Sündiges Wien - Gabriele Hasmann - E-Book

Sündiges Wien E-Book

Gabriele Hasmann

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Beschreibung

Das Pflaster könnte in Wien vermutlich an manchen Stellen vor Scham rot zu glühen beginnen, wenn man an die zahllosen sündigen Momente denkt, die sich in der Stadt ereignet haben. Gabriele Hasmann führt auf eine erotische Zeitreise durch die österreichische Hauptstadt und erzählt von adeligen Sittenstrolchen aus dem Haus Habsburg, angeblich biederen Künstlern mit ungeahnt triebgesteuertem Benehmen oder von blutigen Verbrechen, die aus reiner Lust und Leidenschaft begangen wurden. Und man erfährt, welche pikanten Zeitdokumente noch heute an die Frivolitäten längst vergangener Tage erinnern. Ein voyeuristischer Blick durch die Schlüssellöcher der Wiener, der so manch delikates Geheimnis enthüllt und die Stadt in tiefrotem Licht erstrahlen lässt. – Ein Blick durchs Schlüsselloch mit vielen Anekdoten – Prominente Sünder, frivole Orte – Sittengeschichte Wiens durch die Jahrhunderte

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Das Pflaster könnte in Wien vermutlich an manchen Stellen vor Scham rot zu glühen beginnen, wenn man an die zahllosen sündigen Momente denkt, die sich in der Stadt ereignet haben.

Gabriele Hasmann führt auf eine erotische Zeitreise durch die österreichische Hauptstadt und erzählt von adeligen Sittenstrolchen aus dem Hause Habsburg, angeblich biederen Künstlern wie Franz Grillparzer mit ungeahnt triebgesteuertem Benehmen und von legendären Etablissements wie dem „Hotel Orient“ oder dem „Moulin Rouge“.

Ein voyeuristischer Blick durch die Schlüssellöcher der Wiener, der so manch delikates Geheimnis enthüllt und die Stadt in tiefrotem Licht erstrahlen lässt.

© Tina King

Gabriele Hasmann ist Autorin und Journalistin und hat bereits zahlreiche Bücher bei Ueberreuter veröffentlicht. Zuletzt sind erschienen: „Die wilde Wanda und andere gefährliche Frauen“ und „Verbrecherisches Wien“. Gabriele Hasmann lebt in Baden bei Wien.

Gabriele Hasmann

Sündiges Wien

Skandale, Lust und Laster

Gefördert von der Stadt Wien Kultur

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1. Auflage 2023

© Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2023

ISBN 978-3-8000-7833-2 (print)

ISBN 978-3-8000-7841-7 (e-book)

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig.

Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Covergestaltung: Saskia Beck, s-stern.com

Illustrationen: © Adobe Stock, lynea

Satz: Gabi Schwabe, grafik design

Konvertierung: bookwire.de, Frankfurt/Main

www.ueberreuter.at

Daraus, daß jedes Verbrechen Sünde ist, folgt noch nicht, daß jede Sünde ein Verbrechen ist.

Aurelius Augustinus (354–430)

Bischof von Hippo, römischer Heiliger und Philosoph

Weibliche Nacktheit muss man den Männern mit dem Teelöffel geben, nicht mit der Schöpfkelle.

Coco Chanel (1883–1971)

französische Modedesignerin und Unternehmerin

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Eine Sittengeschichte und sündige Zeitreise durch Wien

Wo die Sünde hinfällt – „Adel verpflichtet“

Prominente Sünder

Wiens sündigste Adressen

Das Geschäft mit der Sünde: Unterwelt- und Rotlichtmilieu

Wenn die Sünde zum Tod führt

Kunst- und Pressewerke als sündige Zeitdokumente

Literatur und Quellen

Eine Sittengeschichte und sündige Zeitreise durch Wien

Vom Felsenverschlag in der Steinzeithöhle auf die moderne Boxspringmatratze im Schlafzimmer der Gegenwart – Sex hatten die Menschen immer schon, auch ohne weiches Bett und Privatsphäre.

Im Wiener Raum zog der Homo sapiens ab etwa 300 000 v. Chr. durch die Wälder und über die Anhöhen, hat sich in der Region aber erst um 5500 v. Chr. dauerhaft niedergelassen und Dörfer errichtet – und das laut archäologischen Funden nach und nach fast überall im heutigen Stadtgebiet: zum Beispiel auf dem Areal Rochusmarkt, Wertheimsteinpark, Lainzer Tiergarten, Seestadt Aspern u. v. m.

Damals fand der Geschlechtsverkehr aus einem triebgesteuerten Instinkt heraus statt und diente sowohl der Lustbefriedigung als auch der Fortpflanzung. Vermutlich lagen dabei zwei Körper, die ein paar Sekunden lang zappelten, auf dem kalten Stein– in Greifweite Kampfspeer und Keule, falls sich ein Säbelzahntiger oder feindlicher Homo sapiens der Höhle näherte, um diese für sich als Unterschlupf zu beanspruchen.

Monogamie gab es damals noch nicht, in einem steinzeitlichen Nomadendorf trieben es die Mitglieder eines Stamms wild durcheinander. Auf diese Weise konnten die Männer so viele Kinder wie möglich zeugen, und die Frauen bekamen nur starke Nachkommen von den potentesten Kerlen der Gruppe, deren Samen am tapfersten gekämpft hatten. Einige Wissenschaftler behaupten, dass diese Vorgehensweise wichtig war für das soziale Gefüge, da durch die gegenseitige Befriedigung mehr Einigkeit herrschte und der Zusammenhalt gestärkt wurde.

Es war auch durchaus üblich, sich bei der notwendigen Maßnahme zur Arterhaltung mit den eigenen Verwandten einzulassen – laut Forschung sind einige Gendefekte, die in aufgefundenen Knochen nachgewiesen wurden, nur durch Inzucht erklärbar.

Neben den eigenen Familienmitgliedern wurden später aber auch Angehörige anderer Arten einbezogen, wie der nachgewiesene Genfluss zwischen Homo sapiens und Neandertaler belegt – wenn sie sich nicht gegenseitig umbrachten, was sicherlich weit häufiger geschah, teilten sie das Lager miteinander. Das geschah besonders häufig, wenn man die Frauen des Feindes nach einem Überfall gefangen genommen und anschließend zum Sex gezwungen hatte. Manchmal paarten sich die Vertreter der beiden Populationen aber auch freiwillig, wenn Familien einander auf der Wanderschaft begegneten, ehe sie sesshaft wurden. Diese Entwicklung in Sachen sexuelle Offenheit brachte zwei Vorteile mit sich: Zum einen wurde die Inzucht abgeschwächt, was der geistigen Gesundheit des Homo sapiens äußerst zuträglich war, zum anderen mussten die Menschen aufgrund der Vermischung von Erbinformationen bessere Abwehrkräfte entwickeln, was wiederum ihr Immunsystem stärkte.

Um 500 v. Chr. zogen Kelten in den Wiener Raum, die eine befestigte Stadt namens Vendomina, außerdem einige verstreut liegende Siedlungen und eine Burg auf dem Leopoldsberg errichteten. Römische Händler brachten den blonden Keltinnen Henna, weil sie rothaarig sein wollten, und nahmen deren helles Haar mit zurück in die Heimat, für Perücken, die in Italien fast ausschließlich die Dirnen trugen.

Und es dürften genau jene Geschäftsleute gewesen sein, die auf Wiener Boden erstmals nach sexuellen Dienstleistungen gefragt und diese auch geboten bekommen haben.

Das Altertum

„Toll trieben es die alten Römer“ lautet der Titel eines Films aus dem Jahr 1966, und das war auch die Meinung der Königin und Kriegerin Boudicca, die in den Jahren 60 und 61 n. Chr. in Britannien die Kelten gegen die Römer führte. Sie soll wortwörtlich gesagt haben, dass sie die Männer des antiken Großreichs verachte, weil sie sich „mit warmem Wasser waschen, ungemischten Wein trinken und Knaben zum Beischlaf zwingen“ sowie von Frauen Sex kaufen.

Tatsächlich hatte in der Antike die Prüderie, ob bei Römern oder Griechen, keinen Platz – es war eine Zeit der ausschweifenden Orgien, sexuellen Experimente und bejubelten Libido. Nicht umsonst wurden in jener Zeit neben anderen die mythologischen Gestalten Amor und Eros als Götter der begehrlichen Liebe geschaffen. Zugleich symbolisierten Pfeil und Bogen aber auch den Kampf der Geschlechter – und den gibt es schon ebenso lang wie den Sexualtrieb.

Das Leben derer, die es sich in der Antike leisten konnten, war geprägt von Macht, Sex und Alkohol. Dennoch frönten nicht nur wohlhabende Herrscher und erfolgreiche Feldherren mit Hingabe dem lasterhaften Treiben. Selbst einfache Soldaten sparten jeden Sesterz, um sich den einen oder anderen Becher Wein und einen Besuch im Lupanarium (= Freudenhaus) leisten zu können.

In Vindobona wurde den Soldaten ihr Sold sogar in eigens geprägten Bordellmünzen ausbezahlt – die römischen Kaiser, die im warmen Italien saßen und sich das Legionslager an der Donau wie eine Eishöhle vorstellten, wollten damit ihren Männern etwas Gutes tun. Die Geldstücke, die ausschließlich für ein wenig weibliche Wärme ausgegeben werden sollten, existierten in etwa 50 Varianten mit eindeutig erotischen Abbildungen. Dieses besondere Service für die Armeeangehörigen wurde deshalb etabliert, weil die Herrscher es als unangemessen ansahen, dass die sonst üblichen Münzen mit ihrem Konterfei zur Bezahlung für Sex dienten.

Der Name Lupanarium für das römische Puff leitete sich vom lateinischen Wort für Wölfin ab. Die dort arbeitenden Mädchen wurden „lupa“ genannt, sie waren Sklavinnen, die für Brot und Logis arbeiteten und als „Eigentum“ des Unternehmens galten – wer diese verletzte oder gar tötete, musste Schadenersatz zahlen.

In Vindobona gab es auch bereits Straßenmädchen, die als „prostibulae“ bezeichnet und immer gern für eine schnelle Nummer zwischendurch aufgesucht wurden, darüber hinaus „busturiae“, die vor den Stadtmauern ihrem Geschäft nachgingen und ebenfalls nicht über zu wenig Zulauf klagen konnten. Die Gassen- und Vorstadtdirnen waren freischaffend tätig und mussten einen Teil ihres Lohns als Steuer an den Staat abgeben. Sie wurden außerdem offiziell gelistet und erhielten eine Zulassungskarte, die sogenannte licencia stupri, die sie bei Kontrollen vorzuweisen hatten.

Ebenso ging es in den antiken Badehäusern recht lustig zu, in denen Frauen wie Männer ihre Dienste anboten, die weit über das Waschen nackter Leiber hinausgingen. Aber auch überall sonst wurde dem Liebesspiel gefrönt, ob im Hinterzimmer eines Wirtshauses nach einem guten Schmaus oder in einer verwinkelten Seitengasse während eines Spaziergangs, mit dem eigenen Partner oder mit einer Person, die gerade vor Ort und willig war. Wenn die Menschen damals die Lust übermannte, haben sie diese nahezu augenblicklich gestillt. Es wurden auf Wände, Hausmauern und Gegenstände nackte kopulierende Leiber gemalt, die seltsame Posen einnahmen und sich in Ekstase wanden, um sich oder andere damit zu stimulieren – antike Pornos, wenn man so will.

Die Missionarsstellung haben die Menschen der Antike allerdings nicht bevorzugt, der ungezügelte Sex wurde üblicherweise a tergo (= von hinten) praktiziert. Den sündhaften Ausschweifungen waren in jener Zeit keine Grenzen gesetzt, und niemand konnte oder wollte dem Treiben Einhalt gebieten.

Auch einer der berühmtesten Philosophen der Antike, Platon, sah in der von ihm begründeten „platonischen Liebe“ – anders als der Begriff heute definiert wird – die sexuelle Begierde als Triebfeder der körperlichen Vereinigung von Mann und Frau. Ohne Sinnlichkeit und Erotik konnte es für das Genie aus dem Griechenland um 400 v. Chr. keine funktionierende Partnerschaft geben.

Um Geschlechtskrankheiten machte man sich damals keine Sorgen, die kannte man noch gar nicht, aber vor allem Frauen hatten Angst vor einer ungewollten Schwangerschaft. Es galt daher, den Liebesakt rechtzeitig zu unterbrechen, wie schon der römische Dichter Lukrez beschrieb: Geile Bewegungen nützen den Gattinnen nicht im geringsten. / Sie widersetzen sich nur der Empfängnis und können sie hemmen, / wenn sie wollüstig, mit schwingenden Hüften, den drängenden Gatten / auffangen, ihn zum Erguss noch reizen mit wogenden Brüsten … lassen (sie) den Ausstoß des Samens das Ziel nicht erreichen.

♥ ♥ ♥

Als sich im 1. Jhd. n. Chr. in Wien auf dem Areal des heutigen Zentrums und in Teilen des dritten Bezirks römische Soldaten niederließen und ein Militärlager samt Vorstadt und Zivilsiedlung errichteten, nahm auch in der Donaumetropole die Unzucht ihren Anfang. Die rund 6000 unverheirateten Legionäre durften zwar ihre Konkubinen (= Lebensgefährtinnen) und Kinder nach Vindobona mitbringen, dennoch standen ihnen ausreichend „prostibulae“ zur Verfügung, die in den Straßen der Vorstadt auf Kundschaft warteten. Sie durften nicht offiziell am gesellschaftlichen Leben teilnehmen und trugen zur Unterscheidung von den ehrbaren Frauen grüne Togen, gelbe Perücken und rote Schuhe. Darüber hinaus fanden sich unter den Verkaufsständen, Werkstätten, kulturellen Einrichtungen und Weinschänken mit Sicherheit auch ein paar Freudenhäuser, gekennzeichnet durch die Abbildung eines Phallus – eines davon wahrscheinlich am Michaelerplatz direkt vor dem heutigen Haupteingang der Hofburg. Bei Grabungen wurden neben Mauern des ehemaligen Römerlagers auch Reste dieses Gebäudes freigelegt, bei dem es sich vermutlich um eine Mischung aus Trinklokal und Freudenhaus handelte. An einer Wand sind Spuren von Fresken mit Weinranken zu sehen und über dem Eingang befand sich der Schriftzug hic habitat felicitas (= Hier wohnt die Glückseligkeit). Ein weiteres römisches Puff dürfte sich in der Nähe des heutigen Hohen Markts in einem Badehaus befunden haben.

Wenn dir das Glied schwillt und ’ne Magd, ein Sklave ist gleich zur Hand für Liebesdrang und -kampf, magst du dann lieber vor Verlangen bersten? Ich nicht. Ich lieb’ Erotik, die mir leicht beschaffbar und die leicht genießbar ist, schrieb der römische Dichter Horaz im 1. Jahrhundert v. Chr., und daran hielten sich auch die Soldaten in Wien.

In der Zivilstadt, gelegen entlang des Rennwegs auf Höhe der Reisnerstraße im Nordwesten und bis zur Landstraßer Hauptstraße im Südosten, vergnügten sich die braven Krieger abends dann noch mit ihren Partnerinnen, „focariae“ (= Beischläferinnen) genannt. Im Zentrum dieser Ansiedlung, das beginnend im Bereich Kleistgasse bis Höhe St. Marx angenommen wird, befand sich vermutlich auch eine Therme. Und dort dürfte es, ähnlich wie in einem heutigen Swingerclub, nach Feierabend zwischen den Legionären und ihren Konkubinen häufig noch zu orgiastischen Ausschweifungen gekommen und recht hoch hergegangen sein.

Das Mittelalter

Die Römer verschwanden, Lust und Laster blieben. Nach der Antike verlagerte sich der eheliche Geschlechtsverkehr zunehmend auf die Strohbetten der heimischen Schlafzimmer und es gab erstmals so etwas wie Privatsphäre. Daneben existierten aber auch weiterhin diverse Etablissements, in welchen man sich umsichtig der ungestillten Sehnsüchte und erotischen Bedürfnisse seiner Gäste annahm.

Im überwiegenden Teil des Mittelalters hatte jedoch alles, was mit Spaß am Sex zu tun hatte, mehr oder weniger heimlich zu geschehen – denn der Geschlechtsakt sollte nur zwischen Verheirateten stattfinden und in erster Linie dem Fortbestand der Menschheit dienen. Was man für eine verbotene Triebbefriedigung zu erwarten hatte, stand in den sogenannten Bußbüchern. Die Priester dürften in jener Zeit im Beichtstuhl ziemlich viel zu hören bekommen und ihren Schäfchen in der Folge ordentliche Strafen dafür auferlegt haben, beispielsweise Kerker für Masturbation, Fasten bei Wasser und Brot für eine falsche Sexstellung, usw. Es existierten allerdings ebenso kategorische Gebote für den ehelichen Liebesakt, so durfte er etwa nur montags, donnerstags und sonntags, keinesfalls aber rund um Feiertage praktiziert werden – im Schnitt kam man dabei also auf etwa vier Mal pro Monat. Ausgeübt wurde der „Gattenbeischlaf“ in der Missionarsstellung und meist bei völliger Dunkelheit, häufig in vollständiger Nachtgewandung unter Freilegung der relevanten Stellen. Vor allem den Frauen war Nacktheit im Mittelalter verboten, Männer durften nicht einmal ihre eigenen Gemahlinnen völlig hüllenlos betrachten.

Kein Wunder also, dass sich die Prostitution weiterhin großer Beliebtheit erfreute – da im Verborgenen, dort in aller Öffentlichkeit; wobei Art und Umfang der Dienstleistung stets von der landestypischen Kultur und den finanziellen Möglichkeiten der Kunden abhing.

In Wien beziehen sich die ältesten Berichte von Dirnen im frühen Mittelalter auf die Naglergasse, außerdem auf das Gebiet zwischen der Wollzeile und der Singergasse vor den Toren der Stadt.

Die Freudenmädchen von damals machten Männer mittels Hebens ihres Rocks auf sich aufmerksam, andere, sogenannte „Vensterhennen“, boten aus ihren Wohnungen heraus ihre Dienste feil. Ein Arbeitsverbot gab es nur an Sonntagen und zudem während der Fastenzeit. Rechte hatten die Damen damals noch keine, sie galten als ehrlos und man durfte sie sogar ungestraft misshandeln.

1192 ließ Herzog Leopold V. allerdings die Beschimpfung „Hurensohn“ bei Strafe untersagen – es war erlaubt, im Streit andere mit Flüchen zu belegen, ihnen den Teufel an den Hals oder die Schändung durch Gottes Leichnam zu wünschen, aber das Wort „Hurensohn“ durfte nicht ausgesprochen werden.

Bordelle gab es in jener Zeit noch nicht in Wien, dafür rund 30 Badestuben (eine davon beispielsweise in der Neubadgasse 6), wo Kunden beiderlei Geschlechts nach allen Regeln der Kunst verwöhnt wurden. Die eigens für die erotischen Dienstleistungen engagierten Badfrauen übertrumpften einander mit originellen Kopfbedeckungen, denn Bekleidung war in diesen frühen Wellnesstempeln nicht üblich. Aber auch ehrbare Wienerinnen kamen in die Stuben und leisteten einsamen Männern in der Wanne Gesellschaft. Die Besucher vergnügten sich allerdings häufig auch ganz spontan mit ihren Zuber-Nachbarn, nachdem sie bei sanften Harfenklängen im Wasser gespeist hatten. Nur homosexueller Verkehr war, wie jede Art der Sodomie (im Mittelalter noch die Bezeichnung für sexuelle Handlungen, die nicht dem Zweck der Fortpflanzung dienten), strengstens verboten und mit der Todesstrafe bedroht.

Der deutsche Minnesänger Tannhäuser beklagte vor etwa 800 Jahren, wie leicht einen das Leben in Wien zugrunde richtete mit Wein, Weib und „zweimal in der Woche baden“.

♥ ♥ ♥

Auf dem Platz Am Hof wurden in jener Zeit häufig Turniere abgehalten, der Sieger erhielt als Preis eine der Prostituierten, die während der Veranstaltung am Rand standen und ihre Reize zur Schau stellten. Darüber hinaus nahmen die Damen vom horizontalen Gewerbe selbst ebenfalls an diversen Wettkämpfen teil, weshalb sie als die ersten weiblichen Sportlerinnen der Geschichte gelten – ehrbaren Frauen war es nämlich verboten, sich leicht bekleidet unzüchtig zu bewegen.

Aber nicht nur die Zivilbevölkerung durfte sich mit Dirnen vergnügen, auch in den Krieg ziehende Soldaten – etwa die Kreuzritter, die sich damals in Wien sammelten – wurden von Venusdienerinnen begleitet. Ein „Hurenweibel“ befehligte die „Trossweiber“, die tagsüber kochten, putzten und Wäsche wuschen und nachts für die Entspannung der geschundenen Leiber sorgten.

Bordelle sind in Wien nach der Römerzeit erst wieder ab dem 13. Jahrhundert belegt, die von unverheirateten Männern besucht werden durften, die keine Kleriker oder Juden waren. Zur selben Zeit zogen zahlreiche fahrende Spielleute und Gaukler durch Europa, in ihrem Gefolge häufig gemeyne weyber aus allen möglichen Ländern. Die trieben ihr sexuelles Unwesen in der Stadt und nahmen damit häufig mehr Geld ein als mit dem Darbieten ihrer Künste – als Folge grassierte bald die Lepra, die man als Strafe für ein sündhaftes Leben ansah und durch Geschlechtsverkehr mit einer Jungfrau zu heilen glaubte.

Zu verdanken war der eher lockere Umgang mit der käuflichen Liebe im späten Mittelalter vor allem Rudolf I., dem ersten römisch-deutschen König aus dem Geschlecht der Habsburger, der ein Herz für das horizontale Gewerbe hatte. Er erließ im Jahr 1278 einen Freiheitsbrief für Prostituierte – es handelte sich dabei um die erste urkundliche Erwähnung von Wiener Freudenmädchen – und erhob sie zu einem den Zünften nahezu ebenbürtigen Stand.

Die gelüstigen frowen durften ab diesem Zeitpunkt nicht mehr ungestraft beleidigt oder degradiert werden, zahlten sie doch immerhin Steuern wie andere ehrbare Leute. Unterstellt waren die Damen dem Scharfrichter, der ein Auge auf die Einhaltung einer gewissen Moral unter ihnen zu sorgen hatte und überwachte, dass die „Gunstgewerblerinnen“ auf Geheiß des Königs an Sonn- und Feiertagen die Stadt verließen.

Rudolfs Nachfolger setzten die Tradition fort und ließen die Venusdienerinnen wohlwollend gewähren.

Mitte des 14. Jahrhunderts boomte in Wien die Prostitution. Vor allem nach der Universitätsgründung im Jahr 1365 durch den Habsburger Herzog Rudolf IV. „der Stifter“, da sich die Hochschüler als gute Kunden entpuppten und das Studentenviertel zum Hotspot der käuflichen Liebe avancierte. In jener Zeit entstand auch der Begriff „Puff“, der von einem alten Würfelspiel (ähnlich dem heutigen Backgammon) stammt, das im Mittelalter gerne in Bordellen gespielt wurde.

Die Kirche akzeptierte die Prostitution damals, sah darin ein notwendiges Übel und die einzige Möglichkeit, den Rest der weiblichen Bevölkerung vor körperlichen Übergriffen triebhafter Männer zu schützen. Es gab sogar Abteien, die selbst Freudenhäuser unterhielten. Im Allgemeinen befanden sich diese aber im Besitz wohlhabender Bürger oder Fürsten.

Um 1395 gab es bereits einige Bordelle vor den Stadtmauern: am „Gries beim Fraueneck“ in der Laimgrube (heute zwischen Gumpendorferstraße und Mariahilfer Straße), am „Frauenfleck“ (heutiger Schillerplatz), vor dem Widmertor (heute der Durchgang vom Heldenplatz in die Innere Burg) und am Tiefen Graben Nr. 37. Letzteres war herzogliches Lehen und unterstand dem Hofmarschall, wurde 1415 verkauft und elf Jahre später von der Stadt Wien erworben, der es als lukrative Erwerbsquelle diente.

Die Puffs wurden zwar als „Frauenhaus“ urkundlich erwähnt, verpachtet an einen Frauenwirt und mit einer Frauenmeisterin als Vorsteherin, waren aber nicht vergleichbar mit den heutigen Institutionen gleicher Bezeichnung.

Es war damals üblich, dass die Einrichtungen, „in denen Unzucht und Sünde herrschte“, einen Teil ihres Ertrags an die „Stadtguardia“ abgeben mussten. Auch bei den gemeynen weybern, die ohne Ausnahme „allgemein“ zur Verfügung zu stehen hatten, kassierten die schlecht bezahlten Sicherheitsorgane der Stadt ab – sozusagen als Lohn dafür, dass sie auf der Straße auf sie aufpassten. Im Unterschied dazu gab es die frie frowen, die als Privatprostituierte arbeiteten und Freier auch ablehnen durften – von ihnen bekamen die Beamten kein Geld, da diese Damen nachts nie allein unterwegs waren.

Im auslaufenden 14. Jahrhundert gründeten drei Ratsherrn eine wohltätige Stiftung für Dirnen, die dem sündigen Leben entsagen und ain puzzendes leben beginnen wollten, und erbauten für sie das Kloster zum Heiligen Hieronymus (heute Franziskanerkloster). Die Einrichtung wurde von Herzog Albrecht III. abgesegnet und in einem Freiheitsbrief unter Schutz gestellt, von den Wiener Bürgern erhielten die geläuterten Fräuleins Schnaps, Wein und Betten.

Jahre später bewohnten dieses „Haus der Büßerinnen“ nur noch acht Nonnen, die es mit dem Beten und Bereuen wohl nicht mehr ganz so ernst nahmen. Die Vorsteherin, Juliana Kleeberger, verschleuderte Stiftsgüter und begann eine heiße Affäre mit dem Heim- und Hofpfarrer, und ihre Mitschwestern sollen ebenfalls lasterhaften Wandel getrieben haben.

Zur selben Zeit verursachte aber auch eine fromme Gottesdienerin einen sündigen Skandal: die Franziskanerin Agnes Blannbekin, die bei der Selbstgeißelung innerlich „süß verbrannte“ und bei der Kommunion die Vorhaut Christi auf der Zunge spürte. Sie rannte täglich in Wien von Kirche zu Kirche und pflegte nach der Messe den Altar zu küssen, obwohl Frauen der Aufenthalt dort untersagt war.

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Slunen, wie Freudenmädchen im Spätmittelalter auch genannt wurden, waren leicht zu erkennen, weil sie als Unterscheidungsmerkmal zu den „braven Frauen“ ein gelbes Tuch tragen mussten. Sie hatten ein hartes Leben und arbeiteten unter unwürdigen Bedingungen. Zum einen brauchten sie dringend das Geld, das sie mit dem Verkauf ihres Körpers verdienten und mussten daher sämtlichen sexuellen Forderungen nachkommen. Nur in seltenen Ausnahmefällen – wenn die Freier allzu perverse Praktiken verlangten – verweigerten sie den Dienst, wurden dafür allerdings zumeist unflätig beschimpft und nicht selten brutal geschlagen. Zum anderen waren die hygienischen Bedingungen eine Katastrophe: In den Freudenhäusern roch es nach Schweiß, Alkohol und Dreck, auf der Straße nach Abfall und Fäkalien; und überall wimmelte es von lästigem Ungeziefer und aggressiven Krankheitserregern.

Zu den Problemen mit dem Gestank und den gesundheitsgefährdenden Keimen gesellte sich das Problem der Schwangerschaftsprävention, für die es damals noch keine effektive Methode gab. Der Keuschheitsgürtel, der in jener Zeit in Italien erfunden wurde, dürfte dafür nicht geeignet gewesen sein – vielmehr handelt es sich dabei vermutlich um das erste Sexspielzeug in der Geschichte der Erotik. Zudem sollte das Metallinstrument die Enthaltsamkeit der Ehefrau in Abwesenheit ihres Gatten gewährleisten.

Eine gängige Maßnahme zur Empfängnisverhütung stellte das Schmieren einer Tinktur zwischen die Beine dar, die den Samen abstoßen sollte. Kräuterfrauen und Hebammen besaßen damals ein weitreichendes Wissen solche Essenzen betreffend, brauten diese selbst und veräußerten sie teuer an die Hilfe suchenden Frauen. Als weitere Maßnahme galt der Coitus interruptus, bei dem die Dirne allerdings vollkommen darauf angewiesen war, dass ihr Freier die Disziplin für den frühzeitigen Abbruch aufbringen konnte, so er überhaupt ein Interesse daran hatte. Schließlich verfügten Prostituierte über keinerlei Handhabe einem Mann gegenüber, wenn er sie geschwängert hatte, und konnten ihn nicht zur Verantwortung ziehen. Zudem wussten die wenigsten im Nachhinein, von wem sie in andere Umstände gebracht worden waren. Natürlich wollten die meisten das Ungeborene loswerden. Die operative Abtreibung nahmen in den meisten Fällen billige Quacksalber ohne fundierte medizinische Kenntnisse in finsteren, dreckigen Kellerräumen oder winzigen Kammern in finsteren Hinterhöfen vor. Nicht selten bezahlten die Frauen diese mechanischen Eingriffe, die mit verschmutzten Werkzeugen und ohne Betäubung durchgeführt wurden, mit ihrem Leben. Es kamen noch andere Methoden zum Einsatz, beispielsweise Sitzbäder im fast kochend heißen Wasser, Aderlass oder Abführ- und Fastenkuren. In vielen Fällen starben die verzweifelten Mädchen dabei an einem Kreislaufzusammenbruch, inneren Blutungen oder Auszehrung.

Es kam allerdings auch vor, dass man die Schwangerschaft als gegeben hinnahm und Sex für Babybauch-Fetischisten anbot. Nach der Geburt wurde das Kind dann umgebracht oder irgendwo abgelegt und sich selbst, meist damit auch dem sicheren Tod, überlassen.

In jener Zeit schliefen die Männer nicht mit Frauen, die sie liebten, um sie nicht in Schwierigkeiten zu bringen, sondern mit denen, die sie sicher nicht heiraten wollten – sie wandelten dabei ihre Verehrung für Erstere in verächtliche Gleichgültigkeit gegenüber Zweiterer um.

Schon bald wurden weitere Büßerinnenhäuser errichtet, deren Insassinnen Herzog Albrecht V. mit einigen Privilegien belohnte, wenn sich diese von ihrem sündigen Leben ab und Gott zuwandten. Es gab schon bald zahlreiche fromme Bürger, die aus den „gefallenen Mädchen“ ehrbare Frauen machen und diese ehelichen wollten, sobald diese sich bewährt hatten.

Auch die Worte berühmter Prediger aus dem In- und Ausland, die auf großen Plätzen und Friedhöfen ihre Ansprachen hielten, lösten bei einigen Dirnen einen Sinneswandel aus. Häufig fanden die Bekehrten gleich an Ort und Stelle in der Menge der Gläubigen einen braven Mann, der sich bereit erklärte, sie zu heiraten.

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In Wien gingen in jener Zeit die damals sogenannten Nymphen auf den „Schnepfenstrich“ und warteten vorwiegend am Graben oder Kohlmarkt auf Freier. Wer sich die „vornehmen“ Damen aus der noblen Gegend nicht leisten konnte, besuchte deren billigere Kolleginnen außerhalb der Innenstadt, wo der Sex vorwiegend in finsteren Hinterhofecken oder Halbwelt-Spelunken stattfand.

Besonders triebhaft benahmen sich die Wiener bei Messen oder Volksfesten. Aber auch im Prater gingen rund um die Uhr „leichte Mädchen“ auf Männerfang, sodass in den Anfängen des Vergnügungsparks wegen der dort stattfindenden „Winkelprostitution“ sogar weibliches Personal verboten war.

Zugleich hat man die Dirnen bei hochoffiziellen Veranstaltungen fast wie Angestellte der Stadt behandelt und beim Empfang von Staatsgästen für verschiedene Aufgaben engagiert: Sie begrüßten den hohen Besuch als blumenbekränzte „Ehrenjungfrauen“, lockerten Feste durch Tanzeinlagen auf und fungierten bei den Empfängen als Hostessen. Sie wurden schön eingekleidet, feudal bewirtet und hinterher gab es häufig auch noch schöne Geschenke für die geleisteten Dienste.

Anlässlich der Ankunft des 67-jährigen Kaisers Sigismund in der österreichischen Residenzstadt der Habsburger im Jahr 1435 beispielsweise erhielten die auserwählten Bordelldamen ein Outfit aus wertvollem Samt. Und auch König Ladislaus wurde im Jahr 1453 von zahlreichen „Hübschlerinnen“ in Gewändern aus edlen Stoffen willkommen geheißen.

Enea Silvio Piccolomini hingegen, der spätere Papst Pius II., kam bei seinen Gastaufenthalten nicht in den Genuss dieser Freuden, stellte aber dennoch fest, wie leicht man hier „zur Sünde“ kam: „Das Volk ist dem Bauch ergeben, sehr gefräßig, und gibt an den Sonntagen den Verdienst der ganzen Woche aus. Zerlumpt und derb ist der Pöbel, sehr groß die Zahl der Prostituierten.“ Und obwohl der fromme Mann der Meinung war, wenn du ein Weib siehst, denk, es sei der Teufel, zeugte er drei uneheliche Kinder mit Wiener Grazien.

Mitte des 15. Jahrhunderts existierten in der Stadt an der Donau neben etlichen „Badehäusern“ drei offizielle Bordelle, eines am Tiefen Graben und zwei weitere in der Nähe des Naschmarkts. Dirnen wurden als anonyme Dienstleisterinnen gesehen, die Männern Erleichterung verschafften und vor einem Samenstau bewahrten. Man hat sie zudem oft als Sachverständige zu Verhandlungen bei Gericht geladen: War ein Mann laut seiner Gattin impotent und beanspruchte diese daher eine Trennung zu ihren Gunsten, sollte eine Prostituierte ihr Glück probieren: Kam es dabei zu einer Erektion, war die Ehe weiterhin gültig und konnte nicht so einfach geschieden werden.

Die bereits etwas älteren, erfahreneren Sexarbeiterinnen fungierten in der besseren Wiener Gesellschaft außerdem als Aufklärerinnen, Sexualtherapeutinnen und Beziehungsberaterinnen verklemmter junger Damen und waren sogar gern gesehene Gäste bei geselligen Veranstaltungen – einerseits, um die anwesenden Herren zu befriedigen, andererseits, um witzige Anekdoten im Straßenjargon zum Besten zu geben und die Anwesenden bei Laune zu halten.

Darüber hinaus gab es in jener Zeit, wie auch schon davor, Wanderhuren, die bei Gelegenheit dorthin fuhren, wo viel Besuch erwartet wurde – um ein gutes Geschäft zu machen und mehr Geld als im alltäglichen Normalbetrieb zu verdienen. Es ist bekannt, dass sich viele Prostituierte auch den Wallfahrern anschlossen, da Pilger abends gerne die Fürsorge unkomplizierter Reisebegleiterinnen in Anspruch nahmen.

Wollten damals anständige Mädchen ihre Auserwählten von Venusdienerinnen fernhalten, griffen sie zu diversen Zaubertränken und anderen Mittelchen, die von „Kräuterhexen“ teuer verkauft wurden – bis heute ein funktionierendes Geschäftsmodell. Oder sie griffen zu angeblich bewährten Tricks, welche die Treue des Partners garantieren sollten – so backten sie beispielsweise einen Kuchen für ihren Liebsten und arbeiteten eigene Schamhaare in den Teig mit ein.

Ende des 15. Jahrhunderts verloren die Freudenhäuser in Wien an Bedeutung. Schuld daran war die Syphilis, die sich stark ausbreitete, weshalb Kaiser Maximilian I. im Jahr 1495 vor dem Stubentor ein Spital für Betroffene errichten ließ. Wie schon zuvor beim Ausbruch der Lepra dachten die Menschen, die „Lustseuche“ wäre die Strafe für einen unkeuschen Lebenswandel. Als festgestellt wurde, dass fröhliches Plantschen in Wasserzubern zur Verbreitung der Krankheit stark beitrug, führte dies zur Schließung der Badestuben. Der Volkszorn richtete sich sogleich gegen das schwächste Glied in der Kette, „Badhur“ entwickelte sich zum abfälligsten Schimpfwort jener Zeit.

Die frühe und jüngere Neuzeit

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts führte der im römisch-katholischen Kirchenrecht verankerte Grundgedanke der Enthaltsamkeit zu einer strengen Ächtung der Prostitution. Eine „unsittliche“ Lebensweise