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„Die Nonne von Monza“ ist die wohl berühmteste Episode der italienischen Literaturgeschichte. Schon die Überlieferung dieser frühen Sex-and-Crime-Story ist turbulent: Aus der Urfassung seines Klassikers „Die Verlobten“ kürzte Alessandro Manzoni sie weitgehend wieder heraus, erst 1916 wurde dieser Roman im Roman einer breiteren Öffentlichkeit bekannt. Heute gilt er als „Urfaust“ der italienischen Literatur. Hauptfigur der teils auf wahren Begebenheiten beruhenden Erzählung ist Gertrude, eine monaca forzata („Nonne wider Willen“), deren Platz im Kloster schon von ihrer Familie vorherbestimmt war, als sie das Licht der Welt noch gar nicht erblickt hatte.Mit meisterhaftem Geschick bindet Manzoni den Leser in das gesellschaftliche Geschehen des 17. Jahrhunderts ein, ebenso wie in die Gefühlswelt der verzweifelten jungen Frau, die von ihrer Familie auf grausamste Weise gezwungen wird, in das Kloster von Monza einzutreten und damit ihrer Lebenslust und ihrem Freiheitsdrang zu entsagen. In allen Einzelheiten beschreibt Manzoni die seelische Pein, der Gertrude ausgesetzt ist, jeden Schritt, den ihre Familie – allen voran der streng patriarchalische Vater – unternimmt, um ihren Willen zu brechen und sie gefügig zu machen. Gertrude beugt sich schließlich den gesellschaftlichen Zwängen und legt ihr Gelübde ab, doch die Narben auf ihrer Seele lassen sie keinen inneren Frieden finden.Schlimmer noch: In der Abgeschiedenheit hinter den vermeintlich sicheren Klostermauern sieht sie sich mit verstörenden Abgründen menschlichen Verhaltens konfrontiert und verstrickt sich bald selbst tief in einen mörderischen Strudel von Intrigen, Gewalt und Verbrechen …In seinem Nachwort erzählt der für seine Übersetzungen aus dem Italienischen vielfach ausgezeichnete Heinz Riedt die Editionsgeschichte der „Nonne von Monza“ und ordnet sie in die Literaturgeschichte ein.
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Seitenzahl: 198
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Die Nonne von Monza ist eine Episode der Urfassung des Romans I promessi sposi von Alessandro Manzoni, der in Deutschland unter dem Titel Die Verlobten bekannt geworden ist. Die Urfassung, die in den Jahren 1821 bis 1823 in einem Zuge niedergeschrieben wurde, blieb der Öffentlichkeit bis 1916 unbekannt. Die erste Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Ausgabe drang nicht über den Kreis der Fachgelehrten hinaus. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg erschien in Italien eine Volksausgabe der Nonne von Monza und erregte ähnliches Aufsehen wie die erste Veröffentlichung des Urfaust von Goethe. Die Episode, die einen »Roman im Roman« bildet, wird in der vorliegenden Übersetzung zum ersten Mal den deutschen Lesern zugänglich gemacht.
Zum Verständnis der Nonne von Monza ist die Kenntnis folgender Einzelheiten aus dem Handlungsablauf des Romans notwendig: Lucia und Fermo (der in der redigierten Fassung der Verlobten Renzo heißt), die sich die Ehe versprochen haben, müssen aus ihrer Heimat flüchten. Don Rodrigo, Gewaltherrscher über jene Gegend, hat es nämlich auf die junge Frau abgesehen. Durch Drohungen hat er erreicht, dass der Ortspfarrer den beiden die Trauung verweigert. Schließlich versucht er sogar, Lucia von seinen Häschern entführen zu lassen. Daraufhin bekommen Lucia und ihre Mutter Agnese vom Pater Cristoforo ein Empfehlungsschreiben an den Pater Guardian des Kapuzinerklosters zu Monza, den sie auf ihrer Flucht um Schutz und Hilfe bitten wollen.
An dieser Stelle der Urfassung des Romans Die Verlobten beginnt die hier wiedergegebene Geschichte der Nonne von Monza.
Wo sind wir überhaupt? Unser Autor sagt es nicht, ja, er beharrt sogar darauf, es zu verschweigen. Wir haben schon darauf hingewiesen, dass es damals zweierlei Arten von Menschen gab, die vorsichtigen und die verbrecherischen, die furchtsamen und die furchterregenden, und dass er zu den ersten gehörte. An dieser Stelle der Erzählung wird allerdings seine scheue Verschwiegenheit doppelt groß; und das erklärt sich aus den weiteren Begebenheiten.
Die Erlebnisse Lucias an ihrem neuen Aufenthaltsort sind das Werk dunkler, versteckt angelegter, geheimnisvoller und furchtbarer Machenschaften, deren Urheber sehr mächtig gewesen und eine weit verzweigte Verwandtschaft gehabt haben müssen. Und der Autor kämpft einesteils mit dem Wunsch, alles zu erzählen, was er weiß, und andernteils mit der Angst, etwa Familien beleidigen zu können, gegen die aufzubegehren ein auf dieser Welt strafwürdiges Vergehen ist. Deshalb bewegt er sich mit äußerster Vorsicht und unterlässt in der Schilderung der Ereignisse alle Angaben, einschließlich der Ortsangaben, die dazu dienen könnten, die wahren Personen zu entdecken. Doch zumindest an dieser Stelle war er darin nicht geschickt genug, und wir können daher mit Sicherheit den Ort bezeichnen, wo Lucia Aufenthalt nahm. Der Autor hat uns nämlich, ohne dass er es selbst merkte, einen Schlüssel in die Hand gegeben, mit dem sogar ein Kind alles entdecken würde. So sagt er einmal, dass Lucia in einen alten und ehrwürdigen Ort kam, dem zur Stadt nur noch der Name fehlte; dann spricht er vom Lambro, der dort durchfließt, und schließlich auch von einem Erzpriester. Bei so vielen Angaben gibt es in ganz Europa keinen Menschen, der des Lesens und Schreibens kundig ist und nicht sofort ausruft: Monza.
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