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Den Kern dieser Arbeit bildet die Untersuchung, wie YouTube und Social Media sowie das Internet als Kommunikationstechnologie selbst die Medienproduktion der Videobranche auf verschiedenen Ebenen verändern und sich in Verbindung mit dem Fernsehen gegenseitig beeinflussen. Die verschiedenen Aspekte und Entwicklungen werden zunächst von technologischer Seite aus betrachtet, bevor ihre Auswirkungen auf die Inhalte untersucht werden. Zu diesem Zweck werden die beiden Fernsehsendungen „Neo Magazin Royale“ mit Jan Böhmermann (ZDF/ZDFneo) und „GRIP – Das Motormagazin“ (RTL II) untersucht und anhand qualitativer Leitfaden-Interviews mit den professionellen YouTubern „Rewinside“, „Paluten“ und „Sturmwaffel“ der Status quo der YouTube-zentrischen Online-Videoproduktion analysiert. Auf den Erkenntnissen der deskriptiv-fallbasierten Analysen baut abschließend der Versuch einer Theoriebildung zur gegenwärtigen Transformation der Videobranche auf. Aus dem Inhalt: – Digitalisierung und Medienkonvergenz – Social Media – Die neuen Rollen der Rezipienten und Produzenten – Multi-Channel-Networks – Theorie zur Transformation der Videobranche Die Medienproduktion der Videobranche auf dem Unterhaltungsmarkt befindet sich in einem grundlegenden Transformationsprozess: Sowohl für die Produktion und Distribution von Inhalten als auch zur Interaktion mit Zuschauern ist das Internet mit sozialen Netzwerken wie YouTube, Facebook und Twitter zum festen Bestandteil geworden. Anhand einer Analyse von Praxisbeispielen aus Fernsehen und Internet in Verbindung mit Interviews professioneller YouTuber zeigt die vorliegende Arbeit, dass die Konsumenten eine zunehmend zentrale Rolle in der Wertschöpfungskette der Medien einnehmen. Aus zuvor ausschließlich passiven Rezipienten werden durch die Beteiligung via Social Media aktive Mitschauer, die mit den Produzenten interagieren. Die Rezipienten können zum Ideengeber für neue Inhalte oder zum Inhalt der Videos selbst werden – eine Entwicklung, die aus Produzentenperspektive ein Content-Crowdsourcing darstellt. Darüber hinaus zeichnen sich die Trends der strukturellen und qualitativen Professionalisierung der Videoproduktion im Internet ab, während Fernsehunterhaltung durch die Integration von Social Media und Content-Crowdsourcing partizipativer wird und sich in Richtung der Online-Video-Kultur bewegt.
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Die Medienproduktion der Videobranche auf dem Unterhaltungsmarkt befindet sich in einem grundlegenden Transformationsprozess: Sowohl für die Produktion und Distribution von Inhalten als auch zur Interaktion mit Zuschauern ist das Internet mit sozialen Netzwerken wie YouTube, Facebook und Twitter zum festen Bestandteil geworden. Anhand einer Analyse von Praxisbeispielen aus Fernsehen und Internet in Verbindung mit Interviews professioneller YouTuber zeigt die vorliegende Arbeit, dass die Konsumenten eine zunehmend zentrale Rolle in der Wertschöpfungskette der Medien einnehmen. Aus zuvor ausschließlich passiven Rezipienten werden durch die Beteiligung via Social Media aktive Mitschauer, die mit den Produzenten interagieren. Die Rezipienten können zum Ideengeber für neue Inhalte oder zum Inhalt der Videos selbst werden – eine Entwicklung, die aus Produzentenperspektive ein Content-Crowdsourcing darstellt. Darüber hinaus zeichnen sich die Trends der strukturellen und qualitativen Professionalisierung der Videoproduktion im Internet ab, während Fernsehunterhaltung durch die Integration von Social Media und Content-Crowdsourcing partizipativer wird und sich in Richtung der Online-Video-Kultur bewegt.
The video industry’s media production in the entertainment market is undergoing a fundamental process of transformation. The Internet with its social networks such as YouTube, Facebook and Twitter has become an integral part of both production and distribution of content as well as a means to interact with viewers. Within the scope of this thesis, an analysisof examples from television and online in conjunction with conducted interviews of professional YouTubers proves that consumers now play a key role in the media value chain. Formerly exclusively passive spectators become active participants through the use of social media. Furthermore, real interactions between them and the producers occur. Viewers can become a source of ideas for new content or turn into the content of the video itself – a development which can be described as content crowdsourcing from a producer’s perspective. In addition, the trends are showing that video production on the internet is being professionalized both structurally and qualitatively, as well as television productions moving toward the online video culture by incorporating social media and content crowdsourcing and thus growing more participatory.
Ich danke meinem Freund Freddie,
Paluten und Rewinside, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre
Abstract
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Digitalisierung und Medienkonvergenz
2.1 Aktuelle technologische Entwicklungen des Fernsehens
2.2 Videodistribution im Internet
2.2.1 Paid Content und Video-on-Demand
2.2.2 Free Content: YouTube
3. Social Media
3.1 Facebook und Twitter: Ein Überblick
3.2 Cross-mediales Zuschauerverhalten
3.2.1 #Social Viewing
4. Die neuen Rollen der Rezipienten und Produzenten
4.1 Etablierte Produzenten und neue Creator
4.1.1 Videoformate online: Vlogs und Let’s Plays
4.2 Im Wandel: Medienprodukte und Produktionslogik
5. Medienökonomie
5.1 Finanzierung von Videoproduktion und Produzenten
5.1.1 Werbung, Branded Content und Produktplatzierungen
6. Multi-Channel-Networks
6.1 Übersicht und Entwicklung
6.2 Funktionsweisen der Netzwerke
6.3 Netzwerke als Bindeglied zwischen TV und Online?
7. Analyse von Praxisbeispielen
7.1 TV
7.1.1 Neo Magazin Royale mit Jan Böhmermann
7.1.2 GRIP – Das Motormagazin
7.2 YouTube
7.2.1 Vorstellung der YouTuber und methodisches Vorgehen zur Datenerhebung
7.2.2 Professionelle Medienproduktion auf YouTube
8. Theorie zur Transformation der Videobranche
9. Resümee
Literaturverzeichnis
Nachschlagewerke
Internetquellen
YouTube-Kanäle
Videos
Anhang
Anhang 1: Interview mit Rewinside
Anhang 2: Interview mit Paluten
Anhang 3: Interview mit Sturmwaffel
Die Redewendung »In die Röhre gucken« bedeutet nicht nur, dass jemand leer ausgeht, sondern bezeichnet umgangssprachlich auch das Fernsehen. Fernsehschauen – provokativ gesagt – war gestern und YouTube mit seinem Slogan »Broadcast Yourself« ist heute. Denn längst ist die Übermittlung und der Konsum von Bewegtbild nicht mehr auf die technische Apparatur, die Ursprung dieser Formulierung ist, beschränkt. Sowohl die Empfangsgeräte als auch die Videoinhalte haben sich weiterentwickelt und teilweise grundlegend verändert. Infolge von Digitalisierung, der Verbreitung des Internets und Phänomenen wie der Medienkonvergenz unterliegt die Medienbranche seit einigen Jahren einer Transformation – nicht nur hinsichtlich der Distribution ihrer Inhalte, sondern auch im Blick auf deren Produktion. Dies trifft besonders auf die Videobranche zu, die im Fokus dieser Arbeit steht. Dabei ist der Wandlungsprozess der Bewegtbildindustrie bei Weitem nicht abgeschlossen, sondern gegenwärtig in vollem Gange. „Dennoch werden Innovations- und Entwicklungsprozesse in der medienökonomischen Literatur bisher vernachlässigt“ (Fröhlich 2010: 117). Mithilfe der vorliegenden Arbeit soll diesem Defizit entgegengewirkt werden und die Medienproduktion in der Videobranche sowohl online als auch offline näher untersucht und analysiert werden. Dazu wird das Augenmerk auf das Unterhaltungsgenre gelegt und andere Bereiche – wie etwa Journalismus oder Nachrichtenberichterstattung – ausgeklammert. Auch auf das Verhältnis von TV-Sendern und Produktionsfirmen wird nicht näher eingegangen. Stattdessen werden die Verhältnisse zwischen ihnen und den Zuschauern[1] erforscht.
Den Kern dieser Arbeit bildet die Untersuchung, wie YouTube und Social Media sowie das Internet als Kommunikationstechnologie selbst die Medienproduktion der Videobranche auf verschiedenen Ebenen verändern und sich in Verbindung mit dem Fernsehen gegenseitig beeinflussen. Die verschiedenen Aspekte und Entwicklungen werden zunächst von technologischer Seite aus betrachtet, bevor ihre Auswirkungen auf die Inhalte untersucht werden. Neben einem Überblick über die Phänomene der Digitalisierung und Medienkonvergenz, Social Media und Zuschauerverhalten sowie die Medienökonomie und Multi-Channel-Networks werden die neuen Rollen der Rezipienten und Produzenten in puncto Medienproduktion analysiert. Zu diesem Zweck werden die beiden Fernsehsendungen Neo Magazin Royale mit Jan Böhmermann (ZDF/ZDFneo) und GRIP – Das Motormagazin (RTL II) untersucht und anhand qualitativer Leitfaden-Interviews mit den professionellen YouTubern Rewinside, Paluten und Sturmwaffel der Status quo der YouTube-zentrischen Online-Videoproduktion analysiert. Auf den Erkenntnissen der deskriptiv-fallbasierten Analysen baut abschließend der Versuch einer Theoriebildung zur gegenwärtigen Transformation der Videobranche auf.
„Nichts ist älter als die Zeitung von gestern“, sagt der Volksmund. Während früher vor allem aber die medialen Inhalte überholt wurden, verändern sich heutzutage auch die Kommunikationsmedien selbst mit hoher Geschwindigkeit und schneller Taktrate. Gleiches gilt für Konsumgewohnheiten und unser Verhältnis zu ihnen. Beim alltäglichen Gebrauch wird dem Nutzer das jedoch nur selten explizit bewusst. Ein Schritt zurück und ein Blick in die nahe Vergangenheit offenbaren die rasante Entwicklung. Wollten wir fernsehen, haben wir vor nicht allzulanger Zeit noch das klassische TV-Gerät eingeschaltet. Bereits im Jahr 2007 stellt Keen in seinem Werk The Cult of the Amateur fest: „Now, we turn on our computers, flip open our cell phones, switch on our TiVos [Fernsehreceiver mit integrierter Festplatte und Aufnahmefunktion], or plug into our video iPods“ (Keen 2007: 123f.). Das war vor acht Jahren. Mittlerweile sind Handy und iPod Video in einem Gerät durch das Smartphone abgelöst. Mit Breitbandverbindung streamen wir Sendungen und Videos von Mediatheken, YouTube und Netflix auf eine Vielzahl von Endgeräten – zu Hause wie unterwegs. Digitalisierung, das Internet und Medienkonvergenz nehmen immer wieder Einfluss auf Medienproduktion, -einsatz und -konsum und werden das auch zukünftig tun. Besonders das Bewegtbild und dessen Produktion und Distribution scheinen sich zur Zeit in einem grundlegenden Wandlungsprozess zu befinden, in dem die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
Bevor vergangene und gegenwärtige Entwicklungen in der Digitalisierung und Medienkonvergenz betrachtet werden, ist zu Beginn dieser Arbeit eine Definition der Begriffe »Medium«, »Internet« und »Medienkonvergenz« sowie ein näherer Blick auf ihre Konzepte sinnvoll. Der Duden (2015: o. S.) – mittlerweile in digitaler Form online – definiert »Medium« als ein vermittelndes Element, einen technischen Apparat, der als Informationsträger dient. Michaela Maier (2004: 16), Professorin für angewandte Kommunikationspsychologie, beschreibt ein Medium als etwas, „das zwischen uns steht: das Buch, die Zeitung, Radio, Fernsehen“. Sie betont im unmittelbaren Anschluss jedoch, dass sich das Wesen und die Funktionsweise von Medien „nicht auf eine elementare Definition und auf einen einfachen Schnitt oder Sachverhalt reduzieren“ (ebd.: 16f.) lassen. Die Definitionen und Verständnisse von dem, was Medien sind, gehen in der Literatur auseinander. Im Rahmen dieser Arbeit werden Medien nicht als rein technologische Einheiten verstanden, sondern als ein technologisch-soziales System. Fuchs (2014: 37) beschreibt den Dualismus dieser Definition als „they have a technological level of artefacts that enable and constrain a social level of human activities that create knowledge that is produced, diffused and consumed with the help of the artefacts of the technological level“. Massenmedien sind das, was den meisten beim Begriff »Medien« als Erstes in den Sinn kommt: Fernsehen, Zeitung, Radio, kurzum Informationsträger, die auf den Konsum durch viele – die Masse – zugeschnitten und dafür bestimmt sind. Ein Sender setzt die Nachricht für viele Empfänger in die Welt. Nach diesem Prinzip haben sich die auditiven und audio-visuellen Massenmedien – Hörfunk, Film und Fernsehen – im 20. Jahrhundert verbreitet und etabliert.
Mit dem Internet hat in den letzten Jahren ein besonderes Massenmedium Einzug in den Medienalltag gehalten. Es ist kein Massenmedium im klassischen Sinne. Quasi-soziale Interaktionen – also solche, die sich für den Empfänger so darbieten und anfühlen mögen, tatsächlich aber keine sind – stellen ein typisches Merkmal der klassischen Massenmedien dar (vgl. Lüders 2007: 184). Das Internet ermöglicht auf der einen Seite diese Massenkommunikation, beispielsweise durch Videos auf YouTube, die von Millionen Menschen angesehen werden. Auf der anderen Seite handelt es sich beim Internet zugleich um individuelle Kommunikation, denn das Erstellen und Auswählen möglicher Empfänger der Kommunikation erfolgt selbstständig, ebenso wie die Auswahl spezifischer Nachrichten und Inhalte (vgl. Castells 2009: 55). Dieses Phänomen nennt Castells „mass self-communication“ (ebd.: 8) und verweist darauf, dass es in Netzwerken stattfindet. Er sieht das Internet als „technologische Basis für die Organisationsform des Informationszeitalters: das Netzwerk“ (Castells 2005: 9) und charakterisiert das Internet als „ein Kommunikationsmedium, das erstmals die Kommunikation vieler mit vielen zu einem Zeitpunkt ihrer Wahl und im globalen Maßstab erlaubt“ (ebd.: 10).
Aufgrund seiner digitalen Natur kann das Internet verschiedene Arten von Inhalten transportieren – von Text über Audiodateien bis hin zu interaktiven 360-Grad-Videos. Das Zusammenkommen, die Konvergenz, verschiedener Medien im Internet ist die Folge davon und wird in der Medien- und Kommunikationswissenschaft unter dem Begriff »Media Convergence« untersucht. Ähnlich wie bei der inhaltlichen Begriffsfassung von »Medium« gibt es auch für Medienkonvergenz nicht die eine Definition. Als einer der Ersten, die sich damit beschäftigten, prägte der Politik- und Sozialwissenschaftler Ithiel de Soola Pool (1983: 23) den Begriff der Medienkonvergenz als „blurring the lines between media, even point-to-point communications, such as the post, telephone, and telegraph, and mass communications, such as the press, radio and television“. Knapp zwei Jahrzehnte später wurden unter dem Begriff vor allem „die Auswirkungen der Internet-Technologie auf die Distribution bestehender und die Produktion neuartiger multimedialer Medieninhalte diskutiert“ (Seufert 2004: 64). In Verbindung mit der Beschreibung von Henry Jenkins stecken diese beiden Aussagen das ab, was im Rahmen dieser Arbeit unter Medienkonvergenz verstanden wird. Jenkins nennt als Merkmal von Medienkonvergenz den Fluss von Inhalten über mehrere Medienplattformen hinweg sowie deren Kooperation miteinander und attestiert Konsumenten ein zunehmendes Migrationsverhalten bei der Mediennutzung, also einen häufigen Wechsel der Plattformen und Endgeräte (vgl. Jenkins 2006: 2). Entscheidend ist aus seiner Sicht, dass es sich bei diesem Konvergenzprozess sowohl um eine Entwicklung auf technologischer Ebene handelt (zum Beispiel die Multifunktionalität von Mobiltelefonen, die weit über die Telekommunikationsfunktion hinaus geht), als auch um eine Entwicklung auf kultureller Ebene. Das Konsumverhalten von Medien wird individualisierter und speist sich aus einer Vielzahl von Angeboten, die die Konsumenten nach ihren Bedürfnissen auswählen und zusammenstellen (vgl. ebd.: 2, 16).
Mit der wachsenden Auswahl am digitalen Buffet erlangen die Konsumenten Macht, denn aufgrund des großen Angebots gewinnt die Entscheidung für ein spezielles Medium und Medienangebot an Gewicht. Dabei bedeutet Medienkonvergenz mit ihren gesteigerten Auswahlmöglichkeiten an Inhalten und Endgeräten häufig nicht nur Vereinfachung, sondern vielmehr eine Steigerung der Komplexität (vgl. Fagerjord & Storsul 2007: 29). Während lineare Medienangebote nur die Option bieten, das »Vorgesetzte« in der angebotenen Form zum Sendezeitpunkt zu konsumieren oder eben nicht, kommen als Folge des Konvergenzprozesses die Variablen des Wie, Wann und Wo