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Spätestens seit dem Erscheinen des Buches von Peter Wohlleben ist das Thema "Bäume" aktueller denn je. Bäume und Sträucher waren unseren Ahnen heilige Wesen, denn Baum und Busch verfügen über mannigfaltige Heil- und Zauberkräfte. Man brachte ihnen große Ehrfurcht entgegen, verehrte sie und legte Gaben für sie nieder. Seit uralten Zeiten gehen Menschen zu Bäumen, um dort Heil und Trost zu finden. Jeder Baum und jeder Strauch ist einzigartig in seiner Persönlichkeit. Bäume heilen und trösten uns, hören uns zu, sind Quellen der Kraft für uns. Bäume haben die Macht, Krankheiten von uns aufzunehmen; aber auch ihre Blätter, Rinde, Früchte, Blüten und Wurzeln stecken voller Heilkräfte. Sie gehören zur großen Apotheke von Mutter Natur.
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Seitenzahl: 79
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Das Umschlagfoto und alle anderen Fotos in diesem Buch wurden, soweit nicht anders gekennzeichnet, von Catrin von Nahodyl aufgenommen.
Einleitung
Die Esche
Der Schwarze Holunder
Die Birke
Die Eiche
Die Hasel
Die Linde
Der Wacholder
Die Buche
Die Eberesche
Der Apfelbaum
Der Kirschbaum
Die Weide
Der Weißdorn
Der Schwarzdorn
Die Ulme
Die Wilde Rose
Der Ahorn
Die Eibe
Die Schwarzerle
Die Fichte
Die Weißtanne
Die Pappel
Der Stechdorn
Die Kiefer
Die Lärche
Die Espe
Der Walnußbaum
Bäume und Sträucher waren für unsere noch naturreligiösen Ahnen heilige Wesen und mit großen Heil- und Zauberkräften ausgestattet. Man brachte diesen Wesen viel Respekt entgegen, verehrte sie, legte für sie Gaben nieder und hütete sich davor, ungefragt etwas von ihnen zu nehmen. Es gab besonders heilige Bäume, wie beispielsweise alte Eichen oder Linden, die zu regelrechten Kultstätten wurden, unter denen man Götterbilder errichtete und von denen kein Ast gebrochen werden durfte. Auch später in christlicher Zeit lebte die Baumverehrung mancherorts noch weiter; wir kennen die vielen Marien-Linden und - Eichen, unter denen oft ein Bildnis der Gottesmutter zu finden ist. Leider machten sich aber auch einige fanatische Gottesmänner daran, viele der heiligen Bäume unserer Ahnen zu fällen, weil sie darin den Teufel vermuteten. Ein großer Teil der alten Kult-Eichen fiel so dem Glaubenswahn zum Opfer.
Bäume haben die Kraft, bestimmte Krankheiten von uns Menschen aufzunehmen, wenn man sie zum richtigen Zeitpunkt und mit der richtigen Formel anspricht. Seit uralten Zeiten gehen Menschen zu Bäumen, um dort Heil und Trost zu finden. Jeder Baum und jeder Strauch ist einzigartig in seiner Persönlichkeit. Bäume heilen, trösten, hören uns zu, sind Quellen der Kraft für uns. Aber der alte Glaube sagt auch, daß Bäume und Sträucher sich rächen können, wenn ihnen Leid zugefügt wird. Unsere noch heidnischen Ahnen behandelten sie daher mit großer Ehrfurcht.
Bäume und Sträucher besitzen durch die Inhaltsstoffe ihrer Rinde, Blüten, Blätter, Früchte oder Wurzeln besondere Heileigenschaften, welche schon unsere Vorfahren kannten und die sich auch heute noch die moderne Medizin zunutze macht.
Bäume und Sträucher, vor allem die in der Nähe des Hauses, hatten schon immer einen starken Bezug zu den menschlichen Bewohnern. So gab es Ahnenbäume, in denen man den Sitz des Ahnherren der Familie sah. Man glaubte auch, daß die verstorbenen Vorfahren in diesen Baum hineingehen würden. Ein alter Glaube besagt, daß beim Verdorren eines hausnahen Baumes auch ein Hausbewohner sterben müsse und sah dies als schlechtes Omen. Ein Baum kann aber nicht nur von Totengeistern bevölkert sein, sondern auch von Naturwesen wie Nymphen, Dryaden, Elben, Zwergen oder sonstigen mythischen Wesen. Der Geist des Baumes selbst hält sich in seiner Nähe auf, kann aber auch umherschweifen.
Man spricht oft von „Stammbäumen“ oder von „Lebensbäumen“. Hellsichtige können eines jeden Menschen Lebensbaum sehen, ob der Baum grün ist oder verdorren wird. In vielen Kulturen wird der Mythos erzählt, die ersten Menschen wären einst aus Bäumen entstanden oder daß Bäume verwandelte Menschen seien. So ist das Schicksal von Menschen und Bäumen fest miteinander verwoben.
Alle hier angegebenen Rezepte entstammen der Volksüberlieferung; daher übernehme ich für ihre Wirksamkeit keine Gewähr. Bitte bei ernsten und unklaren Krankheiten immer den Arzt befragen.
Die Esche (Fraxinus excelsior) gilt als der heilige Weltbaum der Germanen. In der altnordischen Mythensammlung der Edda trägt der Weltbaum den Namen „Yggdrasil“, was „Träger des Yggr“ bedeutet. Yggr ist ein Beiname des obersten germanischen Gottes Odinn/Wodan. Die Esche erreicht von allen Bäumen in Mittel-und Nordeuropa die größte Höhe; damit kommt sie dem Himmel, dem Reiche der Götter, am nächsten und wird somit zum heiligen Weltbaum. Vom Gott Odinn heißt es, daß er neun Nächte lang ohne Speise und Trank am Weltbaum hing und so das Geheimnis der Runen, der germanischen Schrift- und Zauberzeichen, erfuhr. Hier haben wir ein Beispiel einer schamanischen Einweihung unserer heidnischen Ahnen vor uns. Das lange Fasten und Hängen führt zu einem todesähnlichen Zustand, welcher Visionen herbeiführt. Noch heute gibt es bei vielen schamanischen Völkern ähnliche Einweihungs- und Visions-Riten. Ein anderer mythischer Name des Weltbaums lautet „Mimameid“, d. h. „Baum des Mimir“. Mimir war laut der altnordischen Überlieferung ein weiser Mann, welcher geköpft wurde, dessen konserviertes Haupt jedoch weiterhin Weisheiten aussprach. Sogar in einem alten deutschen Kinderliede wird der Name Mimameid erwähnt:
>Mimameide steht auf der Heide,hat ein grün Röcklein an,sitzen drei Frauen dran.Die eine schaut nach vorne,die andere in den Wind,
das Weibsbild an dem Borne
hat viele, viele Kind.<
Besuch einer alten Esche.
Darstellung der Weltesche Yggdrasil in einer alten isländischen Handschrift.
Bei diesen drei Frauen handelt es sich um die drei Schicksalsschwestern, die Nornen, welche im Altnordischen Urd, Verdandi und Skuld genannt werden und die in einem Gebäude unter den Wurzeln der Weltesche wohnen. Dazu lesen wir im altnordischen Mythos Gylfaginning.
>Da fragte Gangleri: Wo ist der Götter vornehmster und heiligster Aufenthalt? Har antwortete: Das ist bei der Esche Yggdrasil: da sollen die Götter täglich Gericht halten. Da fragte Gangleri: Was ist von diesem Ort zu berichten? Da antwortete Jafnhar: Diese Esche ist der größte und beste von allen Bäumen: Seine Zweige breiten sich über die ganze Welt und reichen hinauf über den Himmel. Drei Wurzeln halten den Baum aufrecht, die sich weit ausdehnen: die eine zu den Asen, die andere zu den Hrimthursen, wo vormals Ginnungagap war; die dritte steht über Niflheim, und unter dieser Wurzel ist Hwergelmir, und Nidhögg nagt von unten an ihr. Bei der anderen Wurzel hingegen, welche sich zu den Hrimthursen erstreckt, ist Mimirs Brunnen, worin Weisheit und Verstand verborgen sind. Der Eigner des Brunnens heißt Mimir und ist voller Weisheit, weil er täglich von dem Brunnen aus dem Gjallarhorn trinkt ... Unter der dritten Wurzel der Esche, die zum Himmel geht, ist ein Brunnen, der sehr heilig ist, Urds Brunnen genannt: da haben die Götter ihre Gerichtsstätte ...So steht ein schönes Gebäude unter der Esche bei dem Brunnen: aus dem kommen die drei Mädchen, die Urd, Skuld und Verdandi heißen. Diese Mädchen, welche aller Menschen Lebenszeit bestimmen, nennen wir Nornen ... Ein Adler sitzt in den Zweigen der Esche, der viele Dinge weiß; und zwischen seinen Augen sitzt ein Habicht, Wedfölnir genannt. Ein Eichhörnchen, das Ratatösk heißt, springt auf und nieder an der Esche und trägt Zankworte hin und her zwischen dem Adler und Nidhögg. Und vier Hirsche laufen umher an den Zweigen der Esche und beißen die Knospen ab ... Auch wird erzählt, daß die Nornen, welche an Urds Brunnen wohnen, täglich Wasser aus dem Brunnen nehmen und es zugleich mit dem Dünger, der um den Brunnen liegt, auf die Esche sprengen, damit ihre Zweige nicht dorren oder faulen.<
Im altnordischen Schöpfungslied Völuspá heißt es über die Welten-Esche:
>Eine Esche weiß ich stehen, heißt Yggdrasil,den hohen Baum netzt weißes Naß.Davon kommt der Tau, der in die Täler fällt.Immergrün steht er über Urds Brunnen.<
Nach dem Glauben der alten germanischen Heiden wurde der erste Mensch („Askr“) aus Eschenholz geschaffen. In Schweden und Dänemark kennt man die „Askafroa“, die Eschenfrau, welche man verehrt, indem man vor Sonnenaufgang die Wurzeln des Baumes mit Wasser begießt.
Es heißt, daß Schlangen die Esche verabscheuen würden, darum soll der Saft der Esche gegen Schlangenbisse helfen. Eine Schlange soll an einem Orte festgebannt werden, wenn man mit einem Eschenstab einen Kreis um sie zieht. Um vor den Bissen giftiger Tiere geschützt zu sein, trägt man abgehobelte Späne von Eschenholz auf dem Herzen bei sich.
Aus der Esche wird ein wundersames Wundholz folgendermaßen angefertigt: Zur Sommersonnenwende vor Sonnenaufgang schneidet man stillschweigend Zweige ab, die sich nach Osten wenden. Die Zweige müssen mit drei Schnitten abgehauen werden, ohne sie vorher zu berühren. Alle Wunden sollen sich durch bloße Berührung mit diesem Holze heilen lassen. Auch das verletzende Werkzeug wird mit dem Holze bestrichen. Selbst gegen Zahnschmerzen soll dieses Wundholz helfen. Nach anderer Überlieferung muß das Wundholz von der Esche an einem Karfreitag vor Sonnenaufgang geschnitten werden. Gegen die Gicht geht man am Karfreitag stillschweigend in der Mittagsstunde zu einer Esche und haut mit einem einzigen Schnitt neun kleine Zweige ab und trägt diese in einem Leinentuch bei sich. Oder der Gichtkranke läßt seinen gesamten Körper mit gekochten Eschenblättern umwickeln.
Das Holz der Esche wird auch Schwindholz genannt, weil man damit Gliederschwund heilen kann. Dazu schneidet man drei Tage nach Neumond nackt einen Zweig ab, ohne ihn mit der bloßen Hand zu berühren. Der Zweig darf dabei nicht auf die Erde kommen. Oder man verbohrt ein mit dem Blut des schwindenden Gliedes getränktes Stück Leinen in eine Esche. Gegen Gliederreißen bestreicht man seinen Körper mit einem Eschenzweig, den man vor Sonnenaufgang von sich abgewendet geschnitten hat.
Die Esche. Aus „Flora von Deutschland, Österreich ...“ von Thomé, 1885.
Bei Schwindsucht soll man das Sägemehl der Esche in Branntwein trinken. Bei Fieber oder Zahnschmerzen werden Fuß- und Fingernägel des Kranken unter einer Esche vergraben. Das Holz wird bei Koliken auf den Leib gebunden. Bruchkranke Kinder zieht man durch das natürliche Loch oder den Spalt einer jungen Esche. Gegen eine verlorene Stimme soll man sich ein Stück Eschenrinde unter die Zunge legen.
Die alten Angelsachsen kannten ein Runenzeichen, welches sie „Aesc“ nannten und das eine Esche darstellt. Im angelsächsischen Runenlied wird darüber gesagt:
>Aesc ist überhoch, Menschen teuer,stark an Stütze, steht recht im Holz,es fechten sie an viele Menschen.<