Die schönste Blume des Harems - Annie West - E-Book

Die schönste Blume des Harems E-Book

Annie West

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Beschreibung

Eine tolle Chance: Jacqui darf die spannende Geschichte des Harems von Jazeer schreiben. Aber das heißt nicht, dass sie selbst als Wüstenbraut in den Armen des feurigen Sultans Asim landet – oder doch?

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Seitenzahl: 174

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IMPRESSUM

Die schönste Blume des Harems erscheint in der Verlagsgruppe HarperCollins Deutschland GmbH, Hamburg

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Katja Berger, Jürgen WelteLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Christina SeegerGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2015 by Annie West Originaltitel: „The Sultan’s Harem Bride“ erschienen bei: Mills & Boon Ltd., London Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe JULIA EXTRABand 407 - 2015 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Dorothea Ghasemi

Umschlagsmotive: Harlequin Books S.A.

Veröffentlicht im ePub Format in 10/2021.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783751513234

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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1. KAPITEL

„Gib auf, Jack! Wir kommen hier nicht durch!“ In dem Tohuwabohu aus Menschen, Fahrzeugen und Vieh war Imrans Stimme kaum zu vernehmen.

„Nein!“ Jacqueline, die meistens Jacqui genannt wurde, schüttelte den Kopf. „Wir schaffen es!“

Sie hatten die einmalige Chance, einen der Oppositionsführer vor die Kamera zu bekommen. Einen Reformer, den die offiziellen Stellen am liebsten zum Schweigen gebracht hätten und an den man nur schwer herankam. Dieses Interview durften sie sich nicht entgehen lassen!

Doch ein ungutes Gefühl beschlich Jacqueline. Die überfüllte Straße kam ihr seltsam bekannt vor, als ob sie hier schon einmal gewesen wäre. Und dieser Geruch nach Staub, Schweiß und Gewürzen … Hatte sie ein Déjà-vu? Eine böse Vorahnung lies Jacqueline unvermittelt stehen bleiben.

Angst stieg in ihr auf. „Imran?“

„Ich bin hier, Jack.“ Als Jacqueline herumwirbelte, sah sie ihn – groß, die Kamera auf der Schulter, die schalkhaften Augen zusammengekniffen, weil die Sonne ihn blendete.

Erleichterung überkam sie.

„Wenn du lieber ins Hotel zurück möchtest, versuche ich, ihn allein aufzuspüren, und rufe dich dann an“, sagte sie.

Doch Imran zeigte keinerlei Reaktion.

Hatte er sie nicht gehört? Verwirrt fuhr Jacqueline sich über die Stirn. Ihr war heiß. Alles erschien ihr seltsam unwirklich. Sie blinzelte und versuchte, sich zu konzentrieren. Dies würde ihre beste Story überhaupt werden. Es war die Gelegenheit, die Wahrheit über dieses Unterdrückerregime zu schreiben. Dann würden die Weltmächte nicht länger die Augen vor der Gewalt verschließen können.

„Komm, beeil dich, Jack.“ Entschlossen schritt Imran an ihr vorbei und bahnte sich zielstrebig einen Weg zwischen den Passanten hindurch.

Jacqueline wollte ihm folgen, konnte sich aber plötzlich nicht mehr von der Stelle rühren. Um sie herum schienen sich alle wie in Zeitlupe zu bewegen. Nur Imran entfernte sich immer schneller von ihr. Das Déjà-vu-Gefühl verstärkte sich, und ein kalter Schauer lief ihr über den Rücken. Jacqueline wollte rufen, doch sie brachte kein Wort über die Lippen. Hilflos beobachtete sie, wie Imran in der Menge verschwand.

Und dann passierte es. Eine heftige Erschütterung war zu spüren, dann folgte ein ohrenbetäubender Knall.

Schockiert erwachte Jacqueline aus ihrer Starre – und rannte los. Erst als sie auf dem Boden die Überreste einer Kamera sah, kam sie stolpernd zum Stehen.

Imran! Ein Stück der Kamera lag noch in seinen starren Händen. Jacqueline kniete sich neben den reglosen Körper und versuchte, die Situation zu erfassen. Imrans seltsam verdrehte Arme und Beine, den Staub, das viele Blut. Fassungslos streckte Jacqueline die Hand aus. Diesen Menschen hatte sie besser gekannt als jeden anderen!

Ein Schluchzen entwich ihrer Kehle und formte sich zu einem verzweifelten Schrei …

Aufgebracht trat Asim in den mondbeschienenen Innenhof des alten Palasts. Wie hatte sein Botschafter diese Frau nur als potenzielle Braut vorschlagen können? Oder dem alten Emir zu verstehen geben können, dass dieser seine Nichte mitbringen sollte? Dies hätte ein ganz normaler Staatsbesuch zum Abschluss des Energieabkommens sein sollen. Stattdessen schien sich der Besuch des Emirs in Jazeer zu einem diplomatischen Desaster zu entwickeln.

Asim ließ den duftenden Garten hinter sich und betrat wieder einen Bogengang. Am liebsten wäre er mit seinem Geländewagen in die Wüste gefahren, doch am nächsten Morgen würde er wieder den Gastgeber spielen müssen. Er durfte den Emir nicht in seinem Stolz verletzen, musste ihm allerdings klarmachen, dass er seine Nichte nicht heiraten würde, so schön sie auch sein mochte.

Asim verzog das Gesicht. Als junger Mann hatte er einschlägige Erfahrungen gesammelt und mit den schönsten Frauen geschlafen. Aber glaubten sie wirklich, er würde sich so von dem Charme dieser Frau einwickeln lassen, dass er über ihren Charakter hinwegsah? Heute Abend hatte die Nichte des Emirs sich zwar sehr unschuldig gegeben, doch er wusste, dass sie gern um die Welt jettete, ständig Affären hatte und sogar Drogen nahm.

Die zukünftige Frau des Sultans von Jazeer musste nicht nur schön, sondern auch intelligent, würdevoll und über jeden Zweifel erhaben sein – und eine liebevolle Mutter.

Seine Ehefrau würde das genaue Gegenteil seiner eigenen Mutter sein.

Oh ja, sie war eine Schönheit gewesen. Und auch liebevoll – auf ihre eigene Art.

Ein eisiger Schauer lief ihm über den Rücken. Das Schicksal sollte ihn vor der Liebe bewahren! Dieser Fluch hatte erst seine Eltern vernichtet und dann seine Schwester. Auf keinen Fall wollte er etwas Ähnliches erleben!

Asim atmete tief durch. Eigentlich hatte er sich in aller Stille eine Braut suchen wollen. Von nun an würde man wild spekulieren und ihm eine Kandidatin nach der anderen vorstellen.

Ein lauter Schrei ließ ihn zusammenzucken, und Asim hob den Kopf und blickte sich um. Ein weiterer unheimlicher Schrei durchbrach die nächtliche Stille.

Asim ging einen weiteren Bogengang entlang. Dieser führte zu einem noch älteren Trakt, der nicht mehr benutzt wurde. Wieder hörte er einen Schrei, als er einen verwilderten Teil des Gartens betrat. Und wieder. Schrill, gequält. Er eilte weiter. Sobald er sich dem Pavillon am hinteren Ende des Gartens näherte, sah er einen Lichtschein und verspürte einen Adrenalinschub.

Asim rannte darauf zu. Er konnte allerdings weder Flammen noch Rauch sehen. Durch den breiten Eingang und den dunklen Flur gelangte er in einen Raum, in dem Licht brannte. Mit klopfendem Herzen blieb er stehen, so unerwartet traf ihn der Anblick, der sich ihm bot.

Eine altmodische Lampe tauchte den Raum mit den Wandgemälden und dem Mosaikfußboden in sanftes Licht. Es gab nur einen kleinen Tisch, eine mit Schnitzereien verzierte Kommode und ein breites Bett.

Fassungslos betrachtete er die Frau, die nackt darauf lag. Das warme Licht ließ ihren Körper golden schimmern – die langen, schlanken Beine, den flachen Bauch, die hohen, festen Brüste, die sich bei jedem Atemzug bewegten, den schlanken Hals und die schmerzhaft verzogenen Lippen. Ihre Arme ruhten über ihrem Kopf auf einem Satinkissen.

Verblüffung, Neugier und heiß aufloderndes Verlangen kämpften in ihm um die Oberhand. Asim schluckte und ließ den Blick von ihren Brüsten zu dem Dreieck zwischen ihren Schenkeln gleiten. Dann riss er sich zusammen und ging auf die Frau zu.

Ihr verschwitztes dunkelblondes Haar verwirrte sich auf dem Kissen zu wilden Strähnen, als sie den Kopf hin und her warf und im Schlaf stöhnte. Sobald er vor ihr stand, spürte er die Hitze, die sie ausstrahlte. Schnell verschränkte er die Hände im Rücken, um sie nicht zu berühren.

Wer war diese Frau?

Ungeachtet seiner hohen Position hatten sich ihm schon einige Frauen schamlos dargeboten. Gehörte diese Frau auch dazu? Die Reaktion seines Körpers bewies jedenfalls, dass sie sein Interesse geweckt hatte. Früher wäre er vielleicht in Versuchung geraten, doch jetzt suchte er eine Ehefrau und keinen One-Night-Stand.

Unwillkürlich betrachtete er wieder ihren Körper. Sie war sehr schlank, beinah dünn, und groß. Ein Model?

Mühsam musste Asim die Erregung unterdrücken, die sein Blut in Wallung brachte. Langsam streckte er eine Hand zu ihrer Brust und obwohl er die Frau nicht berührte, glaubte er, eine ihrer Knospen zu spüren. Schnell ballte er seine Hand zur Faust, um der Versuchung zu widerstehen.

Plötzlich bewegte sich die Frau im Schlaf. Sie atmete hörbar ein und seufzte im nächsten Moment tief.

Beschämt wich Asim einen Schritt zurück, denn er fühlte sich plötzlich wie ein Voyeur. „Aufwachen!“, sagte er energisch.

Zuerst reagierte sie nicht. Er öffnete den Mund, um es zu wiederholen, doch da bewegte sich die fremde Frau erneut – und begann laut zu schreien.

„Aufwachen! … Aufwachen!“ Wie ein Mantra gingen ihr die Worte durch den Kopf. Der Boden bebte, und sie wurde wie eine Puppe durch die Luft geschleudert. Doch Jacqui lief nicht weg. Warum sollte sie auch? Sie hatte Imran der Gefahr ausgesetzt, und nun war er tot. Wie konnte sie überhaupt ans eigene Überleben denken?

Aber die Stimme verstummte nicht. „Aufwachen!“ Jemand hatte geschrien. Jacqui brauchte eine Weile, um sich bewusst zu machen, dass es ihre eigenen Schreie gewesen waren. Angst ergriff sie, obwohl die Panik des Traums langsam abzuebben begann.

Sie hatte wieder geträumt.

„Schon besser.“ Das war wieder die Stimme. Beruhigend und so tief, dass sie sie bis ins Innerste berührte. „Sie sind jetzt wach, stimmt’s?“

Imran ist tot. Eine tiefe Trauer überkam sie.

Tränen liefen ihr über die Wangen, und sie wischte sie schnell weg. Die Wärme an ihren Schultern ließ nach. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass jemand sie berührt hatte. Schockiert öffnete Jacqui die Lider.

Ich bin nicht allein.

Dunkle Augen unter geraden schwarzen Brauen blickten sie forschend an. In den Winkeln zeichneten sich feine Fältchen ab, ein Beweis dafür, dass dieser Mann viel Zeit im Freien verbrachte. Wie gebannt erwiderte sie seinen Blick. Er kam ihr irgendwie bekannt vor.

„Geht es Ihnen besser?“, erkundigte er sich besorgt.

Obwohl sie noch ganz unter dem Eindruck des Albtraums stand, hatte sie keine Angst. Ja, sie war erleichtert, dass sie nicht im Dunkeln allein war.

Der Mann stand so dicht vor ihr, dass sie den Duft seiner Haut wahrnahm, der sie an exotische Gewürze und heiße Wüstenwinde erinnerte. Lange Wimpern verschleierten seine Augen, als er den Blick zu ihren Lippen schweifen ließ. Sofort wurde ihr heiß, und sie spürte, wie ihre Knospen sich aufrichteten.

Starr betrachtete sie ihn, während sie fieberhaft überlegte, was ihre ungewohnte Reaktion bedeutete. „Ja, danke. Ich bin …“ Erst dann erinnerte sie sich. „… nackt!“ Schockiert setzte sie sich auf.

Während der Mann zurückwich, suchte sie in Panik nach dem Laken, das vom Bett gerutscht sein musste. Sie erinnerte sich nur daran, dass er ihre Schultern umfasst hatte. Aber hatte er sie womöglich noch woanders angefasst? Sobald sie sich das seidene Laken umgeschlungen hatte, richtete sie sich auf und wirbelte zu ihm herum.

Der Fremde war sehr groß, und das sollte etwas heißen, denn es gab nur wenige Männer, denen gegenüber sie sich klein fühlte. Seine breiten Schultern unterstrichen ihren ersten Eindruck von ungezügelter Männlichkeit. Und ihr zweiter Eindruck war, dass er etwas verbarg. Seine Miene wirkte verschlossen, fast streng und sein Blick geheimnisvoll. Noch immer betrachtete er sie forschend.

Noch nie hatte sie körperlich so auf einen Mann reagiert. Das beunruhigte sie fast genauso wie die Tatsache, dass er sie hier gefunden hatte.

Während sie das Laken unter dem Arm feststeckte, versuchte Jacqui, ihre Angst zu unterdrücken. In all den Jahren, die sie schon reiste, hatte sie das Packen zur Kunstform erhoben. Diesmal hatte zum ersten Mal überhaupt vergessen, ihr altes Sleepshirt einzupacken. Vor zwei Stunden hatte es sie noch nicht gestört, doch sie da hatte sie auch nicht damit gerechnet, aufzuwachen und vollkommen nackt einem Helden aus Tausendundeiner Nacht gegenüberzustehen. Oder war er ein Schurke?

„Wer sind Sie?“ Zu ihrem Leidwesen klang ihre Stimme heiser und bebte. „Was machen Sie hier?“

Regungslos stand er da. „Ich glaube, das ist mein Text.“ Er zog die Brauen hoch, als würde er auf ihre Antwort warten.

Aber Jacqui hatte gelernt, nie Schwäche zu zeigen. Es war ihr gutes Recht, hier zu sein. Doch bevor sie ihm das sagen konnte, sprach er wieder.

„Wer sind Sie, und was machen Sie in meinem Harem?“

2. KAPITEL

In seinem Harem?

Kein Wunder, dass er ihr so bekannt vorkam. Auf den Fotos hatte Sultan Asim von Jazeer allerdings immer die traditionelle Kopfbedeckung getragen.

Jacqui betrachtete das dichte schwarze Haar, das so gut mit seinem dunklen Teint harmonierte. In der Presse wurde er regelmäßig als einer der begehrtesten Junggesellen der Welt bezeichnet. Er war reich, mächtig und ausgesprochen charismatisch. Falls man ihn in der Öffentlichkeit je so sähe – ohne Kopfbedeckung und mit leicht zerzaustem Haar –, würde er sich vor den Frauen nicht mehr retten können.

Aber Imran zufolge hatten sich Seiner Königlichen Hoheit schon unzählige Frauen an den Hals geworfen.

Imran.

Jacqui legte sich die Hand auf den Bauch, weil ihr plötzlich flau wurde.

„Sie sollten sich setzen.“ Das war ein Befehl. „Sie hatten einen Albtraum und sollten noch vorsichtig sein.“

„Sie wissen davon?“

„Was glauben Sie denn, warum ich hier bin?“ Sein arroganter Gesichtsausdruck schien sie zu verhöhnen. Was sollte ein Mann wie Sultan Asim denn auch von einer so unscheinbaren Frau wie Jacqui Fletcher wollen?

Unbeholfen sank sie aufs Bett. Sie hatte ganz weiche Knie. Der Traum war so real gewesen.

„Alles in Ordnung?“ Er war wieder näher gekommen, blieb allerdings auf Abstand.

Grimmig musste Jacqui sich eingestehen, dass sie nicht zu den Frauen gehörte, mit denen reiche, verführerische Potentaten sich amüsierten. Die Natur hatte sie nicht gerade mit Kurven ausgestattet.

„Es wird mir bald wieder gutgehen“, schwindelte sie.

„Haben Sie oft Albträume?“

„Manchmal“, wich sie aus.

„Vielleicht sollten Sie sich Hilfe holen.“

„Sie scheinen sich ja sehr für meine Schlafgewohnheiten zu interessieren.“

Bildete sie es sich bloß ein, oder war er leicht rot geworden? Jacqui verspannte sich und strich sich über die Stirn, denn diese hatte zu pochen begonnen. Sie wünschte, sie könnte ihre Unhöflichkeit auf ihre Orientierungslosigkeit nach jenem Albtraum zurückführen. Doch sie argwöhnte, dass es ihre Reaktion auf den Sultan war. Er war einfach zu … groß, zu maskulin, zu nahe. Er schien den Raum zu beherrschen.

„Tut mir leid“, fügte sie heiser hinzu.

„Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen.“ Der Klang seiner Stimme ließ sie dahinschmelzen. „Die Umstände sind … ungewöhnlich. Ich muss mich bei Ihnen entschuldigen, weil ich Ihre Privatsphäre verletzt habe.“

Eigentlich hätte sie erleichtert sein müssen, weil der Sultan so offensichtlich nicht in ihrem Schlafzimmer sein wollte. Sie hatte das Funkeln in seinen Augen als Verlangen gedeutet, doch sie hatte sich geirrt. Aber aus irgendeinem Grund knisterte es immer noch zwischen ihnen.

„Und nun können Sie meine Frage beantworten“, fügte Asim hinzu.

„Ihre Frage?“ Sie fühlte sich wie ein Papagei, doch sie war völlig durcheinander.

Er verschränkte die Arme, und sie war schon wieder abgelenkt. Unter seinem langen Gewand zeichnete sich ein Körper ab, der noch beeindruckender war, als sie geahnt hatte.

„Wer sind Sie?“

Ihre Augen waren bernsteinfarben. Es war ein warmer, verlockender Farbton, der ihn an den Sonnenaufgang über der Wüste erinnerte. Das Strahlen darin hatte ihn verblüfft. Diese großen, leicht schrägen Augen verliehen der unbekannten Frau etwas Katzenhaftes.

Asim ertappte sich dabei, wie er sie anstarrte.

Aber immer noch besser, ihre Augen anzustarren als ihren Körper, meldete sich sein Gewissen. Er war der Löwe von Jazeer, der Herrscher, das Gesetz. Er begaffte keine wehrlosen Frauen. Doch das Bild ihres geschmeidigen Körpers hatte sich ihm eingebrannt, und er wurde es nicht mehr los.

„Ich bin Jacqui Fletcher.“ Sie straffte sich und blickte ihm direkt in die Augen, wie es nur wenige seiner Untertanen taten.

Sein Puls begann zu rasen. Sollte er sie kennen? Ihr Name kam ihm bekannt vor, doch Asim war sicher, dass sie sich noch nie begegnet waren. Jacqui hatte zuerst auf Arabisch geantwortet und war erst ins Englische gewechselt, als sie sich ihrer Nacktheit bewusst wurde.

„Wie kommen Sie hierher?“ Seine Sicherheitsbeamten waren ihm einige Antworten schuldig.

„Ich wurde eingeladen.“ Sie hob den Kopf, wandte allerdings den Blick ab.

„Ach ja?“ Fasziniert beobachtete Asim, wie sie errötete. „Ich kann mich nicht entsinnen, eine Einladung ausgesprochen zu haben.“

Wieder hob sie das Kinn. War ihr eigentlich bewusst, wie aufreizend sie aussah mit dem zerzausten Haar und dem hauchdünnen Laken, das immer tiefer rutschte?

„Die Einladung kam von Lady Rania.“

„Von meiner Großmutter?“ Er witterte eine Intrige. Im Laufe der Jahre hatte er einen Instinkt für so etwas entwickelt, schließlich war er in einer entsprechenden Umgebung aufgewachsen. „Komisch, dass sie mir gegenüber kein Wort erwähnt hat.“

Jacqui zuckte die bloßen Schultern. Sofort flammte heißes Verlangen in Asim auf, doch er ignorierte es.

„Wirklich nicht?“

Allmählich verlor er die Geduld. „Warum sind Sie hier, Jacqui Fletcher?“ Er hatte den Namen schon einmal gehört. „Sie müssten eigentlich in einer der Gästesuiten in der Nähe meiner Großmutter wohnen.“

Irgendetwas lief hier hinter seinem Rücken, und das gefiel ihm überhaupt nicht. Er hätte eigentlich argwöhnisch sein müssen, denn die alte Dame war in der vergangenen Woche ungewöhnlich still gewesen. Seine geliebte Großmutter besaß viele Eigenschaften – sie war ebenso scharf- wie starrsinnig, aber niemals zaghaft. Er hatte sich schon besorgt gefragt, ob es ihr nicht gut ging, ob das Alter und der Kummer sich jetzt bei ihr bemerkbar machten. Aber er hätte es besser wissen müssen.

„Ich recherchiere hier für ein Buch. Ich bin Schriftstellerin.“

Asim runzelte die Stirn. „Schriftstellerin?“ Und plötzlich fiel es ihm ein. Er erstarrte. „Nicht Jacqui, sondern Jacqueline Fletcher, stimmt’s?“ Als sie schluckte, wusste er, dass er recht hatte. „Und Sie sind keine Schriftstellerin, sondern Journalistin. Richtig?“

Zorn flammte in ihm auf. Was hatte seine Großmutter sich nur dabei gedacht? Zu jeder anderen Zeit wäre es schlimm genug gewesen, aber ausgerechnet jetzt? Für sie alle stand zu viel auf dem Spiel. Und das hier war nicht irgendeine Journalistin. Sie war bei Imran gewesen, als dieser starb.

Asim atmete tief durch, um den Schmerz zu unterdrücken. Sein Cousin hatte mit dieser Frau zusammengearbeitet. Sie waren gemeinsam zu einem Interview aufgebrochen. Doch nur einer von ihnen war zurückgekehrt.

Krampfhaft krallte Jacqui die Finger in das Seidenlaken, das ständig hinunterzurutschen drohte. Sie hatte eigentlich vorgehabt, dem Sultan angezogen unter die Augen zu treten … Nur mühsam unterdrückte sie ein hysterisches Kichern.

Dabei war es überhaupt nicht lustig! Sultan Asim war so mächtig, dass er ihr Projekt zunichtemachen konnte. Wie sollte sie ihn in diesem Zustand und in diesem Aufzug von ihrer Mission überzeugen? Er würde sie niemals ernst nehmen.

„Ich nenne mich Jacqui Fletcher.“

„Aber in den offiziellen Berichten war immer von Jacqueline die Rede“, sagte er mit einem vorwurfsvollen Unterton, der sie zusammenzucken ließ.

Sie kannte die Berichte, die er meinte. Polizeiberichte, diplomatische Berichte, Arztberichte und Pressemeldungen. Es war erstaunlich, wie viel Bürokratie es nach sich zog, wenn zwei ausländische Reporter in einen vermeintlich terroristischen Anschlag gerieten!

Mühsam schluckte sie. „Das ist mein Geburtsname, aber den benutze ich nie.“

„Nein.“ Seine Miene versteinerte. „Ich weiß, dass Sie sich Jack nennen.“

Imran. Jacqui drohte die Fassung zu verlieren. Er musste es ihm erzählt haben. „Das ist ein Spitzname, den meine Kollegen benutzen.“

„Sie waren die Partnerin meines Cousins.“ Asim betrachtete sie durchdringend.

Glaubte er etwa, Imran und sie wären ein Paar gewesen? „Wir waren Kollegen … und Freunde.“ Keiner hatte Jacqui so nahegestanden wie Imran.

Kein Wunder, dass dieser Mann ihr von Anfang an so bekannt vorgekommen war. Genau wie Imran war auch der Sultan außergewöhnlich attraktiv. Doch während Imrans Augen stets schalkhaft gefunkelt hatten, schien der Sultan niemals zu lachen. Er wirkte in jeder Hinsicht härter als sein Cousin.

„Mein herzliches Beileid“, sagte Jacqui heiser. Nach seinem Tod hatte sie an Imrans Familie geschrieben, doch sie war Asim ja noch nicht persönlich begegnet.

„Danke.“ Höflich neigte Asim den Kopf.

Er wollte ihr Mitgefühl nicht. Er lehnte sie ab. Ihr Magen krampfte sich noch mehr zusammen. Sie konnte es Asim nicht verdenken, denn sie war schuld an Imrans Tod. Und sie würde weiter als Journalistin arbeiten.

Jacqui wickelte das Laken fester um sich. Sie wollte allein sein, aber der Mann vor ihr machte keine Anstalten zu gehen. Und dass sie nur notdürftig verhüllt war, brachte ihn offenbar nicht im Geringsten aus der Fassung. Sie hingegen war sich überdeutlich ihrer Weiblichkeit und ihrer Nacktheit bewusst.

„Meine Großmutter hat Sie hierher eingeladen, damit Sie für ein Buch recherchieren können?“, hakte er ungläubig nach.

„Ja, das hat sie.“ Jacqui rang um Fassung. Früher hätte sie eine Situation wie diese als Herausforderung betrachtet, doch seit dem Attentat hatte ihr Selbstvertrauen erheblich gelitten. Die letzten Monate hatten ihren Tribut gefordert.

Sie war nicht mehr die Frau, die sie einmal gewesen war. Diese Erkenntnis jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Hatte sie sich nicht geschworen, sich selbst aus diesem Tief zu kämpfen? Hatte sie sich nicht vorgenommen, ihr Projekt erfolgreich abzuschließen?

Schließlich ist es alles, was mir geblieben ist.

„Lady Rania war sehr hilfsbereit und gastfreundlich“, fügte sie demonstrativ hinzu. „Sie hat mich persönlich eingeladen, hier, im Herz des alten Palasts zu wohnen.“ Sie rang sich ein Lächeln ab. „Ich bin ihr sehr dankbar.“