Die spukenden Habsburger - Gabriele Hasmann - E-Book

Die spukenden Habsburger E-Book

Gabriele Hasmann

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Beschreibung

Die "Weiße Frau" in der Hofburg, schwarze Schatten im Stephansdom und der uniformierte Geist auf dem Kaiserbankerl im Tiergarten Schönbrunn. Die Spuk-Autorin Gabriele Hasmann hat die unheimlichsten Orte der Habsburger wie Schönbrunn, Mayerling, die Kaiservilla in Bad Ischl und viele mehr besucht und erzählt wahre Geschichten von mysteriösen Begegnungen. Neben den geschichtlichen Hintergründen der Plätze und ihrem Bezug zu den jeweiligen Habsburgern werden Geschichten über die historischen oder aktuellen Spukereignisse berichtet, und durch Augen- und Ohrenzeugen aus der Vergangenheit oder Gegenwart belegt.

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Gabriele Hasmann

DIE

SPUKENDEN

HABSBURGER

Blaublütigen Geisternauf der Spur

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Wir freuen uns, wenn wir Sie auch weiterhin über unsere Neuerscheinungen informieren dürfen und laden Sie ein, unseren Newsletter unter www.ueberreuter.at zu abonnieren.

1. korrigierte Neuauflage 2022

© Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2015

ISBN 978-3-8000-7826-4 (Print)

ISBN 978-3-8000-8231-5 (eBook)

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Covergestaltung: BoutiqueBrutal.com und Saskia Beck, s-stern.com

Fotos: © Gabriele Hasmann

Satz: Hannes Strobl, Satz·Grafik·Design, Neunkirchen

Konvertierung: bookwire.de, Frankfurt/Main

www.ueberreuter.at

»Noblesse oblige«(»Adel verpflichtet«)

Pierre Marc Gaston Duc de Lévis (1764 –1830)franz. Adeliger, Schriftsteller, Politiker und General

Inhalt

Vorwort

Das Haus Habsburg

Die Geister der Habsburger

WIEN

Hofburg/Schottenstift/Michaelergruft

Die Weiße Frau der Habsburger

Stephansdom/Kunsthistorisches Museum

Schwarze Schatten im Dom und ein Zischen in den Kunstkammern

Nationalbibliothek/Kunsthistorisches Museum/Theresianum

Lebende Fresken, ein ignorierter Geist und ein Röcheln am Sterbebett

Hofburg/Schloss Neugebäude

Die blaue Schatzkammer und ein tickendes Schloss

Schloss Hetzendorf

Wo getröstet und geflucht wird

Tiergarten und Schloss Schönbrunn

Die Schmuckstücke Ihrer Majestäten, Erzherzog Johann in Nöten und der uniformierte Geist auf dem Kaiserbankerl

Narrenturm

Im Sog des Irrsinns

Albertina/Prater

Henriette im Spiegel und Karl auf dem Weg zum Lusthaus

Augustinerkirche

Bittere Tränen! Marie Louise oder Marie Antoinette?

Leopoldsberg

Wo weiland Ihre Majestät Kaiserin Elisabeth weite Umschau hielt

Schloss Belvedere

Die Rache der weißen Gams

NIEDERÖSTERREICH

Mayerling: Karmel St. Josef (ehem. Jagdschloss)

Streitende Frauen und ein schlichtender Kronprinz

Mödling: Heuriger Pferschy

Kronprinz Rudolf wartet und singt in der Zwischenzeit Wienerlieder

Baden: Kaiserhaus

Ein Wispern am Wegerl und die Katze, die den Kaiser sah

Wiener Neustadt: Militärakademie

Der eine orientierungslos, der andere ohne Zähne

OBERÖSTERREICH

Kaiservilla Bad Ischl

Elisabeths Geisterweg

TIROL

Innsbruck: Schloss Ambras

Geisterhaftes Trinkgelage in der Grotte

STEIERMARK

Graz: Mausoleum Ferdinands II./Uhrturm

Habsburger versus Zwerg

Quellen

Danksagungen

Vorwort

Wieder einmal habe ich mich für Sie in ganz Österreich auf die Suche nach den interessantesten, schauerlichsten und überraschendsten Spukgeschichten des Landes gemacht. Von den paranormalen Phänomenen haben mir glaubwürdige Zeugen berichtet, die diese Botschaften aus dem Jenseits vor Ort selbst empfangen – gespürt, gesehen oder gehört – haben.

Doch eines unterscheidet dieses Buch von den anderen Werken, die ich schon für Sie schreiben durfte: Bei den Protagonisten der folgenden Erzählungen handelt es sich keineswegs um »gewöhnliche Wesen aus dem Jenseits«, sondern um die Geister von Hoheiten aus dem Haus Habsburg.

Auf den Spuren der verstorbenen Kaiser, Könige, Herzöge und anderer Blaublütler dieses Clans, der auf dem Gebiet des heutigen Österreich mehrere Jahrhunderte lang fast durchgehend herrschte, war ich im ganzen Land unterwegs und bin außerdem quer durch die Geschichte gereist. Ich habe dabei diese exzentrische und teilweise skurrile Familie recht gut kennengelernt, ohne jedoch auch nur ansatzweise einen Expertenstatus, die Habsburger betreffend, zu erlangen. Das war allerdings auch nie mein Anspruch. Denn wer sich eingehender über eine der mächtigsten Dynastien der Welt informieren möchte, dem stehen ausreichend andere Bücher zum Thema zur Verfügung. Ich habe lediglich festgehalten, wo die blaublütigen Geister heute in Spukgestalt ihr Unwesen treiben, und anhand ihrer Lebensläufe zu ergründen versucht, warum sie das tun.

Wie schon bisher weise ich auch dieses Mal auf den folgenden Umstand hin: Bei den im Text geschilderten Begebenheiten handelt es sich um subjektive Wahrnehmungen, die unter Umständen einzigartig und nicht reproduzierbar sind. Keiner der Vorfälle ist beweisbar und im Sinne der Meinungsfreiheit haftet niemand für die getätigten Aussagen.

Ich selbst erzähle die Geschichten über die verschiedensten Arten »sinnlich wahrnehmbarer Seelenreste« verstorbener Habsburger völlig wertfrei, dokumentiere die Geschehnisse, basierend auf den Zeugenaussagen, objektiv und unverfälscht, ergänzt einzig und allein mit historischen Hintergrundinformationen.

Zum besseren Verständnis des Umgangs mit den Namen der Blaublütler: Die meisten gekrönten Häupter trugen je nach Art oder Ort ihrer Herrschaft unterschiedliche römische Zahlen. Ich habe immer die Kaisernamen bzw. bei anderen Adeligen die mit den Nummerierungen verwendet, die im Zusammenhang mit der jeweiligen Spuklokalität stehen. Weiters tituliere ich Maria Theresia (Erzherzogin von Österreich, Königin von Ungarn, Böhmen usw.) als Kaiserin, obwohl sie das streng genommen nicht gewesen ist – auch wenn sie beim Regieren die Hosen an und das Zepter in der Hand hatte. Und nun tauchen Sie ein in die Welt der Habsburger und deren Totenreich!

Sollten Sie die Spukorte auch einmal real besuchen, bleiben Sie stets offen und intuitiv:

»Das Unterbewusstsein ist der Ort, an dem die Toten und die Lebenden zusammen wohnen.«

Carl Gustav Jung

1875–1961, Psychiater und Psychologe

Denken Sie immer daran: Wenn die Geister willkommen sind, erscheinen sie auch!

In diesem Sinne, viel Spaß beim Gruseln! Ihre Gabriele Hasmann

[email protected]

www.wunschtext.at

Das Haus Habsburg

Keine andere Herrscherdynastie in Europa hat so viele interessante wie exzentrische Persönlichkeiten hervorgebracht und war gleichzeitig so mächtig wie die Habsburger, die 640 Jahre lang beinahe durchgehend herrschten. In dieser Zeit nahm die Geschichte kaum eine Wendung, bei der die Mitglieder dieser historisch bedeutenden Familie nicht ihre Finger im Spiel hatten: Mit ihren mutigen Händeln, taktisch klugen politischen Pakten sowie geheimen Abkommen bestimmten sie die Entwicklung der Nation ebenso wie mit ihrer legendären Unbeholfenheit, Ratlosigkeit und Feigheit. Sie nahmen in Europa Einfluss auf die Ländergrenzen, die Sprache und Religion von Millionen Erdenbürgern, außerdem auf die Gestalt der Städte und die Bildung ihrer Einwohner. Die Habsburger wurden von weit mehr Menschen gehasst als geliebt und waren stets Opfer von bösen Absichten wie Intrigen, Manipulation und Anschlägen auf ihr Leben, jedoch ohne dadurch jemals ernsthaft an Geltung und Wirkung zu verlieren. Ihre Erfolge verdankten sie ebenfalls teilweise unsauberen Praktiken wie Bestechung, Drohung und Erpressung, denen sie selbst bei Aussicht auf Reichtum und Machtzugewinn auch nicht abgeneigt waren. Auf dem Höhepunkt ihres Erfolgs hatte sich ihr Herrschaftsgebiet praktisch auf ganz Europa (ohne Frankreich und die Schweiz) ausgedehnt, wobei diese Expansion weniger auf kriegerischen Eroberungen beruhte, als vielmehr der bekannten Heiratspolitik der Habsburger zu verdanken war.

Aufgrund oftmaliger Fortpflanzung innerhalb der Familie traten zahlreiche erbliche Belastungen wie geistige und körperliche Leiden bei den Blaublütlern auf. Darüber hinaus setzten sich einige signifikante Merkmale im Aussehen durch, beispielsweise die »habsburgische Unterlippe« (Überentwicklung des Unterkiefers) oder der »Turmschädel« mit der hohen Stirn. Die Bevölkerung befürchtete durch die Inzucht unfähige Herrscher, auch wenn sie sich über die markanten optischen Merkmale der Familienmitglieder als Folge einer Laune der Natur durchaus lustig machte.

In Spanien soll ein in der Menge stehender Bauer Kaiser Karl V. der aufgrund des starken Überbisses den Mund immer leicht geöffnet hatte, bei dessen Ritt durch die Gemeinde zugerufen haben: »Eure Majestät, schließen Sie bitte Ihren Mund, die Fliegen in unserem Land sind sehr unverschämt.« Die Antwort des Regenten ist bedauerlicherweise nicht überliefert.

Die Männer des Clans haben teilweise versucht, ihre »Habsburgerlippe« unter extravaganten Bärten zu verstecken, doch einige der weiblichen Familienmitglieder sahen aus, als hätten sie ein Schlauchboot am unteren Teil des Mundes kleben. Heute ist man den Anblick gewohnt, aber damals handelte es sich bei der dicken Lippe um einen schlimmen Makel, der die betroffenen Damen sehr belastet haben dürfte.

Die Herrscher aus dem Haus Habsburg trugen dafür eine berufliche Last, denn für die meisten war ihr Leben, das aus strikten Protokollen und gottgewollten Vorschriften bestand, als Träger der Krone mehr Bürde als Würde – einige von ihnen entschieden sich daher, ihren persönlichen Vorlieben den Vorzug zu geben und mehr privat zu agieren als öffentlich zu regieren. Oder sie integrierten ganz einfach ihre teilweise schrulligen Hobbys in den die meiste Zeit über langweiligen Job am Thron.

Als erstes Mitglied dieser Dynastie, die unser Umfeld stark geprägt hat, gilt Guntram »der Reiche«, der in der zweiten Hälfte des 10. Jahrhunderts lebte. Sein Nachkomme Otto II. (um 1100) war jedoch der Erste aus dem Clan, der in seinem Namen die Bezeichnung »von Habsburg« benutze.

Der Name des bekannten Herrschergeschlechts leitet sich von ihrer Stammburg (ursprünglich »Habichtsburg«) in der Gemeinde Habsburg (heute Kanton Aargau in der Schweiz) ab, die zu Beginn des 11. Jahrhunderts errichtet wurde. Dort lebte die Familie aber nur rund 200 Jahre lang, danach verließen die Grafen ihre Heimat, um fremde Länder zu erobern.

Zu jener Zeit geriet mit dem Tod des Babenbergers Herzog Friedrichs II. im Jahr 1246 die Macht dieses bis dahin in Österreich herrschenden Adelsgeschlechts fränkisch-bayrischer Herkunft bereits ins Wanken, einige Jahre später erlosch es vollständig. Sein Erbe fiel 1278 mit Rudolf I. (1218–1291) – in der neunten Generation nach Guntram »dem Reichen« – an das Haus Habsburg. Rudolf, der bereits 1273 zum König des Heiligen Römischen Reiches (HRR) gekrönt worden war, begründete damit die überregionale Bedeutung seiner Dynastie.

Sein Urenkel, Herzog Rudolf IV. (1339–1365), veranlasste 1358/59 als einflussreichster Habsburger des 14. Jahrhunderts mit der Urkundenfälschung »Privilegium maius« die Rangerhöhung der Habsburger zu »Erzherzogen«, die man nach der offiziellen Anerkennung des Dokuments mit umfangreichen Rechten ausstattete. Außerdem vergrößerte er das Reich um Tirol, das er 1363 von Margarete Maultasch erwarb.

Ab 1438 stellte das Adelsgeschlecht fast ununterbrochen die deutschen Könige und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches, wobei mit der Krönung Friedrichs III. (1415–1493) im Jahr 1452 zum ersten Kaiser dieses Ranges die Stellung der Habsburger in Europa weiter gefestigt wurde. Sein Nachfolger war Sohn Maximilian I. (1459–1519).

Der in Spanien geborene spätere Kaiser Ferdinand I. (1503–1564) erhielt durch Verträge mit seinem Bruder Kaiser Karl V. (1500–1558) die Erblande der Habsburger in Mitteleuropa zugesprochen und begründete damit 1521 die österreichische Linie der Familie. 1526 gelangten Böhmen, Mähren, Schlesien und Ungarn an das Haus Habsburg. Ferdinands Nachfolger war sein Sohn Maximilian II. (1527–1576), auf den wiederum dessen Sohn Rudolf II. (1552–1612) folgte. Da Rudolf, ebenso wie sein Bruder Matthias, kinderlos blieb, wurde Cousin Ferdinand II. (1578–1637) zum Familienoberhaupt und Kaiserthronfolger ernannt. Mit seinem Sohn, Ferdinand III. (1608–1657), der die Kapuzinergruft (auch Kaisergruft) zur Erbbegräbnisstätte seiner Familie ausbauen ließ, setzte sich Wien nach Prag als Hauptstadt des Habsburgerreiches durch.

1521 teilte sich die Dynastie in eine spanische Linie (die über Spanien, Portugal und deren Besitzungen in Amerika, Afrika und Asien herrschte), deren Mannesstamm (Abstammungs- und Erbfolge von Vater zu ehelichem Sohn) mit Karl II. (1661–1700) ausstarb, und in eine österreichische Linie (als Regenten über Österreich und Steiermark sowie später über Böhmen, Kroatien und Ungarn), deren Mannesstamm mit Karl VI. (1685–1740) endete. Die Tochter von Karl VI., Maria Theresia (1717–1780), schuf jedoch mit ihrem adeligen Gatten Franz Stephan von Lothringen (1708–1765) das Haus Habsburg-Lothringen und konnte dank der Pragmatischen Sanktion ihres Vaters (Edikt zur Sicherung der habsburgischen Thronfolge durch weibliche Nachkommen) die österreichische Linie fortführen. Als ihr Sohn Joseph II. geboren wurde, hieß es – trotz Maria Theresias Geschick als Herrscherin neben ihrem Gemahl – seitens der Bevölkerung: »Gott sei Dank hat Österreich jetzt wieder Hosen an!« In dieser österreichischen Linie verblieb die Kaiserwürde HRR dann bis zum Ende des Reiches im Jahr 1806.

Maria Theresias Enkel Franz II. (1768–1835), Sohn von Kaiser Leopold II. (1747–1792), war der letzte römisch-deutsche Kaiser und unter den Namen Franz I. Begründer und Regent des Kaisertums Österreich, das 1867/68 zur Doppelmonarchie Österreich-Ungarn umgewandelt wurde. Diese bestand mit Kaiser Karl I. (1887–1922), Neffe des in Sarajevo ermordeten Erzherzogs Franz Ferdinand, bis 1918. Nachdem der Erste Weltkrieg zum Zerfall der Habsburgermonarchie geführt hatte, verbanden sich die autonomen deutschsprachigen Kronländer zur heutigen Bundesrepublik Österreich. Man könnte also durchaus sagen, dass eine der mächtigsten Dynastien der Welt mit Karls Abdankung von der Bühne der Geschichte abtrat.

Zuvor hatten allerdings noch drei der (vor allem bei den Wien-Touristen) bekanntesten Mitglieder der Familie ihren Auftritt: Kaiser Franz Joseph I. (1830–1916), der Enkel von Franz II., seine Gemahlin Elisabeth (1837–1898), genannt »Sisi«, und deren tragisch (vermutlich) durch Selbstmord früh aus dem Leben geschiedener Sohn Kronprinz Rudolf (1858–1889).

Endgültig geschlossen hat sich der imperiale Kreis im Jahr 1989 mit dem Tod des letzten gekrönten Mitglieds der Habsburger, Kaiserin Zita (1892–1989), Gattin von Kaiser Karl I. Ihr Körper ruht in der Kapuzinergruft, aber ihr Herz wurde zurück an den Ursprung des Adelsgeschlechts gebracht: in ein Kloster im Schweizer Kanton Aargau.

Das Familienoberhaupt der bürgerlich gewordenen Habsburger ist derzeit Karl (* 1961), der älteste Sohn des letzten Kronprinzen Österreich-Ungarns, Otto von Habsburg-Lothringen (1912–2011).

Während ihrer über sechs Jahrhunderte dauernden Regierungszeit trugen 18 Habsburger den Kaisertitel (von 1452 mit Friedrich III. bis 1918 mit Karl I.). Dazu kam eine Unzahl von Königen, Fürsten, Herzögen und Erzherzögen, Grafen und anderen titeltragenden Mitgliedern der Familie in regierender Funktion quer durch alle Erblande.

Abweichende Bezeichnungen oder Synonyme für die Herrschaft der Habsburger sind »Haus Österreich« (österreichische und spanische Linie), »Erzhaus« (zur Erinnerung: Die Adelsfamilie schuf den Titel »Erzherzog/Erzherzogin« und war weltweit die einzige Dynastie, die ihn verwendete) sowie »Habsburgermonarchie« als inoffizielle Benennung für die regierten Herrschaftsgebiete der österreichischen Linie.

Die Geister der Habsburger

Auch wenn noch immer niemand gern öffentlich darüber spricht, existieren doch genug dokumentierte Fälle über paranormale Vorkommnisse, die nahelegen, dass es Spuk gibt. Die dabei erscheinenden Geister sind fast ausschließlich definiert als Verstorbene, die in einer Art Zwischenwelt leben, weil sie sich nicht vom Diesseits lösen können. Manchmal handelt es sich um Seelen, die von Zeit zu Zeit aus dem Jenseits auftauchen, um den Lebenden etwas Wichtiges mitzuteilen, wie beispielsweise Familienmitglieder vor einer nahenden Katastrophe zu warnen oder eine Gewalttat anzukündigen.

Und dieses Phänomen, dessen scheinbare Existenz es Individuen unter gewissen Umständen erlaubt, sich nach ihrem Tod im Unschärfebereich der physikalischen Gesetze bewegen zu können, hat auch vor dem Haus Habsburg nicht haltgemacht. Einerseits pflegten einige Mitglieder der Familie regelmäßigen Kontakt mit Geistern, andererseits sind offenbar einige Angehörige des mächtigsten Clans der österreichischen Geschichte selbst dazu verdammt, auf ewig als feinstoffliche Energie durch die Zeiten zu irren – sehr elitär selbstverständlich. Adel verpflichtet schließlich, und zwar dazu, auch als Geist Haltung zu bewahren.

Der Spuk findet sich allerdings keineswegs dort, wo etliche Gebeine der Habsburger und Habsburg-Lothringer ihre letzte Ruhe gefunden haben, nämlich in der Kapuzinergruft in Wien. Und das obwohl die Begräbniszeremonie der Habsburger durchaus zum Gruseln animiert: Nach dem Tod wurde der Leichnam seziert, die Innereien entnommen und zur Konservierung eine Lösung aus einem Kilogramm Arsenik und zehn Litern Alkohol durch die Halsschlagader eingeleitet. Der Körper kam in die Kapuzinergruft, das Herz in einem Silberbehälter in die Herzgruft der Augustinerkirche und die Eingeweide wurden in Kupferurnen in den Katakomben des Stephansdoms bestattet.

Die Seelen der Habsburger sind den Stätten ihrer Bestattung jedoch entwichen und haben sich zum Spuken andere Plätze ausgesucht. Neben dem »Klassiker« – der durch die Wiener Hofburg wandelnden Weißen Frau – gibt es nämlich noch viele weitere majestätische Geister, die sich im Laufe der Jahrhunderte in Österreich ansiedelten und seither an den verschiedensten Orten tummeln.

Selbst an paranormale Aktivitäten und den Erfolg okkulter Experimente im Allgemeinen sowie an herumspukende Seelen Verstorbener im Besonderen geglaubt haben unter den Habsburgern besonders Franz I. Stephan von Lothringen, Erzherzog Johann sowie Kaiserin Elisabeth und ihr Sohn, Kronprinz Rudolf. Aber auch bereits der erste römisch-deutsche König aus dem Haus Habsburg, Rudolf I., soll einen besonderen Bezug zum Jenseits gehabt haben.

Sisi beispielsweise war davon überzeugt, dass sich jedem sterbenden Mitglied ihrer Familie ein Ahnherr aus den Bildern der Galerie oder eine schwarze Frau näherte. Aus Angst vor Spukerscheinungen betrat sie nach Einbruch der Dunkelheit lange Gänge oder ihr unbekannte Räume niemals ohne Begleitung und sie fürchtete sich ganz generell im Finsteren vor Geistern. Andererseits war sie sehr an okkulten Phänomenen interessiert, glaubte an ein Leben nach dem Tod und nahm an Séancen teil, die im 19. Jahrhundert gerade in Mode kamen.

Die Kaiserin galt auch als extrem abergläubisch, sah Omen in alltäglichen Begebenheiten und sagte von sich selbst, dass sie »Ahnungen« hätte – darüber berichtet Sisis Nichte und Vertraute, Marie Louise von Larisch-Wallersee, in ihren Aufzeichnungen. Zur Abwehr des »Bösen« trug Elisabeth stets eine Unmenge von Glücksbringern und Amuletten bei sich, mied schwarze Katzen und den Blick von Raben (die nach altem Volksglauben den Empfänger ins Unglück stürzen). Sie legte sich außerdem vor jeder Unternehmung die Karten, »hexte« mit heidnischen Ritualen und vollführte Voodoo-Zaubereien.

Die Kaiserin meinte auch die Gabe zu besitzen, außerhalb der spiritistischen Sitzungen Kontakte zum Reich der Toten aufnehmen und jederzeit mit Wesen aus dem Jenseits Gespräche führen zu können. So stieg sie etwa wenige Tage nach der Beisetzung ihres Sohnes, Kronprinz Rudolf, in die Kapuzinergruft hinunter, um mehr über die Hintergründe seines Ablebens zu erfahren.

In den 1880er-Jahren behauptete Sisi, der Dichter Heinrich Heine (1797–1856) führe ihre Hand aus dem Jenseits, wenn sie ihre Gedanken in ihrem Tagebuch niederschrieb oder Gedichte verfasste (von welchen sie mehrere Abschriften anfertigen ließ, um sie der Nachwelt zu erhalten, und mit einem Brief »An die Zukunfts-Seelen« hinterlegte). Sie hegte sogar romantische Gefühle für den verstorbenen Künstler, schrieb erotische Oden an ihn und sprach von einer »Seelenvermengung«. Elisabeth wollte zeitweise sogar sterben, um sich dem verblichenen Poeten vollständig hingeben zu können – nur die Angst vor dem Schmerz beim Dahinscheiden und die Sorge, dass das Totenreich womöglich nicht ihren Vorstellungen entsprach, hielten sie vom Selbstmord ab.

Länger soll er nicht mehr harren,

Und ich stürze mich hinab;

Und doch macht mein Blut erstarren

Dieses nasse, kalte Grab.

(Aus dem Gedicht »Auf den Wogen«, verfasst 1886 von »Titiana«, wie sich Kaiserin Elisabeth als Dichterin nannte)

Dazu muss der Vollständigkeit halber erwähnt werden, dass Sisi an Idiosynkrasie litt, an einer Überempfindlichkeit der Sinne, weshalb sie auf bestimmte Eindrücke stärker reagierte als andere Menschen. Es liegt also im Bereich des Möglichen, dass diese Tatsache, in Kombination mit Elisabeths lebhafter Fantasie, ihre Vorstellungen von Kontakten mit feinstofflichen Energien ausgelöst hat. Unter Umständen trug auch noch die Strenge am Wiener Hof und ihrer Schwiegermutter, der Erzherzogin Sophie, zu diesem Rückzug aus der Wirklichkeit bei. Sisi, die zuvor in der fröhlichen Familienatmosphäre der Wittelsbacher in Bayern aufgewachsen war, entzog sich diesem Reglement zuerst geistig, bevor sie es wagte, auch körperlich zu entfliehen und auf Reisen zu gehen.

Und zu guter Letzt gibt es auch noch einen Fluch, der unter Umständen nicht nur die Unglücksfälle erklärt, die sich ab der Mitte des 19. Jahrhunderts im Haus Habsburg zu häufen scheinen, sondern mit dem man auch die Wiederkehr mancher Familienmitglieder aus dem Jenseits als Ausdruck des Aufbegehrens gegen die Verwünschung deuten könnte:

Im September 1849 ließ der damals noch junge Kaiser Franz Joseph I. einen gewissen Graf Lajos Batthyány (1807–1849), erster Ministerpräsident des Königreichs Ungarn, während der Separationsbestrebungen Ungarns verhaften. Obwohl der Inhaftierte stets um Frieden bemüht war, verkündete Franz Joseph auf massives Betreiben des Feldherrn Julius Jakob Freiherr von Haynau (auch Schlächter Ungarns genannt) das Hinrichtungsurteil von Batthyány sowie weiteren 13 Generälen, die später als Märtyrer von Arad in die Geschichte eingingen. Bis zuletzt im Vertrauen auf den Gerechtigkeitssinn des österreichischen Monarchen nahm der Ministerpräsident keine Möglichkeit zur Flucht wahr, vereitelte sogar einen Befreiungsversuch seitens der Bevölkerung beim Transport in den Kerker. Als die Gnade jedoch ausblieb, versuchte er sich mit einem Dolch, den seine Ehefrau ins Gefängnis geschmuggelt hatte, die Halsschlagader aufzuschneiden, um ehrenvoll in den Tod zu gehen. Der Selbstmordversuch misslang jedoch – Graf Lajos Batthyány wurde schwer verletzt am 6. Oktober 1849 vor das Erschießungskommando geschleppt und trotz massiver Proteste im In- und Ausland in Pest (Teil der heutigen ungarischen Hauptstadt Budapest) erschossen.

Die Mutter des vom österreichischen Kaiserhaus Ermordeten, Borbála Skerlecz de Lomnicza, sprach nach Ablehnung des Gnadengesuchs für ihren Sohn folgende Worte in Gegenwart Kaiser Franz Josephs aus: »Himmel und Hölle solle sein Glück vernichten, sein Geschlecht soll vom Erdboden verschwinden, und er selbst soll heimgesucht werden in den Personen derer, die er liebt! Sein Leben sei der Zerstörung geweiht und seine Kinder sollen elend zugrunde gehen!«

Wien

Hofburg/Schottenstift/Michaelergruft

Die Weiße Frau der Habsburger

Die Weiße Frau geistert als eines der bekanntesten Spukphänomene rund um den Globus, sucht sämtliche europäische Herrscherhäuser heim und kündigt bei ihrem Erscheinen meist eine drohende Gefahr an. Ob es sich dabei stets um ein und dasselbe Wesen handelt oder um verschiedene, dem jeweiligen Clan zugehörige tote Ahninnen bleibt unklar.

Einige Geisterforscher sind der festen Überzeugung, dass der Ursprung des umtriebigen Geistes tatsächlich im Haus Habsburg liegen müsse und es sich bei dem paranormalen Phänomen um eine dieser Familie angehörende verstorbene Person handle. Die Annahme basiert auf der Tatsache, dass die Weiße Frau in London erst zu dem Zeitpunkt in Erscheinung trat, als sich die von den Habsburgern abstammenden Lords von Fielding und Desmond in England niederließen. Auch in Spanien tauchte der Geist erst zusammen mit den Habsburgern auf. Dieser Theorie zufolge könnte man die Dame auch als »klassische Ahnfrau der Familie« bezeichnen, die entweder in mehreren Erscheinungen existiert oder sprachlich flexibel und recht reiselustig ist. Die meisten Habsburger hatten jedenfalls eine Heidenangst vor der Gestalt und deren stummen Botschaften, die erfahrungsgemäß nichts Gutes verhießen.

Bei der bekanntesten Erscheinung in Wien handelt es sich um die Weiße Frau in der Hofburg, dem Herrschersitz der Habsburger bis 1918. In dem über sieben Jahrhunderte gewachsenen Gebäudekomplex haben die Hausherren und -damen neben ihrem Herrschaftssitz im Laufe der Zeit einige ihrer wichtigsten Prestigeobjekte (verschiedene Museen, die Nationalbibliothek und die Augustinerkirche) untergebracht.

Den Grundstein zum Bau der Hofburg dürfte der Babenberger Leopold VI. von Österreich, »der Glorreiche«, gelegt haben. Unter dem Habsburger Rudolf I. HRR wurde die Hofburg als Teil der Wiener Stadtbefestigung 1279 erstmals urkundlich erwähnt und unter Ferdinand I. ab Mitte des 16. Jahrhunderts zur Residenz ausgebaut.

In diesem historisch wohl wichtigsten Bau der österreichischen Hauptstadt spukt seit Jahrhunderten der Geist der Weißen Frau, über den im Lauf der Zeit schon viele Menschen berichtet und viele Autoren geschrieben haben. Er suchte einst mit Vorliebe die Herrscher – etwa Joseph II. oder auch Franz Joseph I. – heim, und zwar meist im Amalien- oder Reichskanzleitrakt. Trug die Weiße Frau schwarze Handschuhe (und das tat sie meistens) stand ein Todesfall bevor. Ihr letztes Erscheinen mit einer traurigen Botschaft für Ihre Majestät wird mit dem Ableben des Kronprinzen Rudolf und der Ermordung von Kaiserin Elisabeth in Verbindung gebracht. Heute erschreckt die Weiße Frau höchstens das Wachpersonal – doch sie macht sich rar in letzter Zeit, wie man aus der Hofburg hört.

Nicht ganz so bekannt ist der Geist aus dem Schottenstift, der im Jahr 1155 unter dem Babenberger Heinrich II. Jasomirgott (1107–1177) unter dem Namen »Unserer lieben Frau zu den Schotten« gegründeten Benediktinerabtei an der Freyung.

Damals wurden iro-schottische Benediktinermönche in die Hauptstadt berufen, die dem Herrscher durch den Aufbau des Klosters als Stätte des Glaubens und Wissens zu mehr Ansehen in der Bevölkerung verhelfen sollten. Nach Heinrichs Tod quartierte Albrecht II. HRR (1397–1439) im Jahr 1418 die iro-schottischen Mönche, die mehr dem Wein zusprachen als beteten, kurzerhand aus. Er siedelte deutschsprachige Benediktiner an, die das Stift, in dem ein Museum, ein naturhistorisches Kabinett, die Klosterbibliothek und eine Dokumentation zur Geschichte der Abtei zu besichtigen sind, bis heute leiten.

Im Jahr 2002 wurde im Hof des Schottenstifts dreieinhalb Meter unter der Erde ein Massengrab mit etwa 380 Skeletten freigelegt. Hier lagen die Toten, die in 12 bis 13 Lagen übereinandergeschichtet waren, Kopf an Fuß, die Arme in Gebetshaltung gefaltet. Wie sich bei näheren Untersuchungen herausstellte, handelte es sich bei den Verstorbenen um Opfer einer Seuche, die um 1500 in Wien gewütet haben muss.

Die Geschichte der Weißen Frau, die seit Jahrhunderten ruhelos in Gruft und Kirche des Klosters an der Freyung herumstreift, ist in zahlreichen Büchern und Annalen nachzulesen, ihre Existenz wurde darin von etlichen Augenzeugen bestätigt. Als besonders auffallend werden ihre riesigen schwarzen Augen beschrieben, mit denen die Dame angeblich so manch bösen Blick auf die Person wirft, an der sie vorüberschreitet. Außerdem wird die Weiße Frau auch oft mit Kindern an der Hand gesichtet. Früher soll sie den Mönchen bevorstehendes Unheil angekündigt haben und auch heute noch manchmal zu sehen sein.

Einige Spukhistoriker vermuten, dass es sich bei dem Geist um die böhmische Adelige Bertha von Rosenberg (1425–1476) handelt, die im Jahr 1473 den Tod ihres gewalttätigen Gatten, Johann V. von Liechtenstein, in weißer Kleidung feierte und diese auch später nicht ablegte. Als Strafe für diesen »Frevel« kann die Seele der »lustigen Witwe« angeblich nicht erlöst werden, sie muss bis in alle Ewigkeit als Geist umherwandeln. Nach Berthas Tod während eines Verwandtenbesuchs im Haus Liechtenstein (Wien 1, Herrengasse 6–8) wurde die sterbliche Hülle der Adeligen in der Kirche des Schottenstifts beigesetzt.

So schreibt Karl Freiherr von Czoernig in den 1869 erschienenen »Mittheilungen der Kaiserl. Königl. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale«:

Der Tod trennte endlich nach 24 Jahren langer Dauer eine Ehe, deren beklagenswerther Inhalt in den schmerzerpressten Worten Bertha’s an ihren Vater liegt: O hätte doch der liebe Gott mich an jenem Tag, wo ich ihm übergeben wurde, als Leiche gezeigt! …

Bertha selbst überlebte ihren Gatten kaum drei Jahre. Sie starb zu Wien am 2. Mai 1476 und wurde bei den Schotten daselbst, nicht neben ihrem Gemahl zu Maria Stiegen (Kirche Maria am Gestade, Wien 1, Salvatorgasse 12) beerdigt.

Berthas Grabstein ist jedoch schon vor längerer Zeit unter mysteriösen Umständen aus der Gruft verschwunden, wie Czoernig berichtet.

Zwischen den Habsburgern und den Rosenbergern gab es viele geschäftliche und private Verbindungen, was an der roten fünfblättrigen Rose als Zeichen einer gemeinsamen Geschichte an vielen Gebäuden, Toren und Grabsteinen in Österreich wie auch in Böhmen ersichtlich ist. Berthas Vater, Ulrich II. von Rosenberg, führte in Wien diplomatische Verhandlungen darüber, wer nach dem Tod des Habsburgers Albrecht II. HRR (König von Ungarn, Kroatien und Böhmen) Nachfolger auf dem böhmischen Thron werden sollte. Man munkelte damals, dass Ulrich bei einem seiner zahlreichen Besuche in der österreichischen Hauptstadt eine Habsburgerin schwängerte, ihr das neugeborene Kind wegnahm und seiner Gattin Katharina nach Böhmen brachte, die es »Bertha« taufte.

Damals wie heute geistert die Weiße Frau der Habsburger durch die altehrwürdigen Räumlichkeiten der Hofburg und warnt vor Unheil.

Neben der Weißen Frau soll das Schottenstift auch noch einen weiteren Geist beherbergen, und zwar einen männlichen. Vermutlich handelt es sich dabei um die ruhelose Seele des um sein Erbe betrogenen Herzog Johann Parricida von Habsburg (1290–?), des Neffen von Albrecht I.

Der österreichische Herzog Albrecht I. HRR (1255–1308), Sohn von Rudolf I. HRR (1218–1291), wurde Ende des 13. Jahrhunderts deutscher König und verfolgte ab diesem Zeitpunkt eine strenge Erbpolitik, für die er sich sogar mit dem König von Frankreich verbündete. Im Zuge dieses Paktes schob er allerdings einige seiner Verwandten rücksichtslos ins Abseits. Johann Parricida wollte sich jedoch nicht mit Almosen abspeisen lassen. Nach dem Tod seiner Mutter Agnes, einer böhmischen Königstochter, im Jahr 1296 drängte er seinen Onkel immer wieder zur Herausgabe seines väterlichen Erbes, das ihm laut Rheinfelder Vertrag wegen des Verzichts auf die Mitherrschaft zugestanden wäre. Der schlaue Adelige vertröstete seinen Neffen jedoch immer wieder, weshalb Johann Parricida in der Bevölkerung schon als hertzog anlant – Herzog ohne Land – verspottet wurde. Eines Abends riss dem Gedemütigten bei einem von Albrecht gegebenen Gastmahl in Winterthur (Schweiz) der Geduldsfaden: Zu später Stunde warf er dem König, der jedem einzelnen Gast zum Abschied einen Blumenkranz überreichen ließ, diesen ins Gesicht und schrie: »Ich bin zu alt, um von dir noch länger mit Blumen abgespeist zu werden. Ich will, was mir von Rechts wegen zusteht!« Albrecht zog sich daraufhin beleidigt in seine Gemächer zurück, nicht ohne zuvor erwidert zu haben: »Nur über meine Leiche!« Das könne er haben, mochte sich Johann Parricida in diesem Moment gedacht haben. Da für den Herzog das Maß nun endgültig voll war, verschwor er sich mit einigen schwäbischen Rittern gegen seinen Onkel, den König.

Als sich Albrecht I. am 1. Mai 1308 auf dem Heimweg zu seiner Frau befand und durch einen kleinen Wald nahe Windisch (Schweiz) ritt, lauerten ihm die Männer auf und stellten ihn. Johann ritt auf seinen Onkel zu und spaltete ihm unter lautem Gebrüll mit seinem Schwert den Schädel.

Es heißt, der Neffe sei danach aus Angst vor der Todesstrafe für sein Vergehen »ins Leo« beim Schottenstift geflüchtet – es handelte sich dabei um einen der Asylsteine, die sich im Mittelalter in der Nähe von Gotteshäusern befanden. Diese ermöglichten es Verbrechern, sich nach ihrer Untat dem weltlichen Recht zu entziehen und ihr Schicksal in Gottes Hände zu legen. Nicht wenige Übeltäter sind im Mittelalter bis an ihr Lebensende hinter Kirchen- oder Klostermauern verschwunden. Seinen Namen hat »das Leo« von seinem Schöpfer, dem Babenberger Leopold VI. (1176–1230).

Doch den Schottenmönchen war die Sache mit dem Königsmörder zu gefährlich und sie hielten die Klostertüren für Johann Parricida geschlossen. Einige Wiener wollen damals den vor den Toren des Stifts kauernden Herzog noch drei Wochen nach der Bluttat gesehen haben. Danach verschwand er spurlos. Sein Geist jedoch wandert angeblich noch heute in der Gegend herum und wird immer wieder nahe dem Stift gesehen – einmal soll die schemenhaft erkennbare Gestalt sogar vor den Augen dreier Touristen aus den USA, die beim Anblick der Spukerscheinung zu Salzsäulen erstarrt waren, mit einem Finger das Kürzel JP in die Luft gemalt haben.

Doch auch das Mordopfer, Albrecht I., findet keine Ruhe. Seine unerlöste Seele streift offenbar noch immer rund um die Hofburg, in der er sich aufhielt, wenn er in Wien weilte.

Dort begegnete er dem 68-jährigen Geschichtsprofessor Robert G., der ihn aufgrund einiger signifikanter Merkmale eindeutig identifizieren konnte.

In alten Büchern wie etwa »Österreich unter den Königen Ottokar und Albrecht« von Franz Kurz findet man unter anderem einige Hinweise auf das äußere Erscheinungsbild des Habsburgers:

Albrecht speisete in den ersten Tagen des Monathes November 1295 in seiner Burg zu Wien (Hofburg). Plötzlich wich alle Kraft von seinem Körper, und alle Zeichen einer Vergiftung äußerten sich. Der Herzog sprach zu den Anwesenden: Schließet die Thür, daß niemand hereinkomme; auf dem Tisch befindet sich Gift.

Es wird vermutet, dass der zukünftige König ursprünglich auf diese Art getötet werden sollte, man fand jedoch damals keinen Schuldigen.

Viele Aerzte wurden herbeygerufen, die dem Herzog Gewürzmischungen als abführendes Mittel verabreichten. Als man ihm damit keine Linderung verschaffen konnte, nahm man zu einem Mittel die Zuflucht, welches uns einen klaren Beweis von dem traurigen Zustande gibt, in welchem sich damahls noch die Heilkunde befand. Die Aerzte hingen den Herzog bey den Füßen auf, damit sich das Gift aus dem Magen gegen den Kopf hinab senken, und durch den Mund, durch die Nase, Augen und Ohren weggehen sollte. In dieser qualvollen Lage musste Albrecht eine längere Zeit hindurch verbleiben. Zu seinem Glücke verließ ihn bald alle Besinnung, und er glich vollkommen einem Menschen, welchen der Tod bereits von seinen Leiden befreyet hat.

Der Patient überlebte die Prozedur, obwohl bereits die Nachricht von seinem Tod kursierte und sogar seine Frau Elisabeth erreichte, die ihm in Graz erst einige Tage zuvor eine Tochter geboren hatte.

Unbekümmert um ihr eigenes Leben flog (natürlich ist damit »eilte« gemeint) sie nach Wien, und fand ihren Albrecht noch lebend, aber ganz entstellet und kraftlos. Er erholte sich wieder; aber ein Auge hatte ihm das Aufhängen an den Füßen geraubt, und die blühende Lebensfarbe, die zuvor sein Angesicht zierte, war auf immer dahin.

Es wird auch gemutmaßt, dass die wegen Albrechts Koliken herbeigerufenen Ärzte dem Herzog nach dem Aufhängen ein Auge ausstachen, damit das Gift durch diese Öffnung entweichen konnte.

Robert G. berichtet: »Die Spukgestalt hatte nur ein Auge und in einer Gesichtshälfte ein Loch, außerdem griff sich der Geist immer wieder mit beiden Händen an den Hals, als er auf der Ringstraße in Höhe der Hofburg in Uniform an mir vorbeiging. Und eines kann ich auch noch sagen«, so Robert G., »um die leicht flackernde Gestalt herum war es eiskalt und es hat entsetzlich gestunken. Ich hab kein Problem mit Geistern, aber ich hatte zwei Stunden lang eine Gänsehaut von der Kälte direkt neben mir und bekam den Geruch nach Fäkalien den ganzen Tag nicht mehr aus der Nase.«

Auf zwei von Albrechts Söhnen, Friedrich I., (»der Schöne«) und Albrecht II., (»der Lahme«), dürfte ebenfalls ein Giftattentat verübt worden sein, auf beide im Jahr 1330. Ein Bruder starb, der andere überlebte den Anschlag. Über Friedrich, der auf Burg Gutenstein in Niederösterreich sein Leben aushauchte, hieß es: Er starb an Gift, da unzählige Würmer aus seiner Haut hervorbrachen