Die Paragoninsel - Erik Alexander Dresen - E-Book

Die Paragoninsel E-Book

Erik Alexander Dresen

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Beschreibung

Das vorliegende Buch handelt von der vollständigen Entschlüsselung des Kryptogramms des französischen Piraten Olivier Levasseur (* circa 1689; † 7. Juli 1730) und der Suche nach seinem Schatz. Seit nunmehr fast einhundert Jahren haben sehr viele Schatzsucher und angesehene Fachleute auf dem Gebiet der Kryptographie versucht, das Kryptogramm von Olivier Levasseur zu entziffern – jedoch ohne Erfolg. Nach herrschender Meinung der Kryptographen gilt die Entzifferung des Kryptogramms als unmöglich. Die Entschlüsselung wird zu Beginn des zweiten Abschnitts des Buches genau beschrieben und auf diese Weise der Öffentlichkeit zum ersten Mal bekannt gemacht. Wo liegt die Paragoninsel? Ist der längst verloren geglaubte Schatz immer noch dort? Wurde er schon gehoben? Fragen über Fragen – dieses Buch gibt die Antworten! Doch mehr soll an dieser Stelle nicht verraten werden. Der britische Vogelkundler John Deed wird in seinem Urlaub auf den traumhaften Seychellen mit einem prominenten Gerücht konfrontiert. Der französische Pirat Olivier Levasseur soll seinen großen Goldschatz auf einer dieser Inseln versteckt haben! Deeds Neugier ist geweckt. Trotz seines Urlaubs macht er sich an die Arbeit, das mysteriöse Kryptogramm des Piraten zu entschlüsseln. Mit seinem alten Freund Juste Colley kommt er nach einer Begegnung mit dem Inselbesitzer dem Schatz auf die Spur. Im Zuge seiner Nachforschungen hat Deed eine zündende Idee, doch dafür muss er seine alten Kontakte zur britischen Regierung reaktivieren. Liegt der Schatz zum Greifen nah?

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DIE PARAGONINSEL.

ERIK ALEXANDER DRESEN 

DIE PARAGONINSEL.

Roman

Ventura Verlag

Werne

2015

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten

sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

Titel der englischen Originalausgabe:

»Paragon Island«

ISBN:978-3-940853-29-5

Erschienen bei Ventura Verlag, Werne, 2015

Copyright © Erik A. Dresen2015

Alle Rechte vorbehalten.

Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form

(durch Fotografie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren)

ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert

oder unter Verwendung elektronischer Systeme

verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Herstellungsleitung und Lektorat: Erik A. Dresen, Magnus See, M.A.

Umschlaggestaltung: © Erik A. Dresen2015

ISBN:978-3-940853-31-8 (E-Book)

ISBN:978-3-940853-28-8 (Printausgabe)

Ventura Verlag Magnus See

Carl-von-Ossietzky-Str.1 | 59368Werne

Tel: +49 (0) 23896896

www.ventura-verlag.de

Vorwort des Verfassers

Nicht, dass es unwichtig wäre, aber ein großer Teil der Hinter­grund­geschichte ist wahr und beruht auf histo­risch gesicherten Tat­sachen und Erkennt­nis­sen.

Das vorliegende Buch handelt von der voll­stän­digen Ent­schlüsse­lung des Krypto­gramms des franzö­sischen Piraten Olivier Levasseur (* circa1689;† 7. Juli1730) und der Suche nach seinem Schatz. Die Original­ausgabe des Bu­ches ist in englischer Sprache unter dem Titel ›Paragon Island‹ er­schie­nen und wurde vom Verfasser in die deutsche Spra­che über­setzt.

Seit nunmehr fast ein­hundert Jahren haben sehr viele Schatz­sucher und angesehene Fach­leute auf dem Gebiet der Krypto­graphie ver­sucht, das Krypto­gramm von Olivier Levas­seur zu ent­ziffern – jedoch ohne Erfolg. Nach herr­schen­der Meinung der Krypto­graphen gilt die Ent­zifferung des Krypto­gramms als un­mög­lich. Die Ent­schlüsse­lung wird zu Beginn des zwei­ten Ab­schnitts des Buches genau be­schrieben und auf diese Weise der Öffent­lich­keit zum ersten Mal bekannt ge­macht.

Das Original­manu­skript wird heute im fran­zö­sischen Marine­museum, Neben­stelle Brest, sicher auf­be­wahrt und unter Ver­schluss ge­hal­ten. Das Krypto­gramm ist im Kern eine echte Schatz­karte, die die genaue Stelle des Piraten­schatzes kartiert. Wo liegt die Paragon­insel? Ist der längst verloren ge­glaubte Schatz immer noch dort? Wurde er schon gehoben? Fragen über Fragen – mein Buch gibt die Antworten! Doch mehr will ich an dieser Stelle nicht ver­raten.

Statt­dessen möchte ich die Leser gerne an die Hand nehmen und mit ihnen auf eine echte Schatz­suche gehen – und zwar den ganzen Weg von A nach B und vom Anfang bis zum Ende.

Die Schatzsuche selbst ist in einen fiktiven Roman einge­flochten, dessen Handlung hof­fent­lich gut er­funden und ausge­dacht wurde. Die Einzel­heiten der Ereig­nisse werden wahr­heits­getreu und wirk­lich­keits­nah erzählt. Die Ge­geben­heiten, wie sie in dem Buch ge­schil­dert werden, spielen sich zwischen An­fang Juni und Ende Dezember1975ab. Der Schau­platz ist zunächst auf einer der Inseln im In­dischen Ozean ange­siedelt (siehe Fron­tis­piz) und danach wechselt der Ort der Hand­lung nach London, wo die Ge­schich­te endet.

Der voll­ständigen Offen­legung halber habe ich ausgangs des Buches zwei Dossiers beige­fügt. Der Anhang enthält eine gute Sammlung sorg­fältig recher­chierter Fakten sowie umfang­reiches Doku­men­ta­tions­material. Ich wage es, die Hoffnung zu hegen, dass sich beide Dos­siers für späteres Nach­schlagen als nützlich erweisen werden. Sie sind in erster Linie an den un­schlüs­sigen Käufer gerichtet, der mit der see­räu­be­rischen Thematik dieses Buches unver­traut ist oder aber nur geringes Vor­wissen mit­bringt. Ich lege dem ge­neig­ten Le­ser nahe, dass die vor­ge­nannten Dossiers durch­gelesen werden soll­ten, be­vor zur Lek­tü­re des ersten Kapitels über­ge­gangen wird.

Der geschichtliche Hinter­grund der Er­zäh­lung wurde ein­gehend unter­sucht und alle Einzel­heiten über die Paragon­insel wurden so getreu wie möglich nieder­ge­schrieben. Heute befindet sich die Para­gon­insel selbst­ver­ständ­lich immer noch an dem Fleck, wo frühe See­fahrer arabischer Handels­schiffe sie zum ers­ten Mal ent­deckt haben sollen – irgend­wo in den Inneren Inseln der Seychellen. Im August1502wurden einige der Granit­inseln von dem berühmten portu­gie­sischen See­fahrer Vasco da Gama ge­sichtet und zu jener Zeit soll ihre geogra­phische Lage an­geblich auf See­karten der portu­gie­sischen Ad­mi­ra­li­tät ein­ge­zeich­net worden sein. So sollte es noch bis Mitte No­vem­ber des Jahres1742dauern, bis dass Lazare Picault, ein in Frank­reich ge­bo­re­ner See­fahrer und Entdecker, die ›Inneren Sey­chellen­inseln‹ wieder­fand und ei­nige von ihnen aus­giebiger er­kun­dete. An dieser Stelle sollte kurz erwähnt wer­den, dass etwa ein halbes Jahr­hundert vor Lazare Picaults Ankunft bereits eine be­trächt­liche Anzahl von Piraten­schiffen an diesen Inseln an­ge­legt hat­ten. Soviel ich weiß, waren dort sehr viele Piraten ab­ge­stiegen und so manch einer der be­rüch­tigten See­räuber hatte sich dort eine Zeit lang ver­steckt ge­halten und in Zurück­gezogen­heit gelebt. Unter diesen ver­we­ge­nen Schurken und Ver­brechern hauste unser einstiger Pirat, der übrigens eine sehr auf­fällige Narbe auf der rechten Wange hatte.

Wie dem auch sein mag – aus ver­schie­de­nen Grün­den sind gewisse Eigen­namen desθησαυρόςbuch­stäb­lich dem Tinten­tod zum Opfer gefallen. Die Figu­ren, Namen und der in die­sem Buch ge­schilderte Handlungs­ablauf sind frei erfunden. Jede Über­ein­stim­mung oder Ähn­lich­keit mit fik­tio­nalen oder nicht fiktio­nalen Figuren, res­pek­tive Persön­lich­kei­ten, Organi­sa­tionen und Ereignissen, die ein­zeln betrachtet aus der Er­findungs­gabe oder der Vor­stel­lungs­kraft von jemand anders ent­sprun­gen sind, sind voll­kommen un­be­ab­sich­tigt und un­gewollt. Jedwede Analogie zu realen Orten, Inseln sowie lebenden oder ge­storbenen Personen ist ver­anschau­lichend und rein zu­fällig und daher bloß eine Ko­in­zidenz; und, um zum Schluss zu kommen, keine Iden­ti­fi­kation oder Wieder­er­kennung sollte auf die ein oder andere Art und Weise daraus rück­ge­schlossen werden.

Schluss­folgerungen aus dem Inhalt des Bu­ches zu ziehen bleibt davon un­be­rührt und liegt im Er­mes­sen des Lesers.

E. A. D.

AN

MAI-LING FEN

Die Wahrheit liegt bloß unscheinbar verborgen im spärlichen Licht;

Denn Du schweigst still und tot wie ein in Stein gemeißeltes Gedicht.

Bis dass der Schnitt durch das blutende Band uns auf immer entzweit.

Fernab von der Wiege, O ’s ist mir wohl eine Mär entwischt

Dass das Brausen und Rauschen der Brecher klingt Seit’ an Seit’,

Und für alle Zeit entschwindet – in vollendeter Verbundenheit.

Inhalt

(wortgetreu): Colley dit, »John, les Sey­chel­loises ont un adage très juste et des plus édifiant à ce sujet: ›Une fois c’est une chose unique. Deux fois c’est une co­ïnci­dence. La troisième fois c’est la contre­partie.‹« »Aller guten Dinge sind drei«, dachte John Deed, ohne zweimal darüber nach­zu­denken, »allerdings bin ich mir nicht sicher, ob ich das schon einmal gesehen, geschweige denn ver­standen habe.« Im wort­wört­lichen Sinne sah es da­nach aus, als ob jemand endlich seinen Meister gefunden hatte: Ein Unikat, ein Duplikat und eine Entsprechung passend dazu, jemand der mög­licher­weise selbst das Pendant war und seine Ursprünge in Réunion hatte. Tat­säch­lich hatte er das Gefühl, das schon einmal ge­sehen zu haben; doch die treffende Be­mer­kung ging törichter­weise über seinen Kopf hinweg.

ERSTER TEIL

Singularität

 1 Der Zeitpunkt der Abreise003 2 Der unentdeckte Schachzug                              015 3 Rückkehr an den Tatort031 4  Der zweideutige Charakter053 5 Weltweites Anliegen088 6 Tischgespräch112 7 Koppelnavigation129 8 Die Ruhe vor dem Sturm152

ZWEITER TEIL

Duplizität

 9 Unterzeichnet, gesiegelt und überbracht        17010  In Medias Res19311 Auf Erkundung21412 Aus der Vogelperspektive24213 Ein Körnchen Wahrheit26214 Der Geheimniskrämer28715 Sturmböen über London30316 Ein verrosteter Ankerring324

DRITTER TEIL

Entsprechung

17  »Der Würfel ist … geworfen.«33718 Auf der Suche nach Bruchstein36119 Lebensrettende Maßnahmen38420 In die Luft gesprengt39321 Moidore und Louis-d’ors40422 Wie der Schatz nach Hause gebracht wurde  42023 Der akrobatische Luftsprung43124 Ein logisches »Und«449

Anhang

A.  Die Akte über La BuseiiiB.

ERSTER TEIL

1. Der Zeitpunkt der Abreise

Die wichtig ausschauende Per­sön­lich­keit, des­sen Kopf sich leicht streckte und sanft be­weg­te, um es sich ein wenig be­quemer zu ma­chen, wandte seine rechte Wange dem Fens­ter aus Plexiglas®zu.

Er hätte dem lieben Herrgott auch den Tag stehlen können, solange die eine Hälfte seines Gesichtes auf dem Kopf­stützen­bezug seines nach hinten verstell­ten Flug­gast­sitzes7A ruh­te. Sogar das bern­stein­farbene Leuchten der ›BITTE AN­SCHNAL­LEN!‹-Warn­anzeige et­was ober­halb seines Kopfes hätte un­be­merkt blei­ben kön­nen, wenn nicht eine dieser grazilen, syl­phi­den­haften Ste­war­dessen von Air France ge­wesen wäre, die zu dem schla­fen­den Passa­gier an­ge­tanzt kam, ihn mit einem schar­fen aus­län­di­schen Akzent auf­weck­te und dann an­zischte, sich doch bitte an­zu­schnal­len. Wie aus dem tiefs­ten Schlaf ge­ris­sen, ant­wor­te­te er mit Zu­stim­mung, brach­te seine Rücken­lehne zu­rück in eine auf­rechte Grund­stel­lung und nahm das Kinn hoch.

Eine groß­formatige, britische Sonn­tags­zei­tung, Philip H. Gosses Re­fe­renz­werk über die Vögel Ja­mai­kas und Sir Richard F. Burtons ver­öf­fent­lich­tes Werk über die Falk­ne­rei be­fan­den sich in Griff­weite, wur­den je­doch un­be­rührt lie­gen gelassen, wäh­rend Burtons aben­teuer­reiche Reise­be­schrei­bung, ein in türkis­grünes Leinen ge­bun­dener Band mit dem Ori­gi­nal­titel Ex­plo­ra­tions of the High­lands of the Brazil, in schick­licher Weise auf das he­run­ter­ge­klapp­te Ta­blett des unbesetzten Flug­gast­sitzes un­mittel­bar neben ihm zur Sei­te ge­legt wurde.

Die leicht geschürzte, barbusige junge Frau des Tupí-Volkes stand still wie eine Statue und richtete ihre Lanze auf das gebändigte Tier un­ter ihren Füßen, bereit, die Speer­spitze mitten in das Herz der Kreatur zu stoßen. Bei ge­naue­rer Betrach­tung des auf­ge­schla­genen Buches konnte man leicht er­ken­nen, dass es den Blick auf ein far­ben­präch­tiges, aus Seide ge­web­tes Lese­zeichen frei­gab, das un­auf­fäl­lig zwi­schen zwei Seiten des Buches heraus­ragte, ir­gend­wo am Ende des letzten Ka­pi­tels der bra­si­lia­ni­schen Aben­teuer­ge­schich­te. Das schöne Lese­zei­chen war falsch herum hinein­ge­legt und der Teil, der für das Auge deut­lich sicht­bar war, mit fol­gen­den Wor­ten be­stickt:

Those blessings of

          Our early youth,

Shall cheer our     

 Latest age.

                                                  WILLIAM COWPER

Gerade erst vor ein paar Minuten hatte der verant­wort­liche Luft­fahr­zeug­führer, der so­ge­nann­te ›Pilot In Command‹, das erste Anflug­funk­feuer emp­fan­gen und die Quer­ruder und das Seiten­ruder be­tä­tigt, so dass der Jumbo-Jet sich nun im Lande­an­flug be­fand und mit brum­men­dem Summen auf die Lande­bahn zu­steu­er­te. Der pro­mi­nen­te Mann, der re­flex­artig mit den Augen blin­zel­te und durch das ovale Plexi­glas­fenster hinaus­schau­te, warf einen flüch­ti­gen Blick auf den klaren, blau­en Him­mel und den vor­de­ren Trag­flügel­rand – tag­träu­mend und mit einem kaum wahr­nehm­baren Lä­cheln auf seinen Lippen.

Nach seinem Gesicht zu urteilen, wirkte Dr. John Deed,CBE,FSO, aus­ge­brannt und an­schei­nend tod­müde. Die Reise auf dem Luft­weg war wieder einmal eine lange Odyssee; die reine Flug­dauer der Flug­passage ent­sprach un­ge­fähr der Hälfte der Gesamt­reise­zeit zwischen A und B, die sich alles in allem ge­rech­net auf24Stunden belief.

Am vorher­gehenden Tag war der Zu­bringer­flug von London nach Paris pünkt­lich gewesen, aber der Flug­zeug­start des Nachtfluges AF952vom Aéroport Charles-de-Gaulle über Momba­sa nach Mahé hatte sich wegen Mate­rial­er­mü­dungs­er­schei­nungen ver­zö­gert. Um die Wahr­heit zu sagen, das war die Haupt­ursache, wes­halb das fran­zö­si­sche Ver­kehrs­flug­zeug fast zwei ge­schla­gene Stun­den hinter der plan­mä­ßigen Ankunfts­zeit auf­setzen würde. Eine gan­ze Weile vor dem Lande­an­flug der Linien­maschine auf Victoria – die an der Nordost­küste von Mahé ge­le­ge­ne bri­ti­sche Haupt­stadt der Seychellen und ein­zi­ger Ein­lauf­hafen mit Ämtern für Zoll- und Klarie­rungs­for­ma­li­tä­ten – hatte Dr. Deed über sich und seine innere Hal­tung und Ein­stel­lung zum Leben re­flek­tiert; und im Be­son­de­ren über seinen eher ›tro­cke­nen aka­de­mischen Beruf‹ als ein etwas unter­be­zahl­ter Beamter im mittleren öf­fent­li­chen Dienst sowie eini­ger­maßen be­kann­ter Orni­tho­loge, der (im Einzel­fall) seine Ge­sund­heit und sein Herz für ein paar tau­sen­de Pfund Ster­ling per annum (und eine zu­ge­ge­be­ner­maßen be­schei­dene staat­liche Rente) ris­kier­te, bis dass ent­we­der ein Herz-Kreislauf-Stillstand oder ein ir­re­ver­sibler Hirn­tod fest­ge­stellt wird.

Deeds gesamtes Leben war für die Vögel vor­her­be­stimmt, be­zie­hungs­weise – um genauer zu sein – für die räu­be­rischen Spezies be­stimmt, als da wären: Die Pracht­fregatt­vögel (Man-of-war birds, Pirate birds oder Frégate superbe), die Binden­fregatt­vögel (Great Frig­ate­birds oder Frégate du Pacifique) und die Tropik­vögel; letz­te­re Vogel­art, welche in der eng­lisch­sprachigen Welt land­läufig als ›Boat­swain birds‹ be­kannt sind und aus taxo­no­mischer Sicht zur Fa­mi­lie der Phae­thon­tidae zählen wie beispiels­weise der Rotschwanz-Tropik­vogel, ein Meeres­vogel, der (unter Lai­in­nen und Laien) leicht mit einem zur selben Unter­art ge­hören­den Namens­vetter ver­wech­selt werden kann. Darüber hinaus hatte er eine aus­ge­prägte Vor­liebe für Raub­vögel und, um dem Ganzen die Krone auf­zu­setzen, hatte er es sich zur Auf­gabe ge­macht, auf alle Arten von Nest­räu­bern acht­zu­geben, die un­be­wachte Vogel­ge­lege mit sel­te­nen Vogel­eiern un­recht­mäßig und mit un­er­laub­ten Mitteln aus­plün­der­ten.

Als Natur­wissen­schaftler, der seinen Doktor (Sc. D., Lat. Scientiae Doctor) vor gut fünf­und­zwan­zig Jahren gemacht hat, war John Deed offen­bar in einem im­per­fek­ten Zustand; und es war erst vor wenigen Tagen, als Deed be­merk­te, dass er ein Gefühl der Ab­nei­gung ge­gen sich selbst und seinen ausge­wähl­ten Beruf ent­wi­ckelt hatte. Wäh­rend des Fluges auf die Sey­chel­len hatte er sich, als Orni­tho­loge von Re­nom­mee in sei­nem ei­ge­nen Land, an die längst ver­stri­che­nen Strecken seines Le­bens­weges zu­rück­er­in­nert und sich eben­falls ins Ge­dächt­nis zu­rück­ge­ru­fen, wie viele For­schungs­reisen und Ex­kur­sio­nen er im Laufe der Jahre un­ter­nom­men hatte – vier­zehn, viel­leicht fünf­zehn, auf jeden Fall deut­lich mehr als zehn –, aber genau konnte er es nicht sagen, ge­schwei­ge denn eine kon­kre­te Zahl nen­nen.

Die meiste Zeit seines Lebens war es ein wesent­licher Be­stand­teil seines aka­de­mischen Be­rufes ge­wesen, Vögel zu stu­die­ren und de­ren Ge­wohn­heiten, Be­schrei­bun­gen und Sy­no­ny­mien bis ins Ein­zel­ne zu über­prü­fen. Bis heute ar­bei­te­te Dr. Deed als lei­ten­der Bi­blio­the­kar der Alexander-Bibliothek der Orni­tho­logie in Oxford und über­wie­gend an den Wo­chen­enden (und wenn er im Ur­laub weil­te) als freier Schrift­stel­ler auf Ho­no­rar­basis. Zu­sätz­lich dazu hatte er Mit­glied­schaf­ten in drei re­nom­mier­ten orni­tho­lo­gi­schen Ver­bän­den in­ne. Deed be­klei­dete einen Posten als einer der gewähl­ten Ver­tre­ter des bri­ti­schen Hawk­ing Clubs und fun­gier­te als kor­res­pon­die­ren­des Mit­glied einer ge­mein­nützi­gen inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tion na­mensIAF. Die dritte Mit­glied­schaft, die er im Jahr ’53auf­ge­nom­men und be­gon­nen hatte, warSPORT– eine Ge­lehr­ten­ge­sell­schaft mit Sitz in London.

’69wurde ihm eine be­son­de­re Mit­glied­schaft als so­ge­nann­ter Fellow zu­er­kannt und von da an hatte er als ein solcher das Recht, die Buch­sta­ben­be­zeich­nungFSOnach seinem Na­men zu tragen. Ein Jahr darauf wurde er zum ehren­amt­lichen Res­sort­leiter ge­wählt, der in vol­lem Um­fang für die ›Über­see­schutz­ge­biete, En­de­mi­sche Vogel­arten A - F‹ ver­ant­wort­lich zeich­ne­te; und zu jener Zeit wurde er vom Prä­si­den­ten vonSPORTfür eine Dauer von fünf Jah­ren be­rufen.

John Deed leistete gegen­wär­tig eine zwei­te Amts­zeit ab. Gemäß den Sta­tu­ten und Sat­zun­gen vonSPORT, ein Kurz­wort für Society for Pro­mot­ing Orni­tho­logical Re­search and Tax­ono­my (Ge­sell­schaft zur För­de­rung orni­tho­lo­gi­scher For­schung und Taxo­nomie), wurde er zu­wei­len als ›Pro­jekt­leiter‹ be­stimmt und in dieser Funk­tion ge­be­ten – wie es fast jedes Jahr der Fall war – sich auf eine For­schungs­mis­sion zu be­geben und eine Ex­pe­di­tion durch­zu­führen, vor­zugs­weise in Über­see­ge­bie­ten und in frem­den Ländern. Und aus diesem Grund, wenn er zum Bei­spiel im Auf­trag und auf Kosten der vor­ge­nann­ten Ge­sell­schaft au­ßer Lan­des reiste, gab ihm der Prä­si­dent vonSPORTstrikte An­wei­sun­gen und prä­zi­se Hin­weise für die Be­wäl­ti­gung der we­sent­lichen Auf­g­aben, wel­che auf sorg­fäl­tigs­te Art und Wei­se aus­ge­führt wer­den muss­ten.

Dr. John Deed, der übrigens in Ex­per­ten­krei­sen als ›kein un­be­schrie­be­nes Blatt‹ galt, ge­noss einen hervor­ragen­den Ruf als ge­le­gent­licher Gast­dozent und Redner über seine ›Parade­dis­zi­plin‹, sprich die Mor­pho­logie, Ho­mo­logie und die selt­sa­men Meta­mor­pho­sen von en­de­mi­schen Vogel­arten. Da­ne­ben zähl­te er nach wie vor zu den Be­grün­dern der ver­glei­chen­den Orni­tho­logie in Bezug auf die Nomen­kla­tur en­de­mi­scher Vogel­arten, die auf un­be­wohn­ten Inseln nisten, wie es exem­pla­risch auf der Para­gon­insel der Fall ist (so­weit dies aus taxo­no­mi­scher Sicht be­kannt ist).

Vor langer Zeit hatte er eine auf­ei­nan­der be­zo­ge­ne Tri­lo­gie von wis­sen­schaft­lichen Ab­hand­lun­gen ver­fasst, und zwar: Eine Mono­gra­phie über den Falco Buteo von Linnaeus (1953), Die selt­sa­men Meta­mor­pho­sen der Spe­cies der Gat­tung Buteo (1954) und, zu guter Letzt, Die Homo­logie des Eura­sischen Hobbys (1960), die sämt­lich all­ge­meine und um­fas­sen­de An­er­ken­nung in der Presse und der aka­de­mi­schen Welt fanden. Ehr­lich ge­sagt hatte Deed die müh­selige For­schungs­arbeit an sei­nen wis­sen­schaft­lichen Bü­chern noch nie be­son­ders ge­mocht. Doch so­bald er sich einer frag­li­chen An­ge­le­gen­heit wid­mete, ver­folg­te er seine Ziele äu­ßerst ge­wis­sen­haft und flei­ßig und ver­gnüg­te sich ge­treu dem Motto und Aus­spruch von Vergil, »Hoc opus, hic labor est.« – und nach Voll­endung hakte er die Sache ge­flis­sent­lich ab.

Abseits des trockenen Wissen­schafts­be­trie­bes hat­te er sich, als ein un­ro­man­ti­scher, aber nicht un­in­te­res­san­ter Mann, ferner ins Be­wusst­sein zu­rück­ge­ru­fen, wie viele Male er fast überall auf der Welt himm­li­sche und un­prä­ten­tiöse Li­ai­sons mit einer Viel­falt von un­ter­schied­lichen Schön­hei­ten hatte. Er konn­te sich nicht mehr ge­nau an die Zahl er­in­nern und irgend­wann in der Ver­gan­gen­heit hatte er da­mit auf­ge­hört, eine Strich­liste zu füh­ren.

Zugegebenermaßen, wie man es auch dreh­te und wen­de­te, Deed war glück­lich mit der Vo­gel­kun­de, auch wenn er nicht zugab, dass er Pech in der Liebe hatte. Er war nur ein­mal ver­hei­ra­tet ge­we­sen, hat je­doch in den Armen all der­je­ni­gen Frauen, die wil­lens und ge­neigt waren, nie Ver­ge­bung für den Tod der ein­zi­gen Frau ge­fun­den, die er wirk­lich lieb­te. Deeds Ehe­frau war im Jahr ’69ver­stor­ben, aber das war schon eine ganze Weile her. Ein Ge­sprächs­the­ma, das er im­mer schnell zu wech­seln pfleg­te; und wenn es ge­le­gent­lich doch zur Sprache kam, tat er so, als ob sie nie­mals da ge­we­sen wäre. Momen­tan hatte Deed keine feste Le­bens­part­ne­rin und steckte auch in keiner Be­zie­hungs­kiste. Er war al­lein­ste­hend und hat­te kei­ne ei­ge­ne Fa­mi­lie – und er woll­te nicht ir­gend­wann in der Zu­kunft kin­der­los ster­ben. Wäh­rend der letz­ten Jahre hatte er sich weder in je­man­den ver­liebt noch die Zu­nei­gung einer an­de­ren Frau ge­won­nen – was, falls seine Liebe neu ent­flamm­te, das dritte Mal in seinem Leben sein würde –; und ab­ge­se­hen von alle­dem, war schon seit Länge­rem keine ernst­haf­te An­wär­te­rin mehr in der en­geren Wahl ge­we­sen. Erst kürz­lich er­tapp­te sich Deed sich selbst dabei, nach dem ›Wa­rum?‹ zu fragen. Schwer zu sagen! Für den Augen­blick er­war­te­te er keine Ant­wort, kein Mit­ge­fühl oder Ähn­liches, er er­war­te­te nichts. Manch­mal stell­te er sich vor, wie es als Vater von we­nigs­tens ei­nem klei­nen Jim wäre. Dann war Deed eine ge­rau­me Weile ›ganz unten‹, ge­fan­gen inmitten einer Flaute aus Trüb­sal und Trüb­sinn, ent­mu­tigt und er­füllt von Me­lan­cho­lie; und im Rück­blick war er wohl der me­lan­cho­lischs­te Pas­sa­gier im ganzen Flug­zeug. Es stand außer Zwei­fel, dass er sich völ­lig leer, aus­ge­laugt und er­schöpft fühl­te wie eine ver­brauch­te, alte Bat­te­rie – und drin­gend eine ›neue Auf­la­dung‹ und eine Pause von allem be­nö­tig­te.

Deed hatte sich um neun Uhr am Mon­tag­mor­gen dieser be­son­de­ren Woche ent­schie­den, vier Wo­chen Ur­laub zu neh­men und sein der­zei­tiger Ar­beit­ge­ber, das Edward Grey-Institut der Feld­orni­tho­logie mit Sitz in Oxford – all­ge­mein bekannt alsEGI– hatte nichts da­ge­gen ein­zu­wen­den. Der Di­rek­tor des In­sti­tuts, ein höf­licher und lie­bens­wür­di­ger Mann mitt­le­ren Alters, der der Uni­ver­si­tät von Ox­ford an­ge­hör­te, hieß sogar Deeds Plan auf die Sey­chel­len zu flie­gen gut und legte ihm nahe, dort ein we­nig Ruhe und Er­ho­lung zu su­chen.

Er durfte, aus­schließ­lich für den Pri­vat­zweck, ei­ni­ge sel­te­ne Bücher über Vögel mit­neh­men. Zu­sätz­lich zu diesen Buch­bänden hatte er sich zwei gute zwei­spra­chi­ge Sprach­füh­rer aus der Bodleian, der Haupt­bi­blio­thek der Uni­ver­si­tät von Ox­ford, aus­ge­lie­hen; und an­schlie­ßend, nach­dem diese Sa­chen sehr eilig auf­ge­grif­fen wur­den, noch ein Bündel von kata­lo­gi­sier­ten und klas­si­fi­zier­ten Schrift­stücken aus den Archiv­regalen der Ab­tei­lung L (der Ab­tei­lung für Li­te­ra­tur­ver­zeich­nisse und Quel­len­an­ga­ben der Ale­xan­der Bi­blio­thek), der Ab­tei­lung F (Fa­kul­täts­ab­tei­lung) und der Ab­tei­lung M (Manu­skript­ab­tei­lung) he­raus­ge­sucht. Dieses Kon­vo­lut be­stand aus bruch­stück­haften Unter­lagen und Zweit­schrif­ten ei­ni­ger älterer Hand­akten sowie einem Stapel von Kohle­durch­schlä­gen, die die letz­te ma­schi­nen­ge­schrie­be­ne Fas­sung von Deeds Akte zum Fall Falco sub­buteo und eine gut les­bare Kopie vonSPORTs schrift­lichen Auf­zeich­nun­gen über die Vo­gel­art Falco buteo (wie erst­mals durch den Natur­for­scher Carl von Linné in seinem Re­fe­renz­werk Systema Naturae,1758, be­schrie­ben) um­fasste.

Im Anschluss daran hatte er die Vor­be­rei­tun­gen für seine Reise zu den Sey­chel­len­in­seln ge­trof­fen, auf ei­ge­ne Faust die Flüge ge­bucht und dann seine Sie­ben­sachen ge­schnürt, fast genau­so wie er es schon ein­mal ge­tan hatte – da­mals im Früh­ling des Jahres ’58.

Aber dieses Mal war Deed pri­vat auf Rei­sen … wie ein stink­nor­ma­ler Euro­päer, der einem Hobby nach­ging, ähn­lich wie es Nor­mal­bür­ger lie­bend gerne in Aus­tra­lien, Asien, Afrika, Ame­ri­ka oder sonst wo ein­fach nur der Freude wegen tun. Und nun, gerade mal drei Tage später, war er rund fünf­tausend Meilen weit von seiner175 m2gro­ßen Eigen­tums­wohnung mit Dach­ter­ras­se in der Alten Bondstraße25, London-Mayfair, weg.

Juste Colley, ein vertrautes Gesicht und John Deeds alter sey­chel­li­scher Freund, hatte sich um die neben­säch­li­chen Details seiner Unter­brin­gung ge­küm­mert. Er war­te­te auf die un­mit­tel­bar be­vor­ste­hen­de An­kunft von Deed auf dem mo­der­nen inter­na­tio­na­len Flug­hafen der Sey­chellen, der mit gro­ßem Auf­wand in Sicht­weite der Haupt­stadt so­wie der an­gren­zen­den Mili­tär­basis von Mahé ge­baut worden war.

Ungefähr eine halbe Stunde spä­ter pas­sier­te Deed die Pass- und Zoll­kon­trolle. Dann ging er in den Ge­päck­aus­gabe­be­reich hinüber und war­te­te am Ge­päck­för­der­band da­rauf, dass sein Reise­koffer und eine schwere Sport­tasche aus dem Bauch des Flug­zeugs he­raus­ka­men. Wäh­rend er die Zeit mit dem An­blick des Ge­päck­ka­rus­sells tot­schlug, lausch­te er den Flug­hafen­durch­sagen und einer Reihe von total stumpf­sin­ni­gem Werbe­sing­sang na­tio­na­ler Flug­ge­sell­schaf­ten, die in einer End­los­schleife über die Laut­spre­cher­an­lage schall­ten. Da­nach wech­sel­te er schnell noch etwas Geld, zwäng­te ein dickes Bün­del Seychellen-Rupien in seine Hosen­tasche und verließ das Ter­mi­nal­ge­bäu­de. Juste holte ihn drau­ßen am Haupt­ein­gang des Flug­hafens ab; und in dem Mo­ment des beider­sei­ti­gen Wie­der­se­hens nach solch einer langen Zeit gab es zur Be­grü­ßung ein herz­liches ›Hallo!‹ zwi­schen beiden Herren.

Der gebürtige Seycheller, von Beruf ein ge­prüf­terPADI-Ausbilder für Spe­zial­tauch­gänge und stiller Teil­haber der Cowtail Stingray-Tauch­basis am Strand von Beau Vallon, der Requiem Shark-Tauch­basis auf Praslin und der Big Blue Octopus-Tauch­basis auf La Digue, bot ihm aus freien Stücken eine etwa an­dert­halb Stun­den dau­ern­de Mit­fahr­ge­legen­heit auf seiner fast neun Meter lan­gen Jeanneau-Segel­yacht an. Das form­schöne Schiff war voll­kom­men mit weiß­glän­zen­dem Lack über­zogen und auf den Namen Barbeau de bleu ge­tauft, ein tri­via­ler Schiffs­name nach Deeds Mei­nung. Wie auch im­mer, er moch­te das leicht an­mu­ten­de Design und die wit­zi­ge Wort­schöp­fung des Sey­chel­lers. Mitt­ler­weile hatte die Ebbe ein­ge­setzt und so nah­men sie Kurs auf die Nach­bar­insel, wo er in den kom­men­den Wo­chen seinen Ur­laub zu ver­brin­gen ge­dachte.

Deed war während der ge­sam­ten Durch­que­rung des auf­re­gen­den Insel­meeres nicht ge­rade ge­sprä­chig. Colley hatte am Steuer­ruder Platz ge­nom­men und die Barbeau de bleu hielt einen Kurs von4Strich am wahren Wind, wo­hin­ge­gen er auf dem Achter­deck saß und durch die jüngs­te Aus­gabe der Sunday Times blät­ter­te. Ab und zu stand er auf und hielt Ausschau nach etwaigen Vor­komm­nis­sen von zoo­lo­gi­schem Inte­res­se; und da­bei be­hielt er mit einem Auge ins­be­son­de­re sel­te­ne Vögel im Blick, die vom Boot aus zu sehen waren. Er erspähte nichts Be­son­de­res, außer einem Schwarm See­vögel, einigen Fisch­schwär­men und den Über­resten eines her­ren­losen Schiffs­wracks. Nach einer Weile stie­ßen sie zu­fäl­lig auf eine lili­pu­ta­nische Fang­flotte klei­ner We­sen mit lan­gen, blauen Ten­ta­kel und licht­durch­läs­si­gen Schwimm­blasen, die auf wun­der­bare Weise auf den Wel­len­käm­men se­gel­ten und schweb­ten. Diese zwer­gen­haf­ten Ge­schöpfe glit­zer­ten und schlin­ger­ten in der Sonne mit glä­ser­nem Glanz wie blue bottles. Colley er­klär­te ihm, dass eng­lische See­fah­rer ihre helle Freude da­ran hatten, diese ko­lo­nie­bil­den­den, wir­bel­losen Was­ser­tiere wegen ih­rer sehr ver­blüf­fen­den Ähn­lich­keit mit einem klei­nen, nach­ge­mach­ten Kriegs­schiff als ›Por­tu­gie­si­sche Galeere‹ zu be­zeich­nen. Deed, der selbst über­haupt keine Ah­nung von blauen Fla­schen und Schwarm­fischen und alledem hatte, schau­te mit zu­ge­knif­fe­nen Augen in die Mit­tags­sonne, nick­te zwei­mal und lä­chel­te viel­sa­gend. Als sie schließ­lich an der alten Mole und an dem vieux-port von Deeds ent­fern­tem Be­stim­mungs­ort an­ka­men, war er sich nicht sicher, ob er eines dieser ein­zig­ar­ti­gen Orga­nis­men jemals zu­vor in seinem Leben ge­sehen hatte – viel­leicht ganz zu­fäl­lig, ir­gend­wo in einem an­ge­staub­ten aqua­ti­schen Viva­rium in Groß­bri­tan­nien oder West­europa.

Deed faltete kurz vor dem An­le­gen seine bri­ti­sche Sonn­tags­zei­tung zu­sam­men und pack­te sie or­dent­lich weg. Juste gab ihm den Haupt­schlüs­sel für das Insel­haus, war ihm beim Aus­laden seines Reise­ge­päcks be­hilf­lich und ver­sprach, gleich am nächs­ten Tag zur alten Ha­fen­mole zu­rück­zu­kom­men.

2. Der unentdeckte Schachzug

Also, Deed putzte sich seine Zähne, zog sich aus und duschte sich anschließend kalt ab, um erst einmal den unangenehmen Geruch und übelriechenden Schweiß unter seinen Armen loszuwerden.

Nach der Erfrischung schnappte er sich ein weißes Baumwollhandtuch, trocknete sich flüchtig ab und warf das saugfähige Textilstück achtlos auf den Boden.

Eine nasse, schwarze Haarsträhne streifte quer über seine rechte Augenbraue. Er strich die Locke wie eh und je vergeblich beiseite, öffnete den Federverschluss seines silbernen Zigarettenetuis, schnippte sein edles, klassisches Feuerzeug der Marke S.T. Dupont,14Karat vergoldet, Serien-Nr.1|61803, mit einem hohen, hellklingenden Ton auf und zündete sich seine fünfundfünfzigste Fluppe des Tages an. Dann fing Deed an, sich zu rasieren. Genau in dem Moment, als die schwelende Asche seiner Benson & Hedges Gold-Zigarette in das Badezimmerwaschbecken herabfiel, schnitt er sich aus Versehen mit seinem sieben Jahre alten Gillette M4Rasierhobel. Er zuckte zurück und erstarrte einen Herzschlag lang. Sein Kinn blutete stark und ein Fingerhut voll Blut rann tropfenweise außen an seiner Kehle entlang und kam am Vorsprung des Adamsapfels ins Stocken. Deed beugte sich vorwärts und untersuchte den Einschnitt, bevor er die kleine Schnittwunde reinigte. Der Blutfluss wurde langsam immer weniger und fünf oder sechs blutrote Tropfen seines Lebenssaftes fielen herab in das Waschbassin aus Marmorstein. Er drehte den Kaltwasserhahn an und spülte mürrisch das Becken aus. Das Letzte, was er sah, war eine Tinktur aus einer blassen, weinroten Flüssigkeit, die zusammen mit der dunkelgrauen Zigarettenasche abfloss.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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