Die Mauerpark-Affäre - Heimo Lattner - E-Book

Die Mauerpark-Affäre E-Book

Heimo Lattner

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Beschreibung

Unmittelbar nach dem Fall der Berliner Mauer beginnen Bürger*innen eigenmächtig mit der Begrünung eines Teils des ehemaligen Grenzstreifens zwischen den Bezirken Prenzlauer Berg im Osten und Wedding im Westen. Damit schaffen sie die Grundlage für einen Park, um dessen Fertigstellung die folgenden 25 Jahre gerungen wird – eine Zeit, in der sich bürgerschaftliches Engagement in Partizipationsverfahren erschöpft und gesellschaftliche wie räumliche Polarisierungen zunehmen. Was die detaillierte Rekonstruktion der Geschichte des Mauerparks veranschaulicht, findet über den lokalen Kontext hinaus seine Entsprechung an vielen Orten Berlins wie auch in anderen Städten: Es geht um die Grenzen der repräsentativen Demokratie.

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Berliner Hefte zu Geschichte und Gegenwart der Stadt #1

Die Mauerpark-Affäre

Heimo Lattner, Judith Laub

Unmittelbar nach dem Fall der Berliner Mauer beginnen Bürger*innen eigenmächtig mit der Begrünung eines Teils des ehemaligen Grenzstreifens zwischen den Bezirken Prenzlauer Berg im Osten und Wedding im Westen. Damit schaffen sie die Grundlage für einen Park, um dessen Fertigstellung die folgenden 25 Jahre gerungen wird – eine Zeit, in der sich bürgerschaftliches Engagement in Partizipationsverfahren erschöpft und gesellschaftliche wie räumliche Polarisierungen zunehmen. Was die detaillierte Rekonstruktion der Geschichte des Mauerparks veranschaulicht, findet über den lokalen Kontext hinaus seine Entsprechung an vielen Orten Berlins wie auch in anderen Städten: Es geht um die Grenzen der repräsentativen Demokratie.

Inhalt

Einleitung

Chronologie

Protokoll der 70. Plenarsitzung des Abgeordnetenhauses Berlin, 17. Wahlperiode, Donnerstag, 8. Oktober 2015

Bürgerinitiativen

Glossar

Karten

Nachweise

Impressum

Bilderübersicht

Grenzstreifen nach der Maueröffnung, 1989

Baumpflanzung nach einer Fahrraddemonstration, 1990

Fest zum Weltkindertag, 1990

Pflanzaktion, ca. 1990

Falkplatz und erster Bauabschnitt (Sonnenuhr nur noch in Fragmenten erhalten), 1994

Besetzung Moritzhofgelände, 1995

Geheime Landnahme, 2006

Gleimtunnel, 1992

Gang durch den Mauerpark, 2016

Der Mauerpark an einem Sonntag, 2016

Einleitung

Der Mauerpark überrascht. Mit landläufigen Vorstellungen von einer Parkanlage hat er wenig gemein: Eine schnurgerade, kopfsteingepflasterte Straße durchzieht den Park in seiner gesamten Länge. Steinerne Quader, auf halber Strecke zu einem Amphitheater gestapelt, säumen diese Schneise, welche die südlich und nördlich gelegenen Stadtquartiere miteinander verbindet. Östlich von ihr erhebt sich ein spärlich bepflanzter Hang, auf dessen Anhöhe ein Rest der Berliner Mauer den Park begrenzt, dahinter ragen die Flutlichter des benachbarten Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks in den Himmel. Nach Westen hin erstreckt sich eine plane Freifläche, abgegrenzt durch einen einfachen Gitterzaun von einer Brache mit vereinzelten, zum Teil gewerblich genutzten, zum Teil verlassenen Baracken, verrosteten Eisenbahnschienen und Strommasten – Zeugnisse der einstigen Nutzung als Güterbahnhof. Daneben, auf einem Teilabschnitt, in seiner Erscheinung noch spartanischer als das restliche Gelände anmutend, bewirtschaften Stadtgärtner*innen Hochbeete. Durch ein Birkenwäldchen führt ein Fußweg über die Decke des denkmalgeschützten Gleimtunnels in das nördliche Areal der Anlage. Dort befinden sich ein Kinder- und Jugendbauernhof, ein kleiner Spielplatz und zur Gleisanlage der Nordbahn hin eine künstliche Kletterwand.

Was in seiner Beschreibung nur wenig einladend wirkt, steht emblematisch für ein unbeschwertes Lebensgefühl in Berlin: Der Mauerpark genießt Kultstatus, weit über die Grenzen der Stadt hinaus. Ein Terrain im Dialog mit den noch lesbaren Spuren der Vergangenheit. Ein von der Geschichte gezeichnetes Gelände, in das man eintreten kann, das Raum für individuelle Aneignung und eigenwillige Nutzung bietet. An warmen Wochenenden bevölkern Zehntausende den Mauerpark.

Fast 30 Jahre lang teilte hier eine aufgerüstete Staatsgrenze Berlin in zwei Städte. Bis zum Fall der Mauer 1989/90. Alsbald begannen die Bürger*innen eigenmächtig mit der Begrünung des ehemaligen Mauerstreifens. „Diese öffentliche Aneignung des Niemandslandes erschien als der beste Weg, die Teilung der Stadt zu überwinden, d.h. sie zu erinnern und zugleich durch praktischen Gebrauch zu feiern, sie überwunden zu haben. Die demokratische Idee des Mauerparks beruht auf einem Ausgleich zwischen einer radikalen Individualität und einem dafür neu zu konstituierenden öffentlichen [Raum].“1

Am 25. Oktober 1990 beschloss das Berliner Abgeordnetenhaus, sich für die Ausrichtung der Olympischen Spiele 2000 zu bewerben, und stimmte im Rahmen der Beschlussfassung der Errichtung einer Grünfläche auf dem gesamten Gebiet des ehemaligen Güterbahnhofs Eberswalder Straße entlang der westlichen Wohnbebauung zu. Mit der Olympia-Bewerbung Berlins sollte eine ökologische Aufwertung bisher vernachlässigter Stadtteile im Osten der Stadt beschleunigt werden. Im dafür eingerichteten Wettbewerbsgebiet Jahn-Sportpark/Mauerpark galt es, diese Ziele beispielhaft umzusetzen. Aus dem ehemaligen Grenzstreifen sollte gemäß der Wettbewerbsausschreibung ein zusammenhängender Stadt-park entstehen. Dabei wurde neben seiner Funktion als Erholungsfläche in einem hochverdichteten innerstädtischen Bereich vor allem seine Funktion als „grüne Brücke“2 zwischen den „sich fremd gegenüberliegenden Stadtteilen in Ost und West“3 betont. Da sich lediglich ein ca. 7ha großer Teilbereich des angestrebten Grünstreifens in öffentlicher Hand befand, wurde zunächst von einer stufenweisen Fertigstellung ausgegangen. Einen erheblichen Teil der nötigen finanziellen Mittel stellte eine Stiftung bereit. Diese knüpfte ihre Zuwendung an die Fertigstellung des Mauerparks auf einer Mindestfläche von 10ha. Sollte dies nicht gelingen, müsste die Stadt die komplette Fördersumme zurückerstatten. Das gesamte Areal des ehemaligen Güterbahnhofs zwischen Bernauer Straße und Nordkreuz wurde 1994 auf Beschluss des Abgeordnetenhauses als Grünfläche im Flächennutzungsplan ausgewiesen.

Der Wunsch nach einer Frischluftschneise, die von Norden her die Stadt durchziehen sollte, umfasste zunächst das gesamte Gebiet an der Bahntrasse des Nordkreuzes entlang der Grenzbrache und weiter, dem Verlauf der Bernauer Straße folgend, bis hin zum Nordbahnhof. Das unter Bundeskanzler Helmut Kohl verabschiedete Mauergrundstücksgesetz von 1996 durchkreuzte dieses Vorhaben. Es sah den Rückkauf von Grundstücken in den ehemaligen Grenzgebieten durch anspruchsberechtigte, jedoch zumeist kaum vermögende Ost-Eigentümer*innen zu 25% des Flächenwerts vor. Diese Maßnahme bewirkte, dass ein Großteil der Liegenschaften entlang der Bernauer Straße unmittelbar an Bauinvestoren weiterveräußert wurde. Somit war die Anlage des Mauerparks auf das Gebiet zwischen Bernauer Straße und der Nordbahntrasse beschränkt.

Nachdem die politische Chance verpasst worden war, die fehlenden Flächen für die Parkerweiterung vom Eigentümer, der Deutschen Bahn AG, respektive der Bahn-Tochtergesellschaft Vivico Real Estate GmbH, frühzeitig zu erwerben, wurde ein Ausweg aus der vertraglich prekären Situation in Form eines Tauschhandels gesucht: planungsrechtliche Ausweisung von Teilflächen als Bauland für Wohnungen gegen kostenfreie Überlassung der benötigten Flächen für die Parkerweiterung. Was den einen als glückliche Fügung erschien, stellte sich den anderen als handfester Affront gegen Bürgerinteressen dar. Schon längst war der Streit um den Mauerpark zu einem Politikum geworden, in dem sich – den wechselnden Koalitionen in den Bezirksparlamenten und im Berliner Abgeordnetenhaus entsprechend – die Mehrheitsverhältnisse zwischen 100 % Park- und kompromissbereiten Bebauungsbefürworter*innen kontinuierlich verschoben. Zuletzt spaltete er auch die Lager der Bürgerinitiativen selbst. Bangten die einen um die Fertigstellung des Parks auf den vertraglich vereinbarten 10 ha, argumentierten die anderen nicht zuletzt mit den absehbaren Konsequenzen wie Aufwertung und Verdrängung aus den angrenzenden Wohngebieten infolge des geplanten Neubauquartiers mit 700 Wohneinheiten.

Bereits unmittelbar nach der Wende hatten sich Bürger*innen unter dem Motto Wir bleiben alle versammelt. Die meisten Häuser in den umliegenden, ehemals Ostberliner Vierteln waren nach erfolgter Restitution teuer weiterverkauft worden, der Verwertungsdruck auf dem Immobilienmarkt wuchs enorm. Die staatlichen Förderprogramme für Stadtentwicklung wiesen in den östlichen Bezirken eine deutlich schlechtere Ausstattung auf als in den westlichen. Mitte der 1990er Jahre tendierten diese schließlich gegen Null. Soziale Auflagen wie Mietpreis- und Belegungsbindung fielen weitgehend weg, die Türen für Rendite- und Spekulationsinteressen öffneten sich somit weit. In der Folge wurden rund 80 % der ansässigen Bevölkerung aus den Bezirken Prenzlauer Berg und Mitte verdrängt.

Was als lokaler Konflikt begann, sah sich zuletzt im Schulterschluss mit stadtweiten Initiativen, die ihr Recht auf Direkte Demokratie, Mitgestaltung und Mitbestimmung in Fragen der Stadtentwicklung in den letzten Jahren bereits mehrfach erfolgreich geltend gemacht hatten.

Gegen den Bebauungsplan des Investors, der das Gebiet nördlich des Gleimtunnels zwischenzeitlich erworben hatte, gingen über 39.000 schriftliche Einwendungen ein. Abgesehen davon, ist das Areal nach wie vor im Berliner Flächennutzungsplan als Grünfläche ausgewiesen. Zugleich wurde ein Antrag auf Abhaltung des Bürgerbegehrens 100%Bürgerrechte – 100%Mauerpark eingebracht. Um dem absehbaren Erfolg dieses Bürgerbegehrens entgegenzuwirken, entzog der Berliner Senat 2015 dem bis dahin zuständigen Bezirk Mitte das Verfahren, indem er das zu bebauende Areal mit dem Prädikat von außergewöhnlicher stadtpolitischer Bedeutung versah und damit die Wirksamkeit eines Bürgerbegehrens, welches auf bezirkliche Belange beschränkt ist, außer Kraft setzte.

Zudem war Eile geboten: Einer Verzögerung des Bauvorhabens bzw. dessen möglichen Scheiterns wurde vertraglich mit Entschädigungsansprüchen in Millionenhöhe zulasten der Stadt entgegengewirkt. Weit über ein Dutzend Bebauungspläne waren bisher von annähernd ebenso vielen Bürgerinitiativen gestoppt worden. Am 8. Oktober 2015 wurde im Plenum des Berliner Abgeordnetenhauses dem Bauvorhaben schließlich stattgegeben, und die Bagger begannen mit den Räumungsarbeiten für das neue Stadtquartier.

Die Geschichte der Schaffung des Mauerparks nimmt ihren Beginn vor genau 25 Jahren, zu einer Zeit, in der der Druck auf den Wohnungs- und Immobilienmarkt in Berlin noch vergleichsweise verhalten war und sich mit ökologischen Anliegen politische Grundsatzmanifeste schreiben ließen. Heute haben unternehmerische Stadtpolitiken und die neoliberale Umordnung öffentlicher Belange auch Berlin fest im Griff.

Die vorliegende Publikation dokumentiert anhand einer Chronologie, parlamentarischer Unterlagen, Plänen und eines Glossars detailliert die Geschichte des Mauerparks und die damit verbundenen, überaus komplizierten politischen- und verwaltungsrechtlichen Zusammenhänge. Sie macht deutlich, wie unter einer neoliberalen Prämisse der öffentlichprivaten Partnerschaft parlamentarische Gremien und Behörden systematisch ausgehöhlt werden. Wie sich bürgerschaftliches Engagement in langwierigen Moderationsverfahren und Partizipationsprozessen erschöpft und zeitgleich gesellschaftliche und räumliche Polarisierungen zunehmen. Der Konflikt um den Mauerpark führt geradewegs an die Grenzen der repräsentativen Demokratie.

Chronologie

Am 31.7.1988 wird ein Gebietsaustausch zwischen der BRD und der DDR vollzogen: Im Ausgleich für 14 Flächen von insgesamt 96,7 ha erhält die DDR neben den Westberliner Exklaven (von fremdem Staatsgebiet eingeschlossene Teile eines Staatsgebiets) Laszinswiesen, Falkenhagener Wiese und Wüste Mark auch einen 50 m breiten Streifen auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs Eberswalder Straße im ↑ Wedding. Die sich an dieser Stelle auf einer Länge von ca. 1 km erstreckende Sektorengrenze rückt damit 50 m weiter nach Westen. 9.11.1989 Fall der Berliner Mauer: Öffnung der innerstädtischen Grenze.

15.3.1990 Auf Empfehlung des Runden Tisches beschließt die Stadtbezirksverordnetenversammlung ↑ Prenzlauer Berg die Errichtung einer Grünfläche auf dem ehemaligen Grenzstreifen zwischen Eberswalder Straße und Gleimstraße. Bereits in den Monaten unmittelbar nach dem Mauerfall haben Bürger*innen begonnen, das ehemalige Grenzgebiet als öffentliche Freifläche zu nutzen. Am 1.4.1990 findet auf Initiative der Grünen Liga Berlin e.V. und der Grünen Partei eine Fahrraddemonstration statt. Sie führt vom Alexanderplatz zum Falkplatz, der zwischen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark und Gleimviertel liegt, und setzt sich für eine Begrünung des östlichen Teils des ehemaligen Mauerstreifens ein. Im Juli 1990 legt das Planungsbüro für Garten-, Landschafts- und Freiraumgestaltung des VEB Grünanlagen Pläne für die Gestaltung eines Mauerparks mit Kinderbauernhof in der Nähe des Falkplatzes vor. Vom 31.5.–16.6.1991 organisiert die Initiativgruppe für einen Kinderbauernhof im Mauerpark mit Unterstützung vom Netzwerk Spiel/Kultur Prenzlauer Berg e.V. und der Grünen Liga eine Mahnwache am Falkplatz. Grund hierfür ist der geplante Ausbau der Schwedter Straße zur Entlastungsstraße für die Schönhauser Allee sowie die Planungen im Zusammenhang mit der Olympiabewerbung Berlins – beide stellen eine massive Bedrohung für die Projekte Mauerpark und Kinderbauernhof dar. Der Senat verbindet daraufhin die Planung und Realisierung eines Mauerparks mit der Bewerbung zur Ausrichtung der Olympischen Spiele 2000. November–Dezember 1991 Ausarbeitung der Auslobungsunterlagen für einen Realisierungswettbewerb zur Gestaltung des Mauerparks mit großer ↑ Bürgerbeteiligung.

Im Zuge dieses Realisierungswettbewerbs sollen „im Rahmen eines schlüssigen Gesamtkonzeptes Vorschläge für die gestalterische und funktionale Weiterentwicklung und Aufwertung des Wettbewerbsgebietes in städtebaulicher, landschaftsplanerischer und ökologischer Hinsicht erarbeitet werden.“1 Der zu schaffende Mauerpark auf Teilflächen des ehemaligen Güterbahnhofs Eberswalder Straße ist als eine „zusammenhängende öffentliche Grünfläche von mindestens 10ha“ gedacht, die „als Teil eines nach Norden zu verlängernden Grünzugs zugleich über den engeren Wohnbereich hinausgehende Erholungsaufgaben sowie stadtklimatische und andere ökologische Funktionen“2 erfüllen soll. Da Teile der für die Parkgestaltung projektierten, im Bezirk Wedding gelegenen Bahnflächen gewerblich genutzt und erst mittel- bis langfristig verfügbar werden, wird von einer stufenweisen Realisierung des Vorhabens in maximal drei Bauabschnitten bis zum Jahr 2000 ausgegangen. „Gestaltungsrichtlinien werden nicht vorgegeben. Die Wünsche der Anwohner und der Bürgerinitiativen gehen jedoch in Richtung einer freien, landschaftlichen Prägung des Parkraums.“3

Die jahrzehntelange Trennung der beiden Stadtgebiete Wedding und Prenzlauer Berg hat deutliche Spuren hinterlassen: „Das westliche Gebiet wurde im Zuge flächenhafter Sanierungsmaßnahmen fast völlig neu bebaut. […] Auf östlicher Seite blieb die gründerzeitliche, im Krieg kaum zerstörte Bebauung erhalten, ihre urbanen und gestalterischen Qualitäten sind aufgrund immenser Instandhaltungsdefizite allerdings weitgehend verborgen. Die dazwischen liegende Brache wirkt gegenwärtig wie ein riesiges Niemandsland.“4 Wo einst die Berliner Mauer und Grenzanlagen die Stadt teilten, soll nun ein Park diese wieder verbinden – entlang zweier Wohngebiete mit einer Bevölkerungsdichte von bis zu 14.000 Menschen pro Quadratkilometer. Eine der höchsten in Europa.

Februar 1992 Die Mitglieder der Initiativgruppe für einen Kinderbauernhof am Falkplatz gründen den Verein Kinderbauernhof im Prenzlauer Berg e.V. im Mauerpark.

Das Olympiakonzept umfasst neben dem Vorhaben der neu zu schaffenden ↑ Grünanlage und der Neugestaltung des Falkplatzes auch die Erweiterung des angrenzenden Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportparks um zwei Hallenbauten. Aus dem Realisierungswettbewerb unter Leitung von Meinhard von Gerkan gehen im Juli 1992 die Wettbewerbsbeiträge des Büros Dietz / Joppien für die architektonische Gestaltung und des Büros Gustav Lange für die Landschaftsplanung als Preisträger hervor.

Die Betroffenenvertretung Falkplatz, der Verein Kinderbauernhof im Prenzlauer Berg e.V., die Initiative Mauerpark und die Grüne Liga Berlin e.V. kritisieren allerdings die architektonischen Komplexlösungen der geplanten Box- und Judohallen. Sie widersprechen ihrer Ansicht nach dem ↑ Bereichsentwicklungsplan des Bezirks Prenzlauer Berg, den städtebaulichen Vorgaben der Wettbewerbsausschreibung und den Vorstellungen der Bürgerinitiativen. Sie betonen, dass ihre im Vorfeld gemachten Vorschläge in der Ausschreibung zwar berücksichtigt, in den eingereichten Wettbewerbsentwürfen aber weitestgehend ignoriert worden seien. Auch die Pläne von Gustav Lange zur Freiraumgestaltung stoßen auf Ablehnung. Anstatt der von den Initiativen geforderten „Erhaltung und Entwicklung eines Biotops als Lebensraum einer kleinen, aber vielartigen Pflanzen- und Tierwelt, das neben der Erholungsfunktion des Stadtparks auch die Möglichkeit des Naturerlebnisses bietet“, sehen die Pläne von Gustav Lange eine Kiefern-Monokultur und eine Wiesenlandschaft mit eingefassten Wasserläufen als Zitat von Mauer und Schussfeld vor. Dass für den ebenfalls projektierten Kinderbauernhof ausgerechnet das Schussfeld als Standort vorgesehen ist, verstört. Die Bürgerinitiativen plädieren für eine grundlegende Überarbeitung der Freiraumgestaltung. Sie fordern einen ↑ Bebauungsplan und eine gemeinsame Planung mit den Bürger*innen und der Bezirksverwaltung, zumal eine wirksame Bürgerbeteiligung in rechtlich verbindlichen Bahnen nur im Rahmen eines ↑ Bebauungsplanverfahrens möglich ist. Des Weiteren verlangen sie die definitive und endgültige Schließung des ↑ Gleimtunnels, eine förmliche Erklärung des Kiezes (Gleimviertel) zum ↑ Sanierungsgebiet sowie die Ausarbeitung und Vereinbarung einer Sanierungssatzung, die den Erhalt der milieubedingten Sozial- und Infrastruktur anstrebt. Auch auf einem komplexen Verkehrskonzept unter Berücksichtigung aller Funktionen von Sportpark und Mauerpark wird insistiert.5

Im März 1993 rufen das Forum der Betroffenenvertretungen Prenzlauer Berg, der Verein Entweder Oderberger und die Grüne Liga Berlin e.V. zur Unterzeichnung eines ↑ Bürgerbegehrens gegen die geplanten Olympiabauten im Prenzlauer Berg auf. Der Sanierungsträger S.T.E.R.N. wird auf Ersuchen der Bürgerinitiativen als maßgebliche Stimme in den weiteren Planungsprozess eingebunden.

Im Juni 1993 wird mit den Baumaßnahmen für die ersten 7 ha des Mauerparks auf dem im Bezirk Prenzlauer Berg gelegenen Areal begonnen. Die Finanzierung tragen die ↑ Allianz Umweltstiftung mit 4,5 Mio. DM und das Land Berlin mit 3 Mio. DM. Der Vertrag mit der Allianz Umweltstiftung sieht eine Fertigstellung des Parks auf einer Gesamtfläche von mindestens 10 ha bis zum Jahr 2010 vor. Sollte dies nicht gelingen, müsste die Förderung in ihrem gesamten Umfang zurückerstattet werden.

Um Berlins Olympiawillen zu demonstrieren, wird sofort, noch vor der Vergabe der Olympischen Spiele und ohne Bebauungsplan, mit dem Bau der Boxhalle begonnen. Am 23.6.1993 erfolgt der erste symbolische Spatenstich und die Grundsteinlegung durch den Senator für Bau- und Wohnungswesen ↑ Wolfgang Nagel (SPD) und den Senator für Stadtentwicklung und Umweltschutz ↑ Volker Hassemer (CDU). Die Betroffenenvertretung Falkplatz protestiert gegen den anberaumten Baubeginn. Man argumentiert: „Es wäre doch noch reichlich Zeit für eine fachliche und politische Diskussion und für eine vernünftige Interessenabwägung. […] Die Halle würde doch immer noch rechtzeitig fertig zu einer möglichen Olympia 2000 in Berlin. […] Der heutige, vorgezogene Baubeginn entpuppt sich als rein politische Symbolhandlung in Richtung des IOC [Internationales Olympisches Komitee]. Um einer solchen politischen Symbolik willen ist der Senat bereit, städtebauliche Vernunft und Mitspracherechte der Bürger zu opfern.“6

23.9.1993And the Winner is: Sydney!