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Schweden ist bekannt für seinen lebendigen Royalismus und moderne Königsfamilie. Die beiden Bände schildern die Geschichte Schwedens anhand der Geschichte seiner Könige – erstmals vollständig von der Frühzeit bis heute. Der Leser verfolgt so den spannenden Werdegang von den Vikingerherrschern bis zu den heutigen Demokraten auf Schwedens Thron. Reich bebildert und lebendig geschrieben, wendet sich das Buch nicht nur an historisch Interessierte, sondern auch an alle Monarchie- und Schweden-Liebhaber. Schwedische Geschichte - packend, umfassend und fundiert. Band 1 umfasst den Zeitraum von 950-1611 n. Chr. 19.6.2010: Hochzeit der Kronprinzessin Victoria
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Seitenzahl: 467
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Jörg-Peter Findeisen
Die schwedische Monarchie
Von den Vikingerherrschern zu den modernen Monarchen
Band 1
950–1611
Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.
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ISBN 978-3-86935-186-5
ISBN der Printausgabe 978-3-86935-028-8
Eine Marktanalyse der obersten schwedischen Tourismusbehörde Anfang des neuen Jahrtausends bilanzierte nach umfangreicher Auswertung der Statistiken der letzten Jahre, etwa eine Million Deutsche verbringen jährlich den Urlaub in Skandinavien. Schweden sei dabei mit einem Anteil von 600.000 das bevorzugte Reiseland. Dennoch glaubten die Verantwortlichen in Stockholm und der Hamburger Filiale konstatieren zu müssen, noch immer seien die Kenntnisse der Deutschen über Schweden eher gering.
Eine solche Feststellung überrascht angesichts der Popularität Königin Silvias in den deutschen Medien, muss aber dennoch wohl auch zustimmendes Nicken auslösen. Manche Deutsche wissen viel, andere offenbar nur, dass Schweden als ein Land der Mitternachtssonne irgendwie exotisch ist. Eines der ältesten europäischen Königreiche und trotzdem fast ein »soziales Wohlfahrtsmodell«, so hört man häufig in Diskussionen ein angeblich unbegreifliches Gegensatzpaar im gesellschaftlichen Leben unseres nördlichen Nachbarlandes benannt. Weiß man noch, dass dieses Schweden einst eine europäische Großmacht war, die Entwicklung des Kontinents, besonders auch die deutsche Geschichte für einen kurzen Zeitraum wesentlich beeinflusste, sollte solches wohl eigentlich Grund genug sein, mehr auch über das Phänomen der dortigen Monarchie zu erfragen. Denn das scheint ziemlich sicher: Selbst die überzeugten Sozialdemokraten zwischen Trelleborg und Kiruna stehen relativ einmütig hinter ihrem Königshaus, äußern sich gewöhnlich anerkennend über Silvia Sommerlath, die Deutsche an der Seite König Carls XVI. Gustav.
Der heute eher überraschende Royalismus hat Tradition, ist wohl tief verwurzelt in der schwedischen Seele. Seinerzeit schrieb der Vater der modernen schwedischen Geschichtsschreibung, Erik Gustav Geijer, den für eine Darstellung der schwedischen Geschichte in Kurzbiographien der dortigen Regenten höchst passenden Satz, die Geschichte des schwedischen Volkes sei vor allem die seiner Könige.
Schon in den Vorbemerkungen zu meinen breiter angelegten Wertungen der beiden Kriegerkönige Karl XII. und Gustav II. Adolf habe ich seinerzeit dieses Motto als besonders geeignet für Lebensbilder schwedischer Herrschergestalten angeführt und doch auch ein gewisses Unbehagen artikuliert. Ein solches Lob assoziiert natürlich sofort Erwartungen jener Glorifizierungen der Könige, wie sie im beginnenden 19. und zu Anfang des 20. Jahrhunderts auch durch bedeutende Historiker geschrieben wurden.
Das ist hier nicht beabsichtigt. Auch gilt die gerne zitierte Geduld und Nachsicht des schwedischen Volkes mit seinen Regenten nur für einige Herrscher und illustriert vor allem das Verhalten der Bürger und Bauern. Im Allgemeinen starben die frühen Könige selten an Altersschwäche im Bett. Die Auseinandersetzungen zwischen der Aristokratie und den Herrschern verliefen auch im scheinbar so ruhigen, königstreuen Schweden gewöhnlich eher blutig. In den Tagen der Französischen Revolution kam es zum bisher letzten Eklat, verwundete ein Adelsfrondeur unter dem Beifall vieler seiner Standesgenossen König Gustav III. auf einem Maskenball in der Stockholmer Oper tödlich.
Nein, Schwedens Königsgeschichte eignet sich weniger für eine durchgängige Darstellung einer Einheit von Volk und Herrscher. Das Reizvolle ist gerade das Ringen um die Macht einzelner Regenten und Thronprätendenten, in das immer auch größere Teile des schwedischen Volkes einbezogen wurden. Schwedens Entwicklung am persönlichen Schicksal herausragender Persönlichkeiten – und das sind hier eben über einen langen Zeitraum vor allem die Herrscher und einige wenige Reichsvorsteher gewesen – möglichst farbig darzustellen, erscheint ganz einfach ein interessanter gangbarer Weg, auch zu Beginn des dritten Jahrtausend unserer Zeitrechnung schwedische Geschichte in Schlaglichtern zu erzählen.
Lars O. Lagerqvist, der die in seiner Heimat höchst populäre Geschichte der schwedischen Regenten in ihrer Einheit mit Schwedens Nationalgeschichte skizzierte, sich somit vorsichtig auch zu Geijers Überzeugung bekannte, hat sehr richtig auf die dortigen dürftigen schriftlichen Quellen zu älteren Perioden verwiesen. Es sei leider unmöglich, eine Geschichte des schwedischen Bauern in einer mehr persönlichen Form zu schreiben. Eine Familienchronik bis in die Vikingerzeit zurück wäre höchstens als historischer Roman denkbar und selbst für die Neuzeit fänden sich wohl kaum exaktere Belege. Das gilt im Übrigen dort sogar für nicht wenige Herrscherpersönlichkeiten.
So ist der Versuch, einem breiteren deutschen Leserpublikum die Geschichte Schwedens in Lebensbildern seiner Könige zu erschließen, fast die Quadratur des Kreises. Zahllose, bei uns kaum bekannte historische Fakten galt es zu bündeln. Der Leser soll ein möglichst faktengesichertes Panorama der Ereignisse und historischen Abläufe des vergangenen Jahrtausends schwedischer Geschichte vorfinden. Im Wechsel allgemeiner Informationen – sozusagen als Rahmen für das Wirken des einzelnen Herrschers – und längeren bzw. Kurzbiographien der Könige wird Interessantes und Gewichtiges aus der Geschichte unseres nördlichen Nachbars vor allem auch in den Beziehungen zur deutschen und europäischen Entwicklung fixiert.
Es versteht sich, dass ein deutsches Leserpublikum einen anderen Hintergrund und zahlreiche Details erwartet, die für schwedische Interessenten unnötig wären. Daher wurde diese Darstellung anders konzipiert als es ein schwedischer Historiker für seine Landsleute täte. Auf eine breitere Faktengrundlage der schwedischen Nationalgeschichte konnte nicht verzichtet werden. Dabei bin ich der gängigen Periodisierung gefolgt und habe auch die schwedischen Regenten entsprechend gebündelt. Den Gedanken, bedeutende Persönlichkeiten des schwedischen Volkes an der Seite der jeweiligen Regenten in besonderen Porträts zu würdigen, musste ich aufgeben. Zu umfangreich wäre die vorliegende Arbeit geworden. Ihr Einsatz und Wirken wird daher in den allgemeinen Kapiteln historischen Werdens des schwedischen Volkes dargestellt.
Der umfassendste Bericht über Schwedens Natur und seine Menschen in ältester Zeit sei in die Ablagerungen des Bodens eingeprägt. Oftmals tief unter Sandanhäufungen verborgen, wäre es zeitaufwändig, diesen »Rapport« zu lesen, schwer, seine Zeichen zu deuten. So begann ein schwedischer Historiker vor mehr als einem Menschenalter seine auch in Deutschland bekannte gedrängte Darstellung der Geschichte Schwedens. Der gewöhnliche Leser wird nur zufällig in diesem gewaltigen »Buch« blättern, die eine oder andere »Passage« mit Hilfe eines Archäologen entschlüsseln können.
Die Hügel von Alt-Uppsala als Geburtsstätte des angeblich uralten schwedischen Königtums in Olof Rudbecks berühmter »Atlantica« von 1679
Aber auch die bekannten frühen schriftlichen Quellen der klassischen Autoren des Altertums sprudeln nicht gerade zur schwedischen Frühzeit. In seiner »Germania« streifte Cornelius Tacitus auch die svionium civitates, die Gesellschaft der Schweden. Dieses Volk habe »außer in Männern und Waffen« seine »Stärke in seinen Schiffsflotten«, werde von einem König »ohne jede Einschränkung mit dem bedingungslosen Anspruch auf Gehorsam« beherrscht. In den Augen des großen Römers eine ideale Monarchie, absolutistisch regiert, ein Staatswesen zumindest, so muss man diese Quelle wohl interpretieren. Wenig später spricht er dann aber selbst von »den Staaten der Svear« (Tacitus, 69).
Viel wusste man damals in Rom nicht über diesen unendlich fernen Teil der antiken Welt. Was Tacitus niederschrieb, war offenbar dem in jenen Jahren mehr und mehr intensivierten Kontakt zwischen römischen Eroberern, Händlern und germanischen Grenzvölkern erwachsen. Liest man im »großen Buch« der schwedischen Geschichte, dann decken die bisherigen archäologischen Funde die Behauptungen des Tacitus auch keinesfalls.
In Uppland finden sich mit dem großen Hügel von Håga und den so genannten Königshügeln bei Gamla Uppsala sowohl für die jüngere Bronzezeit als auch die dortige späte Eisenzeit beeindruckende Grabanlagen. Fast euphorisch hatte 1941 ein schwedischer Archäologe die Ausgrabungen bei Håga als Dokumentation der letzten Ruhestätte eines »Königs über ein bedeutendes Reich« vor etwa 3000 Jahren kommentiert, auf die Größe der Anlage, die bronzezeitlichen Prunkwaffen und wertvollen anderen Beigaben wie auch die Opferung dreier Sklaven verwiesen (KG, 39). Die Mehrheit der Experten reagierte allerdings zurückhaltender. »Häuptlingsgräber, deren Machtbereich uns unbekannt« sei, definierte noch kürzlich ein schwedischer Historiker diese Anlegungen (Lagerqvist, 11).
Die Bestatteten in den gewaltigen Erdaufschüttungen über den Gräbern bei Gamla Uppsala aus der Zeit vor etwa 1.500 Jahren nennt jedoch auch ein derzeitiger schwedischer Militärhistoriker »Könige«, an deren Macht heute keiner der Fachleute zweifele (Åberg, 37). Jüngst definierte der Archäologe Mats G. Larsson etwas vorsichtiger, man könne den »Großhäuptling, der hier residierte«, im vorgeschichtlichen Verständnis »König« nennen, mit dem 6. Jahrhundert von den ersten »Sveakönigen« sprechen (Svitjod, 40).
Tatsächlich assoziiert dieser Komplex Vergleiche zur weltberühmten Nekropole bei Gizeh mit den Pyramiden des Cheops, Chefren und Mykerinos – und das wirklich nicht nur, weil es hier ebenso drei Grabstätten sind. Unübersehbar wurde auch in Gamla Uppsala von den damaligen »Architekten« versucht, jeden Hügel höher und breiter zu schütten als den vorhergehenden. Daher glauben einige schwedische Historiker zu erkennen, »dass jeder, der hier begraben wurde, Kraft für seine Position und das Recht darauf aus der Bedeutung des Vorgängers schöpfte«, ein unübersehbares königliches Verhalten, so die vielleicht etwas kühne Wertung (NG, I, 120). Auch bezöge die altnordische Heldendichtung »Ynglingatal« – die farbige Aufzählung der illustren Ahnenreihe eines norwegischen Vikingerkönigs des 10. Jahrhunderts – auf die Hügel von Gamla Uppsala und die dort begrabenen Könige.
Andererseits definieren Schwedens Vorzeithistoriker die Toten der ebenfalls äußerst prunkvollen Gräber bei Vendel in Uppland als »lokale Große, keine Könige« (Sveriges Hist. 1996, 85).
Es mag müßig sein zu streiten, ob es »Kleinkönige«, regionale Stammesfürsten oder mächtige Häuptlinge waren, die man solcherart ehrte. Sicher wird niemand leugnen wollen, dass prähistorische Burgen und diese Grabfunde »ein Zeugnis für eine frühe Gesellschaftsbildung« sind (NG, I, 186). Aber es scheint doch, als lebten die Menschen vor etwa zwölfhundert Jahren dort allenfalls in kleineren, weitverstreuten Siedlungen, mehr Seekrieger als Viehzüchter und Ackerbauern, wahrscheinlich aber nicht in einem größeren geschlossenen staatlichen Verband. Von einem frühen ersten schwedischen Reich kann wohl nicht gesprochen werden. Ganz in diesem Sinne folgerte einer der bekanntesten schwedischen Historiker bereits 1962, noch während des 6. Jahrhunderts habe der politische Zusammenschluss nicht über größere kulturelle Räume hinausgewiesen. »Dorfgemeinschaften, nicht politisch konsolidierte Staaten des gleichen Charakters wie die späteren nordischen Staaten«, seien für diese Zeit charakteristisch gewesen (Weibull, 8).
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