und Innovationsberater. Geboren am 10. Oktober 1990 in Oberhausen, ist er ein Kind des Rheinlandes und Ruhrgebietes. Nach dem Abitur reiste er nach Südostasien und Südamerika und engagierte sich als Entwicklungshelfer in Kamerun. Im Nachgang gründete er gemeinsam mit einem kamerunischen Freund einen der ersten Feldhockeyclubs in Westafrika. Er erlangte einen Masterabschluss in Aachen und Hamburg in Betriebswirtschaftslehre. Seither hilft er Unternehmen bei deren langfristiger strategischer Ausrichtung. Seine Schwerpunktthemen sind neben der Unternehmensstrategie die Entwicklung neuer Geschäftsmodelle und disruptiver Innovationen. Die Macht der Bildung ist für ihn eine Herzensangelegenheit.

Aus Verantwortung für die Umwelt hat sich der Autor zu einer nachhaltigen Buchproduktion verpflichtet. Der bewusste Umgang mit Ressourcen, der Schutz des Klimas und der Natur sind dem Autor sehr wichtig.

Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernimmt der Autor für deren Inhalte keine Haftung, da er sich diese nicht zu eigen macht, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweist.

Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek.

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter https://dnb.de abrufbar.

Erstausgabe 2022

© 2022 Florian Schreitter Ritter von Schwarzenfeld

Alle Rechte vorbehalten

Anschrift: Florian Schreitter Ritter von Schwarzenfeld Bürgerstr. 6 40219 Düsseldorf Deutschland

Redaktion und Beratung: Carola Kupfer, Regensburg

Korrektorat: Sonja Rose, Monschau

Umschlagsgestaltung: Julia Huber, Köln

Satz: Wolfgang Schröck-Schmidt, Altlußheim

E-Book-Erstellung: CPI books GmbH, Leck

Fürmeine Frau Lena,meinen Bruder Christian,meine Eltern Martina und Wolfgang

INHALTSVERZEICHNIS

Pesönliches Vorwort

Teil 1: Worum es geht

Eine ketzerische Einführung in ein heiliges Thema

Teil 2: Wie der Mensch die Zukunft verändert

Kapitel 1. Die Maschine – der bessere Mensch?

Kapitel 2. Das Anthropozän – das Ende der Welt?

Kapitel 3. Die Ökonomie – noch der wichtigste Faktor?

Teil 3: Ein neues Bildungsideal ist notwendig

Kapitel 1. Wer wir waren und wer wir sind

Kapitel 2. Mission Impossible?

Kapitel 3. Wissen. Können. Fühlen. Sein.

Kapitel 4. Generation Bildung

Kapitel 5. Bildungspluraliät statt Monokultur!

Teil 4: Die Lebensressourcen

Kapitel 1. Schau mal, wie schlau wir sind

Kapitel 2. Lebensressource Wissensbildung – solo ein Auslaufmodell

Kapitel 3. Lebensressource Fertigkeitsbildung – Skill Set Selbstwirksamkeit

Kapitel 4. Lebensressource Herzensbildung – Gefühle erkennen und nutzen

Kapitel 5. Lebensressource Haltungsbildung – Selbstwirksamkeit erleben

Kapitel 6. Die Relevanz der vier Lebensressourcen

Kapitel 7. Emanzipation durch Rebellion

Kapitel 8. Ohne mich geht es nicht

Kapitel 9. Macht, Medien und Montesquieu – ein neuer Blick

Teil 5: Was auf die Lebensressourcen einzahlt: Ansatzpunkte

Kapitel 1. Dem großen Sprung mit Salami-Taktik begegnen

Kapitel 2. Wissensbildung

Kapitel 3. Fertigkeitsbildung

Kapitel 4. Herzensbildung

Kapitel 5. Haltungsbildung

Meta-log

Persönliches Nachwort

Dank

Weiterführende Literatur

Anmerkungen

GENDERCLAIM

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wird in diesem Buch auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbezeichnungen gelten gleichwohl für beiderlei Geschlecht und diverse Identitäten. Lediglich an Stellen mit historischem Kontext wird für einen korrekten inhaltlichen Bezug manchmal die männliche Form verwendet.

Ich habe mich bemüht, die Dinge, für die ich in diesem Buch plädiere, sofort umzusetzen und auszuprobieren, den Perspektivenwechsel gleich aufzunehmen und meine Haltung – auch in der Art, wie dieses Buch geschrieben ist – zu adaptieren und auszubalancieren. Es war nicht immer leicht, sind wir alle doch so an die männliche Dominanz in unserem Sprachgebrauch gewöhnt. Ein Beispiel: Die ausschließlich weiblichen Mitglieder eines Chors, sagen wir 250, würden wir als Sängerinnen bezeichnen, während wir bei 249 Sängerinnen und einem Sänger in der Gesamtheit von Sängern sprechen würden.

Ich freue mich daher sehr, wenn Sie mein kleines Experiment aufmerksam und wohlwollend begleiten – respektiere aber auch, wenn Sie am Ende zu der Erkenntnis kommen, dass es eine andere Lösung von gendergerechter Sprache braucht. Ich habe mir noch keine abschließende Meinung gebildet.

 

Der US-amerikanische Philosoph John Rawls prägte im 20. Jahrhundert den Begriff der „realistischen Utopie”. Er beschreibt einen Denkansatz, der zwischen der Ist-Welt und der Soll-Welt vermittelt. In Rawls Sinne ist dieses Buch der Versuch einer realistischen Utopie – wahrscheinlich mit mehr Realismus als Utopismus.

PERSÖNLICHES VORWORT

Mein Freund Katsche hat mich dazu inspiriert, dieses Buch zu schreiben. Denn seine Kompetenz, Menschen zusammenzubringen, Freunde zum Lachen zu bringen und Empathie für andere aufzubringen, imponiert mir sehr.

Kompetenzen, die ich ihm sehr gönne – und gerne in gleichem Maße selbst hätte. Mich beschäftigt die Frage, ob er diese Kompetenzen trotz oder gerade aufgrund von fehlendem Abitur und Studium erlangen konnte? Oder weitergedacht: Wie kann es uns als Gesellschaft gelingen, dass sich mehr Menschen wie Katsche aktiv für die Gemeinschaft einsetzen, statt nur an sich selbst zu denken? Und warum kann ich das alles nicht, obwohl doch mein Bildungsstand mit einem universitären Abschluss dem Bildungsideal unserer Gesellschaft vermeintlich näherkommt?

Ich frage das nicht aus Neid, sondern weil ich glaube, dass das, was Katsche kann, mindestens genauso viel wert ist wie das, was ich kann. Deshalb wünsche ich mir, dass es uns als Gesellschaft gelingt, unser unterschiedliches Können nicht in ein hierarchisches Verhältnis zu setzen. Denn weder das eine noch das andere Extrem ist ideal. Wir benötigen die Vielfalt, die Pluralität, um die Zukunft als Gesellschaft in unserem Sinne aktiv zu gestalten. Und genau dafür sollten wir mehr Menschen wie meinen Freund Katsche in unseren Fokus holen: mit dem Herzen am rechten Fleck und in meinem Bildungsideal hochgebildet.

Dafür brauchen wir einen Perspektivwechsel. Wir sollten unsere Komfortzone verlassen. Und uns unbequeme Fragen stellen. Wenn Sie Lust auf diese gedankliche Reise haben, lesen Sie unbedingt weiter. Sie werden erkennen, was in unserem Bildungsverständnis fehlt. Und sich fragen, warum wir das nicht ändern. Und verstehen, warum es dringend notwendig ist, eine grundsätzliche Bildungsdebatte zu entfachen.

In Zeiten von Klimawandel, alternativen Lebensformen, digitalen Wissensdatenbanken, globalen Netzwerken und einer Bevölkerungsexplosion bilden wir uns mit Pauken und Trompeten an der Realität vorbei. Denn unser Bildungsverständnis baut auf völlig veralteten Vorstellungen und Werten auf.

Zur Erinnerung: In Deutschland gilt seit 1919 die allgemeine Schulpflicht. Kinder sitzen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen während der Schulzeit 265 Jahreswochenstunden bis zum Abitur in der Schule – unabhängig von G8 oder G9. Das sind insgesamt 11.130 Stunden1. Die Weiterbildungen in Universität oder Ausbildung kommen zusätzlich dazu. Wir verbringen demnach mit dem, was in unserer Gesellschaft unter „höherer Bildung” verstanden wird, einen substanziellen Teil unseres Lebens. Wir investieren dazu Ressourcen in Form von Zeit und Geld. Auch die Gesellschaft lässt sich das viel kosten: im Jahr 2019 an allgemeinbildenden Schulen durchschnittlich 8.900 Euro je Schülerin im Jahr2.

Doch was ist Bildung eigentlich? Und welches Ziel hat sie oder sollte sie im Idealfall haben? Gibt es Kompetenzen, die für die Menschen und die Gesellschaft so relevant sind, dass sie gefördert werden sollten? Und wenn ja, welche? Sind es jene, die unser Bildungssystem derzeit ausmachen?

Diese Grundsatzfragen werden in der öffentlichen Debatte kaum diskutiert. Stattdessen gibt es immer wieder Studien, die ein nationales oder internationales Ranking aufzeigen – retrospektiv anstatt mit Blick auf die Herausforderungen der Zukunft. Das Problem: Der Begriff Bildung wird synonym mit Wissen und den Bildungsinstitutionen wie Schule und Universität verwendet. Wer viel weiß, darf später studieren und hat eine entsprechende Karriere vor sich. Menschen, deren Wissensschatz und akademischer Abschluss den anderer übersteigen, setzen sich im Wettbewerb durch und nehmen die wichtigsten und am besten dotiertesten Positionen innerhalb der Gesellschaft ein – nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik. So haben zum Beispiel im Deutschen Bundestag im Jahr 2020 aktuell 82 Prozent der Mitglieder einen akademischen Abschluss. In der Gesamtbevölkerung sind es lediglich 18 Prozent. Das ist umso erstaunlicher, da doch der Bundestag den Anspruch der Repräsentativität erhebt!

Dahinter steckt ein Dilemma, das sich anhand eines Musikmischpults für die Ausbalancierung von Höhen und Tiefen anschaulich illustrieren lässt: Wird ein Regler ganz nach oben oder nach unten geschoben, ist am Ende der Klang nicht gut. Das klingt banal, hat es aber in sich. Denn genau dieses Phänomen beschreibt den Sound unseres aktuellen Bildungsverständnisses: unausgewogen und verzerrt. Unser Optimierungsdrang hat den Regler „Wissen” bis zum Anschlag hochgeschoben. Das Resultat ist ein nicht ausbalancierter Sound Mix, der vielleicht reich, aber nicht glücklich macht. Und wer auf Dauer die Maximierung des Einkommens der Balance von individuellem und kollektivem Glück vorzieht, lebt nachfolgenden Generationen fragwürdige Ziele und Ideale vor.

Der Unterschied zwischen Bildung und Wissen wird in diesem Buch genau analysiert. Das Wissen allein wird dabei zu einem Baustein eines ganzheitlichen und zukunftsorientierten Bildungsideals degradiert – nicht mehr und nicht weniger. Schonungslos, fokussiert und anhand vieler praktischer Beispiele formuliert dieses Buch die Notwendigkeit, neu über Bildung zu denken. Denn die Zukunft der Menschen braucht auch ein zukunftsfähiges Bildungsideal! Dazu müssen wir unser heutiges von Wissen dominiertes Bildungsverständnis überarbeiten.

Wenn Sie glauben, dass alles bestens und unser Bildungsideal zukunftsfähig ist, dann lesen Sie nicht weiter.

Wenn Sie aber der Meinung sind, dass wir eine grundlegende Überarbeitung des Bildungsideals brauchen, um für die Zukunft gewappnet zu sein, oder Sie einfach nur neugierig geworden sind, dann lesen Sie unbedingt weiter! Denn dieses Buch wurde für Menschen geschrieben, die sich zu Recht Sorgen machen. Für Menschen, die nach überzeugenden und umsetzungsfähigen Alternativkonzepten suchen. Und die gerade die Vielfalt der menschlichen Kompetenzen wertschätzen.

Teil 1

WORUM ES GEHT

■ Was sind die Grundlagen unseres Bildungsideals?

■ Wieso orientiert sich Bildung so stark an der Vergangenheit?

■ Warum ist ein zukunftsfähiges Bildungsideal so wichtig?

EINE KETZERISCHE EINFÜHRUNG IN EIN HEILIGES THEMA

Deutschland im Jahr 2030. Der Industriestandort boomt. Fast überall haben Rechner und Maschinen die Aufgaben von Menschen übernommen – schneller, zuverlässiger und gewinnbringender. Auch in Verwaltung und Dienstleistung wurden Menschen durch Programme und Maschinen ausgetauscht, um die Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten. Denn die Maschine ist dem Menschen inzwischen in allen regelbasierten Tätigkeiten weit überlegen – insbesondere in standardisierten Prozessen.

Und was machen die vielen freigestellten Menschen mit der gewonnenen Zeit? Wovon leben sie? Was erfüllt sie? Welche Ziele haben sie nun, da Karriere am Arbeitsplatz für die meisten entfällt? Vermutlich langweilen sich viele von ihnen. Spielsucht und Abhängigkeiten steigen sprunghaft an. Soziale Konflikte gären und werden von neuen radikalen Parteien zusätzlich geschürt. Vielleicht entstehen daraus sogar Kriege, während im Hintergrund die industrielle Produktion gewinnorientiert weiterläuft.

Ein Horrorszenario? Möglicherweise. Um es abzuwenden, sollten wir uns jetzt ehrlich fragen: Was müssen wir ändern, damit dieser Albtraum nicht Realität wird? Und welche Kompetenzen müssen wir uns heute aneignen, damit wir als Menschen den Maschinen auch im Jahr 2030 noch die Stirn bieten können?

Zurück in die Gegenwart: Eine Marketing-Professorin steht im Hörsaal der Universität. Jedes Jahr hält sie die gleiche Vorlesung darüber, wie man mit zielgruppenorientierter Kommunikation Menschen dazu motiviert, Produkte und Dienstleistungen zu kaufen. Wie man Emotionen hervorruft, um ein absolutes Kaufverlangen zu stimulieren. Ein Kaufverlangen für Produkte, die der Mensch eigentlich nicht braucht, um glücklich zu sein. Die jedoch vom produzierenden Unternehmen verkauft werden müssen, um Gewinne zu erzielen, Arbeitsplätze zu erhalten und den Börsenkurs zu steigern. Produkte, deren Kaufpreise durch Ratenoptionen auch für geringere Einkommen attraktiver gemacht werden sollen – und dazu dienen, den eigenen Status zu untermauern.

Jedes Jahr die gleiche Vorlesung. Seit vielen Jahren. Ein Blick durch den Hörsaal zeigt, dass die sozialen Medien auf den Smartphones der Studierenden interessanter sind, als das gebetsmühlenartige Ablesen von Präsentationsfolien der Professorin. Ohne jegliche Pointierung, ohne jeglichen Enthusiasmus. Doch es hört sowieso schon lange keiner mehr zu. Das ist auch nicht nötig, die Studierenden prägen sich später irgendwann in der Bibliothek die Mantras der Professorin ein. Sie gelten schon seit Jahrzehnten und werden in den Prüfungen stets abgefragt, wie praktisch. So lernen die Studierenden einfach die Folien auswendig – wortwörtlich und ohne eigene Gedanken dazu. Sie wollen besser sein, als ihre Mitstudierenden. Müssen besser sein. Denn die Universität lehrt sie, dass die Besten auch die erfolgversprechendsten Jobs bekommen und somit auch die höchsten Einkommen erzielen werden. Also wird auswendig gelernt, bis ins kleinste Detail.

So läuft das in unserem System. Jedes Jahr dieselben Inhalte. Offenes Diskutieren? Fehlanzeige. Es interessiert auch niemanden, weder die Mitstudierenden, noch die Professorin. Wozu auch? Allein die Prüfungen zählen – und die Inhalte definiert der Lehrkörper. Das ist allgemeiner, wissenschaftlicher Konsens.

HOMO OECONOMICUS – ZUM ARSCHLOCH VERKOMMEN

Häufig geht es bei den Studierenden – und damit den Führungskräften von morgen – auch ums Geld. Sie sind ganz typische Vertreterinnen des Homo oeconomicus. So wird in der Wirtschaftswissenschaft ein Modell des Menschen bezeichnet, dessen Entscheidungen stets zur Maximierung seines Nutzens getroffen werden. Das ist praktisch, denn dadurch ist der Homo oeconomicus berechenbar. Auf ihn werden wir noch häufiger in diesem Buch zurückkommen.

Doch der Homo oeconomicus hat auch eine Kehrseite. Denn viele dieser Spezies haben heute den Nutzen anderer Menschen oder die Folgen ihres eigenen Handelns für ihre Umwelt nicht mehr im Sinn. Sie frönen dem Prinzip Egoismus – und genau so lernen angehende Wirtschaftswissenschaftlerinnen auch zu denken. Sie lernen, dass die rationale Entscheidung, die den eigenen Nutzen maximiert, die Beste ist. Der Homo oeconomicus: ein gewinnorientiertes Arschloch?

Nein, so war das ursprüngliche Modell des Homo oeconomicus nicht gedacht. Im Gegenteil, der Psychologe Eduard Spranger definierte ihn 1914 als ökonomischen Menschen, der „im allgemeinsten Sinne (…) derjenige (sei), der in allen Lebensbeziehungen den Nützlichkeitswert voranstellt. Alles wird für ihn zu Mitteln der Lebenserhaltung, des naturhaften Kampfes ums Dasein und der angenehmen Lebensgestaltung.” Spranger war ein deutscher Psychologe, Philosoph und Pädagoge, der zu den modernen Klassikern der Pädagogik zählt.

Er etablierte den Begriff Dritter Humanismus. Das Zitat stammt aus seinem Werk „Psychologie der Typenlehre”. Für ihn war das Ziel einer umfassenden Bildung die innere Formung des Menschen.

Von Gewinnmaximierung auf Kosten anderer und rein egoistischem Denken und Handeln ist hier nicht die Rede.

Zurück zu den Studierenden: Waren wir Menschen nicht schon viel weiter? Wir wissen doch – nicht erst seit der Corona-Pandemie – dass unser eigener Nutzen auch immer vom Nutzen anderer abhängt. Dass viele Dinge einander bedingen, ja wir als Menschheit und als Natur voneinander abhängig sind: Wir leben in einem globalen Ökosystem. Unser Planet kann in der heutigen Form nicht erhalten werden, wenn über 7,5 Milliarden Menschen wie ein Homo oeconomicus entscheiden – so wie die Studierenden in der Vorlesung der Marketingprofessorin. Und sie sind nur ein Beispiel von vielen.

Keine Frage: Wir sollten unser Bildungsideal von Grund auf verändern, um auf die Herausforderungen im Anthropozän, dem Zeitalter des Menschen, vorbereitet zu sein. Dieses Zeitalter, in dem wir Menschen einen exponentiellen Einfluss auf die natürlichen Prozesse der Erde genommen haben, hat für uns Folgen: Denn das Anthropozän ist durch uns auch zu einem Zeitalter geworden, in dem wir Menschen die Existenz zukünftiger Generationen durch die ökologischen und sozialen Folgen unseres eigenen Handelns gefährden. Unsere Welt verändert sich mit einer hohen Geschwindigkeit – und mit disruptiven Auswirkungen auf das menschliche Leben.

Daran sind wir selbst schuld. Viel zu lange haben wir unseren Kindern Dinge beigebracht, die längst überholt sind. Haben an Maximen festgehalten, die realistische Entwicklungen der Zukunft ausklammern. Und haben in uns den viel zu einseitig interpretierten Homo oeconomicus gepflegt, weil es so am bequemsten war. Die Liste der Versäumnisse ließe sich übrigens unendlich fortführen. Zusammengenommen sind sie mitverantwortlich für die Katastrophen, auf die wir gerade zusteuern: Klimawandel, Bevölkerungsexplosion, Migration, technologische Disruption und geopolitische Krisen sind nur einige der vielen Folgen menschlichen Eingreifens in natürliche Prozesse.

HOMO RESPONSIUS – DIE BESSERE ALTERNATIVE

Um das Ruder noch herumreißen zu können, brauchen wir eine große Transformation. Sie beginnt bei uns selbst, indem wir lernen, nicht egoistisch zu entscheiden, sondern verantwortlich. Dazu müssen wir unsere Selbstwirksamkeit begreifen und damit einhergehend verstehen, dass wir eine wichtige Rolle spielen. Wir brauchen also einen Homo responsius, einen verantwortlich entscheidenden Menschen, der den nicht mehr zeitgemäßen Homo oeconomicus ersetzt. Denn nur wenn wir im Rahmen einer großen Transformation radikale Veränderungen vornehmen, können wir für uns eine gute und ausbalancierte Zukunft gestalten.

Das Prinzip des Egoismus hat uns in die Lage manövriert, in der wir uns heute befinden: mit stets zu maximierenden Zielsetzungen – wie dem Bruttoinlandsprodukt3 und dem individuellen Einkommen. Es ist verrückt, aber wir setzen uns immer noch monetäre Ziele, obwohl wir eigentlich wissen, dass uns mehr Geld nicht in gleichem Maße glücklicher macht.

Im Gegenteil: Wir haben doch längst erkannt, dass unser eigener Wohlstand auch vom Wohlstand aller abhängt. Denn die natürlichen Prozesse machen keinen Halt an Landesgrenzen. Nur Kollaboration und Vernetzung bieten uns die Chance, die Welt, in der wir leben wollen, zu gestalten. Wir sollten daher das Prinzip Egoismus schnellstmöglich durch unseren Blick auf die Welt, durch gemeinschaftliche Zielsetzungen und das Verständnis über unsere Selbstwirksamkeit ersetzen. Dazu müssen wir im Ursprung der menschlichen Entscheidungen starten: im Charakter und in der Persönlichkeit. Beide verändern sich im Laufe des Lebens – durch die eigene Erfahrung und durch äußere Impulse.

Diese Impulse erwähnt die Professorin in ihrer Vorlesung übrigens auch: Sie nennt sie „Nudges”, also kleine Stupse, die menschliches Verhalten beeinflussen. Im Marketing sind sie ein wichtiges Instrument, um Begehrlichkeiten zu wecken und Kaufverhalten zu lenken. Aber nicht nur dort: Auch in der Schule, an der Universität oder im Elternhaus lernen Kinder und junge Menschen durch Nudges und passen ihr Verhalten an die Rahmenbedingungen an. Denn weil sich eine gute Note auch gut anfühlt, lernen die Studierenden aus unserem Beispiel beim nächsten Mal wieder die Foliensätze auswendig, ohne die Inhalte zu verstehen und sie zu hinterfragen. Es stellt sich also die Frage, welche kleinen Stupse sinnvoll sind – und welche nicht.

Persönlichkeit und Charakter eines Menschen haben großen Einfluss auf die Entscheidungen, die er in seinem Leben treffen wird. Die Grundlagen für die Entwicklung von Persönlichkeit und Charakter legt wiederum die Bildung. Wenn wir also in Zukunft Menschen dazu ermutigen wollen, gemeinsinnorientiertere und sinnstiftende Entscheidungen zu fällen, dann sollten wir uns Gedanken über unser Bildungsideal machen.

AUSLAUFMODELL WISSENSIDEAL

Unser seit zwei Jahrhunderten vorherrschendes Bildungsideal ist auf das Wissen fixiert. Unter diesem Ideal fassen wir traditionell zusammen, was Bildung ist und welchem Zweck Bildung dienen soll. Das ist ein schweres Erbe – und leider nicht mehr zeitgemäß. Denn es versetzt uns eben nicht in die Lage, Antworten zu finden, die wir brauchen, um zu überleben und glücklich zu sein. Und es liefert uns auch keine Vorschläge, wie wir das schier unerschöpfliche Potenzial menschlicher Ressourcen ausreichend fördern könnten. Tatsächlich baut das aktuelle Bildungsideal – vielmehr ein Wissensideal – auf die Prämisse des Wachstums auf, ein seit Jahrhunderten geltendes Ideal zur Bewältigung von gesellschaftlichen Herausforderungen. Anderseits zielt es darauf ab, „gute Staatsbürger” heranzuziehen, also Menschen die ihr eigenes Wohl dem Staat unterordnen. Doch brauchen wir in Zukunft nicht etwas ganz anderes? Ein Ideal des selbst denkenden Menschen, um Antworten auf die drängenden Fragen unserer Zeit finden? Der Unterschied ist signifikant, stellt doch ein selbstdenkender Mensch eher die gesamten Ordnungssysteme in Frage – jene Ordnungssysteme wohlgemerkt, die unsere Welt derzeit auf vielfältige Probleme zusteuern lassen.

Wir haben es immer wieder verpasst, unser Bildungsideal hinsichtlich seiner Zukunftsfähigkeit zu prüfen. Stattdessen haben wir es zu einem gesellschaftlichen Selbstzweck verkommen lassen. Einem Zweck, dessen Zielsetzung häufig unklar oder falsch ist. Denn in unserem heutigen Bildungsideal lernen wir Dinge, die wir schneller wieder vergessen, als uns lieb ist – und die wenig Relevanz für unser späteres Leben haben. Bewahren scheint eben leichter zu sein als zu reformieren. Relevanz herzustellen ist schwierig, aber enorm wichtig.

Doch wie kann es anders gehen? Wo müsste eine Reform oder gar Revolution ansetzen? Die Antwort liegt beim Vergleich von Homo oeconomicus und Homo responsius auf der Hand: Es geht um Bildungskompetenzen, die das bisher gelebte Wissensideal sprengen Nach diesem neuen Verständnis entwickelt sich der menschliche Bildungshorizont durch die Beziehung der unterschiedlichen Bildungsdimensionen zueinander weiter. Dabei geht es natürlich auch um Wissen – aber nur als einem rationalen Faktor neben anderen. Hinzu kommen Know-how, also haptisch oder kognitiv erlernte Vorgehensweisen, emotionale Fähigkeiten und soziale Intelligenz. Und zu guter Letzt geht es um das Verständnis über die eigene Rolle in der Welt.

Nur dann, wenn alle Kompetenzen gleichermaßen entwickelt werden, kann es uns gelingen, unser überholtes Bildungsideal zu reformieren. Die Zeit drängt. Es ist längst überfällig, dass der Homo responsius das Ruder in die Hand nimmt und der Homo oeconomicus lediglich ein Rechenmodell in den Lehrbüchern bleibt. Im Bildungsideal beginnt der Ursprung allen menschlichen Handelns und aller Entscheidungen. Somit liegt genau hier auch der Ursprung für unsere Zukunft auf diesem Planeten.

Deshalb ist es so wichtig, die Entwicklung eines zukunftsfähigen Bildungsideals nicht in der Vergangenheit zu suchen, sondern in der Zukunft zu verorten. Nur so kann es für uns eine (über-)lebenswichtige normative Lenkungswirkung entfalten. Denn wenn uns das Anthropozän eines lehrt, dann die Abhängigkeit der Zukunft von menschlichen Entscheidungen in der Gegenwart.

AUTARKIE FÜR FREIHEIT

Wie muss sich also Bildung verändern, damit wir in Zukunft frei leben können? Die Assoziationen, die Menschen mit Bildung in Verbindung bringen, sind meist Schulen, Hochschulen oder Ausbildungsbetriebe. Dieser institutionalisierte und sehr enge Blick auf ein komplexes Thema missinterpretiert sowohl den Zweck von Bildung, als auch die Breite, die ein zukunftsfähiges Bildungsideal abbilden muss. Denn Bildung ist ein nicht endender Weg hin zu einem autarken Menschen – im Sinne von Entscheidungsfähigkeit, Charakter und Selbstwirksamkeit.

Die Charakterbildung ist notwendig, um die Stärken des jeweiligen Individuums zu fördern und die intrinsische Motivation zu stimulieren.

Die Kompetenz zu entscheiden braucht es, um Verantwortung zu übernehmen, selbstständig zu werden und selbstbestimmt zu leben. Und durch das Bewusstsein der eigenen Selbstwirksamkeit weiß ein Mensch, dass er selbst einen Unterschied machen kann, dass er unabhängig ist und die Möglichkeit hat, gewünschte Handlungen auszuführen.

Wenn wir diesen Dreiklang der Autarkie in Zukunft erlernen wollen, müssen wir alle Bereiche gleichermaßen ausbilden und trainieren. Denn sonst bleibt der Mensch in gewisser Weise unfertig. Wohin das führt, zeigt unser Umgang mit natürlichen Lebensmitteln: Die Lehre über die natürliche Produktion von Lebensmitteln und die damit verbundene Abhängigkeit von Jahreszeiten gehörte in den vergangenen Jahrhunderten in Form von Geschichten und Weisheiten zum Kulturgut unserer Gesellschaft. Es hat uns autark gemacht – waren wir doch alle in der Lage, unsere eigene Subsistenz zu erarbeiten. Heute hingegen können viele Menschen in der hochspezialisierten Wissensgesellschaft den Ursprung von Lebensmitteln nicht mehr nachvollziehen, geschweige denn eine traditionelle Verarbeitung von Rohprodukten vornehmen. Die Gesellschaft hat sich an den Konsum von Convenience-Produkten, quasi Fertigessen, gewöhnt und sich so gleichzeitig in eine erlernte Abhängigkeit begeben.

Abhängigkeitsverhältnisse stehen der Autarkie konträr gegenüber. Dieses Phänomen wurde auch während der Corona-Pandemie zum globalen Problem. Hier führten die wechselseitigen Abhängigkeiten der Weltwirtschaft zur Unfähigkeit ganzer Kulturnationen, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Solche Entscheidungen hängen wiederum eng mit dem Freiheitsempfinden zusammen. Freiheit ist in unserer westlichen Welt ein Grundbedürfnis. Wird unsere individuelle Freiheit von außen beschnitten, reagieren wir empfindlich. Zu Recht – gehört sie doch zum Leben autarker Menschen, und zwar weltweit. Wenn wir also frei leben wollen, müssen wir gebildet leben. Und nur wenn wir gebildet leben, können wir auch frei leben.

SCHWERES ERBE – EIN TRADIERTES BILDUNGSVERSTÄNDNIS

Ein Exkurs zur Herkunft unseres herkömmlichen Bildungsbegriffes macht klar, warum es so mühsam ist, neue Wege einzuschlagen. Unser Verständnis von Bildung leitet sich von dem althochdeutschen Wort bildunga ab und bedeutet soviel wie Vorstellungskraft. Dabei gibt es keine einheitliche Definition in der Literatur; der Begriff ist vielschichtig und unterschiedlich interpretiert. Einigkeit besteht lediglich darin, dass Bildung eine Übereinstimmung zwischen der Realität und dem Weltbild eines Menschen darstellt. Bildung bezieht sich immer stark auf das Wissen eines Menschen. Der Begriff meint übrigens gleichermaßen etwas Statisches und etwas Dynamisches: Mit einem „gebildeten” Menschen wird ein statischer Bildungszustand beschrieben, während bei einem „sich bildenden” Menschen der dynamische Bildungsvorgang gemeint ist. Gemeinsamer Nenner ist dabei die sogenannte Allgemeinbildung: Sie umfasst den von Mitgliedern einer Gesellschaft erwarteten Bildungszustand. Absurderweise würde man umgangssprachlich sagen, dass die Allgemeinbildung das beinhaltet, was ein Mensch wissen muss – ein fataler Irrtum, wie wir schon gesehen haben, denn für unsere Zukunft reicht das allein nicht aus.

Dazu passt die Perspektive der Philosophin und Schriftstellerin Hannah Arendt4. Sie erkannte Adolf Eichmann, einem der größten deutschen Kriegsverbrecher im Nationalsozialismus und Architekten der „Endlösung der Judenfrage”, in ihrer Beschreibung des Eichmann-Prozesses die Fähigkeit zu denken ab. Ihre Begründung: Das damalige deutsche Bildungsideal war stärker auf Gehorsam und Disziplin ausgerichtet, als auf die Fähigkeit selbstständig und frei zu denken – und damit die Moral zu hinterfragen. Es stand damit im Gegensatz zu den Erfahrungen, die Hannah Arendt im Gespräch mit den Menschen in ihrem späteren New Yorker Exil machte. In den Vereinigten Staaten lehrte das Bildungsideal die Menschen in einer schon damals pluraleren Gesellschaft, frei zu denken.

IN ZUKUNFT HUMANISTISCHER, GLOBALER, EMOTIONALER

Wenn also möglicherweise das tradierte Bildungsideal im Dritten Reich ein Faktor für eines der größten Verbrechen der modernen Menschheit war, sollten wir dann nicht viel mehr Wert darauflegen, dass sich unser heutiges Bildungsideal humanistischer gestaltet? Zur Erinnerung: Der Humanismus ist jene seit dem 18. Jahrhundert gebräuchliche Denkform, die davon ausgeht, dass der Mensch die Fähigkeit besitzt, selbstständig zu einer besseren Existenzform zu finden.

Neben dem berechtigten humanistischen Anspruch sollte ein zweiter Kerngedanke für uns handlungsleitend sein: Seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts haben globale Vernetzung und Mobilität in einem Maße zugenommen, das nicht auch nur ansatzweise zu erwarten war. Die Globalisierung ist eine der Prämissen, die die klassischen Bildungsdenker gar nicht in Betracht ziehen konnten. Sie wird uns aber – trotz Pandemie – nicht mehr loslassen und weiter in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft voranschreiten. Die Bildungssysteme hingegen arbeiten nur in Ausnahmefällen multinational. Der internationale Studienaustausch über das Erasmus-Programm ist hier eine rühmliche Ausnahme. Denn meist agieren Bildungssysteme national oder wie in Deutschland sogar nur regional. Doch wenn die globale Vernetzung weiter voranschreitet, führt unser Bildungssystem unweigerlich in eine Sackgasse. Wir sollten also umgehend damit beginnen, unser Bildungsideal auch globaler auszurichten.

Der technologische Fortschritt ist ein dritter Faktor, den ein neues Bildungsideal zwangsläufig berücksichtigen muss. Denn viele Jobs, die heute durch Menschen erledigt werden, können schon bald durch Maschinen übernommen werden. Die zunehmende Teilung von Produktionsprozessen in kleinere Arbeitsschritte macht nämlich ein regelbasiertes und standardisiertes Vorgehen möglich. Sogar akademische Berufe wie Ärztinnen, Juristinnen oder Steuerberaterinnen werden davon betroffen sein und zu immer größeren Teilen durch Maschinen ersetzt.

Das glauben Sie nicht? Wahrscheinlich konnten Sie sich vor zwanzig Jahren auch nicht vorstellen, dass ein Auto jemals ohne Fahrerin fahren kann. Dabei rollen schon seit fast zehn Jahren autonome Testfahrzeuge über unseren Straßen. Wenn also die menschliche Arbeitskraft in immer mehr Bereichen durch Maschinen substituiert wird, müssen wir dann nicht viel größeren Wert darauf legen, unser Bildungsideal emotionaler zu gestalten?

Für unsere gemeinsame Reise reicht es aus, wenn wir nicht zu tief in die wissenschaftliche Bildungstheorie einsteigen. Stattdessen sollten wir gemeinsam ein Gefühl für Bildung entwickeln und daraus ableiten, welcher Bildungszustand im Sinne eines Bildungsideals erstrebenswert und welcher Bildungsvorgang notwendig ist, um dieses Ideal zu erreichen.

Der Vorgang ist insofern wichtig, als dass die Methodologie hohen Einfluss auf die Verankerung von Kompetenzen im Menschen hat. In Teil 5 diskutieren wir dazu einige Ansatzpunkte. Erweitern wollen wir die obige Definition nur um die Perspektive des Einzelnen und das Familienklima. Denn ohne den Wunsch, etwas wissen zu wollen, ist auch ein optimaler Bildungsvorgang nicht möglich. Der Wunsch zur Bildung ist quasi die Voraussetzung, um überhaupt Bildung zu ermöglichen.

Da der Bildungszustand von einer Gesellschaft immer durch Konsens festgelegt wird, ist Bildung qua definitionem auch dialogisch. Wir sollten uns darüber im Klaren sein, dass im Prozess des Dialogs Informationen verloren gehen oder missinterpretiert werden. Auch über die vergangenen zwei Jahrhunderte war dies immer wieder der Fall. Man spricht hierbei vom Sender-Empfänger-Problem und der Herausforderung, die Ergebnisse der Kommunikation immer wieder gegenseitig zu überprüfen. Claude E. Shannon und Warren Weaver haben das Sender-Empfänger-Modell in den 1940er Jahren entwickelt. Mit dem binären mathematischen Modell lässt sich verdeutlichen, dass bei der Kommunikation zweier Menschen das Gesagte nicht gleich dem Verstandenen ist und vice versa.

Wir sollten also Begrifflichkeiten und Vorgänge immer wieder hinterfragen und erneut definieren, um wirklich zu verstehen, was unser Bildungsideal beinhalten sollte. Letztendlich wird unser neuer Bildungsbegriff etwas nie enden Könnendes beschreiben. Denn Bildung kann per se nie fertig sein.

MEHR ALS SCHULE, MODERNER ALS HUMBOLDT

Bildung ist nicht einfach nur Schule und Universität. Es geht nicht nur darum, etwas zu wissen, sondern auch darum, etwas zu können. Bildung meint keinesfalls lediglich das Erlernen von möglichst breitem und tiefem Wissen. Dahinter steht viel mehr: Bildung ist vor allem das Ausprobieren, Erleben und Durchstehen von Situationen, die den eigenen Horizont erweitern. Der Gang in die Oper, das Studieren oder die Kunst gehören dazu, aber bilden nur einen Bruchteil ab. Denn Bildung ist die Lehre des realen Lebens und all jener Fähigkeiten und Fertigkeiten, die ein Mensch benötigt, um dieses Leben für sich selbst und für die Gemeinschaft erfolgreich zu bestreiten. Dazu gehört auch das ständige Erleben von immer neuen Stimuli. Allein die häufige Wiederholung von bereits Erlerntem – zum Beispiel das Backen eines Brotes – führt zwar zu einer Perfektionierung des Gesamtprozesses, aber nicht zu einem wachsenden Horizont oder einer stärkeren Persönlichkeit.

Bildung ist also etwas Ganzheitliches und Charakterbildendes. Zur Bildung zählen daher neben Schule, Universität und Bücher lesen auch Teamsport, Musik, Reisen, Streiten, Diskutieren, Schreiben, Nachdenken, Schmerz, Verluste, Gespräche, Kochen, Essen, Sinneswahrnehmungen und alles, was uns neuen Reizen aussetzt. Diese Liste ist nahezu unendlich verlängerbar und hochindividuell, da jeder Stimulus eine Bildungswirkung entfalten kann. Deshalb ist es wichtig, die Stimuli oder „Nudges”, wie unsere Marketingprofessorin sagen würde, so zu setzen, dass sie den Menschen im Sinne eines gesamtgesellschaftlichen Ideals entwickeln. Es erfordert Mut, die richtigen Standards zu setzen.

Schon Wilhelm von Humboldt erkannte diese Herausforderungen als große Chance für das Bildungsideal. Der preußische Gelehrte und Schriftsteller lebte von 1767 bis 1835 und hat als Bildungsreformer einen festen Platz in der deutschen Geschichte. Ihm haben wir die Neuorganisation des Bildungswesens im Sinne eines Neuhumanismus zu verdanken, die in wesentlichen Zügen noch heute gilt.

Humboldt befasste sich im 19. Jahrhundert mit der Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten in ubiquitären Themen und wusste um die Wichtigkeit der Ausbildung in Künsten und Wissenschaften. Seiner Meinung nach konnte nur diese Form der Allgemeinbildung zu erstarkten Persönlichkeiten und damit auch zu einem erstarkten Staatsbürgertum gelangen. Tatsächlich ist Humboldts Ideal bis heute eines der fortschrittlichsten, das wir kennen. Allerdings sollten wir uns eins klarmachen: Humboldt ist für uns ein Blick zurück in eine Zeit, die es so heute nicht mehr gibt. Damals galt er jedoch als Vordenker – modern, visionär und die im frühen 19. Jahrhundert gültigen Optionen der Gesellschaft fest im Blick.

WIE DIE LUFT ZUM ATMEN

Um ein zukunftsfähiges Bildungsideal normativ zu entwickeln, sollten wir – wie es damals auch Humboldt tat – in die Zukunft blicken. Dazu brauchen wir zunächst einen Grundkonsens über den Bildungshorizont. Nur dann, wenn wir ein klares gemeinsames und globales Ziel formulieren, kann es uns gelingen, sinnvolle Wege dorthin zu finden. Ein Schlüssel auf dem Weg dorthin sind unsere Ressourcen.

Wir nutzen die Ressourcen der Erde für unsere Zwecke: überlebenswichtige Ressourcen wie Wasser, Luft und Nahrung, energiegebende Ressourcen wie Holz, Öl oder Gas oder physische Ressourcen wie zum Beispiel Gesundheit oder Fitness. Es gibt viele weitere Ressourcenarten, bei denen es sich lohnen würde, sie aufzuzählen, die jedoch für das Grundverständnis zu weit führen würden. Ressourcen sind die Luft, die wir atmen, das Wasser, das wir trinken. Sie sind für unsere Zukunft unerlässlich. Aber auch in uns selbst haben wir Kompetenzen, Fertigkeiten und Wissen, die wir für unser Leben brauchen: Lebenskompetenzen, die uns überhaupt erst in die Lage versetzen, unser Leben zu gestalten. Vier dieser tiefgreifenden und grundlegenden Kompetenzen werden wir in diesem Buch intensiv beleuchten. Und weil diese Bildungsdimensionen so existenziell sind, so wie die Luft, die wir atmen, haben sie sich das Prädikat der Lebensressource verdient.

MIT SINNVOLLER VISION

Was sollte ein solches Bildungsideal denn leisten? Eigentlich ist es ganz einfach: Ein gesamtgesellschaftliches Bildungsideal sollte zunächst Chancengleichheit fokussieren. Dazu kommen sinnvollerweise alle Themen, die als Allgemeinbildung verstanden werden können. Allerdings müssten die neuen Strukturen und der neue Bildungskanon lebensnäher, freiheitlicher, charakterbildender und individueller werden. Dabei beschreibt der klassische Bildungskanon den unabdingbaren Wissensschatz einer Kultur, der jedem Einzelnen vermittelt werden sollte.

Unser heutiger Bildungskanon umfasst insbesondere Deutsch, Fremdsprachen, Mathematik, Biologie, Geographie, Chemie, Religion, Ethik, Physik, Geschichte, Musik, Künste und Gesellschaftslehre und den Politikunterricht. Unzweifelhaft ist Wissen in diesen Feldern für die Entwicklung einer Gesellschaft von Bedeutung, aber nicht zwangsläufig für den Charakter und die Entscheidungsfähigkeit der einzelnen Individuen. Im Gegenteil: Ein auf dieses Wissen beschränkter schulischer Bildungskanon führt zu einer verkrusteten Gesellschaft von Wissensidioten, deren Entscheidungsfähigkeit limitiert ist. Und das vermeintliche Ass im Ärmel, mehr zu wissen als andere, haben Google und Wikipedia schon längst ausgehebelt. Wir werden definitiv nie wieder mehr wissen können, als das globale und frei verfügbare Wissen im Netz.

Ein erstes Fazit fasst die Gedanken dieser Einführung zusammen: Wir brauchen ein zukunftsfähiges Bildungsideal, dass die Menschheit auf die anstehenden Herausforderungen vorbereitet. Bildung heute zielt darauf ab, uns möglichst auf ein späteres Erwerbsleben vorzubereiten, statt uns mit ganzheitlichen Lebensressourcen aufzuladen. Die brauchen wir aber, um die Herausforderungen der Zukunft zu meistern.

Wir brauchen Entscheidungsfähigkeit, um die richtigen Entscheidungen für uns selbst und andere zu treffen.

Wir brauchen Persönlichkeitsentwicklung, um uns möglichst breit aufzustellen und durch Vielfalt (nicht durch Standards) stärker zu werden.

Und wir brauchen das Bewusstsein der Selbstwirksamkeit, um uns all das, was noch kommt, zuzutrauen und zielgerichtet zu handeln.

Dabei geht es um Herausforderungen wie die Konkurrenz von Menschen und Maschine, um Arbeitsplätze, die Optimierung von pflanzlichen und menschlichen Genomen oder die vielen anderen konkreten Auswirkungen des Anthropozäns, dem Zeitalter des Menschen. Was wir dazu benötigen, ist ein möglichst unvoreingenommener Blick, um uns auf das Wesentliche zu konzentrieren und für das Bildungsideal ein agiles Ziel-Set aus Wissen, Fertigkeiten, Emotionen und Haltungen zu formulieren. Gemeinsam sollten wir hinterfragen, warum Bildung heutzutage so organisiert ist, wie sie ist. Warum manche Ziele als sinnvoll erachtet werden und andere nicht. Und warum uns Umdenken offenbar so schwerfällt.

Letztendlich geht es um die Sinnfrage hinter den jeweiligen Zielsetzungen für die menschlichen Bildung, das Warum – und das nicht nur aus dem ressourcengetriebenen und nutzenoptimierten Modell des Homo oeconomicus heraus, sondern auch durch die Brille der Gesamtgesellschaft betrachtet. Erst als Homo responsius sind wir nämlich in der Lage, das Überleben der menschlichen Existenz zu sichern. Wir müssen alles hinterfragen, um zukunftsfähig zu werden und die richtigen Weichenstellungen vorzunehmen.

DIE GRENZEN IM BLICK

Ein berühmtes Beispiel wird uns dabei immer wieder durch das Buch begleiten – die Geschichte von Daedalus und Ikarus im alten Griechenland. Zur Erinnerung: Daedalus ist in der griechischen Mythologie ein genialer Erfinder, Forscher, Techniker, Baumeister, Künstler und Denker. Seine Talente waren offenbar in der Familie breiter gestreut als ihm lieb war, denn auch ein Neffe aus Athen besaß besondere Fähigkeiten, was Daedalus neidisch machte. Er tötete den Neffen daher bei einem gemeinsamen Besuch der Akropolis und wurde dafür selbst zum Tode durch einen Sprung von der Klippe verurteilt. Glücklicherweise hatte Athene als Göttin der Weisheit ein Einsehen und verhalf ihm zur Flucht nach Kreta, wo er in den Dienst des sagenumworbenen König Minos eintrat. Das war jener, der dann von Daedalus prompt das berühmte Labyrinth für den Minotaurus bauen ließ. Diese bösartige Kreatur halb Mensch und halb Stier sorgte dort für Angst und Schrecken.

Möglicherweise wäre Daedalus nach seiner Flucht auf die Insel Kreta in Vergessenheit geraten oder nur noch als Baumeister im kollektiven Gedächtnis verankert, hätte er nicht der weinenden Tochter des Minos, Ariadne, einen entscheidenden Tipp gegeben, um ihren heimlichen Geliebten Theseus aus dem Labyrinth zu führen: den Ariadnefaden. Erbost über den Verrat verbot Minos seinem Gast und dessen Sohn Ikarus, Kreta zu verlassen. Sie saßen also fest.

Das ließ Daedalus sich allerdings nicht gefallen, sondern begann damit, einen Fluchtplan zu entwickeln: Er sammelte am Strand Federn, befestigte sie mit Wachs an einem Gestänge und baute zwei Paar Flügel nach, wie er sie durch das Beobachten von Vögeln in Aussehen und Funktion begriffen hatte. So wollte er gemeinsam mit Ikarus gen Sizilien entfliegen. Ikarus wurde dazu dezidiert instruiert, was, wie sich später herausstellen sollte, buchstäblich ins Leere führte. Dabei ging der Plan zunächst auf: Beide flogen wie Vögel über das Meer und ließen Kreta mit dem Tyrannen hinter sich. Doch dann zeigte sich, dass der Nachwuchs keineswegs den Weitblick des Vaters teilte. Im Gegenteil: Übermütig und nach der Devise schneller, weiter, höher flog er zu nah an die Sonne, das Wachs zwischen den Federn schmolz und der ungehorsame und sehr kurzsichtig denkende und handelnde Knabe stürzte ab.

Soweit die Legende, die im klassischen Bildungskanon wahrscheinlich alle westlich sozialisierten Menschen irgendwann gehört haben. Gelernt haben wir daraus allerdings bis heute nichts. Durch unser Wachstumsdenken und dem stetigen Streben nach mehr haben wir nämlich schon erste Federn verloren. Noch fliegen wir, aber wie lange noch? Dabei wissen wir eigentlich sehr wohl, dass zu viel Höhe in die Nähe der Sonne führt und das Wachs schmelzen lässt. Gegensteuern könnten wir mit kognitiven oder physischen Fertigkeiten, indem wir auf Sinkflug schalten oder entscheidungsfreudig und sicher anders reagieren. Indem wir ein Gefühl für die Stabilität des Wachses entwickeln und es auch zulassen. Oder unsere Situation mit klarer eigener Haltung durch Perspektivwechsel analysieren.

Das alles hatte Daedalus in sich vereint: Wissen, Fertigkeiten, ein gewisses Gefühl für die Dinge und Haltung. Ikarus war offensichtlich nicht so gut aufgestellt. In der Legende heißt es, sein Vater habe ihn vorab gründlich ermahnt und belehrt – für Heranwachsende sicherlich nicht besonders zielführend. Kein Wunder also, dass die wichtigen Informationen nicht gehört, geschweige denn angenommen wurden. Und Pech für ihn, dass sich Daedalus offenbar keine Gedanken über den Unterschied von Bildung, Wissen, Fertigkeiten, Fähigkeiten, der individuellen Haltung und Emotionen gemacht hat. Möglicherweise hätte er seinen Sohn dann anders vorbereitet und dessen Leben gerettet.

Zugegeben, ein drastisches Beispiel. Aber es wird uns auf der Suche nach einem neuen Bildungsideal in den folgenden Kapiteln immer wieder exemplarisch vor Augen führen, was uns fehlt – und welche Folgen es für uns hätte, wenn wir diese Lücke in Zukunft füllen. Dabei konzentrieren wir uns auf praktische Lebensressourcen und rütteln auch an gesetzten Themen, die der Gesellschaft und politischen Entscheidungsträgern bislang alternativlos scheinen.

Es wird darum gehen, ob Technologie, Roboter und Algorithmen irgendwann Menschen aus der Erwerbstätigkeit und Selbstverantwortung drängen, weil wir heute nicht die richtigen Stellschrauben justiert haben. Wir müssen darüber reden, welche Rollen Empathie und Charakter in unserem neuen Bildungsideal spielen können und sollen.

---ENDE DER LESEPROBE---