Die persönliche Freiheit und die UVS - Paula Jung - E-Book

Die persönliche Freiheit und die UVS E-Book

Paula Jung

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Beschreibung

Doktorarbeit / Dissertation aus dem Jahr 2001 im Fachbereich Jura - Öffentliches Recht / Staatsrecht / Grundrechte, Note: Gut, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck (Institut für öffentliches Recht, Finanzrecht und Politikwissenschaft), Sprache: Deutsch, Abstract: E i n l e i t u n g Ich schreibe meine Dissertation im Bereich des öffentlichen Rechts, da mir dieses Fach bereits in meinem Diplomstudium an mein Herz gewachsen ist. Erklären lässt sich die Liebe zu dieser Materie damit, dass jeder Mensch unterschiedliche Interessen hat. Außerdem musste ich mich bei meiner früheren Tätigkeit in einem Gemeindeamt täglich mit den beinahe uferlosen Bereichen des öffentlichen Rechts auseinander setzen, was eine gewisse Nahebeziehung mit sich bringt. Zudem bin ich der Meinung, dass gerade der grundrechtliche Bereich im täglichen Leben nicht immer in entsprechender Form gewürdigt, sondern manchmal sogar etwas stiefmütterlich behandelt wird. Im ersten Teil meiner Arbeit beschreibe ich die Grundbegriffe und stelle die Entstehung des Grundrechts auf persönliche Freiheit überblicksmäßig dar. Der zweite Teil enthält die Regelungen betreffend das Grundrecht auf persönliche Freiheit und ihre Interpretation durch den Verfassungsgerichtshof und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Der dritte Teil beinhaltet die Rechtsprechung betreffend das Grundrecht auf persönliche Freiheit. Im vierten Teil befasse ich mich mit dem Rechtsschutz, der dem Einzelnen bei einer Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit zur Verfügung steht. [...]

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Veröffentlichungsjahr: 2002

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Inhaltsverzeichnis
Erster Teil: Die Grundbegriffe und die Entstehung des Grundrechts auf
2. Die Entwicklung der Grundrechte im Überblick
2.1. Allgemeines zur Entwicklung der Grundrechte
2.2. Der Beginn der positivrechtlichen Garantien
2.4. Die Entwicklung auf der internationalen Ebene
Zweiter Teil: Die Regelungen betreffend das Grundrecht auf persönliche Freiheit und
2. Der Schutzbereich des Grundrechts auf persönliche Freiheit
2.1. Der persönliche Schutzbereich
2.2. Der sachliche Schutzbereich
2.2.1. Die Einschränkung auf die körperliche Bewegungsfreiheit
2.2.2. Die Einschränkung auf den Freiheitsentzug

Page 1

D i e p e r s ö n l i c h e F r e i h e i t u n d d i e U V S

D i s s e r t a t i o n

Zur Erlangung des Akademischen Grades einer Doktorin der Rechtswissenschaften an der juridischen Fakultät der Leopold Franzens Universität in Innsbruck.

Eingereicht beim Institut für öffentliches Recht, Finanzrecht und Politikwissenschaft Erstbegutachter: O. Univ.- Prof. Dr. Peter Pernthaler Zweitbegutachter: O. Univ.-Prof. Dr. Karl Weber Eingereicht von: Mag. Paula JUNG

Silz, am 10. Oktober 2001

Page 3

3

3. Der Gesetzesvorbehalt und das Verhältnismäßigkeitsprinzip 28 4. Die für die UVS relevanten Möglichkeiten eines Freiheitsentzuges 29

4.1. Allgemeines 29

4.2. Der Freiheitsentzug durch eine Verwaltungsbehörde auf

Grund eines Straferkenntnisses 30

4.3. Der Freiheitsentzug bei Verdacht einer gerichtlichen oder

finanzbehördlichen Straftat

4.3.1. Die Regelungen im BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit

4.3.2. Die Regelungen in Art 5 EMRK

4.3.3. Die einfachgesetzlichen Regelungen

4.3.3.1. Die Verwahrungshaft nach § 177 Abs 1 StPO und die Fälle

des § 175 StPO

4.3.3.2. Die Ermächtigungen nach dem Sicherheitspolizeigesetz

4.4. Der Freiheitsentzug bei Verdacht einer Verwaltungsübertretung 37

4.4.1. Die Regelungen im BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit 37

4.4.2. Die einfachgesetzlichen Regelungen

4.4.2.1. Der Freiheitsentzug nach § 35 Verwaltungsstrafgesetz

4.4.2.2. Die Beispiele besonderer gesetzlicher Ermächtigung 39

4.5. Der Freiheitsentzug als Beugemittel 40

4.6. Der Freiheitsentzug auf Grund einer gefährlichen Krankheit 41

4.6.1. Die Regelungen im BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit

4.6.2. Die Regelung in Art 5 EMRK

4.6.3. Die einfachgesetzlichen Regelungen zur Verhinderung einer

Ansteckungsgefahr 43

4.6.4. Die einfachgesetzlichen Regelungen zur Verhinderung einer

Selbst- oder Fremdgefährdung von psychisch kranken Menschen

4.6.4.1. Die Voraussetzungen für eine Unterbringung ohne Verlangen

4.6.4.2. Die Verfahrensschritte bei einer Unterbringung ohne Verlange n 45

4.6.4.3. Die Vorführung und Verbringung nach § 9 Abs 1 UbG

4.6.4.4. Die Vorführung nach § 46 Abs 1 SPG

4.6.4.5. Die Verbringung nach § 9 Abs 2 UbG und § 46 Abs 2 SPG

4.6.4.6. Die Zuständigkeit der UVS

4.7. Der Freiheitsentzug zur Sicherung einer Ausweisung oder einer

Auslieferung 48

4.7.1. Die Regelungen im BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit

4.7.2. Die Regelung in Art 5 EMRK

Page 4

4

5. Die Informationsrechte des Festgenommenen oder Angehaltenen 51 6. Der Anspruch auf eine Haftentschädigung 52 7. Der Anspruch auf Achtung der Menschenwürde und Schonung der Person 53

7.1. Die verfassungsrechtlichen Regelungen 53

7.2. Die einfachgesetzlichen Regelungen 53

Dritter Teil: Die Rechtsprechung betreffend das Grundrecht auf persönliche Freiheit 55

1. Behördliche Maßnahmen, die nicht in das Grundrecht auf persönliche

Freiheit eingreifen 55 2. Behördliche Maßnahmen, die in das Grundrecht auf persönliche

Freiheit eingreifen 56

2.1. Die Festnahme 57

2.2. Die Anhaltung 59 3. Der Freiheitsentzug und das Verhältnismäßigkeitsprinzip 60

3.1. Der alkoholisierte Beschwerdeführer 60 4. Die Verstöße gegen das Gebot der schonenden Behandlung und der

Achtung der Menschenwürde 61

4.1. Die Überstellung eines halbnackten Beschwerdeführers auf das

Kommissariat 61 4.2. Der Beschwerdeführer, der an den Haaren gezerrt und geschlagen wurde 62 5. Die Festnahmen im Dienste der Strafjustiz nach § 177 Abs 1 Z 1 iVm

Page 5

5.1. Die handgreifliche Beschwerdeführerin 63

5.2. Der gefährliche Beruf eines Taxilenkers 64

5.3. Der „Tränengasfall“ 64

5.4. Der vermutete Autodiebstahl 65

5.5. Die Sicherheitsorgane als „Kasperlen“ und die „Dachteln“ 65 6. Die Festnahmen nach § 35 Verwaltungsstrafgesetz 66

6.1. Der „Schreier“ im Sozialamt 67

6.2. Die Festnahme, die die Sicherheitsorgane ihrer Meinung nach

gar nicht durchführten 68

6.3. Der deutsche Staatsbürger mit einem italienischen Wohnsitz 69

6.4. Der deutsche Autoraser, der die Kaution nicht bezahlte 69

6.5. Die Sicherheitsorgane und ihr Misstrauen gegenüber der Visa-Karte 70

6.6. Die Kurdenversammlung 71

6.7. Der ausfällige Beschwerdeführer 71

6.8. Das unsportliche Sicherheitsorgan 72 7. Die Anhaltung nach einer rechtmäßigen Festnahme 73

7.1. Die handgreifliche Beschwerdeführerin 73

7.2. Der gefährliche Beruf eines Taxilenkers 74

7.3. Die gefährliche Verkehrskontrolle 74

7.4. Der vergessliche Beschwerdeführer 75

7.5. Die Kurdenversammlung 75

7.6. Der ausfällige Beschwerdeführer 76

7.7. Der Vorschlaghammer als „unverzichtbares“ Werkzeug der Sicherheitsorgane 76

Page 6

8. Der Freiheitsentzug im Zusammenhang mit psychisch kranken Menschen 77

8.1. Die Einlieferung in eine Anstalt ohne eine § 8 UbG-Bescheinigung 78

8.2. Die Anstaltseinlieferung trotz der fehlenden materiellen Unterbringungs-voraussetzungen 78

8.3. Die Entscheidungen zur Reichweite der Unterbringung 79 9. Die Schubhaftfälle 81

9.1. Die rechtsgrundlose Anordnung einer Schubhaft 81

9.2. Die Schubhaft und der gesetzliche Richter 82

9.3. Die Entscheidungen im Zusammenhang mit der Schubhaftdauer 84

9.4. Die Schubhaft und das gelindeste Mittel nach § 66 Abs 1 Fremdengesetz 87

9.5. Die nicht fristgerechte Entscheidung des UVS über die Fortsetzung

der Schubhaft 88

Vierter Teil: Der Rechtsschutz 90

1. Das Haftprüfungsve rfahren 90

1.1. Die Regelungen im BVG über den Schutz der persönlichen Freiheit 90

1.1.1. Die Erfordernisse einer unabhängigen Behörde im Sinne des Art 6 PersFrG 91

1.2. Die Regelungen in der EMRK 92

1.3. Die einfachgesetzlichen Haftprüfungsverfahren 93 2. Der Freiheitsentzug auf Grund eines richterlichen Befehles 93

2.1. Die Grundrechtsbeschwerde an den Obersten Gerichtshof 93 3. Der Freiheitsentzug ohne einen richterlichen Befehl 94

3.1. Die Beschwerde an die Unabhängigen Verwaltungssenate 94

3.1.1. Die Organisation und das Verfahren vor den UVS

3.1.2. Die Rechtsstellung der UVS und ihrer Mitglieder

Page 7

3.1.3. Die Aufgaben der UVS 97

3.1.3.1. Die Maßnahmebeschwerde nach § 67a Abs 1 Z 2 AVG und nach

§ 88 SPG sowie die Beschwerde nach § 72 Fremdengesetz 98

3.1.3.1.1. Die gesetzlichen Regelungen des Verfahrens

3.1.3.1.2. Die Beschwerdefrist und die Entscheidungsfrist

3.1.3.1.3. Die örtliche Zuständigkeit der UVS 100

3.1.3.1.4. Die Form und der Inhalt einer Beschwerde

3.1.3.1.5. Wer entscheidet bei den UVS über die Beschwerden

3.1.3.1.6. Einige Gründe, die eine Beschwerde unzulässig machen und zur

Zurückweisung führen 101

3.1.3.1.7. Das Vorenthalten einer Sachentscheidung 102

3.1.3.1.8. Die Prüfung einer zulässigen Beschwerde durch die UVS, die öffentliche

mündliche Verhandlung und der Grundsatz der freien Beweiswürdigung 102

3.1.3.1.9. Die Entscheidung der UVS über eine Beschwerde

3.1.3.1.10. Die Verfahrenskosten im Verfahren vor den UVS

3.1.3.1.11. Der Rechtsschutz gegen die Entscheidungen der UVS über die

Beschwerden 104

3.2. Die Bescheidbeschwerde an den Verfassungsgerichtshof

3.2.1. Die Voraussetzungen für ihre Erhebung

3.2.2. Das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof 105

3.3. Die Bescheidbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof 107

3.3.1. Die Voraussetzungen für ihre Erhebung

3.3.2. Das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof

3.3.3. Die Abgrenzung der Aufgabenbereiche zwischen den beiden

öffentlich-rechtlichen Gerichtshöfen

3.3.4. Die Fälle, über die der Verwaltungsgerichtshof entschieden hat

3.4. Der Rechtszug an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte 110

Schlusswort 111

Literaturverzeichnis 114

Anhang

Page 8

Abs Absatz

AHG

Art

AVG

BGBl

B-VG

BVG

bzw

EMRK

EGMR

EO

f

ff

FinStrG

FrG

F-VG

GP

GRBG

Gz

HDG

Hg

idF

iVm

LGBl

lit

ÖJZ

PersFrG

RGBl

Rz

SPG

StEG

StGB

StGBl

StGG

StPO

StVO

UbG

UN

UVS

VfGG

VfGH

VfSlg

vgl

VStG

VVG

Page 9

VwGG

VwGH

VwSlg

Z

zB

ZPEMRK

ZPO

Page 10

Ich schreibe meine Dissertation im Bereich des öffentlichen Rechts, da mir dieses Fach bereits in meinem Diplomstudium an mein Herz gewachsen ist. Erklären lässt sich die Liebe zu dieser Materie damit, dass jeder Mensch unterschiedliche Interessen hat. Außerdem musste ich mich bei meiner früheren Tätigkeit in einem Gemeindeamt täglich mit den beinahe uferlosen Bereichen des öffentlichen Rechts auseinander setzen, was eine gewisse Nahebeziehung mit sich bringt. Zudem bin ich der Meinung, dass gerade der grundrechtliche Bereich im täglichen Leben nicht immer in entsprechender Form gewürdigt, sondern manchmal sogar etwas stiefmütterlich be-handelt wird.

Im ersten Teil meiner Arbeit beschreibe ich die Grundbegriffe und stelle die Entstehung des Grundrechts auf persönliche Freiheit überblicksmäßig dar.

Der zweite Teil enthält die Regelungen betreffend das Grundrecht auf persönliche Freiheit und ihre Interpretation durch den Verfassungsgerichtshof und den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.

Der dritte Teil beinhaltet die Rechtsprechung betreffend das Grundrecht auf persönliche Freiheit. Im vierten Teil befasse ich mich mit dem Rechtsschutz, der dem Einzelnen bei einer Verletzung des Grundrechts auf persönliche Freiheit zur Verfügung steht.

Es stellt für mich eine Herausforderung dar, meine Kenntnisse gerade auf diesem Gebiet zu vertiefen und möchte mich von ganzen Herzen bei Herrn Professor Dr. Pernthaler, bei Herrn Professor Dr. Weber, bei Frau Professor Dr. Rath-Kathrein und bei Frau Dr. Gamper für die freundliche Aufnahme und für die nicht selbstverständliche Hilfsbereitschaft bedanken. Danken möchte ich auch Frau Schmutzer, die mit ihrer freundlichen Art ebenfalls einen recht erheblichen Beitrag dazu geleistet hat, dass ich mich auf diesem Institut immer sehr wohl gefühlt und dieses Institut sehr gerne besucht habe. Danke!

Page 11

Erster Teil: Die Grundbegriffe und die Entstehung des Grundrechts auf persönliche Freiheit im Überblick

1. Das Grundrecht auf persönliche Freiheit als Grundrecht, Menschenrecht und verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht

Da der Staat für die Menschen da ist und nicht die Menschen für den Staat, besteht eine wesentliche Aufgabe des Staates darin, seinen Rechtsunterworfenen ein Zusammenleben in Freiheit, Gleichheit und Würde zu gewährleisten. Diese Aufgabe erfordert, dass der Staat den Grund- und Menschenrechten eine Priorität einräumt und sie entsprechend würdigt. Die Grund- und Menschenrechte sind die Legitimationsgrundlage eines demokratischen Verfassungsstaates, der ein Menschenrechtsstaat und ein Grundrechtsstaat ist, da er die Menschenrechte rechtlich verbindlich anerkennt, die Verfahren zur wirksamen Durchsetzung bereitstellt und sich damit selbst in seiner Macht begrenzt1.

Das Zusammenspiel der Grundrechte mit dem demokratischen Prinzip ergibt sich vor allem aus der Präambel der EMRK, die die Konventionsrechte als die „Grundlage der Gerechtigkeit und des Friedens in der Welt“ bezeichnet. Die Aufrechterhaltung der Grundfreiheiten beruht danach im Wesentlichen auf einem wahrhaft demokratischen politischen Regime und auf einer gemeinsamen Auffassung und Achtung der Menschenrechte2.

Die Grundrechte und die Demokratie sichern die Rechte der Menschen in einem Staat. Beide Erscheinungen stützen und ergänzen sich und können durchaus in manchen Situationen in ein Spannungsverhältnis treten, da die Grundrechte nicht immer mit dem Gemeinwohl im demokratischen Prozess übereinstimmen müssen3.

Grund- und Menschenrechte sind

* fundamentale Rechtspositionen des Einzelnen, die durch

1Berka, Die Grundrechte, Rz 2.

2Berka, Die Grundrechte, Rz 3.

3Berka, Die Grundrechte, Rz 4.

Page 12

* das Verfassungsrecht oder das Völkerrecht mit * einer gewissen Unverbrüchlichkeit ausgestattet und * in einem rechtlichen Verfahren durchsetzbar sind4.

Menschenrechte sind angeborene Rechte eines Menschen. Sie gehören zum Wesen eines Menschen und sind mit seiner Person untrennbar verbunden. Sie ergeben sich aus dem Naturrecht oder aus dem Völkerrecht. Sie werden auch als Jedermannsrechte bezeichnet, da sie dem Einzelnen unabhängig von seiner jeweiligen Staatszugehörigkeit zustehen5.