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Seitenzahl: 118
KÖNIGS ERLÄUTERUNGEN
Band 422
Textanalyse und Interpretation zu
Jeremias Gotthelf
DIE SCHWARZE SPINNE
Daniel Rothenbühler
Alle erforderlichen Infos für Abitur, Matura, Klausur und Referat plus Musteraufgaben mit Lösungsansätzen
Zitierte Ausgaben: Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. Erzählung. Husum/Nordsee: Hamburger Lesehefte Verlag, 2010 (Hamburger Leseheft Nr. 51, Heftbearbeitung: F. Bruckner und K. Sternelle). Zitatverweise sind mit gekennzeichnet. Jeremias Gotthelf: Die schwarze Spinne. Erzählung. Anmerkungen von Wolfgang Mieder. Stuttgart: Reclam, 2002 (Universal-Bibliothek Nr. 6489). Zitatverweise sind mit gekennzeichnet.
Über den Autor dieser Erläuterung: Dr. phil. hist. Daniel Rothenbühler wurde 1951 in Porrentruy geboren. Er hat in Heidelberg und in Bern Germanistik und Romanistik studiert und 1992 in Bern mit einer Dissertation zum Thema Der grüne Heinrich 1854/55 promoviert. Er publiziert regelmäßig über die deutschsprachige Literatur der Schweiz und unterrichtet seit 1991 Deutsch und Französisch am Gymnasium Köniz bei Bern und lebt mit seiner Frau und seiner Tochter in Lausanne.
Das Werk und seine Teile sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung in anderen als den gesetzlich zugelassenen Fällen bedarf der vorherigen schriftlichen Einwilligung des Verlages. Hinweis zu § 52 a UrhG: Die öffentliche Zugänglichmachung eines für den Unterrichtsgebrauch an Schulen bestimmten Werkes ist stets nur mit Einwilligung des Berechtigten zulässig.
2. Auflage 2013
ISBN 978-3-8044-6911-2
© 2003, 2010 by C. Bange Verlag, 96142 Hollfeld Alle Rechte vorbehalten! Titelbild: © ullstein bild – Peter Arnold Inc.
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INHALT
1. DAS WICHTIGSTE AUF EINEN BLICK – LEBEN UND WERK
2. JEREMIAS GOTTHELF: LEBEN UND WERK
2.1 Biografie
2.2 Zeitgeschichtlicher Hintergrund
Politik
Wirtschaft
Gesellschaft
2.3 Angaben und Erläuterungen zu wesentlichen Werken
3. Textanalyse und -interpretation
3.1 Entstehung und Quellen
3.2 Inhaltsangabe
3.3 Aufbau
Die Grundstruktur der Handlung
Strukturbildende Motive
Das Erzählen
3.4 Personenkonstellation und Charakteristiken
Rahmengeschichte
Die erste Binnengeschichte
Die zweite Binnengeschichte
3.5 Sachliche und sprachliche Erläuterungen
3.6 Stil und Sprache
Der hohe Stil
Anklänge an die Bibel
Präsenz der Berner Mundart
3.7 Interpretationsansätze
Der gattungsgeschichtliche Ansatz
Der epochengeschichtliche Ansatz
Der ideengeschichtliche Ansatz
4. Rezeptionsgeschichte
5. Materialien
Die Teufelskuss-Szene in Hansjörg Schneiders Dramatisierung von 1988
Die Teufelskuss-Szene in Urs Widmers Dramatisierung von 1998
6. PRÜFUNGSAUFGABEN MIT MUSTERLÖSUNGEN
Aufgabe 1 *
Aufgabe 2 *
Aufgabe 3 *
Aufgabe 4 *
Literatur
Zitierte Ausgaben:
Werkausgabe:
Lernhilfen und Kommentare für Schüler:
Verwendete Sekundärliteratur zu Gotthelf:
Verwendete Sekundärliteratur zum historischen Kontext:
Materialien aus dem Internet:
Damit sich jeder Leser in unserem Band rasch zurechtfindet und das für ihn Interessante gleich entdeckt, hier eine Übersicht.
Im 2. Kapitel beschreiben wir Gotthelfs Leben und stellen den zeitgeschichtlichen Hintergrund dar:
Jeremias Gotthelf (eigtl. Albert Bitzius) lebte von 1797 bis 1854, wirkte als Pfarrer und Schriftsteller in Lützelflüh im Emmental.
Im Lauf der Regeneration haben sich die Schweizer Kantone in den 1830er Jahren liberale Verfassungen gegeben. Industrialisierung und Agrarrevolution führen ökonomische und sozialen Krisen und große Massenarmut mit sich.
1836 bis 1854 schafft Gotthelf ein literarisches Werk von fast 10.000 Seiten. Die schwarze Spinne erscheint 1842 in der Schaffensphase der Objektivierung.
Im 3. Kapitel bieten wir eine Textanalyse und -interpretation.
Die schwarze Spinne – Entstehung und Quellen:
Gotthelf schreibt die Erzählung 1841, angeregt durch die 1819 veröffentlichte Erzählung Die schwarze Spinne von August Friedrich Ernst Langbein und mehrere Schweizer Sagen.
Inhalt:
Die Erzählung umfasst eine Rahmen- und zwei Binnengeschichten.
Die Rahmengeschichte zeigt das Tauffest einer Bauernfamilie im Emmental an einem Himmelfahrtstag im 19. Jahrhundert. Ein schwarzer Pfosten am Bauernhaus veranlasst den Großvater, das zweimalige Auftreten der teuflischen schwarzen Spinne und der mit ihr einhergehenden Pest zu erzählen: ein erstes Mal im Feudalismus des 13. Jahrhunderts, ein zweites Mal in der frühen Neuzeit des 15. Jahrhunderts. Beide Male erscheint die Spinne aufgrund sündhaften Verhaltens der Bauern und kann durch den Opfertod frommer Menschen in den schwarzen Pfosten gebannt werden. Dieser wird als Mahnmal gegen eine erneute Versündigung in jeder Erneuerung des Hauses beibehalten.
Aufbau:
Die Verknüpfung der drei Handlungen aus drei Zeiträumen zu einem Rahmen mit zwei Binnengeschichten gelingt durch mehrere verbindendeMotive:
die Taufe als Rahmen- und Kernmotiv
die Spinne als Titel- und Kernmotiv
der Fensterpfosten als Rahmenmotiv
Eine weitere Verbindung schafft das einheitliche auktoriale Erzählverhalten in der Rahmen- und den Binnenerzählungen.
Personen:
Die Hauptpersonen sind
in der Rahmengeschichte der erzählende Großvater, die verängstigte Gotte (Patin) und die resolute Hebamme/Köchin
in der ersten Binnengeschichte der tyrannische Ritter von Stoffeln, die geltungssüchtige Christine, der Teufel/„der Grüne“ und die junge Frau und der Priester, die sich beide aufopfern
in der zweiten Binnengeschichte der gutmütige Christen, seine geltungssüchtige Mutter, ein fremder Knecht und ein wildes Weib.
Wir stellen diese Hauptpersonen ausführlich vor und zeigen sie in ihren Beziehungen zu allen anderen Personen.
Stil und Sprache Gotthelfs:
Typisch für Gotthelf und seine Zeit (Biedermeier) ist die Stilmischung:
hoher Stil mit rhetorischen Mitteln
Bibelsprache in Wortwahl und Satzbau
Präsenz der Berner Mundart in Lautung und Wortbildung
Drei Interpretationsansätze bieten sich an:
Der gattungsgeschichtliche Ansatz: Novelle, Idylle, Sage, Legende
Der epochengeschichtliche Ansatz: Biedermeier mit Katastrophenangst und Bemühen um Ordnung.
Der ideengeschichtliche Ansatz: Politisch reformkonservativ, theologisch orientiert an Luther mit gütigem und strafendem Gott, literarisch die Lehre durch Einübung.
Jeremias Gotthelf 1797–1854 © ullstein bild
Jeremias Gotthelf ist der programmatische Schriftsteller-Name des Pfarrers Albert Bitzius.
Jeremias
warnt sein Volk als Prophet vergeblich vor der Versündigung.
Gotthelf
ist die Hoffnung des guten Menschen auf die Gnade Gottes.
2.1BiografieJahr
Ort
Ereignis
Alter
4. 10. 1797
Murten
Geburt des Albert Bitzius in Murten als Sohn des Pfarrers Sigmund Bitzius (1757–1824) und dessen dritter Ehefrau Elisabeth Bitzius-Kohler (1767–1836).
Die Familie Bitzius gehört zur „gebildeten Oberschicht im Stadtstaat Bern“[1].
1805
Utzenstorf
Umzug der Familie nach Utzenstorf, südlich von Solothurn. Das Landleben prägt nun Gotthelfs Kindheit und Jugend.
8
1808–1812
Utzenstorf
Latein- und Griechischunterricht beim Vater, Lektüre von Romanen, „so viel ich zur Hand bringen konnte“[2].
11–15
1812–1814
Bern
Pädagogium (Literaturschule) in Bern. Allgemeinbildendes Propädeutikum an der bernischen Akademie (Vorläuferin der 1834 gegründeten Universität).
15–17
1817–1820
Bern
Theologiestudium.
20–23
1818–1819
Bern
Geschichtsunterricht am Pädagogium.
21–22
1819
Mitbegründer des Zofingervereins, einer liberalen Studentenvereinigung.
22
19. 6. 1820
Bern
Schlussexamen in Theologie.
22
1820–1821
Utzenstorf
Vikar bei seinem Vater in Utzenstorf.
23–24
1821–1822
Göttingen
Universität Göttingen. Vertiefung der theologischen und allgemeinen Bildung.
24–25
Herbst 1821
Norddeutschland
Studentenfahrt durch Norddeutschland mit Reisebericht (erstes literarisches Zeugnis).
24
1822–1824
Utzenstorf
Erneut Vikar in Utzenstorf
25–27
9. 2. 1824
Überraschender Tod des Vaters.
Gotthelf fehlen die fünf Jahre Vikariat zur Nachfolge. Mutter und Schwester ziehen nach Bern.
26
1824–1829
Herzogenbuchsee
Vikar in Herzogenbuchsee, östlich von Solothurn.
27–32
1825–1829
Bollodinger Schulstreit mit Oberamtmann Rudolf Emanuel von Effinger. Gotthelf bekämpft die Lohnkürzung des Schulmeisters Johannes Steiger.
28–32
3. 5. 1829
Ernennung zum Pfarrer in Amsoldingen bei Thun, von Gotthelf als Maßregelung zurückgewiesen.
31
1829–1831
Bern
Vikar an der Heiliggeistkirche in Bern. Beziehungen zu Führern der liberalen Bewegung.
32–34
ab 1. 1. 1831
Lützelflüh
Vikar in Lützelflüh.
33
10. 1. 1831
Münsingen
„Volkstag“ in Münsingen, der zum Rücktritt der aristokratischen Berner Regierung (12. 1. 1831), zu einer liberalen Verfassung Berns (31. 7. 1831) und zu einer neuen Regierung (21. 10. 1831) führt.
33
Feb. 1831
Bern
Gründung der liberalen Zeitschrift Berner Volksfreund, für die Gotthelf regelmäßig Beiträge schreibt.
33
31. 7. 1831
§ 35 der Verfassung für die Republik Bern verwehrt Geistlichen die Wahl in weltliche Behörden. Gotthelfs politische Intervention beschränkt sich nun auf das Schul- und Armenwesen und die Publizistik.
33
Herbst 1831
Baselland
Feldprediger der Tagsatzungs-Truppen in Baselland; fordert Maßhalten und Friedenspolitik.
34
Anfang 1832
Bern
Wahl in die Große Landschulkommission, Mitarbeit am neuen Schulgesetz.
34
9. 3. 1832
Lützelflüh
Wahl zum Pfarrer in Lützelflüh als Nachfolger des verstorbenen Albrecht Fasnacht. Verlobung mit Henriette Zehnder (1805–1872), der Enkelin und Haushälterin Fasnachts.
34
8. 1. 1833
Lützelflüh
Heirat mit Henriette Zehnder. Der Ehe entsprießen drei Kinder: Marie Henriette, geb. 1834 (spätere Schriftstellerin Marie Walden), Bernhard Albert, geb. 1835, Constantia Sophie Cäcilia, geb. 1837.
35
1833
Mitbegründer und Vorsitzender des Vereins für christliche Volksbildung im Amte Trachselwald. Streit mit Philipp Emmanuel von Fellenberg, dem Begründer und Leiter des pädagogischen Musterguts Hofwil.
36
1834
Gotthelf beantragt, im Eidgenössischen Heer sollten nur beamtete Pfarrer im Hauptmanns-Rang als Feldprediger wirken. Die Regelung gilt noch heute in der Schweizer Armee.
37
1834–1836
Burgdorf
Lehrer für Schweizergeschichte in den Fortbildungskursen für Primarlehrer in Burgdorf.
37–39
1. 6. 1835
Sumiswald
Eröffnung der Armenerziehungsanstalt in Sumiswald. Gotthelf ist Präsident der Verwaltungskommission.
37
1835–1845
Kantonaler Schulkommissär in seinem Amtsbezirk.
38–48
1836
Erste Veröffentlichung unter dem Pseudonym Jeremias Gotthelf: Der Bauern-Spiegel oder Lebensgeschichte des Jeremias Gotthelf. Von ihm selbst beschrieben, datiert auf 1837.
39
Anfang 1841
Lützelflüh
Niederschrift der Schwarzen Spinne.
43
Anfang 1842
Veröffentlichung der Schwarzen Spinne als erste Erzählung der sechsbändigen Sammlung Bilder und Sagen aus der Schweiz (Solothurn: Jent & Gassmann, 1842–46).
44
Juli 1842
Gruß-Schrift zum Eidgenössischen Freischießen in Chur: „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterlande“[3]
44
Anfang 1845
Aufgrund des Streits mit dem bernischen Schultheiß und Vorsteher des Erziehungsdepartements, Charles Neuhaus, entgeht Gotthelf knapp der Absetzung als Pfarrer und wird als Schulkommissär entlassen.
47
1845
Berlin
Der Knabe des Tell, erste Veröffentlichung bei seinem künftigen deutschen Verleger Julius Springer in Berlin.
48
1850/51
Julius Springer kauft die Verlagsrechte Gotthelfs. Dieser wird zum bestbezahlten Schriftsteller im ganzen deutschen Sprachgebiet.
53
1851
Lützelflüh
Herzschmerzen, Atemnot, Kropfleiden, Wassersucht und „Schlafsucht“.
54
Januar 1852
Öffentlicher Streit mit dem wichtigsten Berner Politiker der Radikalen, dem späteren Bundesrat Jakob Stämpfli.
54
1853
Gurnigelbad
Kur im Gurnigelbad.
56
22. 10. 1854
Lützelflüh
Tod Gotthelfs wegen einer Lungenembolie infolge einer Lungenentzündung.
57
25. 10. 1854
Begräbnis in Lützelflüh.
ZUSAMMENFASSUNG
Wichtig um 1840:
Im Lauf der Regeneration der 1830er Jahre haben sich die Schweizer Kantone liberale Verfassungen gegeben.
Industrialisierung und Agrarrevolution führen ökonomische und soziale Krisen und große Massenarmut mit sich.
Die herkömmliche bäuerliche Wirtschaft mit einer relativ starken Position der Frau wird erschüttert.
Die Kontrolle der Kirche über das Bildungswesen wird infrage gestellt.
Zwischen Gotthelfs Geburt 1797 und seinem Tod 1854 liegt die Zeit des größten Wandels der Schweiz:
„In nur zwei Generationen erlebte sie mehr konstitutionelle Veränderungen als während der gesamten zwei Jahrhunderte vorher. Der damit einhergehende Wandel war allerdings nicht nur politischer, sondern ebenso wirtschaftlicher und technischer als auch sozialer und kultureller, ja selbst ökologischer Natur.“[4]
Politik
In Gotthelfs Leben fallen nicht weniger als sechs Änderungen der politischen Ordnung der Schweiz und des Kantons Bern. Die Verkündigung der Helvetischen Republik 1798, die Mediation Napoleons 1803 und den Bundesvertrag der Kantone von 1815 erlebt Gotthelf als Kind und Jugendlicher, durch drei weitere Veränderungen sieht er sich als Erwachsener herausgefordert:
Anfang 1831
geben sich mehrere Kantone im Rahmen der Regeneration eine Verfassung nach liberalen Grundsätzen.
Gotthelf unterstützt den unblutigen Sieg der Liberalen, ihm ist die Gleichberechtigung zwischen Land und Stadt wichtig.
Im Juli 1846
gibt sich der Kanton Bern eine neue Verfassung nach radikalen Grundsätzen.
Gotthelf ist ein Gegner der Radikalen. In seinen Augen wird eine politische Führung weniger durch das Prinzip legitimiert, dem sie ihr Amt verdankt (Demokratie statt Aristokratie), als durch die Art, wie sie es zum Wohl des Landes ausübt.
Im September 1848
tritt die neue Bundesverfassung in Kraft. Die Schweiz wird zum Bundesstaat.
Gotthelf steht der neuen Ordnung skeptisch gegenüber.
Die vielen Verfassungsänderungen stärken Gotthelfs Überzeugung, dass bei der Verteidigung bestimmter Werte nicht Verfassung und Recht entscheiden, sondern das Ethos, das sie trägt. Diese von seinem Vorbild Pestalozzi beeinflusste Überzeugung legt er in seiner Gruß-Schrift an die Teilnehmer des Schützenfestes in Chur von 1842 dar:
„Wo Frieden werden soll zwischen Brüdern, da lässt er sich nie auf dem Gebiete des Rechts vermitteln […]; im Brudersinne alleine ist der Friede zu finden.“[5] Auf dieser Überzeugung beruht der berühmt gewordene Ausspruch in derselben Schrift: „Im Hause muss beginnen, was leuchten soll im Vaterlande.“[6]
Vor diesem Hintergrund gewinnt das Haus in der im gleichen Jahr veröffentlichten Schwarzen Spinne eine politische Bedeutung.
Wirtschaft
Industrielle Revolution
Gotthelfs Leben fällt mit der stürmischen Anfangsphase der ersten industriellen Revolution zusammen.
„Als er 1797 geboren wurde, gab es noch keine Eisenbahn, keinen Telegraphen, keinen Kunstdünger [...], keine Fabrik, keine Fabrikarbeiter und also auch keinen Sozialismus. Als er 1854 starb, war dies alles vor seinen Augen entstanden. [...] So ist ausgerechnet der Dorfpfarrer Bitzius einer der ersten dichterischen Zeugen der industriellen Revolution, und sein Werk ist eine wahre Fundgrube für die ersten Ängste und Hoffnungen der neuen, modernen Zeit.“[7]